Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Dart-Thornton, Cecilia – Geheimnis der schönen Fremden, Das (Die Feenland-Chroniken 2)

Band 1: [„Im Bann der Sturmreiter“ 1521

Der zweiten Band der Feenlandchronik setzt unmittelbar und nahtlos am Ende des ersten Bandes an. Imrhien ist inzwischen bei Maeve Einauge. Nur scheint es, dass das junge Findelkind dort nicht sicher ist, die Hütte wird beobachtet. Imrhien muss aber nach Caermelor, um den Hochkönig zu sprechen. Maeve Einauge greift zu einer List …

So reist Imrhien in adliger Verkleidung und unter dem Namen Rohain Tarrenys von den Trauerinseln in die Hauptstadt. Doch trotz dieser Aufmachung hat der Hochkönig keine Zeit für den unerwarteten und auch ein wenig seltsamen Besuch. Es bleibt keine andere Wahl, als das Geheimnis dem Herzog von Roxburgh anzuvertrauen. Der Herzog muss jedoch bald Richtung Norden reisen, da die Unruhen in der Provinz Navarre immer mehr zunehmen. An seine Stelle tritt der Herzog von Ercildoune, mit dem Rohain sich schon bald anfreundet.

Die geheime Nachricht, die Rohain überbracht hat, war für die Krone äußerst wertvoll. Plötzlich winken eine Baronie und ein eigenes Lehen, ganz zu schweigen von einer Belohnung in Gold. Die Hofclique um Lady Dianella, die Rohain bisher verächtlich und gemein behandelt hat, benimmt sich plötzlich höchst freundlich und zuvorkommend. Der schöne Schein trügt. Rohain muss bald erkennen, dass sich unter den höflichen Masken mächtige Feinde verstecken, und das nicht nur bei Hofe! Woher nur rührt all diese Feindseligkeit? Erneut wird dem Findelkind bewusst, dass es endlich das Rätsel um seine Vergangenheit lösen muss …

Da sich Imrhien am Ende des ersten Bandes von allen Gefährten trennt, um Maeve Einauge aufzusuchen, und all diese Gefährten wie auch viele andere Personen nach der Trennung von Imrhien in der Versenkung verschwinden, sind neue Charaktere nötig, um die Geschichte fortzuführen.

Einer der wichtigsten ist Thomas Ercildoune, ein sympathischer, warmherziger Mann mit einem ausgeprägten Faible für das Volk der Faeran, das Elfenvolk. Kaum jemand weiß so viel über die Faeran wie er. Das ist kein Wunder, schließlich ist er der Barde des Königs. Er wird zu Rohains bestem Freund, zumindest, bis der Hochkönig ins Feld zieht und Ercildoune zu seinem Stellvertreter ernennt. Dennoch traut das Findelkind sich nicht, ihm die Wahrheit über seine Vergangenheit zu erzählen, zu groß ist seine Angst, in Ungnade zu fallen.

Lady Dianella ist überaus eitel und deshalb eifersüchtig auf Rohains Stellung, denn vor Rohains Ankunft drehte sich alles nur um sie. Deshalb will sie den unbequemen Gast so schnell wie möglich wieder loswerden. Allerdings ist die Lady nicht gerade besonders intelligent, ihre kleinen Intrigen bleiben oberflächlich und entbehren jeder Rafinesse.

Weit gefährlicher ist da schon Prinz Morragan, der Rabenprinz der Faeran. Als Bruder des Elfenkönigs besitzt er eine Machtfülle, der kaum jemand etwas entgegenzusetzen hat. Der Stolz der Elfen, den die Menschen oft genug als Hochmut empfinden, ist bei ihm besonders ausgeprägt. Und auch er ist eifersüchtig, und zwar auf seinen Bruder, der ein Menschenfreund ist. Morragan dagegen verabscheut die Menschen und will nichts mit ihnen zu tun haben. Am liebsten wäre es ihm, alle Tore zwischen Elfen- und Menschenwelt würden für immer geschlossen, doch ist er dem Torhüter der Elfen gegenüber nicht weisungsbefugt. Also greift auch er zu einer List …

Leider bleiben die genannten Charaktere alle ziemlich blass. Man erfährt kaum etwas von den einzelnen Personen, sie haben keine Geschichte, keine Gedanken, kaum Gefühle. Das mag zum einen daran liegen, dass ausschließlich aus Rohains Sicht erzählt wird, andererseits hätte Cecilia Dart-Thornton durchaus die Möglichkeit gehabt, von dieser Sichtweise abzuweichen. Abgesehen davon: Natürlich ist Rohain völlig unerfahren, was das Hofleben und seine großen und kleinen Täuschungen angeht, aber deswegen noch lange nicht dumm. Dennoch vermisste ich jegliche Beobachtungsgabe, und diese Oberflächlichkeit passt eigentlich nicht zum übrigen Charakter.

Ein weiterer Punkt ist Rohains Verliebtheit. Zwar schreibt die Autorin romantische Fantasy im klassischen Sinne. Die Formulierungen im Zusammenhang mit Rohains Liebe schrammen allerdings nur haarscharf am Kitsch vorbei, und lediglich die Tatsache, dass die Autorin sich diesbezüglich kurz gefasst hat, verhindert, dass die entsprechenden Passagen auf das Niveau von Groschenromanen abrutschen. Dazu kommt, dass diese Liebe anscheinend lediglich auf der Schönheit der geliebten Person beruht, jedenfalls wird allein diese in den Gedanken Rohains genannt. Niemals beziehen die Gedanken sich auf irgendwelche Charaktereigenschaften oder die Erinnerung an besondere Ereignisse, die beide gemeinsam erlebt haben. Noch eine Oberflächlichkeit, die nicht ins Bild passt.

Allein Rohains Verhalten wirkt auch diesmal glaubhaft und echt. Das naive Findelkind, das keinerlei Ahnung von feinem Benehmen und Etikette hat, fühlt sich inmitten des übertriebenen Pomps unwohl und völlig fehl am Platz. Von Natur aus aufrichtig, ist es der boshaften Hinterhältigkeit der Höflinge nicht gewachsen. Sein Selbstwertgefühl ist aufgrund seiner Entstellung so gut wie gar nicht ausgeprägt. Rohain spürt seinen wackligen Stand innerhalb dieser Gesellschaft der Äußerlichkeiten, doch das bequeme Leben des Adels missen zu müssen und in den Schmutz und die Armut zurückzukehren, ist dennoch ein äußerst unangenehmer Gedanke. Rohain kann sich nicht von diesem neuen Leben losreißen.

Das kann es letztlich aber nicht mehr rausreißen, und so lässt die Charakterzeichnung insgesamt diesmal doch etwas zu wünschen übrig. Auch die Tatsache, dass die Autorin die im ersten Band lose gebliebenen Fäden der Burg Isse nochmals aufgenommen hat, kann darüber nicht hinwegtrösten, denn die im Grunde vielversprechend angelegten Charaktere von Ustorix und Mortier verpuffen lediglich als Episode am Rande: Von Ustorix bleibt nichts als ein eitler Pfau übrig, und Mortier ist ein Opfer seiner Beziehungen zu den Unseelie geworden und taucht nicht einmal persönlich auf. Dabei war der Abstecher nach Burg Isse für die Handlung durchaus nicht unwichtig. Leider ging diese hier in den unwichtigen Details völlig unter.

Das gilt übrigens nicht nur für diesen Teil der Handlung. Auch die Geschehnisse in der Hauptstadt und auf der Insel Tamhania verlieren sich in ausschweifenden Beschreibungen von Nebensächlichkeiten aller Art. Cecilia Dart-Thornton scheint ein Faible für Prunk zu haben. Zwar hat sie auch die Landschaften im ersten Teil durchaus detailliert und poetisch geschildert, doch bleibt dies weit hinter dem zurück, was die Autorin an Ausführlichkeiten für Kleidung und Raumausstattung übrig hat! Sie schwelgt geradezu in den Einzelheiten von Stoffen, von denen ich noch nie im Leben etwas gehört habe, von Edelsteinen, deren Namen ich zwar immerhin kenne, deren Aussehen ich aber erst einmal nachschlagen müsste, und von Möbeln und Geschirr, das im Großen und Ganzen überall gleich aussieht und genau genommen total unwichtig ist. Ganze Seiten wendet sie dafür auf, den Ablauf von Festessen inklusive sämtlicher Gänge oder einen Imbrol-Ball sowie die Beziehungen zwischen Menschen und Meeresgeistern wie Silkies oder Meerjungfern darzustellen.

Auf Dauer ist das ungeheuer ermüdend, vor allem, weil es sich ständig zu wiederholen scheint. Der durchschnittliche Leser hat garantiert bereits nach dem ersten Festessen begriffen, wie übertrieben prunkvoll, üppig und dekadent das Hofleben ist.
Eine weitere Bremse für den Handlungsverlauf stellen die Legenden und Geschichten über Seelie und Unseelie dar, die ebenfalls wieder in großer Zahl Platz gefunden haben. Manche kannte ich sogar schon und empfand sie deshalb als doppelt lästig. Wenn ich die Geschichte des Rattenfängers oder die vom Elfenkind lesen will, nehme ich mir ein Märchen- oder Sagenbuch, und lese sie dort nach.
In diesem Fall wollte ich allerdings die Geschichte von Imrhien/Rohain lesen. Von der bleibt aber nach Abzug all der Weitschweifigkeiten und handlungsfernen Nebensachen nicht mehr viel übrig. Ich schätze, die eigentliche Geschichte von Imrhien könnte man locker auf der Hälfte der Buchseiten unterbringen.

Ich muss daher sagen, dass dieser zweite Band die Hoffnungen, die ich nach dem ersten Band in ihn gesetzt hatte, nicht erfüllt hat, eher im Gegenteil.

Mit den vielen zusätzlichen Legenden und Sagen allein hätte ich mich, auch wenn sie in keinem Zusammenhang mit Rohains Geschichte stehen, vielleicht noch abgefunden angesichts dessen, dass die Feenwelt gegen Ende tatsächlich noch an Bedeutung gewinnt und endlich mit der eigentlichen Geschichte verwoben wird. Aber auch in den übrigen Punkten wurde ich enttäuscht. Der Verlauf der Handlung wurde nicht gestrafft, sondern eher noch weiter aufgebläht, sodass der Spannungsbogen oft genug völlig durchhängt. Die Charakterzeichnung wurde nicht intensiver, sondern flacher. Da es sich bei diesem Zyklus erklärtermaßen um romantische Fantasy und nicht um Action handelt, erscheint mir das Verhältnis zwischen innerer und äußerer Handlung zu unausgewogen, Rohains Gedanken- und Gefühlswelt kommt eindeutig zu kurz. Der ohnehin schon geringe Anteil an eigenen Ideen hat sich nicht vergrößert. Der Zyklus verkümmert zu einer Sammlung von Volksmärchen in dem unpassenden Kleid einer Liebesgeschichte.

Immerhin lässt das Ende des zweiten Bandes, an dem das Feenreich und sein vielversprechender Prinz endlich ans Geschehen andocken, darauf hoffen, dass im dritten Band doch nochmal sowas wie Bewegung und damit auch mehr Spannung aufkommen wird. Sollte Prinz Morragan allerdings ebenso wie Dorn und Ustorix im Klischee versinken, wäre das wirklich ein Verlust! Und für mich das K.o.-Kritierium für weitere Bücher dieser Autorin.

Cecilia Dart-Thornton, selbst ein Findelkind, wuchs in der Nähe von Melbourne auf. Aus ihrer Feder stammt außer den Feenlandchroniken auch der Crowthistle-Zyklus, von dem bisher die ersten beiden Bände auf Englisch erschienen sind: „The iron tree“ und „The well of tears“. Wann Bände dieses Zyklus auf Deutsch erscheinen, ist noch nicht absehbar, und auch das Erscheinungsdatum des dritten Teils der Feenlandchroniken steht noch nicht fest.

Neben dem Schreiben widmet sich Cecilia Dart-Thornton außerdem der Musik und der Fotographie.

http://www.dartthornton.com

Sergej Lukianenko – Wächter der Nacht

Das geschieht:

Diese Welt ist nicht nur der Ort, den wir ahnungslosen Menschen kennen. Da gibt es auch das „Zwielicht“, eine Sphäre, die nur von den „Anderen“ wahrgenommen und betreten werden kann: gefährliche Wesen, die als Vampire, Werwölfe, Schwarzmagier oder Hexen bekannt sind, aber auch Zauberer und Gestaltwandler, die im Frieden mit den Menschen leben.

Licht und Dunkel wetteifern seit Äonen um die Vormacht. Das Gleichgewicht muss unbedingt gewahrt bleiben, sonst gerät die Welt aus den Angeln. Vor vielen Jahren war es einmal fast soweit. Die Mächte des Lichts und die Mächte der Dunkelheit hätten einander ausgelöscht, wäre nicht in letzter Sekunde ein Waffenstillstand zu Stande gekommen. Seither halten auserwählte „Lichte“ als „Wächter der Nacht“ zwischen Sonnenuntergang bis -aufgang ein Auge auf die Dunklen, während diese folgerichtig einen eigenen Orden, „Wächter des Tages“ genannt, die Aktivitäten der „Lichten“ kontrollieren lassen. Sergej Lukianenko – Wächter der Nacht weiterlesen

Robert Charles Wilson – Die Chronolithen

Wer ist Kuin?

Wissen Sie das? Nein? Nun, keiner weiß, wer Kuin ist. Aber jeder kennt ihn. Seit dem Tag, an dem der erste „Chronolith“ im thailändischen Chumphon erschien. Ein blauer Obelisk aus einem unbekannten, nicht analysierbaren und anscheinend auch unzerstörbaren Material mit einer Inschrift, die den Sieg der alliierten Streitkräfte Kuins über Süd-Thailand und Malaysia preist – am 21. Dezember 2041. Zwanzig Jahre in der Zukunft. Spätestens aber, nachdem ein wesentlich größeres Exemplar in Form einer stilisierten menschlichen Gestalt explosionsartig Bangkok entkernt und zahllose Todesopfer gefordert hat. Und das war erst der Anfang …

Robert Charles Wilson – Die Chronolithen weiterlesen

Barclay, James – Himmelsriss (Die Chroniken des Raben 4)

Band 1: [Zauberbann 892
Band 2: [Drachenschwur 909
Band 3: [Schattenpfad 1386

Jetzt, da ich dies schreibe, mag es ungefähr zehn Minuten her sein, dass ich die letzte Seite von „Himmelsriss“ gelesen habe, doch ich möchte die noch immer anhaltende Euphorie, vor allem aber die weiterhin sicht- und fühlbare meterdicke Gänsehaut, die mich im letzten Kapitel dieses Buches ergriffen hat, für diese Rezension nutzen. Mit dem vierten und wahrscheinlich auch düstersten Teil der „Chroniken des Raben“ ist es dem britischen Autor James Barclay erneut gelungen, eine fesselnde Fantasy-Geschichte zu erzählen bzw. den Faden weiterzuspinnen und somit die Geschichte noch weitschweifender auszubauen. Mehr denn je beschleicht mich mittlerweile das Gefühl, dass „Die Chroniken des Raben“ nur so nach einer Verfilmung schreien, denn wenn ich mir überlege, welches Kopfkino sich in den letzten Kapiteln dieses vierten Teils wieder in meinem Kopf abgespielt hat, dann hätten wir es hier bei einer entsprechenden Umsetzung mit einem Unterfangen zu tun, das selbst die Verfilmung von „Der Herr der Rings“ übertreffen könnte. Und das ist jetzt keine dramatisierte Übertreibung, sondern eine Tatsache, die lediglich von meiner Begeisterung für diese Reihe ein wenig getrübt sein könnte.

