Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

S. L. Viehl – Stardoc – Die Seuche (Band 1)

Story

Dr. Cherijo Grey Veil, Tochter des angesehenen und berühmten Joseph Grey Veil, möchte nur noch fliehen. Weg von Terra, und vor allem weg von ihrem tyrannischen Vater, dessen Einfluss sie nicht mehr länger ertragen kann. Während eines Bar-Besuchs lernt sie den Piloten Dhreen kennen, der mit seinem Schiff alsbald nach Kevarzangia Zwei reist und anbietet, die junge Ärztin mitzunehmen. Cherijo willigt ein und startet gemeinsam mit ihrer Hauskatze Jenner auf dem Kolonieplaneten ein völlig neues Leben.

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Weber, David – Kriegsgott, Der (Schwerter des Zorns 2)

David Weber wird gewöhnlich eher mit Science-Fiction und seiner starken Kommandantin Honor Harrington verbunden, in „Der Kriegsgott“, dem zweiten Band der „Schwerter des Zorns“-Trilogie (der dritte Band wurde für den deutschen Markt zweigeteilt), entführt er seinen Leser jedoch in urig barbarische Fantasygefilde.

Bahzell Bahnakson, Prinz von Hurgrum, ist stark, sehr stark – und mit viel gutmütigem Humor gesegnet. Zwar ist der fuchsohrige (im wörtlichen Sinne!) Hradani-Barbar wie die meisten Conan-Archetypen nicht gerade der hellste, aber dafür ein ausgesprochen moralischer Charakter. Das muss er auch sein, denn am Ende des ersten Bandes „Der Schwur“ ist der sture Bahzell, wenn auch widerstrebend, zum Paladin des Kriegsgottes Tomanâk geworden.

Leider muss der jüngste und wohl auch starrsinnigste Paladin Tomanâks erkennen, dass er mit seinem Rang auch eine ganze Menge an Pflichten aufgebürdet bekommen hat. So ist er wie die anderen Paladine ein Führer des Ordens des Tomanâk, einer militärischen Organisation, die überall in Norfressa für das Gute streitet.

Doch der Orden ist selbstgefällig und eitel geworden, viel zu viele Ritter sind wie Vaijon von Almerhas, der stets in schillernder Wehr und voller Standesdünkel aufgrund seiner adeligen Herkunft droht, die nötige Demut und Bodenhaftung zu verlieren. Dass ein stinkender Hradani-Pferdedieb von Tomanâk selbst zum Paladin auserwählt wurde, ist für ihn und viele andere Ritter ein Schlag ins Gesicht. Kaeritha, der zweite Paladin, der das Kapitel aufsucht, entpuppt sich als eine ehemalige Bauerntochter. Die beiden Paladine haben einige Erziehungsarbeit zu leisten, bevor das Kapitel in die Schlacht ziehen kann. Die Intrigen der dunklen Götter sehen vor, die von internen Konflikten zerrissenen Hradani in einen Krieg mit den Sothôii, ihren Erzrivalen, zu verwickeln.

Hier zu vermitteln, strapaziert die beschränkten diplomatischen Fähigkeiten Bahzells auf das Äußerste, die kluge und besonnene Kaeritha ist ihm dabei eine große Hilfe.

_Vorurteile sind härter als stählerne Fäuste_

Dem Kriegsgott bereitet es offensichtlich großen Spaß, seinen jüngsten Paladin vor eine Aufgabe zu stellen, für die er so scheinbar gar nicht geeignet ist. Bahzell lernt Verantwortung für mehr als nur sich selbst zu übernehmen. Das Thema Vorurteile gegenüber anderen Rassen/Hautfarben oder gegenüber Frauen hat Weber bereits in der Honor-Harrington-Serie aufgegriffen, dieses Mal wird es jedoch vielschichtiger und interessanter behandelt als die recht eindimensionalen und groben Vorurteile der Graysons gegenüber Frauen.

Dabei zeichnet er die durch ihre Vorurteile geblendeten Charaktere differenzierter als sonst üblich, gute und böse Charaktere sind in dieser Saga sonst von vornherein klar definiert. Hier jedoch beschreibt er sehr interessante Entwicklungen, einige Figuren werden ihre Vorurteile überwinden und gar vom Saulus zum Paulus werden, während andere von ihnen zu an Verrat grenzenden Handlungen getrieben werden.

Wie bereits im ersten Teil spart Weber nicht mit gelungenen, humorigen Dialogen, die ein wenig an den schnoddrigen Stil von David Eddings erinnern, aber passend zu der Figur des starken Hradani und seines Freunds Brandark rauer, hart aber herzlich sind. Die Paladina Kaeritha trägt dazu ebenso ihren Teil bei, sie ist mehr als nur eine Quotenfrau. Interessant ist, dass Weber wie bereits im ersten Teil auf eine Liebesgeschichte völlig verzichtet, er belässt es bei sehr zart angedeuteten Romanzen.

Action und Abwechslung satt werden geboten. Von den Höhlen der technisch sehr bewanderten Zwerge über die weiten Ebenen der Sothôii und ihren mystischen „Windrenner“-Pferden bis hin zu den Kapiteln des Ordens des Tomanâk und den Tempeln dunkler Götter voller entsprechender Monstren reicht das Spektrum. Dabei präsentiert sich Bahzell nie so archaisch wie Robert E. Howards Ur-Conan; schwarze Magie, Blutlachen und abgetrennte Gliedmaßen und vom Kampfschweiß geschwängerte Luft gibt es dennoch reichlich.

Der Weltentwurf Webers ist detailliert und liebevoll. Zwar ist der Kampf guter Götter gegen böse Götter klischeehaft, aber das Götterpantheon ist umfangreich und sorgfältig geplant. Im Anhang befinden sind zahlreiche Karten der Welt Norfressa und eine Auflistung und Beschreibung aller ihrer Gottheiten. Auf einen historischen Abriss der Weltgeschichte, der zum Verständnis einiger Details nötig ist und im ersten Band geschildert wird, wurde leider verzichtet. Der Krieg der Götter wird von auserwählten sterblichen Stellvertretern wie den Paladinen Tomanâks und ihren dunklen Gegenspielern geführt, direktes Eingreifen ist den Göttern untersagt, sie wirken durch ihre Diener.

_Fazit_

Bahzell erlebt unterhaltsame und actionreiche Abenteuer in einer detaillierten und faszinierenden Fantasywelt, Esprit und Humor zeichnen ihn aus. Besonders gelungen sind die Dialoge des sturen Hradani mit seinem Freund Brandark, Kaeritha oder dem Kriegsgott selbst. Die Übersetzung von Wolfgang Thon ist sehr gut gelungen, leider haben sich wie in allen Bänden der Serie viele kleine Setzungsfehler eingeschlichen.

„Der Kriegsgott“ stellt gegenüber dem ersten Band „Der Schwur“ sogar noch eine Steigerung dar, und bereits diesen kann ich uneingeschränkt empfehlen.

Der „Schwerter des Zorns“-Zyklus bei |Buchwurm.info|:

1. [„Der Schwur“ 2093
2. [„Der Kriegsgott“ 2889
3. [„Der Windreiter“ 2890
4. [„Die dunkle Göttin“ 2891

Brandis, Katja – Feuerblüte – Im Reich der Wolkentrinker (Band 2)

Auf ihrer Website erzählt Katja Brandis, dass ihr neues Buch „Feuerblüte – Im Reich der Wolkentrinker“ davon beeinflusst wurde, dass sie zum Zeitpunkt des Schreibens ein Buch über die amerikanische Geschichte gelesen hat.

Daraus ist schließlich das Grundkonzept von Dienern und Denkern in der Stadt Rhianna entstanden. Rhianna ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Fest für die Sinne, als Alena, Heldin des [ersten Bandes 2876 der „Feuerblüte“-Serie, mit ihren Freunden dort ankommt. Nachdem am Rande von Daresh, ihrer Heimat, die magische Grenze, die das Land abschirmt, gefallen ist, beschließt die wagemutige Schwertkämpferin zu erforschen, was jenseits von Daresh liegt.

Nach einer beschwerlichen Reise werden sie in der fremden Stadt nicht gerade freundlich empfangen. Im Gegenteil möchte man sie zuerst im Gefängnis versauern lassen, doch mit einer kleinen Kostprobe der magischen Kräfte von Jorak, einem gildenlosen Streuner aus der Stadt Ekaterin, der Alena im ersten Band kennen und lieben gelernt hat, erlangen sie genug Respekt des alten Stadtvorsitzenden Ydra, um wie Ehrengäste behandelt zu werden. Ydra sieht in Jorak sogar einen würdigen Nachfolger und er spinnt den jungen Mann, der nie ein Zuhause gehabt hat, weil keine Gilde ihn, der Eltern aus zwei verschiedenen der vier Gilden in Daresh hat, aufgenommen hat, so sehr ein, dass er nicht merkt, was in Rhianna wirklich läuft. Denn die Bewohner der Stadt leben in Saus und Braus und permanentem Müßiggang. Die Künste werden groß geschrieben und man fröhnt ihnen in verschiedenen Tempeln in der Stadt.

Doch wer ist dafür verantwortlich, dass alles so reibungslos und sauber läuft? Alena ahnt schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Die gleichgültig wirkenden Diener, Miks genannt, werden in ihren Augen ausgebeutet, damit die Denker ein schönes Leben haben. Zu spät merkt sie, wie die Herrschaftsverhältnisse wirklich sind …

Katja Brandis hat etwas verwirklicht, das man so nicht erwartete. Während der [erste Band 2876 der Triologie um die Schwertkämpferin Alena recht durchschnittlich und spannungsarm war, steigert sie sich mit „Im Reich der Wolkentrinker“ erheblich. Dichter und atmosphärischer ist die Schreibe dieses Mal und weiß dadurch eine Menge Spannung zu erzeugen. Der geschickte Schachzug, die Reisegesellschaft an einem gewissen Punkt zu trennen und sie mit unterschiedlichem Wissensstand in Bezug auf die Miks alleine zu lassen, sägt an den Nerven des Lesers, während er dem Showdown entgegenfiebert.

Die Figuren haben ebenfalls an Tiefe gewonnen, auch wenn ihr Potenzial noch nicht völlig ausgeschöpft ist. Es gefällt wirklich sehr, dass Alena, die im ersten Band noch ein ziemlicher Hitzkopf war, ihr Temperament mittlerweile im Griff hat. Die Bewohner der Stadt Rhianna sitzen zwar ein wenig in einem Schwarzweißraster und dieser Typ von Mensch, der vom prallen Leben so verwöhnt ist, dass er die Wahrheit nicht sieht, ist auch nicht gerade innovativ. Dieses Motiv war schon sehr oft da und Brandis lässt hier zu wenig eigene Ideen einfließen, auch wenn sie sonst beim Aufbau ihrer Welt überzeugen kann. Dieses Mal spielen zwar die vier Gilden aus Daresh, die immer einen Grund für Streitereien geben, nur eine untergeordnete Rolle, aber das Land hinter Daresh kann sich sehen lassen. Brandis füllt ihre Fantasywelt zwar nicht bis unter die Decke mit magischen Gestalten und Co., aber sie schafft ein gutes Gleichgewicht zwischen Fantasie und der Geschichte, die sie erzählen möchte.

Die Art und Weise, wie sie diese erzählt, hat sich entgegen der Verbesserungen nicht wirklich geändert. Sie sorgt zwar dafür, dass der Roman dichter wirkt, aber die Wortwahl, der Satzbau weisen noch immer keine Besonderheiten auf, die man in einer Rezension vermerken könnte. Der Schreibstil ist Mittel zum Zweck, mehr auch nicht.

Glück für Brandis also, dass ihr dieses Mal der Aufbau und die Personen besser gelingen, denn sonst hätte es wieder nicht so gut für sie ausgesehen. Trotzdem: Wenn ich richtig zähle, enthält eine Triologie drei Bände und wir sind ja erst bei Band zwei angekommen. Deshalb harren wir einfach der Dinge, die noch kommen. Im Fall von „Im Reich der Wolkentrinker“ hat sich das schließlich auch gelohnt.

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Fallon, Jennifer – Erbin des Throns (Die Chroniken von Hythria 1)

Elezaar ist gerade knapp einem Massaker entronnen. Was nicht heißt, dass er in Sicherheit wäre! Zwar ist es ihm gelungen, das Haus des Sklavenhändlers Venira zu erreichen, doch so lange er nicht an eine neue Familie verkauft ist, hat er keinen Beschützer. Da kommt es ihm gerade recht, dass Großfürst Lernen Wulfskling just eine passende Heirat für seine Schwester Marla aushandelt. Nur dumm, dass Marla auf ihrer Suche nach einem geeigneten Court’esa ausgerechnet Alija Aarspeer dabeihat …

Marla Wulfskling legt keinerlei Wert auf den Kauf eines Court’esa, denn der Mann, den ihr Bruder für sie ausgewählt hat, ist leider nicht der, in den sie sich gerade frisch verliebt hat. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – weckt Elezaar ihr Interesse, denn er hat offenbar mehr zu bieten als die üblichen Schönlinge, die nur fürs Bett gut sind. Zu Alijas Entsetzen entscheidet sie sich für den Zwerg …

Deshalb macht Alija ihrer naiven, dummen, romantischen, kleinen Nichte einfach den Court’esa Corin zum Geschenk. Sie braucht dringend einen Spion in Marlas Umgebung. Da von Marlas Bruder kein Nachwuchs zu erwarten ist, wird Marlas Erstgeborener der Erbe des Großfürsten sein. Wenn es nach Alija geht, wird Marla keinen Sohn haben, denn nur dann hat ihr eigener Mann Barnardo Aussichten, sich selbst den Thron zu sichern. Zu dumm, dass der Großmeister der Magiergilde von dieser Aussicht überhaupt nicht begeistert ist und mit allen Mitteln gegen sie arbeitet …

Kagan Palenovar ist zwar von der Aussicht, Marla mit dem König von Fardohnja zu verheiraten, keineswegs erbaut, doch ist ihm bisher kein besserer Gedanken gekommen, um den unfähigen Lernen auf dem Thron zu halten. Das aber will er unbedingt, denn die Alternative für Hythrias Thron wäre ein schwacher Dummkopf mit einer ehrgeizigen Zauberin an seiner Seite, und das erscheint ihm als das größere Übel …

Da stirbt Glenadal Ravenspik, der Kriegsherr der Provinz Morgenlicht, und setzt zu aller Überraschung seinen Stiefsohn Laran, den Kriegsherrn von Krakandar, zu seinem Erben ein. Plötzlich gibt es eine hythrische Alternative zu Hablet von Fardohnja! Doch die Partei Alijas weigert sich, einer solchen Machtkonzentration zuzustimmen …

Auch Larans Familie macht Schwierigkeiten. Seine selbstsüchtige Halbschwester Darilyn und sein Halbbruder Mahkas fühlen sich durch Glenadal Rabenspiks Entscheidung übergangen und zurückgesetzt. Um auf irgendeine Weise zu Geld zu kommen, liefern sie ihre jüngste Schwester Riika, die Marla Wulfskling ähnlich sieht, gegen Lösegeld an Fardohnja aus. Allerdings erkennt der Obereunuch Hablets auf den ersten Blick, dass die Ausgelieferte nicht Marla ist. Da er nicht weiß, daß sie statt dessen Larans Schwester ist, lässt er sie kurzerhand töten! Als Mahkas von Riikas Tod erfährt, ist ihm sofort klar, dass, wenn er am Leben bleiben will, Laran keinesfalls von dem Verrat seiner Geschwister erfahren darf. Doch Darilyn verliert die Nerven …

|Themen und Charaktere|

In „Erbin des Throns“ geht es um dieselben Themen wie in der Dämonenkind-Trilogie: Macht, Intrigen, Mord. Nur der Kampf gegen einen übermächtigen Gott fehlt diesmal, die Bedrohung durch Xaphista ist lediglich eine Randerscheinung, was ich nicht unbedingt als Manko empfand. Auch spielt die Geschichte fast ausschließlich in Hythria, während R’shiel hauptsächlich in Medalon unterwegs war. Karien wird lediglich mal erwähnt … Das macht aber überhaupt nichts! Hythria allein bietet genug Stoff für Ränke und Verwicklungen!

Elezaars einziges Ziel ist, sich seiner Herrin so unentbehrlich zu machen, dass sie ihn keinesfalls irgendwann verkauft, denn das wäre sein Todesurteil. Alija will unbedingt ihren Mann auf dem Thron sehen und dann an seiner Statt herrschen. Kagan will auf jeden Fall Alija vom Thron fernhalten, gleichzeitig aber irgendwie erreichen, dass der Thronerbe aus Hythria stammt. Laran will einfach nur das Beste für Hythria. Mahkas will nicht immer nur Larans Gefolgsmann sein, sondern eine eigene Aufgabe. Darilyn will ein eigenes Vermögen. Und Marla will zunächst einfach nur den Mann heiraten, den sie liebt, und mit ihm bis an ihr Ende glücklich sein. Völlig klar, dass das alles nicht unter einen Hut zu bringen ist!

