Archiv der Kategorie: Musik

Heumann, Hans-Günter – New Romantic Pop Piano

Der |Bosworth|-Verlag entwickelt sich in letzter Zeit immer mehr zur ersten Anlaufstelle für qualitativ hochwertige Musik-Lernbücher. „New Romantic Pop Piano“ ist zwar nicht direkt in diese Kategorie einzuordnen, ist aber als Lernhife für angehende Pianisten und Songschreiber sicherlich eine echte Bereicherung.

In der weißen Edition dieses Buches hat Autor Hans-Günter Heumann zwölf bekannte Popsongs aufgegriffen und ihre Arrangements und Texte gesammelt niedergeschrieben. Vertreten sind unter anderem Songs von aktuellen Stars wie ROBBIE WILLIAMS (‚Advertising Space‘) und MELANIE C (‚First Day Of My Life‘), aber auch ältere Balladen von Künstlern wie FRANK SINATRA (‚Strangers In The Night‘), CHRIS NORMAN (‚Midnight Lady‘) und SIMON & GARFUNKEL (‚Scarborough Fair‘). Dazu gibt es zwei Soundtracks aus „Der Pate“ und der „Glenn Miller Story“, ein Stück aus Andrew Lloyd Webbers weltberühmtem Musical „Cats“ und zu guter Letzt ein eigenes Stück des Autors in Form von ‚Melancholy Of Love‘.

Die Mischung der Songs ist also recht bunt, wobei es sich fast durchgängig um balladeskeres Material handelt. Wichtig war dem Autor dabei anscheinend, einige Stücke auszuwählen, die nicht zu anspruchsvoll sind und vom fortgeschrittenen Klavierspieler somit auch, leicht erlernt werden können. Dass dabei sowohl echte Klassiker als auch vergleichsweise neue Stücke enthalten sind, halte ich zudem für eine positive Entscheidung, weil sie einem ein wenig Hintergrundwissen bezüglich der verschiedenartigen, Genre-spezifischen Arrangements von früher und heute verschafft und im Grunde genommen verdeutlicht, dass der kompositorische Ansatz zumindest von der Basis her in all den Jahren keine nennenswerten Unterschiede aufweist.

Um vorab eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, wie die Songs später auf dem Piano klingen sollen, sind alle Stücke auf der beigefügten CD noch einmal zusammengefasst worden, und zwar einmal in der Piano-Fassung und einmal als Playback. Dies ist gerade deswegen sehr wertvoll, weil nicht jedes Stück als bekannt vorausgesetzt werden kann, so dass man erst einmal ein Gefühl für die jeweiligen Kompositionen entwickeln kann.

Insgesamt ist „New Romantic Pop Piano“ also ein wertiges Produkt und als Begleitung zum eigentlichen Piano-Unterricht eine gute und abwechslungsreiche Hilfe. Wer nach dem Erlernen der Basics mal ein bisschen von der trockenen Theorie wegkommen möchte, sollte sich nach solchen Büchern umsehen.

Überblick über den Inhalt:

1. MORRIS ALBERT – Feelings
2. MELANIE C – First Day Of My Life
3. CHRIS NORMAN – Midnight Lady
4. „Cats“-Musical – Memory
5. „Glenn Miller Story“-Soundtrack – Moonlight Serenade
6. Frank Sinatra – Strangers In The Night
7. „Der Pate“-Soundtrack – Speak Softly Love
8. THE BEACH BOYS – Sloop John B.
9. HANS GÜNTER HEUMANN – Melancholy Of Love
10. RALPH MCTELL – Streets Of London
11. SIMON & GARFUNKEL – Scarborough Fair
12. ROBBIE WILLIAMS – Advertising Space

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Mudrian, Albert – Choosing Death – Die unglaubliche Geschichte von Death Metal & Grindcore

Als die damals ständig zerstrittenen Mitglieder von NAPALM DEATH vor ungefähr zwei Dekaden den Begriff Grindcore einführten und damit die wohl extremste musikalische Ausdrucksform nach den britischen Punk- und Hardcore-Jahren etablierten, wussten die noch sehr jungen Mitglieder noch gar nicht, was ihnen da gerade Besonderes widerfahren ist. Die hasserfüllte Ausstrahlung ihrer Vorbilder und Inspirationen wurde hier mit metallischen Elementen angereichert und mit erhöhtem Tempo auf die Spitze getrieben. 20 Jahre später hat sich am Grad des Extremen nichts geändert, wohl aber ist Grindcore – zumindest in der Metalszene – ein salonfähiger Begriff geworden, in dem viele immer noch die Vertonung des puren Geschwindigkeitsrausch sehen.

Doch zurück ins Jahr 1985 in eine Stadt, die bereits ein Jahrzehnt zuvor eine der wichtigsten Rockbands aller Zeiten hervorgebracht hatte, nämlich BLACK SABBATH. Wir befinden uns in Birmingham, wo gerade eine Splittergruppe der Punkszene nach neuen Sounds sucht und unter dem Namen NAPALM DEATH die gesamte Region unsicher macht. Nach und nach entwächst sie dem Underground, prägt dabei den allgemeinen Stilbegriff sowie den Blastbeat. Durch gute Kontakte zur Tape-Trading-Szene stößt die Band auf einige Kontakte in Amerika, wo sich Bands wie REPULSION und DEATH gerade ebenfalls daranmachen, mit ihren Instrumenten neue Grenzen auszuloten und dabei so brutal zu Werke gehen wie bislang noch keine Band vor ihnen. Endlich ist der Death Metal geboren, und mit ihm verschiedene Szene-Stützpunkte wie beispielsweise Florida, von wo aus das Todesblei-Fieber bis nach Europa überschwappt, mit großem Erfolg Skandinavien erreicht und sich zwischenzeitlich dank solcher Bands wie OBITUARY und MORBID ANGEL beinahe Richtung Massenkompatibilität entwickelt.

Bereits wenige Jahre später ist der Death Metal an der Spitze der weltweiten Metal-Bewegung angelangt; die ersten Bands werden mit einem Major-Deal gelockt und urplötzlich hat die brutale Musik den klassischen Stil komplett abgelöst. Doch statt langfristigen Erfolges brach die Szene wieder ein und verabschiedete sich für eine bestimmte Zeit aus dem kompletten Geschehen. Erst zur Jahrtausendwende ist Death Metal dank all derjenigen Bands, die der Musik auch in schlechten Zeiten die Stange gehalten haben, wieder aus dem Nichts aufgetaucht. Erweckt dank einzelner moderner Gruppen, die sich auf den mittlerweile auch als traditionell bezeichneten Stil beziehen, hat die Szene einen neuen Start vollzogen und dabei auch die alten, zwischenzeitlich vergessenen Helden wieder zu neuem Leben erweckt.

Wie es dazu kam, welche rasante Achterbahnfahrt der Death Metal seit der Frühphase Mitte der Achtziger durchlaufen hat, und wer im Vorder- und Hintergrund die Fäden gezogen hat, das beschreibt Albert Mudrian in seinem Buch „Choosing Death“, welches nun endlich auch für den deutschen Markt zugänglich gemacht wurde. Zunächst nur in englischer Sprache erschienen, hat man der hohen Nachfrage nachgegeben, Rock-Hard-Redakteur Mike Borrink als Übersetzer arrangiert und eine der interessantesten Szene-Analysen, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind, für das hiesige Publikum zugänglich gemacht.

Mudrian überlässt in seiner chronologischen Auflistung der Ereignisse auch nichts dem Zufall. Von Beginn an lässt er zwischen seinen eigenen Aufarbeitungen immer wieder Zeitzeugen zu Wort kommen, welche die ohnehin schon spannende Schilderung der Death-Metal- und Grindcore-Historie noch zusätzlich mit einigen Anekdoten auffrischen. Gottlob handelt es sich hierbei jedoch nicht um nostalgische Schwelgereien, sondern meist um sachliche, umgangssprachliche Erzählungen, in denen sowohl die Szene und ihre Bands als solche reflektiert werden, als auch Strukturen und Figuren, die den rasanten Aufstieg zu Beginn der Neunziger erst ermöglicht haben. Phil Anselmo hat es mit seiner Äußerung über dieses Buch auf den Punkt gebracht, als er sagte, dass es sich bei „Choosing Death“ um einen umfassenden „Wer hat wann was gemacht“-Schmöker handelt. Tatsächlich, hier werden keine Details ausgelassen und jede halbwegs wichtige Figur mit einem kurzen Artikel oder sei es nur in einem knappen Statement erwähnt und gewürdigt.

Wer hätte zum Beispiel gewusst, dass der musikalisch absolut intelligente Musiker Chuck Schuldliner seine ersten Texte regelmäßig unbewusst mit Rechtschreibfehlern versah oder der kürzlich verstorbene Jesse Pintado quasi von der Straße in die Szene rutschte und sein Instrument erst noch erlernen musste – hätte dies jemand bei den Fähigkeiten dieser Leute geglaubt? Nun, wir sprechen hier nur über zwei Fakten unter tausenden, die selbst der Insider nicht wissen muss und kann, und genau das macht „Choosing Death“ letztendlich so hochwertig. Mudrian hat ein Komplettwerk abgeliefert, in dem die Szene nicht bloß mit Lob, sondern ab und zu auch mit Kritik bedacht wird. Hier wird nichts verherrlicht, was dessen nicht würdig ist, und insofern darf man dieses Metal-Geschichtsbuch auch nicht als Hymne auf die geliebte brutale Musik verstehen. Es ist, ganz nüchtern betrachtet, ein übersichtlicher, üppig bestückter und zudem gut recherchierter Schmöker, der sich zum einen durch seine authentische Betrachtung und die Einbeziehung vieler Protagonisten auszeichnet, zum anderen aber auch durch seine schlichtweg grandiose Aufmachung (unheimlich viele Fotos, darunter auch viele Bilder von Konzertankündigungen und dergleichen) einen sehr positiven Gesamteindruck hinterlässt. Das i-Tüpfelchen dieser rundum gelungenen Dokumentation setzt schließlich die Einleitung von Radio-Legende und Grindcore-Fan John Peel (R.I.P.), der dieser Musik damals zum ersten Mal ein größeres Forum gab.

Ein Fazit möchte ich mir nach dieser inoffiziellen Lobesrede auf „Choosing Death“ sparen. Ich sehe die Szene nach all diesen Informationen in einem ganz anderen Licht und bin schlichtweg begeistert vom umfangreichen Infomaterial, das hier zur Schau gestellt wird. Wer sich mit dieser Musik identifiziert und sich für die Hintergründe ihrer Entwicklung interessiert, muss dieses Buch auf jeden Fall gelesen haben!

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Brandon, Guy – Gwen Stefani

Warum hat eigentlich noch niemand einen Film über Gwen Stefani gedreht? Ihr Leben gibt immerhin allen Anlass dazu, wie uns nach dem Konsum von Guy Brandons Biografie zu der ewig jungen Dame bewusst wird.

Geboren und aufgewachsen im eher langweiligen Orange County, begann sie ihre Karriere als Backgroundsängerin in der Ska-Band ihres Bruders. Nach dem Selbstmord des eigentlichen Sängers von „No Doubt“ avancierte das eigentlich schüchterne Mädchen zur Leadsängerin. Damals hätte vermutlich noch niemand geahnt, dass Gwen nach einigen Jahren eine der großen Frauen im Musikgeschäft sein würde. Mit „No Doubt“ feierte sie Riesenerfolge, aber erst mit ihrer Solokarriere, dem Album „L.A.M.B.“ und der gleichnamigen Modekollektion konnte sie sich wirklich etablieren.

Die Dame, die heuer 37 Jahre alt geworden ist, bietet also genug Stoff für eine Biografie, auch wenn sie in den Klatschblattspalten des Planeten eher selten zu finden ist. Guy Brandon hat sich in einem reich bebilderten Hochglanzbändchen dieser Aufgabe angenommen und erzählt vom Aufstieg der platinblonden Sängerin.

Er handelt ihre Kindheit und Jugend dabei leider sehr kurz ab, um danach gleich zu „No Doubt“ überzugehen. Das Buch ist chronologisch aufgebaut und erzählt nicht nur den musikalischen, sondern auch den privaten Werdegang Stefanis, sprich von ihren beiden Beziehungen. Ob das in dem Maße, wie es geschehen ist, nötig war (die genaue Beschreibung ihrer Hochzeit mit Bush-Sänger Gavin Rossdale zum Beispiel), ist fraglich. Was aber auf jeden Fall nötig gewesen wäre, ist ein wenig mehr Tiefe an mancher Stelle.

Aspekte von Stefanis Leben werden extrem kurz abgehandelt, obwohl sie eigentlich einer Erklärung bedürften. Zum Beispiel wird im Text erwähnt, dass die zierliche Sängerin hin und wieder depressiv war und sie ihre Gefühle schließlich in Songtexten verarbeitete. Leider bleibt es zumeist bei dem eindimensionalen Wort „Depression“. Wie sie diese wirklich überwand, was die tieferen Beweggründe dazu waren und wie sie damit umging, bleibt außen vor. Nun kann man natürlich nicht von jedem Star erwarten, dass er seinen Fans all seine kleinen psychischen Problemchen präsentiert, aber in einem solchen Fall hätte der Autor der Biografie lieber etwas aufmerksamer sein sollen. Stellenweise beschleicht den Leser der Verdacht, dass es sich mehr um eine zeitliche Aufzählung der einzelnen Depressionen handelt – Stefanis Persönlichkeit bleibt dabei im Hintergrund.

