Archiv der Kategorie: Kinder- und Jugendliteratur

Stroud, Jonathan – Bartimäus – Das Amulett von Samarkand

Nach dem Erscheinen von Harry Potter in der Welt der Jugendromane geht dieser Trend nun weiter und etabliert das Genre der All-ages-Literatur. Das von mir vorgestellte Buch „Bartimäus – Das Amulett vom Samarkand“ des englischen Autors Jonathan Stroud gehört in dieses Fantasygenre und weiß zu begeistern:

_Die Story_

Bartimäus ist ein Dämon, ein Geist der mittleren Stufe, was die magische Welt angeht, 5000 Jahre alt, was für einen Dämon noch recht jung ist, und er hat wirklich ein gesundes Selbstbewusstsein. Bartimäus ist arrogant, selbstsicher und recht rücksichtslos, eben nicht gerade jemand, der wirkliche Minderwertigkeitskomplexe erkennen lässt. Er kannte die Pharaonin Nofretete und ihr magisches Fußkettchen, war mit König Salomo per Du und ist in seinen Jahren so ziemlich durch die Epochen gewandert, immer wieder beschworen von mächtigen Zaubern.

Nur Zauberer können Dämonen herbeirufen; sie selbst verfügen nicht über Zauberkräfte, sondern versklaven die Geister, um sich ihrer magischen Mächte zu bedienen. Für den egozentrischen Bartimäus ist es ein herber und sensibler Schlag, dass ausgerechnet ein kleiner Zauberlehrling, ein Junge namens Nathanael, ihn beschwört und er sich seinen Befehlen beugen muss. Da kann die Grabesstimme schon mal just verrutschen …

Der Zauberlehrling Nathanael befiehlt Bartimäus, dem Zauberer Simon Lovelace das Amulett von Samarkand zu stehlen, und das nur, weil dieser ihn ein wenig gedemütigt hat. Was Anfangs als kleiner Streich gedacht war, entwickelt sich im Britannischen Empire, denn dort spielt die Geschichte, zu einer wahren Regierungskrise und bietet Stoff für die eine oder andere Verschwörung. Auf einmal lauern überall Gefahren für Bartimäus und Nathanael: Auftragskiller, Dämonen und der Widerstand der gewöhnlichen Menschen (also die nicht magischen) gegen die Regierung Englands – jede Fraktion hat ihre eigenen Interessen.

Nathanael und Bartimäus erkennen, dass das mächtige Amulett eine wichtige Rolle zu spielen hat und dass Simon Lovelace, der als Zauberer für die Regierung arbeitet (die Regierung besteht nur aus Zauberern), über Leichen geht, und nicht nur über die von Zauberlehrlingen und egozentrischen Dämonen …

_Kritik_

Eine wunderbare Geschichte, rasant und eindrucksvoll. Jonathan Stroud hat als Hauptfigur ebenso wie Rowling einen Zauberlehrling gewählt, aber dieser hat mit Harry Potter auch im Entferntesten keine Ähnlichkeit. Im Gegenteil, Nathanael ist nicht der nette, moralische junge Mann, sondern immer nur auf seinen eigenen Vorteil und seine eigene Karriere bedacht.

Die Geschichte ist immer in der jeweiligen Ich-Form des Charakters geschrieben. Von Kapitel zu Kapitel geben sich Nathanael und Bartimäus die Klinke in die Hand. Temporeicher Witz, Sarkasmus und Ironie (ich verweise hier auf die Fußnoten) vor allem von Bartimäus zeichnen die Handlung aus. Seine Erklärungen und Erzählungen vergangener Zeiten aus dem Blickwinkel eines Jahrhunderte alten Dämons sind mehr als amüsant – ohne diese wäre das Buch eher Durchschnitt. Bartimäus ist nicht gut gesinnt, aber als Dämon auch nicht ungemein böse; ein vielschichtiger Charakter, der sich nicht nur in einer Richtung bewegt.

Der Zauberlehrling Nathanael ist ein schüchterner und ängstlicher Charakter, der aber trotzdem in den magischen Künsten nicht untalentiert ist. Er ist im Roman natürlich auch eine wichtige Person, obwohl er die zweite Geige spielt, was in den beiden nächsten Teilen hoffentlich auch nicht anders sein wird.

Die Handlung entwickelt sich vornehmlich dadurch weiter, dass die beiden Perspektiven von Bartimäus und Nathanael trotz aller Abhängigkeit voneinander Hand in Hand gehen. Die Spannung, die dadurch aufkommt, lässt keine Langweile zu und produziert eine gelunegene stilistische Abwechslung in der Literaturszene für junge und jung gebliebene Leser. Jonathan Stroud hat mit dem ersten Teil der bisherigen Trilogie eine Geschichte und Charaktere entwickelt, die wirklich originell sind und den Vergleich zum Harry-Potter-Boom nicht zu scheuen brauchen.

All das macht die Lektüre spannend und abwechslungsreich und bietet pures Lesevergnügen, das ich nur weiterempfehlen kann. Die Filmrechte sind auch schon verkauft worden – |Miramax| verfilmt die Trilogie derzeit.

_Der Autor_

Jonathan Stroud wurde 1970 in Bedford geboren. Er schreibt Geschichten, seit er sieben Jahre alt ist. Als Lektor für Kindersachbücher erschloss sich sein schriftstellerisches Talent, indem er anfangs Kinderbücher veröffentlichte. Nach kleinen Erfolgen beschloss er, Autor in größerem Stil zu werden. Zusammen mit seiner Frau Gina und seiner Tochter Isabelle lebt er in der Nähe von London.

http://www.bartimaeus.de/

Nimmo, Jenny – Charlie Bone und das Geheimnis der blauen Schlange (Die Kinder des roten Königs 3)

Band 1: [„Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder“ 1992
Band 2: [„Charlie Bone und die magische Zeitkugel“ 2448

Was für ein Stress! Benjamin ist mit seinen Eltern nach Hongkong geflogen und hat seinen Hund Runnerbean ohne Vorwarnung bei Charlie deponiert. Dabei muss Charlie am Montag wieder ins Bloor … Und das ist längst nicht alles! Seine Großtanten haben ein Mädchen in Charlies Alter angeschleppt, sehr hübsch, aber auch sehr seltsam. Charlie traut dieser Belle keinen Schritt weit, und lästig ist sie obendrein! Als wäre das nicht schon genug, ist Charlies Onkel Paton verschwunden – „um etwas Schlimmes zu verhindern“, wie er in einer Nachricht geschrieben hat -, und als er zurückkommt, ist er ein Wrack, das seine Sonderbegabung verloren hat!

Kaum zurück im Bloor, findet Charlies Freundin Emma einen Brief, aus dem hervorgeht, dass der neue Kunstlehrer Mr. Boldova ans Bloor gekommen ist, um nach dem verschwundenen Ollie Sparks zu suchen, und sich deshalb in Gefahr befindet. Und dann muss Charlie auch noch feststellen, dass nach einem weiteren Besuch in Oma Bones Gemälde der dortige Hexenmeister Skarpo ihm offenbar aus dem Bild in die Gegenwart gefolgt ist und alles durcheinander bringt!

Wieder einmal hat Charlie die Hilfe all seiner Freunde nötig, um erneut Ordnung in das Chaos zu bringen und die Pläne der Darkwoods und Bloors zu vereiteln …

|Charakterreigen|

Die im letzten Band neu aufgetauchte Köchin ist tatsächlich noch da und eine wertvolle Verbündete für Charlie und seine Freunde.

Charlies Großonkel Henry, den Charlie im letzten Band mit so viel Mühe vor den Bloors gerettet hat, taucht erwartungsgemäß nicht mehr auf. Sein Platz wird von Ollie eingenommen, einem Jungen ohne Sonderbegabung, aber mit ausgeprägter Neugier. Eines Tages hat er seine Nase zu tief in die falsche Ecke gesteckt, und jetzt ist er unsichtbar. Zumindest fast, bis auf einen großen Zeh. Die Bloors behalten ihn als Versuchskaninchen, denn Ezekiel Bloor, Manfreds Großvater, wäre gern auch mal unsichtbar, allerdings erst, wenn er ein Mittel gefunden hat, danach auch wieder sichtbar zu werden. Bisher allerdings hat keiner seiner Versuche Ollie wieder zum Vorschein gebracht.

Deshalb ist Belle ans Bloor gekommen. In kürzester Zeit stellt sich heraus, wer dieses Mädchen wirklich ist, und was sie kann. Aber nicht einmal sie findet die Lösung des Geheimnisses, nach dem Ezekiel so verbissen sucht. Vielleicht liegt das daran, dass sie so sehr mit Charlie beschäftigt ist, beziehungsweise damit, ihn an der Durchkreuzung ihrer Pläne zu hindern. Mit der Zeit wird sie immer rachsüchtiger …

Mr. Boldova spielt in dieser ganzen Geschichte eher eine Nebenrolle. Seine Sonderbegabung ist zwar hübsch anzusehen, aber nicht unbedingt mächtig, und so wird er recht bald aus dem Verkehr gezogen.
Interessant ist dagegen, wie Billy sich entwickelt. Der einsame Junge, der sich für das Versprechen, adoptiert zu werden, als Spitzel hat kaufen lassen, ist längst schwer enttäuscht vom alten Ezekiel, da der sein Versprechen nicht mal andeutungsweise wahr gemacht hat. Als ihm auch noch Mr. Boldovas Ratte Rembrandt, mit der sich Billy nach dem Verschwinden des Lehrers angefreundet hat, weggenommen werden soll, beschließt er, sich auf Charlies Seite zu schlagen und ihm zu helfen.

|Blaue Boas und Zauberstäbe|

Denn der Handlungsgeber für diesen Band ist eine blaue Boa. Einst hat sie dem roten König gehört, wurde dann jedoch von dessen ältestem Sohn gestohlen und misshandelt, bis sie bösartig wurde. Eine Tochter des roten Königs hatte Mitleid mit dem Tier und versuchte, es zu retten, was ihr aber nicht gelang. Sie konnte lediglich den Tod, den die Schlange brachte, in Unsichtbarkeit abschwächen. Nun soll Billy mit der Schlange reden und herausfinden, ob sie Ollie auch wieder sichtbar machen kann …

Ausgeweitet wurde auch die Bedeutung des Zauberstabes, den Charlie im letzten Band dem Zauberer Skarpo auf Oma Bones Gemälde stibitzt hat. Onkel Paton hat ihn mitgenommen, als er verschwand, und bei seiner Rückkehr war der Zauberstab verkohlt, die silberne Spitze geschmolzen. Als Charlie ihn in die Hand nimmt, regeneriert der Stab sich auf wunderbare Weise wieder. Skarpo, den Charlie in der Hoffnung auf ein Heilmittel für Onkel Paton nochmals aufsucht, will den Stab aber erstaunlicherweise nicht wiederhaben. Er behauptet, er gehöre Charlie!

|Insgesamt|

Der dritte Band der Charlie-Bone-Serie hat mir bisher am besten gefallen. Zwar hat die Autorin zu dem Rätsel um Charlies Vater und auch zu dem um Billys Eltern immer noch kein weiteres Wort verloren – wobei erwachsene Leser zumindest die Lösung des ersteren längst ahnen -, dennoch hat sie eine interessante Geschichte erzählt. Das mag zum einen daran liegen, dass diesmal so viele Dinge gleichzeitig geschehen. Charlie hat nicht nur Belle im Nacken, die seine Rettungsversuche für Ollie sabotiert, er muss auch ein Heilmittel für Onkel Paton finden und einen durchgedrehten Hexenmeister aus dem Mittelalter wieder einfangen. Dies und der gewohnt zügige Erzählstil der Autorin machen den Handlungsverlauf turbulent und abwechslungsreich. Aber auch die Ideen dieses Bandes, die blaue Boa oder auch die verzauberte Kleidung, haben mir gut gefallen. Das Buch war unterhaltsam und gelegentlich auch amüsant. Und ich werde gerne auch das nächste lesen. Die Andeutung, dass Charlie nicht nur vom Roten König, sondern auch noch von walisischen Zauberern abstammt, eröffnet eine Menge Möglichkeiten für die Handlung der folgenden Bände, ebenso wie Belles Vater, der diesmal zwar nur am Rande auftaucht, aber Paton mit schrecklichen Drohungen überhäuft hat, sollte er Belle etwas antun.

Charlie Bone ist für Erwachsene eine nette Lektüre für zwischendurch, für Kinder spannend, ideenreich und empfehlenswert.

_Jenny Nimmo_ arbeitete unter anderem als Schauspielerin, Lehrerin und im Kinderprogramm der BBC. Geschichten erzählte sie schon als Kind, Bücher schreibt sie seit Mitte der Siebziger. Unter anderem stammt der Zyklus |Snow Spider| aus ihrer Feder, sowie „Im Garten der Gespenster“, „Der Ring der Rinaldi“ und „Das Gewächshaus des Schreckens“. „Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder“ ist der erste Band des Zyklus |Die Kinder des roten Königs|, und hat sie auch in Deutschland bekannt gemacht. Der neueste Band der Charlie-Bone-Reihe mit dem Titel „Charlie Bone and the Wilderness Wolf“ soll im Juni dieses Jahres auf Englisch erscheinen.

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McCaughrean, Geraldine – Peter Pan und der rote Pirat

Peter Pan gehört zu den absoluten Klassikern der Kinderliteratur. Die Geschichte von dem Jungen, der nicht erwachsen werden wollte und jeden Tag in Nimmerland die tollsten Abenteuer erlebt, beflügelt immer wieder aufs Neue die Phantasie von Kindern und Erwachsenen.

Die Stiftung des Kinderkrankenhauses Great Ormond Street Hospital Children’s Charity, dem Sir James Matthiew Barrie die Rechte an Peter Pan vermacht hat, hat anlässlich des 70. Todestages von Sir Barrie einen Wettbewerb für eine Fortsetzung ausgerufen. Unter 200 Autoren wurde Geraldine McCaughrean ausgewählt, diese Fortsetzung zu schreiben. Das Ergebnis war „Peter Pan in Scarlett“, das im Oktober letzten Jahres in 31 Länder gleichzeitig erschien, in Deutschland unter dem Titel „Peter Pan und der Rote Pirat“.

_Zur Autorin:_

Geraldine McCaughrean wurde 1951 in Enfield geboren und wuchs in London auf. Nach einem Lehramtsstudium arbeitete sie zunächst als Redakteurin für einen Zeitschriftenverlag, ehe sie sich als freiberufliche Autorin selbstständig machte. Seither hat sie mehr als hundert Bücher für Jugendliche und Erwachsene geschrieben und eine ganze Liste an Preisen erhalten, von denen mir die meisten unbekannt sind. Unter den internationalen Auszeichnungen fand ich dann den Deutschen Jugendliteraturpreis, den sie 2004 für „Der Drachenflieger“ erhielt.

