Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Fink, Torsten – Diebin, Die (Die Tochter des Magiers 1)

_Maru ist eine Sklavin_, schon seit sie denken kann, ihre Eltern hat sie nicht gekannt. Früher hat sie in Budinien gelebt, aber jetzt befindet sie sich zusammen mit anderen Sklaven auf einem Boot des Händlers Atib. Und dieser Atib verkauft sie weiter an einen Mann namens Tasil.

Dieses Ereignis bedeutet für Maru ein völlig neues Leben. Denn Tasil will sie nicht als Küchenmagd oder Feldarbeiterin, er will sie als Gehilfin. Dumm nur, dass Tasils Geschäfte offenbar nicht ganz sauber sind. Maru gerät von einer Gefahr in die nächste, und eine ist größer als die andere …

_Tosten Finks Geschichte_ ist von Charakteren bevölkert, die faszinierend, aber nicht unbedingt sympatisch sind.

Da wäre zum Beispiel Prinz Numur, der sich mit seinem Zwillingsbruder Iddun um die Nachfolge seines gerade verstorbenen Vaters streitet. Ein eitler, rücksichtsloser und ehrgeiziger Kerl, dem so ziemlich alles fehlt, was einen guten Regenten ausmachen sollte.

Unterstützt wird er vom Hohepriester des Kriegsgottes, einem verbohrten, blindwütigen Mann, der Prinz Numur benutzt, um einen Krieg vom Zaun zu brechen. Dabei scheint es ihm gleichgültig zu sein, ob seine eigene Seite den Krieg gewinnt oder nicht, Hauptsache, es gibt genug Opfer für seinen blutgierigen Gott!

Der Immit – eine Art Wesir -, den der oberste Herrscher schickt, um den Streit um das Fürstentum zu schlichten, ist zwar ein mächtiger und intelligenter Mann, der sich von niemandem etwas vormachen lässt, aber es scheint ihm Spaß zu machen, mit den Leuten zu spielen, mit denen er zu tun hat. Außerdem ist er selbst durchaus nicht frei von Ehrgeiz.

Am undurchsichtigsten ist seine Frau Umati, eine junge Schönheit, deren Schmuck mehr ist als Schmuck, und die bedenkenlos alle beiseite räumt, die ihren Zielen im Weg stehen. Ob ihre Ziele dieselben sind wie die ihres Mannes, darüber lässt sich rätseln, aber selbst wenn, war ich mir nicht sicher, inwiefern ihr Tun dem dienlich sein sollte. Das macht die Frau geheimnisvoll, aber nicht unbedingt sympatisch.

Am schlimmsten jedoch war Tasil. Der Mann gibt sich als Händler aus, dabei ist er alles mögliche, nur nicht Händler. Zugegeben, er ist gerissen, aber auch ein ungeheuerlicher Lügner und Betrüger, ein eigensüchtiger, gewissenloser Intrigant, der aus allem seinen Vorteil zu schlagen versucht und bereit ist, alles und jeden dafür zu opfern. Ich mochte Tasil nicht und wartete die ganze Zeit darauf, dass es ihn erwischt oder Maru zumindest irgendwie von ihm loskommt.

Maru ist die einzige Ausnahme in diesem Haufen von gierigen Halsabschneidern. Sie ist klug und anpassungsfähig, aber sie empfindet auch Mitgefühl für andere, Abscheu vor Tasils Tun und natürlich auch Angst. Obgleich sie sich dessen bewusst ist, dass Tasil sie nur benutzt, scheint sie ihn fast ein wenig zu mögen. Das wunderte mich schon ziemlich, andererseits ist Tasil nicht direkt grausam oder unfreundlich zu ihr, und schließlich gibt es sonst nirgendwo einen Platz für sie.

So war Maru letztlich die einzige, wirkliche Sympathieträgerin der Geschichte, denn der Bruder von Prinz Numur, der dafür vielleicht ebenfalls noch in Frage gekommen wäre, spielt leider nur eine winzige Nebenrolle. Trotzdem fand ich die Charakterzeichnung hervorragend. Den Typus des eingebildeten Prinzen und seines skrupellosen Beraters gab es ja schon oft, aber selbst diese beiden wirken nicht wie Klischees. Vielleicht deshalb, weil sie sich von Tasil beschwatzen lassen. Denn obwohl das Buch eigentlich Marus Geschichte erzählt, ist doch Tasil ihr Dreh- und Angelpunkt. Ein Gauner dieses Formats ist mir bisher wirklich selten begegnet, nicht nur, weil sein Tun das Ausmaß gnadenloser Unverfrorenheit besitzt, sondern auch, weil sich in seinem Fall nicht, wie so oft, am Ende herausgestellt hat, dass der Kerl eigentlich gar nicht so übel ist. Torsten Fink ist konsequent geblieben, und das war gut so.

_Da Tasil die Handlung derart dominiert_, fehlt es der Erzählung gänzlich an epischer Breite. Nahezu alles spielt sich in der Stadt Serkesch ab. Es gibt keine Reise quer durch den Kontinent auf der Suche nach irgendetwas oder jemandem, es gibt keine Prophezeiung, keine übermächtige Bedrohung von außen. Stattdessen wird der Leser Zeuge davon, wie ein Mann einen Konflikt nutzt, um sich zu bereichern, und dabei alle Beteiligten in den Ruin treibt. Dass die Mächtigen der Stadt Tasils Einflüsterungen folgen, obwohl sie ihn eigentlich von Anfang an durchschaut haben – mit Ausnahme vielleicht von Iddun -, zeigt nur, mit welcher Skrupellosigkeit sie ihre Ziele verfolgen und welcher Mittel sie bereit sind sich zu bedienen. Man kann also beruhigt sagen, dass sie jemanden wie Tasil verdient haben.

Am Ende blieb bei mir der Eindruck zurück, Zeuge einer sehr schmutzigen und erbärmlichen Schlammschlacht geworden zu sein. Gäbe es nicht ein paar Leute mit magischen Gaben, könnte die Geschichte glatt in der Realität spielen, und ich hätte das Buch am Ende weggelegt, erleichtert, dass es zu Ende ist, und ohne den Wunsch, eine Fortsetzung zu lesen.

Tatsächlich jedoch habe ich den Wunsch, die Fortsetzung zu lesen. Denn am Ende bleiben eine Menge Fragen offen, die mit einer gewissen Beiläufigkeit nach und nach aufgetaucht sind. Diese Beiläufigkeit hat ihren Ursprung darin, dass der Autor – zugunsten der von Tasils Tun dominierten Handlung – mit fantastischen Details ausgesprochen sparsam war. Tasil beherrscht offenbar ein wenig Magie, seine Fähigkeiten scheinen allerdings ziemlich begrenzt. Aber auch die Macht der Zauberer scheint in dieser Welt nicht übermäßig groß. Zwar werden sie als mächtig beschrieben, offenbar können sie aber keinen wirklichen Einfluss auf die Realität nehmen, sondern nur Illusionen erschaffen, die dann allerdings mächtig genug sind, um zu töten. Außer den Zauberern und Tasil besitzt nur Maru Magie, denn sie durchschaut die Illusion eines Zauberers. Dem Zauberer ist das bereits aufgefallen, und auch Tasil hat einen entsprechenden Verdacht.

Welche Folgen das für Maru künftig haben wird, aber auch, wie es kommt, dass Tasil magische Fähigkeiten besitzt, obwohl er kein Zauberer ist, und was es mit dem Daimon Utukku auf sich hat oder mit dem Krabbelgetier, das sich plötzlich in gelbe Schmetterlinge verwandelt hat, all das sorgt dafür, dass das Interesse des Lesers an der Geschichte erhalten bleibt.

_Alles in allem_ kann man das Buch nur als sehr gut bezeichnen. Wen es nicht stört, dass er es nahezu ausschließlich mit Charakterschweinen zu tun hat, dem wird es niemals langweilig werden, denn Tasils dreiste Winkelzüge steigern sich ständig, wie bei einem Jongleur, der stetig weitere Bälle dazunimmt, und die Aussagen des blinden Geschichtenerzählers ebenso wie die des Daimons Utukku geben immer neue Rätsel auf. Ein wenig Geduld braucht man, bis man sich eingelesen hat, denn der Autor verwendet eine Menge eigener Wortschöpfungen, die selbst mit Glossar zunächst ein wenig für Verwirrung sorgen, aber das legt sich, und schließlich tragen diese Andeutungen einer eigenen Sprache ein wenig zu dem eher bescheidenen Hauch von fremdem Flair bei, den der Autor seinem Werk hat angedeihen lassen. Wer mit geringer Ausschmückung und mäßiger Action zufrieden ist, der kann hier durchaus auf seine Kosten kommen.

_Torsten Fink_ war Journalist und Texter, unter anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. Er lebt und arbeitet in Mainz. „Die Diebin“ ist der erste Band seines dreiteiligen Zyklus |Die Tochter des Magiers|. Der zweite Band mit dem Titel „Die Gefährtin“ ist ebenfalls bereits erschienen.

|413 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-442-26631-9|
http://www.blanvalet-verlag.de

Sterling E. Lanier – Hieros Reise

Viele Jahre nach der atomaren Apokalypse begibt sich ein Kriegermönch auf eine lange Reise, um nach den Geheimnissen der Vergangenheit zu forschen. Begleitet von einige Gefährten sowie verfolgt von finsteren Feinden, stößt er in eine radioaktiv veränderte Welt voller Wunder und grässlicher Gefahren vor … – An Tolkiens „Herr der Ringe“-Epos angelehntes aber eigenständiges SF/Fantasy-Abenteuer, das durch den unerhörten Einfallsreichtum des Verfassers und sympathische Hauptfiguren fesselt: ein Klassiker, den jeder Phantastik-Leser kennen sollte!
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Kern, Claudia – Verrat (Der verwaiste Thron 2)

Band 1: [„Sturm“ 5299

_Nach dem_, was Ana am Ende des ersten Bandes über Jonan erfahren hat, ist sie entsetzt und enttäuscht davongelaufen. Aber obwohl sie furchtbar wütend auf ihren Leibwächter ist, fühlt sie sich ohne ihn auch unsicher und verlassen. Und tatsächlich dauert es nicht lange, und sie gerät in Schwierigkeiten …

Gerit hat ein Gespräch zwischen Schwarzauge und seinem General Korvellan belauscht, das ihm zu denken gibt. Als das Heer der Nachtschatten aufbricht, um weiter nach Süden zu marschieren, setzt Gerit sich von der Truppe ab. Allerdings muss er nur allzu bald feststellen, dass er nach der Schlacht zwischen Baldericks Heer und den Nachtschatten bei den Menschen nicht mehr gern gesehen ist. Schließlich fasst er einen Entschluss und macht sich zurück auf den Weg nach Norden …

Craymorus hat sich von Fürstin Syrahs Zofe Mellie völlig um den Finger wickeln und in eine Erpressung verwickeln lassen. Die feinen Anzeichen dafür, dass Mellie mehr zu sein scheint als eine einfach Zofe, übersieht er lieber.
König Cascyr dagegen fühlt sich von Craymorus auf den Schlips getreten und verlässt Westfall. Was nicht heißen soll, daß er seine ehrgeizigen Pläne aufgegeben hätte …

_Was die Charakterzeichnung betrifft_, hat sich nicht viel getan. Die Neuzugänge sind nicht mehr als Randpersonen.

Einzige Ausnahme ist Erys, die ehemalige Sklavin und Geliebte des Roten Königs. Jetzt ist sie die Anführerin von einem Haufen Amazonen, stolz, zielstrebig, aber geheimniskrämerisch und auch ein wenig kaltschnäuzig. Echte Tiefe fehlt aber auch dieser Figur bisher noch, mit Mitteilungen über ihre Vergangenheit ist sie mindestens so sparsam wie mit denen über ihre Absichten und Pläne. Und ich bin mir nicht sicher, ob sie ganz ehrlich ist.

Bei den bisherigen Personen bleibt alles beim Alten, abgesehen davon vielleicht, dass Gerit und Ana versuchen, mehr auf eigenen Füßen zu stehen.

Dasselbe lässt sich auch über die vielen Rätsel sagen, die die Autorin dem Leser bereits im ersten Band aufgegeben hat. Es gab keinerlei neue Informationen über die Ereignisse der Vergangenheit, weder über den Krieg gegen den Roten König, noch über die Vorangegangenen. Zwar ist ein kleiner Teil von Jonans Geheimnissen gelüftet worden, dafür fragte ich mich umso mehr, was eigentlich der rätselhafte Priester Daneel bezweckt. Er hat die Nachtschatten als Gaukler verkleidet in die Festung Sommerstorm gebracht. Er hat versucht, Ana zu beeinflussen und diesmal hat er sich an Schwarzklaue herangemacht. Aber bisher hat es nicht einmal Andeutungen darüber gegeben, welches Ziel Daneel verfolgt. Auch Korvellans Verhalten mutet seltsam an. Er wirkt nicht wie ein Feind der Menschen, weder Gerit noch Craymorus noch Jonan gegenüber. Aber warum hat er dann die Nachtschatten zum Krieg aufgestachelt? Je weiter der Leser kommt, desto mehr hat er das Gefühl, dass der eigentliche Knoten des Plots bisher noch unter der Oberfläche verborgen liegt!

_Der Handlungsverlauf_ dagegen ist diesmal schwer zu beschreiben. Auf den ersten Blick hat sich nicht viel getan: Die Nachtschatten wollen noch immer den Süden erobern, Ana will noch immer Westfall erreichen, und Cascyr noch immer die Herrschaft über alle Provinzen an sich reißen. Aber die Personenkonstellation hat sich stark verändert.

Gerit hat das Heer der Nachtschatten verlassen, und Korvellan folgt ihm, um ihn zurückzuholen. Infolgedessen verlieren die Nachtschatten jegliche Disziplin, und Schwarzklaue gerät unter den Einfluss von Daneel.

Jonan hat Ana aus den Augen verloren und versucht, nach Westfall zu gelangen, weil er weiß, dass sie dorthin will. Ana hat tatsächlich versucht, mit Erys Hilfe Westfall zu erreichen, ist aber letztlich ganz woanders gelandet.

Es ist, als hätte die Autorin Zettel mit den Namen ihrer Figuren beschriftet, sie alle in einen Hut geworfen, feste geschüttelt, und sie dann paarweise wieder herausgezogen.

Tatsächlich ist sie wahrscheinlich etwas planvoller vorgegangen. Dennoch beschlich mich am Ende ein wenig das Gefühl, dass eigentlich gar nichts passiert ist. Die Leute haben sich ein wenig über den Kontinent bewegt und dabei die Gesellschaft gewechselt, aber alles Übrige – die vielen Rätsel und Geheimnisse, die Geschichte des Kontinents – ist keinen Schritt vorangekommen. Bestenfalls haben sich noch ein paar neue dazugesellt.

Dabei kann ich eigentlich nicht sagen, dass ich mich gelangweilt hätte. Die Autorin schreibt angenehm und flüssig, und es ist ja immer etwas los, von dem Überfall auf Ana über Craymorus‘ unwillige Intrige gegen Syrah bis hin zu den diversen Scharmützeln und Angriffen der Nachtschatten nach Korvellans Weggang. Wirklich spannend wollte es aber nicht werden, und der Rest entwickelte sich einfach zu langsam, um die fehlende Spannung völlig auszugleichen. So war das Buch zwar nette Lektüre, aber letztlich ein klein wenig unbefriedigend. Hoffentlich tut sich da im nächsten Band wieder ein wenig mehr.

_Claudia Kern_ lebt in Bonn und ist in vielen Bereichen tätig. Unter anderem ist sie Mitbegründerin von |Space View|, war Serienredakteurin beim Fernsehen, schreibt für Computerspiele und arbeitet als Übersetzerin. Auch für Conventions ist sie tätig, zum Beispiel für |FedCon|. Der nächste Band ihres Zyklus |Der verwaiste Thron| erscheint im August dieses Jahres unter dem Titel „Rache“.

|408 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-442-24421-8|
http://www.claudiakern.com
http://www.blanvalet-verlag.de

_Außerdem von Claudia Kern auf |Buchwurm.info|:_
[„Anno 1701: Kampf um Roderrenge“ 4436
[„S.T.A.L.K.E.R. – Shadow of Chernobyl, Bd. 1: Todeszone“ 3555

Richardson, Kat – Poltergeist

„Poltergeist“, Kat Richardsons zweiter Roman um die Privatdetektivin und Grauwandlerin Harper Blaine, knüpft an, wo [„Greywalker“ 5500 aufhörte. Und zur Freude des Lesers sind bei der Autorin noch längst keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen: Die Fortsetzung kommt spannend und unterhaltsam daher und liest sich genauso flott wie der Vorgänger.