Doch das passiert nicht nur an diesen Stellen. Insgesamt lässt das Buch ein wenig an Tiefgang missen. Der Schreibstil wirkt so glänzend wie die bunten Seiten mit den tausend neueren Fotos der Sängerin. Manchmal ein wenig verklärend, gegen Ende, wenn es um die Solokarriere Stefanis geht, aber vor allem zu wenig kritisch. Brandon bezieht dabei keine Stellung, sondern bezieht sich dabei auf das, was alte Fans von Gwens Achtziger-Jahre-Solo-Pop angeblich halten. Denn das ist einer der größten Fehltritte des Buches. Eine Menge Zitate, aber kaum anständige Belege.

Hätte diese Biografie einen fachliterarischen Anspruch, wäre dieser Fehltritt ihr Genickschuss. Da es sich hier aber eindeutig um Unterhaltungsliteratur handelt, ist es vielleicht nicht zu verzeihen, aber naserümpfend zu akzeptieren. Brandon nimmt sich dadurch jedenfalls selbst die Möglichkeiten, wirklich ernst genommen zu werden. Hinzu kommen der anfangs verklärende Schreibstil und die stellenweise Informationslosigkeit des Buches. Brandon schmeißt mit Fakten um sich, verpasst es jedoch, sie in einen flüssigen Gesamtzusammenhang einzubringen und unterbricht sie mit einer Menge Trivialem, das nicht wirklich interessant ist. Auf Seite 14 erwähnt er zum Beispiel, dass sie in jungen Jahren Ballettunterricht nahm und ihr im Kopf blieb, dass sie während des Unterrichts in die Hose machte. Informationsgehalt gleich null, Interesse des Lesers ebenfalls gleich null.

Guy Brandons Buch ist sicherlich ein netter Rundumschlag, wenn es um das Leben der quirligen Gwen Stefani geht. Man erfährt alle Fakten und ein paar nette Randgeschichten, aber das war es dann auch schon. Richtige Fans werden vermutlich sowieso schon alles wissen, was in dem Buch steht. Wer jedoch einen unterhaltsam geschriebenen Einstieg in das Leben der Stilikone haben möchte, der wird mit Guy Brandons Biografie zufrieden sein.

[Infoseite des Verlags]http://www.schwarzkopf-schwarzkopf.de/vorschau/gwenstefani.html

Rochels, Tim C. – Schwarze Szene

Endlich hat er es geschafft! Lange hörte ich Tim C. Rochels schon von einem Bildband reden, doch endlich ließ sich ein Verlag dazu hinreißen, das Werk auch tatsächlich zu veröffentlichen. Schon lange vorher bin ich mit den Bildern aufgrund der Bekanntschaft mit dem Fotografen selbst in Berührung gekommen, doch bezeichnete er mich immer wieder als einen seiner größten Kritiker und das ist auch der Grund, warum ich diese Rezension verfassen wollte.

Der Bildband enthält sortierte Bilder von diversen Künstlern, die zum größten Teil aus der Gothic-Ecke stammen, aber auch Bilder aus den sparten Rock und sogar Black Metal sind hier zu finden. Alle Bilder sind direkt auf der Bühne entstanden, und so reflektieren sie eine große Dynamik, halten aber dennoch nur einen Augenblick fest. Das war für mich auch immer die Faszination an den Bildern von Tim C. Rochels – ein Stillleben, klar und deutlich festgehalten, aber dennoch nur ein Augenblick und in manchmal schon fast unmöglichen Momenten einer Bewegung.

Ich werde hier keine Liste der Bands aufführen, die im Bildband enthalten sind, dazu habe ich eine kleine Übersicht am Ende der Rezension angeführt, vielmehr möchte ich auch auf die Technik und den Druck eingehen, was ja bei einem solchen Bildband von immenser Bedeutung ist. Tim versucht stets, den Künstler ohne Abstriche ins Zentrum seiner Fotografie zu rücken, spielt dabei sehr oft mit harten Lichteffekten und arbeitet auch sehr gern mit starker Körnung. Dadurch gewinnen die Bilder enorm an Intensität. Wenn von einem Bühnenscheinwerfer eine Hälfte des Gesichtes erleuchtet ist, während sich die andere gänzlich im Dunkeln befindet, dann ist das genau der Moment, auf den der Fotograf gewartet hat und uns hier in einer Auswahl seiner besten Bilder präsentiert. Es wird auch sehr viel Wert auf Details gelegt, so dass manches Mal sogar jede noch so kleine Pore eines Ville Vallo zu erkennen ist.

Die 750 Abbildungen sind auf sehr starkem Papier gedruckt, alle Bilder springen dem Leser mit ihrem sehr hohen Kontrast geradezu entgegen. Es macht wirklich Spaß, in diesem zugegebenermaßen nicht gerade billigen Bildband zu blättern. Trotz des hohen Preises gibt es hier |value for money| und man schmökert ab und zu gern wieder in diesen wunderschön festgehaltenen Erinnerungen. Außerdem sei noch die Verpackung erwähnt – so kommt der Band in einem Schuber aus Holz, mit schwarzem Hochglanz überzogen, und das Ganze wiegt unglaubliche zwei Kilogramm!

Allen, die ein Live-Konzert von unten genannten Künstlern ohne Ton, aber dafür mit umso schöneren Bildern in den heimischen vier Wänden erleben wollen, sei dieser Bildband ans Herz gelegt.

Die Fotografien stammen von folgenden Künstlern:
ALIEN SKULL PAINT, ANDI SEX GANG, ANGELZOOM, ANNE CLARK, ANNE CLARK & DAVID HARROW, ANTIWORLD, APOCALYPTICA, APOPTYGMA BERZERK, ASP, ASSEMBLAGE 23, ATROCITY, AUSGANG, BLOODY DEAD & SEXY, BLUTENGEL, CATASTROPHE BALLET, CHAMBER, CINEMA STRANGE, COMBI CHRIST, COVENANT, CULTUS FEROX, CYBER AXIS, DAS ICH, DEATHSTARS, DECODED FEEDBACK, DEINE LAKAIEN, DEVILISH PRESLEY, DIARY OF DREAMS, DIVA DESTRUCTION, ELIS, ENTWINE, ESCAPE WITH ROMEO, EXILIA, FAITH AND THE MUSE, FIXMER/MCCARTHY, FLIEHENDE STÜRME, FRANKENSTEIN, FUNKER VOGT, GOD MODULE, GOETHES ERBEN, GOLDEN APES, GOTHMINISTER, HAGGARD, HIM, HOCICO, ICON OF COIL, IN EXTREMO, IN STRICT CONFIDENCE, JUSTIN SULLIVAN, LACRIMAS PROFUNDERE, LACRIMOSA, LACUNA COIL, L‘ÂME IMMORTELLE, LONDON AFTER MIDNIGHT, MILÙ, MORTIIS, MY DYING BRIDE, NEUROTIC FISH, NEW DAYS DELAY, NICK CAVE, ORDEAL BY FIRE, ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO, PHILLIP BOA, PILORI, PINK TURNS BLUE, PROJECT PITCHFORK, PSYCHE, QUÍDAM, RED LORRY YELLOW LORRY, ROTERSAND, RUN LEVEL ZERO, SALTATIO MORTIS, SAMSAS TRAUM, SCARY BITCHES, SCHANDMAUL, [:SITD:], SKELETAL FAMILY, SPETSNAZ, STATEMACHINE, SUBSTANCE OF DREAM, SUBWAY TO SALLY, SUICIDE COMMANDO, SYSTEM SYN, TERMINAL CHOICE, THE 69 EYES, THE BEAUTIFUL DISEASE, THE BREATH OF LIFE, THE CASCADES, THE CHAIN, THE COLD, THE CRÜXSHADOWS, THE DEEP EYNDE, THE ETERNAL AFFLICT, THE FAIR SEX, THE HOUSE OF USHER, THE KLINIK, THE LAST DANCE, THE LAST DAYS OF JESUS, THE MISSION, THE OTHER, THE VISION BLEAK, THERION, TRAIL OF TEARS, TRISTANIA, UMBRA ET IMAGO, UNHEILIG, VENENO PARA LAS HADAS, VNV NATION, VOODOO CHURCH, WAYNE HUSSEY, WELLE:ERDBALL, WHISPERS IN THE SHADOW, WITHIN TEMPTATION, WITT, WOLFSHEIM, XANDRIA, ZADERA, ZERAPHINE, ZOMBINA AND THE SKELETONES.

|544 Seiten mit ca. 750 Abbildungen
Premium-Hardcover mit Schutzumschlag im Großformat 24 x 30 cm, fadengeheftet
schweres Bilderdruckpapier, durchgehend duplex gedruckt, im Schmuckschuber|

http://www.angst-im-wald.com
http://www.schwarzkopf-schwarzkopf.de

_Robby Beyer_

Philip Akoto – Menschenverachtende Untergrundmusik? Todesfaszination zwischen Entertainment und Rebellion am Beispiel von Gothic-, Metal- und Industrialmusik

Gothic -, Metal- und Industrialmusiker haben eine große Gemeinsamkeit: Sie alle hantieren viel und gern mit der Ästhetik des Grauens, besingen Tod, Gewalt und Mystizismus und vertonen mehr oder weniger imaginäre Horrorszenarien. Dies treibt erklärte Gegner aus Politik, Theologie und Pädagogik traditionell auf die Barrikaden. Für sie handeltet es sich um pietätlose Effekthascherei: sowohl geschmack- als auch inhaltslos. Fans und Musiker hingegen fühlen sich missverstanden und zu Unrecht verteufelt. (Verlagsinfo)

Provokation und Rockmusik gehen seit jeher Hand in Hand, sind fast untrennbar miteinander verbunden und wirken bis zu einem gewissen Grad sogar unmittelbar zusammen. Die Kombination aus lauten, elektrisch verstärkten Gitarren und einer womöglich extravaganten visuellen Umsetzung ist prädestiniert, revolutionäre, anarchistische oder einfach nur oppositionelle Ideen zu kommunizieren, wovon letztlich tausendfach Gebrauch gemacht wurde und auch weiterhin wird. Welche musikalische Kunstform eignete sich auch besser, um moralische Wertvorstellungen auf die Probe zu stellen und verkrustete Systeme aufzubrechen? Zeige ein ungewöhnliches Verhalten, und es wird dir Aufmerksamkeit zuteil.

Waren es früher die lasziven Hüftschwünge des Elvis Presley oder der exzessiv vor- und ausgelebte „Sex, Drogen & Rock ’n‘ Roll“-Lebensstil von Bands wie THE WHO oder THE ROLLING STONES, die Stürme der Entrüstung heraufziehen ließen, so müssen die Extreme heutzutage deutlich weiter ausgelotet werden, um eine Gegenreaktion hervorzurufen – sollte man meinen. Doch gerade die Beispiele aus der jüngsten Geschichte zeigen, dass dem nicht unbedingt so ist. Wenn es den Finnen LORDI gelingt, nur aufgrund einer Horrormaskierung Boykottaufrufe zu provozieren, muss man konstatieren, dass sich trotz eines nicht unerheblichen Gesellschaftswandels innerhalb der letzten fünfzig Jahre offenbar nicht viel verändert hat.

Alles nur Schein?

Es stellt sich nun die Frage, was bleibt, wenn man eine auf Äußerlichkeiten und Entertainment fixierte Band wie LORDI oder die in ihrem Streben nach Aufmerksamkeit deutlich weiter gehende Death-Metal-Band CANNIBAL CORPSE hinterfragt hat. Gibt es ein Konzept, das die Provokation übersteigt und die Außendarstellung dieser Gruppen über den bloßen Unterhaltungsfaktor erhebt? Oder allgemeiner formuliert: Beherbergt die heutige Rock- und Metalszene Musiker, die mit ihrer Kunst eine wie auch immer gelagerte Veränderung anstreben?

An diesem Punkt setzt der analytische Teil des vorliegenden Buches an. Am Beispiel verschiedener Bands aus dem Gothic-, Industrial- und Thrash/Death/Black-Metal-Bereich beleuchtet Autor Philip Akoto die Ideologie (sofern vorhanden) bzw. Motivation der betreffenden Musiker, mit dem Ziel, ihnen Subversion nachzuweisen oder abzusprechen. Ein grundlegender Aspekt seiner Untersuchung ist dabei der von Wolfgang Sterneck (u.a. Schriftsteller und Gründer des KomistA-Verlages) geprägte Begriff der „konsequenten Musik“, wonach Bands nur als subversiv zu bezeichnen sind, wenn sie ein politisches Bewusstsein haben und danach handeln, um letztlich die erwähnte (soziale) Veränderung anzustreben.

Dass Konsequenz auch zu Kontroversen führt und ernst zu nehmende Subversion von unterschiedlicher Qualität sein kann bzw. auf unterschiedlichen Ebenen abläuft, zeigen alle von Akoto detailliert untersuchten Gruppen. Während sich die amerikanische Death-Metal-Band CATTLE DECAPITATION entsprechend ihrer aggressiven Musik drastischer textlicher und visueller Mittel bedient, um eine vergleichsweise simple Vegetarismus-Botschaft zu verbreiten, und die dem Gothic-Bereich entstammenden THANATEROS ein spirituelles Schamanismus-Konzept präsentieren, gehen die Industrial-Band THE GREY WOLVES und die schwedische Death/Black-Metal-Band DISSECTION globaler, totalitärer und vor allem politisch fragwürdiger vor. Liefern die sich selbst als Kulturterroristen bezeichnenden Briten THE GREY WOLVES bereits durch die Benennung nach der rechtsradikalen türkischen Terrorgruppe eine Diskussionsgrundlage, kokettieren sie darüber hinaus auch offen mit faschistischer Symbolik, sehen dies allerdings nur als Teil eines anarchistischen Verwirrungsplans. Was die Engländer mit DISSECTION respektive ihrem Sänger und Gitarristen Jon Nödtveidt verbindet, ist eine ihrem Handeln zugrunde liegende Agenda. Einmal handelt es sich dabei um das „Cultural Terrorist Manifesto“, das THE GREY WOLVES als Orientierung dient, während Nödveidt zu den Mitbegründern des „Misanthropisch-luziferischen Ordens“ gehört. Diese Organisation fasst ihre Ideologie in den sogenannten „Satanic Aphorisms“, einem 24 Punkte umfassenden Regelwerk zusammen.