_Zum Vorgänger:_

Die Figur des Peter Pan tauchte erstmals 1902 in dem Buch „The little white bird“ auf. Hier wird erzählt, wie Peter sein Zuhause verlässt, weil er nicht erwachsen werden will, und einige Zeit in Kensington Gardens bei den Feen lebt. 1904 folgte das Theaterstück „Peter Pan, or the boy who wouldn’t grow up“, das wir heute unter dem Titel „Peter Pan“ kennen.

Peter verlässt immer wieder seine Insel Nimmerland, um am Fenster der Darlings den Geschichten zu lauschen, die die Mutter ihren Kinder Wendy, John und Michael vor dem Einschlafen erzählt. Eines Abends wird er von der Neufundländerhündin Nana, die als Kindermädchen fungiert, erwischt und verscheucht. Dabei verliert er seinen Schatten. Als die Eltern eines Abends bei Nachbarn eingeladen sind, nutzt Peter die Gelegenheit, seinen Schatten zurückzubekommen, und nimmt auch gleich noch Wendy und ihre Brüder mit ins Nimmerland. Den Kindern gefällt es dort sehr, gleichzeitig merkt jedoch Wendy, dass sie anfangen, ihr Zuhause zu vergessen, obwohl sie den Jungen immer wieder davon erzählt. Deshalb kehren sie schließlich nach vielen Abenteuern nach Hause zurück, und auch die verlorenen Jungen bleiben bei den Darlings.

_Zur Fortsetzung:_

Jahre sind vergangen. Wendy ist verheiratet und hat eine Tochter namens Jane. John ist ebenfalls verheiratet und hat Kinder. Tootles ist inzwischen Richter und hat eine Tochter, Curly ist Arzt, Slightly hat eine Adlige geheiratet und lebt jetzt als Gentleman … Nicht, dass sie Nimmerland vergessen hätten. Aber das alles ist ja schon soooo lange her …

Eines Tages jedoch ist alles plötzlich wieder ganz nah! Alle fangen sie an zu träumen: Sie träumen vom Nimmerland, und wenn sie erwachen, finden sie entsprechende Hinterlassenschaften in ihren Betten: Seeräubersäbel, Köcher mit Pfeilen, Wecker und Seifenblasen. Eines Tages schließlich ist Tootles der Meinung, es müsse etwas geschehen, letztlich jedoch ist es Wendy, die der Sache auf den Grund geht und erklärt, was zu tun sei.

So machen die Herren sich auf höchst ungewöhnliche Art und Weise auf, nach Nimmerland zurückzukehren und dort nach dem Rechten zu sehen. Das scheint ziemlich notwendig, denn als sie dort ankommen, hat Nimmerland sich stark verändert. Und nicht nur das: Peter ist offenbar überhaupt nicht begeistert, dass sie wieder da sind. Und dann ist da noch dieser eigenartige Ribello, der nur aus einem Haufen zerflusender Wolle zu bestehen scheint und lauter wilde Tiere um sich hat, die er im Zirkus auftreten lässt.

Als die Kinder beim Spielen an der Lagune von einem Feuer eingeschlossen werden, kommt gerade Hooks alte Jolly Roger in die Bucht getrieben. Die Kinder nutzen die Gelegenheit und flüchten vor dem Feuer hinaus aufs Meer. Bei der Erforschung des Schiffes findet Peter eine Schatzkarte, und sofort ist klar: es wird auf Schatzsuche gegangen. – Allerdings: eine Schatzsuche der üblichen Art scheint das nicht zu werden …

_Mein Eindruck:_

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich konnte mich mit dieser Fortsetzung nicht wirklich anfreunden.

James Barries Nimmerland ist ein Land der Kinderträume, wo sie all die Abenteuer erleben können, die es in ihrer eigenen Welt nicht gibt, und wo sie all das dürfen, was zu Hause nicht erlaubt ist. Das schließt natürlich Gegenspieler ein wie die Piraten und zunächst auch die Indianer, die erst nach Tigerlilis Rettung zu Freunden werden. Es ist aber gleichzeitig auch ein Ort der Unverdorbenheit und Schönheit. Obwohl Kinder an die Schönheit der Natur normalerweise keinen bewussten Gedanken verschwenden, würde sich keines eine hässliche oder finstere Insel für seine Abenteuer ausdenken.

Barries Peter Pan ist die verkörperte Kindheit, überschwänglich, unbeschwert und gedankenlos, ohne jedes Verständnis für Gefahr oder Leid. Denn da er ein ewiges Kind ist, ist ihm so etwas wie Erfahrung völlig fremd. Er lebt vollständig im Jetzt, was in der Vergangenheit war, vergisst er bald wieder. Gleichzeitig ist er auch ein ziemlicher Angeber, hat im Grunde aber ein gutes Herz.

McCaughreans Nimmerland fehlt dieses Flair des Unverdorbenen vollkommen. Dass es im ewig sommerlichen Nimmerland plötzlich Herbst ist, stört nicht besonders. Aber die Lagune ist ein schmieriger, dunkler Pfuhl, gesäumt von Gerippen toter Nixen. Ein Sturm reißt den Baum um, auf dem seit Wendys Heimkehr ihr Häuschen steht. Die ganze Insel atmet Verfall und Siechtum.

Auch Peter ist nicht mehr der alte. Er ist schnippisch und unfreundlich, gibt zum Beispiel den zurückgekehrten Freunden die Schuld daran, dass sein Haus abgestürzt ist, und bezeichnet die alte Wohnung unter der Erde, in der sie früher alle zusammen gewohnt haben, als „sein Haus“. Kurz, er ist richtig miesepetrig! Er, die Identifikationsfigur aller Kinder, die sich bisher hauptsächlich durch Freude, Mut und Fantasie ausgezeichnet hat!

Barries Nimmerland spiegelt ein kindliches Paradies wider, McCaughreans Nimmerland den Trend der modernen Fantasy, immer eine finstere Bedrohung zur Basis des Geschehens zu machen. Ein Ausdruck der Überreizung, der mir auch bei einem Kommentar zu den „Kindern aus Bullerbü“ begegnet ist, die jemand als langweilig bezeichnete, weil die heile Welt ja gar nicht bedroht sei und deshalb ja eigentlich gar nichts abginge. Im Zeitalter der Superlative genügen einfache Piraten nicht mehr für den gewünschten Kick.

Abgesehen davon ist es auch in diesem Fall einer Fortsetzung nicht gelungen, nahtlos an das Original anzuschließen. Mir scheint, diesen Punkt nehmen die meisten Autoren, die solche Fortsetzungen von Klassikern schreiben, etwas zu leicht.

Das fängt schon damit an, dass ein Ersatz für Hook gefunden werden musste, damit Peter Pan wieder einen Gegenspieler hat. Dieser Part wurde mit Ribello besetzt. Nur: Wie ist er als Erwachsener ins Nimmerland gekommen? Die Begründung, Indianer und Piraten wären ja auch Erwachsene und trotzdem in Nimmerland, zieht nicht. Im Original wird ganz deutlich, dass Wendy und ihre Brüder bei der Ankunft in Nimmerland Plätze wiedererkennen, die sie sich in ihren Spielen vorgestellt haben. Die Piraten und Indianer sind da, weil sie zum Spiel gehörten.

Das Gesetz, dass Erwachsene nicht nach Nimmerland kommen können, wurde auch noch an anderer Stelle aufgeweicht. So besagt Hooks Lebensgeschichte – die im Grunde zu Barries Andeutungen über den Kapitän recht gut passt – Hook sei von zu Hause ausgerissen und nach Nimmerland gekommen, weil seine Mutter ihn am Tag der Sportwettkämpfe aus Eton weggeholt habe. Wer in Eton zur Schule geht, ist mindestens dreizehn Jahre alt, also eigentlich schon zu groß, um Nimmerland zu erreichen. Und dann erst all die erwachsenen Frauen, die im Labyrinth der Reue nach ihren verlorenen Kindern suchen …

Trotzdem hat die Autorin letztlich dafür gesorgt, dass die Frage um Ribellos Anwesenheit sich anderweitig erklärt. Dass sie dafür einen Toten quasi wiederbeleben beziehungsweise auf Umwegen eine Erklärung für sein Nicht-Tot-Sein konstruieren musste, hat sie offenbar nicht gestört.

Umständlich auch die Sache mit Peters Verwandlung, nachdem er Hooks Piratenrock angezogen hat. Im Grunde wurde das alles gut beschrieben, gewundert hat mich nur, dass Peter sozusagen als Wünschelrute benutzt wurde. Indem er immer mehr Hook ähnlich wurde, führte er Ribello zu Hooks Schatz. Dabei hätte Ribello doch nur den Rock selbst überstreifen müssen …

Des Weiteren schneidet Ribello den Kindern beim Ersteigen der Nimmerspitze die Schatten ab. Später wird er zugeben, er habe das getan, um sie am Fliegen zu hindern, denn ohne Schatten könnten sie trotz Feenstaub und schöner Gedanken nicht fliegen. – Ich frage mich nur, wie Peter es dann im Original geschafft hat, zu Wendy ins Zimmer zu fliegen, um seinen verlorenen Schatten zurückzuholen!

Am auffälligsten war aber auch hier wieder die Veränderung an Peter, und zwar die Veränderungen, die bereits vor seinem ersten Anprobieren von Hooks Rock vorhanden waren: Er, der laut Original bereits innerhalb eines Jahres nach Wendys Heimkehr sowohl Hook als auch Tinkerbell vergessen hatte, erinnert sich bei der Ankunft der „Alten Jungs“ in seinem Baumhaus an Tinkerbell und Nana! An Wendy erinnert er sich dafür nicht, obwohl er laut Original erst ihre Tochter Jane und später ihre Enkelin Margaret als seine Mutter ins Nimmerland holte. Seine Manieren sind nicht mehr vorhanden, weil er laut diesem Buch ja keine Mutter hatte, um welche zu erlernen, während er im Original durchaus Manieren hatte, abgeschaut von den Feen.

Sehr schön fand ich dagegen die Bilder zwischen den einzelnen Kapiteln in Form von Scherenschnitten. Auch das Lektorat war angenehm fehlerfrei.

_Resümee:_

Mit der Wahl von Geraldine McCaughrean als Autorin der Fortsetzung zu Peter Pan wurde – zumindest laut Klappentext – der Anspruch der Stiftung deutlich, „ein anspruchsvolles literarisches Werk zu schaffen, das selbst einmal zum Klassiker avancieren wird.“ Also, nach meinem Dafürhalten wird das Buch diesem Anspruch nicht gerecht. Entgegen der Aussage des Klappentextes habe ich im Gegenteil den ursprünglichen Zauber Nimmerlands ziemlich vermisst. Der Fortsetzung fehlt jegliche Leichtigkeit und Fröhlichkeit, die Barries Geschichte auszeichnet, stattdessen wirkt sie düster und muffelig.

Dabei waren die Ideen nicht unbedingt alle schlecht. Vor allem die Idee des „Kleider machen Leute“, nach der jeder sich zu demjenigen verändert, dessen Kleider er trägt, hat mir im Grunde gut gefallen, und das nicht nur, weil sich daraus so witzige Details ergaben wie jenes, dass Tootles plötzlich ein Mädchen ist. Sie waren nur nicht konsequent durchdacht. So hätten zum Beispiel die Jungs, die ebenfalls in Piratensachen geschlüpft waren, zu den jeweiligen Piraten werden müssen.

Was ebenfalls fehlt, ist das Happy-End, das eigentlich unbedingt zu einem Abenteuer kindlicher Fantasie gehört. Obwohl Peter Pan am Ende wieder er selbst ist – mit den genannten Einschränkungen außerhalb vom Einfluss des Rocks -, und das Nimmerland sich am Ende wieder regeneriert – auf welche Weise eigentlich? – kann man nicht sagen, dass die Kinder die Schlacht wirklich gewonnen hätten. Nicht nur, weil Ribello entgegen Wendys Erwartung nicht gestorben ist. Es fehlt der triumphale Abschluss, wie er im Original dadurch gegeben war, dass Hook letztlich vom Krokodil gefressen wurde.

Im Übrigen stellt sich mir auch hier wieder die Frage, ob es wirklich dieser Fortsetzung bedurft hätte. Wie in fast allen Fällen hat sich auch hier die Hoffnung nicht erfüllt, etwas Besonderes zu wiederholen. Wenn das so einfach wäre, wären diese besonderen Dinge ja nicht so besonders. Manches lässt sich einfach nicht wiederholen, und es trotzdem zu versuchen, trübt nur den Zauber, den das Besondere bis dahin durch seine Einzigartigkeit besessen hat. Ich glaube nicht, dass die Stiftung Sir Barrie mit dieser Fortsetzung einen Gefallen getan hat. Zumal er selbst seine Geschichte eigentlich endgültig beendet hat, nicht nur mit Hooks Tod, sondern auch mit einem eigenen Ausblick in die Zukunft: |“Wenn Margaret erwachsen ist, wird sie auch eine Tochter haben, die dann wieder Peters Mutter wird, und so wird es immer und immer weitergehen, solange Kinder fröhlich, unschuldig und herzlos sind.“|

http://www.geraldinemccaughrean.co.uk
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[Verlagsspezial]http://www.randomhouse.de/specialskids/peter__pan_2/

Blazon, Nina – Spiegel der Königin, Der

Der königliche Hofstaat ist in hellem Aufruhr – ein wertvolles Medaillon scheint spurlos verschwunden. Dem Scharfsinn der Küchenmagd Elin ist es zu verdanken, dass das Schmuckstück schließlich wieder gefunden wird. Königin Kristina ist beeindruckt von dem jungen Mädchen und beschließt kurzerhand, sie in den engen Kreis ihrer Vertrauten aufzunehmen. Für Elin eröffnet sich eine neue Welt, eine Welt des Glanzes und der Intrigen, eine Welt, die sie zugleich fasziniert und befremdet …

_Königin und Bauernmagd_

Elin ist eine ganz gewöhnliche Magd, bis sie auf die Herrscherin ihres Landes trifft. Unter der Führung von Kristina von Schweden entwickelt sie sich zu einer gebildeten und eigenwilligen jungen Frau – zum Spiegel der Königin. Doch Elin hat ihren eigenen Willen und löst sich aus der Bevormundung der faszinierenden Frau.

Autorin Nina Blazon erzählt in ihrem farbenprächtigen Jugendroman „Der Spiegel der Königin“ von einer berührenden Freundschaft und zwei außergewöhnlichen Frauen.

Elin, ein kluges und eigenwilliges Mädchen, lässt sich nichts gefallen, weder von frechen Köchinnen noch von eingebildeten jungen Grafen. Und dabei hat sie als uneheliches „Hurenkind“ eigentlich gar nichts zu sagen. Auf einem der königlichen Landgüter erweckt ihr Gerechtigkeitssinn und Dickkopf das Interesse von Kristina, der Königin von Schweden (1626 – 1689). Kristina ist eine ungewöhnliche Königin: Sie betreibt eine starke Friedenspolitik nach dem 30-jährigen Krieg und stellt sich damit gegen die Wünsche ihrer männlichen Berater. Naturwissenschaften und Philosophie sind ihre Leidenschaft, und heiraten will sie schon gar nicht.