Am meisten hat Marla unter all den Machtkämpfen zu leiden. Kaum hat sie sich in Naschan Falkschwert verliebt, erfährt sie, dass sie Hablet von Fardohnja heiraten soll. Damit will und kann sie sich nicht abfinden. Als Nasch auf der Burg ihrer Tante auftaucht, wo Marla sich aufhält, flammt neue Hoffnung in ihr auf, doch einziges Ergebnis ist, dass sie nun auf einmal Laran heiraten soll! Der Ärger darüber, dass sie von den Männern lediglich als politisches Mittel benutzt wird, ärgert sie maßlos und macht sie zugänglich für Elezaars politische Lehren. Von ihm lernt sie, die geringen Möglichkeiten zu nutzen, die ihr in einer patriarchalischen Gesellschaft zur Verfügung stehen. Aus dem naiven, romantischen Kind wird eine erwachsene Frau. Natürlich kann Elezaar nicht verhindern, dass seine Herrin hartes Lehrgeld zu zahlen hat. Doch Marla, angetrieben von dem Wunsch, ihr Schicksal künftig selbst zu entscheiden und vor allem ihre Kinder zu beschützen, geht gestärkt aus diesen Kämpfen hervor und wird zu einem echten Machtfaktor in Hythria.

Ihre Gegenspielerin Alija zeichnet sich vor allem durch Machtgier und Skrupellosigkeit aus. Ursprünglich mit Laran Krakenschild verbandelt, hat sie ihm den Laufpass gegeben, weil sie glaubte, eine Ehe mit Barnardo Aarspeer böte ihr mehr Möglichkeiten, an die Macht zu gelangen. Neben ihrem Mann, den sie lediglich benutzt, hat sie noch eine Menge Liebhaber, die sie genauso benutzt. Überhaupt ist ihr jedes Mittel recht. Spionage, Lüge und Hinterlist sind dabei noch die harmlosen Varianten. Abgesehen davon liest sie Gedanken und manipuliert den Willen anderer, ihre Mordmethoden reichen von bezahlten Killern über Gift bis hin zur Magie.

Kagan Palenovar wirkt gegen Alija ziemlich fad. Da er auf der Seite der „Guten“ ist, darf er natürlich keine krummen Touren drehen. Aber obwohl er politisch hochaktiv ist und zwangsläufig auch Personen für seine Zwecke benutzt – zum Beispiel Marla und Laran -, wirkt er ansonsten fast ein wenig verschlafen. Sein Lehrling Wrayan hat mehr Zugriff auf die Macht der Götter als jeder andere in der Magiergilde, doch Kagan macht sich nicht die Mühe, ihn auch nur ansatzweise im Gebrauch seiner Fähigkeiten auszubilden. Seinen Aufgaben als Gildenmeister kommt er nur widerwillig nach. Fast scheint es, als würden ihn die Belange der Götter und Harshini langweilen.

Mahkas dagegen wirkt fast aktivistisch. Einerseits neigt er zur Oberflächlichkeit, andererseits ist er ziemlich ehrgeizig und durchaus nicht unfähig. Hätte er einen Kriegsherrn zum Vater gehabt, hätten sich seine Charaktermängel womöglich gar nicht ausgewirkt. Irgendwann hätte er seine eigene Provinz geerbt und alles wäre in Butter gewesen. So, wie die Dinge liegen, macht er allerdings eine eher klägliche Figur: ein Mann mit dem Willen zur Macht, aber zu wenig kaltschnäutzig, um zu den Bösen zu gehören, und zu schwach, um zu den Guten zu gehören, geplagt von Gewissensbissen und einer rasenden Angst vor Entdeckung. Stellenweise tat er mir regelrecht leid.

|Gesamteindruck|

Die Charakterzeichnung gefiel mir in diesem Band besser als in der Dämonentrilogie. R’shiel war in ihrem Zorn manchmal regelrecht blindwütig, und sie war fast ständig zornig. Auch Marla hat so manchen Grund, zornig zu sein, aber sie ist beherrschter als R’shiel, überlegter und damit wahrscheinlich gefährlicher, obwohl sie nicht über Magie verfügt. Alija kann mit Frohinia durchaus mithalten, auch wenn ihre Mittel gelegentlich etwas plumper sind als die der ehemaligen Ersten Schwester. Und während in der Dämonentrilogie Frohinia zu meinem großen Bedauern bereits am Ende des ersten Bandes außer Gefecht gesetzt wurde, bleibt Alija dem Leser noch erhalten, zumindest vorerst.

Auch der Handlungsverlauf lag mir mehr. Zwar scheinen die ständigen Enttäuschungen, die Marla nacheinander mit den verschiedenen Männern erlebt, sich auch irgendwann zu wiederholen, jedoch nicht so auffällig und nicht so oft wie es in „Kind der Magie“ der Fall war. Die Harshini tauchen nur in äußerst geringem Maß auf, was ich allerdings auch nicht sonderlich vermisste. Da sie nicht nur unfähig sind, Gewalt anzuwenden, sondern offenbar auch sonst in keinerweise Einfluss auf irgendetwas nehmen außer dadurch, dass sie mit jemandem ins Bett steigen, bleiben sie ziemlich farblos und eindimensional.

Was ich allerdings immer noch vermisse, ist ein stärkerer Ausbau der Magie. Alija wendet sie an, Brakandaran und Wrayan wenden sie an, R’shiel wandte sie an, aber der Leser weiß immer noch nicht, was genau in einem solchen Fall passiert. Jennifer Fallon kommt in diesem Punkt einfach nicht über Andeutungen hinaus. Sie erklärt nicht einmal, was genau ein Angeborener ist.

|Unterm Strich|

Alles in allem hat die Autorin in diesem Fall einen besseren Start gehabt als bei ihrer Dämonentrilogie. Marla hat sich zu einer willenstarken, klugen und mutigen Frau entwickelt, was ein interessantes Duell mit Alija verspricht. Auch Wrayan ist ein interessanter Charakter: Der von Kagan hauptsächlich in Diplomatie und Politik geschulte junge Mann hat offenbar von seinem Aufenthalt bei den Harshini etwas über Magie gelernt – wenn auch mit keinem Wort erwähnt wird, von wem und wie! – und durch seine Rückkehr auf die Straße noch zusätzlich an Potenzial gewonnen. Und auch Mahkas dürfte noch für einigen Wirbel sorgen, und sei es nur durch die Entdeckung seiner Schandtaten. Keine schlechte Ausgangsposition für die Fortsetzung „Retter des Throns“, die im Februar nächsten Jahres erscheinen soll.

Jennifer Fallon stammt aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nachzuhängen, unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Die Trilogie |DemonChild| war ihre erste Veröffentlichung. Außerdem stammt die Trilogie |Second Sons| aus ihrer Feder.

http://www.jenniferfallon.com/
http://www.heyne.de

_Jennifer Fallon bei |Buchwurm.info|:_

[„Kind der Magie“ 1328 (DemonChild Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (DemonChild Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (DemonChild Band 3)
[„Ritter des Throns“ 3327 (Die Chroniken von Hythria 2)

Brandis, Katja – Feuerblüte (Band 1)

Der „Kampf um Daresh“ ist mittlerweile beendet, doch Katja Brandis, die die gleichnamige Triologie geschrieben und in der |Ueberreuter|-Reihe „Meister der Fantasy“ veröffentlicht hat, ist noch nicht fertig mit der Welt, in der sich die Menschen in vier Gilden gruppieren. Mit „Feuerblüte“ beginnt sie einen neuen, dreibändigen Zyklus um die junge Schwertkämpferin Alena, die Tocher der verstorbenen Alix, eine der Protagonisten in „Kampf um Daresh“.

In Daresh teilen sich die Menschen in vier Gilden, die nach den vier Elementen benannt sind, auf. Die fünfzehnjährige Alena ist Mitglied der Feuergilde, das heißt, sie kann Schwerter schmieden und im Kampf sehr gut mit dieser Waffe umgehen. Sie steht gerade vor einem wichtigen Schritt, denn obwohl sie noch keine siebzehn ist, wird sie zur Meisterprüfung zugelassen. Ihr ungestümes Temperament verhindert allerdings, dass sie die Prüfung zur Meisterin besteht. Trotzdem beschließt sie, ihr Meisterschwert widerrechtlich zu tragen, was auch dringend notwendig ist, denn in Daresh treiben sich Gestalten herum, denen man nicht schutzlos gegenüber stehen möchte.

Ein Mann, der sich der „Heiler vom Berge“ nennt, zum Beispiel, und der seine mitreißende Predigt über die Liebe in der Handelsstadt Ekaterin hält, als sich Alena zusammen mit ihrer Tante Rena dort befindet. Rena erkennt in dem Heiler ihren Erzfeind Cano wieder, Alenas Onkel, der in Renas Jugend versucht hatte, Daresh unter seine Gewalt zu bringen. Beunruhigt meldet sie ihre Beobachtung dem Rat, doch dort nimmt man sie nicht ernst.

Zur gleichen Zeit ereilt Alena die Nachricht, dass ihr Vater im Koma liegt, nachdem er einen weißen Panther gesehen hat. Nachdem auch Renas Gefährte von dem Tier verzaubert wird, sehen die beiden ein, dass sie handeln müssen. Doch Cano, den sie verdächtigen, ist den beiden immer einen Schritt voraus und sorgt dafür, dass sie aufgrund seiner Intrigen in Ekaterin zu Geächteten werden. Nachdem er ihnen einen Mord angehängt hat, geht es nicht nur darum, Alenas Vater und Renas Gefährten zu retten, sondern auch Cano zu vernichten und ihren Namen reinzuwaschen …

Die Fantasywelt von Daresh begeistert vielleicht nicht gerade durch Originalität, aber sie ist schön ausgearbeitet, und die Idee mit den unterschiedlichen Gilden weiß zu gefallen. Trotzdem wird man mehr als einmal ein wenig an die Bücher von Tamora Pierce erinnert, allerdings gelingt der Weltentwurf hier nicht ganz so gut, da an der einen oder anderen Stelle noch ein wenig der Feinschliff fehlt. Ekaterin ist zwar hübsch dargestellt, doch es fehlt an wirkungsvollen Beschreibungen, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Selbiges gilt für die Personen. Alena ist eine wunderbar kratzbürstige Pubertierende, doch auch ihr fehlt es an einigen Ecken und Kanten, die ihr die nötige Tiefe verliehen hätten. Das Gleiche gilt für Rena, die leider ein wenig oberflächlich bleibt. Die beiden wechseln sich mit den Perspektiven ab, doch leider werden sie teilweise sogar im selben Absatz vermischt, was ein wenig verwirrend ist.

Oben genannte Kritikpunkte könnten auch damit zusammenhängen, dass der Schreibstil an und für sich kaum Zauber entwickelt. Er erzählt flüssig und ohne Stolpersteine, aber auch ohne besondere Sogwirkung. Dabei hätte der an und für sich durchaus spannenden Handlungen mit einem schönen Aufbau und überraschenden Wendungen ein wenig Absorbationskraft nicht geschadet.

Katja Brandis‘ „Feuerblüte“ hat einen netten Hintergrund und eine nette Handlung, doch leider ist der etwas unmotivierte Sprachstil schuld daran, dass kaum wirkliche Spannung aufkommt, die den Leser so sehr in den Bann zieht, dass er das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.

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|Siehe ergänzend dazu die Rezension zu Band 2:| [„Feuerblüte – Im Reich der Wolkentrinker“ 2887

Feiler, Marion – Faron – König von Callador (Band 1)

Zumeist wird in Fantasyromanen das Zusammenspiel von Gut und Böse thematisiert und das aus der Sicht des Guten. Marion Feiler wagt den Schritt, mit „Faron – König von Callador“ einmal aus der Sicht des Bösen zu schreiben.

Faron ist der Sohn des milden und erfolgreichen Königs Adrónis, doch bereits bei der Geburt wird klar, dass mit Faron etwas nicht stimmen kann. Er scheint durch und durch böse zu sein, deshalb wird er mit zehn Jahren in den Tempel gegeben, wo er zum Priester ausgebildet werden soll. Allerdings dient der Priester Nathon nicht der Friedensgöttin Jishta, die in Callador verehrt wird, sondern dem Kriegsgott Ashtor, der seine Hand über Faron hält und ihn zur Erde geschickt hat, um die Überlegenheit über Jishta zu gewinnen. Dadurch bekommt Faron eine Extrausbildung in Kampfkunst und schwarzer Magie.

Durch mysteriöse Umstände kommen der König und der rechtmäßige Thronfolger Garwin, Farons Bruder, auf der Jagd ums Leben und die Krone geht an Farador. Mit seinem Charme und seiner Ausstrahlung schafft er es, das Volk um den Finger zu wickeln, und er verbannt Jishta aus dem Tempel, um Ashtor dort seinen Platz zu geben. Mit dessen Hilfe und seinem kriegerischen Geschick schafft er es, die Nachbarreiche zu unterwerfen, doch plötzlich ergeht die Kunde, dass Garwin noch lebt und seinen rechtmäßigen Thronplatz einfordert …

Was sehr interessant klingt, nämlich die Sicht des Bösen, wird auch erfüllt. Faron ist tatsächlich böse und besitzt doch noch die Gefühle eines Menschen. Trotzdem hätten ihm ein paar Tiefen nicht geschadet, wobei er der noch am besten ausgearbeitete Charakter ist. Sämtliche Nebendarsteller sind sehr blass neben ihm, abgesehen von der trotzigen Amazone Naira, die unsterblich in Faron verliebt ist, wobei er diese Gefühle auch bei sich entdeckt.

Was aber noch viel schwerer wiegt, sind die Kritikpunkte an der Handlung. Es fehlt ein linearer Strang mit einem erkennbaren Ziel. Außer der Unterwerfung des gesamten Reichs Soramenis scheint Faron kein Ziel zu haben, und das wirkt sich negativ auf die Spannung aus. Selbige kommt beinahe gar nicht auf, da es, wie gesagt, keinen Handlungsstrang gibt, der eine konstante Steigerung beinhaltet.

Ansonsten bietet Feiler soliden Fantasystoff, der nicht gerade besonders innovativ ist. Die Welt, in der sie ihre Geschichte einbettet, ist mittelalterlich angehaucht und wirkt eher wie schmückendes Beiwerk denn als Grundlage für einen Roman.

Allerdings gewinnt das Buch durch den ausbaufähigen Schreibstil an Fahrt. Feiler schreibt sehr einfach und stringent, ohne Ausschweifungen oder großartige Nebenhandlungen. Das Buch lässt sich flüssig herunterlesen, auch wenn es am Anfang wegen der einen oder anderen Unsicherheit, die zumeist in fantasytypischem Geschwülste mündet, etwas hakt. Die ständige Verwendung von archaischen Wörtern, Satzstellungen und Zeiten (Imperfekt) machen es manchmal nicht einfach, Zugang zu finden, doch hat man sich erstmal zurecht gefunden, kann man „Faron – König von Callador“ in einem Zug herunterlesen.

Marion Feilers Fantasygeschichte ist sicherlich nicht der große Wurf. Besonders in der Ausarbeitung des Reiches Soramenis und der Handlung besteht noch Verbesserungsbedarf, aber der Schreibstil präsentiert sich als sehr ausgereift, auch wenn er am Anfang ein wenig gewöhnungsbedürftig ist.

http://www.marion-feiler.de/

Charles Stross – Accelerando

Nahe Zukunft:

Die irdische Zivilisation hat sich merklich gewandelt. Die uns bekannten politischen Verhältnisse sind weitgehend in Auflösung begriffen oder regressiv, so gibt es im Osten eine Neuauflage des Kommunismus mit KGB, und die USA haben ihren Status als führende Weltmacht eingebüßt.

In der Gesellschaft ist ein ausgeprägter Trend zum Cyberspace zu bemerken; so hat jeder fortschrittliche Mensch ständig Zugriff auf das Internet, sei es über Konsolen oder Brillen, die ihre Informationen direkt in das Sichtfeld des Benutzers einblenden. Microsoft ist aus dem Rennen, nur die russischen Kommunisten setzen noch auf ihre Software, nach dem Motto „Was ich bezahlen muss, ist auch höchster Standard“. Doch ansonsten überwiegt die open source und es bilden sich idealistische Gruppierungen, die auch das Leben zu einer echten open source machen wollen. Ihr Vorreiter ist Manfred.