All diese Hintergründe wurden von dem seit 1998 als freier Musikjournalist tätigen Philip Akoto sorgfältig recherchiert, und der Leser könnte sich alleine mit den verschiedenen Quellenangaben wochenlang beschäftigen. Allerdings enthält auch das ursprünglich als Magisterarbeit eingereichte Buch bereits eine Fülle von Informationen, die wissenschaftlich-sachlich aufbereitet und verarbeitet werden.

Das Spiel mit morbider Ästhetik

Neben den konkreten Fallbeispielen werden im ersten Teil des Buches die Verbindungen zwischen den verschiedenen Subkulturen untersucht, wobei Akoto vor allem auf die Darstellung von Tod und Gewalt eingeht, die sich wie ein roter Faden durch die unterschiedlichen Szenen zieht. Dabei liegt das Augenmerk nicht ausschließlich auf dem Musikbereich. In kurzen Exkursen wird der Umgang mit dem Thema Tod in TV-Sendungen, Filmen und der Literatur nachgezeichnet. Und insbesondere die letzten beiden Bereiche dienen den Metal-, Gothic- und Industrial-Genres als Inspiration, was unzählige Texte und Plattencover reflektieren.

Fazit

„Menschenverachtende Untergrundmusik?“ bietet auf 117 Seiten eine qualitativ hochstehende Untersuchung des Subversionspotenzials der Industrial-, Metal-, und Gothic-Musik vor dem Hintergrund des (vermeintlich) gleichgültigen Umgangs bzw. der wahllosen Darstellung von Gewalt und Sterben. Darüber hinaus straft es jene Kritiker lügen, die den betrachteten Kunstformen von vorneherein Inhaltslosigkeit vorwerfen. Deutlich wird allerdings auch, dass das Verhältnis von Entertainment zu Inhalt klar zu ungunsten des letztgenannten Aspekts ausfällt und sich zu viele Bands mit bloßer Provokation zufrieden geben.

117 Seiten
ISBN-13: 9783933060211

http://www.telos-verlag.de/

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Jeff Apter – Never Enough – Die Story von The Cure

Der Autor

Jeff Apter war jahrelang Musikredakteur bei der australischen Ausgabe des Rolling Stone. „Never Enough“ ist sein drittes Buch. Das erste befasst sich mit der australischen Band SILVERCHAIR, das zweite, ebenfalls auf Deutsch bei Bosworth erschienen, trägt den Titel „Fornication“ und schildert die stürmische Karriere der RED HOT CHILI PEPPERS.

Inhalt

Jeff Apter – Never Enough – Die Story von The Cure weiterlesen

Fiebelkorn, Ralf – Kick Off Rock-Gitarre (DVD)

Ähnlich wie vor kurzem zum [Schlagzeug 2457 ist Anfang dieses Jahres via |Bosworth| auch ein Lehrvideo zur Rock-Gitarre auf den Markt gekommen, welches einem die ersten Schritte bzw. das Basiswissen zur Bedienung des Instruments näher bringt. „Kick Off Rock-Gitarre“ bringt die individuelle Zielgruppe aber auch schon ein ganzes Stück weiter, denn nach intensivem Studium sollte jeder Laie mit dem hier erworbenen Kenntnisschatz schon so manche Akkorde und Riffs problemlos spielen können. Und das kann ja jetzt nicht wirklich jedes Lernvideo für sich in Anspruch nehmen, glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung.

Musiklehrer Ralf Fiebelkorn erläutert in ganz kleinen Etappen zunächst einmal den Aufbau der Gitarre, sprich Bünde, Saiten, Korpus, etc., und die benötigten Hilfsmittel zum Spielen und Stimmen des Instruments. Es geht erst einmal darum, seinen neuen Schatz intensiv kennen zu lernen, bevor man erste Gehversuche wagt. Danach gibt Fiebelkorn mehrere Tipps zur Haltung von Gitarre und Plektrum, um so zu gewährleisten, dass man völlig entkrampft und entspannt an die Sache herangeht und so nicht schon Probleme bekommt, die gar nicht erst hätten auftreten sollen.

Erst dann geht’s ans Eingemachte, soll heißen an die grobe Notenlehre, bei welcher der Musiklehrer am praktischen Beispiel die einzelnen Saiten der Gitarre noch einmal näher aufgreift und Unterschiede deutlich macht. Schließlich dürfen die Saiten auch zum ersten Mal angeschlagen werden, dies aber zunächst in loser Form. Es folgen die ersten Rhythmen und Taktwechsel und schließlich die Stütze jedes Rock-Gitarristen, die Power-Chords, hier auch in der Basis- und auch schon in der Fortgeschrittenen-Version vorgeführt. Als Letztes gibt Fiebelkorn noch einmal einen Einblick in die Harmonielehre und vermittelt dem Zuschauer und Schüler auch schon einige Akkorde, auf denen die Rockmusik im Wesentlichen aufbaut.

Nach 120 Minuten Lehrstoff darf man dann selber an die Praxis heran und die beigefügten Jam-Parts einstudieren bzw. anhand dieser seine bis hierhin erlernten Kenntnisse erproben und trainieren. Sobald man dann das Gefühl hat, sich in den vorgegebenen Schemen sicher zu bewegen, wird es Zeit für die nächsten Schritte, doch die werden erst auf der aufbauenden DVD „One Step Beyond“ erklärt. Doch so weit sind wir ja auch noch nicht …

Nun, vom Aufbau her ist dieses Lehrvideo schlicht und einfach toll. Ich habe das Gitarrenspiel in meinem Leben schon selber mehrfach versucht, es aber meist wegen unbefriedigender Lehrmittel wieder ziemlich schnell aufgegeben, wobei ein gewisses Basiswissen sich während dieser Zeit schon manifestiert hat. Das alles hätte auch einfacher sein können, zum Beispiel mit dieser DVD, in der wirklich alles super-einfach erklärt wird, bei der man aber, gemessen am zeitlichen Umfang, auch schon binnen kürzester Zeit sehr große Fortschritte erzielen kann. Wo nämlich in den teuren Musikschulen erst mal zum Erbrechen Notenlehre und theoretische Kenntnisse erlernt werden und man die Sache eigentlich schon satt hat, bevor man die Gitarre das erste Mal in der Hand hatte, läuft bei „Kick Off Rock-Gitarre“ alles parallel. Fiebelkorn lehrt den Stoff sehr praxisorientiert und hat ein Händchen dafür, Theorie und tatsächliches Spiel für den interessierten Schüler treffend auszubalancieren. Seine lockere, unverkrampfte Art – selbst auf dieser DVD leistet er sich ein paar Versprecher – sorgt zudem für eine ziemlich lässige Atmosphäre, bei der man nichtsdestotrotz genügend Ehrgeiz entwickeln sollte, das Vorgezeigte recht schnell zu erlernen.

Sicher, es gibt viele Ansichten darüber, auf welchem Wege man das Gitarrespielen am schnellsten und einfachsten erlernen kann, und ich will jetzt auch nicht behaupten, dass diese DVD die Ideallösung ist. Als Opfer zahlreicher überkomplizierter, nervtötender Lehrbücher (die mich am Ende doch zu Peter Bursch gebracht haben) bin ich aber bislang auf noch keine bessere und schönere Alternative zu diesem zweistündigen Anfängerkurs getroffen, weshalb alles andere als eine klare Empfehlung totaler Humbug wäre. Und wenn man sich schlussendlich mal das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zum Musikunterricht an einer renommierten, sicherlich aber nicht immer besseren Schule anschaut, spricht sowieso nichts dagegen, die kostengünstigere, ebenbürtige Variante abzugreifen. Oder?

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Hagenau, Rudi – Kick Off Drums

Lernvideos für angehende Musiker sind meist nicht sehr billig, weshalb es sich auf jeden Fall lohnt, vorher intensiv zu recherchieren, bevor man am Ende 50 € und mehr in den Sand gesetzt hat, ohne einen entsprechenden Gegenwert für sein Geld bekommen zu haben. Diesbezüglich ist übrigens auch darauf hinzuweisen, dass die allseits beliebten Profivideos bekannter Musiker erst dann zu empfehlen sind, wenn man auch schon über gewisse Kenntnisse verfügt, was ja leider oft fehlinterpretiert wird.

Um diese Grundkenntnisse dann jedoch zu erlernen, braucht es Stoff, der einem das Spiel – egal nun an welchem Instrument – von der Pieke an zeigt, das heißt vom Aufbau über die ersten Gehversuche bis hin zum semi-professionellen Spiel. Erfahrenen Musikern erzähle ich hiermit zwar jetzt sicher nichts Neues, aber ich wollte es eingangs noch mal kurz erwähnt haben, denn zu viele sind schon auf derartige Veröffentlichungen hereingefallen.
Nun, die Bosworth Music GmbH hat vor kurzem auch einige solcher Lernvideos auf den Marmkt gebracht, darunter auch das hier vorliegende „Kick Off Drums“, welches einem die ersten Schritte am Schlagzeug näher bringt und auch sehr gut verständlich vermittelt. Rudi Hagenau, seines Zeichens professioneller Drummer seit mehr als anderthalb Dekaden, erklärt wirklich jeden Schritt, den es zu berücksichtigen gilt, angefangen bei der Wahl seines Instruments bis hin zur gekonnten Bedienung – und dies alles in einem sehr gemäßigten Tempo, dem selbst Kinder problemlos folgen können sollten.

Hagenau beginnt seine Moderation, indem er die Zielsetzung und das Konzept der DVD erklärt und einiges über seine Erfahrungen als Schlagzeuger erzählt und beginnt auch schon alsbald mit der Erklärung der grundlegenden Informationen. Hierunter fallen neben den Namen der einzelnen Kessel auch zugehörige die Bespannung und die Anordnung bzw. die jeweilige Funktion. Bis man sich zu diesem Punkt durchgearbeitet hat, weiß man schließlich schon fast alles, was man an Basiswissen benötigt.

Weiter geht’s dann mit der richtigen Haltung der Stöcke und den ersten Schlägen, bevor Hagenau dann mit seinem bewusst albernen Kollegen mit Notenlehre und ersten Grundrhythmen beginnt. Dabei zeigt er immer wieder Beispiele von ganz jungen Nachwuchsmusikern, die bereits im Alter von sieben Jahren ihre Rhythmen halten können. Diesen Aspekt finde ich insofern sehr wichtig, als dass der Moderator hier auch praktisch zeigt, dass man das Schlagzeugspiel in wirklich jeder Altersklasse erlernen kann.

Und so steigert sich die Sache dann immer mehr; die Grundrhythmen werden leicht variiert, immer weiter ausgebaut und Schritt für Schritt werden Schlagzahl und Anforderung erhöht – bis man dann am Ende einige Songs, die hier auch auf einer extra beigefügten Audio-CD enthalten sind, schon komplett begleiten kann. So einfach, und vor allem so schnell geht das!

Für meinen Geschmack hat Rudi Hagenau hier ein richtig gutes Lehrvideo zusammengestellt. „Kick Off Drums“ baut auf einem angemessenen Tempo auf und schließt so auch aus, dass der angehende Schlagzeuger bei seinen Studien überfordert wird. Außerdem gefällt die simple, dafür aber umso verständlichere Art der Erklärungen. Hagenau lässt zwar hier und dort einige Fachbegriffe einfließen, bleibt aber letztendlich sprachlich auf einem Level, dem auch Anfänger problemlos werden folgen können. Und auch die Tatsache, dass der Lehrer seine Schüler erst dann ans Instrument lässt, wenn alle erforderlichen Nebenkenntnisse erlernt sind, finde ich lobenswert, denn so gibt er der Zielgruppe nicht nur Struktur, sondern läuft auch nicht Gefahr, sich irgendwie überschlagen zu müssen. Kurzum: sehr gut gemacht!

Wenn es an der DVD dann aber doch noch etwas auszusetzen gibt, dann die etwas bescheidene Bildqualität. Das Material wurde über einen Zeitraum von zehn Jahren aufgezeichnet und kommt leider in den älteren Aufnahmen ohne dezente Flimmereffekte nicht aus. Und auch der Wechsel zwischen den alten und neuen Einstellungen wirkt anfangs ein wenig verwirrend, doch nach kurzer Zeit hat man sich daran gewöhnt. Der Fluss des Lernens wird durch diese kleinen Schönheitsfehler aber eigentlich nicht beeinträchtigt.

Fazit: Gute Lernvideos gibt es viele auf dem Markt, wirklich effektive Releases für Beginner jedoch leider nur selten. In Sachen Drums gehört „Kick Off Drums“ daher ganz klar zur Referenzklasse, trotz, oder vielleicht doch gerade wegen seiner simplen Aufmachung. Zusammen mit der beiliegenden Audio-CD und dem gehaltvollen Booklet, in dem die Theorie noch einmal schwarz auf weiß nachzuarbeiten ist, sollte es hier jedem halbwegs talentierten Nachwuchsmusiker spielerisch gelingen, die Basics für das Schlagzeug zu erlernen. Und deswegen spreche ich dem hiermit angesprochenen Publikum auch ganz klar meine Empfehlung für dieses DVD/CD-Set aus.