In dieses Umfeld nimmt sie Elin mit und bildet sie zu ihrer Gesellschafterin aus. Dabei macht sich Elin nichts aus Putz und gutem Benehmen. Sie möchte viel lieber reiten lernen, lesen und schreiben und sich in fremden Sprachen auskennen – wie die junge unkonventionelle Königin. Zwischen den Frauen entwickelt sich eine symbiotische Beziehung, die durch Elins Selbständigkeit und ihre Liebe zu einem französischen Grafen zur Zerreißprobe für die Freundschaft wird.

_Rezension_

Nina Blazon gewann mit ihrem Fantasy-Roman [„Im Bann des Fluchträgers“ 2350 im Jahre 2003 den „Wolfgang-Hohlbein-Preis“, der im Wiener |Carl Ueberreuter|-Verlag ausgeschrieben wird.

„Der Spiegel der Königin“ ist nun ihr erster historischen Roman, der sich mit drei Jahren (1647-1650) des Lebens zweier starker Frauen beschäftigt, die trotz gesellschaftlicher Grenzen doch so viel gemein haben.

Da ist zum einen die schwedische Königin Kristina und zum anderen Elin, eine Waise mit höchst fraglicher Herkunft, die als Magd in der Küche des Bischofs von Uppsala arbeitet, wo ihr oft der Wind rau entgegenbläst. Doch Elin ist aufsässig und lässt sich so schnell nicht einschüchtern und unterkriegen. Dadurch wird Kristina auf sie aufmerksam, und Elin wird von der unkonventionellen Regentin mit auf deren Schloss in Stockholm genommen. Das Leben dort und die damit verbundenen Veränderungen – auch ihrer Stellung – nutzt Elin dazu, Lesen und Schreiben zu lernen. Von der Königin wird sie darüber hinaus dazu verdonnert, reiten zu lernen und an der Jagd teilzunehmen. Auf einer dieser rettet Elin dann auch das Leben der Königin und zwischen diesen von der Herkunft so unterschiedlichen, aber charakterlich teilweise so ähnlichen beiden jungen Frauen erwächst eine Art Freundschaft. Dies erlaubt Elin, die im gewissen Sinne zum Spiegel der Königin wird, einen Einblick in Königin Kristinas politischem Engagement rund um den Westfälischen Frieden, sie erlebt aber auch ihren Kampf gegen Widerständler und ihren heiratswilligen Cousin. Doch auch Elin selbst erfährt einschneidende Erlebnisse durch ihre Begegnung mit dem Philosophen René Descartes und dem französischen Adligen Henri de Valoncourt, zu dem sie in Liebe entbrennt …

Nina Blazon gelingt es, einen historisch fundierten, spannenden Roman rund um eine Frauenfreundschaft aus dem 17. Jahrhundert mit starken, lebendigen Charakteren und einem Einblick in das höfische Leben vorzulegen, den ich jedem wärmstens empfehlen kann, der sich gut unterhalten möchte, dabei aber eine Handlung erwartet, die in die Tiefe geht.
„Der Spiegel der Königin“ ist Nina Blazoins erster Roman für |Ravensburger|. Man kann nur hoffen, dass es nicht ihr letzter ist!

Auch die Aufmachung des Titels weiß zu überzeugen. Das Hardcover ist ansehnlich, der Satz (bis auf die Seiten 243-246, auf denen sich der Blocksatz „verabschiedet“ hat) und die Schriftgröße sind augenfreundlich, das Lektorat leistete gute Arbeit – Leserherz, was willst du mehr?

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Michael Bedard – Flieg, Ente, flieg

Das Bilderbuch…

… liegt in einem schönen Querformat in der Größe DIN A4 vor, versehen mit einem Umschlag aus stabilem Hartkarton.

Die Übersetzung des Textes in die deutsche Sprache nahm Mirjam Pressler vor. An dieser Übersetzung gibt es nichts auszusetzen.

Das Bilderbuch orientiert sich an Kindern von 5 bis 6 Jahren und ist ein schönes Vorlesebuch, aber auch ein gutes Buch für erste eigene Leseversuche, wenn das ABC von den kleinen Schülerinnen und Schülern bereits ein wenig beherrscht wird.

Michael Bedard – Flieg, Ente, flieg weiterlesen

Colfer, Eoin – Artemis Fowl – Die Akte

Alle Jahre wieder greift der Buchhandel in der Weihnachtszeit auf Bücher zurück, die eher als Fanartikel denn als „echtes“ Buch durchgehen würden. Harry Potter hatte schon seine Fanartikel, dieses Jahr ist der Nachfolgehype „Artemis Fowl“ an der Reihe …

„Artemis Fowl – Die Akte“ ist ein 175-seitiges Büchlein mit zwei neuen Kurzgeschichten über Artemis und seine Freunde bzw. Feinde, Interviews mit den Hauptcharakteren und dem Autor Eoin Colfer, das gnomische Alphabet, Steckbriefe der verschiedenen Wesen, Rätsel und ein paar Bildchen zur Ausrüstung der ZUP, der zentralen Untergrundpolizei der Elfen.

Herzstück des Buches sind natürlich die beiden neuen Kurzgeschichten, die auch ohne Vorwissen von den „echten“ Büchern über Artemis Fowl gelesen und verstanden werden können. Die erste, „Blaue Spinnen“, handelt davon, wie die Gegenspielerin des zwölfjährigen Meisterdiebs Artemis, die Elfe Holly Short, als erste Frau die Aufnahmeprüfung zur Aufklärungseinheit der ZUP besteht. Natürlich verläuft selbige nicht reibungslos, denn der aus dem Untergrund vertriebene Bruder des ruppigen, nicht gerade frauenfreundlichen Commanders Julius Roots schaltet sich ein, um sich an seinem Bruder zu rächen. Kann Holly die Situation retten, obwohl sie noch in ihren Kinderschuhen steckt?

Die zweite Geschichte, „Der siebte Zwerg“, handelt davon, wie Artemis Fowl das Diadem der Lady Fei Fei stiehlt und zudem seine Verbindungen zum Meisterdieb-Zwerg Mulch Diggums aufbaut.

Während die erste Geschichte durchaus Spannung zu vermitteln weiß, ist zweite doch ein wenig flach. Insgesamt wendet Colfer einen sehr gerafften Stil an, so dass viele Kleinigkeiten, wie sie in den Romanbüchern vorkommen und dort schön erläutert werden, keinen Platz haben. Dadurch wirken die Geschichten ein wenig lieblos, auch wenn Colfer nach wie vor starke Charaktere wie den amüsanten Julius Roots verwendet und auch mit den knallhart humorvollen Dialogen nicht spart.

Und inwieweit die „Interviews“ mit den Hauptcharakteren nötig gewesen wären, bleibt offen, denn sie muten recht lahm und brav an, dafür, dass die Charaktere in den Geschichten oft so frech sind. Im Gegenteil kann man kaum Unterschiede in den Antworten der Figuren herausfiltern, so dass die Interviews eigentlich getrost weggelassen hätten werden können.

Die Steckbriefe zu den einzelnen Wesen oder die farbigen Illustrationen der technisch sehr ausgefeilten Ausrüstung der ZUP dagegen sind ein netter Service. Man erfährt zwar nichts wesentlich Neues, aber die Dinge sind nett zusammengefasst.
Gleiches gilt für das gnomische Alphabet und die Rätsel, die liebevoll illustriert sind und den jüngeren Lesern sicherlich viel Freude bereiten werden.

Überhaupt ist dieses Büchlein wohl eher etwas für die jüngeren Leser, die noch wirklich in die Welt eines Artemis Fowl eintauchen und darin leben. Denn „Die Akte“ bringt wenig Neues, und das Neue, welches das Buch bringt, ist nicht so reizvoll, als dass ein Erwachsener es unbedingt haben müsste. Trotzdem wird dieses Buch wohl seinen Platz unter dem Weihnachtsbaum gefunden haben – warum auch nicht? Eine nette Geschenkidee für das Kind, den Enkel, den Neffen oder die Nichte ist es allemal.

|Siehe ergänzend dazu unsere [Rezension 3135 der Lesung von Rufus Beck.|

von Wiese, Klaus – Spürnasen vom Stachelsberg, Die

_Jugendgerechte und spannende Unterhaltung: Wer hat den geliebten Hund gestohlen?_

Klaus von Wiese wurde in München geboren und wuchs im Rheinland auf. Er lebt mittlerweile im Bergischen Land und es zieht ihn immer wieder in die Eifel. Am liebsten schreibt er Kinderbücher und lässt seine jugendlichen Helden in der Eifel Abenteuer erleben.

In seiner beim Hillesheimer |KBV| erscheinenden Serie erleben Teens der Eifelgang erstmals Abenteuer, wie in dem aktuellen Jugendroman „Die Spürnasen vom Stachelsberg“. Die Fortsetzung soll im Frühjahr 2007 ebenfalls beim |KBV| erscheinen.

Als Inas geliebter Großvater Schnauz stirbt, trauert das junge Mädchen. Ihre Eltern spüren den Kummer und schenken dem Mädchen einen Hund. Begeistert ist die E.I.F.E.L.-Gang, deren Name sich aus diesen Buchstaben zusammensetzt. Ela, Ina, Fio, Ede und Lo erfahren davon und begleiten Ina zu einem Tierheim.

Ina verliebt sich sofort in ein kleines Hundewelpen und nennt es Bess. Traurig stellt sie fest, dass sie sich noch ein wenig gedulden muss, denn die Hundebabys müssen noch von ihrer Mama gesäugt werden. Dann ist der Schrecken groß! Ein Unbekannter hat die Welpen entführt, und sie sind in höchster Gefahr, denn sie brauchen noch ihre Hundemama. Die E.I.F.E.L.-Gang nimmt die Spur auf, um die Welpen zu retten.

Klaus von Wieses Jugendroman ist charmant und liebevoll umgesetzt. Ein wahres Drama um entführte Hundebwelpen berührt jedes Herz, aber sein Stil ist nicht kitschig und rührselig. Sehr gelungen ist die Entscheidung, den jugendlichen Leser anzusprechen, und erstaunlich ist, dass der für „Kids“ gedachte Roman auch Erwachsene ansprechen kann.

Ohne mahnend zu sein, legt der Autor Wert darauf, die große Verantwortung für ein Haustier hervorzuheben. Hintergrund ist, dass oft ein vermeintlich ersehntes Haustier bald lästig wird und dann im Tierheim landet. Da wird es das junge Welpen bei Ina von der E.I.F.E.L.-Gang besser haben.

Der Krimi für Kinder und Jugendliche richtet sich an Leser ab 9 Jahren.

http://www.kbv-verlag.de/

Sommer-Bodenburg, Angela – kleine Vampir, Der

Der achtjährige Anton hat ein ganz besonderes Hobby: Vampire! Nichts ist ihm lieber als Vampirfilme zu sehen oder Vampirgeschichten zu lesen. Nur einem echten Vampir ist er noch nicht begegnet – denn die gibt es ja schließlich nicht. Oder etwa doch?

An einem Samstagabend ist Anton mal wieder allein zu Hause. Seine Eltern sind ausgegangen und Anton freut sich auf einen Gruselfilm im Fernsehen – als er plötzlich einen Schatten auf seinem Fensterbrett entdeckt. Anton glaubt seinen Augen nicht zu trauen, denn vor ihm sitzt ein leibhaftiger Vampir. Aber es ist kein Vampir wie aus seinen Büchern. Nein, der kleine Vampir ist selber noch ein Kind, wenn auch schon über 150 Jahre alt. Rüdiger von Schlotterstein heißt er, und anstatt Anton zu beißen, möchte er sich lieber mit ihm unterhalten. An diesem Abend schließt Anton die ungewöhnlichste Freundschaft, die er sich denken kann. Und das bleibt nicht ohne Folgen:

Zum einen gibt es da das Vampirgesetz, das es strengstens untersagt, mit Menschen freundschaftlichen Kontakt zu haben. Rüdiger muss also höllisch aufpassen, dass keiner der erwachsenen Vampire von ihrer Freundschaft erfährt. Doch schon bald lernt Anton weitere Mitglieder aus Rüdigers Familie kennen, die allesamt in einer unterirdischen Gruft auf dem städtischen Friedhof „leben“. Sein älterer Bruder Lumpi ist ein unheimlicher Zeitgenosse, ein launenhafter Teenager-Vampir, dem Anton lieber nicht alleine im Dunkeln begegnen will. Ganz anders steht es mit Rüdigers kleiner Schwester Anna, die noch keine Vampirzähne hat und statt Blut nur Milch trinkt. Scheu, freundlich und zugleich ausgesprochen mutig, wie sie ist, schließt Anton das Vampirmädchen sofort in sein Herz. Und umgekehrt verliebt sich Anna augenblicklich in Anton – und hilft ihm einige Male aus der Patsche. Denn Anton muss die Erfahrung machen, dass es alles andere als leicht ist, mit Vampiren befreundet zu sein …

Ein anderes Problem sind Antons Eltern, die nicht an Vampire glauben und das Hobby ihres Sohnes eher argwöhnisch betrachten. Irgendwann lassen sich die heimlichen Besuche seiner Freunde nicht mehr verbergen und sie bestehen darauf, Anna und Rüdiger kennen zu lernen. Natürlich hat Anton furchtbare Angst, dass sie bemerken, um wen es sich dabei wirklich handelt …

Und zu guter Letzt gibt es da noch den Friedhofswärter Geiermeier. Er glaubt nicht nur an Vampire, sondern er macht auch noch Jagd auf sie. Onkel Theodor fiel ihm einst zum Opfer und auch die restlichen Vampire will er finden, um ihnen den Garaus zu machen.

Trotz aller Turbulenzen und Gefahren ist diese Freundschaft für Anton das Beste, was ihm passieren konnte. Gemeinsam mit Rüdiger und seiner Schwester Anna stolpert er von einem Abenteuer ins nächste. Langeweile ist ab jetzt ein Fremdwort …

_Freundschaft mit Biss_

„Der kleine Vampir“ ist schon jetzt, fast dreißig Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes, ein Klassiker der modernen Kinderbuchliteratur. Trotz des unheimlichen Themas sind die Geschichten um Anton und Rüdiger nicht zum Fürchten, sondern zeigen vielmehr auf liebevolle Weise, wie man trotz aller Hindernisse eine Freundschaft miteinander führt.