Manfred besitzt eine Datenbrille von höchster Bandbreite, die ihn ständig mit den aktuellsten Informationen konfrontiert. Aus diesem Brei filtert er für sich Interessantes heraus und fügt es seinem externen Speicher hinzu, der sein Gedächtnis erweitert. Er ist ein Infonaut, der seine Informationen an Kunden verschenkt, die es möglicherweise interessieren könnte. Außerdem entwickelt er aus dem Gehalt seiner Recherchen ständig profitable Ideen, die er sofort patentieren lässt und einer Stiftung für freies Gedankengut zur Verfügung stellt, die alle neuen Ideen zu open source macht.

Manfred besitzt sozusagen keinerlei Zahlungsmittel. Aber seine genialen Ideen, die er weltweit verschenkt, um andere Leute reich zu machen, verschaffen ihm eine Kreditwürdigkeit, die allgemein kaum noch zu übertreffen ist. Daraus folgt für ihn, dass er ständig und an jedem Ort der Welt von irgendeinem durch ihn reich gewordenen Menschen oder einer Firma gesponsort wird.

Mit dem Upload einer Hummerspezies in den Cyberspace nimmt die Entwicklung eine neue Richtung an: Im Netz existiert nun eine künstliche Intelligenz, basierend auf den Neuronen der Hummer, die sich an Manfred wendet. Er kann auch ihr zu Menschenrechten verhelfen und schafft damit einen Präzedenzfall, der in der Zukunft der Menschheit noch eine bedeutende Rolle spielen wird, denn im Zuge ihres Strebens nach einem Leben nach dem Tod nehmen ab nun immer mehr Menschen die Möglichkeit eines Uploads in Anspruch.

Damit erhält auch die Raumfahrt neuen Aufwind. Durch die Möglichkeit, Massenspeicher in Form von Miniaturraumschiffen zu den Sternen schicken zu können – als Passagiere hochgeladene Zustandsvektoren von den betreffenden Menschen – erhält diese Form der Reise mehr Effizienz als bis dato vorstellbar. Manfreds geschaffener Präzedensfall bezüglich der Menschenrechte einer KI treibt einen Rückgang der realen Bevölkerung voran und fördert den Zuwachs künstlicher Intelligenzen. Um die Informationsdichte des Sonnensystems bestmöglich auszunutzen, beginnt eine neue Art der Eroberung: Die solaren Planeten werden – beginnend mit Merkur – abgebaut und zu Nanorechnern umstrukturiert, die in einer Wolke um die Sonne kreisen. Damit steigt die Informationsdichte – MIPS, Millionen Informationseinheiten pro Sekunde – rapide an. Die innerste Schale der Wolke nutzt die direkte Sonneneinstrahlung als Energie, ihre Abwärme wird von der nächsten Schale genutzt und so weiter: Eine Dyson-Sphäre entsteht.

Manfreds Tochter macht sich derweil auf, einer außerirdischen Form von systemumfassender Dysonsphäre auf die Spur zu kommen, und lädt sich mit ihren Freunden in das System eines galaxisumspannenden Netzwerks hinein. Sie stellt fest, dass dieser Weg eine ebensolche Sackgasse ist wie die Beschränkung auf einen Planeten …

„Accelerando“ erzählt die Geschichte einer Familie auf dem Weg in die Zukunft, eine Zukunft, die rasanter auf die Menschheit zugestürmt kommt als für möglich gehalten wird. Stross schreibt von einer Singularität, einem Ereignis, nach dem sich die Menschheit in eine Richtung entwickelt, die ein Mensch vor Eintreten des Ereignisses nicht hätte vorhersehen können. Er lässt seine Protagonisten auch darüber spekulieren, zu welchem Zeitpunkt diese Singularität anzusiedeln ist. Möglichkeiten findet er einige: Die Inbetriebnahme des Internet, den erfolgreichen Upload der Hummer und weitere, nicht nur aus seiner Fantasie entspringende Ereignisse aus der Geschichte der Menschheit.

Die beobachtete Familie erlebt diese Entwicklung aus verschiedenen Perspektiven mit, ist unterschiedlich involviert. Manfred zum Beispiel ist in hohem Maße mitverantwortlich für Teile des Geschehens, und ihm, als äußerst schnelllebigem Mann, immer auf der Jagd nach Informationen, fällt ein großer Teil der Last des Fortschritts zu, des Zukunftsschocks, den diese Entwicklung mit sich bringt. Zu einem Zeitpunkt, als er noch auf seine Brille beharrt, hat sich in der Bevölkerung bereits der Einsatz von Implantaten durchgesetzt, die ihr eine viel größere Bandbreite bieten, als es äußeren Hilfsmitteln ohne direkten Zugang zum Hirn eines Menschen möglich ist.

Es ist ein Fortschritt, der nicht einmal vergleichbar ist mit dem Fortschritt von der ersten bewussten Feuermachung bis zum alltäglichen Gebrauch des Internet, denn er richtet sich nicht nur auf die äußeren Lebensbedingungen, sondern in größter Weise auf das Innere, den Informationsgehalt der Seele eines Menschen. Und im Hintergrund steht immer die Idee, dass es eine intergalaktische Sphäre, einen Cyberspace gibt, in dem sich die hochstehenden Zivilisationen tummeln. Trotzdem stimmt diese Idee den Autor nicht optimistisch, sondern er nutzt sie, um den absoluten Weg in den Cyberspace ad absurdum zu führen. Denn wie oben erwähnt, ist Stross klar, dass der eigentliche Weg der Menschheit nicht vorhersehbar ist, durch eine Singularität vom Vorstellungsvermögen der präsingularen Menschen getrennt. Er führt die Idee der Dyson-Sphäre bis zum apokalyptischen Ende und sägt damit an einer Vorstellung, die in vielen Science-Fiction-Lesern vorherrscht: Die Erde als Heimat der Menschheit fiele diesem Fortschritt zum Opfer und geht in seiner Vision sogar weitgehend unbeachtet den Weg in ihre Einzelteile.

Was bei diesem Roman noch stärker als bei den anderen beiden in Deutschland veröffentlichten Romanen deutlich wird, ist Stross‘ umfassende Recherche und seine ebenso umfassende Allgemeinbildung. Er handhabt kulturelle und gesellschaftliche Details aus vielen verschiedenen Ländern und Bereichen mit einer Selbstverständlichkeit, die zumindest suggeriert, dass sie zu seinem Wortschatz und seinem Wissensspeicher gehören. Das macht es dem Leser in manchen Fällen natürlich schwer, seinen Gedanken zu folgen. Es bleiben immer Details, die ohne eigene Recherche nicht einordenbar sind, aber im Grunde sind all diese Dinge ohne Belang für das Verständnis der eigentlichen Geschichte, die sich sehr spannend und unterhaltsam vor dem Leser ausbreitet. Relevante Begriffe benutzt er dagegen entweder sehr häufig oder erklärt sie im Folgenden ausreichend, um zumindest eine Vorstellung vom Sachverhalt zu vermitteln, die den Leser zufrieden stellt und dem Lesefluss nicht im Weg steht.

Natürlich ist der Roman schon an sich für Leser, die entweder ganz andere Interessengebiete haben oder deren erster Ausflug in das utopische Genre dieser Roman ist, schwer verdaulich. Glücklicherweise hat es diese Thematik auf der Kinoleinwand zu einem breiteren Publikum gebracht als auf Papier; gerade in diesen Jahren wurden einige hochwertige SF-Romane verfilmt. Es fällt also kaum jemand völlig unbedarft ins kalte Wasser, denn gerade die Cyberspace-Thematik ist spätestens seit „Matrix“ allgemein zugänglich.

Bemerkung

Durch die Gestaltung des Layouts suggeriert Heyne, „Accelerando“ wäre ein weiterer Roman aus dem Universum des Eschaton und würde in irgendeiner Weise in Verbindung zu „Singularität“ und „Supernova“, den beiden vormals erschienenen Romanen von Charles Stross, stehen. Hier muss gewarnt werden, denn trotzdem durchaus das Eschaton erwähnt wird, steht „Accelerando“ völlig eigenständig da und hat keinerlei Beziehung zu den oben genannten Romanen. Marketing.

„Accelerando“ ist meiner Meinung nach der bisher beste Roman von Stross und ein Highlight des Jahres 2006. Er birst vor Ideen und zieht den Leser in seinen Bann. Er leidet weder unter seiner Komplexität, die auch nur den Hintergrund der Geschichte bildet, noch wirkt er überladen. Es scheint ein Merkmal Stross’scher Schreiberei zu sein, dass jeder seiner Romane fast unter Ideenüberschuss leidet. Charles Stross schreibt einen Roman mit einem Hintergrund, auf dem andere Autoren ihre gesamte Karriere aufbauen würden – und das macht er jedes Mal so.

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Koushun Takami – Battle Royale

Um die Kampfbereitschaft der Jugend zu testen, müssen sich Schüler gegenseitig umbringen. … – „Japans Antwort auf ‚Der Herr der Fliegen‘“, dröhnt die Werbung, dieses Mal nicht gänzlich die Tatsachen verdrehend; in der Tat geht es darum, wie sich ‚zivilisierte‘ Menschen in einer lebensbedrohlichen Krise verhalten. Die möglichen Reaktionen werden durchgespielt, das Ergebnis ist ein spannendes und grimmiges Werk, das seine Leser ungemütlich distanzeng ans Geschehen bindet.
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Charlie Fletcher – Stoneheart – Die Suche (Band 1)

Stell dir vor, du machst einen Schulausflug in ein Londoner Museum. Es ist ein regnerischer Tag und du bist zwölf Jahre alt, schüchtern und deine Mitschüler hänseln dich. Stell dir vor, du wirst durch eine Intrige von deinem Lehrer in die Ecke gestellt, und nachdem du aus Wut eine Statue beschädigt hast, bist du plötzlich nicht mehr in dem London, das du kennst, sondern in einem, in dem man von lebendig gewordenen Wasserspeiern verfolgt wird.

Es klingt unglaublich, aber tatsächlich passiert das dem nicht gerade heldenhaften George, der seit dem Tod seines Vater seinen Platz in der Welt noch nicht wieder gefunden hat. Und nun steckt er plötzlich in diesem Albtraum fest. Hinter ihm ein steinerner Flugsaurier und neben ihm lauter Londoner im Feierabendverkehr, die komischweise nicht das sehen können, was er sieht. Dabei ist die Gefahr des Wasserspeiers für ihn gerade sehr real.

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Harrison, M. John – Centauri-Maschine, Die

In ferner Zukunft hat die Menschheit bei ihrer Expansion in das All viel Schuld auf sich geladen und eine Spur der Zerstörung hinterlassen. So wurde die Rasse der Centaurier nahezu vollständig ausgerottet. Die Ursachen und Motive sind weitgehend vergessen, die zerstörte Heimatwelt der Centaurier ist die einzige Erinnerung an diese Zeit.

Doch tief unter der Oberfläche des toten Planeten entdeckt man in einem Bunker eine „Maschine“ der Centaurier. Bei dieser scheint es sich um eine Waffe unglaublicher Schlagkraft zu handeln. Alle rätseln, warum die Centaurier sie nicht eingesetzt haben, doch schon bald streiten sich vier Machtblöcke um die Maschine: Die Israelische Weltregierung (IWG) vertreten durch Generalin Alice Gaw, die Vereinigung Arabischer Sozialistischer Republiken (UASR) durch Colonel Gadaffi ben Barka, ein gewisser Grishkin von der religiösen Sekte der so genannten „Öffner“ und der Drogenkönig Veronica.

Nicht hinter der Maschine ist man jedoch her, vielmehr hinter Raumcaptain John Truck. Truck ist mütterlicherseits ein halber Centaurier, der letzte bekannte lebende Mischling. Ohne seine centaurischen Gene kann man die Maschine nicht aktivieren.

Doch Truck möchte sich nicht vor den Karren irgendeiner Ideologie spannen lassen und verweigert sich. Auf der Flucht durch heruntergekommene und abgelegene Lokalitäten werden seine Freunde nach und nach getötet, es gelingt ihm jedoch, die Maschine an sich zu bringen.

„Die Centauri-Maschine“ von M. John Harrison (* 1945, Nordengland) ist einer der umstrittensten Romane der Siebzigerjahre, damals wie heute schlug dem Roman viel Unmut und Feindseligkeit entgegen. Seine Aufnahme in die Reihe der Meisterwerke der Science-Fiction verdankt er somit wohl auch eher der negativen Resonanz, mit keiner Auszeichnung kann er sich schmücken.

Einer der Gründe für die vor allem in den Siebzigern ablehnende Haltung war sicher, dass der Konflikt zwischen Israelis und Arabern, aber auch der Holocaust (Ausrottung der Centaurier) in die Zukunft verlagert wurden. Die klischeehafte Zeichnung der Figuren trug ebenfalls dazu bei: Gadaffi ben Barka ist das Paradebild des bösen Arabers mit blitzend weißen Zähnen und einem schwarzen, verotteten, den er bei jedem fiesen Grinsen zeigt. Eine ganze Flut von rassistischen Vorurteilen und Klischees muss auch Alice Gaw über sich ergehen lassen, eine hässliche Frau, die den amerikanischen Kapitalismus verkörpert.

Dass es geradezu lächerlich ist, Kommunismus und Islam in dieser Form miteinander zu vereinen, sollte klar sein. Denn Harrison überzeichnet bewusst, weist mehrfach darauf hin, dass weder IWG noch UASR überhaupt noch wissen, warum sie sich bekämpfen. Auch ist an Alice Gaw nicht viel Jüdisches, außer einer an den israelischen General Mosche Dajan erinnernden Augenklappe. Sie steht für eine autoritäre, kapitalistische Demokratie und maßt sich an, die IWG als Wächter der Freiheit und Demokratie der ganzen Galaxis zu sehen. Ben Barka ist ein pragmatischer Kommunist stalinistischer Prägung extremster ideologischer Härte, allerdings fehlt jeglicher arabischer Fundamentalismus, während Grishkin die zur Karikatur gewordene Rolle der Religion repräsentiert. Die Öffner haben operativ eingearbeitete Plastikfenster im Körper, um ihr Innerstes zu offenbaren, und halten die Centauri-Maschine für ein Behältnis des göttlichen Geistes, mit dem sie Kontakt zu Gott aufnehmen können. Dabei verkommen sie jedoch zur Freakshow. Der kriminelle Drogenbaron Veronica steht für das organisierte Verbrechen, das von den Machtblöcken geduldet und oft instrumentalisiert wird, aber weitgehend nach seinen eigenen Gesetzen lebt.

John Truck wirkt in diesem Chaos verloren und weniger als durchschnittlich, er sieht sich selbst als „Loser“ an, ein Lebensgefühl, das der Roman sehr deutlich ausstrahlt. Zerstörte Gegenden, Ruinen, verkommene Raumhäfen – Harrison offenbart als einer der ersten Science-Fiction-Autoren eine sehr pessimistische und nihilistische Einstellung, die sich erst viel später in den Achtzigerjahren in Cyberpunk-Romanen widerspiegelte.

Anspruchsvoll ist Harrisons Ausflug in die literarische Dekadenz; er setzt dieser verkommenen Welt eine sphärische, übermäßig ästhetisierte Raumstation voller avantgardistischer Randexistenzen gegenüber. Auf seiner Flucht findet sich Truck in dieser unwirklichen Welt voller ekrü getönter Wände, Hokusai-Drucken unglaublicher Feinheit und ätherisch ingwerfarbenen Porzellankrügen wieder. Zusätzlich haben diese Dekadents goldene Raumschiffe, die mit überlegener Technologie und einem intergalaktischen Antrieb ausgestattet sind. Doch leider wissen sie sich dieser nicht zu bedienen, ihr Geheimnis ging mit dem Tod des letzten gestrandeten Aliens verloren. Man konnte nicht ausreichend mit ihm kommunizieren. Mit dem sinnigerweise |Driftwood of Decadence| genannten goldenen Raumschiff zieht Truck los, doch auch dieses letzte Überbleibsel verlorenen Wissens wird zu Klump geschossen. Hier kontrastieren Hedonismus und Luxus mit den vorherrschenden trostlosen Manifestationen des ökonomischen und sozialen Verfalls.