Röhr, Matthias / Larmann, Ralh – Meine letzten 48 Stunden mit den Böhsen Onkelz

Die |Onkelz| sind Geschichte. Wohl nicht nur, weil die Band auf ihrem Zenit (zumindest verkaufstechnisch gesehen) aufhören wollte, sondern weil es intern saftig krachte. Immer mehr Details nimmt man mit der Zeit wahr, und wieder scheint die komplette Wahrheit der |Onkelz| hinter den Kulissen verborgen zu bleiben.

Einen kleinen Einblick hierin und in den Höhepunkt der mehrere Dekaden andauernden |Onkelz|-Geschichte liefert uns nichtsdestoweniger Gitarrist Matthias „Gonzo“ Röhr, der über die kompletten zwei Tage des |Onkelz|-Festivals (vom Frühstück des ersten Tages über den Soundcheck bis zum eigentlichen Konzert) auf dem Lausitzring Buch geführt hat und einiges zu berichten weiß. Dabei handelt es sich nicht um ein normales Buch an sich, wir haben es hier mit einem Bildband mit äußerst ausführlichen und mehr oder weniger ausschweifenden Kommentaren zu tun.

Sehr positiv ist schon einmal die Tatsache, dass Gonzo zu keiner Sekunde versucht, einen Schriftsteller zu imitieren. Er schreibt und beschreibt die Dinge einfach frei von der Leber weg und gewährt uns somit einen emotionalen und spannenden Einblick ohne viel Drumherum. Viele Bilder entstehen im Kopf, obwohl der Fantasie sowieso Grenzen gesetzt sind, da zu so gut wie jedem Text auch das passende Bild mitgeliefert wird.

Im Format A4+ werden auf 96 Seiten im Hardcover qualitativ wirklich hochwertige Aufnahmen aufgetischt, die allen Ferngebliebenen des Festivals und natürlich auch Anwesenden sehr sympathisch und direkt rübergebracht werden.

Ein Manko habe ich persönlich dennoch gefunden und empfunden: Die Eindrücke des Konzerts sind eher mager beschrieben, und auf die dargebotenen Songs wird einzeln fast nicht eingegangen. Was hätte mich zum Beispiel die Meinung Gonzos zum zensierten ‚N*tten M*nn‘, das trotz hoher angedrohter Geldstrafen ein letztes Mal dargeboten wurde, interessiert. Überhaupt ist der Auftritt der am wenigsten berücksichtige Teil in diesem Buch. Aber immerhin erscheint ja in Kürze die DVD.

Besonders dem jahrelanger „Verfolger“ der |Onkelz| werden sich sehr viele Details – besonders zwischen den Zeilen gelesen -, auch was Gonzos Streit mit Stephan Wildner (b.) angeht, offenbaren, die ansonsten wohl unter dem Mantel des Schweigens verborgen geblieben wären.

So bleibt nur ein Fazit: Ein gelungener Biographie/Foto-Cocktail und vor allem ein nettes Gimmick für alle |Onkelz|-Fans und/oder Festival-Besucher.

Redaktionsteam Rock Hard – Best Of Rock & Metal – Die 500 stärksten Scheiben aller Zeiten

Nach dem häufig kritisierten Rock-Hard-Special „Top 300“, in dem die besten Rock- und Metal-Scheiben aller Zeiten vorgestellt wurden, folgt jetzt eine Erweiterung auf 500 Platten sowie ein offizieller Release in Form eines schön aufgemachten Buches. Neben ausführlichen Reviews (inklusive Cover in genialer Qualität!) werden die wichtigsten Subgenres sowie die Wurzeln des Heavy Metal vorgestellt, letztere Texte allerdings nur in absoluter Mini-Ausführung. So sind 99 Prozent der knapp 240 Seiten Reviewtexte, die auch kostenlos auf der Internetseite des Magazins abrufbar sind. Außerdem ist zu sagen, dass die Artikel über die Subgenres fast allesamt bereits im oben angesprochenen Special auftauchen.

Immerhin hat man sich die Mühe gemacht, einige wenige neuere Scheiben neben den zweihundert „Erweiterungsscheiben“ einzubauen. Zwei Beispiele gefällig? Zum einen wäre da NEVERMOREs „This Godless Endeavor“, zum anderen SYSTEM OF A DOWNs „Mesmerize“. Bei 500 Scheiben nur ein paar aus den letzten Jahren mit einzubauen, ist aufgrund der Tatsache, dass Lobeshymnen auf einen Großteil der neuen CDs im Magazin an der Tagesordnung sind (besonders wenn ich an bekanntere Bands denke), eher erstaunlich als nachvollziehbar. Genauso die Tatsache, wie einige Bands besprochen werden: „Nach diesem und jenem Album versagte die Band XXX komplett …“. Seltsam, im Rock Hard tauchen viele dieser angesprochenen Alben in den berüchtigten „10 x Dynamit“-Seiten auf. Ein weiterer Punkt: Beim Durchlesen der Kritiken wird man das Gefühl nicht los, das eben nicht die Musik, sondern der Erfolg der jeweiligen CD etwas weiter im Vordergrund steht. So ist METALLICAs „Black Album“ ohne Zweifel ein wichtiges Metalwek, das vor allem viele Türen geöffnet hat. Es aber zu den besten Alben aller Zeiten zu zählen und Alben wie „… And Justice For All“ wiederum außen vor zu lassen, ist zumindest als unglücklich zu bezeichnen, da man als Leser davon ausgeht, die musikalisch besten Platten vorzufinden. Und wenn man die eine Seite mit den Türen sieht, muss man auch den Untergang der ehemals besten Metal-Band der Welt mit genau diesem Werk sehen. Ebenso unglücklich ist die Tatsache, dass die Meinungen der Chefredakteure Rensen und Kühnemund offensichtlich immer noch am meisten zählen. Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist absolut sinnlos, Alben nach ihren Umständen oder Verkaufszahlen zu bewerten und dabei nur wenige Köpfe entscheiden zu lassen. So ist „Back In Black“ wahrscheinlich nur zur Nummer eins gewählt worden, weil Bon Scott kurz zuvor starb und der Überraschungseffekt mit Brian Johnson dementsprechend groß war. Eine ziemlich fadenscheinige Begründung für das angeblich beste Album aller Zeiten. Eine Leserabstimmung wäre zwar aufwendig, aber wohl eindeutig vorzeigbarer gewesen.

Einige Bands sind mit mehreren CDs vertreten. Bleibt nur die Frage, wie man zwischen Götteralben wie „Powerslave“, „Somewhere In Time“, „Killers“ (übrigens das beste IRON MAIDEN-Album im Buch), „Piece Of Mind“ oder „Number Of The Beast“ entscheiden soll. Wieso nun ausgerechnet dieses und jenes Album es geschafft hat und nicht ein anderes, bleibt wohl das Geheimnis der Redakteure. Auch letzter Punkt spricht eindeutig für eine nicht gegebene Objektivität. Außerdem wird man das Gefühl nicht los, dass auch einige No-Name-Truppen nur vertreten sind und reingepresst wurden, damit man nicht von dem sprechen kann, was ich die ganze Zeit kritisiere. Wobei man Rock Hard zu Gute halten muss, dass die Genre-Grenzen äußerst weitgreifend ausgewählt wurden: Von QUEEN über GREEN DAY und NIGHTWISH bis hin zu RAMMSTEIN sind alle Bands vertreten, die irgend etwas mit Gitarren am Hut haben. Natürlich merkt man den Reviews auch an, dass dort absolute Profi-Schreiberlinge am Werk sind, darüber braucht man gar nicht erst zu diskutieren.

Bei allem Respekt vor der Größe des Rock Hard: Man hätte einfach die 500 besten Bands mit einigen empfehlenswerten Alben pro Gruppe in das Buch verbannen und somit die Reihenfolgen ad acta legen sollen. Denn wer kann schon zwischen einem 412., 318. oder 77. Platz bei mehreren zehntausend erschienenen Rock- und Metalalben unterscheiden. Besonders, wenn gerade mal ein Dutzend Leute das Sagen haben.

Im Endeffekt darf man also nicht zu viel erwarten, die subjektive Meinung der Redakteure ist ausschlaggebend und nicht die Sichtweise der Metal-Fans, die sicherlich innovative und absolut geniale Bands wie PAIN OF SALVATION (nur ein Beispiel) lieber in der Rangliste gesehen hätten als den 200. relativ unbedeutenden US-Metal-Act. Auf der anderen Seite wird ein Querschnitt durch die Rock- und Metalmusik aufgezeigt, der so noch nicht vorhanden war. Die erhoffte ultimative Rangliste bringt Rock Hard damit aber nicht heraus, und diese – meine – Meinung ist nicht subjektiv, sondern objektiv.

Apter, Jeff – Fornication: The Red Hot Chili Peppers Story

Der Sinn oder Unsinn einer Biographie über eine Band, die noch aktiv ist oder gar auf einem Zenith ihrer Popularität steht, wäre als Diskurs mehr als nur geeignet, um auf das neue Werk von Jeff Apter über die kalifornischen Alternativrocker der |Red Hot Chili Peppers| hinzuweisen. Kompromiss der Frage? – Zumindest der Zeitpunkt scheint nicht nur arbiträr, sondern im Gegenteil ziemlich passend gewählt, da die Band, die im nächsten Jahr nach einer Pause von knapp drei Jahren ein weiteres Album veröffentlichen wird, zum erneuten Male an einem Wendepunkt stehen könnte, in jedem Fall aber den Wiederaufstieg mit mehr als nur einem Zufallshitalbum geschafft hat. Das kalifornische Quartett, das seit mehr als 22 Jahren aktiv ist und nach dem (zumindest kommerziellen) Fast-Absturz in die Bedeutungslosigkeit mit nunmehr zwei musikalisch und verkaufstechnisch herausragenden Alben („Californication“ und „By The Way“) wieder mehr als nur einen Fuß in der Tür hat, zählt zweifellos zu den wichtigsten aktiven amerikanischen Rockbands überhaupt und darf darüberhinaus als einige der wenigen Bands gelten, die Genre-übergreifend Zustimmung von diversen Musikfans erhält. Dabei liest sich die Geschichte der |Red Hot Chili Peppers| wie ein ständiges Auf und Ab zwischen Misserfolg, durchschlagenden Hits, Drogensumpf und Entziehung, bei der man kaum glauben mag, dass es am Ende doch immer wieder die kreative Magie der Musik war, die das Chaos überwinden konnte.

Der Australier Michael Apter, langjähriger australischer Musikjournalist und vormals Chefredakteur des dortigen |Rolling Stone|, der auch schon ein ähnliches Buch über die Alternativrocker |Silverchair| veröffentlicht hat, versucht sich mit seinem Zweitwerk daran, diese Geschichte nachzuerzählen. Auf 444 Seiten schildert Apter die Biographie der |Red Hot Chili Peppers| von der Kindheit der einzelnen, im Laufe der Zeit diverse Male wechselnden Bandmitglieder bis hin zum immer noch aktuellen Album „By The Way“. Wer an dieser Stelle allerdings ein klar gegliedertes und stichpunktartig strukturiertes Werk vor Augen hat, könnte kaum weiter daneben liegen. Apter hat einen deutlichen Hang dazu, weitläufig zu erzählen, schmückt den komplett fortlaufenden, offenbar nur zum Schein mit Kapitel versehenen Text mit Anekdoten, Auszügen der Geschichte des Rocks der 90er Jahre und den entsprechenden Aktivitäten verwandter Bands, Anmerkungen, Interviewschnipseln und Kommentaren von Kollegen, kann aber dabei nicht das Kunststück vollziehen, dem Ganzen eine einheitliche Struktur oder eine Ordnung außer der chronologischen zu geben, was das Buch zwar sehr informativ, aber etwas unlesbarer als Vergleichswerke macht, vor allem dann, wenn man ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Phase kurz nachschlagen will, was auch der eingebaute Stichwortindex am Ende des Werks (man wusste offenbar um diese Schwäche des Texts) nicht wirklich wettmachen kann. Die musikgeschichtlichen Verweise mögen zwar meistens recht passend sein und das Werk mit Hintergrundwissen anreichern, lassen aber zuweilen aber auch recht seltsame Blüten sprießen, etwa wenn der Autor einen Absatz über die Lyrics eines |Radiohead|-Songs aus der selben Zeit einschiebt, der zur gerade erzählten Situation bei den |Chili Peppers| zu passen scheint, mit dem Erzählten an sich allerdings gar nichts zu tun hat.

Das äußerliche recht ansprechende Musikbuch ist mit diversen Fotos garniert, die allerdings leider zum einen nur in schwarzweiß vorhanden sind, zum anderen gebündelt an ein paar Stellen des Buchs zusammengefasst sind. Wesentlich sinnvoller und illustrativer wäre wohl gewesen, die Fotos den einzelnen beschriebenen Ereignissen im Buch zuzuordnen und besser einzubinden, andererseits entspricht es natürlich dem geschlossen (Text-)Charakter dieses Werks, die Fotos eher als Beigabe denn als tatsächliches Element zu betrachten.