Harper hat weiterhin fleißig mit den Danzigers geübt und findet sich mittlerweile besser im Grau zurecht. Sie hat die Zwischenwelt besser unter Kontrolle, und es passiert nur noch selten, dass sie zufällig im Grau landet. Ben Danziger, als Wissenschaftler mit einigen Kontakten zur Uni von Seattle gesegnet, verweist Harper an einen Kollegen, der eine Privatdetektivin mit starken Nerven braucht. Professor Tuckman stellt mit großem Aufwand das bekannte Philip-Experiment nach und befürchtet, dass jemand die Ergebnisse manipuliert. Seit Monaten trifft sich eine bunt zusammengewürfelte Gruppe in Tuckmans verkabeltem Testlabor, um kraft ihrer Gedanken einen Geist zu erschaffen. Zwar hat Tuckman – wohl als positiven Verstärker für die Gruppe – einige Kniffe und technische Spielereien parat, um künstlich Klopfgeräusche und Tischewackeln zu erzeugen, doch in letzter Zeit scheint sich bei den Sitzungen der Gruppe tatsächlich ein Geist zu manifestieren. Das Problem ist nur: Tuckman glaubt überhaupt nicht an Geister. Und so soll Harper Blaine die Mitglieder der Gruppe überprüfen, um herauszufinden, ob jemand das Experiment sabotiert.

Harper nimmt den Fall an, und das, obwohl ihr Tuckman äußerst unsympathisch ist. Durch ihr Wissen als Grauwandlerin vermutet sie, dass die Gruppe bei ihren Sitzungen tatsächlich irgendetwas Übernatürliches auf den Plan gerufen hat. Doch um das glaubhaft zu vermitteln, muss sie erst nachweisen, dass tatsächlich niemand die Ergebnisse manipuliert. Der Fall verkompliziert sich jedoch plötzlich, als ein Mitglied der Gruppe tot aufgefunden wird.

„Poltergeist“ ist in vielerlei Hinsicht ein interessantes Buch. Kat Richardson hat sich mit der Grundidee und der Handlung viel Mühe gegeben, denn ein Großteil des Romans lebt ausschließlich von der umfassenden Recherchearbeit der Autorin. Sicher, der Leser erfährt auch Neues über das Grau und darf miterleben, wie Harper Fortschritte darin macht, sich zwischen den Welten zu bewegen. Doch hauptsächlich illustriert „Poltergeist“ verschiedene Aspekte des Spiritismus und der Psychologie und beleuchtet außerdem, wie sich beide beeinflussen können.

Die Handlung des Romans – eine Gruppe „kreiert“ durch gemeinsame Geistesanstrengung einen fiktiven Geist, der sich daraufhin selbstständig macht – basiert auf dem Philip-Experiment, das in den 1970er Jahren von einer Gruppe Parapsychologen in Kanada durchgeführt wurde. Zuerst erschuf die Gruppe die Biographie einer fiktiven Person, nämlich Philip Aylesford. In der Folge versuchten die Teilnehmer dann in Sitzungen, tatsächlich Kontakt zum Geist dieser fiktiven Person aufzunehmen. Nachdem die ersten Monate keine nennenswerten Ergebnisse zutage förderten, verlegte man sich auf klassische Séancen, und siehe da, Philip begann tatsächlich durch Klopfzeichen mit der Gruppe zu kommunizieren. Die Erfolge des Philip-Experiments inspirierten zahlreiche Nachahmer: Kat Richardsons fiktiver Professor Tuckman befindet sich also in durchaus illustrer (und realer) Gesellschaft.

Kat Richardson führt die Grundidee des Philip-Experiments, nämlich dass man durch anhaltende geistige Konzentration eine Art kollektiven Geist schaffen kann, konsequent weiter. In ihrer Version des Experiments entsteht nicht nur dieser kollektive Geist, der sich von der Psyche der Gruppenteilnehmer nährt, sondern dieser Geist übernimmt auch die unbewussten Aggressionen, Ängste und Wünsche der Teilnehmer. Da es in der Gruppe zunehmend zu Spannungen kommt, wird auch der Geist immer aggressiver, bis er gar die Teilnehmer bei einem Treffen mittels eines galoppierenden Tisches durchs Zimmer treibt und teilweise verletzt.

Die Autorin hat offensichtlich großen Spaß an diesen Gedankenspielen. Viel Action gibt es in „Poltergeist“ also nicht. Natürlich muss Harper Blaine auch ganz normaler Deketivarbeit nachgehen, d. h. sie verfolgt, vernimmt und wandelt im Grau. Doch geht es Richardson offensichtlich nicht um die Action. Stattdessen ist „Poltergeist“ ein theoretischer Roman, der geprägt ist von (pseudo)wissenschaftlichen Passagen und parapsychologischen Erläuterungen. Sie lässt viel von ihrer Recherche einfließen. Es wird viel referiert, z. B. über die Versuchsanordnung des originalen Philip-Experiments oder verschiedene Arten, Geisterscheinungen (Klopfgeräusche, sich bewegende Tische) vorzutäuschen. Dadurch kann man den Roman nicht nur als packende Urban Fantasy lesen, sondern auch als unterhaltsame Einführung in die Parapsychologie und den Spiritismus.

Mit dieser Konzentration aufs Theoretische und Wissenschaftliche läuft Kat Richardson natürlich Gefahr, trocken und langatmig zu klingen. Das wird jedoch durch die bunte Ansammlung von Charakteren verhindert, die die Autorin dem Leser präsentiert. Quinton, der geekige Bastler, ist wieder mit von der Partie, genauso wie die Danzigers. Ein Neuzugang ist Harpers Lieblingsbuchhändlerin Phoebe, die für heimelige Szenen in einer durch und durch gemütlichen und abgefahrenen Buchhandlung sorgt (und beim notorischen Amazon-Besteller ein wirklich schlechtes Gewissen aufkommen lässt). Einzig Harpers Love Interest Will kommt diesmal ziemlich kurz. Die Fernbeziehung (er arbeitet in London) tut den beiden keineswegs gut; sie scheinen sich einfach nichts mehr zu sagen zu haben. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Richardson in „Poltergeist“ keine Verwendung für Will hatte, sich jedoch alle Alternativen offen halten will. Und so tritt er dann auch kaum in Erscheinungen. Es bleibt abzuwarten, was sie in den folgenden Romanen mit dem Charakter anstellen möchte.

Kat Richardson hat die Begabung, leichte und unterhaltsame Prosa zu schreiben. Ebenso begabt zeigt sie sich, wenn es um ihre Personage geht. Keiner der Charaktere ist eindimensional, der durchaus umfangreiche Personenkreis des Romans ist bis ins Letzte durchcharakterisiert. Da bleiben keine Wünsche offen.

|Originaltitel: Poltergeist
Übersetzt von Franziska Heel
Taschenbuch, Broschur, 496 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52486-6|
http://www.heyne.de

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Sapkowski, Andrzej – Zeit der Verachtung, Die (Geralt-Saga, 2. Roman)

_Die Geralt-Saga:_

Vorgeschichte: _1_ [Der letzte Wunsch 3939
Vorgeschichte: _2_ [Das Schwert der Vorsehung 5327

_Roman 1_: [Das Erbe der Elfen 5334
_Roman 2_: [Die Zeit der Verachtung 5751

_Die spektakuläre Flucht_ Riences und die Tatsache, dass Philippa ihm dabei geholfen hat, haben Geralt zu denken gegeben. Und so investiert er sein gesamtes Geld in einen alten Bekannten namens Codringher, einen Halsabschneider mit der unübertroffenen Gabe, Informationen zu beschaffen, zu fälschen oder verschwinden zu lassen. Geralt will wissen, wer Riences Auftraggeber ist. Codringher willigt ein und entdeckt tatsächlich ein paar äußerst beunruhigende Tatsachen …

Ciri ist derweil mit Yennefer auf dem Weg zur Insel Thanned, wo ein Treffen der Zauberer angesetzt ist. Aber Yennefer will nicht nur der Ratssitzung beiwohnen, sie will auch Ciri in der dortigen Zauberschule anmelden, was dieser überhaupt nicht passt. Doch als der Morgen der Beratung anbricht, überstürzen sich die Ereignisse …

_Was die Charaktere angeht_, hat sich nicht allzu viel getan. Die Neuzugänge sind nur Randfiguren, und von den bekannten Figuren ist lediglich zu vermelden, dass Emhyr var Emreis‘ Absichten offenbar noch wesentlich weiter reichen als nur den nördlichen Teil des Kontinents zu erobern, und dass der Zauberer Vilgefortz wesentlich dümmer, dafür aber noch schmieriger ist als erwartet.

Nun, mit der Dummheit ist er nicht allein. Auch die Könige der nördlichen Königreiche dürfen ein gerüttelt Maß davon ihr Eigen nennen. Im Angesicht eines Gegners wie Emhyr die eigenen Kräfte mit Intrigen untereinander zu verschwenden, heißt nichts anderes, als dem Gegner das eigene Land auf dem Silbertablett zu servieren. Das ist dermaßen offensichtlich, dass man regelrecht mit Blindheit geschlagen sein muss, um es nicht zu sehen. Und mit einem solchen Gegner einen Pakt zu versuchen, ist nicht minder kurzsichtig, wie man an den Elfen deutlich sieht.

Der Einzige, der sich aus all dem herauszuhalten versucht, weil er keiner der vielen Parteien über den Weg traut, ist Geralt. Damit hat er natürlich Recht, was aber nicht bedeutet, dass er ungeschoren davonkommt. Am Ende muss er sich der bitteren Erkenntnis stellen, dass seine Neutralität ihn isoliert hat und dass er allein nicht ausreicht, um Ciri vor dem Zugriff so vieler gieriger Hände zu schützen.

_Bei allem Verrat_ und allen Intrigen, die in diesem Band zutage treten, ist es dem Autor dennoch gelungen, dem Leser weiterhin einiges zum Nachdenken zu geben. Dazu gehört das Auftauchen der Wilden Jagd, die eigentlich zur germanischen Mythologie gehört, hier aber Ciri verfolgt. Oder Ciris Kampf gegen den schwarzen Ritter mit dem geflügelten Helm, der schon seit Cintra hinter ihr her ist. Seine Reaktion war eine echte Überraschung. Aber auch das seltsame Verhalten des Uhus, der immerhin einer der obersten Beamten Emhyrs ist, wirft eine Menge Fragen auf, von den Andeutungen Rittersporns über Yennefer ganz zu schweigen …

Überhaupt war die Sache mit Rittersporn eine nette Abwechslung. Der Autor erzählt die Folgen der Ereignisse in Thanedd nicht selbst, sondern läßt sie Rittersporn erzählen. Aber auch ohne diesen Kniff wäre diese Stelle eine der interessantesten des Buches gewesen, ebenso wie Geralts Gespräch mit Codringher. Andere Stellen dagegen zogen sich diesmal etwas, seltsamerweise vor allem jene, in denen Yennefer vorkommt. Vielleicht liegt es ja nur daran, dass ich zu dieser Figur einfach keinen Draht habe, aber ich finde, ihre Verhandlungen mit ihrem zwergischen Bankier hätten ein paar Details weniger vertragen können, trotz der netten Anspielung auf das Bankwesen der Renaissance, und auch die Schlafzimmerszene hätte ich nicht gebraucht.

Ganz ohne Kampf ging es natürlich auch nicht ab. Aber außer einem kleinen Scharmützel mit ein paar Wegelagerern ist nur das Drama auf Thanedd erwähnenswert. Echte Spannung kam dabei nicht auf, dafür brachte es frischen Wind in die muffige, abgestandene Stimmung, die das Bankett der Zauberer am Vorabend der Ratssitzung heraufbeschworen hat. Es hatte etwas von einem heftigen Gewitter nach einem unangenehm schwülen Sommertag – ein Kontrast, der Leben und Farbe ins Geschehen brachte.

_Der vorherrschende Eindruck_ ist allerdings der, den schon der Buchtitel beschreibt: Verachtung!
Verachtung ist genau das, was sich überall findet: auf dem Bankett der Zauberer, das sie sämtlich als dekadent, hochmütig und intrigant entlarvt; in den Worten der Scioa’tael, die ihrem Hass auf die Menschen freien Lauf lassen; in der Brutalität von Kopfgeldjägern wie Banditen; in der Reaktion der Könige auf die Ereignisse in Thanedd; und im Pakt zwischen Emhyr und den Elfen.

Jeder ist nur noch mit seinem eigenen Vorteil oder mit seinem eigenen Überleben beschäftigt, die anderen, wer immer sie seien, zählen nicht mehr. Die gesamte Gesellschaftsordnung des Nordens ist komplett in die Brüche gegangen. Ein ziemlich trübsinniger Abschluss dieses zweiten Bandes. Eigentlich kann es in der Fortsetzung jetzt nur noch aufwärts gehen … Der dritte Band des Zyklus erscheint im November 2009 unter dem Titel „Feuertaufe“.

_Andrzej Sapkowski_ ist Literaturkritiker und Schriftsteller und nebenbei Polens bekanntester Fantasy-Autor. Der |Hexer|-Zyklus diente bereits als Grundlage für einen Kinofilm und eine Fernsehserie sowie für das polnische Rollenspiel „Wiedzmin“. Auch das Computerspiel „The Witcher“ stammt von Sapkowski, ebenso die |Narrenturm|-Trilogie um die Abenteuer des jungen Medicus Reinmar von Bielau.

|Originaltitel: Czas pogaardy
Aus dem Polnischen von Erik Simon
396 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-423-24726-9|
http://www.der-hexer.de
http://hexer.wikia.com
http://www.dtv.de
http://www.sapkowski.pl
http://www.thewitcher.com

_Mehr von Andrzej Sapkowski auf |Buchwurm.info|:_
[„Narrenturm“ 1884
[„Gottesstreiter“ 3367
[„Lux perpetua“ 4568

Peter Watts – Mahlstrom

Um einen gefährlichen Mikroorganismus auszutilgen, zündet ein Großkonzern eine Atombombe. Die Tat kostet Millionen Menschen das Leben und wird vertuscht. Eine Überlebende rächt sich, indem sie den Erreger über die gesamte Erde streut … – Der grundsätzlich simple Plot wird mit stimmigen und stimmungsvollen Beschreibungen einer nahen, düsteren Zukunft unterfüttert, die mit dem Blick auf Fakten naturwissenschaftliche und soziale Zu- und Missstände extrapolieren. „Mahlstrom“ ist Mittelstück einer Trilogie; der Roman beginnt und endet offen und fordert Aufmerksamkeit: kein Meisterwerk aber deutlich besser als das übliche SF-Lesefutter.
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Huff, Tanya – Blutspur (Blood Ties 2)

In „Blutzoll“, dem Auftaktroman von Tanya Huffs „Blood“-Serie, versuchte die Protagonistin Vicki Nelson gerade, sich damit abzufinden, dass ihre Augen zu schlecht sind, um noch bei der Polizei zu arbeiten. Stattdessen hatte sie sich als Privatdetektivin selbstständig gemacht. Offensichtlich lernt man in diesem Job die interessantesten Leute kennen, denn sie traf bei ihren Ermittlungen in einem Mordfall nicht nur auf einen Vampir, sondern wurde auch zum Blutopfer für einen Dämon auserkoren (eine zweifelhafte Ehre, die in der Regel tödlich endet).

Zu Beginn des zweiten Teils, „Blutspur“, ist Vickis Begegnung mit dem Dämon schon ein paar Monate her. Mittlweile scheint Vampir Henry eine feste Instanz in ihrem Leben zu sein, auch wenn er sich bisher weigert, noch einmal ihr Blut zu trinken – schließlich hatte sie erst kürzlich einen Großteil davon eingebüßt und muss sich nun erst erholen. Ihre Beziehung zu ihrem Ex-Partner Mike hat sich auch größtenteils normalisiert. Sie reden wieder miteinander, sie bekocht ihn und steckt ihn auch schon mal ins Bett, wenn er zu überarbeitet ist, um solche Kleinigkeiten selbst zu meistern.

Die Idylle wird jäh gestört, als Henry Vicki um Hilfe bittet. In der Nähe von Toronto lebt eine befreundete Familie von Werwölfen; inkognito natürlich. Trotzdem scheint jemand ihr Geheimnis erraten zu haben, denn bereits zwei der Familienmitglieder sind in Wolfsgestalt erschossen worden. Da die Familie nicht zur Polizei gehen kann, ohne ihre wahre Natur zu enthüllen, hoffen sie darauf, dass Vicki den Mörder finden kann.

Also fahren Henry und Vicki hinaus aufs Land, um sich auf der Schaffarm der Heerkens – sicherlich das perfekte Berufsbild für eine Gruppe von Werwölfen – umzusehen. Vicki braucht zunächst eine Weile, sich an das Gewusel aus Mensch und Wolf zu gewöhnen, auch weil die Werwölfe durchaus andere Moralvorstellungen vertreten als Menschen. Während Henry also gewöhnlich den Tag verschläft, sieht sich Vicki in dem kleinen Wäldchen um, aus dem die tödlichen Schüsse gekommen sein müssen. Zwar findet sie den Baum, auf den der Schütze offensichtlich geklettert ist, doch hilft ihr diese Erkenntnis kaum weiter. Denn es gibt einfach keine Verdächtigen …

Zur gleichen Zeit in Toronto nagt an Mike die Eifersucht. Streng genommen waren er und Vicki nie wirklich ein Paar, und trotzdem will er diesem Henry nicht einfach so das Feld überlassen. Irgendwas muss an dem Typen doch faul sei, findet er. Also stellt Mike heimlich Nachforschungen an und kommt bald zu einer beunruhigenden Erkenntnis, von der er findet, dass er sie Vicki möglichst sofort mitteilen muss. Und so fährt er auch zur Schaffarm, nur um mitten zwischen die Werwölfe, Henry und den Todesschützen zu geraten.