_Story:_

Der Riss im interdimensionalen Raum wird von Tag zu Tag größer, und die Drachenbrut der Kaan kann das Loch am Himmel nicht mehr lange gegen die verfeindete Brut der Naik verteidigen. Doch in Balaia ist sich nur die legendäre Söldnertruppe des Raben über die Tragweite dieses Himmelsrisses bewusst und macht sich auf den direkten Weg zum Kolleg von Julatsa, das weiterhin unter starkem Beschuss durch die Wesmen liegt. Den Rabenkriegern gelingt es, in das Kolleg einzudringen, um in der dortigen Bibliothek nach Hinweisen des genialen Magiers Septern zu suchen, mit Hilfe derer man schließlich das Loch im Himmel wieder schließen könnte. Tatsächlich finden sie einige Manuskripte und begeben sich anschließend wieder zurück zum Haus des Dimensionsmagiers Septern. Für Ilkar ist diese Entscheidung besonders schwer, denn er verlässt sein Heimatkolleg in dem Bewusstsein, dass er es bei einer eventueller Rückkehr nur noch in Schutt und Asche wiederfinden wird. Doch die gemeinsame Sache ist von größerer Bedeutung, und so entfernt sich der Rabe wiederum unbemerkt aus Julatsa.

Derweil haben die Wesmen große Teile von Balaia eingenommen und einen erheblichen Teil der gegnerischen Streitkräfte besiegt. Lediglich eine kleine Garnison unter der Führung des berüchtigten Generals Darrick leistet noch Widerstand. Verbündet mit den einflussreichen Baronen Grese und Blackthorne, bekämpft er die übermächtige Wesmenarmee unter der Führung von Lord Tessaya und gewinnt so wichtige Zeit für den Raben. Dieser nämlich hat sich durch das Tor in Septerns Haus in die Welt der Drachen begeben, um von dort aus gemeinsam mit dem ehemaligen Herrscher von Xetesk, Styliann, den entscheidenden Spruch zur Schließung des Himmelsrisses zu wirken. Doch die Söldner mitsamt ihrer Magier haben nur noch wenig Zeit, denn das Loch kann nicht mehr lange verteidigt werden. Und rund um Septers Haus können Stylianns Protektoren die heranstürmende und zahlenmäßig deutlich überlegene Wesmenarmee, die mittlerweile von der Mission des Raben erfahren hat, nicht mehr lange in Schach halten. Der Krieg kommt somit in seine entscheidende Phase, sowohl in Balaia als auch in der Dimension der Drachenbruten …

Es vergehen jeweils drei Monate, bis endlich die deutsche Fortsetzung dieser Serie auf den Markt kommt, und diese drei Monate sind jedes Mal von Neuem eine ziemlich harte Zeit, gerade nach dem ereignisreichen und offenen Ende des Vorgängerbandes „Schattenpfad“. Doch nachdem man dann die ersten Seiten des neuen Buches gelesen hat, fühlt man sich sofort wieder heimisch – heimisch in der Welt von Balaia und in der Welt von James Barclay.

In diesem Fall weicht die Spannung jedoch erst einmal der Brutalität der Vorgänge an den verschiedenen Schauplätzen der Handlung. „Himmelsriss“ steht besonders im Zeichen der Schlachten zwischen den Wesmen und den Streitkräften von Korina, die das Land Balaia verteidigen wollen, und dementsprechend ausführlich beschreibt Barclay auch die Verläufe der Gefechte und deren blutige Folgen, ganz besonders im ersten Drittel. Dann jedoch holt der Autor wieder sehr weit aus und wechselt fast von Seite zu Seite den Schauplatz, springt vom Raben zur Situation in Julatsa, dann wieder in die Drachendimension, anschließend zu den Kämpfen an Septerns Haus und schließlich zum taktischen Gefecht zwischen Lord Tessaya und den beiden Baronen Blackthorne und Gresse sowie ihrem Verbündeten, General Darrick.

Hier zeigt sich wieder die ganze Klase von James Barclay, indem er alle Punkte bis ins letzte Detail schildert, kurz vorm finalen Moment aber wieder in eine andere Szene springt und den Leser somit auch spielend ans Buch fesselt. Der Drang, schnellstmöglich Lösungen und Entscheidungen in Erfahrung zu bringen, ist enorm groß; ergo verschlingt man auch dieses Buch mit derselben Intensität, wie es bei den drei Vorgängerbänden der Fall war.

Weiterhin ausgezeichnet finde ich, wie Barclay die einzelnen Rollen der Charaktere sehr offen lässt; man weiß nicht immer, ob man Xetexk-Magier Styliann, dem Brutführer Sha-Kaan, dem Gestaltenwandler Thraun oder aber den Protektoren trauen kann, und das macht einen nicht unerheblichen Reiz bei diesem Buch und der Serie im Gesamten aus.

Und doch sind es im Endeffekt die Beschreibungen der Szenarien, die für die eingangs erwähnte Gänsehaut verantwortlich zeichnen. Ich würde gerne vorgreifen und erklären, was mich am Ende so euphorisch gestimmt hat, aber damit würde ich zu viel über den Verlauf der Geschichte preisgeben. Nur so viel: Es ist ein wahrlich erhabenes Gefühl, das ich in dieser Form nur bei den finalen Momenten der „Herr der Ringe“-Filme verspüren konnte – und damit habe ich jetzt wahrscheinlich doch schon zu viel verraten …

„Himmelsriss“ ist wiederum all das, was den modernen Fantasy-Autor James Barclay auszeichnet und diese Reihe so wertvoll macht, und ein Grund mehr, sich mit den „Chroniken des Raben“ auseinanderzusetzen. Selten hat mich eine Fantasy-Reihe derart ergriffen, wie es hier der Fall ist. Und jetzt folgen eigentlich wieder drei harte Monate bis zur Veröffentlichung von „Nachtkind“, aber aufgrund einer längeren Lesepause meinerseits darf ich mich bereits in wenigen Wochen auf die Lektüre des fünften Bandes freuen.

http://www.jamesbarclay.com/
http://www.ravengazetteer.com/

Isaac Asimov – Der Aufbruch zu den Sternen (Foundation-Zyklus 3)

„Der Aufbruch zu den Sternen“ ist die direkte Fortsetzung der Ermittlungsromane um Elijah Baley und R. Daneel Oliwav, mit denen Asimovs „Foundationzyklus“ seinen Anfang nimmt, lässt man die Robotergeschichten ein bisschen außen vor. In diesen Romanen wird der Grundstein zur Foundation-Trilogie gelegt, die weltweite Berühmtheit erlangte. Im vorliegenden Roman findet erstmals das Konzept der „Psychohistorik“ Erwähnung, überraschend ist allerdings der Ursprung dieser Idee.

Aufbruch oder nicht?

Auf der Erde trainieren mutige Menschen unter Baleys Leitung den Aufenthalt im Draußen, unter freiem Himmel, fern der überkuppelten Stahlhöhlen. Baley selbst, der durch seine Ermittlungserfolge bei den Spacern große Sprünge auf der Karriereleiter machte (s. „Die Stahlhöhlen“) und dessen Taten durch hollywoodartig übertriebene Vorführungen berühmt wurden, muss eine weitere Ermittlung aufnehmen. Diesmal verschlägt es ihn nach Aurora, der ersten durch Menschen besiedelten Welt, auf der Dr. Fastolfe (Konstrukteur und Entwickler des humaniformen Roboters Daneel) in politische und gesellschaftliche Bedrängnis geriet.

Er ist Befürworter eines Plans, nach dem die weitere Besiedlung der Galaxis durch Erdenmenschen mit Hilfe der Spacertechnik erfolgen soll, da sie weitgehend unabhängig von Robotern sein können, im Gegensatz zu den Spacern selbst, die die Galaxis durch Roboter erschließen lassen wollen, um sich ins gemachte Nest zu setzen. Jetzt wird ihm zur Last gelegt, einen zweiten humaniformen Roboter zerstört zu haben, um damit die Bestrebungen seiner politischen Gegner zu sabotieren.

Mit seinem politischen Ende wäre der Traum der Menschen um Baley, die Erde zu verlassen, ausgeträumt. Es liegt also alles an ihm, durch geschickte Ermittlung die Unschuld Fastolfes zu beweisen.

Isaac Asimov ist zweifellos einer der bedeutendsten Science-Fiction-Schriftsteller aller Zeiten, wird oft sogar als der bedeutendste bezeichnet. Seine wichtigsten Hinterlassenschaften finden sich in den Drei Gesetzen der Robotik und in der Foundation-Saga, in deren Verlauf er den Weg der Menschheit ins All und ihr dortiges Bestehen schildert. Asimov wurde 1920 in der Sowjetunion geboren und verstarb im April 1992 in den Vereinigten Staaten.


Das Zwei-Wege-Rätsel

Der typische Stil Asimovs führt in diesem Roman, so man bereits etwas von Asimov gelesen und sich mit seinem Stil bekannt gemacht hat, schon auf der Anreise auf Aurora zur Ahnung einer Erkenntnis, die entscheidend für die Geschichte ist. Wie ist es möglich, dass der offensichtlich alte und überholte Roboter Giskard, der trotzdem ein Favorit des Robotikers Fastolfe ist, und der zusammen mit dem überragenden humaniformen Roboter Daneel zur Erde reist, um Baley abzuholen, eine konkrete Gefahr für den Geist Baleys vor Daneel bemerkt und eingreift, obwohl er sich im Gegensatz zu Daneel nicht mit Baley in einem Raum befindet? Es ist nicht nur diese Situation, die auf eine besondere Fähigkeit Giskards schließen lässt. Schrittweise führt Asimov den Leser an die offensichtliche Erkenntnis heran, die bereits in den ersten Kapiteln möglich ist – aber nur, da dem erfahrenen Leser klar ist, dass Asimov keine für die Geschichte irrelevanten Details einbringt, sondern sich so klar wie kaum jemand sonst an der Linie seiner Erzählung hält. Natürlich umfasst das auch Verwirrungsstrategien, denen der Leser wie auch der Protagonist erliegt und auf falsche Fährten gelockt wird.

Die Lösung des Rätsels gelingt Baley schließlich auf eine Art, die nicht vorhersehbar ist, und damit gelingt Asimov wieder eine Wendung, die selbst jene Leser überrascht, die den oben angesprochenen Aspekt der Geschichte früh durchschaut haben, oder zu haben glaubten. Bei der Lösung lässt Asimov nämlich die Frage, wer den zweiten humaniformen Roboter zerstört hat, in den Hintergrund treten und hangelt sich stattdessen an den eigentümlichen gesellschaftlichen Eigenschaften der Auroraner im Gegensatz zu jenen der Erdenmenschen entlang, bis es Baley gelingt, Fastolfe auf diese Art zu entlasten. Hier könnte man enttäuscht sein, würde das doch bedeuten, dass es zu einem Stilbruch gekommen wäre und der mitdenkende Leser seinen Erfolg nicht zu greifen bekommt. Aber selbstverständlich gibt sich Baley nicht nur mit der Lösung des Falls zufrieden, sondern sucht nach eben jener Erkenntnis, die Asimov tröpfchenweise in die Geschichte träufelte und die so wichtig ist für den Zusammenhang mit der Foundation-Trilogie und der Psychohistorik.

Hier wirft sich nämlich eine weitere interessante Frage auf, die keine direkte Beziehung zur Lösung des Falles Fastolfe hat: Wie kommt es zur Entstehung des Begriffs „Psychohistorik“ Jahrtausende vor dem genialen Hari Seldon, der die psychohistorische Mathematik entwickeln und den Begriff prägen wird? Es ist erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit Asimov dieser Brückenschlag zu fallen scheint, ein in unserer realen Zeit Jahrzehnte umfassender Brückenschlag zwischen diesen wichtigen Werken, die er erst später zu einem zusammenhängenden Zyklus zusammenstellte und kleine Lücken mit mehr oder weniger großem Geschick füllte (siehe „Das Foundation-Projekt“).

Fazit

Die beiden wichtigsten Aspekte des Romans (im Gesamtbild des Foundation-Zyklus) stehen nur bedingt mit der Lösung in Zusammenhang, aber direkt im Interesse Baleys, so dass es Asimov trickreich gelungen ist, eine spannende und sehr unterhaltsame Geschichte zum Träger einer wichtigen Idee zu machen. Was fast alle seiner Geschichten mit sich bringen, kommt in dieser sehr stark zum Tragen: die Möglichkeit für den Leser, seinen eigenen Gehirnschmalz mit einzusetzen und die Lösungsschritte Baleys entweder nachzuvollziehen oder vorwegzunehmen. Dieser Roman macht richtig Spaß!

Der Foundation-Zyklus

Meine Freunde, die Roboter
Die Stahlhöhlen
Der Aufbruch zu den Sternen
Das galaktische Imperium
Die frühe Foundation-Trilogie
Die Rettung des Imperiums
Das Foundation-Projekt
Die Foundation-Trilogie
Die Suche nach der Erde
Die Rückkehr zur Erde

Sara Douglass – Glaszauberin, Die (Die Macht der Pyramide 1)

Tirzah ist eine begnadete Glasschleiferin. Aber sie ist auch eine Sklavin. Zusammen mit ihrem Vater wurde sie in den fernen Süden verkauft, zur Tilgung seiner Spielschulden. Nicht einmal ihren wirklichen Namen durfte sie behalten. Nun schleift sie Glasnetze für eine riesige Pyramide, deren Zweck sie nicht versteht. Doch schon beim ersten Betreten des riesigen Bauwerks spürt sie, dass damit etwas nicht stimmt. Das Glas schreit regelrecht vor Qual und bittet Tirzah um Hilfe. Nur was für Hilfe? Und wie sollte eine Sklavin helfen können? Noch dazu, wo ihre Gabe des Verstehens von Elementen und den ihnen innewohnenden Geistern sie sofort den Kopf kosten kann …

Yaqob, ein Glasarbeiter wie sie, will die Sache auf seine Weise lösen: durch bewaffneten Aufstand. Bevor die Männer jedoch losschlagen können, bringt eine Reihe von Ereignissen alles durcheinander:
Ein Baustein, der oben an der Spitze der Pyramide für die Einfassung des gläsernen Schlusssteins verwendet werden sollte, macht sich selbstständig und tötet einen Sklaven! Die Tatsache, dass niemand in der Nähe war, der ihn hätte anstoßen oder hinunterwerfen können, macht den Bauleiter Ta’uz aus irgendeinem Grund äußerst nervös.