Insgesamt bleibt es recht schwer, für „Fornication“ eine eindeutige Wertung auszusprechen, dazu ist das Werk eindeutig zu zwiespältig: Während wir es einerseits natürlich ganz klar, schon aufgrund von fehlenden Alternativen, mit dem neuen Referenzwerk über die |Red Hot Chili Peppers| zu tun haben, das für den Fan eine Fundgrube an auch tiefer gehender (Hintergrund-)Information sein kann, muss man andererseits auch seine bereits erwähnte Weitläufigkeit und Unstrukturiertheit kritisieren, die zudem (für eine Bandbiographie) einen zu deutlichen Fokus auf Anthony Kiedis legt. Zudem kann auch bei den Zugaben (lediglich eine umfangreichere Diskographie ist zusätzlich vorhanden) und den enthaltenen Fotos auch kaum von einem deutlichen Mehrwert die Rede sein, der den doch recht hohen Preis rechtfertigen könnte. Wer die Band bereits kennt, dem ist dieses eher an einem Stück konsumierbare Buch in höchstem Maße zu empfehlen, wer allerdings ein leicht zu bedienendes, kurzweiliges und informatives Nachschlagewerk mit Zitaten wie etwa das |Nirvana|-Standardwerk „Come As You Are“ von Michael Azzerad oder Ähnliches erwartet, wird hier enttäuscht sein. Im Rahmen der genannten Prämissen kann und muss man allerdings Jeff Apter ein durchweg gelungenes Buch attestieren, welches zwar stilistisch in den einzelnen Kapiteln zu eng mit dem Musikjournalismus diverser Zeitschriften verwandt ist, allerdings als komplettes Werk äußerst lesenswert erscheint und den Anspruch einer als fortlaufender Gesamttext gestalteten Bandbiographie mehr als nur erfüllt. Der langen Rede kurzer Sinn: Fans brauchen das unbedingt. Die anderen lesen vorher mal rein.

http://www.bosworth.de

Redaktionsteam Rock Hard – Best Of Rock & Metal – Die 500 stärksten Scheiben aller Zeiten

Aufmerksame Leser des „Rock Hard“-Magazins werden sicherlich schon die Idee, die besten Sparten-Alben aller Zeiten zusammenzustellen und mit neuen Rezensionen zu versehen, kennen. Vor einiger Zeit gab es nämlich schon einmal ein Special im Heft, in dem die – nach Urteil der Redaktion – besten 300 Platten aufgeführt wurden, was natürlich auch einen Rattenschwanz an Diskussionen nach sich zog, schließlich wunderten sich viele Leser, warum nun dieses Album so weit vorne war, während jene Scheibe gar nicht erst erwähnt wurde. Aber hier handelt es sich eben um ein rein subjektives Unterfangen, von dem ich persönlich sagen muss, dass ich es mit viel Vergnügen und Interesse verfolgt habe.

Jetzt hat man diese Liste um weitere 200 Alben erweitert und in exklusiver Buchform veröffentlicht, sozusagen um die Liste ‚kompletter‘ zu machen. Ob das jedoch wirklich nötig war, steht auf einem anderen Blatt geschrieben, denn die Herangehensweise ist doch sehr suspekt. Statt die ganze Sache neu durchzumischen und die neu eingefügten Alben – es handelt sich hier nämlich unter anderem um CDs, die beim Erscheinen der ersten Liste noch gar nicht veröffentlicht waren – passend in die Liste zu integrieren, wurden einfach die Plätze 301-500 mit 200 weiteren Veröffentlichungen belegt, ganz gleich ob eines dieser neuen Alben jetzt in Sachen Wichtigkeit einen der Ränge unter Platz 300 verdient hätte oder nicht.

Das macht die ganze Angelegenheit nämlich schließlich auch wenig glaubhaft und wirkt im Endeffektrecht lieblos. Bevor wir uns falsch verstehen: Von der Aufmachung über den gewohnt humorvollen Schreibstil bis hin zu den detailreichen Albumbesprechungen ist hier alles echt super dargestellt. Nur inwiefern das Ganze jetzt auch wirklich repräsentativ für die Meinung innerhalb der „Rock Hard“-Redaktion ist, darf man in Frage stellen. Am Ende kommen dann nämlich die aktuellen Alben von Bands wie ILL-DISPOSED, CHILDREN OF BODOM (hier zu Beispiel „Are You Dead Yet?“ vor das wesentlich einflussreichere „Hatebreeder“ zu stellen, halte ich für ein Unding) oder ANTHRAX zum Zuge, die – ohne ihre individuelle Klasse zu bestreiten – sicherlich nicht wirklich in eine solche Liste hineingehören.

Schlussendlich wirken nämlich gerade die Scheiben, mit denen die letzten Plätze aufgefüllt wurden, wie eine Aneinanderreihung von Lückenfüllern, mit dem Ziel, einfach nur irgendwie das Buch voll zu bekommen. Das ist man eigentlich vom „Rock Hard“ in dieser Form gar nicht gewohnt, und auch wenn ich die Idee einer solchen Auflistung für gut halte und die professionelle Aufmachung dieses Buches sehr schätze, so halte ich ein solches Projekt auch nur dann für sinnvoll, wenn es mit der nötigen Hingabe verwirklicht wird. „Best Of Rock & Metal“ hingegen wirkt wie ein vorschnell eingeschobenes Unterfangen, das ich rein subjektiv für nicht repräsentativ halte – wohl wissend, dass ich der Redaktion des eigentlich geliebten Magazins damit ganz klar etwas unterstelle!

Bussy, Pascal – Kraftwerk – Mensch, Maschine und Musik

KRAFTWERK. Alleine dieser Name löst bei vielen Musikliebhabern noch immer eine Gänsehaut aus. Die aus Düsseldorf stammende Gruppe gehört nach wie vor zu den mysteriösesten und faszinierendsten Erscheinungen in der gesamten Musikwelt, und diesen Status haben die Elektronik-Pioniere auch in den letzten 30 Jahren nie einbüßen müssen. Doch die beiden Köpfe Ralf Hütter und Florian Schneider waren auch stets bemüht, das Mysterium aufrecht zu erhalten und den Ruf der anonymen, undurchschaubaren Band ins neue Jahrtausend zu retten. Kein Wunder also, dass die beiden nicht allzu sehr davon begeistert waren, als Pascal Bussy ihnen bereits 1993 das Manuskript zu dieser Biographie vorlegte. Um die Authentizizät zu bewahren, wollte der Autor der Band die Chance geben, eventuelle Fehler auszubessern bzw. ungeklärte Fakten zu korrigieren. Diese Gelegenheit nahmen KRAFTWERK jedoch nicht in Anspruch, so dass das Buch kurze Zeit später auf den Markt gelangte. Erst jetzt meldete sich Schneider mit dem lapidaren Kommentar „Das Buch ist scheiße“ zu Wort und führte eine hitzige Diskussion mit dem Herausgeber. Der größte Kritikpunkt: Die meisten Sachen seien frei erfunden. Nun, bei einer Band, deren Geschichte zu einem ziemlich großen Prozentsatz aus Gerüchten und Vermutungen besteht, war so etwas vorauszusehen. Dementsprechend zwiegespalten waren die Reaktionen auf die ursprüngliche Fassung. Die eine Hälfte war sehr begeistert von Bussys Werk, die andere Hälfte, so vermutet Bussy, war nur deswegen so kritisch, weil man die Musiker nicht verstoßen wollte.

Wie auch immer, seitdem ist sehr viel Wasser die Seine heruntergeflossen, und zwölf Jahre später präsentiert der Autor eine neue und vor allem aktualisierte Fassung. Wobei ‚aktualisiert‘ ein relativer Wert ist, denn auch weiterhin haben sich Schneider und Hütter geweigert, viel mehr Fakten herauszurücken. Immer noch basieren viele Informationan auf reiner Spekulation, was Bussy auch anfangs sehr ehrlich erklärt. Doch seiner Ansicht nach haben die Fans eine Biographie und damit auch die Wahrheit über die Band verdient, und mit dieser Intention hat er das 1993 erstveröffentlichte Buch nun ein weiteres Mal aufgelegt.

Bussys ausgiebiges Wissen über KRAFTWERK basiert in erster Linie auf unzähligen selbst geführten Interviews mit den Mitgliedern der Band, die allesamt vor dem Erscheinungstermin der Ursprungsversion getätigt wurden. Außerdem entnimmt der Autor auch noch viele Informationan aus Interviews von Kollegen. Der Löwenanteil der Recherche geht auf den Anfang der Neunziger zurück, wo Bussy im dauerhaften Kontakt zur Band stand.

In mehreren Kapitel wird in „Kraftwerk – Mensch, Maschine und Musik“ die komplette Geschichte der Band erzählt, und natürlich lässt Bussy es sich in diesen einzelnen Abschnitten nicht nehmen, immer wieder den Versuch eines Blickes hinter die direkten Kulissen des Mysteriums zu wagen. Für den Leser bleibt lediglich das Problem bestehen, dass man stellenweise immer noch nicht genau weiß, ob sich dies oder jenes genau so wie hier berichtet abgespielt hat. Selbst wenn die meisten Quellen als sicher gelten – Schneider und Hütter werden schon ihre Gründe haben, warum ihnen die Ausführungen des Autoren größtenteils widersagen.

Vielleicht sollte man diesen Gedanken aber mal in den Hintergrund drängen, denn schließlich ist hier ein sehr ausführliches und unheimlich interessantes Portrait einer total eigenwilligen Musikervereinigung entstanden, deren Einfluss auf die gesamte Musikwelt immens groß war bzw. immer noch ist. Bussy erläutert den Kult um die Meister der sterilen Töne und wirft einen sehr detaillierten Blick auf die visuelle Performance des Projekts. Dazu geht er immer wieder auf die Köpfe und Visionäre hinter dem Unternehmen KRAFTWERK und natürlich auf das legendäre Klingklang-Studio, das irgendwo an einem unscheinbaren Platz in Düsseldorf eingerichtet wurde, ein. Hauptsächlich versucht der Autor allerdings, die Fragen zu beantworten, die hinter der von der Band selber erbauten Mauer des Schweigens bisher verhüllt blieben. In diesem Zusammenhang finde ich die folgende Beschreibung im Hinblick auf den kompletten Rückzug aus der Öffentlichkeit auch sehr treffend: „…zurückgezogene Genies, die in der selbsterrichteten Exklusivität ihres Studios emsig vor sich dahinwerkelten …“. Könnte man die Legende KRAFTWERK und ihre Verschwiegenheit noch besser beschreiben?

Als Letztes möchte Bussy aber auch unterhalten, und das gelingt ihm wirklich vorzüglich. Der Mann wühlt sich tief durch die Materie und lässt nicht eine einzige Andeutung im Raume stehen. Fragen werden aufgeworfen, dann aber auch beantwortet; und es gibt keinen Moment im Buch, bei dem man den Eindruck bekommt, der Autor wolle den Inhalt nur herunterrasseln. Es wird sehr deutlich, dass Bussy sich diesem Stoff jahrelang gewidmet und teilweise auch für die Liebe zu dieser Band gelebt hat. Aufgrund der kritischen Betrachtung der einzelnen Bandmitglieder bewahrt er aber eine angenehm neutrale Haltung, die dem Buch schließlich die nötige Glaubwürdigkeit verleiht. Träumen darf Bussy dennoch; so zum Beispiel in den verschiedenen Zukunftsvisionen, die zwischendurch eingeworfen werden. So beschreibt Bussy beispielsweise ein Szenario, bei dem die Band auf der ganzen Welt parallel Konzerte gibt, die allesamt von einem Ort gesteuert werden. Durch solche netten Ergänzungen bekommt die Darstellung der kalt wirkenden Band letztendlich noch ein Fünkchen Leben eingehaucht, und die Intention der nahezu perfekt erscheinenden Biographie rückt auch ein wenig näher ins Visier.

KRAFTWERK haben mit ihrer Musik Pionierarbeit geleistet, und das gilt für so viele verschiedene Genres. Daher ist dieses Buch auch für jeden einzelnen Musikfreund interessant, denn egal wie die individuellen Vorlieben geartet sind, ein bisschen KRAFTWERK steckt immer drin. Aber es ist nun mal so, dass die Geschichte dieser Band eine ganze Menge zu bieten hat, das zu lesen sich lohnt, und weil Bussy dies alles wunderbar in seinem Buch eingefangen hat, kann man „Kraftwerk – Mensch, Maschine und Musik“ als semi-offizielle Biographie akzeptieren und das Buch nur wärmstens empfehlen.

Heilemann, Wolfgang ‚Bubi‘ / Thomas, Sabine – Alice Cooper. Live on Tour – Backstage – Private: Photos 1973-1975

Um die Phrasen gleich zu Beginn zu verbraten: |Alice Cooper| sind die Urväter des Schock-Rock. Seit über 35 Jahren veröffentlicht die Gruppe nun schon Platten, deren Bandleader und Sänger (bürgerlich Vincent Damon Furnier) sich praktischerweise auch gleich Alice Cooper nennt.

Wolfgang „Bubi“ Heilemann, der in den 70er Jahren als Fotograf der „Bravo“ (die Jugendzeitschrift mit dem Papstposter hinter der Aufklärungsseite) Alice Cooper und andere Stars ablichtete, hat einen Bildband mit Fotos der Band und ihres Frontmanns vor und hinter der Bühne aus der Zeit von Ende 1972 bis 1975 herausgebracht. Etliche teilweise ganzseitige Bilder zeigen Band und Frontmann auf der Bühne bei ihren berühmt-berüchtigten Horror-Shows, bei Partys und Presseterminen, auf Reisen und hinter der Bühne beim Kartenspielen. Zwischen den Bildseiten sind einige kurze Texte (Deutsch und Englisch) eingestreut, in denen Heilemann Erinnerungen und Anekdoten aus jener Zeit zum Besten gibt. Alice Cooper hatten sich zu dieser Zeit schon mit ihren Hits ‚I’m Eighteen‘ und ‚School’s Out‘ einen Namen gemacht. In den Jahren, die dieser Bildband begleitet, erschienen ihre Erfolgsalben „School’s Out“ (1972), „Billion Dollar Babies“ (1973), „Muscle Of Love“ (1974) und – Bandchef Cooper hatte die Besetzung inzwischen komplett ausgetauscht – „Welcome To My Nightmare“ (1975). Und zu fast jedem Album gab es eine große Tournee mit den bekannten grellen Schockeffekten.