„Blutspur“ geht genauso rasant weiter, wie „Blutzoll“ aufgehört hat. Wieder präsentiert Huff ihrer Leserschaft einen übernatürlichen Kriminalfall, den es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu lösen gilt. Und auch wenn Huff die Auflösung der Mordfälle hier etwas weiter hinauszögert, so liefert sie dem Leser doch wieder alle Indizien auf dem Silbertablett. Um das „Whodunit“ geht es nicht in erster Linie, sie führt also etwas anderes im Schilde.

In „Blutzoll“ war der Krimiplot Aufhänger für eine Kritik an der reißerischen und verantwortungslosen Berichterstattung der Massenmedien. In „Blutspur“ dagegen hat sich Huff eine neue moralische Grundsatzfrage ausgesucht, an der sie sich abarbeiten kann: den Gegensatz zwischen Recht und Gerechtigkeit. Da die Werwölfe eben kein menschliches Gericht anrufen können, ohne sich selbst bloßzustellen, nehmen sie das Recht selbst in die Hand. Die Frage, ob – und wenn ja, wann – Lynchjustiz zu akzeptieren ist, wird immer wieder im Roman gestellt. Ganz zu Anfang ist es Vicki, die sich mit dem Problem trägt, ob sie den Mörder den Werwölfen ausliefern kann (die ihn töten werden). Später ist es Mike, der die gleichen Fragen stellt, obwohl er gleichzeitig weiß, dass ihnen nicht viele Alternativen bleiben. Letztendlich wird der Gerechtigkeit genüge getan, nicht dem Recht.

Interessant an dem Roman ist vor allem die Beschreibung der Werwölfe. Sie werden weder romantisiert noch als blutgierige Bestien dargestellt. Stattdessen sind die Heerkens eigenbrötlerische Schafzüchter mit wenig Hang zu ordentlicher Lebensweise (offensichtlich hat wirklich niemand in dieser Familie einen Putzfimmel, denn so viele Wollmäuse wie hier gibt es sonst in keinem Buch). Wie Vicki schnell feststellt, ticken sie einfach grundsätzlich anders: So kann sie sie beispielsweise nicht davon abhalten, nachts in Fellgestalt hinauszugehen – und das, obwohl die Werwölfe verstehen, welches Risiko sie damit eingehen. Sie versuchen Vicki zu erklären, dass der Instinkt, ihr Revier abzulaufen und zu markieren, einfach stärker ist, doch das wiederum kann Vicki nicht nachvollziehen. Solche Missverständnisse gibt es häufiger und Vickis Geduld wird wiederholt auf die Probe gestellt. Letztendlich jedoch dienen diese Szenen hauptsächlich Huffs außerordentlich origineller und erfrischender Interpretation des Werwolf-Mythos.

Natürlich werden auch die drei Hauptcharaktere Vicki, Henry und Mike weiterentwickelt. Vicki und Henry tun |es| endlich, wenn auch völlig unromantisch auf einer Klappliege in einer Abstellkammer. Und Mike, der in „Blutzoll“ noch etwas blass blieb, darf sich hier, vom grünen Monster getrieben, zum rechthaberischen Macho aufspielen, nur um sich letztendlich doch wieder als ehrlicher und zuverlässiger Kerl zu erweisen. Die Rivalität zwischen Henry und Mike wird sicher auch in den folgenden Bänden der Serie eine Rolle spielen. Die beiden dabei zu beobachten, wie sie immer wieder aneinandergeraten, ist einfach zu amüsant und unterhaltsam, als dass Huff diesen Handlungsfaden so schnell wieder aufgeben wird.

Erwähnenswert ist außerdem der Handlungsort des Romans. Während in „Blutzoll“ noch Toronto eine zentrale Rolle spielte, ist es nun London – ein verschlafenes Städtchen irgendwo auf dem Land. Die Städter, allen voran Vicki und Mike, tun sich reichlich schwer damit, sich ans Landleben zu gewöhnen: Sie kämpfen mit widerspenstigen Büschen und Horden von Mücken und vermissen die Großstadt offensichtlich mit jeder Faser ihres Wesens.

Kurzum: „Blutspur“ ist ein ebenso überzeugender Pageturner wie Huffs Erstling „Blutzoll“. Vicki Nelson erweist sich einmal mehr als taffe Privatdetektivin, die nicht gut darin ist, ihre Schwächen zuzugeben, Hilfe anzunehmen oder in irgendeiner anderen Art und Weise gefühlsduselig zu werden. Außerdem zeigt sie sich äußerst anpassungsfähig: Einmal davon überzeugt, dass es Vampire gibt, hat sie nun auch mit anderen übernatürlichen Daseinsformen kein Problem. So wirft sie auch mal für einen jungen Werwolf Stöckchen, ohne dass sie daran etwas Seltsames finden könnte. Wieder ein gelungener Krimi!

|Originaltitel: Blood Trail
Deutsch von Claudia Wittemund
ISBN-13: 978-3-8025-3649-6|
http://www.Egmont-Lyx.de
http://www.bloodtiestv.com

_Tanya Huff auf |Buchwurm.info|:_

[„Blutzoll“ 5714 (aktuelle Ausgabe)
[„Blutzoll“ 123 (frühere Ausgabe)
[„Blutlinien“ 407
[„Hotel Elysium“ 1481 (Die Chroniken der Hüter I)
[„Auf Teufel komm raus“ 1995 (Die Chroniken der Hüter II)
[„Hüte sich wer kann“ 2545 (Die Chroniken der Hüter III)

Huff, Tanya – Blutzoll (Blood Ties 1)

Bis vor acht Monaten war Vicki Nelson noch eine der erfolgreichsten Ermittlerinnen in der Mordkommission von Toronto. Dann jedoch wurde bei ihr eine fortschreitende Augenkrankheit festgestellt, die sie für den Außendienst untauglich machte. Einen Bürojob wollte sie jedoch auf keinen Fall, und so kündigte sie lieber bei der Polizei und machte sich als Privatdetektivin selbstständig. Ihr ehemaliger Partner und unregelmäßiger Bettgenosse Mike Celluci hat ihr diesen Schritt allerdings übel genommen. Seit ihrer Kündigung haben sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Dumm nur, dass Vicki gleich am Anfang von Tanya Huffs „Blutzoll“ auf Mike stoßen wird, da sie zufällig Zeugin eines brutalen Mordes wird.

Als sie nach einem missglückten Date mit der U-Bahn nach Hause fahren will, wird auf den Gleisen ein junger Mann getötet. Die Leiche bleibt zurück, mit herausgerissener Kehle und völlig blutleer. Die herbeigerufene Polizei – und vor allem ihr Ex-Partner Celluci – stehen vor einem Rätsel. Bald stellt sich jedoch heraus, dass es sich um eine Mordserie handel muss. Weitere Opfer werden gefunden, die alle auf die gleiche Weise ermordet wurden. Zwischen den Opfern besteht keine Verbindung und die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Es fehlen sowohl Tatverdächtige als auch ein Motiv. Die lokale Presse hat allerdings kein Problem damit, die Morde zu erklären: Mit großen Aufmachern behauptet das städtische Revolverblatt, dass die Morde von einem Vampir begangen wurden.

Das wiederum gefällt Henry Fitzroy gar nicht, denn Henry ist tatsächlich ein Vampir. Er befürchtet, dass die reißerische Berichterstattung sein unauffälliges Leben als Autor billiger Liebesschnulzen gefährdet. Er vermutet, dass die Morde tatsächlich von einem wild gewordenen Vampir verübt wurden, und macht sich auf, diesen Vampir zu finden und zu vernichten.

Vicki dagegen wird von der Freundin des ersten Opfers angeheuert, um den Mörder zu finden. Logisch, dass sich Vickis und Henrys Wege im Verlauf der Ermittlungen kreuzen werden. Und natürlich braucht es sowohl die Privatdetektivin als auch den Vampir, um den eigentlichen Bösewicht zu finden und unschädlich zu machen.

„Blutzoll“ ist der Auftakt zu Tany Huffs fünfteiliger Blood-Serie. Bereits 1991 auf Englisch erschienen, brachte der kleine Fantasyverlag |Feder & Schwert| die Serie 2004 auf den deutschen Markt. Nachdem dann die TV-Adaption „Blood Ties“ auf |RTL 2| anlief, übernahm |Egmont LYX| die Romanserie.

„Blutzoll“ ist ein wirklich unterhaltsamer Pageturner mit einem übernatürlich angehauchten Mordfall und überzeugend gezeichneten Charakteren. Natürlich lebt der Roman vor allem von der Protagonistin Vicki Nelson. Mit ihr präsentiert Huff ihren Lesern eine taffe und kompetente Frau, die mitten im Leben steht und sich auch von ihrer Nachtblindheit und von ihrem nicht vorhandenen peripheren Sehvermögen nicht in der Verbrecherjagd einschränken lässt. Vicki ist Realistin und völlig unromantisch. Als Mike wieder in ihr Leben stolpert, macht es beiden nichts aus, mal hier und da die Nacht miteinander zu verbringen, ohne dass große Gefühlsbekundungen folgen würden.

Vicki hält nichts von großen Gefühlen, das muss auch Vampir Henry Fitzroy bald feststellen. Eigentlich ist er der klassische romantische Held – gutaussehend, verführerisch, loyal und auch bereit, für die Dame seines Herzens den Kragen zu riskieren. Doch bei Vicki beißt er damit auf Granit. Zwar findet sie ihn anziehend und es werden in „Blutzoll“ auch schon erste Körperflüssigkeiten ausgetauscht (Blut, die Rede ist selbstverständlich von Blut!), doch viel weiter kommt der arme Henry mit seinen Avancen nicht.

Es ist gerade Vickis spröde Art, die den Reiz der Geschichte ausmacht. Da hat sie zwei Männer, die an ihr interessiert sind, und keinen von beiden mag sie erwählen. Mit Mike verbindet sie eher eine klassische Kumpelfreundschaft und mit Henry eine Art schwebende Romanze, bei der aber nie Fakten geschaffen werden. Es wird geflirtet, aber jeder legt sich in seinem eigenen Bett zur Ruhe.

Tanya Huffs Vampir ist natürlich von anderen Romanen beeinflusst. So bedient sich Huff bei einschlägigen Quellen, reinterpretiert diese aber originell und mit einem Augenzwinkern. So wird Henry beispielsweise in einem Club Rotwein angeboten. „Nur ein stärkerer Mann als Henry Fitzroy hätte dieser Vorlage widerstehen können,“ heißt es daraufhin. Und so lehnt Henry das Getränk mit den Worten, „ich trinke niemals … Wein“, ab. Ebenfalls interessant ist Henrys Einstellung zur Religion. Tanya Huff macht hier eindeutig einen Gegenentwurf zu Anne Rices vom Christentum enttäuschten Vampiren auf. Ihr Henry Fitzroy, vor 450 Jahren als unehelicher Sohn Henry VIII. geboren, ist ein guter Katholik. Während die bodenständige Vicki in brenzligen Situationen lieber Fäuste sprechen lässt, ist Henry nicht abgeneigt, auch mal himmlischen Beistand anzurufen. Dieses friedliche Nebeneinander von Vampirismus und Religion ist erfrischend. Es trägt auch dazu bei, Henry unproblematisch zu gestalten: Ja, er ist faszinierend, geheimnisvoll und attraktiv. Er hat allerdings kaum etwas von der Düsternis, von denen Vampire in der Regel umgeben sind. Er hadert nicht mit seinem Schicksal, sondern stattdessen wie jeder Schriftsteller mit der leeren Seite, denn wenn er seine Abgabetermine nicht einhält, kann er seine Miete nicht zahlen. Wie prosaisch, wie menschlich!

Hinter den kurzweiligen und durchweg sympathischen Hauptfiguren droht der Krimiplot von Zeit zu Zeit etwas zu verblassen, vor allem dann, wenn Huff sich eigentlich kaum Mühe gibt, den wahren Mörder zu verheimlichen. Sie erzählt aus verschiedenen Perspektiven, unter anderem eben auch aus der des Mörders (bzw. Mordsgehilfen). Das nimmt relativ schnell die Spannung aus den Ermittlungen – man wartet hauptsächlich darauf, dass Vicki und Henry dem Bösewicht endlich auf die Schliche kommen statt selbst zu knobeln, was denn des Rätsels Lösung sein könnte.

„Blutzoll“ überzeugt trotzdem. Die Handlung wird nie langweilig und mit den Hauptfiguren identifiziert man sich als Leser mehr als gern. Huff erzählt mit gekonnter Leichtigkeit: Ihre Personen gelingen ihr mühelos, und auch das Setting wirkt plastisch und real – wohl auch, weil die Autorin viele Jahre in Toronto gelebt hat. Diese Stadt, die auf der Karte der Fantasy wohl eher ein weißer Fleck ist, avanciert bei ihr selbst zum Protagonisten. Toronto lebt, brodelt und die Charaktere bewegen sich entlang der Lebensadern dieser Stadt – um Blut zu trinken, Mörder dingfest zu machen und Dämonen aufzuspüren. Ein lesenswerter Krimi mit fantastischem Einschlag.

|Originaltitel: Blood Ties
Ins Deutsche übertragen von Claudia Wittemund
351 Seiten
ISBN-13: 978-3-8025-3648-9|
http://www.Egmont-Lyx.de
http://www.bloodtiestv.com

_Tanya Huff auf |Buchwurm.info|:_

[„Blutzoll“ 123 (frühere Ausgabe)
[„Blutlinien“ 407
[„Hotel Elysium“ 1481 (Die Chroniken der Hüter I)
[„Auf Teufel komm raus“ 1995 (Die Chroniken der Hüter II)
[„Hüte sich wer kann“ 2545 (Die Chroniken der Hüter III)

Meyer, Kai – Wunschkrieg (Die Sturmkönige 2)

Mit „Wunschkrieg“ führt Kai Meyer seine Trilogie um |Die Sturmkönige| fort. Den Leser erwartet kein mittelalterliches Fantasysetting, sondern eine Abenteuergeschichte im Stil von 1001 Nacht. Das würzt der Autor mit einer Prise Phantastik, die in Gestalt von Elfenbeinrossen, Dschinnen und Sturmreitern daherkommt.

_Handlungsverlauf_

Die Gruppe der beiden Brüder Tarik und Junis und ihrer Begleiterin Sabatea ist zerbrochen. In [„Dschinnland“, 5340 dem ersten Band der Trilogie, haben sich die drei Gefährten – mit einigen Komplikationen vor und während der Reise – von ihrer Heimatstadt Samarkand aus durch das wilde Dschinnland nach Bagdad aufgemacht. Erreicht haben es aber nur zwei von ihnen, und keiner auf die erhoffte Weise.

Tarik, der Einlass in den Palast des Kalifen Harun-al-Raschid begehrte, wird sogleich wieder vor die Tür gesetzt. Doch so leicht will er nicht aufgeben. Mit allen Mitteln versucht er, unbemerkt in den Palast zu huschen. Sabatea, die im Gegensatz zu Tarik hineingelangen konnte, wird wiederum nicht als Gast behandelt, sondern als Gefangene des Kalifen – ein Grund mehr für Tarik, in das schmucke Gebäude einzudringen, um auch seine Freundin zu befreien.

Früher, bevor die Dschinne die Wüste kontrollierten, war Tarik oft als Schmuggler in Bagdad unterwegs. So ist es für ihn ein Leichtes, alte Kontaktmänner aufzuspüren und einen fliegenden Teppich zu organisieren. Schwieriger gestaltet sich allerdings sein Unterfangen, von der Luft aus unbemerkt in den Palast einzudringen. Die Falkengardisten, die persönliche Leibwache Harun-al-Raschids, kontrollieren die Mauern mit Argusaugen. Ihnen entgeht nichts, das weiß auch Tarik.

Nach einem gescheiterten Versuch gibt er vorerst auf und holt stattdessen Informationen über den mysteriösen Dritten Wunsch ein, von dessen Existenz er im Dschinnland zum ersten Mal gehört hat und hinter dem der Dschinnfürst Amaryllis persönlich her war. Von dem Stummen Kaufmann erfährt Tarik endlich Einzelheiten. Bei dem Wunsch soll es sich um einen Ring handeln. Keinen aus Gold, sondern aus Menschen, die sich alle von einem Ifrit um ihren dritten Wunsch betrogen fühlten. Für gewöhnlich erfüllt ein Ifrit, hat er erst einmal eingewilligt, drei Wünsche. Doch zu einem Dritten sei in letzter Zeit keines der magischen Wesen mehr fähig gewesen. Tarik forscht weiter, und entdeckt schließlich, dass der Dritte Wunsch unweigerlich mit seinem Schicksal verbunden ist.