Darüber hinaus sind der Autorin mit den Gestalten des Rüdiger von Schlotterstein und seiner Schwester Anna zwei absolut Vampir-untypische Charaktere gelungen, an denen selbst ängstliche Kinder Gefallen finden werden. Obwohl er selber ein Geschöpf der Nacht ist, ist Rüdiger nämlich gar nicht so mutig, wie er sich vor allem Anton gegenüber immer gibt. Der kleine Vampir ist kein grausames Monster, sondern eigentlich selbst noch ein Kind, dem manchmal mulmig zumute ist. Sogar im Dunkeln fürchtet er sich sich ab und zu – sympathischer kann man einen Vampir kaum darstellen. Aber Rüdiger ist auch mit allerlei Ecken und Kanten ausgestattet und keine stereotype Heldenfigur. Im Gegenteil: Der kleine Vampir ist oft launisch und leicht eingeschnappt, er ist unzuverlässig und sorgt häufig durch seine Unachtsamkeit dafür, dass Anton in Schwierigkeiten kommt. Das ist kein Wunder, denn die Vampire leben in ständiger Gefahr und unter unwirtlichen Bedingungen; für Mitgefühl ist in ihrem Dasein nicht viel Platz, sodass Rüdiger daran gewöhnt ist, seinen Willen durchzusetzen. In der Freundschaft mit Anton erfährt er aber, dass er manchmal auch nachgeben und ebenfalls einen Teil dazu beitragen muss, damit das gute Verhältnis zwischen ihnen erhalten bleibt.

Seine Schwester Anna ist eine besonders süße Figur. Auch Anna ist leicht eingeschnappt, allerdings nicht aus Arroganz, sondern weil sie in Anton verliebt ist und sich jede Kritik sehr zu Herzen nimmt. Anton mag die kleine Anna außerordentlich gern, doch von Liebe mag er nicht reden. Was sich zwischen den beiden abspielt, spiegelt das typische Verhältnis von Kindern in dem Alter zueinander wider: Anton ist ein noch recht stoffeliger Junge, der mit Mädchen normalerweise nichts anfangen kann, während Anna sehr gefühlvoll ist und Schwärmereien entwickelt. Dass Anna jedoch anders ist als die Mädchen in seiner Klasse, beeindruckt Anton immer wieder. Sie ist nicht nur körperlich viel zäher und stärker, als sie aussieht, sie ist auch äußerst mutig und geht bereitwillig Risiken ein, um Anton oder auch ihren Bruder zu schützen.

Anton schließlich ist die ideale Identifikationsfigur für Kinder in seinem Alter. Er ist ein Einzelkind, dessen Eltern beide berufstätig sind und der sich daher viel mit seinem Hobby, den Vampiren, beschäftigt. Viele Kinder werden seine Begeisterung für alles Unheimliche nachvollziehen können, und der Gedanke, einen Vampir als Freund zu haben, ist verlockend und aufregend zugleich. Das gilt natürlich vor allem für das Fliegen mit dem Vampirumhang, das Anton bald schon fast so gut wie ein Vampir beherrscht. Seine neuen Freunde bringen bisher ungeahnte Spannung in sein Leben, machen es allerdings auch wesentlich komplizierter, denn es besteht ständig die Gefahr, dass Antons Eltern hinter die ungewöhnliche Freundschaft kommen. Rüdiger und Anna müssen ihn heimlich besuchen und auch Anton muss verbergen, dass er sich manche Nacht aus dem Fenster schleicht. Immer wieder bangt der Leser mit ihnen, ob jemand hinter ihr Geheimnis stößt, seien es nun die älteren Vampire oder Antons Eltern.

|Lerneffekt für Kinder|

Kinder werden durch die Bücher vom kleinen Vampir nicht nur sehr gut unterhalten, sondern lernen dabei auch noch auf spielerische Art, welche Probleme in Freundschaften auftauchen und wie man sie beseitigt, auch wenn man völlig unterschiedlich ist. Der Autorin gelingt auf unterschwellige Art ein Plädoyer für die Toleranz zur Andersartigkeit, ohne jemals mit dem erhobenen Zeigefinger zu agieren. Die Freundschaft zwischen dem Menschenkind und den Vampiren ist kein Selbstgänger, sondern erfordert Einsatz und Diplomatie. Antons Vorstellungen von Vampiren beschränken sich auf die Bücher und Filme, die er kennt, die aber natürlich nicht in allen Punkten die Realität treffen. Mehr als einmal gelangt er an einen Punkt, an dem er sich über Rüdiger ärgert, vor allem über seine Unzuverlässigkeit und darüber, dass der keine Vampir sich meistens dann aus dem Staub macht, wenn die Situation unangenehm wird. Einerseits liegt das an seinem Charakter, andererseits aber auch an seinen Lebensumständen, die gar nicht mit dem bequemen Leben von Anton zu vergleichen sind. In den Episoden mit Anna wird die erste Liebe thematisiert, zwar immer nur am Rande und so zuckersüß und harmlos, dass es für Grundschulkinder angemessen ist, aber dennoch lehrreich. Der unerfahrene Anton muss mit Eifersucht und Launenhaftigkeit seiner Vampirfreundin kämpfen, die stets befürchtet, dass er die Mädchen in seiner Klasse hübscher findet als sie – kein Wunder, denn auch wenn Anna für eine Vampirin sehr ansehnlich ist, trägt sie doch zerlumpte Kleidung und riecht streng nach Moder. Auch kann sie es nicht leiden, wenn sich Anton lieber mit Rüdiger trifft, zumal sie genau weiß, dass ihr Bruder sich nie so sehr um Anton bemüht wie sie.

Die Geschichte ist sehr flüssig und mit einfachen Worten geschrieben, ohne dabei in zu kindliche Sprache zu verfallen. So ist das Buch durchaus noch für ältere Leser als die primäre Zielgruppe im Grundschulalter interessant.

|Nur winzige Schwächen|

Mängel gibt es im Grunde keine. Hin und wieder kann man sich daran stören, dass Antons Eltern manchmal sehr naiv sind und es manchmal ein paar Zufälle zu viel sind, die ihm und seinen Vampirfreunden behilflich sind, denn die Ausreden, die Anton erfindet, sind meistens nicht sonderlich überzeugend. Es ist fraglich, ob reale Eltern sich so leicht hereinlegen lassen würden, wie es Herrn und Frau Bohnsack geschieht. Auch Anton selber ist ab und zu etwas begriffsstutzig und wirkt, von seiner Vampirleidenschaft abgesehen, etwas langweilig und bieder. Andererseits ist diese Variante sicher besser als ein strahlender Held ohne Kanten – und gerade dass Anton kaum gute Freunde besitzt, außer seinen Vampiren, macht ihn als Hauptfigur interessant. Etwas zu selbstverständlich wird gehandhabt, dass Antons Eltern fast jeden Samstag ausgehen. Obwohl Anton erst die vierte Klasse besucht, wird er ohne Aufsicht gelassen und kann sich später ganze Nächte davonschleichen, ohne dass seine Eltern davon erfahren.

_Fazit:_ Für Kinder ist es die perfekte Lektüre zur spannenden Unterhaltung und zum angenehmen Gruseln, ohne Alpträume befürchten zu müssen. Für Erwachsene besitzt der kleine Vampir Kultcharakter. Wer ihn als Kind gelesen hat, wird ihn immer wieder gerne zur Hand nehmen.

_Die Autorin_ Angela Sommer-Bodenburg wurde 1948 bei Hamburg geboren und lebt seit 1992 in Kalifornien. Bisher sind über 40 Bücher von ihr erschienen, darunter Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Bilderbücher. Ihre Werke wurden in 27 Sprachen übersetzt.

Weitere Gruselbücher von ihr neben der Reihe um den kleinen Vampir sind z. B. „Die Moorgeister“ und „Wenn du dich gruseln willst“. Eine weitere, sehr erfolgreiche Buchserie ist die Reihe um den sprechenden Bernhardiner „Schokolowski“.

http://www.angelasommer-bodenburg.com

Conrad, Julia / Büchner, Barbara – Terminal: Stadt jenseits des Todes (Band 1)

_Trailer_

Sie wollen dieses Leben nicht, aber der Tod spuckt sie wieder aus: Nach dem Sprung von der Brücke landen Michelle, Maike und Tobias in einer entseelten Zwischenwelt, in der ihre Ängste Gestalt angenommen haben.

Und sie sind nicht allein!

Gespenstische Begleiter und mysteriöse Heilige führen sie von einer Entscheidung zur nächsten. Terminal, der große Verteilerbahnhof, wird für jeden zum Wendepunkt.

_Rezension_

Die Erfolgsautorin Barbara Büchner liefert hier unter dem Pseudonym Julia Conrad den ersten Band der |Terminal|-Trilogie ab.

„Terminal“ ist ein intelligenter und moderner Fantasyroman für Jugendliche. Aber nicht nur für sie, sondern auch für deren Eltern oder babysittende Freundinnen, denen das, was die Autorin offen anspricht, aber auch das, was zwischen den Zeilen schwingt, zu denken geben sollte: Nehmen wir die Menschen in unserem Umfeld wahr? Schenken wir ihnen genug Zeit? Genug Liebe? Schätzen und respektieren wir sie um ihrer Selbst willen? So wie sie sind – oder pressen wir sie in Schubladen und leben nebeneinander her?

Da ist Michelle Feilmann,16, die von ihrer Mutter immer eine |langweilige Suse| geschimpft wird und sich in Groll und Selbstmitleid ergeht. Daher halten die Freunde sie für eine neurotische Zicke. Darüber hinaus eilt ihr der Ruf voraus, die Schuld immer nur bei den anderen zu suchen und die Augen vor ihrer eigenen Trägheit zu verschließen. Dabei fürchtet sich Michelle leicht und hat ständig Angst, etwas falsch zu machen. Die zweite im Bunde ist Maike Perlinger, 17, die sich Unmengen von Leberkäse, Semmeln, Fritten und Bier einverleibt und darüber jammert, dass sie |trotz aller Diäten| immer dicker würde, und die Michelle für total prollig hält. Und da wäre noch Tobias Welden-Bogerstein, 16, ein affiger, leicht reizbarer Schickimicki.

Gemeinsam springen sie von einer Brücke, um frustriert aus dem Leben zu scheiden. Sven Langner, 18, wird bei dem Versuch, Michelle am Sprung zu hindern, mit hinabgezogen. Sie alle landen in einer Zwischenwelt – der Stadt, die |Terminal| heißt – und bleiben nicht lange alleine, denn auch andere – teilweise schuldbeladene – Selbstmörder gesellen sich zu ihnen.

Keine Geringere als Jeanne d’Arc nimmt die am Leben Verzweifelten unter ihre Fittiche und soll sie und jene, die noch zu ihnen stoßen, an den Feurigen Brunnen führen, damit Michelle und ihre Begleiter von dem |Wasser des Lebens| trinken. Es geht durch bizarre Spiegelwelten, das Reich der Finsterwürmer und andere Unwegsamkeiten … Werden Michelle und ihre Freunde den Feurigen Brunnen erreichen? Und was geschieht, wenn sie vom Wasser des Lebens trinken?

„Terminal“ ist mehr als ein reiner Unterhaltungsroman. Wieder einmal verquickt die Autorin mit Leichtigkeit historische Elemente mit (teils nicht mehr gelebten) Wertigkeiten – ohne mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen. Die Handlung führt uns die Grenzgestalten der Gesellschaft näher, hält uns vielleicht sogar einen Spiegel durch sie vor. Daher ist „Terminal“ nicht nur ein Roman mit pädagogischem Wert für jugendliche Leser, sondern auch für deren Vorbilder (oder die, die es sein sollten).

Band 1 weist zudem ein gelungenes Ende mit Fortsetzungspotenzial auf, wie es sich für den Auftaktband einer Trilogie gehört.

_Fazit:_ Empfehlenswerter Roman mit erzieherischem Nährwert, der dennoch nicht schulmeisternd daherkommt. Ein Satz hat mir besonders gut gefallen: „Das Gespräch von Mensch zu Mensch ist immer noch das Beste“ (anstelle nur in die Glotze zu schauen). Das sollten sich wieder mehr Menschen auf die Fahne schreiben, denn Sprachlosigkeit ist das immer größer werdende Manko unserer Gesellschaft.

Brendow Verlag

Sage, Angie – Septimus Heap – Flyte

Mit „Flyte“ läutet Angie Sage die nächste Runde ihrer Reihe um die Geschichte des jungen Septimus Heap ein. Die Geschichte des lange verschollen geglaubten siebten Sohn eine siebten Sohnes (und als solcher mit besonderen magischen Fähigkeiten gesegnet), die in in [„Septimus Heap – Magyk“ 1856 ihren Anfang nahm, wird nun im zweiten Band der Trilogie fortgeführt.

Mit dem hoffnungsvollen Nachwuchsmagier Septimus hat Angie Sage eine Fantasy-Figur erschaffen, die neben Harry Potter und Co. ihre Daseinsberechtigung hat. Septimus braucht sich kaum hinter seinem bekannteren Kollegen zu verstecken, wenngleich die Septimus-Heap-Romane ihre Zielgruppe enger fassen. Sie sind noch in wesentlich stärkerem Umfang wirkliche Kinder- und Jugendbücher, als dies bei Kollege Potter der Fall ist.

Seit den Geschehnissen in „Magyk“ ist ein gutes Jahr vergangen. Septimus ist mittlerweile seit einem Jahr im Zaubererturm bei der Außergewöhnlichen Zauberin Marcia Overstrand als Lehrling angestellt und hat viel gelernt. Jenna ist zusammen mit der Familie Heap in den Palast gezogen, wo nach dem Ende des bösen Zauberers DomDaniel und des Obersten Wächters wieder beschauliche Ruhe eingekehrt ist. Das Leben der Familie und der jungen Prinzessin Jenna verläuft in geregelten Bahnen, bis eines Tages der seit einem Jahr verschwundene älteste Heap-Sohn Simon auftaucht und das ruhige Leben aufmischt.

Kurzerhand entführt er Jenna und flieht mit ihr in seine Höhle jenseits der Schieferbrüche. Dort hat Simon sein Lager in einer alten Landwurmhöhle aufgeschlagen, zusammen mit den Gebeinen von DomDaniel, die nicht so ganz hundertprozentig tot zu sein scheinen. Simon will den Zauberer zurück in die Welt der Lebenden holen und dann bei ihm in die Lehre gehen. Dafür will er DomDaniel bei der Wiederherstellung seiner früheren Macht loyal zur Seite stehen und dazu gehört auch die Entführung von Jenna.

Wird es DomDaniel gelingen, die Macht über die Burg wieder an sich zu reißen und als Oberster Zauberer in den Zaubererturm einzuziehen? Septimus macht sich auf, Jenna zu suchen und nach Hause zu bringen. Aber reichen seine magischen Fähigkeiten schon aus, um gegen Simon und DomDaniel etwas ausrichten zu können?