Die meisten Fotos zeigen die Band auf der Bühne: Alice Cooper mit der schwarz-weißen Schminke, bewaffnet mit Äxten und Säbeln, im Kampf mit Spinnen, Monstern und Schaufensterpuppen, die Boa Constrictor um den Hals, und natürlich unter der Guillotine. Am Ende der Konzerte inszenierte der Sänger immer seinen eigenen Tod am Strick oder unter dem Fallbeil (alle anderen waren dann schon tot). Die grellsten Geschmacklosigkeiten – bei Cooper-Gigs fielen auch schon mal Konzertbesucher in Ohnmacht – wurden aber ausgespart. Andere Bilder zeigen einen flachsenden Alice Cooper – den Mann, nicht die Band – auf dem Flughafen, im Gespräch mit dem Schlagersänger Udo Jürgens oder auf einer Party zusammen mit dem berühmten spanischen Maler Salvador Dalí. Cooper und Dalí waren Fans des jeweils anderen. Dalí hat von Cooper ein Bild mit dem Titel „Geopoliticus Child“ gemalt und den abgeschlagenen Kopf für die Enthauptungen bei den Shows entworfen! Abseits des Rummels erscheint der Bandleader als netter, sympathischer Kerl, der stets ein Grinsen auf dem Gesicht hat und den man sich kaum als Schock-Rocker vorstellen kann. Auf anderen Fotos aber sieht man ihn müde und geschafft; die ständig präsenten Bierdosen deuten ein Problem an, mit dem Cooper in den darauf folgenden Jahren schwer zu kämpfen hatte.

Bei einigen Fotos hätte man sich erläuternde Bildunterschriften gewünscht. Und für den Anhang hätten Autor und Verlag noch etwas Papier und eine kurze Recherche springen lassen können, damit unter dem Stichwort Diskografie nicht nur ein Best-of-Album genannt werden muss. Aber von diesen kleinen Mankos abgesehen, liegt hier ein edler großformatiger Bildband vor, der Alice Cooper in der klassischen Erfolgsphase der Band bei ihren heute noch legendären Tourneen zeigt. Alice Cooper-Fans werden ohnehin zuschlagen, aber auch für jeden, der sich für die wilden 70er, in denen es abseits der Schubladen originelle und individualistische Gruppen gab, interessiert, dürfte dieser Band das Richtige zum Lesen und Anschauen sein.

Dieses Buch ist Teil einer Serie von Bildbänden mit Fotos aus Heilemanns Archiv, in der schon Ausgaben u. a. über ABBA und [AC/DC 741 erschienen sind und die noch fortgesetzt werden soll.

Mehr Infos zum Buch gibt es unter http://www.schwarzkopf-schwarzkopf.de/toptitel/alicecooper.html.

Leaf, David / Sharp, Ken – KISS demaskiert: Die offizielle Biographie

Biographien über KISS gibt es ja massig, man denke nur an den überteuerten Mega-Schinken „Kisstory“. Doch eine offizielle Biographie in deutscher Sprache hat es in den über 30 Jahren der Existenz dieser Band noch nicht gegeben – bis heute. David Leaf und Ken Sharp haben nun endlich nach langen Jahren einen Traum Wirklichkeit werden lassen und eines der ausführlichsten und wohl zweifelsohne besten Biographie-Werke im Bereich der Rockmusik erstellt, bei dem die beiden Autoren auf wirklich kein einziges Detail verzichten. Mit anderen Worten: Das ist wirklich die komplette Geschichte eines der größten Phänomene des gesamten Musikbusiness.

Eigentlich besteht die Idee zu diesem Buch auch schon seit nunmehr 25 Jahren, denn damals wurde David Leaf dazu beuaftragt, sich in Gesprächen mit den einzelnen Bandmitgliedern von KISS die Geschichte dieser Gruppe erzählen zu lassen. 1979 reiste Leaf daher nach Los Angeles und traf zum ersten und einzigen Mal das legendäre, maskierte Quintett und sah eine ihrer Shows. In penibler Feinarbeit würfelte er die einzelnen Storys zusammen, erstellte ein erstes Manuskript und musste ein Jahr später erfahren, dass das Buch es nicht auf den Markt schaffen würde. Die Gründe hierfür verschweigt Leaf auch heute noch, aber Fakt war und ist, dass die Stapel an Papier für lange Zeit beiseite gelegt wurden und die Biographie aus dem Gedächtnis von David Leaf verschwand.

Eines Tages traf er jedoch dann Ken Sharp, der die Manuskripte las und David dazu ermutigte, dieses Projekt doch noch zu realisieren. Das jetzt vorliegende Gesamtwerk entstand im Folgenden in einer Zusammenarbeit von Leaf, der das erste Drittel der Geschichte sehr ausführlich beleuchtet, und Sharp, der schließlich die jüngere Geschichte von KISS erzählt und dabei vor allem die Reunionspläne und ihre Durchführung schildert.

So bekommt der Leser wirklich einen ausführlichen Komplettabriss der Historie von der ersten Sekunde an bis heute vorgelegt, bei dem auch zahlreiche prominente Musiker zu Wort kommen, sowohl Liebhaber als auch Verächter. Dabei reicht die Spanne der Aussagen von Lobhuldigungen bis hin zu Anschuldigungen, aber allesamt legen sie deutlich dar, welchen Stellenwert KISS während ihrer Hochphase hatten. Sharp und Leaf haben diese Zitate aber auch wunderbar in ihre Storys eingewoben, lassen sie mitten in Interviews hineinplatzen und schaffen es so, dass die Ereignisse immer sehr schön im Zusammenhang bleiben.

„KISS demaskiert: Die offizielle Biographie“ läuft aber dennoch nicht ganz chronlogisch ab, denn zwischen den Schilderungen der wichtigsten Eckpunkte zeichnet David Leaf anfangs noch sehr umfassende Portaits der einzelnen Musiker. In weiteren Kapiteln schildert Leaf den Weg zum Erfolg und den schnellen Sturm an die Spitze, wirft die Diskussion über das zwiespältig aufgenommene „The Elders“-Album noch mal auf, beschreibt das Karrierehighlight „Alive!“ und den anschließenden Abstieg bis hin zur Phase, in der KISS ihre Masken ablegten. Dieser Teil ist insgesamt auch der interessanteste und erhält demzufolge auch mit über hundert Seiten den größten Raum im Buch. Die darauf folgenden Beschreibungen der „Creatures Of The Night“-Phase und die demaskierte Phase in der neuen Besetzung werden hingegen recht kurz abgehandelt, sprich, das von manchen Fans gar nicht erst akzeptierte Stück der KISS-Geschichte spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Von da an, wo KISS sich aber auf dem USS Intrepid Aircraft Carrier zu einer spektakulären Pressekonferenz zusammenraufen und die Reunion ankündigen, geht Sharp wieder mehr ins Detail und erklärt die Maschinerie, die hinter dem „Psycho Circus“ und der sich dahinter befindenden Tour steht.

Nach 200 überaus informativen Seiten ist die eigentliche Gechichte dann bearbeitet, und selbst Insider werden in dieser Zeit Informationen entdeckt haben, von denen sie bislang noch nichts wussten. Das Buch geht aber noch weiter, denn im letzten Drittel folgt dann der Abschnitt, der wohl eher den fanatischsten Fans vorbehalten ist. Hier geben Musiker, Bekannte, Manager, Kollegen und Pressevertreter Stimmen zu allen bisher veröffentlichten Songs ab, erzählen etwas zur Entstehungsgeschichte und zur Rolle, die die jeweiligen Kompositionen gespielt haben. Auch hier steckt eine ganze Menge Liebe zum Detail hinter der Arbeit von Ken Sharp, und man bekommt den Eindruck, dass die beiden Autoren wirklich jede einzelne Information in einem Text verarbeitet haben.

Nicht nur für KISS-Fans ist dieses Buch daher unabdinglich; eine solch ausführliche, superb inszenierte und mit derart vielen Originalkommentaren ausgestattete Biographie habe ich bislang noch nirgends gesehen oder gelesen, und zu dieser Leistung kann man den beiden Männern hinter „KISS demaskiert: Die offizielle Biographie“ nur gratulieren. Es scheint eine höhere Macht dahintergesteckt zu haben, dass David Leaf und Ken Sharp sich eines Tages begegneten und eine ganz besondere Leidenschaft teilten, so dass dieses Buchprojekt tatsächlich noch realisiert werden konnte. Ich bin schlichteg überwältigt und empfehle dieses Buch ohne jegliche Einschränkung weiter!

Wall, Mick – IRON MAIDEN – Run To The Hills

„Run To The Hills“ ist der heilige Gral für jeden MAIDEN-Fan, das verspreche ich an dieser Stelle! Das definitive Werk über eine Band, die für sich beanspruchen kann, Generationen der Metalmusik beeinflusst zu haben. Nicht immer war dabei Sonnenschein angesagt und nicht selten stand die Band vor dem definitiven Zusammenbruch. Doch immer wieder sind die Engländer wie Phönix aus der Asche auferstanden, um der Szene neue Impulse zu geben.

„Run To The Hills“ baut verdammt intelligent die Geschichte von Harris und Co. mit der Vorstellung der einzelnen Bandmitglieder auf. So umfasst die Storyline der ersten zwei Alben ein näheres Eingehen auf die Personen Stratton, Harris, Di Anno, Burr und Birch, zieht sich die Geschichte, angefangen bei „Number Of The Beast“, Dickinson und Smith weiter zu „Seventh Son Of A Seventh Son“, um mit den nachfolgenden Scheibletten Gers und Bayley ins Rampenlicht zu stellen. Nichts wird dabei beschönigt, Ehrlichkeit steht an oberster Stelle. So kann man sämtliche Bandmitgleider mit Statements zu den Splits ertappen, die einem teilweise fast die Tränen in die Augen treiben. So zum Beispiel Adrians Ausstieg nach der „Seventh Son Tour“, begleitet von einer inneren Zerrissenheit, Zukunftsangst und dem Gefühl, das vielleicht Falsche getan zu haben.

Keine Frage, „Run To The Hills“ ist das bislang schonungsloseste Werk über diese Band. Doch wird zumindest mir im Verlauf des Buches klar, um welch sympathischen Haufen es sich eigentlich handelt. Kerle, die sich im Grunde genommen lieben wie Familienmitglieder und die eine angespannte Atmosphäre, in der auch mal ordentlich die Fetzen fliegen und Egos zertreten werden, benötigen, um Höchstleistungen zu erbringen. Desweiteren wird einem die Firma MAIDEN als perfekt funktionierende Geldmaschinerie vorgestellt. Etwas, was der Band heutzutage häufig vorgeworfen wird, was aber im Grunde genommen auf einem knallharten Jahrzehnt voller Entbehrungen fußt, um den Bandmitgliedern ein sorgenfreies Leben zu bescheren. Man mag darüber denken, wie man will. Zumindest mir hat es aber die Sprache verschlagen, als ich von den Mammutkreuzzügen der Band in den Achtzigern las, die kein bisschen Raum mehr für Familie, Freunde und Sonstiges ließ. Der harten Arbeit Lohn ist der Status der heutigen MAIDEN, die sich meiner Meinung nach verdient auf ihren Lorbeeren ausruhen können.

Die Bayley-Ära wird zudem gesondert unter die Lupe genommen. Die Gründe für die stilistische Ausrichtung des progressiven und mächtig düsteren Bayley-Erstlings „The X-Factor“, die Kurskorrektur beim Nachfolger sowie der unvermeidbare Rauswurf des ehemaligen WOLFSBANE-Sängers und dessen Hintergründe. Am Ende befasst sich der Autor natürlich mit der triumphalen Rückkehr MAIDENs in der Quasi-Urbesetzung, deckt aber auch die Komplikationen der Reunion auf. Wieder einmal merkt man, wie sehr die Band aneinander hängt, obwohl sie doch so grundverschiedene Charaktere in sich birgt, die nur in dieser zwischenmenschlichen Chemie zur wahren Glanzleistungen fähig ist.

Die Übersetzung von Klaas Ilse ist perfekt, orthographisch stimmt ebenfalls alles. Garniert mit einigen Fotos aus allen Schaffensphasen, ist zumindest für mich „Run To The Hills“ das A und O in Sachen [IRON MAIDEN.]http://de.wikipedia.org/wiki/Iron__Maiden

Mabbett, Andy – Pink Floyd – Story und Songs kompakt

Bücher wie dieses hier sind ja eigentlich nur für wirkliche Fans einer Band interessant, weil sie zu 99 Prozent Insider-Informationen enthalten und so für den ‚fremden‘ Leser auch schon mal wie chinesische Logogramme wirken können. Das ist der Normalfall. Andy Mabett ist es dennoch gelungen, die Geschichte von PINK FLOYD kurz und bündig, aber dennoch so informationsreich zu gestalten, dass selbst der Neueinsteiger in Sachen PINK FLOYD viel aus diesem Buch mitnehmen kann und sein Interesse für diese Kult-Gruppe definitiv steigern wird.

Der Autor selbst war zehn Jahre lang Mit-Herausgeber von „The Amazing Pudding“, dem angesehenen Fanzine über PINK FLOYD und Roger Waters. Er hat für verschiedene Zeitschriften, darunter „Q“ und „MOJO“, über PINK FLOYD geschrieben, hat Beiträge zu „Crazy Diamond – Syd Barret and The Dawn of Pink Floyd“ geliefert und mit Miles zusammen „Pink Floyd – A Visual Documentary“ geschrieben. Mabbett hat die Band also jahrelang begleitet und dabei dermaßen viel an Informationen sammeln können, dass sie den Umfang dieses kleinen Taschenbuches um ein Vielfaches sprengen könnten. Trotzdem hat sich der Autor darauf beschränkt, kurz und kompakt die wichtigsten Details herauszufiltern und so Stück für Stück, Album für Album und schließlich Komposition für Komposition die Geschichte dieser Ausnahmeerscheinung aufzurollen.