In der Zwischenzeit lernt Sabatea in einem zweiten Handlungsstrang den Kalifen persönlich kennen und sieht in ihm nach einem Gespräch nicht mehr den harten Herrscher (und sich nicht mehr als rechtlose Gefangene), sondern den freundlichen Harun-al-Raschid, der sein erstaunlich gutes Wissen über Sabateas Heimat Samarkand offenbart. Doch wie gut sie auch behandelt wird und wie viele Privilegien ihr im Palast gewährt werden, die Palastmauern bleiben für sie ein goldener Käfig. Ein Käfig, dem sie um jeden Preis entkommen will. Auf sich allein gestellt hat sie keine Chance zur Flucht. Doch plötzlich erfährt sie Hilfe von unerwarteter Seite und kann Tarik bei seiner neuen Queste unterstützen.

Über zu wenig Freiraum kann sich Junis hingegen nicht beklagen. Nach dem Untergang der Hängenden Städte findet er sich mitten zwischen Sanddünen in einem Rebellenlager wieder: dem Lager der Sturmkönige. Deren Anführerin entpuppt sich als Maryam, Tariks frühere Geliebte, die sein Bruder und er schon seit vielen Jahren vermisst haben. Doch sie hat sich stark verändert, ihre Züge wie auch ihr Aussehen sind härter, kantiger geworden und ganz dem rauen Leben in der Wüste angepasst. Die ihr untergeordneten Sturmreiter führen einen fast aussichtslosen Kampf gegen die Dschinne. Als Vagabunden ziehen sie von Düne zu Düne, immer auf der Hut vor Angriffen. Junis will sich ihnen in ihrem Kampf anschließen. Doch obwohl Maryam ablehnt, bekommt Junis bei einem überraschenden Dschinnüberfall die Chance, sich zu profilieren: Ausgerechnet einer Schwarmschrecke wirft er sich mutig – in den Augen der Sturmreiter beinahe lebensmüde – entgegen.

_Bewertung_

Kai Meyer versteht es, die Geschichten der im ersten Band eingeführten Charaktere in drei parallelen Handlungssträngen spannend weiterzuerzählen. Ihre Beziehungen zueinander werden vertieft und stringent weiter entwickelt. Das geschieht auf der einen Seite vor der Kulisse des magischen-zauberhaften, aber ebenso düster-dreckigen Bagdads, auf der anderen Seite vor der Kulisse der rauen Wüste, in welcher der tägliche Überlebenskampf gegen Dschinne und die flirrende Sonne an den Kräften zehren.

Angenehmerweise verliert sich Meyer nicht in einem Meer von Nebenfiguren, deren Namen man als Leser nach ein paar Seiten bereits vergessen hat. Dieses Mittel ist selten förderlich, wird aber gerne eingesetzt, um der Geschichte eine epische Breite zu verleihen bzw. diese vorzugaukeln. Meyer beschränkt sich stattdessen auf eine kleine Zahl von Nebencharakteren, die er mit der nötigen Tiefe in Erscheinung treten lässt und die Entwicklung der Hauptfiguren beeinflussen. Gerade durch diese Beschränkung auf das Wesentliche wirkt seine Welt lebendig und gewinnt im Kleinen an Konturen. Meyer lässt bewusst Lücken, die der Leser mit seiner Fantasie füllen kann. Er beschreibt Bagdad nicht in allen Einzelheiten, sondern wählt einen kurzen, aber prägnanten Ausschnitt und schafft gerade dadurch ein Verständnis für das Große. Allein auf der erzähltechnischen Ebene weiß dieses Stilmittel zu überzeugen. Dass er es am Ende des Romans auch noch harmonisch und mittels einer überraschenden Wendung auf die Handlungsebene projiziert, verstärkt den positiven Eindruck.

Als problematisch stellt sich für einen Mittelband einer Trilogie stets heraus, dass er weder ein richtiges Ende noch einen richtigen Anfang aufweist. Damit muss sich auch Meyer herumschlagen. Bot Teil eins eine klare Struktur und ein Ziel (das Erreichen von Bagdad), so verläuft die Handlung im zweiten Teil wesentlich freier. Bis zum Ende ist nicht ganz klar, wohin die Reise gehen wird. Aufgefangen wird diese Orientierungslosigkeit dadurch, dass Meyer die Figuren nach ihrer Trennung wieder zusammenführt und seinem Roman somit auf diesem Weg eine Struktur überstülpt. Vielleicht nicht der beste Weg, aber doch ein adäquates Mittel, um die Fäden auszulegen, die im abschließenden dritten Teil ein großes Finale ergeben sollen.

Eine zauberhafte, magische Welt, glaubwürdige Charaktere und ein stringentes Erzählkonzept: Meyers |Sturmkönige|-Trilogie weiß zu gefallen und erfährt mit „Wunschkrieg“ sogar noch eine Steigerung zum ersten Teil.

|428 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Karte
ISBN-13: 978-3-7857-2356-2|
http://www.sturmkoenige.de
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe.de

Mehr von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Dschinnland“ 5340 (Die Sturmkönige 1, Buchfassung)
[„Dschinnland“ 5635 (Die Sturmkönige; inszenierte Lesung zu Band 1)
[„Wunschkrieg“ 5641 (Die Stürmkönige; inszenierte Lesung zu Band 2)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)
|Die Alchimistin – Das Hörspiel:|
1) [„Der Stein der Weisen“ 5052
2) [„Das Erbe des Gilgamesch“ 5155
3) [„Die Katakomben von Wien“ 5220
4) [„Das Kloster im Kaukasus“ 5263
5) [„Die Unsterbliche“ 5379
6) [„Die Schwarze Isis“ 5406
7) [„Der Schatz der Templer“ 5427
8) [„Der Alte vom Berge“ 5448

Robie Macauley – Dunkel kommt die Zukunft

_Kurzkritik für Ungeduldige_

Nach dem III. Weltkrieg ist die USA entvölkert. Nur wenige Menschen leben noch in dem verödeten Land, die Zivilisation ist auf einen vortechnischen Status abgesunken. Auf der Suche nach den Rätseln der Vergangenheit wird der Heiler Kinkaid in einen Kampf zwischen Siedlern und Plünderern gezogen … – Literarisch anspruchsvoll geschriebene „Post-Doomsday“-Story, die zugunsten einprägsamer Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen die Handlung vernachlässigt; die fragmentarische Darstellung ist freilich auch Stilmittel: ein sanft gealterter, ’stiller‘, lesenswerter Roman.

_Das geschieht:_

I. Die vergangene Zukunft: In den 1980er Jahren des 20. Jahrhunderts intensivieren sich in den USA die Rassenkonflikte, bis schließlich ein neuer Bürgerkrieg ausbricht. Weiß kämpft gegen Schwarz, und Pardon wird nicht gegeben. Auf Beschluss der Vereinten Nationen werden die Vereinigten Staaten isoliert, Kanada und Mexiko schließen und befestigen ihre Grenzen.

Nach Jahren des Kampfes steht die „schwarze“ Seite vor dem Aus. Die Übermacht der „Weißen“ sowie interne Streitigkeiten fordern ihren Tribut. Unerbittlich gedenken die „Weißen“ den ‚Feind‘ auszurotten. Außerhalb Nordamerikas nutzt die Sowjetunion das Verschwinden ihres alten Angstgegners USA, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ein Atomschlag gegen China setzt die Apokalypse in Gang, die zum Untergang der Zivilisation führt.

II. Die gegenwärtige Zukunft: Jahrhunderte später ist die hochtechnisierte Welt der „Vorväter“ nurmehr ein Mythos. Die großen Städte der Vergangenheit sind verfallene oder gar radioaktiv verstrahlte Rätsel. Von den wenigen Nachkommen der Überlebenden werden sie gemieden. Die Menschen sind wieder Ackerbauern und Farmer geworden, die isoliert in kleinen, weit voneinander entfernten Dörfern leben.

Durch die dichten Wälder dieser Zukunft zieht Kinkaid, der Heiler aus dem Land Pennsylvan. Ihn locken Visionen der versunkenen Vergangenheit in das sagenhafte „Michigan“. Der Weg ist weit und gefährlich, und am Ufer des längst verlandeten Eriesees gerät Kinkaid in eine Auseinandersetzung zwischen Siedlern, Marodeuren und Mutanten. Unfreiwillig muss er Partei ergreifen, denn er findet einen Mann, der schon einmal dort war, wohin es Kinkaid zieht; helfen will er dem Neuankömmling nur, wenn dieser ihm hilft, seine entführte Tochter zu befreien …

_Kettenreaktion der Apokalypse_

Geschichten aus der Zeit nach dem „Großen Knall“ sind in der Sciencefiction so zahlreich, dass sie ein eigenes Subgenre – passend „Post-Doomsday-Stories“ genannt – bilden. In dem knappen halben Jahrhundert des „Kalten Krieges“ zwischen den Supermächten USA und UdSSR, also etwa zwischen 1945 und 1990, beschäftigte die Furcht vor „der Bombe“ – eigentlich waren es sogar zwei: die Atom- und die Wasserstoffbombe – (nicht nur) die Schriftsteller einer Welt, die permanent vor der Selbstzerstörung zu stehen schien. Immer wieder wurden die atomare Apokalypse und vor allem ihre Folgen thematisiert, bis durch den Zerfall des „Ostblocks“ neue Schreckgespenster – Ressourcenschwund, religiöser Wahn, sozialer Niedergang – auf der globalen Bühne spukten.

Robie Macauley schrieb „Dunkel kommt die Zukunft“ 1979 und damit in einer Hochzeit der Angst vor dem Untergang. Als Afro-Amerikaner und 1919 geboren in einer Zeit, als Bürger mit dunkler Hautfarbe als Menschen zweiter Klasse galten, greift der Verfasser in und für seinen Roman einen weiteren zeitgenössischen Konflikt auf. Die zweite Hälfte der 1960er Jahre wurde in den USA zur Ära offen ausgetragener Rassenkonflikte. Die schwarze Bevölkerung forderte endlich und nachdrücklich die ihnen zustehenden aber vorenthaltenen Rechte. Dass reaktionäre weiße Gruppen dies um jeden Preis verhindern wollten, bewiesen u. a. die Morde an Bürgerrechtlern wie Martin Luther King oder Malcolm X. In der Folge kam es zu Rassenkämpfen, die Schlimmeres anzukündigen drohten: einen regelrechten Krieg zwischen weißen und schwarzen Bürgern, an dessen Ende der Genozid stand.

Macauley wertet den bei ihm tatsächlich stattfindenden Bürgerkrieg nicht unbedingt als Auslöser, aber als wichtigen Katalysator des Untergangs. In der Welt, die er den namenlosen Chronisten der Apokalypse schildern lässt, gärt es ohnehin. Als die mit der Selbstzerfleischung beschäftigten und von der Weltgemeinschaft ausgegrenzten USA das „Gleichgewicht des Schreckens“ nicht mehr austarieren können, kommt es zur Explosion.

_Episoden aus einer kargen Zukunft_

Offensichtlich war es Macauley wichtig, den Zusammenbruch detailliert und mit Bezug auf die reale Gegenwart zu beschreiben. Der Leser ist – zumal Jahrzehnte später – irritiert: Die beiden Erzählebenen des Romans wollen sich nie zu einem harmonischen Ganzen fügen. Lag dies in Macauleys Absicht? Darüber kann an dieser Stelle nur spekuliert werden.

„Post-Doomsday“-Geschichten sind üblicherweise mehr oder weniger verkappte Warnungen vor dem Untergang. Sie enthalten eine Botschaft, die hier schwer zu entziffern ist, weil Macauley einerseits keinen Raum für Hoffnungen lässt. Der Krieg zwischen den Rassen endet bei ihm mit der völligen Vernichtung der „Schwarzen“. Ihr Ende spielt für die zweite Handlungsebene jedoch keine Rolle. Will uns Macauley also verdeutlichen, dass der (weiße) Mensch keine dunkelhäutigen Mitmenschen benötigt, um einen Schädel zum Einschlagen zu finden? Der Kampf an den Ufern des atomar versumpften Eriesees wird mit Flinten und Messern ausgetragen, aber er kann es an brutaler Entschlossenheit mit dem Krieg aufnehmen, an dem uns der namenlose Chronist teilnehmen lässt.

Der hat Visionen von Kinkaid, der Jahrhunderte später durch die Wildnis zieht und nach seiner Niederschrift sucht. Umgekehrt tagträumt auch Kinkaid vom Chronisten. Beide ahnen, dass sie auf unterschiedlichen Zeitstufen leben, doch Handlungsrelevanz kann auch diese Entdeckung nie für sich beanspruchen.

Ab Seite 57 lässt Macauley die Vergangenheit buchstäblich hinter sich. „Dunkel kommt die Zukunft“ verwandelt sich in die episodenhafte und ausschnitthafte Schilderung einer Zukunft, deren Bewohner gerade die Katastrophe zu überwinden beginnen und den Neuanfang planen. Die Relikte der Vergangenheit sind ihnen Ansporn, Schatzkammer und Quelle stetiger Schrecken gleichzeitig, denn in den Ruinen stoßen sie immer wieder auf nützliche, aber auch auf gefährliche Hinterlassenschaften.

_Kleine Dramen in einer stillen Welt_

Es geschieht wenig, das sich spektakulär nennen ließe. Zwar wird viel geschossen und gestorben, doch Macauley macht deutlich, dass dies nur ‚kleine‘ Dramen in einer Welt sind, die vom Menschen nur noch bewohnt, aber nicht mehr beherrscht wird. Hinter der nächsten Hügelkette hört man nichts mehr von den Getümmeln. Kinkaid begreift ansatzweise die aktuelle Bedeutungslosigkeit des Menschen. Konsequent macht ihn Macauley deshalb nicht zum Anführer einer neuen Zivilisation, sondern entlässt ihn allein, in ein offenes Ende und in eine ungewisse Zukunft.

„Dunkel kommt die Zukunft“ gehört zu den (Sciencefiction-)Romanen, die durch ihre Sprache beeindrucken. Von Thomas Ziegler hervorragend ins Deutsche übersetzt, entfaltet Macauley die Kunst, eine mögliche Zukunft überaus anschaulich zu kreieren, ohne dabei auf Genreklischees zurückzugreifen. Zwar lässt auch er radioaktiv geschädigte Mutanten auftreten, doch diese sind nicht gefährlich, sondern eher tragische Randgestalten, die unter der Furcht und der Herablassung ihrer ‚gesunden‘ Nachbarn leiden: Die Mutanten der Zukunft werden zu den ’neuen‘ Schwarzen, und die Geschichte wiederholt sich.

Macauley gelingen eindringliche Szenen, wenn er die Menschen der Zukunft mit den Artefakten der Vergangenheit konfrontiert. Es klingt komisch, wenn er beschreibt, wie Nichtigkeiten ehrfürchtig bestaunt und missverstanden werden, aber das Lachen bleibt im Halse stecken, weil Macauley die ‚Dummheit‘ unfreiwillig archaischer Menschen beschreibt, die es aufgrund der Unvernunft ihrer Ahnen nicht besser wissen können.

Wird Kinkaids Welt den Neustart schaffen? Macauley lässt auch diese Frage offen, aber er gibt Hoffnung. Kinkaid überlebt womöglich seine Odyssee und findet die Aufzeichnungen des Chronisten, die Aufschluss über die Fehler der verehrten „Vorväter“ geben. Aus den Siedlungen am Eriesee wird man weitere Expeditionen in die Ruinenstädte schicken und Maschinen, Bücher und andere nützliche ‚Erbstücke‘ bergen – oder auf die gut bestückten Raketensilos der Vergangenheit stoßen, von denen alte Frauen in bildhaft überlieferten Schauermärchen erzählen …

„Dunkel kommt die Zukunft“ ist ein ‚anderer‘ SF-Roman. Die beschriebenen Schrecken mögen heute ein wenig angestaubt wirken, doch unter dieser Schicht lesen sie sich immer noch aktuell. Rasante Action gibt es nicht, Macauley lässt und nimmt sich die Zeit für Beschreibungen und gedankliche Reflexionen. Die Grundstimmung ist traurig, aber „Dunkel kommt die Zukunft“ besitzt seine eigene Bannkraft, auf die einzulassen sich lohnt. Klingt das als Lob oder Empfehlung ein wenig dezent? Dann passt es zu diesem Buch …

_Der Autor_

Robie Mayhew Macauley wurde 1919 in Grand Rapids (US-Staat Michigan) geboren. Er studierte darstellende Kunst am Kenyon College in Ohio, zog 1941 mit der US-Army in den II. Weltkrieg und ging nach seiner Rückkehr an die University of Iowa. Ab 1946 lehrte er an diversen Colleges. Seit 1948 verheiratet, wurde Macauley zwischen 1959 und 1966 Herausgeber des Literaturmagazins |Kenyon Review|. Er wechselte zum |Playboy| und 1977 zur |Houghton Mifflin Publishing Company|.