Chad Nessar, der König des Landes, kommt, um die Baustelle zu inspizieren und lässt bei seiner Abreise zusätzlich zu weiteren 2000 Mann Bewachung seinen Neffen Boaz zurück, einen der fanatischsten und härtesten Magier der gesamten Kaste. Und Boaz lässt, kaum dass er angekommen ist, Tirzah zu sich holen …

Tirzah ist nicht unbedingt die typische Heldin. Sie ist nicht ausschließlich zu dem Zweck geboren worden, um das Land Ashdod vor dem Untergang zu retten, keine Prophezeiung zwingt sie gegen ihren Willen, über sich hinauszuwachsen. Was das junge Mädchen vor allem auszeichnet, ist ein ausgeprägter Wille zu überleben. Sie fügt sich in alles, was ihr an Unbill widerfährt, in dem Bewusstsein, dass ihr nichts anderes übrig bleibt, doch ertragen kann sie es nur, weil sie auf gar keinen Fall sterben will. Sonst hätte sie womöglich längst den Freitod gewählt, scharfes Werkzeug steht ihr ja in ausreichender Menge zur Verfügung. Ihr Überlebenswille erstreckt sich aber nicht nur auf ihr eigenes Leben, sondern auch auf das ihrer Freunde. Yaqobs Revolte flößt ihr deshalb mindestens so viel Angst ein wie die Pyramide.

Dennoch ist Tirzah etwas Besonderes aufgrund der Tatsache, dass sie so viel Zeit mit Boaz verbringt. Sie steht in unmittelbarer Nähe zu diesem Mann, hat Einblicke, die sonst niemand hat und hält damit den Schlüssel in der Hand. Sie weiß, dass sie ihn eigentlich benutzen sollte, doch unwillkürlich geht sie den Weg des geringsten Widerstandes. Sie fürchtet sich zu sehr vor der Unberechenbarkeit ihres Herrn.

Yaqob ist davon ziemlich enttäuscht. Eigentlich ist er ein recht sympathischer, netter Kerl. Aber obwohl Tirzah und er ein Paar sind, fällt ihm zu Boaz Aufforderung an Tirzah, in sein Haus zu kommen, als Erstes ein, dass sie damit in der idealen Position ist, um zu spionieren. Nicht, dass Tirzahs Situation ihm gleichgültig wäre, er hasst Boaz deswegen doppelt und dreifach und ist außerdem eifersüchtig. Trotzdem scheint die Revolte ihm wichtiger zu sein als Tirzah. Das und seine extreme Gewaltbereitschaft sind ein ziemlich dunkler Fleck auf seiner weißen Weste, zumal der Sklavenaufstand, selbst wenn er gelänge, das eigentliche Problem, nämlich die Fertigstellung der Pyramide, in keiner Weise lösen würde.

Der zwiespältigste Charakter ist Boaz. Nicht wirklich schizophren, aber mit zwei sehr unterschiedlichen Gesichtern, von denen er eines außerhalb der Wände seines Hauses niemals zeigt! In allererster Linie ist er ein Magier, der kurz davor steht, seinen Traum von einer ungeheuren Machtfülle zu verwirklichen. Diese machthungrige, rücksichtslose und auch grausame Seite hat die andere fest im Griff. Doch seit er Tirzah begegnet ist, gerät die Seite des Magiers aus zwei Richtungen zunehmend unter Druck, und das stürzt auch Tirzah in eine Menge Gewissenskonflikte.

Das alles zeigt bereits, dass die Autorin glaubhafte und stimmige Charaktere ohne Schwarz-Weiß-Zeichnung in eine Geschichte eingewoben hat, in der – wie im |Weltenbaum|-Zyklus auch – die innere Welt der Protagonisten eine ebenso große Rolle spielt wie die Geschehnisse um sie herum. In anderen Punkten unterscheidet sich dieses Buch wiederum erheblich von Sara Douglass‘ Erstlingswerk. Bis auf den Anfang und die Reise in den Süden, die relativ kurz gehalten wurden, spielt sich die gesamte Handlung auf der Baustelle der Pyramide und in der benachbarten Siedlung ab. Da Tirzah aus der Ich-Perspektive erzählt, gibt es nur einen einzigen Handlungsstrang. Die Komplexität von Boaz‘ Charakter, die durch die feine Beobachtungsgabe Tirzahs voll zur Geltung kommt, und Tirzahs eigene Zerissenheit bieten jedoch genügend Vielschichtigkeit auch für Leser, die es gerne etwas komplizierter haben.

Spannung bezieht das Buch nicht nur aus Boaz‘ Unberechenbarkeit, sondern auch aus der stetig wachsenden Bedrohung durch den Schatten, den die Pyramide über das Land wirft. Sara Douglass hat sich hier von Pythagoras und anderen griechischen Denkern inspirieren lassen, für die die Mathematik nicht nur eine Natur- sondern auch eine Geisteswissenschaft war. Das Aufstellen allgemeingültiger Lehrsätze führte in der philosophischen Betrachtung zu der Folgerung, dass Zahlen nicht einfach Mengendefinitionen von Menschenhand sind, sondern die Essenz aller Dinge. Für sie war die ganze Welt aus Zahlen aufgebaut, und die Untersuchung von Zahlen sollte sie daher zu Erkenntnissen über Funktion und Ordnung des Kosmos führen. Die Eins nahm dabei einen besonderen Raum ein. Als erste aller Zahlen sah man in ihr den Ursprung der Welt, sie galt deshalb als unteilbar.

Angelehnt an dieses philosophische Prinzip hat die Autorin ihren Kult von der Eins entworfen. Die Pyramide der Magier ist die Verkörperung der vollkommenen mathematischen Formel. Sie soll es den Magiern ermöglichen, die Eins nicht nur wie bisher kurz zu berühren, sondern mit ihr zu verschmelzen und damit ungeschränkt auf die ihr innewohnende Macht zuzugreifen.

Doch die Sache scheint einen Haken zu haben. Der Leser hat das Gefühl, dass da etwas unaufhaltsam auf ihn zukriecht, das er zwar nicht versteht, dessen Bösartigkeit aber in den diversen Unfällen an der Baustelle und den Veränderungen, die offenbar ganz von selbst mit der Pyramide vorgehen, deutlich zu Tage tritt. Die Aussicht auf den Tag der Fertigstellung und erst Recht auf den der Einweihung wird immer mehr zum Albtraum.

Was genau die Eins so mächtig macht, welche Nebenwirkungen die Magier mit ihrem Experiment heraufbeschwören und welche Folgen die Fertigstellung der Pyramide letztlich haben wird, erfährt der Leser leider nicht. Das ist allerdings nicht die Schuld der Autorin. Vielmehr liegt es daran, dass |Piper| das Buch einfach verkrüppelt hat. Genauer gesagt, es wurde nur die erste Hälfte veröffentlicht! Das geschieht nicht zum ersten Mal. Schon beim |Weltenbaum|-Zyklus hat der Verlag alle drei Bände einfach jeweils halbiert. Selbst bei einem Zyklus gibt es dafür keinen ersichtlichen Grund außer dem, mehr Profit zu machen. Dieses Buch aber war niemals als Zyklus gedacht, sondern als in sich abgeschlossener Einzelband! Trotzdem hat sich der Verlag das Recht herausgenommen, dem Leser das Ende vorzuenthalten und auf die zweite Hälfte zu vertrösten, deren Veröffentlichungsdatum noch nicht feststeht. Genauso gut könnte der Buchhandel beschließen, bei allen Harry-Potter-Büchern vor Verkauf die zweite Hälfte der Seiten herauszutrennen, und den Käufern erklären, diese stünden erst in einem halben Jahr zum Verkauf!

Für den Leser ist diese Vorgehensweise schlicht inakzeptabel. Und ich wage zu bezweifeln, dass die Autorin, die „Tresholder“ (der Originaltitel des Gesamtbuches) als eines ihrer Lieblingswerke bezeichnet hat, davon begeistert wäre. Sollte |Piper| davon künftig nicht Abstand nehmen, ist es wohl besser dazu überzugehen, die Bücher im Original zu lesen. Eine Mühe, die ich bisher gescheut habe, die mir eine unverstümmelte Version aber allemal wert ist!

Ein abschließendes Fazit ist mir zu diesem Buch also leider nicht möglich. Was ich jedoch bisher gelesen habe, hat mir ausnehmend gut gefallen, auch wenn der eigentliche Höhepunkt des Buches leider erst im nächsten Band zu finden sein wird. Glaubhafte Charaktere und ein ausgewogenes Verhältnis von innerer und äußerer Handlung ergeben eine Geschichte, die ein Stück außerhalb der üblichen Abläufe und Erzählformen der Fantasy liegt, aber dennoch zu fesseln versteht. Eine angenehme und gelungene Abwechslung und ein neuerlicher Beweis für die hohe Erzählkunst der Autorin.

Sara Douglass arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaum|-Zyklus stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Sie lebt in einem Cottage in Bendigo/Australien. Außer dem Weltenbaumzyklus und „Tresholder“ schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten, von denen auf Deutsch bisher nur noch „Der Herr des Traumreiches“ erschienen ist.

My Сreative

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_
[Die Sternenbraut 577
[Sternenströmers Lied 580
[Tanz der Sterne 585
[Der Sternenhüter 590
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599
[Die Göttin des Sternentanzes 604
[Der Herr des Traumreichs 1037

Ralf Isau – Das gespiegelte Herz (Die Chroniken von Mirad 1)

Ergil ist ein ruhiger, nachdenklicher Junge mit einer unerschöpflichen Wissbegierde. Stunden kann er damit verbringen, das Leben im Wald zu beobachten, und wenn er damit fertig ist, fragt er seinen Ziehvater Falgon Löcher in den Bauch. Diese Eigenschaften resultieren aus dem tief verwurzelten Wunsch, die Welt und ihre Wesen zu verstehen. Wenn er sich nur selbst verstehen könnte! Einiges an ihm selbst scheint ziemlich merkwürdig zu sein, und er träumt immer so seltsam …

Twikus ist ein Wildfang und immer in Bewegung. Er scheint vor nichts Angst zu haben, das Wort Vorsicht existiert in seinem Wortschatz gar nicht. Sein Lieblingszeitvertreib ist die Jagd. Twikus ist ein exzellenter Bogenschütze. Umso mehr wundert er sich immer wieder über die Träume von einem jungen Burschen, der offenbar ein totaler Weichling ist …

Ralf Isau – Das gespiegelte Herz (Die Chroniken von Mirad 1) weiterlesen

Clemens, James – Schattenritter (Die Chroniken von Myrillia 1)

Eigentlich wollte Tylar nur mit sich selbst einen heben gehen. Immerhin hatte er an diesem Tag Geburtstag. Leider war die Wahl des Lokals etwas ungünstig für ihn ausgefallen. Der heruntergekommene und gebrochene Mann ist in den feineren Schänken der Stadt nicht willkommen, die Türsteher werfen ihn raus. Und nicht nur das! Nur das Eingreifen eines Schattenritters verhindert, dass Tylar totgeschlagen wird. Trotz dieser Rettung hat die ganze Sache verheerende Auswirkungen. Auf dem Heimweg wird Tylar Zeuge eines Mordanschlags. Nicht an irgendjemandem, sondern an Meeryn, der Göttin der Sommerinseln! Als der unheimliche Angreifer wieder verschwunden ist, eilt Tylar der verletzten Göttin zu Hilfe. Zu seinem Entsetzen stirbt sie in seinen Armen, und nicht, ohne ein geheimnisvolles und höchst unwillkommenes Geschenk in ihm zurückzulassen, das ihn auf kürzestem Wege in den Kerker und auf den Richtplatz bringt. Doch gemeinsam mit seinem Mithäftling Rogger kann Tylar fliehen. Jetzt machen alle neun Länder Myrillias Jagd auf den „Gottesmörder“ …

Dart lebt im Konklave von Chrysmafähr. Hier werden die adligsten und vielversprechendsten Jungen und Mädchen der neun Länder dazu ausgebildet, den Göttern als Leibdiener zu fronen, und als „Hand“ eines Gottes erwählt zu werden, gilt als große Ehre. Dart allerdings ist eine Außenseiterin. Ihre Eltern kennt sie nicht, die ehemalige Rektorin der Schule hatte sie als Säugling ins Konklave gebracht und dort aufgezogen. Doch vor drei Jahren starb ihre Gönnerin, und Dart fühlt sich nur noch geduldet. Sie hat keine Familie, keine Abstammung, ist nicht einmal hübsch, und die anderen Mädchen treiben ihren derben Spott mit ihr. Ihr einziger Freund ist ein kleiner Hund, den außer ihr niemand sehen kann. Trotz all dem fühlt Dart sich im Konklave zu Hause, es ist der einzige Ort, den sie kennt.

Dann allerdings geschehen Dinge, die innerhalb weniger kurzer Tage ihre gesamte Welt völlig auf den Kopf stellen! Zutiefst gedemütigt und kurz darauf aufs Höchste geehrt, entkommt sie nur knapp einem Mordanschlag und macht schließlich eine Entdeckung, die sie und ihre Freundin Laurelle schlagartig zu Flüchtlingen macht! Und das ist noch gar nicht alles …

James Clemens verschwendet keine Zeit damit, erst eine heile Welt zu entwerfen, um sie dann zu zertrümmern, sondern er fängt gleich mit dem ersten Steinwurf an! Die Welt, die vor dem Auge des Lesers entsteht, hat von Anfang an Risse, und am Ende des Buches ist dem Leser klar, dass es eine heile Welt eigentlich nie gegeben hat.

Tylar ist dafür ein deutliches Zeichen. Einst war er ein Schattenritter und Protegé des Ordensvorstehers in Tashijan, verlobt mit seiner klugen und hübschen Kollegin Kathryn. Doch er machte den Fehler, sich mit den Grauhändlern anzulegen. Plötzlich fand er sich auf der Anklagebank wieder, als Mörder! Ihm drohte der Strick. Nur durch das Eingreifen seines Gönners Ser Henri blieb er am Leben, kam allerdings auf ein Sklavenschiff und landete in einer Kampfarena. – Kein strahlender Held also, sondern einer mit Dreck am Stecken. Kein unfehlbarer Übermensch, sondern einer, der seine üble Lage zumindest teilweise sich selbst zuzuschreiben hat. Natürlich besitzt er im Übrigen alle Eigenschaften, die ein Held haben muss, damit er mit den Gefahren eines Fantasy-Romans fertig werden kann: Er ist zäh, entschlossen und im Grunde von rechtschaffener Gesinnung.

Darts Charakter liegt mehr auf der typischen Schiene: ein junges Mädchen, das trotz seiner Außenseiterrolle im Grunde behütet aufgewachsen ist und von der Welt im Grunde nicht viel weiß. Ihr ganzer Horizont besteht aus seiner künftigen Aufgabe als göttliche „Hand“, bis das Unheil über sie hereinbricht, zunächst in Gestalt eines Lehrers, dann plötzlich auch noch in Gestalt eines Gottes. Zu guter Letzt wird ihr Leben auch noch von der Lösung des Rätsels um ihre Herkunft überschwemmt. Wie auch für Tylar gilt für Dart natürlich das ungeschriebene Gesetz, dass sie zwar Angst haben darf, sich aufgrund ihrer Rolle als Heldin aber tapfer und mutig verhalten und natürlich im entscheidenden Moment die rettende Idee haben muss!