Natürlich ist dabei der Insider im Vorteil, weil er selber die hier beschriebenen Nummern oder zumindest den Großteil davon kennt und schon wer-weiß-wie-oft gehört hat. Unsereiner, der nur die ‚Pflichtexemplare‘ aus dem Backkatalog von PINK FLOYD besitzt, ist da klar im Nachteil, was aber keinesfalls heißt, dass die Geschichte deswegen weniger interessant wäre. Mabbett entlockt der Sache nämlich immer wieder einige besondere Anekdoten, berichtet über die Entstehungszeit der verschiedenen Songs, kommt dabei auch immer auf die aktuelle Situation der Musiker zu sprechen und versteift sich zu keiner Sekunde darauf, lediglich zu analysieren. Insofern hat er auch genau das erreicht, was ein solches Buch so lesenswert macht, er hat nämlich |keine| bloße Liste mit Kurzbeschreibungen der Kompositionen erstellt – und das ist meistens auch der größte Kritikpunkt an solchen Büchern -, sondern sie mit allem, was dazugehört, teilweise auch noch recht detailliert, beschrieben.

Erwartungsgemäß sind die Gechichten zu den bekannteren Songs wie zum Beispiel ‚Shine On You Crazy Diamond‘, ‚Comfortably Numb‘ und natürlich dem mehrteiligen ‚Another Brick In The Wall‘ etwas umfangreicher, überspannen aber auch nie das Maß einer ganzen Seite und schweifen so nicht vom eigentlichen Thema ab – genau das ist auch das Schöne an diesem Buch: keine überflüssigen Längen, null Geschichten und Anekdoten, die man als Nicht-Insider sowieso nicht versteht, vor allem aber nie die Offenbarung, dass PINK FLOYD die wichtigste und größte Band überhaupt waren bzw. sind – das macht den Schreibstil von Andy Mabbett nicht nur sehr sympathisch, sondern gleichermaßen auch sehr natürlich.

Sein Ziel, wieder Interesse für diese Band zu erwecken, hat Mabbett somit auf jeden Fall erreicht, und seine Schilderungen erleichtern uns dabei Stück für Stück den Zugang zur Musik und den beteiligten Musikern. 16 Seiten mit Illustrationen und Fotos aus den verschiedenen Schaffensperioden verfeinern den Eindruck dabei noch zusätzlich, zeigen abr auch sehr schön den äußerlichen Werdegang von PINK FLOYD von damals bis heute.
Gratulation also zu einem wirklich gelungenen Unterfangen und einem neutralen, dennoch aber sehr informativen Überblick aus einer sehr interessanten Perspektive. „Pink Floyd – Story und Songs kompakt“ sei daher vor allem Freunden von Musiker-Biographien, besonders aber natürlich PINK FLOYD-Fans ans Herz gelegt – oder eben jenen, die gerade dabei sind, es noch zu werden.

Gerhard Augustin – Der Pate des Krautrock

In den späten Sechzigern, in einer Zeit, in der die Jugend vom Schlager und der immer noch grassierenden Beatmusik langsam aber sicher die Nase gstrichen voll hatte, kam in Deutschland eine vollkommen neue Musikbewegung in Gange, deren Einflüsse bis zum heutigen Tage anhalten sollten. Mit Gruppen wie AMON DÜÜL, CAN, POPOL VUH, TANGERINE DREAM und den immer noch aktiven SCORPIONS entstand eine Szene, die unter amderem aufgrund der damit einhergehenden Vorliebe für bewusstseinserweiternde, rauchbare Substanzen den Namen Krautrock erhielt und den deutschen Underground prägte wie wohl keine zweite Bewegung seither. Eine ihrer wichtigsten Figuren war zweifelsohne Gerhard Augustin, der die Szene nicht nur mitverfolgte, sondern auch einen großen Teil dazu beitrug, eine Basis für Rockmusik außerhalb des Mainstreams zu schaffen. Augustin war in vielerlei Hinsicht der Denker und Lenker, der im Hintergrund die Fäden zog, während die oben genannten Bands plötzlich überregional bekannt, geschätzt und schließlich auch berühmt wurden. Daher wurde ihm auch eines Tages der Name „Der Pate des Krautrock“ verliehen.

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Wehrli, Reto – Verteufelter Heavy Metal (Erweiterte Neuausgabe)

Dass Heavy Metal in Teilen unserer Gesellschaft nicht gerade den besten Ruf genießt, ist bekannt. Ebenso die Tatsache, dass Heavy-Bands ab und an für Skandale sorgen und damit Aufruhr seitens des Gutbürgertums auslösen, was immer wieder in zensorischen Eingriffen gipfelt. Doch was genau steckt dahinter? Mit dieser Frage beschäftigt sich Reto Wehrli im vorliegenden Buch „Verteufelter Heavy Metal“.

Das Werk gliedert sich in zwei Hauptteile – „Grundlagen und Geschichte“ sowie beispielhafte „Falldarstellungen“. Abgerundet wird das Ganze durch viele beanstandete Songtexte und insgesamt 295 Abbildungen, darunter viele der im Text beschriebenen Corpora Delicti, womit man Reto Wehrlis Werk wohl ohne zu zögern ebenfalls in die Liste jugendgefährdender Kunst und Kultur aufnehmen müsste. Ein paar der Bilder weisen jedoch keine gute Qualität auf, da sie zu unscharf aussehen. Kuriose Folge dessen ist, dass die Abbildung manches wegen Gewaltdarstellung beanstandeten CD-Covers (z.B. CANNIBAL CORPSE) in diesem Buch aussieht, als wäre sie gerade deshalb unkenntlich gemacht worden, was aber vom Autor keinesfalls so beabsichtigt war.

Reto Wehrli arbeitet sehr viel mit Zitaten und hat für sein Werk eine sehr umfangreiche Recherche betrieben, was für hohe Objektivität und differenzierte Schilderungen sorgt.

Im Unterschied zur Erstausgabe wurde der Umfang sehr stark erweitert, es wurden mehr Bilder abgedruckt, und die strikte Trennung der beiden oben genannten Teile vorgenommen (in der Erstausgabe waren die Falldarstellungen in die jeweiligen Kapitel eingearbeitet). Hier wird man als Leser allerdings vor die Entscheidung gestellt, ob man sich zuerst in die allgemeinen Abhandlungen und dann in die Fallbeispiele vertieft oder ob man gemäß der Referenzierung der Beispiele immer hin und her pendelt. Bestimmte Sachverhalte tauchen daher auch doppelt auf, z. B. die empörte Aufregung von Tipper Gore über die Obszönitäten auf einem PRINCE-Album, welche die Gründung des PMRC (Vereinigung besorgter Mütter zur Säuberung der Gesellschaft von teuflischer Rockmusik) zur Folge hatte, oder der Selbstmord eines Jugendlichen, der zu dieser Tat angeblich durch den OZZY OSBOURNE-Song ‚Suicide Solution‘ angestiftet wurde, und der dann sogar Gegenstand eines Gerichtsverfahrens gegen den Madman war.

Doch nun erst einmal ein paar Worte zum Aufbau von „Verteufelter Heavy Metal“. Zunächst wird der Ursprung des Heavy Metal geklärt und der Autor nimmt eine grundsätzliche Charakterisierung dieser „Teufelsmusik“ sowie von deren Anhängern vor. Gerade die Vergleiche zu anderen Genres wie Blues oder dem Horrorfilm machen die Einordnung sehr gelungen. Es werden die Anfänge der Zensurbestrebungen und ihrer Ursachen geschildert, und zum besseren Verständnis erfolgt auch noch eine Abhandlung über die „Psychologie des christlichen Fundamentalismus“. Nachdem damit quasi die Grundlagen der Thematik geklärt sind, widmet Wehrli noch ein paar „Besonderheiten“ eigene Kapitel. Da wäre zunächst das Phänomen des Backward Maskings (Rückwärtsbotschaften in Rocksongs), in dem er sowohl die typischsten Beispiele (ich sage nur ‚Stairway To Heaven‘) für solche Anschuldigungen detailliert beschreibt, als auch die Wirksamkeit solcher Botschaften vom wissenschaftlichen Standpunkt aus untersucht. Ein weiteres Kapitel reflektiert Literatur von bekennenden Heavy-Metal-Gegnern, deren Thesen er nicht nur auf argumentatorisch hohem Niveau entkräften kann, sondern denen er gleichzeitig auch noch ungenügende Detailkenntnisse und ein oberflächliches, unwissenschaftliches Vorgehen nachweist. Auch dem NS-Black-Metal wird ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem sehr detailliert auf die Vorgänge in Skandinavien als auch im deutschen Raum in den neunziger Jahren eingegangen wird.

Bei den Falldarstellungen, in denen sehr viel Detailwissen wiedergegeben wird, tauchen natürlich auch die hierzulande bekanntesten Beispiele von Zensur und öffentlicher Entrüstung auf; es seien hier exemplarisch die Indizierung von CANNIBAL CORPSE-Covern, die im Zuge der Schulschießereien von Littleton respektive Erfurt massiv angefeindet und dafür (mit-)verantwortlich gemachten Bands MARYLIN MANSON, RAMMSTEIN und SLIPKNOT, oder auch die Playgirl-Nacktfotos eines Peter Steele (im Buch übrigens mehrfach gemächtig abgebildet) genannt. Es sei in diesem Zusammenhang auch gleich darauf verwiesen, dass hier beileibe nicht nur Heavy-Metal-Bands abgehandelt werden, vielmehr werden alle mit Zensurbemühungen in Berührung gekommenen Künstler und damit verschiedenste Musikstile anhand von Beispielen reflektiert, wobei die ältesten vom Anfang des 20. Jahrhunderts stammen.

Einige der Fallbeispiele kommen ob ihrer Charakteristik für die Thematik dieses Buches sehr umfangreich daher (das sind vor allem die von den SEX PISTOLS, MADONNA und MICHAEL JACKSON), die trotz ihrer Länge stets sehr interessant zu lesen sind, zumal sie zumeist ein recht differenziertes Bild (im Gegensatz zum durch die Medien verbreiteten Kurzeindruck des jeweiligen Künstlers) zeichnen und auch mit psychologischen Interpretationsversuchen und Verhaltensdeutungen nicht hinter dem Berg halten. Vereinzelt sind auch kritische Töne des Autors gegenüber den Künstlern zu hören (beispielhaft seien hier das exzentrische Getue von GUNS ‚N ROSES-Sänger Axl Rose und der „unreife Satanismus“ derer von BELPHEGOR genannt), insgesamt sind die Darstellungen aber sehr objektiv gehalten.

Auch sehr aktuelle Geschehnisse wurden bereits in die Neuauflage eingearbeitet (z. B. JANET JACKSON und der „Nipplegate“-Skandal), am zeitnahsten ist allerdings die „Entgleisung“ von Prinz Harry, der als Faschingskostüm eine Rommel-Uniform mit Hakenkreuz trug, was Wehrli zu einer Bemerkung ob der prophetischen Gabe der SEX PISTOLS veranlasste. Als besonders spannend empfand ich persönlich hingegen gerade die Beispiele der Künstler aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, da der Autor hier einen interessanten Kontrapunkt zur heutigen Zeit setzt, indem gezeigt wird, womit man damals bereits Provokationen und Empörung auslösen konnte.

Ein paar kritische Bemerkungen müssen jedoch auch getroffen werden, denn bei Reto Wehrli haben sich hie und da ein paar Ungenauigkeiten eingeschlichen. Bei den Ausführungen zum Thema Songtexte offenbart der Autor m. E. ein etwas zu eingeschränktes Sichtbild. Die Feststellung, dass es im Heavy Metal keine Songtexte gibt, die eine positive und optimistische Grundaussage beinhalten und vielleicht sogar Hoffnung oder Romantik propagieren, halte ich in dieser Deutlichkeit für falsch. Natürlich sind solche Lyrics klar in der Minderheit gegenüber den Schilderungen vom zwanglosen Ausleben von Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll sowie Beschreibungen von Chaos, Vernichtung und Tod – nichtsdestoweniger gibt es einige (auch sehr bekannte) Bands, deren Songtexte konträr dazu stehen. Das beschränkt sich dann auch nicht auf die christlichen White-Metal-Bands, es sei nur einmal auf Gruppen wie SAVATAGE oder PAIN OF SALVATION verwiesen.

Bei der Thematisierung der in den Lyrics zum Ausdruck gebrachten Gesellschaftskritik hätte der Autor zudem auch ruhig darauf eingehen können, dass sich eben jene Kritik nicht nur am Spießbürgertum bzw. an den aufdiktierten Normen und der Scheinheiligkeit der „heilen Welt der Etablierten“ fest macht, sondern durchaus auch „massenkompatible“ Kritik zur Sprache kommt, die der textlichen Thematisierung von Tod, Zerfall und Verderben sogar zum Teil entgegensteht. Als Beispiel (viele andere wären möglich) sei hier nur einmal die aktuelle KREATOR-Scheibe „Enemy Of God“ erwähnt, auf der mit Kriegstreibern wie George W. Bush aufgeräumt und generell die Lösung von politischen Konflikten mittels Gewalt angeprangert wird.