Dieser Verlust der Erinnerung zeichnet auch den Genozid an den Centauriern und andere Konflikte aus: Nur noch rauchende Trümmer und Schlacke erinnern daran, dass etwas geschehen ist. Sinn und Zweck, Ursachen und Gründe sind schon lange hinter Ideologien zurückgetreten. Interessanterweise präsentiert Harrison auch ein entvölkertes, zerstörtes Deutschland auf der Erde, das bar jeglichen Lebens ist und gemieden wird. Warum dies geschehen ist, wird jedoch genauso wenig beantwortet wie der Massenmord an den Centauriern. Genozid und Dekadenz werden als Ausgeburten der menschlichen Natur dargestellt, unausweichlich und eine Tatsache, deren Gräuel wir nicht rational erklären können. Angesichts dieser Tendenzen kann man bereits erahnen, wie dieser Roman enden wird.

_Fazit:_

Ein nachdenklich machender Roman, der jedoch schwer zu lesen ist, gerade wegen der symbolhaften und zweidimensionalen, unrealistischen, klischeehaften Charaktere und der starken Bezüge zur Politik und Situation der Mittsiebzigerjahre. Auch aus heutiger Sicht irritiert diese Projektion realweltlicher Verhältnisse im Roman. Andererseits geht Harrison in positiver Weise über die Grenzen einfach zu konsumierender Science-Fiction und Unterhaltung hinaus.

Der negative, nüchterne Nihilismus des Romans karikiert unsere reale Welt und zeigt ihre Schwächen und die alarmierende Sinnlosigkeit historischer Grausamkeiten. Eine unglaublich dichte Atmosphäre nimmt den Leser dieses Romans gefangen, allerdings ist diese Welt so frustrierend und einseitig negativ, dass man davon erdrückt wird. Der weitgehend zusammenhanglose Plot ist wahrhaft apokalyptisch. Beeindruckend und anspruchsvoll zu lesen, konnte mir dieser Roman dennoch nicht gefallen. Er ist einfach zu dekadent und hoffnungslos, oft zu simplifizierend und von einer ausschließlich negativen Weltsicht geprägt. Wie anders kann man einen Roman nennen, in dessen Epilog über John Truck zu lesen ist: |“Man muss aber ebenso zugeben, dass er das Leben zwar unerfreulich, den Tod aber noch weit unerfreulicher fand. Er verabscheute das Morden und das absichtliche Peinigen, er verabscheute Heuchelei und Frömmelei und die wohlfeilen Lippenbekenntnisse der Ideologen, wenn es um die Linderung menschlichen Elends ging – aber ihm fehlten die Mittel, diesen Abscheu zu artikulieren. Diese redlichste Unredlichkeit kam nur in Bärbeißigkeit, Prahlerei und der dauernden Suche nach kurzzeitigem Vergessen zum Ausdruck.“|

Ein Meisterwerk, das man nur schwerlich lieben kann und dessen Aussage fragwürdig ist. Die Übersetzung vom Hendrik P. und Marianne Linckens hingegen ist ausgezeichnet und wird der Atmosphäre des Romans und dem Stil des Autors mehr als gerecht.

|Mit einem Vorwort von Adam Roberts|

Homepage von M. John Harrison:
http://www.mjohnharrison.com/

http://www.heyne.de

Ergänzend: Unsere [Rezension 907 zum zuletzt bei |Heyne| erschienenen SF-Roman „Licht“.

Bond, Nelson – Lancelot Biggs’ Weltraumfahrten

Im frühen 22. Jahrhundert sind die inneren Planeten des Sonnensystems längst von blühenden Kolonien des Mutterplaneten Erde bewohnt. Ein reger Verkehr herrscht vor allem zwischen Erde, Mars und Venus. Eines der zahlreichen Schiffe, die hier Dienst tun, ist der Raumfrachter |Saturn|. Seine besten Tage hat er lange hinter sich, doch unter dem Kommando des erfahrenen Käptn Waldemar Hanson leistet der alte Kahn gerade noch genug, um der Außerdienststellung und Verschrottung einen Schritt voraus zu bleiben.

Die Routine auf der |Saturn| verwandelt sich in Chaos, als eines Tages der berüchtigte Lancelot Biggs als Vierter Offizier an Bord kommt. Er ist der Neffe des Vizepräsidenten der Gesellschaft, welcher auch der |Saturn| gehört, und kann dafür von Hanson nicht zum Teufel gejagt werden, obwohl dieser sich genau dies schon nach kurzer Zeit sehnlich wünscht: Biggs ist ein Tolpatsch, der ständig fatale Zwischenfälle in Gang setzt, die dem Käptn und seinen Leuten das Leben außerordentlich schwer machen.

Allerdings ist Biggs auch ein Genie. In Fällen von Raumnot, Piratenattacken, Zeitschleifen, Dimensionsrissen oder ähnlichen Unerfreulichkeiten, denen sich der moderne Raumfahrer immer wieder ausgesetzt sieht, fällt ihm stets eine unkonventionelle Methode ein, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen. So könnte sich sogar der strenge Hanson an den Neuling gewöhnen, würden dessen fabelhaften Einfälle nicht stets von unverhofften und peinlichen Nebenwirkungen begleitet, die in der Regel zunichte machen, was Biggs Taten an Ruhm und Belohnung zunächst erwarten lassen …

Da gab es einst eine Zeit, naiv und charmant zugleich, in der die Zukunft grenzenlos verheißungsvoll erschien. Naturwissenschaften und Technik würden sehr bald die wirklich allerletzte Grenze – die zum Weltraum – fallen lassen, man würde fremde Planeten nicht nur bereisen, sondern buchstäblich erobern und besiedeln.

Der II. Weltkrieg ließ solche Träumereien schwinden bzw. bescherte ihnen einen militaristischen Unterton. Aufgegeben wurden sie indes noch lange nicht. Auch heute werden sie offenbar, wenn auf irgendeinem Fernsehsender Filme aus den 1950er Jahren wiederholt werden. Da sind sie, die schlanken, stromlinienförmigen Raketen, die in ihrem Inneren fatal an ein U-Boot erinnern. Auch ihre Besatzungen benehmen sich, als ob sie sich an Bord eines Schiffes befänden, das einen der irdischen Ozeane kreuzt. Computer werden manchmal erwähnt, doch selten als solche bezeichnet, zumal man sie in den primitiven Stahlkästen kaum vermuten mag. Stattdessen berechnet der Steuermann mit Sextant und Rechenschieber den Kurs zum Mars oder zur Venus; die Reise gestaltet sich anschließend so: |“Bisher haben die Piloten einfach so lange die Düsen laufen lassen, bis sie an ihr Ziel herankamen, und haben dann für die Landung die Bremsvorrichtungen wirken lassen.“| (S. 74) Zwischendurch schaut der Kapitän durch die “Peri[skop]linse” in Fahrtrichtung und prüft nach, ob man auf Kurs geblieben ist.

Genau dies ist die Welt von Lancelot Biggs. Ende der 1930er Jahre startete Nelson Bond eine Serie von Science-Fiction-Storys mit ihm als „Helden“. Mehr als ein Jahrzehnt später fasste er diese zu einem Roman zusammen, dessen Episodenhaftigkeit indes seinen Ursprung deutlich erkennen lässt. Nur grob schuf Bond einen roten Faden, der vage Biggs absonderliche Taten in chronologischer Reihenfolge verbindet. Schon Bonds Zeitgenossen aus dem „Goldenen Zeitalter der SF“ konnten Romane schreiben, die diese Bezeichnung eher verdienten!

Doch sie sind oft vergessen, während Lancelot Biggs als Klassiker seines Genres gilt. Der Unterschied liegt zum einen darin, dass Bond sein Handwerk verstand, während er sich andererseits wenig um die Regeln der SF scherte. Diese wurde in den Jahren um 1940 von den meisten Verfassern bitterernst genommen. Galaxisweite Kriege tobten da, während glotzäugige Monster die Erde (und vor allem – wieso auch immer – die Erdfrauen) ins Visier nahmen und von granitkinnigen Männerhelden ins All zurückgeprügeln wurden. Dabei erfanden die Autoren praktisch alle klassischen Topoi der Science-Fiction und dekliniert sie durch. Nelson Bond gehörte zu jenen, die sie umgehend durch den Kakao zogen.

Die angemaßte „Wissenschaftlichkeit“ der frühen SF-Jahre – heute findet man sie noch im „Techno-Bubble“ der „Star Trek“-Serien – veranlasste die Autoren, ihrem Publikum „Erklärungen“ für die dargestellten Wunder zu liefern, deren Nonsense-Faktor wechselweise staunen und lachen lässt. Bond nutzt dies als Gelegenheit, die Absurditäten der Handlung erst richtig herauszustellen. Wenn Lancelot Biggs den |Saturn| mitten durch den Planeten Jupiter sausen lässt, leitet der Autor dies zunächst so ein: |“Sie kennen alle die fundamentale Theorie der Lorentz-Fitzgeraldschen Zusammenziehung. Gegenstände, die sich im Raum bewegen, ziehen sich längs ihrer Hauptachse zusammen, und zwar im direkten Verhältnis zu ihrer Geschwindigkeit, wobei die Lichtgeschwindigkeit die Höchststufe bildet.“| Was – nun gleich für die (in Vertretung der Leser) chronisch begriffsstutzigen Bordkameraden „übersetzt“ – dies zur Folge hat: |“Es ist, als ob ein ganz feiner Draht, der sich mit der Geschwindigkeit des Blitzes bewegt, durch eine Eisbombe hindurchgetrieben wird.“| (S. 82).

Unter diesen Umständen erstaunt es wenig, dass sich Bond um die astronomischen Realitäten wenig schert. Auch zu seiner Zeit war man sich schon der Tatsache bewusst, dass Jupiter als Gasplanet keine feste Oberfläche besitzt. Bond ignoriert es und fabuliert sich eine Urwelt unter einer schützenden Atmosphärenglocke zusammen. Es irritiert bei der Lektüre überhaupt nicht, denn es passt sehr gut in eine zukünftige Märchenwelt, in der wackere Pioniersgestalten mit Pickel und Sieb durch den Raum reisen, weil Bodenschatzfunde auf einem Asteroiden einen neuen Goldrausch in Gang setzen, deren heimwehkranke Nutznießer sich dann von der Erde ausgerechnet Blumensamen liefern lassen …

Die Kombination einer eigenwillig interpretierten SF mit Elementen des definitiv Vergangenen ist ein weiterer Reiz der Biggs-Geschichten. Prendergast Biggs, Lancelots einflussreicher Onkel, ist natürlich ein altmodischer Gentleman mit Anzug und Taschenuhr. Weltraumfahrten werden praktisch ausschließlich als Handlungsreisen unternommen. Käptn Hansen und seine Crew fliegen stets mit der Knute ihrer Gesellschaft im Genick; der brachiale Kapitalismus des frühen 20. Jahrhunderts bestimmt diese Zukunft, den Bond als Zeitgenosse noch sehr gut kannte. Dieser passt gut zur Stimmung ständiger Drohung, die über dem |Saturn| schwebt: Können Schiff und Mannschaft ihre „Nützlichkeit“ für die Gesellschaft nicht mehr unter Beweis stellen, werden sie gnadenlos ausgemustert. In diesem Punkt wirken „Lancelot Biggs’ Weltraumfahrten“ gar nicht so witzig, aber allmählich wieder zeitgemäß …

„Finde immer erst die Theorie!“ Dies ist die Devise von Lancelot Biggs, den Bond ganz klassisch als genialen Tölpel zeichnet. Für das „normale“ Leben mit seinen Vorschriften und gesellschaftlichen Regeln ist Biggs völlig untauglich. Er kann von Glück sprechen, dass ihn sein reicher Onkel protegiert. Doch in einer Krise zeigt Biggs seine Qualitäten. Seine Lösungswege sind freilich ebenso unkonventionell wie sein Wesen. Er hat etwas von einem „idiot savant“, kann seine beachtlichen Fähigkeiten schwer steuern, sondern wird von ihnen beherrscht. Zu den großen Schwierigkeiten Biggs’ gehört deshalb seine Sprachlosigkeit: Ihm gelingt es nicht, seinen Mitmenschen mitzuteilen, welche famose Idee er gerade ausbrütet. Das passt sehr gut in Nelson Bonds Kram, denn genauso wie Käptn Hanson und seine Männer fragt sich auch der Leser, was dem kuriosen Raumvogel jetzt wieder eingefallen ist. Zum Klischee gehört es auch, dass gerade dieser linkische Kerl die Liebe einer schönen Frau erringt: Diana Hanson ignoriert Biggs’ offensichtliche Fehler, weil sie sogleich seine wahren menschlichen Qualitäten erkennt. Auch hier zeigt sich Bond als weniger als SF-Autor denn als Märchenerzähler.

Lancelot Biggs zur Seite steht eine Galerie angemessen schräger Typen. Da ist der viel geplagte Käptn Hanson, ein bärbeißiger, mit allen Wassern der Milchstraße gewaschener Veteran der Weltraumschifffahrt. Die raue Schale verbirgt – es ist keine Überraschung – einen weichen Kern, doch der muss sorgfältig gesucht werden, weil sonst Hansons Zorn über jene kommt, die ihn, den Profi, ärgern. Die Vorschrift ist des alten Käptns Bibel, was ihn Biggs’ Eskapaden besonders schwer erträglich werden lässt. Hanson ist lehrfähig, doch immer wieder wird das auf harte Proben gestellt, die er – die Dramaturgie erfordert es – nicht besteht und effektvoll aus der Haut fährt.

Erneut einem gern gepflegten Klischee folgend, hat ausgerechnet dieser bärenhafte, eisenharte Raumschiffer eine wunderschöne Tochter, die ihrem Vater im Wesen sehr gleicht – ein Zug, der in den Vereinigten Staaten sowohl um 1940 als auch um 1950 natürlich nicht allzu offen ausgelebt werden durfte, da Diana primär eine Frauenrolle verkörpert und ihre Existenzberechtigung darin besteht, bedroht & gerettet zu werden, damit sie der Held anschließend heiraten und zur Mutter machen kann.

Als treuer Partner und „Watson“, der als Erzähler fungiert, fungiert Bert Donovan, genannt „Sparks“ (= „Funken“ aber auch „lustiger Kerl“), was ein alter Spitzname für Funker ist, womit die Funktion dieses Mannes an Bord der „Saturn“ ausreichend definiert ist. Sparks ist ein „Mann aus dem Volk“, der es beruflich nicht weit gebracht hat, obwohl seine Intelligenz immer wieder durchscheint. Er ist nicht nur der Chronist des |Saturn|, sondern auch Biggs’ Verbündeter, denn er bewundert den unkonventionellen Nachwuchsoffizier, auf den er offenbar eigene, unerfüllt gebliebene Berufs- und Lebensträume projiziert.

Auch sonst wird der Bondsche Kosmos von wandelnden Klischees bevölkert. Piraten wirken wie einer Oper entsprungen, „Raumgangster“ sind offenbar aus Al Capones Chicago ausgewandert. Soldaten sind schneidig, Köche chronisch unfähig, Siedler aus dem „Wilden Westen“ der Asteroidenfelder knallharte Jungs. Sie runden das Bild eines zutiefst sympathischen SF-Klassikers ab, der fern jeden Blastergeballers und oft unverhohlen sentimental eine Geschichte erzählt, auf welcher der Staub so dick liegt wie auf einer alten Flasche kostbaren Weins. Es wird Zeit, dass diese für das deutsche Publikum wieder einmal aus dem Regal genommen wird – nur: Kann die junge Leserschaft, die von „Warhammer“- oder „Star Wars“-SF geprägt ist, mit Lancelot Biggs noch etwas anfangen?

Nelson Slade Bond (geb. am 23. November 1908) ist einer der letzten Überlebenden des „Goldenen Zeitalters“ der Science-Fiction, das gegen Ende der 1930er Jahre in einem schöpferischen Urknall der literarischen Welt eine Unzahl unsterblicher Klassiker des Genres bescherte. Seine Familie stammt aus Nova Scotia, wanderte jedoch noch vor 1910 nach Scranton im US-Staat Pennsylvania aus und zog nach dem Ersten Weltkrieg nach Philadelphia um. Der junge Bond arbeitete in den 1920er Jahren u. a. als PR-Agent, beschloss aber 1932 zu studieren und besuchte bis 1934 die Marshall University in Huntington, West Virginia. In diesem Jahr heiratete Bond und beschloss eine Karriere als Schriftsteller. Zunächst schrieb er Artikel, wobei er sich vor allem mit seinen Arbeiten über das Briefmarkensammeln über Wasser hielt.