Die bisher geheimnisvollste Persönlichkeit ist Rogger. Er nennt sich einen Dieb, aber abgesehen von einer gewissen Schlitzohrigkeit und großem Geschick beim Öffnen von Schlössern wirkt er dafür eigentlich zu gebildet. Nur eines ist sicher: Er ist weit herumgekommen und kennt die neun Königreiche offenbar wie seine Westentasche. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn sich irgendwann rausstellen sollte, dass der Dieb nur eine Tarnung für einen adligen Spion ist! Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich gelegentlich an Silk aus Eddings |Belgariad|-Saga erinnert. Beide sind mehr, als sie scheinen …

Der obligatorische Bösewicht ist wie so oft ein Vertreter der machthungrigen Sorte, allerdings kein stumpfsinniger Brutalo, sondern intelligent und weltmännisch. Um an die Macht zu kommen, hat er seine Fäden im Hintergrund gezogen, bis er in einem dichten Netz aus Unterstützung saß, wie eine Spinne. Nur an einer Stelle scheint sein Verstand ein wenig vernebelt, und zwar in Bezug auf die Frau, die er unbedingt für sich haben will, die aber überhaupt nichts für ihn übrig hat. Das ist ausgerechnet Tylars frühere Verlobte.

Was der Sache den letzten Schliff verleiht, ist, dass dieser Mann nicht den einzigen Bösewicht der Geschichte darstellt!

Die Gruppe um Elena in Clemens‘ erstem Zyklus |Banned and the Bannished| hatte noch recht deutlich etwas von einer Rollenspielgruppe an sich. In den |Chroniken von Myrillia| spürt man davon nicht mehr so viel. Auch hier haben wir Vertreter verschiedener Bereiche: Schwertkämpfer, einen Dieb, eine Art Priesterin der Götter. Jedoch ist die Gruppe insgesamt so klein, dass die Sache eher im Hintergrund bleibt.

Der Weltentwurf ist diesmal frei von Zauberei, dafür bevölkert von einer ganzen Heerschar von Göttern. Die Magie hat Clemens in das Gewand der Alchemie gekleidet. Basis für die Wirkung der alchemistischen Mittel sind die Körperausscheidungen der Götter. Nicht unbedingt in jeder Hinsicht lecker, aber die unangenehmeren Körpersäfte blieben zumindest bisher eher am Rande, der Ekelfaktor hält sich stark in Grenzen. Blut fließt allerdings in Strömen, obwohl weder Schlachten geschlagen noch anderweitige Gemetzel veranstaltet werden. Denn das Blut der Götter enthält die mächtigste der „Gaben“ …

Die Monster, die im Hexenzyklus noch so zahlreich und detailliert beschrieben wurden, sind hier weit weniger vertreten. Ganz ohne Grausamkeit kommt allerdings auch „Schattenritter“ nicht aus. Clemens versteht es wieder einmal, den Leser gegen Ende, als er eigentlich schon aufatmen will, mit der Aussicht auf völlige Finsternis zurückzulassen. Auch der Verlauf des Buches steht unter Dauerspannung. Es dauert eine Weile, bis erkennbar wird, wer Freund und wer Feind ist. Das gilt vor allem für den Handlungsstrang um Dart, deren Verwirrung und Angst hinter jeder Ecke eine Bedrohung sehen. Aber auch sonst ist kaum etwas so, wie es scheint. Und die hartnäckige Verfolgung des Gottesmörders sorgt für ein hohes Erzähltempo.

Was sich da bisher so abzeichnet, scheinen die |Chroniken von Myrillia| durchaus mit Clemens‘ Erstlingswerk mithalten zu können. Die Charaktere sind interessant und machen neugierig auf mehr, das Schwert der Götter dürfte auch noch einige Geheimnisse bergen, und die Intrigen innerhalb des Ordens der Schattenritter bieten sicherlich noch genug Stoff, an dem man weiterweben kann. Clemens hat seine Geschichte gekonnt aus Politik, Religion, Magie, Wissenschaft und zwischenmenschlichen Beziehungen zusammengesetzt, die in viele Richtungen verzweigen und eng miteinander verwoben sind. Jede Menge Platz für die Entwicklung der Charaktere sowie unvorhergesehene Wendungen und sonstige Überraschungen.

James Clemens ist gebürtiger Amerikaner, wuchs aber in Kanada auf. Er studierte Veterinärmedizin und eröffnete schließlich eine Praxis in Kalifornien. Von 1998 bis 2003 erschien der Fünfteiler |Banned and the Banished|. Danach gönnte sich der Autor eine Pause und brachte im Juli dieses Jahres den ersten Band seiner |Chroniken von Myrillia| unter dem Titel „Schadowfall“ heraus. Schon zwei Monate später erschien das Buch auch auf Deutsch. Der Autor arbeitet unterdessen an der Fortsetzung „Hinterland“, die nächstes Jahr erscheinen soll.

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Clemens, James – Buch der Prophezeiung, Das (Alasea / Banned and the Banished 4)

Band 1: [Das Buch des Feuers 969
Band 2: [Das Buch des Sturms 996
Band 3: [Das Buch der Rache 1007

Elena und ihre Gefährten haben den Krieg um A’loatal gewonnen und das Buch des Blutes errungen. Aber jetzt scheint die Situation plötzlich festgefahren! Seit Wochen sitzen die Verbündeten im Thronsaal herum und streiten sich über das weitere Vorgehen. Schließlich platzt Elena der Kragen, sie würgt die Beratung ab und stellt ein Ultimatum: Bis morgen wird sie über das weitere Vorgehen entschieden haben. Wem das nicht passt, der braucht zur nächsten Beratung gar nicht zu erscheinen!

Dabei ist sie selbst noch gar nicht sicher, was sie tun soll. Da erreichen sie zwei Hilferufe. Einen überbringt ein Zo’ol-Schamane, einen Merik, der Ni’lahns Laute hütet. Ein Blick in das Buch des Blutes gibt den Ausschlag: Die Wehrtore, Skulpuren der mythischen Tiere Greif, Mantikor, Basilisk und Wyvern, mit dem heiligen Hammer der Zwerge aus Schwarzstein gehauen, müssen zerstört werden! Ein schier hoffnungsloses Unterfangen, aber was bleibt ihnen übrig?

Der Wyvern floh während der Schlacht um A’loatal mit dem Dunkelmagier Schorkan nach Schwarzhall, dem Sitz des dunklen Herrschers, und ist damit unerreichbar. Die drei anderen Tore müssen zuerst gefunden werden. Also machen sich drei Gruppen auf den Weg:
Die erste, bestehend aus Merik und dem Zo’ol-Schamanen auf einem Windschiff der El’ven, folgt Mikela und ihrer Truppe zum Nordwall, um ihnen zu Hilfe zu eilen. Denn dort wurde ein Greif gesichtet …
Die zweite Gruppe, bestehend aus Joach, Kast und Saag’wan, folgt einer jungen Frau namens Kesla auf einem weiteren Windschiff in die südlichen Ödlande. Denn Kesla hat um Hilfe gebeten. Sie erzählt von einem schwarzen Basilisken, der monatlich einen Tribut von dreißig Kinder fordere!
Die dritte Gruppe, bestehend aus Elena, Er’ril, Mama Freda und einer Gruppe Zwerge, folgt Tol’chuk nach Gul’gotha. Tol’chuk soll nach Anweisung der Seelen den Herzstein dorthin bringen, wo er gebrochen wurde. Elena hofft, dort auch die Skulptur des Mantikor zu finden. Um die junge Frau, in der das Blut ihres verlorenen Königs fließt, nicht aus den Augen lassen zu müssen, besteht die El’ven-Königin Tratal darauf, dass Elena auf ihrem Windschiff reist.

Während die drei Gruppen sich auf den Weg machen, braut sich an anderer Stelle neues Unheil zusammen. Und als ob die Suche nicht schon gefahrvoll genug wäre, wird der Zusammenhalt der Gefährten auch noch durch Egoismus und Ignoranz aufs Glatteis geführt …

Allmählich macht es sich bemerkbar, dass der Zyklus sich seinem Ende nähert. Im Verhältnis zu den neu aufgeworfenen Fragen sind die erhaltenen Antworten eindeutig in der Überzahl. So erfährt der Leser endlich, wo sich Ni’lahns alte Heimat Lok’ai’hera befand, was es mit den Wehrtoren auf sich hat und wo Chi, die alte Magie Alaseas, sich befindet. Die diversen Prophezeiungen, die gelegentlich am Rande erwähnt wurden, werden gedeutet. Und außerdem erfährt der Leser auch ein paar Antworten, zu denen er sich bisher noch gar keine Fragen gestellt hat.

Die Antworten auf die entscheidenden Fragen hat sich der Autor natürlich für den letzten Band aufgehoben: Was wird aus Joach? Was aus den Si’lura-Zwillingen? Natürlich auch: Was wird aus Elena? Und vor allem: Wer ist der dunkle Herrscher? Nach den Andeutungen, die bisher gefallen sind, wird vor allem die letzte Antwort immer interessanter. Im Hinblick auf die vorletzte stellt sich die Frage, ob der Autor seine Geschichte tatsächlich mit einem Scheitern Elenas enden lassen wird.

Unwahrscheinlich, denn obwohl der Mann mit seinen Protagonisten um einiges rüder umspringt als mancher seiner Kollegen, ist er immer noch Amerikaner, und die Amerikaner scheinen irgendwie immer ein Happyend zu brauchen. In diesem Falle müsste allerdings noch ein Weg gefunden werden, um das Ende der Geschichte mit dem Rahmen des Buches in Einklang zu bringen, in dem Elena als bösartig und der Erzähler ihrer Geschichte als Irrer dargestellt wird. Man darf gespannt sein.

Und das ist gut so. Auf die bisherige Vorgehensweise, am Ende des Bandes schon die Bedrohungen im nächsten anzudeuten, hat der Autor diesmal nämlich verzichtet. Jemand, dem der Zyklus allmählich doch etwas lang wird, könnte jetzt am ehesten in Versuchung geraten aufzuhören. Der Spannungsbogen ist nicht annähernd so straff gespannt wie bei seinen Vorgängern, vor allem dem zweiten Band. Zwar hat jede Gruppe mit ihren eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen, allerdings sind es diesmal keine übermächtigen oder besonders zähen, hartnäckigen Gegner, sondern eher lauter kleine Widrigkeiten, die war aufhalten, aber doch alle verhältnismäßig schnell überwunden sind. Das ganze wirkt ein wenig wie ein Hindernisrennen.
Auch kappt der Autor diesmal die Erzählstränge der einzelnen Gruppen nicht unbedingt an einem Punkt, an dem man unbedingt wissen will, wie es jetzt weitergeht. Das nimmt ebenfalls einiges von der Spannung raus, die bei den Vorgängerbänden noch vorhanden war.

Wie es bei vorletzten Bänden oft der Fall ist, scheint auch hier ein gewisses Innehalten gegeben zu sein, ein Atemholen für den Endspurt sozusagen. Fäden müssen zusammengeführt und auf das Ende hin gebündelt, Personen entsprechend gruppiert und die Ausganssituation für den letzten Kampf vorbereitet werden. Je länger der Zyklus, desto schwieriger wird es, alle Details bis zum letzten Band aufzuheben und dann den angesammelten Knoten auf einen Schlag aufzulösen. Eine gewisse Windstille ist einfach notwendig.

Insofern mangelt es vielen vorletzten Bänden ein wenig an Eigenständigkeit, auch diesem vierten Band von |Banned and the Banished|. Er zieht sich manchmal ein wenig, was gerade im Vergleich zu dem atemlosen Tempo der Vorgänger stark auffällt. Dennoch bietet er ein paar interessante Wendungen, und die gebotenen Antworten fügen sich lückenlos in das Puzzle, das der Autor aufgebaut hat. Allein einen kleinen Logikfehler hab ich gefunden: Kral tut sich bei seinem Kampf gegen die Besatzer seiner Heimatburg ein wenig zu leicht damit, mehrmals seine Gestalt zu wechseln, wenn man bedenkt, dass kurz vorher erklärt wurde, eine Gestaltwandlung koste viel Kraft, und zwei an einem Tag ließen bereits nicht mehr genug für eine dritte übrig! Ein relativ kleiner Fehler und im Hinblick auf die Gesamtheit der bisherigen weit über 2.000 Seiten nicht wirklich gravierend.

Auch diesmal hat sich die Übersetzerin wieder eine gewisse Freiheit beim Buchtitel erlaubt. Der Originaltitel „Wit’ch Gate“ wurde diesmal mit „Buch der Prophezeiung“ übersetzt, obwohl die Prophezeiungen in diesem Band nur wenig mehr Raum einnehmen als die Rache im dritten Teil, wohingegen die Wehrtore das alles beherrschende Thema darstellen. Vielleicht kann mir irgendwann mal jemand erklären, was gegen eine originalgetreue Übersetzung von Buchtiteln spricht. Auch hier hatte sich der Autor bei der Namensgebung seines Buches durchaus etwas gedacht!

James Clemens ist gebürtiger Amerikaner, wuchs aber in Kanada auf. Er studierte Veterinärmedizin und eröffnete schließlich eine Praxis in Kalifornien. 1998 erschien der erste Band des Zyklus |Banned and the Banished| unter dem Titel „Wit’ch Fire“. In der deutschen Übersetzung wurde daraus „Das Buch des Feuers“. Die übrigen Bände folgten, jedes Jahr einer. Nach einer längeren Pause kam im Juli dieses Jahres der erste Band des neuen Zyklus |Godslayer Chronicles| heraus unter dem Titel „Shadowfall“. Die deutsche Übersetzung erschien im September unter dem Titel „Schattenritter“.

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Lukianenko, Sergej – Wächter der Nacht (Nochnoi Dozor)

Wieder einmal gerät ein Buch in die Schlagzeilen, das laut einigen Kritikern besser und spannender sein soll als „Der Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“, doch den Vergleich gegen das große Werk von J.R.R. Tolkien haben vor Sergej Lukianenkos „Wächter der Nacht“ schon andere Bücher verloren. In Russland allerdings ist Lukianenkos Trilogie tatsächlich erfolgreicher als das meistverkaufte Fantasybuch, und auch der zugehörige [Film]http://www.waechter-der-nacht.de schlägt dort alle Rekorde. Inwiefern dieser Vergleich zwischen den verschiedenen Fantasybüchern überhaupt gerechtfertigt ist, wollen wir uns nun ansehen.

_Lichtgestalten_

In Moskau leben die Lichten und die Dunklen in einem wackligen Waffenstillstand, die Lichten sorgen als Wächter der Nacht in den dunklen Stunden für Ordnung, während die Dunklen tagsüber die Wache übernehmen. Anton arbeitet als lichter Magier bei der Nachtwache und muss eines Nachts beobachten, wie eine Vampirin den 12-jährigen Jegor anlockt, um dessen Blut zu trinken. Doch dies ist verboten, und so kann Anton gerade noch rechtzeitig einschreiten, doch sowohl der Junge als auch die Vampirin können fliehen. Viel beunruhigender sind allerdings andere Ereignisse: Auf seiner nächtlichen Runde hat Anton in der U-Bahn eine Frau beobachtet, die einen bedrohlichen schwarzen Wirbel über ihrem Kopf schweben hat. Im Grunde genommen sind solche Wirbel alltäglich und werden durch Flüche hervorgerufen. Die verfluchte Person wird nun einige Unglücke zu verkraften haben, doch der besagte Wirbel über dem Kopf der unbekannten Frau ist anders. Anton schafft es nicht, ihn aufzulösen, der Wirbel nimmt eher noch dramatischere Ausmaße an.