Parallel zu seiner Herausgebertätigkeit wurde Macauley selbst schriftstellerisch tätig. Sein Werk blieb schmal; es umfasst zwei Romane, eine Sammlung mit Kurzgeschichten und ein Sachbuch. 1990 gehörte Macauley zu den Mitgründern des „Ploughshares International Writing Seminar“, das in den Niederlanden gehalten wurde.

Verwitwert und zum zweiten Mal verheiratet, starb Robie Macauley, der zuletzt in Boston lebte, 1995 an Lymphdrüsenkrebs.

_Impressum_

Originaltitel: A Secret History of Time to Come (New York : Albert A. Knopf 1979)
Deutsche Erstausgabe: Januar 1982 (Knaur Verlag/Knaur Science Fiction Nr. 5755)
Übersetzung: Thomas Ziegler
Cover: Thomas Kidd
234 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-05755-1
http://www.knaur.de

Barclay, James – magische Bann, Der (Die Kinder von Estorea 2)

Nach dem vorläufigen Abschluss seiner Raben-Chroniken gilt James Barclay als einer der heißesten Fantasy-Autoren weltweit. Selbst renommierte Schreiber wie Stan Nicholls und der inzwischen leider verstorbene David Gemmel loben Barclay als die Verkörperung der modernen Fantasy und preisen hier vor allem sein Talent, einprägsame, unvergessene Charaktere zu kreieren.

Während hierzulande noch die Ausläufer seiner letzten Reihe verdaut werden, hat der Autor im Hintergrund längst die nächsten Juwelen schleifen lassen. Mit „Die Kinder von Estorea“ meldete Barclay sich eindrucksvoll zurück, wenngleich die Debütausgabe erst einmal noch nicht die Genialität durchschimmern ließ, die den |Raben| seinerzeit auszeichnete. Mit „Der magische Bann“ folgte nun im letzten Jahr die zweite Episode des Vierteilers und damit der verspätete Startschuss für eine unglaublich faszinierende phantastische Weltreise durch die schlachtenreiche, moderne Fantasy.

_Inhalt:_

Die estoreanische Konkordanz ist nach der jüngsten Niederlage gegen das Volk der Tsardonier arg ins Hintertreffen geraten. Das abtrünnige Königreich hat der Advokatin und ihrem Gefolge den Krieg angesagt und in Atreska einen mächtigen Verbündeten gefunden, nachdem sich auch dieser Bündnispartner unter der Regentschaft Yurans verräterisch aus der Konkordanz verabschiedet hat.

Gleichzeitig muss sich Herine des Aglios mit den Intrigen ihrer Kanzlerin herumschlagen, die das politische System Estoreas zu unterwandern versucht und die Herrschaft der Advokatin merklich schwächt. Als ihr schließlich bewusst wird, dass die gesamte Konkordanz dem Untergang geweiht ist, wenn die Heerscharen aus Tsard nicht vor ihrer Ankunft in Estorr vernichtend geschlagen werden, sieht sie sich zum Handeln gezwungen – doch vorerst sind ihr die Hände gebunden.

Herines größte Hoffnungen liegen vorerst auf ihrem Sohn Roberto, der als General und Anführer der größten Streitmacht aber noch die Folgen einer heimtückischen Seuche verkraften muss. Erst langsam erholen sich seine Soldaten wieder, dürfen sich aber keine weiteren Schonfristen mehr erlauben, denn die Tsardonier ziehen unerbittlich vorwärts und haben die Armee der Konkordanz schon in vielen kleinen Scharmützeln erheblich dezimiert.

Paul Jhered, Schatzkanzler der Konkordanz und gewiefter Stratege in Personalunion, erreicht schließlich mit den vier Aufgestiegen den Trupp seines Freundes Roberto und versucht, del Aglios davon zu überzeugen, dass die vier Kinder die letzte Chance darstellen, das Blatt in Zeiten des Kriegs zu wenden. Doch der erste Beweis ihrer Macht, der in einem zerstörerischen Schlag gegen die feindlichen Armeen endet, wird vom Anführer des Heeres als Ketzerei abgetan und nicht akzeptiert.

Jhered und die vier Aufgestiegenen sind gezwungen, die Truppen wieder zu verlassen – bis ein schicksalhaftes Attentat die Führungsebene in der Armee umstimmt und die Kinder von Westfallen zurückgebeten werden. Doch während die Akzeptanz für die vier Sonderlinge langsam zu erblühen beginnt, geschieht in ihren Reihen etwas Unfassbares. Der rebellische Gorian, ihr heimlicher Anführer, begeht einen schrecklichen Fehler, der die gesamte Zukunft der Konkordanz maßgeblich beeinflussen könnte …

_Persönlicher Eindruck:_

Im zweiten Kapitel von Barclays neuer Fantasy-Saga wächst das zunächst noch recht komplexe Puzzle um die Konkordanz, ihre politische Struktur und die Zwiste und Fehden innerhalb ihrer Gebiete langsam aber sicher zusammen. Diente „Das verlorene Reich“ trotz seiner Detailfülle noch in erster Linie dazu, die Charaktere und ihren individuellen Werdegang zu zeichnen und vor allem den gesamten Komplex darzustellen, der in seinen vielen verschachtelten Ränken und Machenschaften nur schwer greifbar war, kommt der Autor nun schon recht deutlich zur Sache und arrangiert die Kapitel von „Der magische Bann“ deutlich zielstrebiger und inhaltlich auch selbstbewusster.

Dies scheint ihm aus mehreren Gründen aber auch ein Leichtes zu sein, wobei in erster Linie der Aspekt schwer wiegt, dass es wohl kaum einen Schreiber gibt, der phantastische Kriegsszenarien so umfangreich und authentisch umschreiben kann wie James Barclay – und diese Episode ist geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen, brutalen Übergriffen und heftigen Schlachten! Aber auch die Tatsache, dass sämtliche Protagonisten innerhalb der Story eine sehr starke persönliche Entwicklung durchleben, kommt Barclay sicher zugute.

Im Mittelpunkt stehen natürlich die vier Kinder von Estorea, nach denen die Saga schließlich auch benannt wurde. Ihre jeweiligen Eigenheiten kommen in „Der magische Bann“ viel deutlicher zum Tragen und entscheiden wesentlich über den Verlauf der Geschichte. Gorian entpuppt sich langfristig als störrischer, uneinsichtiger Rebell, Osaccer mimt trotz seiner verlorenen Sehkraft den umsichtigen, souveränen Mittelsmann, Arducius zieht im Hintergrund die Fäden und hält die Aufgestiegen zusammen, und Mirron stellt schließlich den emotionalen Part in dieser Gruppe dar, bleibt damit aber auch eine Variable, die trotz ihrer dezenteren Berücksichtigung in der Handlung die womöglich wichtigste Rolle spielt – selbst wenn man dies bisher noch nicht so recht vorhersehen kann.

Wie der Autor diese Charaktere kontinuierlich aufbaut und sie vor allem im Wechselspiel mit Persönlichkeiten wie Roberto del Aglios und Paul Jhered auftreten lässt, liest sich pracht- und eindrucksvoll, wobei Barclay auch diesen Sturköpfen eine emotionale Entwicklung zuschreibt, die den weiteren Plot recht unberechenbar gestaltet – und genau dies ist eine der elementaren Stärken, die sich wie ein roter Faden durch diesen Roman zieht.

Derweil muss sich Barclay aber auch einen kritischen Seitenhieb gefallen lassen, denn zweifelsohne sind einige Szenen in „Der magische Bann“ dem Tolkien’schen Vorbild entliehen. Insbesondere die finale Schlacht am Grenzwall erinnert stark an den Angriff auf Helms Klamm. Aber auch die Art und Weise, wie die einzelnen Teile der Armee in die Schlachten eingreifen bzw. die fatale Wirkung der magischen Eingriffe der Aufgestiegenen haben eine sehr offensichtliche Inspirationsquelle, die aber Gott sei Dank ausreichend modifiziert wird, um den eigenständigen Hergang aufrechtzuerhalten. Nichtsdestotrotz: Einzelne Parallelen lassen sich nicht abstreiten, werden aber an dieser Stelle angenehm und erneut sehr heroisch eingebaut, so dass man sie als solche auch bereitwillig annimmt.

Eine echte Barclay-Story wäre aber keine solche, könnte sie keine majestätischen, wenn auch nicht immer unvorhersehbaren Wendungen aufweisen. Und hiervon hat der Autor in den Schlusssequenzen gewohntermaßen ein ganzes Fass voll zu bieten. Ob es nun die entscheidenden Eingriffe in die Schlacht, die Verzweiflungstaten der Kinder von Estorea oder einfach nur die persönlichen Einsichten in das Seelenleben der Kriegsherren Jhered oder del Aglios sind – Barclay schafft immer wieder neue Gänsehautmomente und häuft diese in den letzten Kapiteln des Buches auf ein Maß, das definitiv nur den Großen dieses Faches vorbehalten ist.

Gleichzeitig stellt er sich selber auch wieder vor eine unheimlich große Herausforderung und eine Ausgangssituation, wie man sie auch schon von den Raben-Geschichten kannte. Die Story ist nämlich vorläufig abgeschlossen und größtenteils rund; und dennoch wird noch eine Menge passieren, da der gute Herr ja noch zwei weitere Bände zu füllen hat.

Es bleibt also die Frage, wie er diesem durchweg erhabenen Band noch einmal eins draufsetzen möchte. Aber wer die Historie des Autors etwas intensiver verfolgt hat, wird sich auch hier kaum Sorgen machen müssen. Wenn Barclay nämlich eines wirklich beherrscht, dann die Kunst, unter Druck Fantastisches zu kreieren. Ich schaue also voraus auf den im Herbst 2008 erschienen dritten Band – und erhole mich bis dahin noch von den beeindruckenden Vorgängen in „Der magische Bann“, einem Buch, das die Erwartungen trotz der besagten Vergleiche mal wieder vollkommen übertrifft!

|Originaltitel: Cry of the Newborn (Teil 2)
Übersetzt von Jürgen Langowski
Paperback, Broschur, 592 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52452-1|
http://www.heyne.de
http://www.theascendants.co.uk
http://www.ravengazetteer.com
http://www.jamesbarclay.com

_James Barclay auf |Buchwurm.info|:_

|Die Chroniken des Raben|:

[„Zauberbann“ 892
[„Drachenschwur“ 909
[„Schattenpfad“ 1386
[„Himmelsriss“ 1815
[„Nachtkind“ 1982
[„Elfenmagier“ 2262

|Die Legenden des Raben|:

[„Schicksalswege“ 2598
[„Elfenjagd“ 3233
[„Schattenherz“ 3520
[„Zauberkrieg“ 3952
[„Drachenlord“ 3953
[„Heldensturz“ 4916

|Die Kinder von Estorea|:

[„Das verlorene Reich“ 5328

Duncan, Hal – Vellum

_Der Schöpfer des ewigen Stundenbuches._

Wenig Infos gibt es über Hal Duncan, 1971 in Schottland geboren, Mitglied des „Glasgow Writer’s Circle“ und neben seiner Autorentätigkeit als Programmierer tätig. „Vellum“ ist sein erster Roman, der Beginn einer Trilogie, deren Fortsetzung „Ink“ noch auf ihre Übersetzung wartet. „Vellum“ jedenfalls hat großes Aufsehen bei der Kritikerschaft ausgelöst – und seinen Übersetzer Hannes Riffel vor eine titanische Aufgabe gestellt, die dieser meisterlich gelöst hat.

_Das Buch der Stunden._

Die Story von Vellum erfassen zu wollen, ist so ähnlich wie der Versuch, einen Ameisenhaufen mit bloßen Händen zu tragen. Zunächst scheint einem das zu gelingen, wenn man von Unkin spricht, von Wesen, die gegeneinander Krieg führten und deren Sprache die Wirklichkeit zu formen in der Lage ist. Eine Phase der Einigkeit, ein Konvent zur Sicherung des Friedens, Unkin werden zu Engeln, aber nicht alle, Abtrünnige bleiben übrig, Dämonen, Grundstein für einen Krieg, der die Wirklichkeit erschüttert.

Zwischen all dem das ewige Stundenbuch, ein Buch, um das sich die Legenden ranken: alle Namen Gottes enthalte es, oder alle Sünden, oder alle Möglichkeiten, welche die Realität annehmen kann, oder, oder, oder. Reynard Carter schließlich findet dieses Buch, öffnet es, und verspritzt sich damit selbst über eine unüberschaubare Vielzahl von Wirklichkeiten.

Und genau an diesem Punkt beginnt sich der Ameisenhaufen schon aufzulösen: die Figuren krabbeln davon, die Handlungsstränge, Realitätsachsen und Zeitebenen, wie Ameisen kriechen sie einem über Arme und Beine, über das Gesicht hinab in den Kragen, wo sie zwicken und beißen, als wollten sie den Leser dafür bestrafen, dass er versucht, sie in ihrer ganzen Gestalt zu erfassen.

Thomas Messenger, Phreedom Messenger, besagter Reynard Carter, Seamus Finnan – sie alle treten auf, in verschiedenen Gestalten, zu verschiedenen Zeiten, unter anderem Namen, und als Leser muss man sich darauf verlassen, dass „die Dinge bleiben, was sie sind, je mehr sie sich verändern“, wie es irgendwo im Buch heißt. Lose wuchert die Geschichte um den Krieg zwischen Engeln und Dämonen, und um die Idee, dass sich die Realität falten lässt – auch wenn es wohl so etwas wie Kielwasser hinterlässt, wenn man sich recht dämlich anstellt beim Hüpfen durch die Wirklichkeitsebenen.

_Das Buch der zappelnden Szenen._

„Vellum“ wird alle Leser verschrecken, die es nicht leiden können, wenn es krabbelt und wimmelt, wenn es nichts gibt, was man packen kann. Um eines vorweg zu nehmen: Ich bin absolut kein Freund von Standardlektüre und begrüße jede Form des Experiments und der Konventionsdemontage. Eigentlich müsste ich also vor Verzückung im Dreieck springen und „Vellum“ einen Schrein in meinem Bücherregal errichten. Eigentlich.

Duncan bombardiert den Leser mit Informationen, mit Andeutungen, mit Auszügen aus mythischen Texten, mit Legenden, mit hart geschnittenen Action-Szenen, mit bizarren Dialogen, mit abgefahrenen Ideen, kurzum, er überschwemmt den Leser mit Einzelheiten, ohne eine Orientierung anzubieten, was denn nun für den Rest des Romans wichtig ist und was nicht. Story? Bestimmt. Irgendwo, zwischen den Zeilen, verschüttet vom Informationsoverkill; es besteht akute Migränegefahr beim Versuch, sie herauszufiltern. Manchmal kommt einem der wenig freundliche Gedanke, dass Duncan der Einzige ist, der weiß, was er mit seinem Buch wirklich sagen möchte, und dass er eine Mordsfreude dabei empfindet, wenn er sich seine Leser vorstellt, mit ratloser Grimasse sich am Kopf kratzend und auf der Suche nach einem roten Faden oder wenigstens einem Sinn.

Oh, vielleicht bin ich einfach zu dämlich, um diesen tieferen Sinn zu verstehen, vielleicht ist meine Suche nach einem tieferen Sinn schon Ausdruck von betonköpfiger Ignoranz, die sich „Vellum“ niemals nähern können wird. Dementsprechend sollen meine Worte auf keinen Fall als Aufruf missverstanden werden, die Finger von diesem Buch zu lassen! Ich persönlich weigere mich nur, vor Ehrfurcht zu erstarren, sobald ich etwas lese, das ich nicht verstehe. Und nur ich persönlich erwarte von einem Autor, dass auch er/sie sich etwas Mühe gibt, so etwas wie Spannung zu entfachen und eine Handlung zu erschaffen, irgendetwas, das auch einen Sog erzeugt und mich dazu zwingt, weiterzulesen. Duncan erwartet diese Mühe von seinen Lesern. Die Handlung muss man sich selbst herausarbeiten, die Motivation weiterzulesen selbst aufbringen und die Entscheidung darüber, ob das Ergebnis spannend ist, muss man selbst treffen.

_Das Buch der Geduldsproben._

Mit Sicherheit wird es Leser geben, für die genau die Patchwork-Dramaturgie von „Vellum“ einen solchen Sog erzeugt, denn ein gewisser Reiz wohnt den Szenenfetzen durchaus inne. Man liest einfach weiter, nur um herauszufinden, was denn wohl als nächstes geschehen mag. Auch Duncans sprachliche Fähigkeiten stehen außer Frage. Er verfügt über eine angenehm unverbrauchte und bildliche Sprache, jongliert gekonnt mit Metaphern, und wenn er es einmal schafft, dass dem Leser ein Licht aufgeht, dass dieser sich irgendwie orientieren zu können glaubt, dann packen Duncans Stilmittel auch kraftvoll zu. Schon in der nächsten Szene ist man allerdings derart damit beschäftigt herauszufinden, an welchem Punkt der Geschichte man sich nun wieder befindet, dass Duncans Sprachkraft einfach am Leser vorbeirauscht.