Bald versuchte sich Bond auch als Geschichtenerzähler. Die zahlreichen „Pulp“-Magazine seiner Zeit boten einen zwar schlecht zahlenden aber aufnahmefähigen Markt. 1937 konnte Bond seine erste Story veröffentlichen, der er in rascher Folge viele, viele weitere folgen ließ: Er wurde ein Profi, der von den nicht gerade üppigen Honoraren leben musste, die von den Magazinen seiner Epoche gezahlt wurden, und folglich fleißig produzierte, was gerade gewünscht wurde. Freilich gelang es Bond, trotz dieser Beschränkungen seine eigene Stimme zu finden und zu behaupten. Während er in seinen frühen Schriftsteller-Jahren thematisch praktisch jedes Thema der klassischen Science-Fiction (Invasion, Zeitreise, Raumflug, Apokalypse usw.) aufgriff, prägte er (wenn ihm die Zeit blieb) seinen einfallsreich-schnurrigen Geschichten bald seinen trockenen, aus heutiger Sicht liebenswert verstaubten Sinn für Humor auf, den besonders seine Storys um den verschrobenen Anti-Raumhelden Lancelot Biggs unsterblich machten.

Bond arbeitete darüber hinaus für Radio, Fernsehen und Bühne. Seine Schriftstellerkarriere gab er Ende der 1950er Jahre weitgehend auf und kehrte in die Public Relation zurück. Später gründete er einen Laden für antiquarische Bücher. Nur noch selten schrieb er, blieb aber der SF-Szene verbunden. Mitte der 1990 Jahre erklärte er offiziell seinen „Rücktritt“ und wurde von den „Science Fiction Writers of America“ mit dem Titel eines „Author Emeritus“ geehrt. Seine persönlichen Unterlagen übergab Bond dem Archiv der Marshall University. Allerdings verfasste er noch seine Memoiren. Der fast hundertjährige Bond lebt heute in Roanoke, Virginia.

(Nelson Bond hat keine eigene Website, ist aber trotzdem im WWW stark präsent. Zu den ausführlichsten und schönsten Sites, die sich mit seiner Person und seinem Werk beschäftigen, zählt http://www.marshall.edu/library/speccoll/virtual_museum/bond/default.asp. Hier gibt es auch Links auf weitere interessante Bond- und SF-Websites.)

Shocker, Dan – Konga (Macabros, Band 2)

_Attacke der Untoten_

Der amerikanische Ort Carbon Hill lebt von der Landwirtschaft, ist etwas rückständig und entsprechend auch anfällig für diverse Spukgeschichten. Man fürchtet sich in erster Linie vor dem Bewohner des unheimlichen Hauses auf dem nahe gelegenen Hügel – einem gewissen Howard Rox.

Die Gerüchte werden umso mehr genährt, als Jenifer, die Urlaub auf der Farm ihres Großvaters Francis Henderson macht, eines Nachts spurlos verschwindet.

Verzweifelt stattet Henderson dem seltsamen Howard Rox einen Besuch ab und macht eine schreckliche Entdeckung. Rox ist durch die dämonische Magie seiner verstorbenen Mutter Merilla zu einer Art Hexer geworden und hat sich eine Armee weiblicher Vampire erschaffen, auch Jenifer gehört bereits dazu. Francis kann sein Wissen nur leider niemandem mehr mitteilen, denn er selbst ist zu einem Dasein als Blutsauger verdammt. Jedoch hat Howard Rox nur Verwendung für weibliche Bestien, so dass der alte Mann letztendlich im Licht der Morgensonne verenden muss.

Die Hexe Merilla vertraut ihrem Sohn noch ein weiteres Geheimnis an. Sie informiert ihn über einen gewissen Professor Dr. Bert Merthus, der Howard und seinen Plänen gefährlich werden könnte.

Tatsächlich hat Björn Hellmark zu diesem Professor Merthus Kontakt aufgenommen. Da dieser eine Koryphäe auf dem Gebiet der altertümlichen Sprachen ist, bittet Björn ihn, dass gefundene Buch der Gesetze für ihn zu übersetzen.

Howard Rox will eben diese Zusammenkunft mit allen Mitteln verhindern und hetzt seine Vampirwesen auf Björn Hellmark, der nur mit der Hilfe seines Ätherkörpers dem sicheren Tod entkommen kann. Nach mehreren Auseinandersetzungen, auch mit der örtlichen Polizei, und einigen ausschlaggebenden Informationen von Al Naafur kann Hellmark Rox’ Hütte in Carbon Hill ausfindig machen. Hier kommt es zur letzten und entscheidenden Auseinandersetzung mit dem Hexenmeister, nur dass sich Björn auch noch gegen eine Hundertschaft Vampire behaupten muss …

Eine Vampirgeschichte der ganz besonderen Art, die uns hier von Dan Shocker präsentiert wird. Die Micky-Mouse-ähnlichen Damen mögen im ersten Moment etwas lächerlich wirken, wenn man sie sich mal vor Augen führt, dennoch strahlen sie in der Geschichte dann doch eine gewisse Gefährlichkeit aus, die dieses gewöhnungsbedürftige Antlitz wieder wettmacht.

Howard Rox ist ebenfalls ein eiskalter und skrupelloser Gegner, der nicht zu unterschätzen ist, auch wenn dieser dämonische Ödipus am Ende dann doch recht fix von der Erde geputzt wird.
Ein wenig schmunzeln musste ich bei der Szene in dem Neubau, als Björn sage und schreibe über eine Stunde an seinen Armen in einem Fahrstuhlschacht hängt. Alle Achtung! Na, das ist schon ein klein wenig jenseits der dichterischen Freiheit.

Dennoch ist dieses innovative Blutsauger-Abenteuer spannend und ohne Längen geschrieben, es bietet eine vernünftige Portion Grusel sowie ein dramatisches Finale …

_Konga, der Menschenfrosch_

Das einsame Moorgebiet in der Wingst rund um den Teufelsteich bietet eine fabelhafte Kulisse für ein anständiges Schauermärchen, aber es ist auch der ideale Platz für Jörg Maruschka, um seinen wissenschaftlichen Experimenten an allerlei Kleintieren nachzugehen, wie zum Beispiel dem Sezieren von Fröschen. Seine Forschungen nehmen jedoch ein jähes und schreckliches Ende, als er eines Abends Besuch von einem gigantischen Frosch bekommt, der sich selbst Konga nennt.

Nicht weit von Maruschkas Hütte entfernt liegt das Schützenhaus, in dem sich Claudia und Peter Lickert einquartiert haben, um hier ihre Flitterwochen zu feiern. Bei einem Streifzug mit ihrem frischgebackenen Ehemann durch das Moor verschwindet Claudia und kehrt am darauf folgenden Tag völlig verstört in den Gasthof zurück. Was ihr Mann und der Wirt nicht wissen, ist, dass die junge Dame in der angeblich verlassenen Mühle am Teufelsteich auf ein geheimes Labor gestoßen ist. Hier konnte sie den dämonischen Riesenfrosch bei seinen brutalen Experimenten an Jörg Maruschka beobachten, bevor das Monster sie entdeckte und bis zum Moor verfolgte.

Ein weiterer Gast ist Kommissar Stetter aus Cuxhaven, der inkognito dem Verschwinden einiger Leute in der Gegend um den Teufelsteich nachgehen will. Er macht sich umgehend auf den Weg zu der ominösen Mühle, wird aber auf dem Weg dorthin von einer Hundertschaft Frösche angefallen und letztendlich auf qualvolle Weise getötet.

Doch eine andere Person ist auf die Wingst und die idyllische Moorlandschaft aufmerksam geworden. Durch einen seltsamen Traum und die Übersetzungen der ersten Seiten aus dem Buch der Gesetze, welche Professor Merthus für Björn Hellmark angefertigt hat, ahnt Björn, dass die Sumpfgegend eine neue Spur für ihn bereithält. Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit einer Verbrecherbande, die seine wahre Identität aus dem Rennen in Südfrankreich zu kennen glaubt und ihn erfolglos zu erpressen versucht, landet Björn in dem Schützenhaus. Seine Nachforschungen ergeben, dass ein gewisser Dietrich Tössfeld in der alten Mühle lebt. Dessen Vater Dirk hatte zu seinen Lebzeiten eine Dämonenmaske angefertigt, die ihn gegen die dunklen Mächte schützen sollte. Bevor er sie jedoch einsetzen konnte, wurde Dirk Tössfeld getötet.

Genau diese Maske soll laut dem Buch der Gesetze zu einem neuen Utensil in Hellmarks Sammlung werden, nur muss dieser sich erst mit dem riesigen Konga auseinander setzen, was ziemlich aussichtslos erscheint …

Konga, den dämonischen Riesenfrosch, kann man in der Welt von Dan Shocker ja mittlerweile schon als einen Klassiker bezeichnen. Eine Glanzleistung ist es vor allem, wie DS es geschafft hat, einen übergroßen Laubfrosch, der sich auch noch hüpfend durch die Gegend bewegt, zu einem bedrohlichen Monster werden zu lassen, vor dem man sich tatsächlich gruselt. Anfänglich muss doch sicherlich jeder Nichtsahnende grinsen, denn so ein Riesenfrosch ist ehrlich gesagt auch erst einmal eher lächerlich; doch gedeiht dieses Wesen zu einem furchterregenden und unheimlichen Monstrum.

Die gespenstische Stimmung wird zusätzlich noch durch die fabelhaft gewählte Kulisse der Moorgegend in Norddeutschland unterstrichen. Die präzisen Beschreibungen vermitteln eine leise Idylle, eine romantische Gegend, die sich langsam zu einem nebelgeschwängerten und gruseligen Schauplatz wandelt, in dem sich die dunklen Mächte einfach wohl fühlen müssen.

Die Szenerie mit der Verbrecherbande, die Björn kurzweilig entführt, war in der Tat absolut unnötig und hat eigentlich nur die beständige Atmosphäre etwas gestört.

Ansonsten gehört diese Geschichte zu den absoluten Highlights in der |Macabros|-Serie …

Der zweite Macabros-Band wartet mit zwei klassischen Gruselgeschichten aus der Serie auf, weniger Fantasy, dafür umso mehr Schauerlichkeiten.

Wir werden mit Vampiren und einem monströsen Dämonenfrosch konfrontiert. Doch auch in dem Macabros-Universum tut sich wieder einiges: Wir lernen Professor Merthus kennen, finden die Dämonenmaske, die ersten Seiten aus dem Buch der Gesetze werden übersetzt und bieten erste Einblicke in die Welt um die Priester von Xantilon bzw. um Kaphoon, den Namenlosen.

Und wieder mal gibt der BLITZ-Verlag seine eigene Würze dazu, ohne das klassische Gericht von Dan Shocker zu versalzen. Pat Hachfelds Illustration zur ersten Geschichte stellt die Vampirfrauen wesentlich bedrohlicher da, als sie auf dem Original-Cover von Lonati umgesetzt wurden – dort sehen sie doch wirklich einer gewissen Catwoman oder Micky Mouse zu ähnlich. Bei der Hachfeld-Illu zu „Konga, der Menschenfrosch“ hingegen – das entsprechende Lonati-Bild ist auch auf dem Bucheinband zu finden – herrscht weniger diese klare Düsternis vor, sondern sie wirkt fast schon verstörend. Diese zynisch grinsende Froschfratze und das angstverzerrte Gesicht des Opfers, dazu die dümmlich blickenden Visagen der aufgespießten Amphibien bilden schon einen sehr gespenstischen Reigen, was man erst einmal verdauen muss.

Dann auch wieder der lobenswerte Glossar mit allen wichtigen Protagonisten und Ereignissen aus den jeweiligen Storys – das macht das Bild komplett.
Wie ich schon erwähnte: Wer sich für die Welt von |Macabros| interessiert, hat hier die Chance, ganz vom Anfang an mit dabei zu sein …

http://www.BLITZ-Verlag.de

McMullen, Sean – Seelen in der großen Maschine (Greatwinter 1)

_Handlung_

Fast 2000 Jahre sind nach dem nukleare Winter vergangen, und in Australien hat sich inzwischen wieder fast normales Leben breitgemacht. Das Einzige, was das Leben wie in der Zeit vor dem nuklearen Umsturz verhindert, sind Satelliten im Weltraum, die sämtliche elektronischen Geräte überladen und somit unmöglich machen. Auch der mysteriöse |Ruf|, der ums Land zieht und Menschen in ihr Verderben treibt, macht das Leben schwer. Deswegen kommt die Hoheliber Zarvora, Oberste Bibliothekarin der Stadt Rochester, die vom |Ruf| verschont bleibt, auf die Idee, einen Computer zu bauen, der von Menschenkraft angetrieben wird, um die Bedrohung eines weiteren großen Winters zu verhindern.

_Schreibstil_

Auf jeden Fall positiv ist die Tatsache, dass die Welt nach dem nuklearen Winter nicht großartig beschrieben wird, so dass sich jeder ein postnukleares Australien vorstellen darf, wie er will. Dass allerdings auch Personen und Umgebungen kaum beschrieben werden, kann man zunächst negativ auffassen, würde allerdings im Gesamtbild des Buches unpassend wirken, denn vom Schreibstil her bewegt sich die Story geradlinig voran, ohne irgendwo länger zu verweilen.

Leider ist das aber auch einer der ersten Kritikpunkte. Egal ob wichtiges Ereignis, Spannungshöhepunkt oder langwierige Reisebeschreibung, das Erzähltempo ist immer gleichbleibend, was dem Ganzen den Eindruck eines nüchternen Berichtes verleiht. Generell wird nicht viel von Spannung gehalten; so gibt es in den ganzen 600 Seiten grade einmal vier für die Protagonisten lebensbedrohliche Situationen, die allerdings auch innerhalb einer Seite abgehandelt werden.

Den größten Kritikpunkt stellen allerdings die Charaktere selbst dar, die geradezu erschreckend planlos wirken. Jeder der Protagonisten oder Nebenfiguren verändert seinen Charakter in der Story plötzlich und kaum nachvollziehbar. Aus einer edlen und leicht verrückten Herrscherin wird ein gackerndes Schulmädchen, eine Nebenfigur wird ohne Nennung eines Motivs zum Verräter, und auch innerhalb kurzer Gespräche wechseln die Personen ihre Eigenschaften, um Sätze zu äußern, die überhaupt nicht zu ihnen passen. Besonders seltsam muten Handlungen an, die überhaupt nicht der Situation entsprechen. Da wird in wichtigen Gesprächen mit dem Spazierstock balanciert, schwer Verwundete erhalten einen Honigkeks und Torwächter beginnen ein sinnloses Streitgespräch wie in einem Terry-Pratchett-Roman.

Genauso wie die Charaktere lässt auch die Story einen roten Faden vermissen. Geht es am Anfang noch um den Aufbau des menschlichen Computers, auch Kalkulator genannt, beginnt nach dessen Aufbau ein Krieg um mehr Gebiete, kurz darauf erfährt der Leser, dass man den großen Winter verhindern möchte, und wieder kurze Zeit später beginnt einer der Protagonisten einen weiteren Krieg, dessen Ziel innerhalb der ersten Seiten erfüllt ist, aber um des Krieges willen einfach mal weitergeführt wird. Erst gegen Ende wird uns wieder ins Gedächtnis gerufen, dass der große Winter naht, also wird er innerhalb von zehn Seiten verhindert.

Generell tauchen Probleme nur auf, um innerhalb kürzester Zeit beseitigt zu werden, was den Eindruck einer schnell und lieblos ausgedachten Story vermittelt. Auch Jahrtausende alte Probleme, wie die oben erwähnte Schwierigkeiten, elektronische Gerätschaften zu bauen, werden, sobald sie nicht mehr der Story dienen, einfach beseitigt, als ob sie nie ein wirklicher Störfaktor gewesen wären.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, hat sich der Autor in den Kopf gesetzt, Soap-Elemente einzustreuen. Die gehen allerdings zu keiner einzigen Sekunde über das klassische Rein-raus-Spiel hinaus, und so hat jeder Charakter alle zehn oder zwanzig Seiten mal mit jemandem geschlafen, woran sich auch irgendwie niemand stört, und anschließend nimmt die zusammenhanglose Handlung wieder ihren Lauf.

_Fazit_

Im Klappentext als Großmeister der australischen Fantastik angekündigt, lässt Sean McMullen in mir einzig und allein den Wunsch aufkommen, nie wieder Fantasy aus Australien zu lesen. Sollte dieser lieblos zusammengezimmerte Roman das Beste sein, was Australien zu bieten hat, muss alles andere einfach grauenhaft sein. Gute Ideen und Vorstellungsfreiheit sind leider das Einzige, was man hier positiv herausnehmen könnte. Leider werden die Ideen entweder in kurzer Zeit wieder unwichtig oder werden schlecht aufgelöst, und die mangelnden Beschreibungen könnte man auch als Faulheit des Autors interpretieren, da einfach kein Umstand mehr als eine Zeile Erklärung bekommt. Die Story ist sehr wechselhaft und verläuft ohne roten Faden, geschweige denn Spannungsbogen, die Protagonisten tun ständig irgend etwas, das ihrem Charakter nicht treu bleibt, und auch sprachlich wird uns hier nichts geboten, das dieses Buch attraktiv machen würde.