Der Beginn der Geschichte spielt sich wie im Vorgängerband nahezu komplett innerhalb der Burgmauern ab. Wieder einmal beschwört Sage eine Welt herauf, die an das späte Mittelalter erinnert, gewürzt mit einer saftigen Prise Magie. Überall in Sages Welt gibt es kleine magische Gimmicks, die das Leben erleichtern und die der Handlung eine gewisse humorvolle Note verleihen. Sage versteht es, der Geschichte auch lustige Züge zu verleihen, die den Lesespaß gerade für Kinder enorm erhöhen dürften.

Die ersten düsteren Züge der Handlung treten mit dem Auftauchen von Simon in Erscheinung. Simon hegt eine starken Groll, zum einen gegen seinen „neuen“ Bruder Septimus, der die Lehrstelle bei Marcia Overstrand bekommen hat, die er selbst sich doch immer gewünscht hat, und zum anderen gegen Jenna, die sich auf einmal als Prinzessin entpuppte. Die Entführung von Jenna gelingt zunächst, wenngleich Jenna gerissen genug ist, einen erfolgversprechenden Ausbruch zu wagen (der wiederum seine komischen Züge hat, weil er recht ungewöhnlich vonstatten geht).

Doch damit fängt die Geschichte erst an und Simon lässt nichts unversucht, Jenna so schnell wie möglich zurück in seine Gewalt zu bringen. Der Beginn eines Katz-und-Maus-Spiels, das fortan den Plot bestimmt und noch für reichlich Spannung sorgt. Spannende Lektüre ist somit garantiert. Simon hat schon einiges an magischen Fertigkeiten erlangt und er ist als Gegner für Septimus, der versucht, Jenna im weiteren Verlauf zu beschützen, ein wirklich harter Brocken. Septimus kann froh sein, dass sein Bruder Nicko ihm zur Seite steht, und auch Wolfsjunge, der zusammen mit einigen von Septimus‘ Brüdern im Wald lebt und Septimus, Nicko und Jenna begleitet, erweist sich als hilfreicher Gefährte.

Spannung, Magie, Humor, Freundschaft – Sages Geschichte enthält viele Elemente, die eine vielversprechende Mischung abgeben. Manches Problem der Protagonisten löst sich für den erwachsenen Leser sicherlich ein bisschen zu leicht. Kinder dürfte dieser Aspekt indes wohl wenig stören. Sages Welt ist recht einfach gestrickt. Die Figuren lassen sich ganz leicht in Gut und Böse einteilen, Grauzonen gibt es dabei nicht so recht. Sages Romanwelt ist halt durch und durch kindgerecht angelegt.

So verwundert es auch nicht, dass die Bösen, um besiegt werden zu können, manchmal schon eine recht trottelige Figur abgeben müssen. Manchmal wirkt Simon wie der letzte Depp und stellt sich einfach nur ungeschickt an, obwohl er schon über recht ausgefeilte magische Fähigkeiten verfügt. Auch Marcia Overstrand macht in diesem Band eine eher schlechte Figur. Auch sie wirkt irgendwie zu tollpatschig (gemessen daran, dass sie immerhin die mächtigste und wichtigste Zauberin im Land ist). Sie wird stellenweise ein wenig zur Witzfigur degradiert, was ihr in ihrer Rolle als Septimus‘ Mentorin nicht unbedingt gut bekommt.

Ein weiterer Nachteil ergibt sich daraus, dass „Flyte“ der Mittelband einer fortgesetzten Serie ist. So ist die Handlung alles andere als abgeschlossen, wobei manches für meinen Geschmack etwas zu offen bleibt. Zumindest ein Erzählstrang wirkt unschön abgebrochen, ansonsten schafft Sage mit „Flyte“ eine ganz ordentliche Ausgangsposition für den nächsten Band der Reihe. Insgesamt ist ihr das im ersten Teil aber besser gelungen, da sie dort gleichzeitig den ersten Handlungsblock abgeschlossen und die Grundlagen für den zweiten Band geschaffen hat. So bleibt die Lektüre am Ende doch ein wenig unbefriedigend.

Schön ist dagegen wieder einmal die Aufmachung des Buches. War schon der erste Band sehr liebevoll gestaltet, so steht der zweite Band dem in nichts nach. Liebevoll skizzierte Figuren am Kapitelanfang zeigen die Protagonisten und verleihen der Geschichte mehr Atmosphäre.

Sages Schreibstil ist leicht verständlich und eingängig, aber stets auch etwas gewitzt. Für Kinder dürfte hier der Lesespaß garantiert sein und ich bin mir sicher, dass mir die Septimus-Heap-Reihe zu meinen Kindertagen auf jeden Fall reichlich Freude bereitet hätte.

Alles in allem ist „Septimus Heap – Flyte“ eine schöne Fantasygeschichte für Kinder, die anders als die letzten Harry-Potter-Bände auch wirklich kindgerecht ist. Das schränkt natürlich auch den Lesespaß der erwachsenen Leserschaft ein, aber das kann man einem Kinderbuch wohl kaum zum Vorwurf machen. Abgesehen davon, dass einer der Erzählstränge am Ende unschön abgebrochen und die ehrwürdige Marcia Overstrand in manchen Situationen ein wenig zu sehr als Witzfigur strapaziert wird, macht das Buch einen größtenteils guten Eindruck. Die Geschichte ist phantasievoll erzählt, hat eine humorvolle Note und sympathische Figuren. Kinder dürften daran in jedem Fall ihre wahre Freude haben.

Website zum Buch: [www.septimusheap.de]http://www.septimusheap.de

Weyn, Suzanne – Bar Code Tattoo

Es ist mittlerweile kein ganz so ungewöhnliches Szenario mehr, das Suzanne Weyn in ihrem Roman „Bar Code Tattoo“ heraufbeschwört. Bargeld ist Schnee von gestern, auch Kreditkarten sind schon lange out. Der Mensch der Zukunft braucht im Jahre 2025 nichts andere mehr als ein paar Striche auf dem Handgelenk – ein Strichcode-Tattoo. Als Zahlungsmittel erleichtert es den Alltag und dank gespeicherter Führerschein-, Ausweis- und Versicherungsdaten braucht man keine Papiere mehr mit sich umherzutragen. Das ist enorm praktisch, möchte man meinen, doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite offenbart ein ganz anderes Bild – das der totalen Überwachung.

In dieser Welt wächst die junge Kayla auf. Sie ist gerade siebzehn geworden, Zeit, sich wie alle anderen tätowieren zu lassen. Doch Kayla ist unschlüssig. Sie hegt Zweifel daran, dass das Tattoo wirklich so harmlos ist, wie ihr alle eintrichtern wollen. Was steckt hinter der Behauptung von Kaylas Mutter, dass das Tattoo Schuld daran ist, dass ihr Vater sich vor kurzem das Leben genommen hat? Auch die Familie ihrer Freundin trifft ein hartes Schicksal, anscheinend auch wegen des Tattoos.

Kayla will die Wahrheit herausfinden, bevor sie sich selbst tätowieren lässt. In der Schule schließt sie Freundschaft mit einigen Jugendlichen, die sich in der Bürgerrechtsbewegung engagieren, und erfährt so manches über das Tattoo, das sie in dem Glauben bestärkt, dass die Regierung das Tattoo nicht zum Wohle der Allgemeinheit eingeführt hat. Offenbar geht es dabei um das Erfassen des Gen-Codes der Menschen und darum, bestimmte Menschen aufgrund genetischer Eigenschaften auszusortieren. Für Kayla und ihre Freunde steht fest, sie müssen sich dem entgegenstellen …

Was Suzanne Weyn in ihrem Roman skizziert, ist ein Zukunftsszenario, das durchaus vorstellbar erscheint. Schon heute sind die meisten Menschen bereit, ihre Bürgerrechte zum Wohle ihrer Sicherheit (egal ob einer tatsächlichen oder einer vorgegaukelten) zum Fenster rauszuwerfen. Dank gespeicherter Daten auf diversen Kunden- und Kreditkarten ist der gläserne Bürger ein Stück mehr Realität geworden. Bequemlichkeit und Sicherheit sind bei den Befürwortern gern gesehene Argumente und die Warnrufe von Verbraucherschützern und Bürgerrechtlern werden gerne abgewunken.

Suzanne Weyn setzt die gegenwärtige Entwicklung konsequent fort und zeigt, wohin das Ganze führen kann. Der Bar Code am Handgelenk dient vorgeblich dem Komfort und der Sicherheit. Niemand kann mehr Kreditkarten und Ausweispapiere stehlen und man hat immer alles parat, was man braucht. Doch der Strichcode macht den Menschen auch verwundbar. Alle sensiblen Daten befinden sich in einem einzigen Code, alles wird zentral erfasst, und man mag sich gar nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn diese Daten in die falschen Hände geraten.

Ebenso ermuntert das leicht zugängliche Vorhandensein sämtlicher Daten dazu, sie auch zu nutzen und damit in die Persönlichkeitsrechte des Menschen einzugreifen. Der Blick auf die genetischen Eigenschaften vor Abschluss einer Versicherung oder beim Einstieg in den Job sind nur zwei bescheidene Beispiele.

Mit genau diesen Dingen setzt auch Kayla sich auseinander. Sie lebt in einer durch und durch globalisierten Welt. Die Verflechtungen von Politik und Wirtschaft sind so weit entwickelt, dass sich niemand mehr Mühe gibt, sie zu verbergen. Der „Präsident“ der Vereinigten Staaten steht gleichzeitig dem alles beherrschenden Konzern „Global 1“ vor. Die Interessen des Staates sind nichts anderes als die Interessen eines riesigen globalen Konzerns.

In dieser Welt hat Kayla so einiges durchzustehen. Erst verliert sie ihren Vater, worauf ihre Mutter in zunehmendem Maße dem Alkohol zuspricht und die Tochter vernachlässigt, die sich dann selbst um einen Job bemüht, um den Lebensunterhalt der beiden zu bestreiten. Dann verliert sie ihre Freundin, die, wirtschaftlich ruiniert, mit ihren Eltern zu weit entfernt wohnenden Verwandten ziehen muss.

All diese Schicksalsschläge treffen Kayla mit atemberaubender Geschwindigkeit und weitere folgen im Laufe der Geschichte. Es ist fast zu viel, als dass ein siebzehnjähriges Mädchen allein damit fertig werden könnte, und so mag man Kayla es auch nicht so ganz abnehmen, wie stark sie selbst dabei bleibt. Kaylas emotionales Innenleben ist wie ein Betonklotz, der zwar einige Risse bekommt, aber im Wesentlichen kaum zu erschüttern zu sein scheint. Hier wünscht man sich als Leser etwas mehr Tiefe in der Figurenbetrachtung.

Natürlich muss man Weyn zugute halten, dass „Bar Code Tattoo“ ein Jugendbuch ist, dennoch erscheint die Figurenskizzierung etwas zu oberflächlich für meinen Geschmack. Das Bild wäre einfach vollständiger, würde Weyn das Innenleben ihrer Hauptfigur etwas stärker vertiefen. Auch Dreizehnjährige sollten keine Probleme damit haben, das dann nachvollziehen zu können.

Eine weitere Schwäche offenbart sich mit Blick auf die Romankonstruktion. Das Szenario entwickelt sie ganz hervorragend, da gibt es gar keinen Zweifel, der Aufbau der Geschichte hadert aber hier und da ein wenig mit der Glaubwürdigkeit. Die Entlarvung eines Verräters (den wir hier selbstverständlich nicht namentlich nennen wollen) erfolgt, auch gemessen an einem Jugendbuch, etwas zu plump.

Ebenso erscheint es etwas unglaubwürdig, in welcher Weise sich im weiteren Verlauf der Geschichte die Wege der Protagonisten immer wieder auf sonderbare Weise kreuzen. Räumlich längst voneinander getrennt und über den Nordosten der USA verstreut, treffen sie sich urplötzlich mitten im Wald wieder – und es kommt nicht nur einmal vor, dass der Faktor Zufall auf diese Weise etwas überstrapaziert wird.

So wirkt der Plot stellenweise leider ein wenig mit der Brechstange konstruiert, was in Anbetracht des eigentlich so gelungen entworfenen Szenarios wirklich schade ist. Gerade im Bereich der Utopien habe ich im Jugendbuchsektor schon Bücher gelesen, deren Umsetzung besser ist (z. B. [„Das Skorpionenhaus“ 1737 von Nancy Farmer). Es liegt also nicht einfach nur an der höheren Erwartungshaltung, die man als Erwachsener hat.

Der Verlag empfiehlt das Buch ab 13 Jahren, und das erscheint mir auch angemessen. Die Thematik ist in jedem Fall wichtig und sie ist so aufbereitet, dass sie Kindern dieser Altersklasse gut zugänglich sein dürfte. Weyn skizziert ihr Szenario so, dass es leicht verständlich ist. Sie packt das Thema jugendtauglich an, auch wenn sie zum Ende hin eine seltsam mystisch angehauchte Richtung einschlägt, die etwas sonderbar erscheint, weil Weyns Erklärungen auch nicht ausreichen, das Ganze wirklich schlüssig erscheinen zu lassen. Zumindest lässt sich das Ganze argumentativ sehr leicht aushebeln.

Bleibt am Ende ein etwas gemischter Eindruck zu „Bar Code Tattoo“ zurück. Einerseits eine wirklich wichtige Thematik, die gerade auch bei Kindern und Jugendlichen, die heute aufwachsen und für die Kredit- und Kundenkarte eine alltägliche Selbstverständlichkeit sind, ein schöner Anlass ist, diese Dinge auch mal kritisch zu hinterfragen. Weyn entwirft ein durchaus glaubhaftes Szenario, schlägt aber dabei zum Ende hin eine etwas fragwürdige Richtung ein und kann auch mit der Romankonstruktion und der Figurenskizzierung nicht hundertprozentig überzeugen. Wichtige Lektüre ja, aber eben leider in der Romanumsetzung auch mit einigen Schwächen.

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Colfer, Eoin – Artemis Fowl

Man kommt nicht umhin. Beinahe jedes Fantasybuch, das nach Harry Potter kam, wird mit dem Helden von Joanne K. Rowling verglichen. Die Engländerin hat die Messlatte hoch gelegt und 2001 schickte sich Eoin Colfer an, diese mit den Fingerspitzen zu berühren.

Sein Buch „Artemis Fowl“ wurde zumeist in einem Atemzug mit Harry Potter genannt, obwohl inhaltlich sehr starke Unterschiede bestehen. Artemis Fowl, der Held der Geschichte, ist nämlich keineswegs ein Zauberlehrling, sondern ein hochintelligenter Zwölfjähriger, der aus einer Familie von Kriminellen abstammt. Auch der jüngste Spross der Fowls hat sich zum Meisterdieb aufgeschwungen, und da er immer noch ein Kind ist, trotz seiner Altklugheit und Gerissenheit, glaubt er fest an das Märchen, dass jede Fee ein Goldtöpfchen in ihrer Behausung hat. Und er glaubt an die unterirdischen Wesen, auch wenn es lange dauert, bis er endlich die Spur einer Fee in Ho-Chi-Minh-Stadt findet. Er reist mit seinem deutlich älteren Bodyguard Butler, der ihm nicht von der Seite weicht, dorthin und schafft es, ihr das Goldene Buch abzupressen, in dem sämtliche Regeln und das Wissen über die Unterirdischen enthalten sind.