Es steht diesem aber eine faszinierende Reise bevor, wenn er die Mühe aufbringen möchte, sich all die Details zu merken und miteinander in Beziehung zu setzen. Denn genau das ist nötig, um all die Querverweise überhaupt erst einmal wahrzunehmen, die sich innerhalb der Geschichte und zwischen ihren Figuren auftun. Wenn man dann auch noch bereit ist, diese Detailmenge so lange mit sich herumzuschleppen, bis Teil zwei und drei erschienen sind, wo es wahrscheinlich ähnlich anspruchsvoll zugeht, dann kann man sich ruhigen Gewissens auf Hal Duncans Romanerstling stürzen.

Für mich persönlich würde das allerdings bedeuten, dass ich „Vellum“ nochmals lesen müsste, wenn der Nachfolger veröffentlicht wird, damit ich den Überblick nicht verliere. Ähnlich wird es mir dann mit diesem Nachfolger gehen, wenn die Veröffentlichung des dritten Teils ansteht. Bereits von der Vorstellung bekomme ich Kopfschmerzen. Ich persönlich werde daher einen weiten Bogen um alles machen, was mit dem „Buch der Stunden“ zu tun hat, und bin eben doch konservativer, als ich dachte – dieses Romanexperiment geht mir einfach zu weit.

Und „Experiment“ ist genau das Schlüsselwort. Offengeistigen Phantastik-Freunden, die bei diesem Wort zu lächeln beginnen, sei hiermit eine klare Antest-Empfehlung ausgesprochen. Alle anderen tun gut daran, ein Päckchen Aspirin in Griffnähe zu haben, wenn sie sich an „Vellum“ heranwagen. Anspruchsvolle, anstrengende Kost, die dem Leser keine Kompromisse anbietet.

|Originaltitel: Vellum
Übersetzt von Hannes Riffel
Taschenbuch, Broschur, 592 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52254-1|
http.//www.heyne.de

Perplies, Bernd – Tarean – Sohn des Fluchbringers (Band 1)

_Handlung_

Tarean ist der Sohn des Fluchbringers, jenes Kriegers, der vor sechzehn Jahren dem bösen Hexenmeister Calvas unabsichtlich zum Sieg über die freien Länder verhalf. Dieser Makel lastet schwer auf dem jungen Mann, denn immer wieder lässt man ihn spüren, was sein Vater getan hat; selbst auf Burg Dornhall, einer der letzten freien Bastionen, wo er vom Waffengefährten seines Vaters Wilfert aufgenommen wurde. Doch eben jener Wilfert und der Waffenmeister Ilrod behandeln Tarean gut, und so wird er dort zu einem Krieger ausgebildet.
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MacAlister, Katie – Vampir im Schottenrock

Katie MacAlister schreibt Schnulzenromane über Mährische Dunkle. Jeder normale Mensch würde „Vampir“ sagen, aber MacAlister hat nun mal den Spleen, ihre Vampire Dunkle zu nennen. In den vergangenen drei Bänden der Serie hat sie ihrer Leserschaft groß und breit auseinandergelegt, dass Dunkle eben aus Mähren stammen (wohl einfach, weil Osteuropa so wildromantisch ist). Doch nun hat eben diese Leserschaft in MacAlisters Fanforum einmütig nach einem schottischen Vampir – pardon, Dunklen – verlangt und MacAlister beeilt sich, diesen Wunsch zu erfüllen.

In „Vampir im Schottenrock“ wird die Handlung also plötzlich nach Schottland verlegt. Der Dunkle Paen wird vorgestellt, der für einen Dämon eine ominöse Statue beschaffen soll. Schafft er dies nicht innerhalb von fünf Tagen, wird seine Mutter ihre Seele verlieren. Paen hat keine Ahnung, wie er die Statue finden soll, also macht er das einzig Richtige: Er wendet sich an die Detektei von Sam (Wahrsagerin mit abgebrochenem Studium) und Clare (blumenfutternde Fee), die sich darauf spezialisiert haben, verschwundene Gegenstände zu finden. Wie praktisch!

Sam besteht darauf, sich zunächst Paens Heimstatt (die sich bald ganz standesgemäß als Schloss herausstellen soll) anzusehen, um dort Statuen-Witterung aufzunehmen. Auf der Autofahrt dorthin kommen sich Paen und Sam natürlich näher und hätten wahrscheinlich sofort und gleich Sex, wenn Sam nicht ein kleines Partnerschaftsproblem hätte: Jedesmal, wenn sie sexuell erregt ist, verlässt ihre Seele ihren Körper (Glückwunsch an jeden Leser, der es schafft, bei dieser Szene nicht lauthals loszulachen). Sie entschwebt, während die Action woanders stattfindet. Naturgemäß findet sie diesen Zustand frustrierend, doch Paen verspricht natürlich sofort, ihr zu beweisen, dass er das Entschweben von Sams Seele verhindern kann. Sie vereinbaren, das bei der nächsten Gelegenheit auszuprobieren – zu rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich -, doch soll es noch eine Weile dauern, bis sie die Zeit finden, wirklich in die Kissen zu sinken.

Zwischendurch wird nämlich noch Clare angeschossen, es taucht eine zweite Statue auf und Paen versucht, die Ursprünge der Dunklen zu ergründen. Es gibt ein paar Geister, blutdürstige Schmetterlinge und Affen à la „Fluch der Karibik“. Und ja, das ist alles genauso willkürlich, wie es klingt.

Katie MacAlister hat ja bereits in den vergangenen drei Bänden reichlich Angriffsfläche für harsche Kritik geboten. „Vampir im Schottenrock“ bildet da keine Ausnahme, denn auch hier gibt es wieder viel sinnloses Hin- und Hergelaufe und noch mehr nervtötendes Gelaber. Mittlerweile tritt aber so etwas wie Gewöhnung ein, denn anstatt aufzuregen, langweilt die Lektüre nur noch. Keiner der Charaktere entfacht so etwas wie Sympathie oder gar Interesse beim Leser und die vollkommen konfuse Handlung, die in der zweiten Hälfte komplett aus dem Ruder läuft, ist auch nicht dazu angetan, Begeisterungsstürme beim Publikum hervorzurufen.

Seit vier Bänden schreibt MacAlister nun also immer wieder das gleiche Buch. Sie tritt auf der Stelle – man erfährt nichts über Dunkle, das man nicht auch schon nach der Lektüre des ersten Bandes gewusst hätte. MacAlister macht sich nicht die Mühe, an einer Art übergeordneter Mythologie zu arbeiten, die ihre Welt zusammenhält. Stattdessen streut sie übernatürliche Wesen nach völlig willkürlichen Regeln ein, offensichtlich einfach nur, weil es pittoresk und irgendwie niedlich ist. So hatten wir bereits Geister, Wächter, Bannwirker, Beschwörer, Dämonen und Mumien – nicht zu vergessen Dunkle. Nun kommen Wahrsager, Feen und Elfen hinzu.

Ein ziemlich illustrer Haufen also, allerdings versäumt MacAlister, diese Begrifflichkeiten auch mit Leben zu füllen. Das einzige Charakteristikum, dass sie für eine Elfe liefert, sind ihre spitzen Ohren (sehr originell). Eine Fee dagegen scheint ein Faible für Blumen zu haben. Clare beispielsweise ist den Großteil des Romans damit beschäftigt, Blumensträuße zu arrangieren, die sie dann genüsslich verspeist. Das ist nicht wirklich ein wichtiges handlungstreibendes Element und trotzdem wird es von MacAlister wieder und wieder genüsslich ausgebreitet – eigentlich hat Clare außer der Blumenesserei im Roman kaum etwas zu tun. Oh, außerdem ist sie davon überzeugt, keine Fee zu sein (warum sie sich so gegen diese Tatsache sträubt bleibt MacAlisters Geheimnis), was sie zu folgenden Blüten der Wortkunst verleitet: „Ich bin keine Fee. Ich bin ein Unterwäschemodel. Das ist ein riesiger Unterschied.“

Das größte Problem ist allerdings MacAlisters Seelen-Fixierung. In ihrem Universum wird ein Dunkler ohne Seele geboren. Findet er seine Geliebte, bekommt er auch eine Seele. Nur: Was genau ist eine Seele bei MacAlister? Lässt sie uns fühlen? Pflanzt sie uns Leidenschaften und Ängste ein? Sagt sie uns, was richtig und falsch ist? Keine Ahnung … MacAlister fühlt sich nie berufen, diese Fragen zu beantworten. Stattdessen schwankt sie mal in die eine und mal in die andere Richtung – wie sie es eben gerade braucht – und behauptet abwechselnd, ohne Seele zu leben wäre gar kein Problem und ohne Seele zu leben wäre schrecklich.

So sagt Paen am Anfang: „Nun, ich bin ja auch verdammt! Ihr wisst doch gar nicht, wie das ist!“ Ein paar Kapitel später findet er dann aber: „Mir fehlt zwar die Seele, aber davon lasse ich mich in keiner Weise einschränken.“ Ja, was denn nun? Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen Beseelten und Unbeseelten charakterlich keinerlei Unterschied besteht. Paen ist ohne Seele genauso wie mit Seele. Was soll also der ganze Seelen-Hokuspokus? Offensichtlich handelt es sich bei dieser Seele nur um ein schickes Accessoire, das einem Outfit zwar den letzten Pfiff verleiht, zur Not kommt man aber auch ganz gut ohne aus.

Fans von paranormal-romantischen Errettungsgeschichten werden bei „Vampir im Schottenrock“ sicher auf ihre Kosten kommen, doch wer abwechslungsreiche Lektüre mag, ist hier völlig fehl am Platze. MacAlister schreibt ihre Romane nach immer derselben Formel und erstickt so jegliche Spannung und Neugierde beim Leser im Keim.

|Die Dunklen|

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ [(„Blind Date mit einem Vampir“) 4983
2. „Sex and the Single Vampire“ [(„Kein Vampir für eine Nacht“) 5633)
3. „Sex Lies and Vampires“ [(„Küsst du noch oder beißt du schon?“) 5673
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

|Originaltitel: Even Vampires Get the Blues
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig
351 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8176-2|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.katiemacalister.com

MacAlister, Katie – Küsst du noch oder beißt du schon?

„Küsst du noch oder beißt du schon?“ ist bereits der dritte Roman aus der Feder von Vielschreiberin Katie MacAlister, der sich mit der Frage beschäftigt, wie Dunkle (normale Menschen würden sie Vampire nennen) am besten die Frau fürs Leben finden. Im Erstling [„Blind Date mit einem Vampir“ 4983 geriet Joy and Raphael. Im zweiten Teil (vom Verlag |Egmont LYX| fälschlicherweise als Band drei herausgebracht) „Kein Vampir für eine Nacht“ drängte sich Allie ins Bett von Christian. Und im nun vorliegenden dritten Teil mit dem bereits oben erwähnten haarsträubenden Titel ist nun die Historikerin Nell dran, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Tschechien gelockt wird, um dort einen gekidnappten Jungen und als Bonus den Vampir für gewisse Stunden zu finden. Dabei passiert nichts, was MacAlister nicht schon in den vorangegangenen Bänden bis zum Erbrechen durchgekaut hätte.

Doch von Anfang an: Die Amerikanerin Nell ist Historikerin. Da ihr ein Blick auf eine außergewöhnliche Rüstung versprochen wird, reist sie nach Tschechien. Doch dort angekommen, eröffnet ihr die Besitzerin der Rüstung, dass sie es eigentlich auf Nells magische Kräfte abgesehen hat. Ihr Neffe wurde von einem Dämon entführt, und sie ist überzeugt, dass nur Nell helfen kann. Nun hat Nell in ihrem Leben genau einen Bann gewirkt, und der ist sowas von nach hinten losgegangen, dass sie aller Magie abgeschworen hat. Doch bevor sie auch nur dreimal „Blutsauger“ sagen kann, findet sie sich auf einem alten Schloss wieder, wird von einem verräterischen Vampir gekidnappt und flüchtet durch ganz Europa, um dem bösen Dämon auf die Schliche zu kommen.

Natürlich ist der Vampir, Adrian der Verräter, gar nicht so verräterisch und bösartig, wie es zunächst den Anschein hat. Und obwohl Nell ihn zunächst – natürlich – nicht ausstehen kann, erliegt sie schlussendlich doch seinem spröden Charme und wird zu seiner Auserwählten. Außerdem gilt es Sex, Mumien und nervtötende Vampirkinder in der Pubertät zu überstehen, bevor man den Roman nach knapp 400 Seiten erleichtert zuklappen darf.

Katie MacAlister ist zwar mit einer flinken Feder, aber nicht gerade mit einer blühenden Fantasie gesegnet. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass ihre Romanreihe um die Dunklen nun schon seit drei Bänden immer und immer wieder die gleichen Charaktere, Handlungsstränge und sogar Motive mit einer Gleichmut wiederkäut, die entweder darauf beruht, dass MacAlister es tatsächlich nicht besser weiß, oder aber, dass sie es genießt, ihrer Leserschaft für immer das gleiche Buch ständig aufs Neue das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ein kleiner Vergleich mit dem Vorgänger „Kein Vampir für eine Nacht“ bringt die Parallelen ans Licht: Dort hatten wir Allie, die „störrische“ Amerikanerin, die sich in den „arroganten“ Dunklen Christian verliebt. Im aktuellen Band haben wir Nell, die „störrische“ Amerikanerin, die sich in den „arroganten“ Dunklen Adrian verliebt. MacAlister hat es noch nicht einmal für nötig befunden, die Charaktereigenschaften ihrer Protagonisten zumindest minimal zu variieren. Allie war nicht gerade perfekt, sie hatte ein vernarbtes Bein aufgrund eines Autounfalls. Nell dagegen ist nicht perfekt, da sie durch einen Schlaganfall halbseitig gelähmt ist. Allie ist als Beschwörerin eine Niete, findet aber im Lauf der Handlung ihr Talent und steht am Ende mit einer ganzen Sammlung Geister da. Nell möchte keine Banne wirken, tut es aber im Verlauf der Handlung doch und erweckt daraufhin eine ganze Schar Mumien, die ihr wie treue Hunde folgen. Allie kann Christian zunächst nicht leiden, ändert aber ihre Meinung und springt mit ihm ins Bett. Nell kann Adrian zunächst nicht leiden, ändert aber ihre Meinung und bearbeitet Adrian dann so lange, bis er einsieht, dass sie seine Auserwählte ist. Originell ist definitiv anders.

MacAlister meint, humorvolle und romantische Prosa mit übernatürlichem Einschlag zu schreiben. Nur leider ist das, was sie als humorvoll bezeichnet, so überzogen und überdreht, dass man den Eindruck hat, alle Charaktere agierten unter dem ständigen Einfluss von Stimmungsaufhellern. Schon im ersten Band führte das dazu, dass der Showdown spleening, überdreht und wie ein Kind auf Cola daherkam. Und auch hier besteht wieder das gleiche Problem: Es wird geredet und geredet; selbst im Angesicht des Bösewichts werfen sich die beiden Verliebten noch ein „Hasi“ und ein „Knackpopöchen“ (Originalzitat!) zu und diskutieren in aller Gemütsruhe, wer hier eigentlich wen rettet. Der Bösewicht selbst, der 400 Seiten lang aufgebaut und als fieser Dämon hingestellt wurde, wird dann so banal und nebenbei um die Ecke gebracht, dass man es fast überliest, wenn man nicht genau aufpasst. Und da MacAlister eben nicht erzählen und dem Leser die Handlung zeigen kann, lässt sie ihre Protagonisten dann noch drei Seiten lang darüber referieren, wie und warum sie den Dämon nun umgebracht haben.

Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, MacAlister würde sich ständig selbst parodieren. So führt ihre Unfähigkeit, Personen irgendwie eindeutig zu charakterisieren (z. B. durch deren Handlungen) dazu, dass Adrian ständig in Dialogen wiederkäut, dass er der Verräter ist und alle ihn hassen. „Ich bin kein Stimmungsring. Ich bin kein Spielzeug. Ich bin gefährlich und werde von allen gefürchtet!“ Das erinnert sehr stark an die bellenden Hunde, die nicht beißen, und so verbaut sich MacAlister selbst die Chance, Adrian als Vampir mit dunklem Geheimnis erscheinen zu lassen. Und wenn dieser große böse Vampir seine Auserwählte dann auch noch ständig Hasi nennt, dann ist die schmale Grenze zwischen lustig und unterirdisch definitiv überschritten.

Während die beiden vorangegangenen Romane noch so etwas wie einen nachvollziehbaren Plot hatten, wird es bei „Küsst du noch oder beißt du schon?“ bereits schwierig, einen solchen auszumachen. Es gibt zu viele Ungereimtheiten und klaffende Logiklöcher, um eine geradlinige Handlung erkennen zu können. Stattdessen wird viel hin- und hergerannt. Es wird viel verfolgt und weggelaufen, und irgendwann nach der Hälfte präsentiert uns MacAlister noch den bösen Zwilling, der eigentlich alle Fäden in der Hand hält. Das ist allerdings alles so abstrus und verwirrend herbeigeschrieben, dass man permanent mit dem Kopf schütteln möchte.