Letztendlich wirkt es so, als wolle Sean McMullen seine Idee der von Menschen angetriebenen Computer und Satelliten im Weltraum nach der nuklearen Apokalypse einfach nur niederschreiben, und dem Ganzen, damit es jemand liest, noch eine Alibistory verpassen. Sobald er alles dazu gesagt hat, lässt er seine Idee wieder verschwinden und widmet sich einer neuen. Ich könnte noch zehn weitere Seiten dazu ins Detail gehen, belasse es aber bei der Meinung, dass ein Buch, das weder einen guten Schreibstil noch gute Handlung oder Personen hat, besser gemieden werden sollte.

http://www.hobbitpresse.de/

Markus Heitz – Die Zwerge

_Trailer_

|Sie sind die schlagkräftigsten Helden aus Tolkiens »Herr der Ringe«: Zwerge sind klein, bärtig, und das Axtschwingen scheint ihnen in die Wiege gelegt. Doch wie lebt, denkt und kämpft ein Zwerg wirklich? Dies ist die rasante Geschichte des tapferen Tungdil, der im Kampf gegen Orks, Oger und dunkle Elfen beweist, daß auch die Kleinen Großes leisten können …

Nach Stan Nicholls »Die Orks« ist dies der sensationelle Bestseller über ihre ärgsten Feinde – diese Raufbolde sollte man nie zum Spaß reizen!|

_Rezension_

Als Erstes fiel mir ein Zitat auf, mit dem „Die Zwerge“ u. a. beginnt und das mir aus mehrfacher Sicht – gerade in der heutigen Gesellschaft – aus der Seele spricht, weil es nicht nur auf Makus Heitz‘ Zwerge hinzielen sollte, sondern auf alle, die Menschen und Wesen in Schubladen pressen und sie ihren optischen Regeln unterwerfen wollen:

|“Äußerlichkeiten sind dazu da, um darüber hinwegzusehen,
denn im kleinsten und seltsamsten Wesen
kann das größte Herz schlagen.
Wer die Augen aus Überheblichkeit verschließt,
wird dieses höchste Gut nicht entdecken.
Weder in sich noch in anderen.“|

Markus Heitz entführt den Leser in die phantastische Welt des Zwerges Tungdil und lässt ihn an dessen Kämpfen gegen tückische Gegner, wie die Orks, aber auch Dunkelelfen und andere Fantasywesen teilhaben. Der Autor legt dabei sein Augenmerk auf zwei Dinge: Detailtreue und Kampfszenen.

Besonders diese Detailtreue zeichnet Markus Heitz‘ Schreibstil aus – ohne dabei wortverliebt zu wirken. Darüber hinaus merkt man ihm die Freude am Schreiben und Be-Schreiben an. Da werden 636 Seiten handwerklich solide mit |Inhalten| gefüllt. Ein jeder Leser möge selbst entscheiden, ob ihn diese ansprechen oder nicht. Aber er wäre schlecht beraten, sich von der Seitenstärke und dem leider (gerade bei längerem Lesen) recht unhandlich großen Werk abschrecken zu lassen. Belohnt wird er allemal mit dem Buch eines Autors, in dessen Texten auch das verbale „Augenzwinkern“ nicht fehlt und der zu unterhalten weiß.

Das Volk der „Zwerge“ besteht aus fünf Stämmen, die wiederum meist aus mehr als einem Clan bestehen (am Anfang des Buches in „Dramatis Personae“ vorgestellt). Vraccas – ihr Gott – hat ihnen auferlegt, das Geborgene Land gegen alle Ungeheuer aus der Welt des Bösen zu verteidigen. Allen voran die Orks und Albae, denen es zu Anfang des Romanes beinahe spielerisch gelingt, in das Geborgene Land einzufallen. Wie sich herausstellt und was nicht verwundert, nicht völlig ohne Zauberkräfte.

Tundil, der Protagonist des Romans, der bei seinem Ziehvater Lot-Ionan – einem der sechs Magier des Geborgenen Landes – als Zwerg unter Menschen aufwächst, soll auf dessen Wunsch zum zweiten Zwergenstamm wandern. Damit fängt Tundils großes Abenteuer an. Auf Order des Rates der Zwerge soll er, der ein Meister darin ist, den Schmiedehammer tanzen zu lassen, gegen den König des vierten Stammes in einem Wettbewerb um das Amt des Großkönigs der Zwerge antreten.

Wer als Erster die sagenumwobene und magische |Feuerklinge| schmiedet, soll der neue Großkönig werden. Denn gemäß einer Prophezeiung soll diese Waffe die mächtigste im Kampf gegen die feindlichen Eindringlinge sein. Wird es Tundil gelingen, mit dieser die Feinde zu besiegen?

Bis der Leser die Antwort darauf erhält (oder auch nicht), muss er mit Tundil und dessen Freunden (einem ulkigen Zwergen-Zwillingspärchen, einem feigen und einem einäugigen Zwerg, einem Frauenheld, einem Schauspieler samt undurchsichtiger Freundin, einer dubiosen Zauberin und ihren unheimlichen Begleiter), die alle, wie in jedem klassischen Fantasy-Roman, spezielle Fähigkeiten besitzen, eine Unmenge gefahrvoller Abenteuer bestehen, Verräter entlarven und Feinde eliminieren. Ebenso entwickelt sich Tundel – nach bewährtem Fantasy-Muster – von einem anfangs unsicheren Jüngling zum Held des Romans.

Die Handlung, die im Wesentlichen aus zwei Strängen besteht, ist flüssig und spannend erzählt und vermag es, den Leser an die „Zwerge“ zu fesseln. Was Markus Heitz ebenfalls gelingt, ist der gekonnte Tempowechsel, der zu einem guten Buch und zu einem ordentlichen Spannungsbogen gehört.

Neugierig geworden? Dann lesen Sie selbst!

Doch kommen wir noch zur Aufmachung des Titels. Das minimalistische Covermotiv weiß auf jeden Fall zu überzeugen (weniger ist immer mehr!), auch Papier und Satz sind erstklassig und das Preis-Leistungverhältnis „erste Sahne“. Doch handlich ist der Titel nicht, den man dank seiner Seitenstärke ja so schnell nicht aus der Hand legt. Das Buch ist ein wahrer Klotz (man möge mir die Bezeichnung verzeihen). Das ist aber in der Tat der einzige Kritikpunkt an dem Werk, sieht man über den ein oder anderen Lektoratsfehler hinweg.

_Fazit_: Ein klassischer, solider Fantasy-Roman, der deutlich macht, dass sich wahre Größe nicht in Zentimetern bemessen lässt!

|Ergänzend:|
[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56

Shocker, Dan – Monster-Macher, Der (Macabros, Band 1)

_Der Monster-Macher_

In Südfrankreich soll der Grand Prix stattfinden, doch der deutsche Rennfahrer Ferdi Walter ist kurzfristig erkrankt. Aus diesem Grund übernimmt ein gewisser Bernd Hellmer seinen Part. Dieser mysteriöse Hellmer ist kein anderer als Björn Hellmark, der Sohn des deutschen Großindustriellen Alfred Hellmark und ein begnadeter Hobby-Fahrer.

Die direkte Konkurrenz, der japanische Taykushi-Konzern, ist jedoch bereit, mit allen Mitteln den Sieg dieses Rennens nach Hause zu tragen. Der Manager Tonka Hamado manipuliert mit seinen Technikern den Wagen des Deutschen, so dass sich noch innerhalb der ersten Runde des Rennens das Vorderrad seines Marchs löst und es zu einem katastrophalen Unfall kommt.

Hellmark wird so schwer verletzt, dass die Ärzte, seine brasilianische Freundin Carminia Brado und Björns Vater wenig Hoffnung auf ein Überleben des Verunglückten haben.

Es kommt aber alles ganz anders: In Björns Komazustand nimmt ein gewisser Al Nafuur mentalen Kontakt mit ihm auf. Die Person bezeichnet sich als ein weißer Priester von der versunkenen Insel Xantilon. Hellmark selbst scheint in einer gewissen Beziehung zu dieser Insel zu stehen, bestimmte Aufgaben sollen auf ihn zukommen; zusätzlich entwickelt Hellmark die Fähigkeit der Exteriorisation – er kann einen zweiten Körper bilden, der unabhängig von seinem eigentlichen Körper agiert. Björn vermag ab diesem Moment, an zwei Orten gleichzeitig zu sein!

Sein neuer Ätherkörper erscheint Carminia und seinem Vater. Beide werden über die seltsamen Pläne Al Nafuurs und ihre nun folgende Aufgabe informiert
Kurz darauf fahren Hellmarks Körperfunktionen auf ein Minimum herunter, so dass in kurzer Zeit die Öffentlichkeit über den Tod des Rennfahrers informiert wird. In Wahrheit erwacht Björn wieder aus seinem tiefen Koma und beginnt zusammen mit Carminia ein neues und luxuriöses Leben in einer Villa in Genf.

Doch die Ruhe währt nicht lange, denn Björn will unbedingt seine „Mörder“ entlarven. Hierzu fliegt er umgehend nach Tokio, um Tonka Hamado und dessen stummen Fahrer Onio Yamahoki ausfindig zu machen. Der Deutsche ahnt noch nicht, welches schreckliche Geheimnis hinter dem japanischen Konzern steckt. Hamado ist in Wirklichkeit der Handlanger des größenwahnsinnigen Wissenschaftlers Dr. Yasujiro Konaki. Yamahoki ist eines von Konakis Geschöpfen, ein menschenähnliches Wesen, welches unter seiner Kopfattrappe eine Art Kapsel trägt, worin sich nur der kleine Rest eines Gehirns befindet.

Dr. Konaki hat sich den dunklen Mächten verschrieben, er entführt regelmäßig die Koryphäen der verschiedensten Fachgebiete, um mit ihren Gehirnen eine Art Super-Computer zu füttern.

Björn Hellmark stößt nach einigen Nachforschungen in Tokio auf das geheime Labor des Monster-Machers, in dem es zum letzten dramatischen Showdown kommt …

„Der Monster-Macher“ ist der Pilot-Roman zu dem bizarren Fantasy-Epos um den ehemaligen Rennfahrer Björn Hellmark und seinen Äther-Körper Macabros.

In dieser wirklich umfangreichen und packenden Erzählung wird beschrieben, wie es dazu gekommen ist. Das, was in den EUROPA-Hörspielen als kurzes Intro zusammengefasst wurde, ist in Wirklichkeit eine großartige Einstiegsgeschichte, die deutlich macht, dass man die MACABROS-Serie doch nach Möglichkeit chronologisch lesen sollte. In dem vorliegenden Band werden dem Leser die ersten Grundlagen serviert, verpackt in einen fantastischen und auch trashigen Thriller um einen wirklich abartig veranlagten Wissenschaftler.

Die Rolle des Dr. Konaki ist in der Tat die eines Bösewichtes von erster Güte, bei dessen Charakter und seiner Maschinerie sich der Vergleich mit einigen Gegnern des altehrwürdigen James Bond aufdrängt.

Mit seinem Debüt wird für Hellmark ein brachialer Startschuss abgefeuert, der sich gewaschen hat. Die Reise kann beginnen …

_Fluch der Druidin_

Im Januar des Jahres 1569 kommt es auf der irischen Insel Inishkere zu einigen dramatischen Ereignissen.

Seit langer Zeit verdächtigen die Bewohner der Insel die Einsiedlerin Kiuna Macgullygosh, junge Mädchen in ihr Haus zu locken und deren Blut zu trinken. Als eines Tages der Hexenjäger Jonathan Thuerlaen in dem kleinen Dorf ankommt, beauftragen ihn die ängstlichen Menschen, dem Treiben der verhassten Druidin ein Ende zu bereiten. Noch am selben Abend suchen Thuerlaen und sein Begleiter Knickery die heruntergekommene Steinhütte der angeblichen Hexe auf und malträtieren sie mit dem Hexenstecher.

Bevor sie ihr Leben aushaucht, verflucht Kiuna den Hexenjäger sowie alle Nachkommen von Inishkere. Tatsächlich ereilt Thurlaen und Knickery am nächsten Tag auf unerklärliche Weise der Tod.

Mehr als vier Jahrhunderte später kommen wieder Fremde nach Inishkere. Diesmal sind es mehrere Engländer, die aufgrund der testamentarischen Verfügung des reichen Antiquitätenhändlers Lawrence Clearwater in die heruntergekommene Einsiedlerhütte von Kiuna Macgullygosh einfallen. Sie sollen eine Nacht im Haus der Druidin verbringen, bevor sie das Erbe antreten können.

In der nun folgenden Nacht verfällt eine der Beteiligten, die junge Nyreen Matobish, einem seltsamen Bann. Sie ist die Reinkarnation der Macgullygosh. In einer verborgenen Nische stößt sie auf das vermoderte Skelett der Druidin, welches zu einem neuen grauenvollen Leben erwacht und umgehend eine blutige Jagd auf die restlichen Anwesenden in ihrem Haus veranstaltet.

Zur gleichen Zeit befindet sich Björn Hellmark mit Carminia und dem Griechen Sophokles auf seiner Jacht Seejungfrau im Atlantik vor der irischen Westküste. Al Nafuur hat ihn gebeten, die Untersuchungen des dort vor Anker liegenden Forschungsschiffes Delphin zu unterbinden, da sich die Gefahr andeutet, dass die Taucher auf die Nordspitze von Xantilon stoßen könnten. Die Folgen dieser Entdeckung wären verheerend.

Leider landet Björn mitten in einer Meuterei und kann nur mithilfe von Macabros einen ersten Gang in die Tiefe wagen. Tatsächlich entdeckt er ein Teilstück von Xantilon, welches von einem gigantischen Quallenwesen bewacht wird. Dennoch gelangt er unbehelligt in diese faszinierende Unterwasserwelt, wo er seine erste Bekanntschaft mit den Schwarzen Priestern macht. Er findet ein Schwert und das legendäre Buch der Gesetze, welches ihm einige wichtige Dienste bei seinen weiteren Aufgaben leisten soll.

Letztendlich landet Björn in einer unbekannten Parallelwelt, die von echsenartigen Wesen bewohnt wird. Er selbst scheint sich langsam in ein solches Wesen zu verwandeln …

Das Schicksal will es, dass an der Oberfläche ein gewaltiger Sturm aufzieht und die Seejungfrau mit Carminia und Sophokles auf der Insel Inishkere strandet. Sie geraten mitten in das schaurige Treiben der rachsüchtigen Druidin, die es nun auch auf die beiden Neuankömmlinge abgesehen hat …

Eigentlich haben wir hier zwei unabhängige Geschichten vorliegen, die letztendlich durch den wohl bekannten Zufall zu einem Finale zusammenschmelzen.

Da ist einmal die klassische Gruselgeschichte um die Rückkehr der Druidin Kiuna Macgullygosh, die von einer entsprechend schaurigen Atmosphäre lebt. Anfänglich ist dieser Plot nichts Neues – Gespenstermären wie die vorliegende Rachegeschichte finden sich zahlreiche, doch Dan Shocker gibt dieser noch seine ganz eigene Würze. Speziell die wahren Beweggründe des Lawrence Clearwater lassen die Ereignisse in dem unheimlichen Einsiedlerbau in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Mehr abenteuerlich und fantastisch geht es im Atlantik zur Sache. Björn bekommt seinen ersten persönlichen Kontakt mit dem legendären Xantilon, er erfährt seinen xantilonischen Namen Kaphoon und ergattert die ersten Utensilien für seinen Kampf gegen die dunklen Mächte.

Insgesamt ist auch diese Geschichte ein neuer Meilenstein, die uns wieder ein Stück tiefer in die Welt um Macabros einführt und zusätzlich eine Menge Unterhaltung bietet …

|Startschuss für Dan Shockers großes Fantasy-Epos !|

Mit diesen beiden Geschichten wird der Leser schrittweise in die Welt von Macabros eingeführt – und dem Autor ist dieser Anfang glänzend gelungen. Man sollte die Geschichte um Björn Hellmark definitiv chronologisch verfolgen, sonst könnte es passieren, dass man von den vielen Einzelheiten und seltsamen Namen, den vielen Utensilien und Protagonisten überrollt wird. Mit diesem ersten Band lernt man den ehemaligen Rennfahrer und sein Leben vor seiner Verdopplung kennen, begegnet seinen ersten Gegnern und erlebt in der zweiten Geschichte auch Hellmarks Erstkontakt mit dem sagenhaften Xantilon.