Antons Chef beschließt daraufhin, den schwarzen Wirbel von seiner Nachtwache aufhalten zu lassen, muss aber zusehen, wie dieser größer und größer wird und schließlich eine Höhe von über dreißig Metern annimmt. Dies würde eine Katastrophe bedeuten, die große Teile von Moskau zerstören und viele Menschenleben kosten würde. Schließlich kommt es zum Showdown, bei dem Anton eine große Rolle spielen wird.

_Der neue Tolkien?_

Vergleiche mit J.R.R. Tolkien versprechen immer einen Anstieg der Verkaufszahlen, auch wenn sie in den seltensten Fällen angebracht sind. Lukianenko schreibt zwar ebenfalls im Fantasygenre wie sein berühmter Vorgänger, doch da hören die Ähnlichkeiten fast schon auf. Während Tolkien mit Mittelerde eine ganz eigene Welt entworfen und seinen Elben sogar eine eigene Sprache verpasst hat, greift Lukianenko auf das bekannte und existente Moskau zurück und lässt dort lediglich die Anderen auf den Plan treten. Die Anderen sind Lichte oder Dunkle mit magischen Fähigkeiten, die zwar auf unterschiedlichen Seiten des Rechts kämpfen, doch beide ihre Schattenseiten haben. Das Zwielicht – die Schattenwelt – ist das Reich, in dem sie sich bewegen und wo sie unbeobachtet durch normale Menschen bleiben können. Lukianenko greift also auf das bekannte Erfolgsmuster zurück, nämlich auf den Kampf zwischen Gut und Böse, wobei allerdings die Grenzen in diesem Fall stark verwaschen sind. In „Wächter der Nacht“ haben auch die Lichten ihre dunklen Seiten. So intrigiert sogar der Chef der Nachtwache gegen seine eigenen Wächter. Und auch Anton tut nicht nur Gutes. Um an eigene Kraft zu gelangen, muss er Menschen ihre Freude nehmen. Bei Sergej Lukianenko gibt es erfreulicherweise also keine Schwarzweiß-Zeichnungen, auch wenn die Sympathien dennoch klar verteilt sind. Die gesamte Geschichte ist nämlich aus Antons Sicht erzählt, sodass er der Sympathieträger schlechthin ist.

„Wächter der Nacht“ hat weder mit dem „Herr der Ringe“ noch mit „Harry Potter“ viel gemeinsam, daher erscheint dieser Vergleich weit hergeholt. Dennoch muss sich Lukianenko nicht verstecken, sein Buch weiß zu unterhalten und präsentiert uns eine spannende Welt jenseits der uns bereits bekannten. Der unsichere Waffenstillstand zwischen Licht und Dunkel birgt genug Lesestoff für den langen ersten Teil der Trilogie, es werden uns insgesamt drei Episoden erzählt, in denen stets Anton, Swetlana – die Frau mit dem schwarzen Wirbel – und der kleine Jegor im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Welche Rolle diese drei Figuren im Gesamtkontext einnehmen, erahnen wir dabei erst nach und nach. Lukianenko versteht es gekonnt, uns zunächst im Dunkeln zu lassen und einige falsche Fährten auszulegen.

Die Welt, die Sergej Lukianenko uns präsentiert, ist düster und erscheint nahezu hoffnungslos. Wenn sich schon die Lichten und die Dunklen gegenseitig bekriegen, obwohl sie doch den Frieden bewahren sollen, wie soll es dann weitergehen? Viele Szenen spielen sich nachts ab, wenn die Wächter der Nacht ihren Dienst antreten – solcherart zeichnet Lukianenko ein bedrohliches und furchteinflößendes Bild Moskaus. „Wächter der Nacht“ kommt ganz ohne friedliche Oasen im Sinne des Auenlandes aus und auch märchenhafte Figuren wie die Elben fehlen völlig. Das vorliegende Buch wirkt dadurch auf der einen Seite realistischer, auf der anderen Seite fehlt ihm aber ein wenig vom magischen Glanz eines „Herr der Ringe“. Dennoch halte ich beide Bücher weiterhin für nicht miteinander vergleichbar, beide stehen nicht in Konkurrenz zueinander, da sie sich stark voneinander unterschieden und Lukianenko seine ganz eigene Fangemeinde um sich scharen wird.

_Einsamer Held_

Der erste Teil der Trilogie um die Anderen in Moskau ist aus Sicht Antons geschrieben, der seinen Dienst bei der Nachtwache angetreten hat, aber gleich vor große Aufgaben gestellt wird. Seine magischen Fähigkeiten sind zwar schon gut entwickelt, doch kann sein Chef bereits sehen, dass Anton nie über den zweiten Grad hinauskommen wird, die Laufbahn eines großen Magiers ist Anton also verwehrt. Trotzdem wird er mit wichtigen Aufgaben betraut, die die Zukunft der Lichten beeinflussen werden. Wir begleiten Anton dabei stets auf seinen Wegen, erfahren aber nicht alle seine Pläne. In der dritten Episode erfährt er Dinge über das Schicksalsbuch, die er uns vorenthält, und auch über sein Vorhaben lässt er uns im Dunkeln. So lernen wir Anton zwar kennen und freunden uns mit ihm an, eine gewisse Distanz wird dabei aber nie überbrückt. Nichtsdestotrotz mag ich mir gar nicht vorstellen, dass die nächsten beiden Teile der Trilogie vielleicht nicht mehr aus seiner Sicht erzählt sein könnten, denn dann würde mir definitiv etwas fehlen. Gerade durch seine kleinen Fehler und Eigenarten wirkt Anton authentisch und sympathisch. Manchmal ist er ein Einzelkämpfer, obwohl es neben ihm doch viel mächtigere Magier gibt. Dennoch versucht Anton manchmal das Unmögliche, hat dabei aber stets das Gute im Blick und möchte ebensolches bewirken.

Neben Anton spielen Jegor und Swetlana eine wichtige Rolle, doch tauchen sie in diesem Band noch nicht so häufig auf, werden aber sicherlich in den Folgebüchern noch größeres Gewicht erhalten. Sowohl Swetlana als auch Jegor bleiben für uns undurchsichtig, auch wenn Teile ihrer Zukunft deutlich dargelegt werden. Aber es scheint, als habe sich ihr Schicksal noch nicht entschieden, und so dürfen wir gespannt sein, wie sich Swetlana und Jegor in der Trilogie weiterentwickeln. Zumindest eines ist klar: Auch sie erhalten einen Teil der Lesersympathien, auch wenn sie uns lediglich aus Antons Sicht geschildert werden und wir die beiden daher nicht gut genug kennen lernen.

_Mehr davon_

„Wächter der Nacht“ ist der Auftakt zu einer Trilogie, die sich dem Schattenreich Moskaus widmet und bereits viele Fragen aufwirft. Das Buch ist zwar in sich abgeschlossen, dennoch erklärt es am Ende nicht alles und lässt uns mit einigen Spekulationen zurück. Schon jetzt dürfte daher die Ungeduld der Leser auf die zu erwartende Fortsetzung groß sein. Sprachlich bedient Sergej Lukianenko sich einfacher Mittel, schmückt aber mit ausführlichen Beschreibungen und fantastischen Details seine Geschichte aus. Man merkt dem Text an, dass kein wortverliebter Literaturprofessor am Werke war, sondern ein kreativer Autor, der seine Leser dennoch zu fesseln weiß und an einigen Stellen viel Sinn für Humor beweist. Das Buch zu lesen, bereitet viel Freude, da man sich in einer ganz fremden Welt verlieren kann, außerdem macht es neugierig auf die Fortsetzung, die hoffentlich bald in deutscher Sprache erscheinen wird.

|Siehe ergänzend hierzu auch die [Rezension 1828 von Dr. Michael Drewniok.|

Banker, Ashok K. – Dämonen von Chitrakut, Die (Ramayana 3)

Für Rama könnte es jetzt so einfach sein. Sein größter Feinde Ravana lebt zwar noch, doch der Asuraherrscher Lankas liegt im Koma, seine Dämonen bekriegen sich gegenseitig und rotten sich dabei fast aus. Dasaratha, Ramas Vater, scheint es wenig besser zu gehen, und Sita, die tapfere Prinzessin aus Mithila, ist jetzt seine Frau.

Doch kaum ist er wieder zu Hause, gehen die Probleme los. Während des Willkommens-Rituals für die jungen Bräute stört Kaikeyi die Riten und besteht darauf, dass diese wiederholt werden – für die Paare ein Unglücksomen. Dasaratha hat einen Rückfall, von dem er sich kaum erholen kann. Und dann taucht Kaikeyi wieder auf und bittet den Maharadscha um die Einlösung eines alten Versprechens.

Was sie verlangt, bricht Dasarathas Widerstand vollkommen: Bharat, ihr Sohn, soll Thronfolger werden und Rama in die Verbannung in den gefürchteten Dämonenwald gehen. Dasaratha aber hat keine andere Wahl, als ihr ihre Wünsche zu erfüllen, nicht ahnend, dass die Hexe Manthara Macht über seine zweite Königin ausübt.

Rama geht klaglos in die Verbannung, Sita und Laksman folgen ihm unaufgefordert. Dasaratha stirbt noch am gleichen Abend, und der Weg für die Dämonen wäre jetzt frei, gäbe es da nicht auch noch Bharat …

Was Banker da vollbringt, grenzt ans Unmögliche. Und doch gelingt es ihm mit jedem Buch, die faszinierende Welt des alten Indien farbenprächtig und in neuer Sprache zu erzählen, ohne dass etwas verloren ginge. Eine Leistung, die ihn, und diesen Vergleich treffe ich wirklich nicht oft und schon gar nicht leichtfertig, fast auf eine Stufe mit Tolkiens Mittelerde stellt.

Natürlich gilt nach wie vor: Wer einfach gestrickte Fantasy ohne ein bisschen Kopfarbeit sucht, dem wird das Ramayana sicher nicht in die Hände fallen. Diese Fantasy geht weit über das übliche Spektrum dessen hinaus, was die großen Verlage bieten. Offensichtlich traut man entweder der Zielgruppe mehr zu oder man will endlich doch mal die Leser ansprechen, die aus dem Konzept herausfallen, das die großen Verlage ansonsten nach Schema F (mit kleinen und seltenen Ausnahmen, die aber umso wertvoller sind) verlegen. Ich wünschte mir wirklich, dass es dem Ramayana gelänge, ähnlich wie dem „Herrn der Ringe“, den Weg hinaus aus der „Schmuddelecke Fantasy“ zu schaffen und dadurch auch dafür zu sorgen, ein ganzes Genre „gesellschaftsfähiger“ zu machen.

Im dritten Band des Zyklus lässt Banker es diesmal, ganz nach der Vorlage, ein wenig ruhiger angehen, wenn auch der erste Teil sehr rasant wirkt und die Handlung sich zu überschlagen scheint. Aber spätestens, wenn Rama wirklich loszieht in die Verbannung, nimmt der Autor sich mehr Zeit dafür, die Umgebung zu schildern, die Hindernisse, die den jungen Prinzen auf seinem Weg erwarten. Ebenso hervorragend gelungen sind die verschiedenen Charakterstudien der drei Hauptprotagonisten Rama, Sita und Laksman. Vor allem der Unterschied zwischen den beiden Brüdern tritt im Verlauf der Handlung immer klarer zu Tage, etwas, was mir im Original nicht so ins Auge gefallen ist.

Aber trotz der augenscheinlichen Ruhe gärt es weiter. Kaum wagt man als Leser, das Buch aus der Hand zu legen. Denn früh ist klar: Was auch immer Rama und seine Gefährten in den vierzehn Jahren ihrer Verbannung erwarten mag, es wird nicht sonderlich angenehm und sicherlich spannend. Da stört es auch nicht, dass der Titelheld sich von Kampf und Waffen abwenden will. Man spürt, es kommt noch etwas hinterher.

Und tatsächlich taucht eine schon vertraute Gestalt aus dem ersten Buch wieder auf. Doch seinerzeit noch im Auftrag Ravanas als Spionin unterwegs, ist sie jetzt in eigener Sache aktiv. Und wie eine echte Rakshasa würde sie dafür sogar über Leichen gehen.

Der Cliffhanger, den Banker diesmal einbaut, tötet mir jetzt schon den letzten Nerv, denn das vierte Buch ist noch gar nicht angekündigt. Und gerade hier und jetzt wäre es beinahe lebenswichtig – so scheint es zumindest – zu wissen, wie es denn nun weitergeht und ob die drei Gefährten überleben. Aber jetzt ist das lange Warten auf den vierten Band angesagt, oder die entsprechende Lektüre des „alten“ Ramayanas.

Mein Fazit ist auch hier wieder: Außergewöhnliche Fantasy, außergewöhnliche Geschichte, außergewöhnliche Bilder. Ein außergewöhnliches Buch, das aber keine leichte Kost ist. Dennoch lohnt es sich auf jeden Fall. LESEN!

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Radford, Irene – Glasdrache, Der (Der Drachen-Nimbus 1)

Bei |Bastei Lübbe| erscheint dieser Tage eine neue Trilogie der jungen Autorin Irene Radford, die sich des nicht gerade sonderlich originellen Themengebietes der Drachen-Fantasy angenommen hat, diesen Schwerpunkt aber von einer wiederum eher ungewöhnlichen Seite angegangen ist und somit, das kann ich vorab schon einmal zum ersten Part des dreiteiligen „Drachen-Nimbus“ sagen, eine recht interessante Story zusammengebastelt hat, bei der es lediglich an der etwas komplizierten stilistischen Herangehensweise der Autorin ein wenig hakelt.

_Story:_

Seit vielen Jahrhunderten hat man in Coronnan Zugriff auf die Kunst der Magie, die einst von Drachen erschaffen wurde und heute von einer erlesenen Schar von Magiern aus diesem Drachen-Nimbus entzogen werden kann. Dabei haben die Drachen jedoch auch einen Eid geleistet, demzufolge die Magie niemals missbraucht und nur zum Besten des Landes eingesetzt werden darf. Auch die Königsfamilie von Coronnan ist eng an die heimischen Drachen gebunden, so dass sich selbst ihr Wohlbefinden an dem der Drachen orientiert.

Doch in letzter Zeit haben sich Dinge in Bewegung gesetzt, die zur Folge hatten, dass der Status der Drachen rapide gesunken ist und man viele ihrer Art getötet hat. Nur noch ein einziges Weibchen hat dieses Massaker überlebt und ist die einzige Hoffnung der Königsfamilie von Coronnan, weil von ihr die Fortpflanzung einer ganzen Gattung abhängt. Irgendjemand aus dem Bund der Magier von Coronnan muss seine Kräfte und die Magie für seine Zwecke genutzt und somit den Eid missachtet haben, so dass selbst die undurchdringliche Barriere des Landes nicht mehr länger standhalten konnte.