Mit dessen Hilfe gelingt es ihm, eine Elfe gefangen zu nehmen, mit deren Hilfe wiederum er die Elfen erpressen will, ihm etwas von ihrem Feengold abzugeben. Doch er hat nicht mit Holly Short, der Geisel und erstem weiblichem Officer der Aufklärungseinheit der Zentralen Untergrund-Polizei, gerechnet, denn diese hat nicht vor, kampflos aufzugeben …

Zentrale Untergrund-Polizei? Richtig gelesen. Elfen und Feen in rosa Rüschenkleidern und mit goldenen Zauberstäben kommen in Colfers Unterirdischen-Welt nicht vor. Stattdessen gibt es Straßen mit dem allmorgendlichen Stau, wenn die Unterirdischen zur Arbeit fliegen. Es gibt Fußgängerzonen im Höhlensystem und technikgewiefte Zentauren, die das gesamte Areal überwachen. Und es gibt die Zentrale Untergrund-Polizei, kurz ZUP, die für Ordnung unter der Erde sorgt und verhindert, dass die Menschen von der Existenz der Unterirdischen erfahren.

Stellenweise erinnert Colfers Welt dezent an die Bank |Gringotts|, aber insgesamt hat der Autor eine sehr eigenständige und sauber gezeichnete Welt ausgetüfftelt, die immer wieder durch ihren Erfindungsreichtum überrascht. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Elfenflügel motorbetrieben sind und es sogar verschiedene Modelle gibt?

Die gleiche Liebe zum Detail wendet Colfer für die Charaktere auf. Sie alle haben eine Hintergrundgeschichte und ihre Eigenheiten. Butler, Artemis‘ Leibwächter, zum Beispiel gehört zur Familie der Butlers, die schon seit Ewigkeiten im Dienst der Familie Fowl steht. Die Behauptung, dass man munkelt, dass das Synonym für Diener auf ebendiese Familie zurückgeht, ist mit einem Augenzwinkern versehen, was man sehr oft in dem Buch findet. Der gute alte englische Humor eben.

Holly Short, um ein weiteres Beispiel zu nennen, ist der erste weibliche Officer der Aufklärungseinheit und somit den sexistischen Angriffen ihres Vorgesetzten Root schutzlos ausgesetzt. Bei Root zeigt sich eine weitere Stärke Colfers. Er weiß zu verhindern, dass seine Charaktere wie lieblose, schwarz-weiße Stereotype wirken, indem er sie mit einem Herz versieht. Natürlich entspricht der Charakter des frauenverachtenden Chefs schon ein wenig dem Klischee, aber Colfer zieht dieses Klischee nicht bis zum Ende durch, sondern erlaubt Root, sich zu verändern. Und so wächst ihm Holly während ihrer Geiselnahme immer mehr ans Herz und letztendlich kommt er nicht umhin, sie zu loben.

Besonderes Augenmerk gilt natürlich dem Helden, Artemis Fowl, der schon aufgrund des Alters Harry Potter zu seiner Konkurrenz zählt. Er wohnt, anders als Harry, jedoch auf der anderen Seite des Gesetzes, und nur weil er noch ein halbes Kind ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er nicht gerissen und ziemlich kaltblütig sein könnte. Manchmal beschleicht den Leser natürlich der leise Verdacht, dass der Junge ein wenig zu erwachsen geraten ist, an und für sich hebt sich das aber auf. Zudem hat auch Artemis ein Herz. Er sorgt sich um seine Mutter, die seit dem Verschwinden seines Vaters ein wenig verrückt und einer der Gründe ist, warum er an das Elfengold kommen möchte.

Wenn in einem Buch der Protagonist „der erste artübergreifende Dieb“ (Seite 108) ist, spielt die Geschichte dementsprechend in einem Milieu, in dem mit viel technischem Equipment und Action gehandelt wird. Es ist Colfer gutzuschreiben, dass er es schafft, bei all dem technischen Schnickschnack, den er Artemis zur Verfügung stellt, trotzdem noch auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Das eine oder andere Super-Hightech-aberleiderunrealistische-Handy hat schon so einige Autoren den Kopf gekostet, und auch wenn Colfer es manchmal ein wenig zu viel werden lässt, hält sich diese prekäre Angelegenheit noch im Rahmen.

Die Handlung an und für sich ist spannend gestaltet, hat aber in der Mitte so ihre Längen, während der Leser sehnsüchtig auf den Showdown wartet. Selbiger wird schön ausgestaltet und mit einer überraschenden Wendung versehen, so dass das Buch zu einem gebührenden Abschluss kommt. Allerdings wäre es an einigen Stellen nicht schlecht gewesen, die Action ein wenig zurückzufahren. Sie ist schuld daran, dass der Plot an einigen Stellen auszufransen zu droht.

Trotz dieser wenigen Mängel lässt sich das Buch sehr schön lesen, was dem tollen Schreibstil zu verdanken ist, der ebenfalls einige wenige Parallelen zu Rowling ziehen lässt. Sollte man das überhaupt machen? An und für sich ist der Humor, der „Artemis Fowl“ zugrunde liegt, dieser typisch englische, sehr trockene Humor, und Rowling und Colfer sind nicht die Einzigen, die ihn verwenden. Das lockert das Buch angenehm auf, genau wie der Einsatz von witzigen Metaphern („… genauso aussichtslos wie der [Versuch], eine Kartoffel in einen Fingerhut zu zwängen.“ (Seite 116) und die Hinwendung zum Leser, der humorvoll gesiezt wird.

„Artemis Fowl“ weist sicherlich einige Berührpunkte zu Harry Potter auf, aber Harry Potter weist sicherlich auch einige Berührpunkte zu Büchern auf, die vor ihm geschrieben wurden. Fakt ist, dass Eoin Colfer diese ständigen Vergleiche nicht nötig hat, denn er kann locker mit Rowling mithalten. Sein Schreibstil entfaltet ebenfalls einen mitziehenden Charme, seine Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und seine Geschichte ist mit Hintergründen, Spannung und einer nachvollziehbaren Handlung aufgepolstert. Der eine oder andere Wehmutstropfen lässt sich nicht verhindern, doch ansonsten spielt Colfer in der Oberliga der Kinderfantasybücher, die sich auch Erwachsene zu Gemüte führen können.

http://www.artemis-fowl.de/

Conor Kostick – Epic

Story

Nach einer gewaltigen Explosion auf der alten Erde sah sich das Zentrale Lenkungskomitee auf Neuerde dazu gezwungen zu handeln. Beschlossen wurde fortan, dass alle Probleme, die sich dort ergeben, nur noch in der virtuellen Welt des Computer-Rollenspiels ‚Epic‘ gelöst werden sollen,und dies in der dortigen Arena.

Erik und seine Familie sind von dieser Entscheidung auch betroffen und müssen auch schon erste Opfer bringen. Seine Mutter war der Epic-Welt nicht mehr gewachsen, und auch Erik selber hat unlängst ein weiteres Leben in der Cyberwelt verloren. Ihm bleibt nur noch die eine Chance, mittels eines weiteren selbst kreierten Charakters in ‚Epic‘ zu bestehen und das Zentrale Lenkungskomitee zu besiegen, und hierfür greift er auf recht unkonventionelle Mittel zurück.

Conor Kostick – Epic weiterlesen

Corder, Zizou – Lionboy: Die Entführung

_Handlung_

Charlie Ashanti lebt in London und ist ein ganz besonderes Kind, denn er spricht die Sprache der Katzen: Katz. Als er eines Tages nach Hause kommt, sind seine Eltern, beide bekannte Wissenschaftler, spurlos verschwunden. Von der Nachbarskatze erfährt er, dass seine Eltern entführt worden sind.

Wie sich herausstellt, wurden sie von einer Organisation entführt, die an einem von ihnen entwickelten Mittel gegen Asthma interessiert ist. Mit Hilfe seiner vierbeinigen Helfer nimmt Charlie die Verfolgung auf. Dabei landet er auf dem Zirkusschiff Circe, welches auf dem Weg nach Paris ist. Der Zirkusdirektor und Kapitän Major Maurice Thibaudet nimmt ihn als Teil der Besatzung auf.

Schon nach kurzer Zeit unter den Akrobaten, Clowns, Seiltänzern und exotischen Tieren wird er zum Assistenten des Löwendompteurs Maccomo. Er ist jetzt der Lionboy. Natürlich weiß keiner, dass sich Charlie mit den Löwen unterhalten kann, und so schmieden Charlie und die Könige des Tierreichs schon bald einen tollkühnen Fluchtplan …

_Der Autor_

Zizou (französisch: weiße Katze) Corder ist ein Synonym für die Schriftstellerin Louisa Young („Sehnsucht nach Kairo“, „Engel in Schwierigkeiten“) und ihre zum Schreibzeitpunkt zehnjährige Tochter Isabel Adomakoh. Die beiden haben die Geschichte von Charlie Ashanti gemeinsam entwickelt und geschrieben. Die beiden leben in London, und „Lionboy: Die Entführung“ ist ihr erstes Kinderbuch und der erste Band einer Trilogie über den Katz sprechenden Charlie Ashanti.

_Mein Eindruck_

„Lionboy: Die Entführung“ ist für mich das beste Kinder/Jugendbuch seit „Harry Potter“. Nicht umsonst hat sich kein Geringerer als Stephen Spielberg die Filmrechte für dieses Buch bereits gesichert.

Aber was macht das Buch so erstklassig? Zuerst einmal ist das sicher die Autorenkombination aus erfahrener Schriftstellerin und ihrer Tochter. Auf jeder Seite kann man die kindliche Phantasie bestaunen und saugt sie förmlich ein. Dabei wird der Plot aber niemals undurchsichtig oder verwirrend, was ganz klar auf die ordnende Hand der Mutter zurückzuführen ist. Genauso ist es mit verschiedenen Erklärungen und Beschreibungen innerhalb des Textes. Man merkt, dass hier ein Kind bei der Entstehung quasi Pate gestanden hat, denn die Erklärungen sind genau richtig gestreut und gut formuliert, so dass auch schon jüngere Leser ihren Spaß an der „Lionboy-Reihe“ haben werden. Dabei sind sie aber keinesfalls in einer lehrerhaften Formulierung gehalten, sondern sehr interessant und liebevoll, damit sie auch die älteren Semester nicht stören.

Die Story an sich spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der die Erdölvorkommen beinahe erschöpft sind, wobei hier natürlich auch der Lerneffekt für die jungen Leser nicht zu übersehen ist. Auch dass Charlie einen Vater aus Afrika und eine Mutter aus Europa hat, vermittelt genau den richtigen Umgang mit der immer wieder aufflackernden Rassismusdebatte, wobei hier sicher auch autobiografische Züge der Autorinnen enthalten sein dürften. Die Geschichte ist sehr bunt und bildhaft erzählt, ohne dabei kitschig oder aufgesetzt zu wirken. Der junge Charlie wird äußerst intelligent und gewitzt dargestellt, was natürlich eine gewisse Identifikation mit dem Protagonisten herstellt.

Den Mittelpunkt des Buches bilden aber sicherlich einmal, dass Charlie Katz spricht, und sein Aufenthalt auf dem Zirkusschiff Circe. Hinter der Gabe steckt nämlich auch noch, dass zu dieser Zeit fast alle Menschen an Asthma und an einer Allergie gegen Katzen leiden, wobei es ja in unserer Zeit wirklich immer mehr asthmakranke und allergische Kinder gibt. Charlies Eltern suchen dafür einen Impfstoff und werden dann von einem Syndikat entführt, um für sie zu arbeiten. Dadurch, dass die Katzen nicht gewohnt sind, dass Menschen sie leiden können, helfen sie natürlich dem kleinen Charlie, auch wenn da sicher noch etwas mehr dahinter steckt.

Charlies Zeit beim Zirkus ist so bunt und unterhaltsam geschildert, dass man sich wirklich in seine Kindertage zurückversetzt fühlt. Bunte Farben, fremde Gerüche und die Faszination Zirkus können wirklich so hautnah miterlebt werden, dass man das Buch gar nicht mehr beiseite legen will. Hierzu tragen auch die vielen sehr gelungenen Illustrationen bei. Überhaupt ist die Gestaltung des Bandes äußerst vorbildlich ausgefallen. Das Cover mit einem Löwenkopf ist passend gewählt, und wenn man das Buch etwas ins Licht hebt, scheinen einen die Augen wirklich anzufunkeln – toll! Ebenso sind die Noten für die verschiedenen Lieder, über die im Buch erzählt wird, enthalten, so dass sie problemlos von etwas musikbegabten Lesern nachgespielt werden können.

Das Finale der Geschichte bildet dann Charlies Flucht mit den Löwen in den Orientexpress, wo sie den König von Bulgarien treffen. Selbstverständlich ist die Handlung teilweise etwas unrealistisch, aber darüber muss man einfach hinwegsehen und sich auf diese schöne Phantasiewelt einlassen. Schließlich ist es ja hauptsächlich ein Kinderbuch, aber ich möchte hier noch einmal betonen, dass auch ältere Leser ihre wahre Freude an „Lionboy: Die Entführung“ haben werden.

_Fazit_

„Lionboy: Die Entführung“ ist eine tolle Geschichte, die wirklich fesselt – für mich das beste Kinder/Jugendbuch seit „Harry Potter“. Wenn die beiden nachfolgenden Bände auch nur annähernd das Niveau des ersten Bandes halten können, haben die Autorinnen damit eine wirklich wundervolle Trilogie geschaffen.

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Charles P. Crawford – Der Drohbrief

Die drei Freunde Chad, B.G. und Frosch besuchen gemeinsam den Englischkurs von Mr. Patterson. B.G. ist ein vorlauter Anführertyp, der sich in der Schule durchmogelt. Frosch ist ein skurriler Spaßvogel, der alle Dinge als Spiel betrachtet. Chad, ein guter Schüler, ist der Zurückhaltendste und Vernünftigste der drei. Mr. Patterson ist der strengste Lehrer von allen; sein Unterricht ist nicht nur anspruchsvoll, sondern er liebt es auch, böse Witze über seine Schüler zu machen.