Nach der Lektüre der ersten Abenteuer begreift man auch, wieso sich Shocker entschieden hat, eine weitere Serie ins Leben zu rufen. Die Wesen und das Umfeld um Macabros entspringen zwar auch dem Grusel-Genre, doch wird es hier noch mit dem gewissen Quäntchen Fantasy gewürzt, was dieser Serie ihren ganz speziellen Reiz gibt und sich letztendlich gravierend von „Larry Brent“ unterscheidet.

Das Cover-Artwork von Mark Freier atmet ebenfalls diesen Geist; in einem feinen lederfarbenen Braun gehalten, versehen mit einigen altertümlichen Schnörkeln und zwei versteinerten Totenschädeln, ruft es Erinnerungen an Indiana Jones oder Quartermain wach – in jene Richtung würde ich unseren guten Macabros auch schieben. Auf dem Cover finden wir das Lonati-Bild zu dem Macabros-Erstling „Der Monster-Macher“, während Pat Hachfeld im Buch selbst zu beiden Storys noch mal sein eigenes Werk zum Besten gibt.

Einmal finden wir eines der gespenstischen Wesen von Dr. Konaki, wobei Hachfeld die Kapsel auf dem Rumpf etwas größer als „faustgroß“ umgesetzt hat, wie dies im Buch beschrieben wird – dafür wirkt das Monster bedrohlicher als Lonatis Darstellung. Die zweite Illustration zeigt Kiunas Angriff auf die junge Isabell Flaherty zum Anfang der Geschichte.

Und auch bei Macabros dürfen wir uns über ein entsprechendes Glossar freuen, das sogar die verschiedenen fantastischen Orte, denen wir begegnen, aufgreift und die Besonderheiten zusammenfasst. Man kann sich somit zum Ende jeder Geschichte noch einmal über das vergangene Geschehen informieren.

Wer also nie in den Genuss kam, die sagenhafte Reise mit Björn Hellmark von Anfang an mitzuerleben, der sollte sich schleunigst diesen Band zulegen …

http://www.BLITZ-Verlag.de

McGough, Scott – Ketzer, Der (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)

Seit den Ereignissen des [ersten Bandes 1864 ist einige Zeit vergangen. Prinzessin Michiko wird von ihrem Vater, Daimyo Konda, in seiner Festung Eiganyo gefangen gehalten, Lady Perlenohr und die anderen Fuchsmenschen wurden aus Towabara verbannt und Toshi Umezawa hat sich mittlerweile dem Myojin des Griffs der Nacht verschrieben, wodurch er seine ohnehin schon machtvolle Kanji-Magie um eine gefährliche Facette erweitern konnte. Und er braucht auch sein ganzes magisches Können als Uramon, seine – wie er irrtümlich meinte – ehemalige Herrin, ihn mit Hilfe der Zauberin Kiku zwingen will, ein Gemetzel unter den Mondmenschen, den Soratami, anzurichten. Toshi kann Uramon entkommen und flüchtet – verfolgt von Kiku, dem Rattenmenschen Marknager und dessen Bande – in die Berge, wo es ihm gelingt, seine Verfolger zu überlisten. Doch damit finden Toshis Probleme kein Ende: Michiko kann ihm eine Kanji-Botschaft übermitteln, in der sie ihn bittet, sie aus der Festung des Daimyos zu befreien. Dank seiner neuen Kräfte gelingt dieses Unterfangen und so brechen schließlich der Dieb, Michiko, Lady Perlenohr und ihre Verbündeten zur Magieakademie von Minamo auf, wo sie sich vom Leiter der Schule, Hisoka, Aufklärung über die Hintergründe des Geisterkrieges und das Geheimnis um Michikos Geburt erhoffen.

Währenddessen treibt der Trollschamane und Toshis Hyozan-Eidbruder Hidetsugu, welcher ein treuer Anhänger des alles verzehrenden Oni des Chaos ist, seine grausame, umfassende Rache für seinen ermordeten Schüler Kobo voran, indem er alle diejenigen bestialisch auslöscht, die er als verantwortlich ansieht; bedauerlicherweise steht der Leiter der Akademie ganz oben auf seiner To-Kill-Liste. In Minamo kommt es zum Aufeinandertreffen zwischen ihm, seinen versklavten Kampfmagiern, den Yamabushi und Toshis Gruppe, und nur Toshi selbst ist durch den Eid geschützt.

Derweil erweist sich die Lage des Königreichs Towabara im Krieg gegen Geisterwelt als zunehmend aussichtslos: Während O-Kagachi, die große Alte Schlange – ein mächtiger, uralter Geisterdrache -, Eiganjo attackiert und sowohl die Welt der Geister als auch die Welt der Menschen zu vernichten droht, bedrängen Banditenstämme unter Führung ihres „Königs“ Godo die Grenzen Towabaras, wobei ihnen eine unkontrollierbare Naturgewalt, die Yuki-Onna, das Frostherz, welches allen Lebewesen den Kältetod bringt, zur Seite steht.

Nachdem der erste Band der Kamigawa-Trilogie, „Outlaw (Meister von Kamigawa)“, schon ungewöhnliche und fesselnde Fantasy bot, sattelt „Der Ketzer“ in Hinblick auf Exotik und Rasanz noch einmal ein Stück drauf. Die Protagonisten wurden eingeführt, nun kann der Kampf um Kamigawa beginnen! Monströsere Geister, seltsamere Magie und nicht zuletzt auch ein höherer Gore-Faktor kennzeichnen eine Geschichte, die mehr als der erste Band einer One-Man-Show gleicht. Der zentrale Charakter, derjenige, um den alles und alle kreisen, ist Toshi Umezawa, auch wenn der Rest des Ensembles – angefangen beim Trollschamanen Hidetsugu, endend bei der Zauberin Kiku und ihren tödlichen Blumen – nach wie vor ein bunter, schillernder Haufen mit viel Unterhaltungswert ist.

Etwas verstörend – weil unerklärt – wirkt zunächst Toshis Konvertierung in einen gläubigen Anhänger des Myojin des Griffs der Nacht und man befürchtet ob seines Machtzuwachses schon den magischen Overkill, eine gepflegte Super-Helden-Langweile, aber … hey … der Kerl legt sich mit Göttern oder wenigstens gottähnlichen Wesen an; da bedarf es schon einer robusten, belastbaren Basis. Kurz und gut: Es wird schnell klar, dass mehr Power allein fürs Überleben in Zeiten tödlicher Gefahr nicht ausreicht, sondern Köpfchen und Geschick mindestens ebenso wichtig sind – den Magic-Spielern innerhalb der Leserschaft wird diese Erkenntnis nicht neu sein. Und so ist es weniger seine Kampfkraft als vielmehr seine kleinen Tricks, die Unbeugsamkeit, der Pragmatismus und nicht zuletzt sein Mundwerk, die Toshi zu einem Sympathieträger per excellence machen.

Zart besaitete Gemüter seien allerdings gewarnt: Im Vergleich zum ersten Band bietet „Der Ketzer“ deutlich mehr Grausamkeit und Brutalität, was jedoch insofern angemessen ist, als dadurch Hidetsugu zu einem wahrhaft monströsen, unberechenbaren Charakter ausgebaut wird, der Toshi im dritten Band der Trilogie noch einiges Kopfzerbrechen bereiten dürfte.

Exotische Fantasy, rasant und fesselnd inszeniert. Einer der unterhaltsamsten Romane der letzten Jahre – und das, obwohl er im Magic-Multiversum angesiedelt ist. Bleibt zu hoffen, dass McGough auch im dritten Teil dieses Niveau halten kann.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

McNeill, Graham – Fänge des Bären, Die (Warhammer – Sturm des Chaos 2)

Band 1: [„Botschafter der Schlacht“ 2719

_Story_

Der in Kislev nicht unumstrittene Botschafter des Imperiums, Kaspar von Velten, steht arg in der Kritik, weil er den Menschenschlächter Sascha Kajetan auf seinem Streifzug nicht getötet hat. Stattdessen hat der wahnsinnige, aber unheimlich talentierte Schwertkämpfer die Gnade erfahren, in den Kerker der Teschekisten gesperrt zu werden, damit Kaspar und seine Gefolgsleute vor Kajetans endgültigem Todesurteil analysieren können, was ihn zu diesen vielen grausamen Morden und seiner gespaltenen Persönlichkeit geführt hat. Doch ausreichend Gelegenheit, sich um diese Belange zu kümmern, hat der Botschafter nicht. Der Winter ist in Kislev eingekehrt und mit ihm der Tod, verursacht durch die brutale Kälte, der sich neben den Kisleviten auch noch tausende Soldaten des Imperiums vor den Stadtmauern ausgesetzt sehen, sowie durch eine rätselhafte Seuche, die von übergroßen, seltsamen Ratten übertragen wird. Von Letzterem erfährt von Velten nur über Dritte, denn erst als sein alter Genosse Pavel zu Tode zerfleischt in die Botschaft gelangt, kann er die Spur dieser Krankheit aufnehmen und verbündet sich hierzu ausgerechnet mit seinem Erzfeind Tschekatilo und dessen Handlanger Rejak, die ebenfalls die Ursachen der Rattenplage erforschen wollen. Gemeinsam stoßen sie auf einige dunkle, schier unverwundbare Gegner, die zur bis dato größten Bedrohung für ganz Kislev werden könnten.

Währenddessen plagen Kaspar die Ungereimtheiten in seiner Beziehung zu Anastasia; sie ist ebenfalls nicht mit dem Entschluss, Kajetan in die Stadt zurückkehren zu lassen, einverstanden, und nach einigen Auseinandersetzungen kommt es zum Zerwürfnis. Und auch seine Freundschaft zu Pavel wird auf eine harte Probe gestellt, denn nachdem ihn der bullige Gefährte aus Kislev ein weiteres Mal verraten hat, stellt ihm von Velten ein Ultimatum. Doch Pavel scheint zu schwach und versinkt endgültig in seiner Würde.

Kaspar und die eisige kislevitische Tzarin stehen vor einem gewaltigen tödlichen Chaos, denn zur gleichen Zeit, als die Seuche Teile der Bevölkerung von Kislev dahinrafft, nähert sich Hochtzar Aelfric Ceyenwulf mit einer riesigen Armee seiner Stammeskrieger und einer mächtigen Geheimwaffe von Norden her der Grenze des Imperiums und wird bereits in kurzer Zeit einen vernichtenden Angriff starten …

_Meine Meinung_

Der „Sturm des Chaos“ geht bereits im zweiten Band in die Entscheidung und legt dabei, im Vergleich zum eröffnenden Buch, ungemein an Tempo zu. War „Botschafter der Schlacht“ lediglich ein netter, wenn auch brutaler Einstieg ohne wirkliche Höhepunkte, lässt Graham McNeill es in „Die Fänge des Bären“ so richtig krachen und kratzt an wirklich an allen Ecken der umfassenden Handlung das bislang noch versteckte Potenzial heraus. Kaum zu glauben, dass in beiden Büchern derselbe Autor am Werk war …

Im Gegensatz zum Vorgänger wird der Leser hier von Anfang an (und dies keinesfalls wegen der Vorkenntnisse) mitten in den Strudel der noch einmal weitaus blutigeren Ereignisse gezogen und sieht sich auf einmal mit ungeahnt vielen, nervenaufreibenden Nebensträngen konfrontiert. Geschickt verbindet McNeill die neu entworfenen, bedrohlichen Szenarien mit den vorangegangenen Geschehnissen, flicht dabei eine Vielzahl neuer Protagonisten ein und stärkt gleichzeitig die Rolle der bereits bekannten Figuren.

Vor allem Kaspar von Velten, im ersten Buch noch eine recht unauffällige Hauptperson, entwickelt sich nach und nach zum zentralen Drahtzieher und erfüllt seinen Part in der Geschichte endlich mit der nötigen Überzeugung, wie sie von einem führenden Charakter auch gefordert wird. Dazu entwickeln die übrigen Figuren Eigenschaften, die man von ihnen kaum vermutet hätte. So scheint Kajetan zum Beispiel plötzlich zur Reue gekommen sein und wird trotz seiner grausamen Vergangenheit zu einem indirekten Sympathieträger, von dem ein Gros des weiteren Verlaufs abhängt. Auch der hinterhältige Tschekatilo entwickelt Züge, die gar nicht zu seinem Rang passen wollen, wobei sich sein wahres Naturell zwischendurch dann doch wieder zeigt. Ganz anders hingegen der zum Säufer verkommene Pavel, der mehr als eine Chance vertut, um sich für Kaspars Vertrauen zu revanchieren. Immer wieder überrollt ihn sein vorheriges Leben als Verbündeter Tschekatilos, aus dessen Abhängigkeit er anscheinend nie herausgeraten kann. Ebenfalls recht eigenartig verhält sich Anastasia nach der Rückkehr ihres geliebten Botschafters; immer deutlicher spürt von Velten, dass es ihr gar nicht um ihn geht, sondern dass er nur die Rolle eines Handlangers erfüllt, der bei Ungehorsam nicht weiter erwünscht ist. Und dies seien nur kurze exemplarische Kurzbeschreibungen über die vielfältigen Entwicklungen der individuellen Charakterzüge …

So vielseitig die handelnden Personen, so spannend die Handlung selber. McNeill reißt uns von einem tragenden Ereignis zum nächsten, wirft den Leser vom Paradies zurück in die Hölle und hat nach jedem offenbaren Höhepunkt noch einen weiterem Trumpf in der Hinterhand, mit dem es ihm gelingt, die Spannung zusätzlich zu steigern. Dabei überschlagen sich die Ereignisse in „Die Fänge des Bären“ regelrecht. Die Beziehungen, die bis zuletzt unschlüssige Rollenverteilung, die Bedrohung durch die Ratten, die anstehende Entscheidungsschlacht – bis zur letzten Seite wird man zwischen den bedeutsamen Szenarien hin- und hergerissen, und doch kann sich der Autor auch bis zum letzten Satz immer noch steigern. Wobei das Finale sowieso eine der Sternstunden der „Warhammer“-Buchreihen ist.

Zugegeben, insgeheim hatte ich mit dieser kurzen Serie schon abgeschlossen, doch erfreulicherweise hat McNeill noch einmal die Kurve bekommen und den bis hierhin noch harmlosen Plot zu einem temporeichen, mit Fantasy-Elementen gespickten Thriller modelliert, der für jede einzelne langatmigere Zeile aus „Botschafter der Schlacht“ entschädigt.

Fazit: Auch wenn der Auftakt skeptisch stimmt: „Sturm des Chaos“ sollte man gelesen haben!

http://www.piper.de/

Arthur C. Clarke – Im Mondstaub versunken

Clarke Mondstaub Cover 1983 kleinDas geschieht:

In einer inzwischen nicht mehr allzu fernen Zukunft (um eine exakte Datierung drückt sich der Verfasser; gewissen Andeutungen lässt sich entnehmen, dass wir uns etwa im Jahre 2040 aufhalten) ist der Mensch nicht nur auf den Mond zurückgekehrt: Er hat ihn besiedelt, Stützpunkte errichtet und schließlich Städte gebaut, deren stolze Bürger bereits nach Zehntausenden zählen. Bei den Erdmenschen steht der Nachttrabant als Reiseziel hoch im Kurs. Inzwischen gibt es in Port Clavius, der ältesten Mondstadt, eine eigene Touristenbehörde, die von Direktor Davis straff und erfolgreich geführt wird.

Die neueste Attraktion ist der Staubkreuzer „Selene“, eine Art Mondbus, der zwanzig gut betuchten Passagieren eine eindrucksvolle Fahrt über das „Meer des Durstes“ beschert. Da der Mond eine luft- und wasserlose Felsenkugel ist, wird dieses Meer von feinem Staub gefüllt, der sich allerdings unter Weltraum-Bedingungen wie eine Flüssigkeit verhält und so etwas wie eine Mond-Schifffahrt ermöglicht. Arthur C. Clarke – Im Mondstaub versunken weiterlesen

Lem, Stanislaw – Unbesiegbare, Der

Der „Unbesiegbare“ ist ein schwerer Raumkreuzer, der Nachforschungen über das Schicksal seines Schwesterschiffs „Kondor“ anstellen soll, das auf Regis III, einem Planeten im Sternbild der Leier, verschollen ist.

Kommandant Horpach und sein Stellvertreter Rohan finden den „Kondor“, stehen jedoch vor einem Rätsel: Es gibt keine Überlebenden, obwohl genügend Lebensmittel, Wasser- und Sauerstoffvorräte für Monate vorhanden gewesen wären. Das Raumschiff selbst ist weitgehend unversehrt, die Innenräume sind jedoch ein totales Chaos. Es stellt sich heraus, dass die Besatzung ohne Kampf an einem vollständigen Gedächtnisverlust und der daraus folgenden Hilflosigkeit zugrunde gegangen ist.