Auch die Charakterisierung (oder vielleicht sollte ich es eher Psychoanalyse nennen) des typischen Metallers empfinde ich als etwas zu oberflächlich und einseitig. Obgleich Heavy-Metal-Fan zu sein, für die meisten Betroffenen nicht nur den Musikgeschmack, sondern das Lebensgefühl reflektiert, wäre hier eine differenzierte Reflexion angebracht gewesen. Es ist schon ziemlich gewagt, bestimmte Charakter- und Wesenszüge sowie Verhaltensmuster zu definieren und zu behaupten, dass sich in dieses Schema der überwiegende Teil der Metal-Anhänger einordnen lasse. Außerdem scheint mir der Autor den gemeinen Metalfan zu sehr in der Gruppe der Jugendlichen anzusiedeln, die nach Orientierung und eigenen (nicht von außen aufdiktierten) Wertvorstellungen im Leben suchen. Dabei lässt er die Tatsache unter den Tisch fallen, dass Heavy Metal nicht wie noch in den achtziger Jahren als „Teenie-Mucke“ kategorisiert werden kann. Natürlich zeichnet sich der Heavy Metal durch eine gewisse rebellische Attitüde aus, zu sehr verallgemeinern sollte man hier dennoch nicht. Auch wird Heavy Metal nicht mehr ausschließlich von Weißen produziert, auch wenn diese natürlich nach wie vor die absolute Mehrheit darstellen. Die Ausführungen zu den angesprochenen Punkten sind somit zwar durch eine unbestreitbar gekonnte Argumentationsführung, allerdings auch durch eine gewisse Einseitigkeit gekennzeichnet.

Es ist allerdings festzuhalten, dass dies die absolute Ausnahme darstellt, und die Argumentationen insgesamt sehr fundiert und für den Leser nachvollziehbar sind. Sprachlich liest sich das Werk hingegen recht unterschiedlich. Mitunter schmeißt der Autor mit komplizierten Fachbegriffen nur so um sich, so dass wohl der eine oder andere Leser nur unter Zuhilfenahme des Dudens den gesamten Sinn erfassen kann. Hier scheint sich der Autor ein bisschen in hochtrabenden Wortkonstruktionen sonnen zu wollen. Auf der anderen Seite hat die Wortwahl stellenweise aber auch schon fast Straßenslang-Charakter, wobei man über solche phantasievollen Umschreibungen wie bspw. „nymphomanischer Wanderpokal“ (als Bezeichnung für die jugendliche MADONNA, S. 465) durchaus herzhaft lachen kann.

Gerade bei den Falldarstellungen kommt die Sprache immer wieder auf die Werbewirksamkeit von politischen Boykottaufrufen oder gesetzlichen Zensurmaßnahmen für die betroffenen Künstler und darauf, wie vorhersehbar die Reaktionen auf eine gelungene Provokation doch immer wieder ausfallen und sogar Inhalt von geschickt kalkulierten Marketingstrategien sind. Aber auch der umgekehrte Fall ist typisch, wie dem sehr interessanten Abschnitt „Zensur durch marktwirtschaftliche Lenkungsmaßnahmen“ zu entnehmen ist, der die schleichende Zensur durch Boykott thematisiert.

Zu den Fallbeispielen ist noch zu sagen, dass die Liste natürlich noch beliebig hätte verlängert werden können, was aber sinnvoll gewesen wäre, da sie bereits jetzt fast 400 Seiten umfasst (und damit über die Hälfte des gesamten Buches) und sich zudem die Skandale sowieso ständig wiederholen. Vielleicht hätte man auf die gerade in Deutschland doch recht populären Fälle der Bands EISREGEN (deren Alben in schöner Regelmäßigkeit verboten und damit Livekonzerte nahezu unmöglich gemacht werden) oder MOTÖRHEAD (die von Kritikern immer mal wieder in die rechte Ecke gedrängt wurden, obwohl man Mastermind Lemmy Kilmister wohl viel eher ein gesteigertes historisches Interesse bescheinigen muss) eingehen können, aber insgesamt sind es wohl eher schon zu viel Skandalschilderungen als zu wenige.

Andererseits birgt die komprimierte Zusammenfassung der Beispiele und deren Unteilung in den angloamerikanischen Raum sowie den Bereich Deutschland/Frankreich/Schweiz hochinteressantes Vergleichspotenzial. So werden gerade in den USA jegliche Form von Sexualität, Satanismus (im deutschen Raum tendenziell nur vergleichbar mit dem Freistaat Bayern), sowie „unpatriotische Auswüchse“ in der Kunst gegeißelt, während es im deutschspachigen Raum eher Gewaltdarstellungen sind und Dinge, die mit der unrühmlichen Geschichte Deutschlands zusammenhängen (und zwar solche, die ganz im Gegensatz zur USA zu „patriotisch“ bzw. nationalistisch anmuten). Müßig zu erwähnen, dass die Gewichtung dabei des Öfteren sehr merkwürdig erscheint. So musste z. B. für das SODOM-Album „Til Death Do Us Unite“ ein Alternativcover angefertigt werden, das nüchtern betrachtet weit mehr Anlass zur Beanstandung geboten hätte. So ist auch der Autor der Meinung, dass ein Überdenken der gesellschaftlichen Wertbilder dringend angesagt scheint, wenn es besser ist, einen bis an die Zähne bewaffneten Knarrenheinz aufmarschieren zu lassen, als den Bauch einer schwangeren Frau zu zeigen. Auch der „Nipplegate“-Skandal um JANET JACKSON passt in diese Ecke. Hier gibt Wehrli ein Zitat von Lewinsky (nicht Monica) wieder: „Durch Amerika, wo Mord und Totschlag lange nicht so obszön sind wie ein unverhülltes sekundäres Geschlechtsmerkmal, ging ein Aufschrei der Empörung. Im Land der Heuchler, wo man gegen einen Krieg wenig einzuwenden hat, solange die Leichen seiner Opfer nur züchtig bekleidet bleiben, übten sich die Moralapostel in Entrüstung“ (S. 538) (aus „Die wirklich wichtigen Dinge“ von C. Lewinsky). Nothing more to say …

Ähnlich im deutschsprachigen und amerikanischen Raum ist jedoch die meistens sehr oberflächliche Auseinandersetzung der Kritiker mit dem beanstandeten Material, die auch oftmals in schlichter Fehlinterpretation kumuliert. Sogar die Leipziger Popper DIE PRINZEN wurden wegen ihres Songs ‚Bombe‘, der nun wirklich absolut unzweifelhaft ein Anti-Nazi-Statement abgibt, angefeindet, was beweist, wie wenig differenziert und vor allem sachlich ungenau sich manche Menschen mit Kunstprodukten verschiedener Art auseinandersetzen, bevor sie diese verdammen. Auch diese Thematik kommt in Wehrlis Buch immer wieder zur Sprache. In diesem Zusammenhang sei auch auf die absolut nachvollziehbare Logik verwiesen, dass durch den Heavy Metal real existierende Probleme und Missstände nicht hervorgerufen werden, sondern auf sie aufmerksam gemacht wird. Aber das Prinzip, dass der Bote für die überbrachten schlechten Nachrichten zu büßen hat, ist ja nun wahrlich kein neues, weil damit so herrlich von der schmerzhaften Realität abgelenkt werden kann.

Eine Bemerkung sei bei dieser Gelegenheit noch zum Abschnitt über die BÖHSEN ONKELZ erlaubt. Wenn sie tatsächlich nicht als (ehemalige) Neonazi-Kapelle zu bezeichnen sind, wie es der Autor behauptet, dann stellt sich natürlich die Frage, warum sich die Frankfurter Band dennoch mehrfach genötigt sah, sich von der eigenen Vergangenheit deutlich zu distanzieren.

Auch die Assoziation, dass die alleinige Betrachtung des Textes des FALCO-Songs ‚Jeanny‘ lediglich an einen schleimigen Verführer, der ein Mädchen anbaggert, erinnert, kann ich nicht so richtig teilen, was natürlich nicht bedeuten soll, dass ich die moralische Entrüstung in Bezug auf diesen Song teile oder gutheiße. Hier gilt wie für so viele andere Beispiele auch, dass deutlich extremere Songtexte unbeanstandet durch die Jugendschutzkontrollen kommen, sofern sie nur in englischer Sprache verfasst sind. Wahrscheinlich sind die verantwortlichen Personen in der Bundesprüfstelle der englischen Sprache einfach nicht mächtig oder gestehen diese Fähigkeit dem jugendlichen Hörer schlicht nicht zu.

Als sehr wichtig erachte ich es, dass dem Leser bei der Lektüre genug Raum gelassen wird, selbst zu entscheiden, wie er den verschiedenen Provokationen und Skandalen persönlich gegenübersteht. Es erfolgt auch nicht zwangsläufig eine Reinwaschung der betroffenen Künstler. Es geht dem Autor in erster Linie darum, Fakten darzustellen, Vergleiche anzubringen und gesellschaftliche Vorgänge zu hinterfragen. Im Blickpunkt steht somit die Beschneidung von künstlerischer Freiheit im Allgemeinen, die Wertung der eigentlichen skandalträchtigen „Aktionen“ erfolgt nur ansatzweise (und kann dann sowohl als Entlarvung einer stumpfsinnigen Provokation als auch als gelungenes Aufzeigen eines Spiegelbildes der Gesellschaft geschehen), was für mich einen entscheidenden Aspekt darstellt. Ob eine Provokation positiv oder negativ in Inhalt und Ausdruck ist, liegt somit im Auge des Betrachters bzw. Lesers, und genau diese mündige Entscheidungsfreiheit wird dem Bürger durch staatliche Zensurmaßnahmen ja abgesprochen. Das ist auch ein wesentlicher Punkt, der durch dieses Werk verdeutlicht werden soll.

Fazit: Schon allein aufgrund des immensen Umfangs (700 Seiten + Anhang) und der intensiven Recherche zu diesem Buch ist „Verteufelter Heavy Metal“ als Referenzwerk für dieses Thema zu bezeichnen. Hier bekommt der Leser eine Menge geboten und kann sich weit mehr als nur einen bloßen Überblick verschaffen. Ich kann dieses Buch somit jedem empfehlen, dessen Interesse über das bloße Hören der Musik hinausgeht.

http://www.telos-verlag.de/

Werner, Tim C. (Hrsg.) – Motörhead 1975-2005

MOTÖRHEAD und ich haben etwas gemeinsam. Wir sind beide Baujahr 1975, und so wie ich feiert auch diese Legende der harten britischen Rockmusik in diesem Jahr ihren dreißigsten Geburtstag. Aus diesem Anlass haben sich einige Fans zusammengetan und unter der Regie von Tim C. Werner ein Jubiläumsmagazin zusammengestellt, das es wirklich in sich hat und für jeden Fan von Lemmy & Co. einen echten Leckerbissen darstellen dürfte. Das Heft im Format DIN A4 enthält 64 Seiten, vollgepackt mit Photos, Geschichten, Interviews, Übersichten und Berichten. So finden wir den vollständigen Nachdruck von historischen Interviews aus diversen Magazinen, zwei Aufsätze aus der Bandgeschichte von David Eisert und Jürgen Ruland sowie eine umfassende, 20-seitige Bandbiographie von Mathias Mader (Iron Pages) und der „Home Of Rock„-Redaktion, die sich ausführlich jedem Release und jedem Abschnitt der Bandgeschichte widmet. Wirklich klasse!

Für die wandelnden Motörlexika unter euch gibt’s dann auch einen Triviateil, in dem ihr eine lückenlose Aufzählung aller MOTÖRHEAD-Konzerte seit 1975 findet, was fünf in winziger Schrift bedruckte Seiten in Anspruch nimmt. Durchgezählt habe ich zwar nicht, aber es dürfte relativ wenige Hardrock- und Metalbands geben, die häufiger aufgetreten sind. Weiter geht’s mit einer ziemlich lückenlosen und komplett bebilderten Diskographie, die sich zunächst sechs Seiten lang allen offiziellen Singles und Alben widmet und dann auch noch auf vier Seiten die relevantesten der unzähligen Bootlegs und halboffiziellen Zusammenstellungen vorstellt. Eine ebenfalls bebilderte Liste mit den Gastauftritten und Soloalben sowie mit Tributes, Tourprogrammen, Büchern und Videos darf natürlich auch nicht fehlen. Den Abschluss bilden zwei Konzertberichte.

Ihr erfahrt in diesem liebevoll recherchierten und aufgemachten Magazin – bei dem es sich zudem um ein Non-Profit-Unternehmen handelt, an dem nur die Druckerei etwas verdient hat – so ziemlich alles, was ihr jemals über MOTÖRHEAD wissen wolltet: Im Interview mit dem |Sounds| von 1981 plaudert man u. a. lässig darüber, wie es ist, zur hässlichsten Band der Welt gewählt zu werden, so dass sogar die Plattenfirmen Angst vor den Musikern haben. Das „Kerrang!“ war 1995 der Meinung, Lemmy über sein Sexleben ausquetschen zu müssen und des |Rock Hard|s Motörheadbanger Jan Jaedike wurde von Lemmy anlässlich der Veröffentlichung des 83. Albums „Snake Bite Love“ zur 74. Privataudienz gebeten, in der man u. a. einiges über berüchtigte Vegetarier, Lemmys Little-Richard-Einflüsse, diverse Toterklärungen, Mikkey Dees Machismo und widerliche Angewohnheiten von Politikern zu lesen bekommt.

Hinweise

Ihr seht, dieses Magazin ist umfangreich, informativ und vor allem unheimlich unterhaltsam zu lesen, so dass ich es jedem Fan der Band bedingungslos empfehlen kann. Auch sonstige rockhistorisch interessierte Zeitgenossen sollten hier nur wenig falsch machen können. Das edle Teil ist auf 1000 Stück limitiert, die von Tim Werner selbst über [eBay] verkauft werden. Der Preis beträgt 7,50 € zuzüglich 2 €uronen Porto & Verpackung. Alternativ könnt ihr den Herausgeber auch über timcwerner@aol.com erreichen und das Heft dort bestellen.