Während einer Klassenarbeit beobachtet er, wie B.G. vom deutlich besseren Chad abschreibt. Als Strafe gibt er beiden eine Fünf, was vor allem Chad ärgert. In ihrem Frust über die Schule kommen die Jungen auf die Idee, sich ein paar Streiche einfallen zu lassen, um „das perfekte Verbrechen“ zu üben. Dabei wollen sie keine wirklichen Delikte begehen, nur kleine Mutproben. Sie schleichen sich heimlich ins Kino ein, stehlen eine Flasche Wein, deponieren einen BH auf einer Jagdtrophäe in der Schule. B.G. hat es vor allem auf Mr. Patterson abgesehen. Er deponiert verfaultes Katzenfutter in der Lüftung, so dass Mr. Patterson schließlich den Hausmeister zu Hilfe rufen und die Englischstunde ausfallen lassen muss.

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Arthur, Robert – Die drei ??? und der seltsame Wecker

Die mittlerweile rund 130 Bände umfassende ???-Reihe groß vorzustellen, erübrigt sich eigentlich, denn fast jeder Jugendliche bis hin zum Enddreißiger (die ganz besonders) dürfte mit den drei Junior-Detektiven Justus, Peter und Bob, genannt: „Die drei Fragezeichen“ aus dem fiktiven Kaff Rocky Beach bei Los Angeles irgendwie, irgendwann und irgendwo schon mal in Kontakt gekommen sein. Sei es in Buchform oder aber der hierzulande wesentlich erfolgreicheren Hörspielserie von |EUROPA|, welche den aktuellen Buchveröffentlichungen derzeit etwas hinterher hinkt. Der „Seltsame Wecker“ aus dem Jahre 1968 führt uns ganz weit zurück in eine längst vergangene Ära, hin zu den Anfängen des Trios. Aus der Feder des Schöpfers selbst stammt jener 4. Fall.

_Zur Serie_

In den USA wurden die „Three Investigators“ nach 56 Bänden eingestellt, in good ol‘ Tschörmanie leben sie dank motivierter Autoren weiter. Ende offen. Die Bücher haben fast alle ein Format von 128 bis 130 Seiten, mit wenigen Ausnahmen, und erscheinen seit jeher bei |Franckh-Kosmos|. Während die alten Originalausgaben zum Teil richtig was wert sind, bekommt man die (lizensierten Reprint-)Taschenbuchausgaben bereits für moderate 6 Euro. Neuerscheinungen kosten 7,95 Euro und sind grundsätzlich Hardcover.

Alfred Hitchcock wird oft fälschlich als Autor oder zumindest als Herausgeber angegeben, dabei hat er nur insofern mit der Serie zu tun, als dass er Ende der Sechzigerjahre seinen zugkräftigen Namen für die von Robert Arthur ersonnenen Geschichten spendierte. Gegen Lizenzgebühren versteht sich. Im Laufe der Reihe verschwanden seine – früher obligatorischen – Gastauftritte als Mentor (und Moderator) der drei Schnüffelnasen immer mehr und schließlich komplett.

Seit Frühjahr 2005 ist die Lizenz zudem endgültig ausgelaufen und die drei Fragezeichen erscheinen seither ganz ohne den Hitchcock-Namenszug und ohne sein Konterfei. Da sich die Serie seit Jahren quasi fest in deutscher (Autoren-)Hand befindet, ist das Fehlen Hitchcocks und „seiner“ oft verschmitzten Kommentare und Zwischenbemerkungen kein Beinbruch – zu den Klassikern der Serie gehören sie aber untrennbar – zumal die jüngere Lesergeneration eh nicht viel mit dem einstigen Kult-Regisseur verbindet.

_Zur Story_

Bekanntlich betreibt Justus‘ Onkel Titus den wohl bekanntesten Trödelladen (böse Zungen nennen das „Gebrauchtwaren-Center T. Jonas“ auch respektlos: „Schrottplatz“) der Westküste und kauft so ziemlich jeden kuriosen Tand auf, der ihm angeboten wird. Diesmal findet sich dabei eine seltsame Uhr, die Justus‘ Interesse weckt. Eingestöpselt und auf „Wecken“ gestellt, gellt ein fürchterlicher Schrei durch Mark und Bein. Klar, dass so ein außergewöhnliches Gerät seine Neugier buchstäblich weckt und nach genauerer Untersuchung schreit. Da die drei Fragezeichen im Moment sowieso grade keinen Klienten haben, kommt so ein „spezialgelagerter Sonderfall“ sehr gelegen, um mental nicht einzurosten.

Über eine Gravur lässt sich auch recht schnell der Uhrmacher herausfinden, der dem Wecker das Schreien beibrachte. Es stellt sich heraus, dass diese Arbeit nicht die einzige Anfertigung für einen gewissen Mr. Clock gewesen ist. Dieser war offensichtlich ein Experte für Schreie in Hörspielen, als es noch kaum TV-Sendungen gab. Jener Schrei ist einer seiner eigenen, sehr berühmten aus dieser Zeit. Zudem ist er leidlich bekannt mit Alfred Hitchcock, der den dreien auch den Hinweis auf seine Identität gibt. Bert Clock jedoch scheint seit einiger Zeit verschwunden zu sein, er hinterließ seine ratlose, bei ihm im Haus wohnende Haushälterfamilie Smith, einen Raum voller schreiender Uhren und dazu noch eine höchst rätselhafte Botschaft.

Mr Clock muss ein seltsamer Vogel sein, denn seltsamerweise kennt Familie Smith ihn nicht unter seinem richtigen Namen, sondern als „Mr. Hadley“. Darüber hinaus hat man den Familienvater vor drei Monaten in den Knast geworfen, da in Clocks/Hadleys Haus drei gestohlene Gemälde gefunden wurden und die Indizien gegen Ralph Smith sprachen, der als Versicherungsvertreter in den fraglichen Häusern gewesen ist, die später beklaut wurden. Dieser allerdings beteuert seine Unschuld. Komischerweise verschwand gleich nach Auffinden der Bilder Mr Clock. Nicht ganz spurlos, denn die Fragezeichen wollen Rätselbotschaften und Wecker entschlüsseln und damit sogar eventuell Smith‘ Unschuld beweisen. Dabei entdecken sie, dass es noch weitere verschwundene Bilder gibt und dass sie nicht die Einzigen auf der Jagd danach sind.

_Eindruck_

Der bereits 1969 verstorbene Autor Robert Arthur ist gleichzeitig der wirkliche Erfinder der drei Detektive. Zeitlich ist der Fall direkt hinter „Gespensterschloss“, „Flüsternde Mumie“ und „Fluch des Rubins“ einzuordnen – demnach also Band 4; wiewohl es bei den Büchern keine feste Nummerierung gibt. Auf die vorgenannten Geschichten wird stellenweise Bezug genommen, jedoch nur ganz kurz, sodass man die Bücher nicht gelesen haben muss, um den „Wecker“ zu verstehen. In diesem Band präsentiert Arthur auch erstmals einen der hartnäckigsten Gegenspieler im ???-Universum überhaupt: Messieur Victor Hugenay, den Gentleman-Kunstdieb aus Fronkreisch. Er und sein ünvergleischlischer Akzent werden den drei Junior-Schnüfflern im Laufe der Serie noch häufiger unangenehm aufstoßen.

Darüber hinaus enthält der „Seltsame Wecker“ auch sonst alle Elemente, welche die Serie weltweit zurecht so groß und beliebt gemacht haben. Insbesondere die Rätselsprüche, die (wie so oft) den Schlüssel zum Ermittlungserfolg darstellen, haben es in sich und laden zum Mitraten ein. Geschickt und weitgehend verlustfrei hat Übersetzerin Leonore Puschert die Rätselaufgaben vom Amerikanischen ins Deutsche transportiert. Das Buch ist in leicht verständlicher, zielgruppenfreundlicher Sprache verfasst (Kinder und Jugendliche 10+), doch manche Ausdrücke wirken – zumindest in den Auflagen von 1973 bis 1984 – etwas antiquiert und heute eher ungebräuchlich. Das tut der guten, spannend erzählten Geschichte jedoch in keiner Weise Abbruch. Wer’s moderner mag, greift zu den überarbeiteten Taschenbuch-Versionen, etwa von |dtv junior| und anderen.

_Fazit_

Zu Recht ein Meilenstein der Reihe, denn nicht nur ist es eines der allerersten, sondern gleichwohl eines der letzten Werke des Masterminds Robert Arthur vor seinem überraschenden Tod 1969. Mystery, Spannung, knackige Rätsel und ein guter Schuss Action sind die Zutaten, aus denen diese Vorzeigestory zusammengesetzt ist. Sie weiß auch nach fast 50 Jahren immer noch zu fesseln und eignet sich auch ganz hervorragend zum Einstieg in die Serie.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_
OT: „Alfred Hitchcock and The Three Investigators in the mystery of the screaming Clock“
Erzählt von Robert Arthur
Random House / New York, 1968
Franckh’sche Verlagshandlung / Stuttgart, 1973
Übersetzung: Leonore Puschert
Umschlaggestaltung: Aiga Rasch
ISBN: 3-4400-5213-3 (132 Seiten Hardcover Originalausgabe)
ISBN: 3-4237-0168-4 (125 Seiten dtv Junior Taschenbuch)

Tamora Pierce – Lia – Die Prophezeiung der Königin

Tamora Pierce ist zurück! Die Mutter der Romanzyklen um Alanna, die Löwin und erste Ritterin im Reich von Tortall seit sehr langer Zeit, und Dhana, das Mädchen, das mit den Tieren reden kann, hat dieses Jahr einen neuen Roman in der Welt von Alanna und Dhana veröffentlicht: „Lia – Die Prophezeihung der Königin“.

Wir treffen darin auf viele alte Bekannte, denn Lia ist niemand Geringeres als die sechzehnjährige Tochter von Alanna und George Cooper, dem Meisterdieb. Um zu verhindern, dass der Leser nach zwei Romanzyklen den Überblick verliert, sind im Anhang des Buches ein Personenverzeichnis und ein Glossar beigefügt, die Neueinsteigern das Lesen erleichtern.

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Die drei ??? und der magische Kreis (Band 27)

Die mittlerweile rund 130 Bände umfassende ???-Reihe groß vorzustellen, erübrigt sich eigentlich, denn fast jeder Jugendliche bis Enddreißiger dürfte damit irgendwie, irgendwann und irgendwo in Kontakt gekommen sein. Sei es in Buchform oder aber der hierzulande wesentlich erfolgreicheren Hörspielserie von EUROPA. Der „Magische Kreis“ stammt aus dem Jahre 1978 und wurde erst drei Jahre später auf den deutschen Markt gebracht. Es ist noch ein Buch der ersten Generation, vor dem großen Umbruch. Neue Bücher kommen seit Jahren ausnahmslos aus Deutschland, da die Serie in den USA nach dem 56. Band abgesetzt wurde.

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Rees, Celia – Sommer im Haus der Wünsche

Amerika in den Siebzigern: Wie jedes Jahr verbringt der fünfzehnjährige Richard den Sommerurlaub mit seinen Eltern an einem kleinen Küstenort. Hier lebt auch sein Freund Dylan, dessen Vater der Campingplatz gehört. Früher durchstreiften sie gemeinsam die Wälder, doch jetzt muss der sechzehnjährige Dylan seinem Vater bei der Arbeit helfen. Richard macht seine Spaziergänge alleine. Dabei stellt er überrascht fest, dass einer ihrer Stammplätze, das verlassene „Wunschaus“, inzwischen wieder bewohnt ist. Hier lebt die exzentrische Künstlerfamilie Dalton, über die im Dorf die wildeste Gerüchte kursieren. Mutter Lucia ist eine rassige, attraktive Frau, die sich unbekümmert beim nackten Sonnenbaden zeigt und den verlegenen Richard sofort ins Haus einläd. Mir rauchiger Stimme verleiht sie dem Jungen den Spitznamen „Ricardo“. Vater Jay ist ein Maler, der sich nicht um die sexuelle Freizügigkeit seiner Frau kümmert. Der hagere Mann lebt nur für seine Kunst und ist stets auf der Suche nach neuen Objekten. Der jugendliche Sohn Joe teilt sich wie selbstverständlich einen Joint mit seiner Mutter und die bildschöne Clio, ein Mädchen in Richards Alter, begegnet ihm mit Abweisung. Richard ist verwirrt über das hippihafte Leben der Familie, die sich so ganz anders benimmt, als er es aus seinem Elternhaus kennt.

Bald drauf trifft er Clio in seinem Geheimversteck im Wald. Entgegen ihrer ersten Begegnung benimmt sie sich viel freundlicher, nähert sich ihm an, macht Avancen. Sie verabreden sich für den nächsten Abend und verbringen gemeinsam die Nacht. Der unerfahrene Richard ist fasziniert von der verführerischen Clio, gleichzeitig aber auch immer wieder verunsichert durch ihr Verhalten. Fast jeden Tag des Sommers verbringt er bei den Daltons, streift mit Clio durch die Wälder, nimmt an den ausgelassenen Partys teil und sitzt Jay Modell. Es ist der Beginn des aufregendsten Sommers seines Lebens, der die Schwelle zwischen Jugend und Erwachsensein bildet. Die Liebe zu Clio und die Bekanntschaft mit der Familie Dalton konfrontiert Richard mit neuen Erfahrungen, mit Sex, tiefen Gefühlen, Drogen und dem Tod.

Sechs Jahre später erhält Richard eine Einladung von Clio zu einer Vernissage. Das Wiedersehen und der Besuch der Ausstellung werden für ihn zu einer Reise in die Vergangenheit. Beim Betrachten der Bilder steigen schmerzhafte Erinnerungen in ihm auf, die sich nicht mehr verdrängen lassen …

Das Ende der Kindheit ist ein beliebtes Thema, das die Autorin hier aufgreift. Der letzte unbeschwerte Sommer, die erste Konfrontation mit dem Ernst des Lebens, der erste große Schmerz – all das sind die Facetten, die dieser Roman thematisiert und miteinander verwebt.

|Stärken und Schwächen der Charaktere|

Fast jeder Leser wird sich in den Erfahrungen des jungen Protagonisten wiederfinden. Richard ist ein typischer Fünfzehnjähriger, der zum ersten Mal im Leben nicht wirklich weiß, wo er sich einordnen soll, der in der Schwebe hängt zwischen Kindheit und Erwachsenendasein. Der Sommerurlaub mit seinen Eltern hat an Reiz verloren. Richard fühlt sich zu alt, um mit seinen Eltern Fernsehabende zu verbringen, und ist froh um jede Minute, die er außerhalb ihrer Reichtweite zubringen kann. Er entflieht der häuslichen Überwachung, die ihm in diesem Sommer bewusster ist als je zuvor.

Gleichzeitig aber macht er die schmerzhafte Erfahrung, dass er für seinen Freund Dylan zu jung ist. Dylan ist zwar nur ein gutes Jahr älter, doch der Sechzehnjährige ist in den vergangenen Monaten zu einem jungen Mann herangereift, der seinem Vater regelmäßig bei der Arbeit auf dem Campingplatz zur Hand geht und keine Zeit und keinen Sinn mehr für die Spiele mit Richard hat. Den Abend lässt er mit Freunden im Pub ausklingen, wo Richard wiederum noch nicht zugelassen ist. Obwohl sich die beiden immer noch gut verstehen, ist ein Bruch in ihre Freundschaft getreten. Die Interessen liegen zu weit auseinander, die Lebensumstände haben sich zu weit voneinander entfernt, als dass mehr als unverbindliches Plaudern möglich ist.