Außerhalb der Grenzen sammeln sich bereits einzelne Feinde, um die aktuelle Schwäche von Coronnan und dessen Herrscherfamilie zu nutzen. Die Kommune der Magier wehrt sich gegen diesen Zustand und entsendet einzelne Lehrlinge, um herauszufinden, was sich im Königreich abspielt. Einer von ihnen ist Jaylor, der die Wichtigkeit seiner Mission anfangs noch gar nicht richtig einschätzen kann; er glaubt sogar daran, dass sein Vorgesetzter Baamin ihn auf eine Prüfung geschickt hat. In dem Moment aber, in dem er zum ersten Mal mit der düsteren Magie Bekanntschaft macht, versteht Jaylor, welche Bedrohung tatsächlich auf Coronnan lastet. Als er anschließend auf die Hexe Brevelan trifft und mit ihr in Harmonie im Wald lebt, erfährt er von weiteren Schicksalen aus dem direkten Umfeld der Königsfamilie und begibt sich zusammen mit ihr und ihrem Schoßtier, dem Wolf Brevelan, auf den Weg zur Drachin Shayla, um sie zu schützen. Doch das Team kommt zu spät und muss schnell realisieren, dass ihnen nur noch sehr wenig Zeit bleibt, um den Fortbestand der Drachen und damit auch des Königshauses von Coronnan zu sichern …

_Bewertung:_

Inhaltlich hat der erste Teil des „Drachen-Nimbus“ zweifellos eine Menge zu bieten, auch wenn viele Stilelemente auf verwandten Fantasy-Geschichten basieren. Sprechende Tiere, wundersame Kräuter und an Magie gebundene Drachen sind jedenfalls nichts Neues und werden von Irene Radford auch sehr zweckdienlich und intelligent eingesetzt. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite steht jedoch eine sehr konfuse Erzählweise, die einen besonders auf den ersten 150 Seiten kaum durchblicken lässt, was denn nun gerade wirklich vor sich geht bzw. welche Parts der Erzählung jetzt tatsächlich wichtig sind. Vor allem die Charakterisierung des stets unsicheren und mit sich selbst hadernden Jaylor hätte in dieser Ausführlichkeit gar nicht sein müssen und führt zu ersten Längen direkt zu Beginn. Stattdessen hat Radford die für den Hintergrund der Geschehnisse unheimlich wichtige Vorgeschichte der Hexe Brevelan ziemlich unzufrieden stellend hervorgehoben und sie auch nur sehr oberflächlich erzählt; man könnte also sagen, dass die Autorin erst einmal gar nicht zu wissen scheint, wo sie nun Prioritäten setzen soll.

Nach der unnötig komplexen und verwirrenden Einleitung findet Radford aber irgendwann doch zur eigentlichen Handlung und beginnt von da an auch, die ganze Sachen spannend zu gestalten. Erst dort gelingt es ihr auch, die verschiedenen Stränge aus Coronnan, dem Umfeld von Jaylor und Brevelan sowie aus dem Sektor des unheimlichen Magiers passend und schlüsig miteinander zu verknüpfen, ohne dass man wieder den Faden verliert. Auch die zwischendurch schon mal angeführten Berichte in Form einer Ich-Erzählung von Seiten eines bis dato mysteriösen Charakters gliedern sich sehr schön in die eigentliche Geschichte ein, werfen Fragen auf und tragen zur wachsenden Spannung bei. Dieser Teil ist der Autorin wirklich gut gelungen. Schade ist lediglich, dass die Geheimniskrämerei mancherorts mit einem Schlag aufgelöst wird, so zum Beispiel in den gar nicht so versteckten Andeutungen in Bezug auf Brevelans Hauswolf Darville. Radford hätte an so einigen Stellen die Spannung noch durchaus weiter hinauszögern können, und komischerweise ist das gerade in den Abschnitten anzuprangern, in denen die Beschreibungen nicht mehr ganz so konfus geraten sind.

Wie auch immer; hat man sich durch die knapp 450 Seiten gekämpft, ist man letztlich dennoch zufrieden und gespannt auf die Fortsetzung, denn sobald man einmal in der Story drin ist, gefällt diese auch. Das Problem ist nur, dass man das halbe Buch schon gelesen hat, bis es endlich klick! macht und man diesen Zustand erreicht hat. Nun ja, zumindest kann einem das dann bei den Fortsetzungen in dieser Form nicht mehr passieren … Man darf jedenfalls gespannt sein, was aus Jaylor, Brevelan und der Drachin Shayla werden wird!

Pfanner, Thomas – T 73: Das KrogiTec-Komplott

In seinem neuen Buch „T 73: Das KrogiTec-Komplott“ zeichnet Thomas Pfanner die gar nicht mal so unrealistische Zukunftsversion einer Welt, die von einer Handvoll globalisierter Mega-Konzerne beherrscht wird, und in der die Werte des einzelnen Menschen vollständig unter den Tisch gekehrt werden. Idealismus und Demokratie sind dieser Welt fern, auch wenn einige wenige sich immer noch für die scheinbar veralteten Normen einsetzen: Gegen das allmächtige Herrscher-Monpol sind die Bewohner machtlos und fügen sich dementsprechend dem ungerechten System, ohne sich dabei irgendwie aufzuraffen, um den illegalen Machenschaften Paroli zu bieten.

Man könnte das Buch jetzt entfernt eine politische Satire nennen, denn die einzelnen Extreme werden von Pfanner schon mit einem Schmunzeln im Hintergrund dargestellt, aber wenn man mal ehrlich ist, dann kann man gar nicht verleugnen, dass trotz so mancher überspitzter Versinnbildlichung ein kleines Fünkchen Realismus mit in die Geschichte einfließt und die Entwicklung im Zuge der Globalisierung mit einigen Vorstellungen, die in diesem Roman beschrieben werden, durchaus konform geht. Davon mal abgesehen, ist „T 73: Das KrogiTec-Komplott“ aber auch eine kurze und spannende Unterhaltungsbroschüre, die einen gedanklich mal wieder wachrüttelt …

_Story:_

Die Welt in zwanzig Jahren: Einige wenige globalisierte Mega-Konzerne vereinigen alle denkbaren illegalen und legalen Geschäfte auf sich, opfern Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit der Menschheit ihrem Profitstreben unter und entmachten die staatlichen Behörden. Diesen bleibt nur noch die Möglichkeit, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben – und dieser heißt in diesem Falle T 73, eine von der UNO beauftragte Firma, die mit ähnlich skrupellosen Mitteln wie die aktuellen Machthaber gegen die Konzerne vorgeht und die Zivilisation wieder retten soll. Dort arbeiten auch so zwielichtige Gestalten wie Drusus Uslar und Saskia Johimbe, gefühlskalte Atheisten und unberechenbare Killer, die unter den Konzernen Angst und Schrecken verbreiten. Während der Erste einfach nur durch seinen generellen Menschenhass abschreckt, ist sein weibliches Pendant vor allem bei der Art der Verbrechen im Sinne der Gerechtigkeit unglaublich brutal. Selbst beim Liebesspiel mit einem ihrer Feinde vergisst sie jegliche Moral und bringt ihren zeitweiligen Gefährten um.

Dies ist auch dem Führer des Mega-Konzerns KrogiTec bekannt, der seinerseits versucht, die Konkurrenz auszubooten und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Dazu hat er sich mehrere Mittel ausgesucht: Zunächst erfindet (!) er einen Wissenschaftler, dann geht er ein Bündnis mit den übelsten Terroristen ein, und schließlich kümmert er sich um die Ausradierung von T 73. Aber die Sache ist nicht so einfach, wie der Mann sich das vorstellt …

Deutschland in Endzeitstimmung, mit dieser symbolischen Darstellung erzielt Thomas Pfanner in diesem Buch eine wirklich abschreckende Wirkung. Das vorgelegte Erzähltempo – Pfanner geht von Anfang an aufs Ganze – unterstützt diese bedrohliche Atmosphäre, die sich durch den gesamten Roman zieht, und spiegelt auch die sehr direkte und unverfälschte Erzählweise des Autors wider. Hier wird schonungslos aufgedeckt und erklärt, und irgendwie gelingt es Pfanner auch immer wieder, für diesen oder jenen Missstand eine angebrachte Erklärung zu finden und herzuleiten, was wann wo schief gelaufen ist.

„T 73: Das KrogiTec-Komplott“ ist zweifellos ein starkes Stück Gesellschaftskritik, gefüllt mit einer Menge Sarkasmus und inszeniert in einem radikalen Rundumschlag, bei dem jede Organisation und Volksgruppierung ihr Fett weg bekommt, seien es nun Politiker, Gangster oder doch die im Mittelpunkt der Anklage stehenden Konzerne. Teilweise wird Pfanner bei seinen Darstellungen auch richtig bösartig, schießt aber nie über das Ziel hinaus, sondern bedient sich lediglich seiner arg zynischen Stilelemente, mit denen er das Buch auf jeder der 218 Seiten schmückt. Geschrieben und erzählt ist die Geschichte dementsprechend auch sehr originell, denn hier wird nicht einfach nur plump gegen jeden, der Angriffsfläche bietet, geschossen. Der Autor hat die Sache sehr intelligent verpackt und bietet trotz der oberflächlich erscheinenden Storyline eine Menge Tiefgang zwischen den Zeilen.

Schade finde ich nur, dass er sich diese Besonderheit durch die arg zweifelhafte Umgangsweise der beiden Hauptcharaktere miteinander zerstört. Wie in einem schlechten Krimi machen sich die beiden Ermittler immer wieder von der Seite an und entwickeln dabei eine Hassliebe, ohne die ihre Zusammenarbeit aber auch nicht funktionieren würde. Im Grunde genommen ist die Idee ja gar nicht so schlecht, die Umsetzung in Form von einigen gegeneinander ausgeteilten Breitseiten aber eher mangelhaft und der einzige Schwachpunkt des Buches.

Ansonsten gibt es aber nichts auszusetzen: eine Welt, in der Verbrechen von Verbrechern bekämpft wird, illegale Machenschaften durch Morde gerade gerückt werden und kein Teil der Gesellschaft sich mehr sicher fühlen kann, all das beschreibt Thomas Pfanner in diesem Buch – und spannt den Bogen beim überraschenden Ende bis zur Schöpfungsgeschichte; aber hierzu möchte ich jetzt nicht mehr verraten. Besorgt euch dieses Buch, es lohnt sich, auch wenn das Cover eher schlicht und uninteressant wirkt!

Heitz, Markus – Trügerischer Friede (Ulldart – Zeit des Neuen 1)

Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass Markus Heitz in den letzten Jahren der Shooting-Star der deutschen Fantasy gewesen ist. Er schrieb sich mit seinem Ulldart-Zyklus und den Abenteuern um „Die Zwerge“ in das Herz seiner Leser.
So sind Fortsetzungen einfach ein Muss. Nicht nur der dritte Band seiner „Zwergen“-Saga wird im Winter 2005 erscheinen, nun liegt auch der Auftakt seiner Fortsetzung der „Ulldart“-Saga vor.

Die Handlung des Buches beginnt nur wenige Wochen nach den in die „Quellen des Bösen“ geschilderten Ereignissen. Mortva Nesreca und Govan konnten besiegt, die Rückkehr des finsteren Gottes Tzulan verhindert werden. Die Völker Ulldarts sind wieder frei von der Knute der tarpolschen Dynastie und kehren in ihr gewohntes Leben zurück. Wo Städte und Länder in Trümmern liegen, beginnen die Menschen den Wiederaufbau.

Diejenigen, die sie knechteten, sind verschwunden oder tot, die neuen Herrscher versprechen eine Zeit des Friedens, der Freiheit und des Glücks. Alles Dunkle scheint vertrieben zu sein und ein neuer Friede die Hoffnung der Menschen zu schüren.

Selbst Lodrik, der das ganze Unheil verursachte und sich am Ende auf die Seite der Befreier stellte, ist nur noch ein blasser Schatten, der sich immer tiefer in die Welt der Toten verliert und von seiner Leidenschaft zur Nekromantie gefangen nehmen lässt. So gut er kann, unterstützt er seine Frau Norina, die die Herrschaft über Tarpol übernommen hat, und beobachtet wohlwollend seine Söhne, die auf Ulldart geblieben sind, der eine als Prinz, der andere als Ritter im Orden der Schwerter. Nur sein Liebling, Lorin, ist auf den Kontinent zurückgekehrt, auf dem er aufwuchs, um sich dort um die Probleme zu kümmern, die er zurückgelassen hatte.

Doch der Friede ist trügerisch.

Einerseits gibt es noch immer Kämpfe mit den menschlichen Dienern Tzulans zu Land und zu Wasser, andererseits sind noch längst nicht alle Spuren der dunklen Herrschaft geborgen und vernichtet worden. Finsteren Artefakten und Monstern müssen sich die Helden in tapferen Kämpfen stellen. Doch das sind nur die offensichtlichen Gefahren.

Im Verborgenen arbeitet Aljascha an ihrer Rache an Lodrik und versucht sich neue Macht zu schaffen. Sie ist nicht allein. An ihrer Seite wächst rasend schnell der von Mortva Nesreca gezeugte Sohn heran und zeigt vielversprechende Anlagen. Bald schon muss Lodrik erkennen, dass er nicht der Einzige ist, der sich auf Totenmagie versteht und seine Ränke in den Schatten spinnt. Er hat eine ernst zu nehmende Gegnerin bekommen, die mehr weiß als er. Nicht zuletzt tauchen Fremde auf, die die Kensustrianer als Verräter bezeichnen und ihre Auslöschung fordern. Die dunkle Zeit ist also noch nicht vorüber …

Ohne seinen Helden Ruhe zu gönnen, setzt Markus Heitz die Abenteuer auf Ulldart so logisch fort, wie man es erwarten konnte. Weder die Schatten Tzulans noch die überlebenden Gegenspieler haben aufgegeben, und um das alles noch ein wenig zu würzen und den Kämpfen wieder eine größere Dimension zu verleihen, gibt es zum Ende des Buches hin noch eine weitere Gefahr, die vom Meer heraufzieht und für einigen Ärger sorgen wird.

Gewohnt routiniert spult der Autor seine überwiegend actiongeladenen Szenen in sechs bis acht Handlungsebenen ab. Man erfährt, was Lorin in seiner Wahlheimat anstellt, wie Lodrik durch die Gegend schleicht und Norinas Versuchen zu regieren zuschaut, oder beobachtet auch Aljasha in ihrem Exil. Die meisten der alten Hauptfiguren werden mit Szenen bedacht, einzig Waljakow und Storko, die ehemaligen Erzieher Lodriks, scheinen wie vom Erdboden verschluckt.
Interessanterweise scheint kaum eine der Figuren aus ihren bitteren Erfahrungen gelernt zu haben. Weder hat es Aljasha aufgegeben, sich Sorgen um ihre Schönheit zu machen und sich Männer ins Bett zu holen, noch hat Lodrik seine jugendliche Naivität verloren und ist ganz verwundert, dass für seine Norina die Überraschung, die er ihr bereitet, keine ist, sondern eher das Gegenteil. Dadurch wirkt er eher wie ein Hobby-Nekromant, der mit seinen Kräften gerne herumspielt, aber nicht die Verantwortung sehen will, die er eigentlich trägt. Magie ist, wie auch die – überraschenderweise in den Hintergrund getretenen – neuartigen Waffen es sind, Mittel zum Zweck.

Die Charaktere – egal ob altvertraut oder neu eingeführt – sind immer noch auf wenige Charakterzüge reduziert und haben sich kaum oder nur oberflächlich weiterentwickelt.

Mit Frauenfiguren hat Markus Heitz weiterhin seine Probleme, zum eigensüchtigen und sexbesessenen Luder Aljasha, dem blassen Weibchen Norina, das vor Bescheidenheit nur so strotzt, und der geschlechtslosen Magierin Sosha ist nur noch eine kalte grausame Hexe gekommen, die für ihre Macht teuer bezahlt hat.