Ebenfalls mit dem Kopf schütteln möchte man bei MacAlisters schaurigem Einfall, ein paar Mumien einzubauen, um die Leserschaft zu amüsieren. Leider sind die Mumien vollkommen sinnlos, da sie für die Handlung keinen Zweck erfüllen. Sie sind reines Füllsel und leider zu eklig. um noch lustig sein zu können.

Schon „Blind Date mit einem Vampir“ und „Kein Vampir für eine Nacht“ waren keine Highlights der romantischen Vampirliteratur. Mit „Küsst du noch oder beißt du schon?“ schreibt sich MacAlister allerdings in ungeahnte Abgründe der Anspruchslosigkeit. So viel banal, plakativ und klischeehaft gibt’s selten fürs Geld!

|Die Dunklen|

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ [(„Blind Date mit einem Vampir“) 4983
2. „Sex and the Single Vampire“ [(„Kein Vampir für eine Nacht“) 5633)
3. „Sex Lies and Vampires“ („Küsst du noch oder beißt du schon?“)
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

|Originaltitel: Sex, Lies and Vampires
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig und Bettina Oder
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8140-3|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.katiemacalister.com

King, Stephen – Schwarz (Der Dunkle Turm I)

_Handlung:_

Der Revolvermann Roland ist der Letzte seiner Art und sucht schon sein ganzes Leben lang nach dem geheimnisvollen Dunklen Turm. Doch um diesen zu finden, braucht er die Hilfe des Manns in Schwarz, eines Magiers, der aber alles andere im Sinn hat als Roland zu helfen und mit ihm lieber seine Spielchen spielt.

So kommt es, dass der Revolvermann den Mann in Schwarz quer durch die Wüste verfolgt, die ihn bisweilen beinahe völlig in die Knie zwingt. Zwischendurch macht Roland in einem Dorf halt, wo er Allie kennenlernt und auf eine unangenehme Art und Weise erneut Zeuge der magischen Kräfte des Mannes in Schwarz wird. So zieht er schon kurz darauf wieder weiter, bleibt jedoch nicht allzu lange allein, denn bald trifft er auf den Jungen Jake, der nicht weiß, wo er ist, geschweige denn, woher er eigentlich kommt.

Roland ist sich sicher: Jake stammt nicht nur von einer anderen Welt, sondern ist auch eine besonders gemeine neue Spielvariante des Mannes in Schwarz. Roland schließt den Jungen immer mehr in sein Herz, obwohl er weiß, dass er Jake opfern muss, wenn er hinter das Geheimnis des Dunklen Turms gelangen will …

_Eindrücke:_

„Schwarz“ ist der erste von insgesamt sieben Bänden des Zyklus „Der Dunkle Turm“. Stephen King hat mit seinem siebenteiligen Werk eine Welt geschaffen, die sogar für das Fantasygenre ungewohnt ist: Er vermischt Fantasy mit dem Wilden Westen. Doch auch wenn der ein oder andere nun die Nase rümpfen und sich denken wird „Fantasy und Wilder Westen, wie soll das denn aussehen?“, ist Stephen King diese eigenartige Mischung mehr als nur gut gelungen und er macht wesentlich mehr daraus, als man beim ersten Gedanken daran erahnen dürfte.

„Schwarz“ spielt hauptsächlich in der Wüste, verfügt über die Kulisse eines Westerns und handelt von einem Revolvermann namens Roland; doch dieser fantastische Wilde Westen, den Stephen King erschaffen hat, ist eine wesentlich düstere Welt, als sie auf den ersten Anblick erscheint, und reicht noch viel weiter bis in völlig neue und andersartige Welten hinein. Die Welt in „Schwarz“ wirkt leer, kahl und trist und wird von kaum einer Menschenseele bewohnt, einmal abgesehen von einigen Grenzbewohnern, wenigen kleinen Dörfern, Dämonen und den Muties – mutierte Wesen, welche des Nachts nach leichten Opfern jagen. Es wirkt alles, als wäre die beste Zeit dieser kargen Welt schon längst vorbei, und es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, bis die Wüste vollkommen verlassen ist.

Durch diese gottverlassene Gegend streift der Revolvermann, dessen eigentlicher Name Roland und welcher der Letzte seiner Art ist. Wir lernen ihn als eher wortkargen Menschen kennen, der sein Ziel, den Dunklen Turm zu finden, beharrlich verfolgt. Er ist hinter dem Mann in Schwarz her, dem einzigen Menschen (oder soll ich sagen: „Wesen“?), der ihm Auskunft über den Dunklen Turm geben kann, und er setzt alles daran, um dieses Ziel zu erreichen. Er schreckt nicht davor zurück, ein ganzes Dorf über den Haufen zu knallen oder den Jungen Jake, den er in sein Herz geschlossen hat, zu opfern, um schrittweise näher an sein großes Ziel zu gelangen.

Durch mehrere Zeitsprünge, die den Verlauf der Geschichte ab und zu etwas durcheinanderbringen, erfahren wir mehr über die Vergangenheit des Revolvermanns. Wir erfahren etwas über seine grausame Kindheit und seinen verfrühten Aufstieg zum Revolvermann. Weshalb er den dunklen Turm sucht und warum er mittlerweile der Einzige seiner Art ist, erfahren wir jedoch vorerst nicht.

Sein Gegenspieler ist der Mann in Schwarz. Auch von ihm erfährt man eigentlich nicht viel: man weiß nicht, woher er kommt, was er für ein Wesen ist und ob er gut oder böse ist. Er scheint auf den ersten Blick lediglich ein wenig verrückt und gleichzeitig intelligent zu sein. Er spielt mit dem Revolvermann ein Katz-und-Maus-Spiel, lässt sich jagen und stellt Roland auch die ein oder andere Falle, die ihn auf seinem Weg behindern oder ihm lediglich das Leben schwermachen soll. Erst ganz zum Schluss gelingt es Roland, den Mann in Schwarz einzuholen (oder hat dieser sich vielleicht einholen lassen?), und er stellt ihn zur Rede. Dort erhält er vom Mann in Schwarz viele Hinweise auf den Dunklen Turm und auf seine Zukunft …

So weit, so gut, doch der erste Teil des „Dunklen Turms“ weist dennoch ein großes Manko auf: Während der Revolvermann dem Mann in Schwarz durch die Wüste hinterherjagt und der Leser das ein oder andere Detail aus Rolands Kindheit und Vergangenheit erfährt, geschieht ansonsten beinahe nichts. Die ganze Handlung des Buches ist ein ewiger Marsch durch die Wüste, der mal hier und mal dort von einigen Gefahren und Hindernissen gespickt ist. Doch das war es grob gesehen auch schon. Viel mehr wird dem Leser handlungstechnisch nicht geboten, was bei dem ersten Teil einer insgesamt sieben Bände starken Reihe recht problematisch ist. Immerhin erwartet man schon beim ersten Band bestmögliche Unterhaltung, und ist das nicht der Fall, werden viele Leser schon früh die Lust an der Reihe verloren haben.

Zu guter Letzt noch einige Worte zum Schreibstil des Horror-Meisters: Dieser ist auf seine ganz eigene Weise faszinierend und absolut passend für die Welt, welche er geschaffen hat. Beschreibt er Roland im Hier und Jetzt, beschränkt er emotionale Ausführungen auf ein Minimum, was wohl auf die grausame Kindheit des Revolvermanns zurückzuführen ist. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass der Revolvermann als ein gefühlskalter Protagonist rüberkommt. Stephen King schafft es trotz weniger direkter Beschreibungen, Rolands Gefühle passend und sehr authentisch wirken zu lassen. Dies gelingt ihm auch bei den restlichen Charakteren, die eher Nebenrollen einnehmen, ebenfalls sehr gut.

Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren scheut sich Stephen King nicht davor, Exkremente und Genitalien in seine Erzählweise mit einzubeziehen. Diese Tatsache lässt das Werk noch ein wenig trister und gleichsam auch direkter wirken.

_Fazit:_

An und für sich bietet der Auftakt zu „Der dunkle Turm“ interessante und kurzweilige Unterhaltung, die allerdings kaum Spannung aufweist. Man sollte „Schwarz“ wirklich als den Einstieg in die Welt des Dunklen Turms sehen und nicht gleich aufgeben, sollte einem dieser erste Teil noch nicht so zusagen.

_Der Autor:_

Stephen Edwin King wurde am 21. September 1947 in Portland, Maine, geboren. Er schrieb unter anderem auch unter Pseudonymen wie Richard Bachman und John Swithen. Er ist einer der erfolgreichsten und bekanntesten Horror-Schriftsteller und hat bislang mehr als 400 Millionen seiner Bücher verkaufen können. Heute lebt er zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, in Maine und Florida.

|Der Dunkle Turm:|

Band 1: Schwarz
Band 2: Drei
Band 3: Tot
Band 4: Glas
Band 5: [Wolfsmond 153
Band 6: [Susannah 387
Band 7: [Der Turm 822
|Originaltitel: The Dark Tower: The Gunslinger
Übersetzt von Joachim Körber
352 Seiten, Broschur
ISBN-13: 978-3-453-87556-2|
http://www.heyne.de
http://www.stephenking.com
http://www.stephen-king.de

_Mehr von Stephen King auf |Buchwurm.info|:_

[„Wahn“ 4952
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[„Der Sturm des Jahrhunderts“ 535
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[„Atlantis“ 322
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[„Nachtschicht 2“ 5651 (Hörbuch)

Nicholson, William – Noman (Der Orden der edlen Krieger III)

Band 1: [„Sucher“ 3817
Band 2: [„Jango“ 4590

_Sucher_ hat die Savanter gefunden. Doch zwei von ihnen konnten entkommen. Nun verfolgt Sucher sie durch das halbe Land. Als er sie endlich stellen kann, passiert etwas Unvorhergesehenes …

Der Wildling hat eine ganze Armee aus Spiekern um sich versammelt. Sein Ziehvater und Vertrauter Schlange drängt ihn zum Handeln, doch der Wildling weiß nichts mit seiner Armee anzufangen. Ziellos lässt er sich einfach treiben. Bis Schlange ihn zum Handeln zwingt …

Morgenstern sieht die Entwicklung mit Schrecken und Kummer. Und so beschließt sie, die Spiekerarmee zu verlassen. Nach nur einem halben Tag auf Wanderschaft gabelt sie ein paar verlassene Kinder auf, die sich ihr anschließen. Sie will sie in ihr Heimatdorf bringen, damit sich jemand um sie kümmert, doch der Ort ist verlassen. Die Einwohner sind alle dem Freudenbringer gefolgt …

_Die Charaktere_ haben noch einmal Zuwachs bekommen: die beiden Savanter – ein Mann namens Manlir und eine Frau, deren Namen man erst am Ende erfährt – sowie Noman, der Gründer des Ordens der edlen Krieger. Schade nur, dass diese drei so wenig eigenes Profil zeigen. Noman taucht wie Jango lediglich als Ratgeber für Sucher auf. Das erscheint nicht weiter verwunderlich, da er ja eigentlich seit zweihundert Jahren tot ist. Aber auch die beiden Savanter bleiben größtenteils schemenhaft. Nicht einmal die Vergangenheit, für die diese schattenhaften Figuren stehen, nimmt durch sie mehr Kontur an. Letztlich bleiben sie nicht mehr als Stellvertreter für ihre jeweiligen Ideologien. Lediglich die drei Hauptprotagonisten bieten noch ein wenig Entwicklung in ihren Charakteren.

_Was die Handlung betrifft_, so hat der Autor diesmal den bunten Rahmen, der in den beiden Vorgängerbänden den roten Faden verbrämt hat, einfach weggelassen. Übrig geblieben ist vor allem Suchers Jagd nach den Savantern und letztlich nach der Wahrheit, nach Antworten auf all die offenen Fragen, die im Laufe der Geschichte aufgetaucht sind. Dieser Hauptstrang überlagert nach und nach alle anderen Stränge. Und er neigt sich zunehmend in eine ausgesprochen philosophische Richtung. Das verleiht dem Band einen wesentlich ernsteren Grundtenor, als er der Trilogie bisher zueigen war.

Der Hintergrund, vor der sich all das abspielt, hat sich ebenfalls stark gewandelt. Die alte Ordnung ist völlig zusammengebrochen. Der Nom ist zerstört, die Nomana in alle Winde verstreut. Sören Similin, der die Herrschaft über Radiosa an sich gerissen hatte, ist der Rache des Erfinders Evor Ortus zum Opfer gefallen. Und der Jahan der Orlaner ist krank und schwach und wird schließlich von seinem eigenen Sohn ermordet.
Aus dieser Situation der Orientierungslosigkeit und Unsicherheit resultiert zunächst einmal ein ziemliches Durcheinander. Die orlanische Armee ist zu marodierenden Banden zerfallen, skrupellose Geschäftemacher versuchen, die letzten Wohlhabenden über den Tisch zu ziehen, selbsternannte Heilsbringer tauchen auf und ziehen ganze Scharen von Anhängern an.
Alles in allem ein gelungenes, wenn auch nicht besonders differenziertes Bild eines gesellschaftlichen Umbruchs.

_Ich muss aber gestehen_, dass es mir trotzdem schwerfiel, mich in diesen letzten Band hineinzufinden. Dazu hat sicherlich der lange Leseabstand von mehr als einem Jahr beigetragen. Hauptsächlich aber lag es am Gesamteindruck.

Die Geschichte wirkt zum einen ziemlich sprunghaft. Sucher legt bei seiner Jagd/Suche immense Strecken zurück, in kürzester Zeit und ohne dass dazu viel gesagt würde, und zwar stellenweise dieselben Strecken: zum Meer, wieder ins Landesinnere, wieder ans Meer … wie ein Pingpong-Ball. Auf einer dieser Strecken verirrt er sich auch noch, und zwar nicht einfach so, wie man sich im Dunkeln verläuft oder in einem weglosen Wald, sondern in sozusagen metaphysischer Hinsicht.

Zum anderen empfand ich die Antworten, die Sucher letztlich findet, als lückenhaft. Das gilt vor allem für die Szene, die sich in der Felsnadel in der Wüste abspielt. Sie wirft letztlich mehr Fragen auf, als sie beantwortet, zum Beispiel die Frage nach der Identität der Beteiligten. Andere Fragen werden überhaupt nicht beantwortet, zum Beispiel die, warum die Savanter eine Bedrohung für das Ewige Kind sein sollten, denn das sind sie tatsächlich gar nicht. Die Bedrohung ist letztlich jemand ganz anderer, wobei sich hier schon wieder die Frage stellt, ob er denn wirklich eine Bedrohung ist.

Das Allermerkwürdigste aber ist der Endkampf zwischen Sucher und Manlir. Das gilt für seinen Verlauf ebenso wie für sein Ergebnis. Hier spielt die Philosophie so stark ins Metaphysische, dass sie den Boden unter den Füßen verliert und schon fast parabelhafte Züge annimmt. Nur, Parabel wofür?

_Mit anderen Worten_, dieser letzte Band wollte sich einfach nicht zu einer runden Sache fügen lassen. Vielleicht war der Entwurf des philosophischen Grundgerüstes, Nomans Experiment, einfach zu sperrig, zu weit hergeholt. Der Versuch, die Welt zu erklären, einen Grund für Leid und Kummer zu finden, die Frage nach der Existenz Gottes zu beantworten, ist ja durchaus nicht neu. Aber in diesem Fall konnte mich die Erklärung – trotz einiger interessanter Gedanken – nicht zufriedenstellen.

_William Nicholson_ ist Brite und arbeitete nach seinem Anglistikstudium zunächst für die BBC. Inzwischen ist er Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Aus seiner Feder stammt „Die Gesellschaft der Anderen“ sowie im Jugendbuchbereich die |Aramanth|-Trilogie. Er schrieb die Drehbücher für „Nell“ und „Der Marsch“ sowie für „Gladiator“, mit dem er für den Oscar nominiert wurde.

|395 Seiten
ISBN-13: 978-3-423-71316-0|
[Verlagsspezial über William Nicholson 3817
http://www.williamnicholson.co.uk
http://www.dtvjunior.de

_Außerdem von William Nicholson auf |Buchwurm.info|:_
[„Der Windsänger“ 1048

Katie MacAlister – Kein Vampir für eine Nacht

In Katie MacAlisters „Blind Date mit einem Vampir“,  dem Auftaktroman ihrer Reihe um die „Dunklen“, durfte die geneigte Leserin verfolgen, wie die Hauptfigur Joy in Tschechien zwar nicht den Vampir, aber doch den Mann fürs Leben fand. In der Fortsetzung „Kein Vampir für eine Nacht“ kann man nun zwar erfahren, wie es mit Joy und Raphael weitergegangen ist, aber nur in einer Nebenhandlung. Tatsächlich hat sich MacAlister für den zweiten Band eine neue Protagonistin ausgedacht, die es auf den folgenden 400 Seiten erfolgreich zu verkuppeln gilt.