Das wilde Leben der Daltons bietet für Richard daher einen starken Reiz, eine neue Erfahrung, der er sich nicht entziehen kann. Jedes Familienmitglied übt auf seine Weise eine Faszination auf Richard aus, der sich mit einer völlig neuen Lebensweise konfrontiert sieht. Fast lächerlich scheint der Vergleich zwischen dem Künstler Jay, seiner frivolen Ex-Muse Lucia und auf der anderen Seite Richards spießigen Eltern. Vor allem die rassige Schönheit Lucia wird überzeugend und anschaulich geschildert. Ihre unverschämt roten Haare, so rot, dass sie „nie und nimmer echt“ sein können, ihre unbefangene Nacktheit und ihre herzlich-frivole Art, mit Richard umzugehen, lassen das unbeschwerte Leben der Hippies lebendig werden. Der wortkarge Jay ist nicht weniger interessant und noch erheblich mysteriöser für Richard. Bereitwillig sitzt er ihm stundenlang Modell, ist aber auch jedesmal froh, wenn die Sitzung beendet ist und er sich von Jay verabschieden kann. Für den Teenager ist unverständlich, dass Jay keine Eifersucht über die Affären seiner Frau zeigt, seine zeitweiligen Wutausbrüche verstören ihn.

Schwächer ist dagegen die Darstellung der zweiten Hauptperson, Clio. Bei der ersten Begegnung verhält sie sich abweisend und mürrisch, sagt Richard beim Abschied sogar direkt ins Gesicht, dass er sich in Zukunft von ihrer Familie fernhalten soll. Ganz anders dagegen ihr Auftritt bei ihrer Begegnung im Wald. Sie umgarnt Richard, unterhält sich begeistert mit ihm über Abenteuerromane und besteht darauf, die nächste Nacht gemeinsam in ihrem versteckten Lager zu verbringen. Für ihre radikale Haltungsänderung führt sie keinen plausiblen Grund an und Richard gibt sich mit den nichts sagenden Antworten zufrieden. Unbefriedigend ist auch seine Reaktion, als Dylan ihm gegenüber behauptet, er habe gleichfalls eine Affäre mit Clio. Zwar ist Richard im ersten Moment geschockt, doch es gelingt ihm, seine verletzten Gefühle vor Dylan zu verbergen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen, besser, als es angesichts seiner Lage realistisch wäre.

|Licht und Schatten im Aufbau|

Positiv ist die Spannung, die den Roman von Beginn bis Ende durchzieht. Sie entsteht hauptsächlich durch die Vorankündigungen aus der Gegenwart. Der Leser erfährt, dass Clios Vater Jay, dessen Werke auf der Vernissage ausgestellt werden, verstorben ist, dass es sich um einen „bizzaren Tod“ handelte, der unmittelbar nach der Bekanntschaft mit Richard eingetreten sein muss und der wilde Schlagzeilen in den Zeitungen hervorrief. Erst ganz allmählich rollt sich die Vergangenheit auf, so dass am Ende die Fäden zusammengeführt werden und man kurz vor Schluss erfährt, was es mit Jays Tod auf sich hat und welche Rolle Richard dabei spielt.

Bis dahin verfolgt man interessiert vor allem Richards Begegnungen mit Jay; automatisch stellt man Mutmaßungen an, wie der merkwürdige Künstler enden mag. Sind Drogen im Spiel, ist es Selbstmord, ein Unfall oder gar Mord? Alles scheint möglich bei diesem undurchschaubaren Menschen, den man im gesamten Roman nie wirklich einzuschätzen vermag; die Andeutungen, die man zu Beginn erfährt, sind nur vage. Ebenso undurchsichtig ist zunächst das Verhältnis von Richard zu Clio, da man nicht erahnen kann, welchen Verlauf ihre Beziehung bis zum Ende des Sommers genommen haben wird.

Auch Richards Gefühle sind sichtlich gespalten; die Aussicht auf ein Wiedersehen mit seiner einstigen Geliebten erfreut und verwirrt ihn zugleich. Er fragt sich, warum sie darauf verfallen ist, ihn einzuladen nach all der Zeit; in die Aufregung mischt sich auch Angst vor der Konfrontation mit der Vergangenheit, vor möglichen Begegnungen mit Lucia oder Clios Bruder Joe, mit den Menschen aus jenem Sommer, der sein Leben so sehr verändert hat. Im Geist hört er Jays Stimme, die ihn davor warnt, die Einladung anzunehmen, doch der Drang, Clio wiederzusehen, und seine Neugierde sind stärker.

So spannend die Umstände um Jays Tod gestaltet sind, so schwach ist dagegen die Einbettung eines weiteren Konfliktes, der erst kurz vor Schluss Erwähnung findet und dessen Wirkung verpufft. Durch Zufall macht Richard eine schockierende Entdeckung, die für ihn nur eine entsetzliche Interpretation zulässt. Seine spontane Reaktion sorgt dafür, dass er sich mitschuldig an Jays Tod führt. Auch der Grund, weshalb Jay vom ersten Moment an so fasziniert von Richard ist und ihn unbedingt als Modell nutzen will, klärt sich erst sehr spät und kommt recht überraschend, so dass diese Wendungen ihre volle Wirkung so knapp vor Schluss nicht mehr voll entfalten können.

Mankos liegen auch in der Geschwindigkeit, in der sich die Handlung entwickelt. Zunächst ist Richard befremdet über die vielen Besucher der Familie Dalton, mit denen er Clio teilen muss; befreundete Studenten, Jays Ex-Frau mit ihren Kindern, weitere Künstler und Hippiegenossen bevölkern abends die Umgebung des „Wunschhauses“ und verwirren den scheuen Jungen. In wenigen Sätzen wird jedoch abgehandelt, dass sich Richard immer mehr an diese Gesellschaft gewöhnt und bereitwillig seine Kleidung zum Nacktbaden ablegt. Zu hastig, zu gedrängt und zu komprimiert liest sich diese rasche Entwicklung, bei der man sich wünscht, die Autorn hätte etwas länger an diesen Stellen verweilt, um Richards gewandelte Einstellung plastischer darzustellen.

Der Roman wartet zudem mit der originellen Idee auf, die Gemälde der Ausstellung in die Handlung miteinzubauen. Jedem Kapitel ist ein Auszug aus Beschreibung und Interpretation des jeweiligen Werkes vorangestellt, mit den offiziellen Angaben zum Bild und passend zum entsprechenden Handlungsabschnitt. Leider funktioniert es nur bedingt, die Bilder zum Leser zu transportieren, der seine ganze Phantasie bemühen muss, um eine ungefähre Vorstellung zu erhalten, wie sie wohl aussehen mögen – und selbst das ist im Endeffekt unbefriedigend. Zu abstrakt und oberflächlich sind halbseitige Beschreibungen, etwa wenn Märchenwälder oder pflanzenreiche Gärten das Thema bilden. Ideal wäre gewesen, wenn echte Bilder beigesteuert wären, was vermutlich aber einen zu großen Aufwand bedeutet hätte.

_Unterm Strich_ bleibt ein durchaus lesenswerter, aber in keiner Hinsicht überdurchschnittlicher Roman über Jugend, erste Liebe, erste Leidenschaft und das Ende der unschuldigen Kindheit. Nicht nur Erwachsenen, sondern vor allem jungen Lesern ab etwa fünfzehn Jahren bietet das Buch Raum zur Identifikation mit dem Protagonisten, mit seinen Problemen mit seinen Wünschen. Die Charaktere sind interessant, handeln aber teilweise zu unrealistisch. Der Spannungsaufbau ist gelungen, einige Stellen werden jedoch deutlich zu hastig erzählt. Die Sprache ist unkompliziert und weitestgehend schnörkellos, so dass sich der Roman, auch dank des geringen Umfangs, schnell lesen lässt.

_Die Autorin_ Celia Rees wurde 1949 in England geboren. Sie unterrichtete zunächst jahrelang an einer Schule, bis sie selber zum Schreiben kam. Ihr Fokus liegt auf Jugendromanen, oft angereichert mit mystischen Elementen. Zu ihren weiteren Werken gehören u.a. „Hexenschwestern“, „Piraten!“, „Hexenkind“ und „Das goldene Labyrinth“.

http://www.arena-verlag.de/

Pfeiffer, Boris – Die drei ???-Kids: In letzter Sekunde (Bd. 25)

Neben der originalen ???-Kult-Serie aus der Feder Robert Arthurs, die Kinder und Jugendliche seit ihren Anfängen in den Sechzigerjahren immer noch begeistert, hat sich seit August 1999 ein Seitenarm entwickelt, der sich eher an eine jüngere Leserschaft richtet. Deutschland ist seit Jahrzehnten die treueste Drei-Fragezeichen-Hochburg, daher erstaunt es nicht, dass es dieses (übrigens auch rein deutsche) Konzept auf mittlerweile beachtliche 30 Titel bringt. Fast alle davon wurden von Ulf Blanck verfasst – fast.

Diese als „Jumboband“ beworbene Jubiläumsausgabe zur Feier des 25. Falles wird hingegen von Boris Pfeiffer erzählt. „In letzter Sekunde“ bietet mit 180 Seiten (netto – ohne Cover, Vorsatz und Verlagswerbung) gut die doppelte Seitenzahl der anderen Bände, kostet jedoch nur ein wenig mehr als die Normalo-Fälle – 7,50 €, um genau zu sein. Bei der generellen Aufmachung orientiert man sich an dem Design, welches Aiga Rasch damals erschuf und das auch heute noch den Gutteil des Wiedererkennungswertes ausmacht. Das Hardcover erschien erstmals im Dezember 2005 im |Franckh-Kosmos|-Verlag. Wo auch sonst?

_Zur Story_

Wieder einmal dürfen die Drei Fragezeichen Bobs Vater zu einem Interviewtermin begleiten. Der Sammler Mr. Pim gastiert mit seiner Ausstellung am Bahnhof von Rocky Beach. Am Bahnhof deswegen, da seine Kuriositätensammlung in einer Art Museumszug quer durch die USA tingelt. Sein neues Prunkstück ist eine überdimensionale, voll funktionstüchtige Kuckucksuhr, welche er kürzlich auf einer Auktion ergattern konnte. Gebaut hat sie ein berühmter Uhrmacher, der seit einer gewissen Zeit jedoch abgetaucht ist und gelobte, auch keine Uhren mehr bauen zu wollen, bis ihn jemand findet.

Mr. Pim hat die größte von Felix Blacktrees kunstvoll-raffinierten Kuckucksuhren erstanden, es ist jedoch nicht die einzige – und wie es scheint, sind die Uhren auch wirklich eine codierte Spur zu seinem Aufenthaltsort. Sofern man ihre Zeichen zu deuten versteht. Oder sind das doch alles nur Gerüchte? Klar, dass insbesondere Justus darauf brennt, ihnen ihr Geheimnis zu entreißen. Und tatsächlich ist „Kuckuck“ nicht das Einzige, was Mr. Pims Uhr zu bestimmter Stunde zum Besten gibt und die Neugier der drei Jungs entfacht. Doch als sie am nächsten Tag noch einmal genau hinhören wollen, ist die seltsame Uhr gestohlen worden. Samt Waggon.

_Meinung_

Die Originalserie spielt ursprünglich in den Sechziger- und Siebzigerjahren, wurde dann aber über die Jahrzehnte behutsam bis in die Neuzeit verfrachtet. Heute sind Justus, Peter und Bob in der laufenden Serie im Alter von etwa 17 Jahren und benutzen Computer, Handy & Co. Als sie erfunden wurden, da gab es solcherlei moderne Geräte noch nicht. Zu diesem Zeitpunkt mögen sie so um die 12 oder 13 gewesen sein. Hier als knapp 10-jährige „???-Kids“ jedoch verwenden sie wie selbstverständlich das Internet und andere heutige Technik. Das passt von der Zeitlinie her überhaupt nicht ins Bild und ist überaus paradox. Zumindest hat es nicht im Entferntesten den Charme der alten Geschichten.

Kommen die „klassischen“ Fälle des fiktiven Jungdetektiv-Trios aus dem ebenso fiktiven kalifornischen Nest Rocky Beach gänzlich ohne Illustrationen daher, hat man bei den „???-Kids“ für optische Auflockerung gesorgt. Cover und die zahlreichen, zumeist putzigen, S/w-Zeichnungen im Comic-Stil stammen von Stefanie Wagner & Timo Müller bzw. Jens R. Nielsen. Allerdings hält man sich seitens der Illustrationen leider immer noch nicht an die Beschreibung der Originalfiguren. Künstlerische Freiheit nennt man das wohl – ist auch nicht weiter tragisch, reiht sich aber in die Liste der Kontinuitätsprobleme bei der „Kids“-Serie ein.

Die Story an sich ist dennoch gut durchdacht und wäre – modifiziert und an die etwas andere Altersstruktur angepasst – auch für die Hauptserie durchaus geeignet gewesen. Boris Pfeiffer spinnt sein Garn spannend und geschickt, um nicht nur den jüngeren Leser bis zum Schluss bei der Stange und somit in Leselaune zu halten. Wiewohl man als gestandener (erwachsener) Fan unter anderem die Elemente aus den Fällen „Rätselhafter Wecker“, „Superpapagei“ oder „Teufelsberg“ durchaus wiederfindet und der Plot als solcher natürlich alles andere als neu und unvorhersehbar ist. Gewürzt ist das Ganze (wie immer) mit kleinen pädagogischen Aha-Erlebnissen, die mal mehr und mal weniger augenfällig sind. Die Verbindung mit „Blacktree“ zu Schwarzwald und Kuckucksuhren ist schon sehr subtil.

_Fazit_

Dank Illustrationen und augenfreundlich großer Schriftart ist die Jubiläumsausgabe recht schnell gegessen – und das nicht nur aus der Sicht einer erwachsenen Leseratte, auch die angepeilte Leserschaft um die 10 Jahre herum dürfte sich den „Jumboband“ fix und entspannt durchziehen können und sich dabei gut unterhalten fühlen. Das Buch ist ein kurzweiliges Vergnügen und trotz der vielen kleinen Kollisionen in Sachen Logik und Kontinuität mit der Hauptserie durchaus eine der lesenswerten Geschichten der „???-Kids“.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_
Die drei ???® Kids – Band 25
„In letzter Sekunde“
Erzählt von Boris Pfeiffer
Illustrationen von Stefanie Wegner und Jens R. Nielsen
Lesealter: 8 bis 10 Jahre
Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 08/2005
196 Seiten Hardcover, ISBN: 3-440-10202-5
Preis: 7,50 Euro