Die Handlung des Romans ist zwar rasant und actionreich, allerdings lässt sich mittlerweile auch eine gewisse Routine im Stil des Autors nicht abstreiten; Teile des Buches lesen sich wie eine Fantasy-Nummern-Revue, deren Inhalte man irgendwo genau so bereits gelesen hat, entweder bei ihm selber oder bei anderen.

Man merkt, dass Markus Heitz sich vor allem an sein Zielpublikum aus dem Rollenspiel- oder Games-Bereich richtet, das die klassische Figurenzusammensetzung, das vertraute Setting in einer pseudomittelalterlichen Welt und die traditionellen Geschehnisse wiedererkennen wird, das vordergründige Action liebt, in der es kracht und zischt, und das letztendlich mit leisen Andeutungen, undurchschaubaren Grauzonen oder tiefgründigen Charakterentwicklungen nicht so viel anfangen kann.

Was bleibt, ist ein gefällig geschriebener Roman ohne wirkliche Höhen und Tiefen, der den derzeitigen Massengeschmack zufrieden stellt, aber für ältere und erfahrenere Leser nichts Besonderes bietet.

„Trügerischer Friede“ ist zwar der Auftakt eines neuen Zyklus, doch sollte man für wirklichen Lesegenuss auch die vorhergehenden sechs Bände kennen, da Markus Heitz darauf verzichtet, die altbekannten Helden und Ereignisse noch einmal ausführlich vorzustellen. Das Ende bleibt leider weitestgehend offen – Fortsetzung folgt.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Charles Stross – Supernova

„Supernova“ ist der Titel der direkten Fortsetzung von Charles Stross‘ Debütroman „Singularität“. Der Planet Moskau liegt mit Neu-Dresden in einem wirtschaftlichen Konflikt. Anscheinend steckt Neu-Dresden hinter der Attacke, die die Sonne Moskaus in eine Supernova verwandelt und ein Volk auslöscht. Eine etwas brachiale Methode der Konfliktlösung, möchte man meinen. Und natürlich streitet Dresden alles ab, sieht sich sogar selbst als Ziel des Rückschlags: Planetenbomber liegen unsichtbar auf Kurs.

Aus „Singularität“ ist bekannt, was eine „Verbotene Waffe“ ist: Kausalitätsverletzende Tätigkeiten, darunter fallen auch Waffen, können der Wesenheit „Eschaton“ gefährlich werden, sogar seine Existenz gefährden. Es ist also sein höchstes Bestreben, derartige Fälle zu verhindern; dabei greift es bei Bedarf auch hart, aber auf gewisse Weise humorvoll durch. Seit der Singularität, dem Entstehen des Eschaton, steht die Menschheit unter dessen Geboten, jegliche Kausalitätsverletzung zu unterlassen.

Nun beginnt „Supernova“ mit einer ebensolchen, hervorgerufen durch eine Verbotene Waffe. Ein Sonnensystem wird zerstört, ein bevölkerter Planet verdampft. Das wirft sofort die Frage auf, warum das Eschaton nicht eingegriffen hat?!

Versammlungsort: Weltraum
Wednesday Child

Wednesday, ein etwa neunzehnjähriges Mädchen, wird in den Fall verwickelt. Seit früher Kindheit steht sie mit Hermann, dem uns bekannten „Agenten“ des Eschaton, in Verbindung. Hermann brachte sie dazu, die verschiedenen Fertigkeiten der Spionage zu erlernen, so dass sie die dem Moskausystem vorgelagerte Raumstation, ihre Heimat, kennt wie unsereins den Inhalt seines Kühlschranks. Bei der Zwangsräumung der Station als Folge der Supernovabedrohung stößt Wednesday mit Hermanns Hilfe auf geheime Unterlagen, die brisante Informationen über die Schuldigen an der Katastrophe enthalten. Nun steht sie selbst im Fadenkreuz der Täter. Sie flüchtet über ein Luxusraumschiff, von Hermann mit den finanziellen Mitteln ausgestattet.

Die Übermenschen

Es existiert eine Organisation, die sich selbst als „Übermenschen“ bezeichnet. Ihre Mitglieder werden militärisch höchst effizient ausgebildet, ihre Fähigkeiten über Implantate verstärkt und ihre Emotionen kontrolliert. Ziel der Übermenschen ist es, das Eschaton zu vernichten und einen eigenen Gott zu entwickeln, in den der Geist aller verstorbenen Menschen zu seiner Entwicklung eingehen soll. Zu diesem Zweck sammeln die Übermenschen mit einer geheimen Technik Geistesinhalte ihrer Mitglieder, sobald diese gegen Vorschriften verstoßen – eine geeignete Kontrolle. Diese Tätigkeit sowie ihre hinterhältigen Eroberungsfeldzüge sind allgemein unbekannt, so dass sie weitgehend ungestört arbeiten können und der Allgemeinheit höchstens unheimlich sind.
Planetenregierungen übernehmen sie, indem sie die Mitglieder in Marionetten verwandeln, zu einer Volksrevolution treiben und sich schließlich als Hilfe anbieten, so dass sie ganz „legal“ an die diktatorische Macht kommen. Dass es daraus resultierende „Erziehungslager“ gibt, in denen brutal gewirtschaftet wird, ist weitgehend unbekannt.

An Bord des Luxusraumschiffs befindet sich eine kleine Gruppe der Übermenschen, die eine als Jugendfahrt getarnte Rundreise über jene Planeten unternehmen, auf denen Exminister der Moskauer Regierung sind, die über eine ultimative Vergeltungswaffe – die Planetenbomber – verfügen. Merkwürdigerweise gibt es unerklärliche Mordfälle an diesen Ministern, die zeitlich mit der Anwesenheit des Luxusschiffes zusammenfallen.

Die UN

Auf dem Schiff befindet sich auch die Geheimdienstlerin der Vereinten Nationen Rachel Mansour, die letztens den Konflikt in der Neuen Republik (vgl. „Singularität“) klärte, mit ihrem Mann Martin Springfield, der in selbigem Fall als Agent des Eschaton arbeitete (sein Verbindungsmann war ebenfalls Hermann, der sich jetzt um Wednesday kümmert). Sie sollen versuchen, die Mordserie aufzuklären und weitere Morde zu verhindern, um die Planetenbomber nicht in fremde Hände fallen zu lassen und sie von ihrem jetzigen Vergeltungsschlag gegen Neu-Dresden abzubringen.

Konfliktlösung

Stross befleißigt sich einer klareren Ausdrucksweise als im Vorgänger, so dass sich der Übersetzer weniger mit langen Anmerkungen zu arbeiten genötigt sah. Dadurch wird zumindest eine höhere Lesbarkeit erreicht und gleichzeitig das Augenmerk des Lesers auf den Inhalt gerichtet, wohin es gehört (das ist vielleicht der Unterschied zwischen der deutschen und der Originalausgabe von „Singularität“, das ja in englischsprachigen Ländern ein großer Erfolg war). Statt übermäßig vielen Anspielungen auf gesellschaftliche Begebenheiten der Heimat, unverständlich für Ausländer, und große physikalische Erklärungen entwickelt Stross eine mehrschichtige, spannende Handlung, die auch in „normaleren“ Bahnen abläuft als „Singularität“. Dabei bleiben leider einige interessante Aspekte als lose Fäden hängen, wobei die Hoffnung auf Auflösung in späteren Romanen begraben werden muss: In einem Interview für die SF-Zeitschrift „Locus“ soll sich Stross von den beiden Romanen distanziert haben. Er würde die Sache nicht weiter verfolgen, da ihm einige Inkonsistenzen durchgegangen seien. So werden wir wohl leider weder das Festival näher kennen lernen noch uns mit dem Eschaton und der großen Bedrohung für es auseinander setzen können.

Nochmal die Übermenschen

Davon abgesehen, kreiert Stross in Supernova wieder Spitzencharaktere mit vielfältigen Eigenarten und Hintergründen, die die Eigenarten glaubwürdig machen. Höchst interessant ist die Darstellung der Organisation der Übermenschen als brutal organisierte und gedrillte Sekte. Die Mitglieder lösen sich möglichst von den groben menschlichen Emotionen, alle Taten werden von dem großen Ziel geleitet, das Eschaton zu vernichten, um der eigenen Gottheit Willen. Dabei wagt sich Stross auf ein Terrain von großem Konfliktpotenzial: Die Übermenschen erinnern mit ihrer stolzen Logik und Überheblichkeit an die Darstellung der deutschen Nazis in Hitlers Gefolgschaft. Verstärkt wird der Eindruck durch deutsche Namen für die Handelnden; so heißt die Führerin passender Weise „Hoechst“, die Soldaten Karl, Paul und Mathilde begleiten sie. Ihren Namen voran wird ein U. gestellt, was ihre Zugehörigkeit zu den „Uebermenschen“ symbolisiert. Das Wort allein ist eine Übersetzung der Herrenrasse, der Arier. Ihre Handlungen sind von ähnlicher Abscheulichkeit: In den „Erziehungslagern“ werden Menschen umerzogen, Gehirne gewaschen, Menschen erniedrigt und gequält (was wiederum nicht an die Öffentlichkeit zu kommen bestimmt ist) -> Konzentrationslager der Zukunft.

Die Ideologie wird radikal und konsequent umgesetzt – die Frage dabei ist nur die nach Stross‘ Motivation diesbezüglich. Wenn man eine Verbindung zwischen dieser Organisation und den Nazis finden kann, erhält man sofort eine vorgebildete Meinung über die Mitglieder und die Glaubwürdigkeit von gemäßigten Aussagen und Standpunkten. Eine Vereinfachung der Charakterisierung für Stross, einfach Teil seines Zukunftsbildes oder steckt mehr dahinter? Natürlich gibt es auch hier Abtrünnige, wie es diese auch zu jeder Zeit in jedem diktatorischen Reich gibt und gab.

Das Eschaton

Was verbindet „Supernova“ mit „Singularität“? Die Protagonisten Mansour und Springfield (wobei Letzterer eine sehr viel geringere Rolle innehat) sowie der Eschatonagent Hermann und das Eschaton selbst, schließlich natürlich Bezüge wie die Erwähnung der „Neuen Republik“. Das Eschaton offenbart eine Schwäche und ein paar Eigenschaften, Dinge, die zu den interessantesten Themen dieses Universums zählen. Es existiert auf verschiedenen Zeitebenen und schickt seinen „jüngeren“ Ichs Informationen aus der Zukunft, vor allem, was die Gefahr von Kausalverletzungen angeht. Dadurch müsste es eigentlich Geschehnisse wie die Supernova des vorliegenden Bandes mittels Verbotener Waffen frühzeitig erkennen und verhindern können. Dass es das nicht konnte, deutet auf eine Schwäche oder einen mächtigen Gegner hin – mächtiger, als Hermanns Meinung nach die Übermenschen sind, die eigentlich mit ihrer ideologischen Planung eines „ungeborenen Gottes“ dem Eschaton noch längst nicht gefährlich werden können.

Sind die Übermenschen etwa doch mächtiger und dem Eschaton bereits ebenbürtig, war die verbotene Supernova doch ein Zufall (herbeigeführt durch unverstandene Experimente) oder existiert noch ein Gegner im Hintergrund, den Stross erst später vorstellen wollte? Fragen, die leider wohl keine Antwort mehr finden werden, soll man den Gerüchten um sein Interview glauben.

Fazit

Supernova ist weit besser lesbar als sein Vorgänger, die Kreativität der Geschichte ist beeindruckend und verlangt eigentlich nach Fortsetzung, in dieser Unabgeschlossenheit reicht es noch nicht zur vollen Befriedigung. Immerhin besteht die Hoffnung, dass Stross seine Ideen in anderer Richtung entfalten wird.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Köster-Lösche, Kari – Mit Kreuz und Schwert (Sachsen-Trilogie, Band 3)

[Das Blutgericht 1719
[Donars Rache 1729

Ich habe es in den vorangegangenen Rezensionen zur „Sachsen-Saga“ bereits anklingen lassen, dass mich die aktuelle Reihe von Kari Köster-Löscher nicht sonderlich aus den Schuhen gehauen hat, was vor allem mit ihrem recht abgehackten Schreibstil und dem verminderten Aufbau von echter Spannung zu tun hat. Dementsprechend wusste ich nun nicht, worauf ich mich beim dritten und letzten Band am meisten freuen sollte – auf das Buch an sich, oder doch mehr auf das Ende der Reihe, durch die ich mich anfangs wirklich gequält habe … 318 Seiten später weiß ich, dass die Wahrheit für mich persönlich wohl irgendwo dazwischen liegt, denn „Mit Kreuz und Schwert“ ist einerseits keine solch herbe Enttäuschung wie „Das Blutgericht“, andererseits aber auch nicht so gut und einigermaßen spannend erzählt wie „Donars Rache“. Dennoch werden Fans der Serie hier sicherlich ihre Freude haben, zumal sie bis zu diesem August ungefähr ein Jahr auf den letzten Teil der „Sachsen-Saga“ haben warten müssen.

_Story:_

Die Vergangenheit in der Zukunft ist für Gunhild scheinbar bewältigt, denn mittlerweile fühlt sie sich im Sachsen der Vergangenheit weitaus wohler als in der Kölner Siedlung, in der sie einmal gelebt hat. Nach einer erfolgreichen Flucht aus dem Lager der Franken, dem Glaubenskampg an der Seite von Gerowulf und der finalen Gerechtigkeit hat sie sich nun in ihrem neuen Heim niedergelassen und genießt das schlichte Leben in Sachsen. Ihr Geliebter Gerowulf ist seit einiger Zeit ihr Ehemann, und ihr gemeinsamer Sohn Helco entwickelt sich prächtig. Dennoch sind die Krisenzeiten keineswegs vorbei, denn nach wie vor kämpfen die Franken mit aller Macht um das noch nicht verloren geglaubte Sachsen. Doch auch in der Ehe von Gunhild und Gerowulf läuft nicht mehr alles zum Besten. Hinterlistige Intrigen und ein übler Verrat stellen das gemeinsame Leben auf eine harte Probe, und Gunhild zweifelt mehr und mehr daran, ob sie wirklich den Rest ihres Lebens mit Gerowulf in Sachsen verbringen möchte, oder ob sie doch lieber mit ihrem Sohn Helco in die Zukunft zurückkehren soll. Gunhild steht vor einer schweren Entscheidung, mit der sie sich nicht mehr lange Zeit lassen kann …

_Bewertung:_

Stand die Glaubensfrage in den ersten beiden Bänden noch deutlich vor der Liebesgeschichte zwischen Gunhild und Gerowulf, so nimmt diese in „Mit Kreuz und Schwert“ eine viel gewichtigere Rolle ein. Selbst die Tatsache, dass Gunhild sich bereits nach ihrer ersten Rückkehr in die heutige Zeit weiterhin nach Gerowulf sehnte, wurde von Kari Köster-Lösche nur recht knapp abgehandelt; jetzt jedoch, wo die Beziehung ersnthaft bedroht ist, ist sie das Hauptthema des ganzen Buches und degradiert den Kampf um Sachsen fast gänzlich zum Nebenschauplatz. Das wäre ja nicht weiter schlimm, nur hat die Autorin ersnthafte Probleme dabei, die aufkochenden Emotionen in Worte zu fassen und hält sich trotz der Dominanz des Themas mit Schilderungen über Gefühle ziemlich nüchtern zurück. Das erschwert wiederum den Zugang zum Buch, denn etwas Zwischenmenschliches so trocken zu beschreiben, langweilt phasenweise und wirft auch die zuletzt noch gelobte Spannung wieder zurück, denn diese ist in Teilen mal wieder kaum vorhanden.