Dabei scheint es auf Regis III weder feindliche Flora noch Fauna zu geben, es gibt einfach keinerlei höher entwickelte Lebewesen an Land. Die Meerestiere flüchten völlig untypisch vor den Sonden, die man in die Tiefe schickt, auch sind die Uferregionen, in denen normalerweise höheres Leben entsteht, bar jeglichen Lebens.

Schließlich entdeckt man eine „Wolke“ aus flexiblen, kleinen metallischen Roboter-Fliegen, die sich zu Einheiten variabler Größe zusammenschließen und mittels enorm starker magnetischer Felder Gehirne und Rechenanlagen funktionsunfähig machen beziehungsweise „löschen“ können. Eine Kommunikation mit der bald als „Nekrosphäre“ bezeichneten Roboterspezies erweist sich als unmöglich. Der „Unbesiegbare“ beginnt einen erfolglosen Kampf; obwohl die Mannschaft aus hochqualifizierten Wissenschaftlern besteht und zahllose mächtige Waffen wie der „Zyklop“, ein nahezu unzerstörbarer Kampfroboter, zur Verfügung stehen, wird die Besatzung von den primitiven Maschinen dezimiert und in die Defensive gedrängt. Als die Niederlage des „Unbesiegbaren“ abzusehen ist, versucht Rohan verzweifelt im Alleingang noch einige vermisste Besatzungsmitglieder zu retten.

_Der Autor_

Stanislaw Lem (1921 – 2006) war ein bekannter polnischer Philosoph, Essayist und vor allem Science-Fiction-Autor. Seine Bücher wurden bisher in 57 Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von mehr als 45 Millionen Exemplaren. Sein Roman „Solaris“ wurde 1967 von Andrei Tarkowski und 2002 von Steven Soderbergh mit George Clooney verfilmt, Lem hielt nach Angaben der FAZ von beiden Verfilmungen jedoch nichts.

_Dumme Maschinen gegen schlaue Militärwissenschaftler_

Lem beschreibt eine paradoxe Situation. Die zahllosen Wissenschaftler an Bord des „Unbesiegbaren“ müssen erkennen, dass der „Feind“ eine tote Lebensform ist, simple, primitive Maschinen, Reste des Maschinenparks einer untergegangenen Zivilisation. Die Roboterfliegen besitzen keine herausragenden intellektuellen Fähigkeiten, sie sind einfach strukturiert und zeichnen sich durch ihre Flexibilität aus. Man ist sich nicht einmal sicher, ob sie zusammengeschlossen über eine Art Bewusstsein verfügen, ihre Intelligenz kann jedoch auch dann nicht groß sein, denn sie greifen den „Unbesiegbaren“ oft auf von vornherein aussichtslose Weise an und reagieren viel mehr, als dass sie agieren.

Dennoch hat diese flexible, verteilte Intelligenz die intellektuell hoch überlegenen Makro-Roboter damals ausgelöscht und ebenso die Besatzung des „Kondor“ besiegt. Interessant ist, dass die Besatzung des „Unbesiegbaren“ zahllose hochspezialisierte Roboter zur Verfügung hat, die alle niederen oder spezielle Tätigkeiten übernehmen. Obwohl das Raumschiff ein militärischer Kreuzer ist, scheint jedes der 83 Besatzungsmitglieder ein Wissenschaftler zu sein, von Biologen, Chemikern, Physikern bis hin zum Astrogator Horpach, der gleichzeitig der Kommandant ist. Einzig Rohan wird stets nur mit seinem vermutlichen Vornamen Rohan angesprochen, alle anderen Besatzungsmitglieder werden ihrer Tätigkeit gemäß als „Chefingenieur“, „Kartograph“ oder mit ihren Nachnamen bezeichnet. Sie sind ebenso wie ihre Maschinen weit höher entwickelt und spezialisierter als die Roboterfliegen, auf der Leiter der Evolution sollten sie weit höher stehen.

Ihre Vorgehensweise gleicht jener der höher entwickelten Maschinen, die jedoch bereits von den Roboterfliegen vernichtet wurden. So scheitert auch der Einsatz des mächtigen „Zyklopen“; trotz der Steuerung durch überlegene Intelligenzen und überlegene Ausstattung scheitert er an den Fliegen, die schon vor langer Zeit Methoden entwickelt haben, sich gegen solche Bedrohungen zu behaupten.

Die Besatzung des „Unbesiegbaren“ nimmt die Roboterfliegen als Gegner wahr, obwohl sie als Roboterwesen faktisch tot sind; nur eine Minderheit schlägt vor, sie eher als eine Art Naturgewalt zu betrachten. Der Kampf gegen die Roboterfliegen wird so sinnlos wie der Kampf gegen Naturgewalten, die man nur gelegentlich in ihre Schranken verweisen, aber niemals besiegen kann.

Diese Erkenntnis trifft Rohan auf seiner Rettungsmission: |“(…) er fühlte sich überflüssig in diesem Reich des vollendeten Todes, in dem nur tote Formen siegreich hatten überdauern können, um geheimnisvolle Vorgänge zu vollziehen, die nie ein lebendes Wesen erblicken sollte. Nicht entsetzt, sondern benommen und voller Bewunderung hatte er das miterlebt, was kurz zuvor geschehen war. Er wusste, dass kein Wissenschaftler fähig sein würde, seine Empfindungen zu teilen (…) Nicht überall ist alles für uns bestimmt, dachte er, als er gemächlich abwärts stieg.“|

_Fazit:_

Der Roman thematisiert die Problematik der nahezu unmöglichen Kommunikation mit einer Spezies, die eine vollkommen andere Interpretationsbasis als der Mensch besitzt, und die Frage, warum diese geradezu dazu verdammt ist zu scheitern. Ebenso ist er ein Experiment, das zeigt, dass nicht unbedingt eine hoch entwickelte und ebenso hoch spezialisierte intelligente Lebensform die Krone der Schöpfung darstellen muss. Technologie beziehungsweise Maschinen wird zudem ein Platz in der Evolution eingeräumt, der gewöhnlich nur biologischen Lebensformen zugestanden wird.

Der 1964 entstandene Roman liegt bei |Suhrkamp| mittlerweile in der 8. Auflage vor. Der exzellenten Übersetzung von 1967 merkt man jedoch ihr Alter an, ebenso ist es bedauerlich, dass einige Fehler („auf maximale Feuerkraft herunterschalten“, das Wort „Annihilation“ wird oft im falschen Kontext gebraucht) bislang nicht verbessert wurden. Wenn Elektromotoren den Widerstand von eingetrocknetem Schmieröl überwinden und hermetisch verpackte Karten in ihren Rollen (Sternenkarten in Form von Folien!) unruhig in den Kartenräumen schaukeln, erkennt man das Alter deutlich und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Die Themen sind jedoch intelligent und nach wie vor aktuell. Zudem ist der Roman spannend, unterhaltsam, packend und nachdenklich stimmend. In nur 227 Seiten bringt Stanislaw Lem mehr Inhalt und mehr Unterhaltung unter als einige seiner heutigen Kollegen in ganzen Zyklen.

Wikipedia über Stanislaw Lem:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stanislaw__Lem

Reynolds, Alastair – Ewigkeit

_Lesers Freud ist ESAs Leid._

Die European Space Agency hat mit Alastair Reynolds nämlich einen Astrophysiker verloren, der sein Know-How lieber in faszinierenden Science-Fiction-Storys unterbringt, als sie in Fachpapieren zu veröffentlichen. Mittlerweile lebt der vierzigjährige Waliser in Norwegen und widmet sich voll und ganz seinem Schriftsteller-Dasein. Veröffentlicht hat er bisher sechs Romane, von denen fünf beim |Heyne|-Verlag erschienen sind: „Unendlichkeit“, „Chasm City“, „Die Arche“, „Offenbarung“ und eben „Ewigkeit“. Dazu sei gesagt, dass sich alle Romane (und der Kurzgeschichtenband „Träume von Unendlichkeit“), im „Revelation Space“ Universum abspielen. Bis auf „Ewigkeit“. Nun denn.

_Slasher gegen Stoker._

Wir befinden uns im 23. Jahrhundert. Die Erde ist unbewohnbar geworden nach dem so genannten „Nanocaust“. Alle Aufzeichnungen und Datenspeicher wurden dabei gelöscht und den Menschen ist damit die eigene Geschichte verloren gegangen. Wegen dieses Ereignisses haben sich die Überlebenden in zwei ideelle Gruppen aufgespalten: Die Stoker, welche technischen Weiterentwicklungen nur mit höchster Skepsis entgegentreten, und die Slasher, die behaupten, die Wiederholung einer solchen Katastrophe könne nur dadurch verhindert werden, dass man den technischen Fortschritt vorantreibt, so schnell es nur geht.

Jedenfalls zanken sich jene Gruppen um die Erde und die Geschichte, die unter ihren eisigen Massen begraben liegt. Verity Auger ist Archäologin der Stoker und lebt ihre Wut gegen die Slasher mit Inbrunst aus. Dumm nur, dass sie auf einer Ausgrabungsexpedition das Leben eines jungen Mannes aufs Spiel setzt und deswegen vor die Wahl wenig wünschenswerter Alternativen gestellt wird: das Exil – wenn nicht sogar die Todesstrafe – oder eine gefährliche, hochbrisante Geheimmission. Nicht schwer zu erraten, für welche Alternative Verity sich entscheidet.

Und die zweifelhaften Freuden wollen nicht enden. Ausgerechnet ihr Ex-Mann ist einer der Hauptkoordinatoren der Mission. Er hat sich mit der Erforschung des Hypernetzes befasst, einem brachliegenden Transportnetz, das von einer fremden, verschollenen Rasse errichtet wurde, und bei diesen Erkundungen ist ihm eine Art Kapsel aufgefallen, die einen Planeten enthält, der verdächtig nach der Erde aussieht. Tatsächlich ist dem auch so, eine Erde, deren Zeitrechnung sich gerade im Jahr 1959 befindet, auf der es keinen zweiten Weltkrieg gegeben hat und auf der die technologische Entwicklung aus diesem Grund noch nicht so weit vorangeschritten ist.

Verity Auger wird aber nicht die erste Reisende sein, die sich auf diese mysteriöse Zwillingserde begibt. Vor ihr hat Susan White die Expedition ins Unbekannte angetreten, um Informationen zurückzuschicken, vor allem Schallplatten, Zeitungen und Bücher. Über die genauen Motive von Susans Forschungen wird Verity nicht eingeweiht, wohl aber, dass sie ermordet wurde und einen Packen handschriftlicher Korrespondenz zurückgelassen hat, deren Beschaffung Veritys ausgemachtes Ziel sein wird …

_Der Detektiv und die Büchse der Pandora._

Was uns zum zweiten Handlungsstrang führt. Parallel-Erde, Paris, im Jahre 1959: Wendell Floyds Detektei leidet unter chronischer Auftragsarmut, und so nimmt er sich gezwungenermaßen eines Mordfalls an; nämlich dem von Susan White. Der Vermieter der jungen Frau will nicht an Selbstmord glauben und gewährt dem Privatdetektiv Zutritt zur Wohnung und allem, was er wissen muss. Neben dem seltsamen Drang, Schallplatten und Bücher aus Paris herauszuschaffen, will sich nichts Verdächtiges zeigen, nur ein scheinbar defektes Radiogerät und eine Enigma-Maschine erwecken den Verdacht des Schnüfflers. In einem Frankreich, das unter aufkeimendem Faschismus zu leiden hat, wird einer Leiche mit derartig zweifelhaftem Besitz sofort der Spion-Stempel auf die verstorbene Stirn gedrückt. Fall erledigt, eigentlich. So richtig wollen sich die Fakten aber nicht ineinander fügen. Dazu waren Susans internationale Kontakte zu mannigfaltig, die Objekte ihrer Nachforschungen zu abstrus und ihre Briefkorrespondenz zu seltsam. Noch dazu taucht da plötzlich eine junge Frau auf, die diese Briefe für sich beansprucht. Ihr Name, erklärt sie Wendell Floyd, sei Verity Auger.

Von da an schaukeln sich die Dinge hoch. Die faschistisch unterwanderte Polizei macht Floyd die Nachforschungen zur Hölle, er wird verfolgt und Verity Auger ist bei weitem nicht diejenige, für die sie sich ausgibt. Er findet keine Lösungen bei seinen Nachforschungen, sondern immer verstörendere Fragen, unheimliche Kinder lauern an den Orten seiner Ermittlungen und allmählich wird klar, dass er eine Verschwörung aufzudecken im Begriff ist, die nicht nur für seine Welt verheerende Auswirkungen hätte …

_Science Fiction Noir._

Das ist John Clutes Bezeichnung für das, was Alastair Reynolds hier abgeliefert hat, und der Begriff sitzt. Auf der einen Seite haben wir die klassische Detektiv-Geschichte, auf der anderen Seite haben wir den Entwurf einer Gesellschaft, deren Geschichte abhanden gekommen ist und deren Splittergruppen sich in kalten und heißen Kriegen aufreiben. Reynolds hat diese beiden Extreme sehr gekonnt miteinander vermengt und die Stimmungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, tatsächlich unter einen Hut gebracht.

Dabei streut er seine Informationen geschickt aus. Ständig ist man selbst am Grübeln, welche Hintergründe Susan Whites Tod denn nun haben könnte. Spannung ist außerdem ein wichtiges Element: Auf der einen Seite haben wir französische Nazi-Soldaten, die Wendell Floyd ans Leder wollen, auf der anderen Seite muss sich Verity Auger beeilen, diese Parallelwelt zu verlassen, denn die Hypernetz-Verbindung, durch die sie in ihre Welt zurückkehren kann, ist von äußerst instabiler Struktur. Pulverdampf und ins Gesicht gezogene Polizeihüte gibt es also genauso wie atemberaubende Verfolgungsjagden durch das hochfaszinierende Hypernetz.

Es gibt Spionage und Verrat, Intrigen und unerwartete Verbündete, es gibt abgefahrene Zukunftsentwürfe, beeindruckende Technologien und Gedankenexperimente auf Hardcore-Niveau. Dabei verschwimmen die Figuren nicht zu Statisten hinter einem astrophysikalischen Ideengebilde, im Gegenteil: Verity Auger hat eine wunderbar zynische Art und ist mit einer riesigen Klappe gesegnet, die sie in pfiffigen Dialog-Duellen gnadenlos einsetzt. Ihre Vorurteile gegen die Slasher fußen alleine auf Sturheit, und dementsprechend fällt es ihr so gar nicht leicht, dass ihr Schicksal mehr als einmal von diesen hochgezüchteten Techno-Großkotzen abhängt. Der Leser hat natürlich seinen Spaß dabei.
Wendell Floyd dagegen ist ein Detektiv, wie er im Buche steht. Obwohl ihm Verity von Anfang an sympathisch ist, denkt er gar nicht daran, über die Lücken in ihrer Geschichte hinwegzusehen, und fühlt ihr ständig auf den Zahn, trifft auch einen Nerv nach dem anderen dabei und bleibt selbst dann am Ball, als ihm aufgeht, dass die komplette Wahrheit nicht unbedingt seine bevorzugte Geschmacksrichtung haben dürfte.

Jedenfalls liest sich die 800-seitige Schnitzeljagd wie im Flug. Zwar kann man manche Hintergründe erraten, wenn man sorgfältig genug nach Indizien Ausschau hält, aber das spricht ja nur für eine gewissenhaft gebastelte Storyline, die auf erzwungene Wendungen verzichtet. Und wenn sich dann das Geheimnis hinter allem offenbart hat, zieht die Spannungskurve noch mal so richtig an, besonders der Flucht durch das instabile Hypernetz wird alles an Spannungspotenzial abgewrungen – intensiv!

Reynolds ist mit „Ewigkeit“ ein flockiger, unverkrampfter Wanderer zwischen den Welten geglückt. Im wahrsten Sinne des Wortes: Parallel-Welt-Roman, Science-Fiction und Detektiv-Thriller vereinigen sich zu einem kurzweiligen Lesevergnügen, das auch mit augenzwinkernden Anspielungen nicht hinterm Berg hält – Slasher-Roboter etwa, die stolz darauf sind, nicht nach den Asimovschen Gesetzen programmiert worden zu sein. Ein erfrischender Genremix, den man sich guten Gewissens auf den Einkaufszettel pinseln kann.

http://www.heyne.de

|Ergänzend unsere Rezensionen zu:|
[„Unendlichkeit“ 503
[„Chasm City“ 540
[„Die Arche“ 541