Allegra ist Beschwörerin, das heißt, sie ruft Geister herbei. Inwiefern so etwas die Miete, den Supermarkteinkauf und anfallende Rechnungen bezahlen soll, erklärt MacAlister zwar nicht. Trotzdem hat Allegra eine Festanstellung, und das, obwohl es ihr in ihrer gesamten Karriere noch niemals gelungen ist, auch tatsächlich einen Geist herbeizurufen. Ihr Chef ist davon kaum begeistert, darum hat er sie nach London geschickt, wo sie nun endlich mal etwas Ordentliches beschwören und damit den Beweis ihrer Fähigkeiten erbringen soll. Tatsächlich ist London ihrem geheimen Beschwörer-Gen offensichtlich sehr zuträglich, denn am Schluss des Romans hat sie sieben Geister beschworen, die ständig um sie herumschwirren (wenn sie sich nicht gerade im Fernsehen „Buffy“ ansehen).

Nebenbei soll sie bei ihrem London-Aufenthalt auch unbedingt einer Lesung von J. C. Dante beiwohnen und ihrer Freundin ein signiertes Buch mitbringen. Allie selbst hält von Dantes Romanen überhaupt nichts und wirft sich eher widerwillig in das weibliche Getümmel, das den Starautor paranormaler Romanzen umgibt. Allerdings lernt sie dort Joy und Roxy kennen, die sofort beschließen, dass Allie Dantes Auserwählte sein muss. Und dass, obwohl sie Dante unglaublich arrogant und unsympathisch findet! Es kommt natürlich alles, wie es kommen muss: Sie fällt mit Christian (also Dante) in die Kissen, sie gestehen sich ihre ewige Liebe und dazwischen müssen noch ein böses magisches Triumvirat besiegt und ein Dämon zurück in die Hölle geschickt werden – aber das ist eher lästiges Beiwerk. Stattdessen konzentriert sich MacAlister auf Bettgeschichten, wahnsinnig süßliche Liebesgeständnisse und unglaublich nervtötende Dialoge.

Wer „Blind Date mit einem Vampir“ kennt, kennt auch „Kein Vampir für eine Nacht“, denn die Fortsetzung ist „more of the same“, wie der Engländer so schön sagt. Wieder gibt es eine Ich-Erzählerin und wieder ist sie leicht fehlerhaft – diesmal sind es ein vernarbtes Bein und verschiedenfarbige Augen. Ganz klassisch kann sie den Mann ihrer Träume zunächst nicht ausstehen, nur um schließlich doch noch seinem Charme zu erliegen und als ultimativen Liebesbeweis ihr Leben für den Liebsten zu riskieren. Selbiger war zwar anfangs auch nicht von seiner Auserwählten angetan, doch ist er selbstverständlich gegen sein Schicksal machtlos: Allie ist dazu auserkoren, Christians Seele zu retten, und das wird sie auch tun, da kann der arrogante Macho sich noch so sehr wehren. Das bedient natürlich das gleiche Klischee wie der Erstling, nämlich das Männer zwar gutaussehend und sexy, aber geistig auf dem Stand von Neandertalern verblieben sind und deshalb nicht wissen, was gut für sie ist. Darum müssen sie gegen ihren Willen von einer gutmeinenden Frau verführt und in den Hafen der Ehe verschifft werden.

Viel Handlung ist bei „Kein Vampir für eine Nacht“ nicht zu erwarten, und was MacAlister an Handlung bietet, ist reichlich abstrus und teilweise widersprüchlich. Das macht der Autorin offensichtlich nichts aus, man hat nie den Eindruck, dass sie ihren Roman oder ihre Charaktere sonderlich ernst nehmen würde. Ihr Personal ist dermaßen überzeichnet und viele Szenen sind so slapstickartig aufgebaut, dass einem als Leser schnell schwindelig wird. Das alles soll natürlich kurzweilig und witzig sein, doch wirkt es meistens nur übertrieben und spleenig.

Offensichtlich ist MacAlister der Meinung, Vampire seien das Ultimum an Romantik. Deshalb nennt sie sie auch nicht „Vampire“, sondern „Dunkle“ – gerade so, als wäre Vampir politisch unkorrekt und diskriminierend. Dunkle, das sind bei MacAlister unsterbliche, Blut trinkende Männer, die verzweifelt auf der Suche nach ihrer Auserwählten sind, denn nur sie kann die Seele des Dunklen retten. Ohne Frau ist er verzweifelt, deprimiert, selbstmordgefährdet – mit Frau ist er vollkommen, glücklich und endlich ein ganzer Mann. So sagt Allie an einer Stelle über Christian: „Christian war im Grunde seines Herzens zutiefst verzweifelt und sehnte sich nach Liebe, denn sie war der Schlüssel zur Rettung seiner Seele.“ Hach, wie schön! Ist der Dunkle erst einmal romantisch errettet (d. h. aus seinem Neandertalerstadium befreit), mutiert er zum zuvorkommenden Liebhaber und potenten Sexgott; schließlich ist es fortan seine Lebensaufgabe, seine Geliebte wunschlos glücklich zu machen. Na, das sind doch Aussichten!

Schon diese völlig an den Haaren herbeigezogene und gänzlich auf den Romance-Plot ausgelegte Vampirmythologie ist an Kitsch kaum zu überbieten. Leider sind MacAlisters Charaktere auch nicht viel besser. Allie ist die typische Heroine, die nicht ganz perfekt ist und anfangs an sich zweifelt (es ist aber auch blöd, ein Beschwörer zu sein, wenn man offensichtlich gar nicht beschwören kann). Schlussendlich findet sie aber im Laufe der Handlung sich selbst und damit auch den Mann ihrer Träume. Und auch wenn sie anfangs mit Christian nicht viel anfangen konnte, so sieht sie doch irgendwann die Vorzüge eines Vampirs und erklärt ganz hingerissen: „Von einem Dunklen geliebt zu werden, ist alles, was sich eine Frau nur wünschen kann.“

Dumm nur, dass auch die Liebe völlig zerredet wird. MacAlister scheint unfähig, dem Leser Dinge zu zeigen – durch Taten oder Andeutungen. Schließlich hat sie einen Liebesroman geschrieben, und da muss alles deutlich und auch für den naivsten Leser zu durchschauen sein. Deshalb wird geredet, ständig und unaufhörlich. Anstatt zu zeigen, wie die Charaktere sich lieben, lässt MacAlister sie ihre Liebe gestehen – immer und immer wieder. Das geht so weit, dass selbst die Sexszenen so von Dialogen durchzogen sind, dass die Erotik vollkommen verloren geht. Wenn Allie und Christian das erste Mal Sex haben, hat man eher den Eindruck, die beiden würden eine gepflegte Unterhaltung führen (bei der sie zufällig nackt sind und Körperflüssigkeiten austauschen). Wie abtörnend.

Auch die Nebencharaktere sind nicht besser. Da hochschwanger, erscheint Joy noch mehr wie eine unförmige Planschkuh. Und deren beste Freundin Roxy, die schon in „Blind Date mit einem Vampir“ nie den Rand halten konnte, ist nun tatsächlich noch nerviger – unglaublich, aber wahr. Ständig plappert sie unzusammenhängendes Zeug, macht peinliche Bemerkungen und unterbricht Dialoge gerade dann, wenn doch einmal so etwas wie Handlung transportiert werden soll. Ohne Frage ist Roxy die Gülcan der Supernatural Fantasy. Leider fällt ihr nie ein Backstein auf den Kopf. Sie wird auch nicht vom Auto überfahren oder von einem Dämon gefressen. Es besteht also die berechtigte Gefahr, dass sie auch in zukünftigen Fortsetzungen ihr sinnloses Gelaber verbreiten wird.

„Kein Vampir für eine Nacht“ ist uninspirierte Schnulzenkost, ein Roman vom Fließband, der sich nur minimal vom Vorgänger „Blind Date mit einem Vampir“ unterscheidet. Wer Kitsch mag, ist hier vermutlich richtig. Wer eine gute Liebesgeschichte will, sollte sich eher ein anderes Buch suchen.

Man muss Egmont LYX zugute halten, dass sie die Romanreihe wunderbar aufgemacht auf den Markt gebracht haben. Die Covergestaltung und das Artwork sind wirklich peppig und liebevoll. Nur schade, dass der Inhalt nicht hält, was die Verpackung verspricht.

Die Dunklen

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ („Blind Date mit einem Vampir“)
2. „Sex and the Single Vampire“ („Kein Vampir für eine Nacht“)
3. „Sex Lies and Vampires“ („Küsst du noch oder beißt du schon?“)
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

Originaltitel: Sex and the Single Vampire
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8139-7
www.egmont-lyx.de
www.katiemacalister.com

Sara Douglass – Gesandter des Teufels (Das dunkle Jahrhundert 4)

Band 1: „Hüter der Macht“
Band 2: „Tochter des Krieges“
Band 3: „Diener des Bösen“

_Hal Bolingbrokes Plan_ zur Beschaffung der Schatulle mit Wynkyn de Wordes Buch ist misslungen. Nicht nur, dass es nicht die richtige Schatulle war, sie hat auch noch einen entsetzlichen Preis gefordert. Und Thomas Neville muss erkennen, dass seine Überzeugung, er könne zu Margaret genügend Distanz wahren, um sich nicht zu verlieben, eine gravierende Fehleinschätzung war. Jetzt versucht er, sich selbst davon zu überzeugen, dass seine unleugbare Liebe zu Margaret nicht bedeuten muss, dass er ihr auch seine Seele schenkt.

Sara Douglass – Gesandter des Teufels (Das dunkle Jahrhundert 4) weiterlesen

Sara Douglass – Diener des Bösen (Das dunkle Jahrhundert 3)

Band 1: [„Hüter der Macht“ 4812
Band 2: [„Tochter des Krieges“ 5506

Thomas hat auf Betreiben Lancasters Margaret geheiratet. Doch er ist fest davon überzeugt, dass es ihm trotzdem gelingen wird, sich nicht in sie zu verlieben. Viel mehr Kopfzerbrechen als die Versuchung durch Margaret bereitet ihm inzwischen die Suche nach der Schatulle, in der sich de Wordes Buch befindet. Thomas ist der Überzeugung, dass sie sich in Westminster befindet, bei Richard, der inzwischen König von England ist. Es scheint aussichtslos, an das kostbare Stück heranzukommen. Bis Bolingbroke einen merkwürdigen Plan ersinnt …

_An der Charakterzeichnung_ hat sich nicht viel verändert, nur drei neue Caraktere werden wichtig. Der eine ist Mary de Bohun. Die junge Frau ist eine reiche Erbin und Hal Bolingbrokes Braut. Sie ist jung, von zarter Gesundheit und auch ein wenig schüchtern, und sie fürchtet sich zunächst vor ihrem Mann. Gleichzeitig beweist sie erstaunliche geistige Stärke und Großherzigkeit, indem sie Margaret beisteht, und das, obwohl sie diese für Bolingbrokes Geliebte hält.

Der zweite ist Katherine, die Tochter des französischen Königs. Sie ist jung und intelligent, da aber nach salischem Recht die weibliche Linie nicht erbberechtigt ist, hat sie sich bisher zurückgehalten. Erst nach einem Gespräch mit ihrer Mutter Isabella beginnt sie, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ihre erklärte Gegnerin ist … Jeanne d’Arc.

Und zu guter Letzt wäre da noch Robert de Vere, der Earl of Oxford, ein schmieriger, intriganter Kerl, der den jungen König komplett um den Finger gewickelt hat und sich von ihm nun mit Titeln und Ländereien überschütten lässt, was ihm eine enorme Machtfülle verleiht. Eine ausgesprochen einseitige Machtfülle, wie vor allem Lancaster und seine Anhänger finden.

Die Intensität dieser drei neuen Figuren reicht nicht an die von Thomas und Margaret heran. Mary ist bisher nicht wichtig genug, de Vere taucht nur zusammen mit Richard auf, und Katherine steht von Anfang an als Verbündete Bolingbrokes fest, was viel von dem Raum beansprucht, den die Autorin auf die Charakterzeichnung verwandt hat. Trotzdem haben sie alle genug Profil erhalten, um nicht hölzern oder plakativ zu wirken.

_Die Handlung dagegen_ hat einiges an Neuem zu bieten. Inzwischen kann der Leser sicher sein, dass Margaret und Hal wie auch Katherine mehr sind als „normale“ Menschen. Aber gehören sie wirklich zu den schaurigen Geschöpfen, die Neville und Lancaster in Frankreich begegnet sind? Hier besteht noch immer eine erstaunliche Diskrepanz. Und dann sagt Margaret, sie sei kein Dämon, sondern ein Engel! Fest steht allerdings auch, dass der Erzengel Michael ein unversöhnlicher Gegner Margarets ist! Es scheint, als würde die einfache Frage, wer Dämon und wer Engel, wer gut und wer böse ist, schon gar nicht mehr ausreichen, als wäre hier noch eine dritte Gruppe beteiligt.

Auch Hal gibt verstärkt Anlass zu Spekulationen. Ganz offensichtlich gehört er zu Margarets Verbündeten, sie bezeichnet ihn gelegentlich sogar als ihren Lord, so, als wäre er eine Art Vorgesetzter. Der Plan im Zusammenhang mit der Beschaffung der Schatulle erinnert massiv an Thomas‘ frühere kaltherzige Rücksichtslosigkeit. Auch die Hochzeit mit Mary zeigt ziemlich kaltschnäutziges Kalkül. Ist Hal womöglich – mehr oder weniger absichtlich – auf dem Weg ins gegnerische Lager?

Und dann ist da auch noch Richard Thorseby. Der Ordensgeneral der Dominikaner fühlt sich durch Thomas‘ Austritt aus dem Orden sozusagen persönlich gekränkt und sinnt nun auf Rache. Nicht, dass er große Lust zu reisen hätte, doch in diesem Fall kommt ihm die Einladung zu einem Konzil in Rom dennoch zupass. Vielleicht lässt sich in dem Kloster in Rom, in dem Thomas‘ Reise durch Europa begann, etwas aufspüren, woraus er dem ehemaligen Mönch einen Strick drehen kann …

_All dies ist eingebettet_ in den geschichtlichen Hintergrund der Regierungszeit Richards II. Die Lancasters geraten immer weiter unter Druck, denn Richard fühlt sich durch John of Gaunt bevormundet und durch Hals Beliebtheit im Volk sogar in seiner Stellung bedroht. Schon aus gekränkter Eitelkeit ist er nicht bereit, die Argumente gegen seine Politik auch nur anzuhören, ganz gleich, wie vernünftig sie auch sein mögen. Außerdem ist er bestrebt, seinem Favoriten de Vere zu gefallen.

Ein zusätzlicher Streitpunkt ist die geplante neue Kopfsteuer, mit der Richard einen Feldzug nach Irland finanzieren will, obgleich der Krieg gegen Frankreich noch gar nicht beendet ist. Diesbezügliche Warnungen fasst er als Kritik auf und reagiert ausgesprochen scharf. In seinem Streit mit den Adligen des Reiches übersieht er allerdings völlig einen weiteren Faktor: sein Volk! Längst hat der Same, den Wanderprediger wie John Wycliff und John Ball im Volke gesät haben, Wurzeln geschlagen …

Sara Douglass hat diese verschiedenen, recht unterschiedlichen Aspekte geschickt zu einer nahtlosen, glatten Geschichte verwoben und dadurch den historischen Hintergrund auf eine Weise zum Schauplatz eines Kampfes zwischen Gut und Böse gemacht, der schon fast realistisch anmutet, trotz der vielen Fantasy-Elemente, die er enthält. Und noch immer ist sich der Leser nicht wirklich sicher, mit wie vielen Parteien er es eigentlich zu tun hat und wer zu welcher Partei gehört. Abgesehen von der Gefahr, die den Lancasters durch Richard II. droht, und dem sich anbahnenden Bürgerkrieg sorgt besagte Undurchsichtigkeit im Zusammenhang mit der Frage, wie Thomas Neville sich letztlich wohl entscheiden wird, wenn er endlich Wynkyn de Wordes Buch gefunden hat, für stetig steigende Spannung. Je weiter ich lese, desto faszinierter bin ich.

_Sara Douglass_ arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Streß. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaumzyklus| stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Außer dem |Weltenbaumzyklus| und dem |Sternenzyklus| schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. Zurzeit schreibt die Autorin an ihrer neuen Trilogie |Darkglass Mountains|. Der Folgeband zum Zyklus des dunklen Jahrhunderts erschien diesen Monat unter dem Titel „Gesandter des Teufels“.

|Originaltitel: The Wounded Hawk. The Crucible Two
Aus dem australischen Englisch von Sara Riffel
409 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN-13: 978-3-492-70164-8|

My Сreative


http://www.piper-verlag.de

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