Ebenso wird der Zwiespalt, in dem Gunhild sich zum Ende des Buches hin befindet, nur gerade mal ausreichend beschrieben. Der innerliche Konflikt, der ja nach außen hin ganz klar vorhanden ist, lässt emotionale Details vermissen, und bevor Gunhild dann richtig mit dem eigenen Gewissen zu ringen beginnt, ist die Sache auch schon wieder aufgelöst. Genau dieser hölzerne Stil ist es schließlich auch wieder, der mich an einigen Stellen der aufkeimenden Begeisterung beraubt und mich schließlich auch zu dem Urteil kommen lässt, dass Köster-Lösche mit diesem Buch eine recht durchschnittliche Serie mit einem gleichermaßen durchschnittlichen Band zu Ende gehen lässt. Ich kenne jedenfalls mehrere Dutzend lohnenswerterer HistoFantasy-Reihen, auch wenn sie sich thematisch nicht immer an tatsächlichen Begebenheiten orientieren. Die Autorin hat ihre Chance gehabt, ein solch gewagtes Thema für drei bewegende Romane zu verwenden, und meiner Meinung nach hat sie diese kaum genutzt.

Köster-Lösche, Kari – Donars Rache (Sachsen-Trilogie, Band 2)

Nachdem ich vom ersten Teil [„Das Blutgericht“ 1719 herb enttäuscht war, fiel es mir ungleich schwerer, mich noch weiter für die „Sachsen-Saga“ von Kari Köster-Lösche zu begeistern, weshalb ich die Geschichte erst einmal eine Woche lang beiseite legte, um neue Motivation zu sammeln. Unerwarteterweise kam eben jene bei der Lektüre von Band 2, „Donars Rache“, zurück, denn Köster-Lösche hat in gewisser Weise noch einmal die Kurve bekommen und es doch noch geschafft, dem Buch spannende Ansätze zu verleihen. Zum Glück …

_Story:_

Gunhild ist wieder in der Realität angekommen und berichtet ihrem Freund Günter von ihren Erlebnissen, doch der will ihr natürlich erst einmal nichts glauben und weist sie barsch ab, weil sie so lange fort gewesen ist. In diesem Moment merkt Gunhild, dass ihre Bestimmung darin besteht, ihren Geliebten Gerowulf wiederzufinden, und deshalb kehrt sie erneut in die ferne Vergangenheit zurück, um ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Doch bei ihrer Rückkehr gerät sie mitten in einen Glaubenskrieg zwischen Sachsen und Franken hinein. Letztere wollen ihre Kontrahenten mit aller Macht zum christlichen Glauben bekehren, was ihnen durch eine Zwangsbekehrung auch gelingt. Gerowulf, der Fürst der Sachsen, ist machtlos gegen die Macht der Gegner, und seine Männer, die auch nicht mehr an die Abwendung des Unheils glauben, zerstreuen sich in alle Winde.

Für Gunhild ist der Anblick all dessen zu viel. Sie kann das Leid der Franken nicht ertragen und beschließt daher, auf eigene Faust gegen das Verbrechen vorzugehen. Dazu nutzt sie ihre medizinischen Kenntnisse, um beim gemeinen Volk Ansehen zu erlangen. Dies nutzt sie dazu, gleichgesinnte Frauen um sich zu scharen und sie zum Widerstand gegen die christliche Eroberung anzustacheln. Gerowulfs Krieger bekommen Wind von der neuen Bewegung und schließen sich wieder ihrem alten Führer an. Mit gemeinsamer und geballter Kraft nimmt der Aufstand der Franken seinen Lauf …

_Bewertung:_

Eines vorweg: Auch in „Donars Rache“ ist Kari Köster-Lösche weit davon entfernt, stilistische Glanzpunkte zu setzen, denn nach wie vor ist ihre Art zu Schreiben recht hölzern und abgehackt. Und auch so manche Begebenheiten wie die Rückkehr von Gunhild sowie der seltsame Zwist zwischen ihr und ihrem ehemaligen Lebensgefährten Günter sind einem recht suspekt, weil sie das Buch nicht wirklich bereichern.

Dafür ist Köster-Lösche jedoch die Darstellung der Ereignisse in Sachsen viel besser gelungen, und tatsächlich entwickelt sich im Laufe der Story, speziell ab dem Moment, in dem Gunhild ihren Einfluss erkennt und geltend macht, ein guter Spannungsbogen, der bis zur letzten Seite anhält, auch wenn so manches Folgeereignis schon vorab zu erahnen war. Doch im Vergleich zu „Das Blutgericht“ werden hier nicht einfach nur gewisse Punkte lieblos aneinandergereiht, sondern die Geschehnisse gehen nahezu fließend ineinander über und können sich entfalten, ohne dass man befürchten müsste, dass ein bestimmter Handlungsabschnitt plötzlich beendet wird, weil schon der nächste sich anbahnt.

Natürlich ist „Donars Rache“ alleine deshalb noch kein literarischer Quantensprung, aber immerhin ein großer Schritt in die richtige Richtung, der wieder Laune und Lust auf mehr macht und das Lesen dieser Saga nicht zur Qual werden lässt. Meine großen Befürchtungen wurden also glücklicherweise nicht bestätigt, und ich bin doch wieder gespannt, ob Köster-Lösche die Serie zufrieden stellend zu Ende bringt und ich es anschließend nicht bereuen muss, meine Lesestunden für diese drei Bände ergebnislos geopfert zu haben. Im Falle von „Donars Rache“ habe ich dies jedenfalls nicht.

Sturgeon, Theodore – goldene Helix, Die

Ende 2003 erschien bei |Shayol| „Lichte Augenblicke“, der erste Teil einer Sammlung ausgewählter Kurzgeschichten von Theodore Sturgeon. Mehr als ein Jahr danach ist nun mit „Die goldene Helix“ der zweite und abschließende Teil erschienen. Das Vorwort stammt diesmal von Ray Bradbury und ist genauso wie die Geschichten für diese Ausgabe neu übersetzt worden.

Den Anfang macht „Der Mann, dem das Meer abhanden kam“, eine Story, in der der Erzähler den Leser direkt anspricht und uns eine Strandszene vermittelt, mit einem spielenden Jungen und einem kranken Mann, der das Meer betrachtet. Beide sind miteinander verbunden: der Alte, der an der Taucherkrankheit leidet, und der Junge, der ihm Mut zusprechen will und sich an seine eigenen Taucherfahrungen erinnert. Dabei gehen allwissender Erzähler, alter Mann und Junge ineinander über, es ist nie ganz klar, wessen Blickwinkel man gerade betrachtet. Die Geschichte erscheint wie viele andere von Sturgeon nicht als SF, auch wenn sie mit diesem Etikett versehen ist. Der Autor spielt mit Illusionen und Gedankenbildern, erst am Schluss lichtet sich der Nebel der Wahnbilder.

Bei der nächsten Geschichte mit dem Titel „Biancas Hände“ stehen genau diese im Mittelpunkt. Bianca ist ein behindertes Mädchen, das bei seiner Mutter wohnt, Ran ist ein junger Mann, der als Hilfskraft in einem Café arbeitet. Er verliebt sich, aber nicht in sie, sondern in ihre Hände. Die Geschichte beschreibt diese merkwürdige Beziehung, dabei werden immer nur ihre Hände beschrieben, der Rest des Körpers dagegen ausgeblendet. Die ganze Geschichte ist eher verstörend und man weiß nicht so recht, ob dies nun schon Horror ist oder etwas anderes.

Richtiggehend klassisch erscheint einem dagegen „Herr Costello, Held“. Die Geschichte wird uns erzählt von einem Zahlmeister, auf dessen Schiff Herr Costello mitreist. Wie sich bald zeigt, ist dieser Costello ein ehemaliger Politiker, Intrigant und Manipulator. Zunächst bringt er die Schiffsgemeinschaft auf seine Seite, zerstört alte Loyalitäten und sät Misstrauen und Zwietracht. Im zweiten Teil setzt er sein Werk auf einem Planeten fort und etabliert dort eine Kollektivgesellschaft, in der man nie einsam ist. Doch dabei scheint er in den Augen des Zahlmeisters, der uns berichtet, ein freundlicher und ehrbarer Mann zu sein.

„Es“ ist klassischer Horror. Eine einsame Farm in den USA, auf der zwei Brüder, eine Frau und ein kleines Mädchen leben. Das Grauen dagegen lauert im Wald auf seine Opfer. Das Monster ist nicht böse, es hat keine Ziele, es tötet einfach. Dabei ist die Handlung geradlinig und kommt ohne viele Schleifen oder Hintergedanken aus.

Ganz anders dagegen „Das andere Geschlecht“. Wie der Titel nahelegt, geht es um Mann und Frau und Frau und Mann und alles, was dazwischen liegt. Ein Biologe, der die Leichen eines bei einem Raubüberfall getöteten Pärchens untersuchen soll, und eine Reporterin, die daraus eine Story machen will, sind die Hauptpersonen. Doch dann sind da noch die merkwürdigen Leichen, die in Flammen aufgehen, als der Mann sein Büro verlässt. Und während er noch in dieser Nacht seine Traumfrau trifft, findet sie am nächsten Tag ihren Traummann. Um aber zu erkennen, was sie wirklich wollen, brauchen sie beide ein Wesen, das weder männlich noch weiblich ist. Letztlich geht es hier also um das altbekannte Spiel zwischen Mann und Frau, doch Sturgeon nutzt die phantastischen Möglichkeiten der SF, um noch eine Variante einzubringen.

In „Denkweise“ berichtet uns der Ich-Erzähler, ein SF-Autor, der früher als Seemann gearbeitet hat, von einem Freund mit einer ganz besonderen Art, an Probleme heranzugehen. Bezugspunkt der Handlung ist der Bruder dieses Freundes, der unheilbar erkrankt ist und dessen Körper einfach zu zerfallen scheint. Die Frage, die sich stellt: Wer ist schuld an dieser Krankheit? Wer ist überhaupt an etwas schuld? Bringt die Pistole einen Menschen um, oder der, der abdrückt?
Und was ist schlimmer: Hass oder Gleichgültigkeit? Diese Geschichte regt zum Nachdenken an, in erster Linie schockt sie aber.

„Die Fähigkeiten Xanadus“ weist dagegen wieder die Merkmale auf, an denen man SF erkennen kann. Die Menschheit hat sich über die Galaxis ausgebreitet und dabei sind die verschiedensten Kulturen entstanden, doch bei allen gibt es noch die alte Sprache, die als Verständigungsmittel genutzt wird. Nun landet ein Raumfahrer aus einer hoch technisierten Kultur auf dem Planeten Xanadu, dessen Bewohner vergleichsweise primitiv leben. Sie bauen ihre Häuser ohne Wände, sie kennen keine Regierung – und sie verrichten ihren Stuhlgang in der Öffentlichkeit. Wie sich herausstellt, ist die Kultur der scheinbaren Barbaren sogar älter als seine eigene, doch der Raumfahrer kann sich nicht erklären, warum sie so leben. Er selbst ist mit klaren Zielen gekommen: Er soll herausfinden, ob es sich für seine Welt lohnt, diesen Planeten zu erobern.

Den Abschluss bildet die namensgebende „goldene Helix“, die auch die längste Geschichte dieses Bandes ist. Eine Gruppe von Kolonisten, die auf dem Weg zu ihrer neuen Heimat ist, erwacht aus dem Kälteschlaf, nur um festzustellen, dass sie nicht mehr auf dem Raumschiff, sondern auf einem völlig fremden Planeten sind. Dorthin gebracht wurden sie von merkwürdig golden schimmernden Wesen, deren Zeichen eine goldene Helix ist. Diese Geschichte entstand im Herbst 1953, ein halbes Jahr, nachdem Watson und Crick das Doppelhelixmodell der DNS vorgestellt hatten. Sturgeon spinnt darin seine eigenen Vorstellungen über die Entwicklung der Menschheit und der Evolution aus.

Ergänzt werden die Geschichten von bibiographischen Informationen sowie einem Anhang von Hans-Peter Neumann und Hannes Riffel mit den in der englischen Sammelausgabe bisher erschienenen Texten und einer Übersicht über die auf Deutsch erschienenen Sammelbände mit Geschichten von Sturgeon sowie seiner Romane. Neben den durchgehend guten Neuübersetzungen erkennt man vor allem daran den hohen Anspruch des Verlags an die beiden Erzählbände.

Sturgeon selbst ist ein faszinierender Autor. Er schafft es, den Leser mit den ersten Sätzen neugierig zu machen, das Wichtigste kurz vorzustellen, so dass es einem vorkommt, als ob man Bescheid wüsste, nur um einige Seiten später überrascht zu werden. Und dabei gelingt ihm das Kunststück, dies alles auf wenigen Seiten auszubreiten. Er wird zu Recht als ein Meister der Kurzgeschichte bezeichnet.

Die hier ausgewählten Geschichten sind sehr unterschiedlich, SF und Non-SF wechseln sich ab. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei, aber es wird auch jeder eine Geschichte finden, die ihm nicht zusagt. Seien es der geradlinige Horror in „Es“ oder die verwirrenden Geschehnisse in „Die goldene Helix“. Trotzdem bietet sich der Band gerade für diejenigen an, die Kurzgeschichten eher skeptisch gegenüberstehen, denn Sturgeon kann doch davon überzeugen, dass es auch auf wenigen Seiten möglich ist, vieles zu sagen, ohne dass die Geschichte bedeutungsüberladen wirkt.

_Konrad Schwenke_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Köster-Lösche, Kari – Blutgericht, Das (Sachsen-Trilogie, Band 1)

„Eine unfreiwilligs Reise in die Zeit Karls des Großen“, so lautet der Untertitel zum Auftakt der dreiteiligen Sachsen-Saga von Kari Köster-Lösche, in der es um eine junge Tierärztin geht, die sich plötzlich in einer Welt einige Jahrhunderte vor ihrer Zeit wiederfindet und dort einerseits als Hexerin verachtet, gleichzeitig aber auch als Zauberin verehrt wird. Eine spannende Zeitreise verspricht die Geschichte zu werden – das glaubte ich im Voraus jedenfalls noch …

_Die Autorin:_

Kari Köster-Lösche, geboren in Lübeck, hat als Tierärztin zahlreiche wissenschaftliche Bücher veröffentlicht, bevor sie mit ihren Romanen „Die Hakima“ und „Die Heilerin von Alexandria“ zur Bestsellerautorin avancierte. Mit der Geschichte über eine Raubritterin hat sich Köster-Lösche zum ersten Mal an einer mehrteiligen Reihe versucht, die aber in Historien- und Fantasy-Kreisen weniger beachtet wurde. Mit der so genannten Sachsen-Saga versuchte sie sich 2003 dann an einem neuen Mehrteiler.

_Story:_

Die moderne Tierärztin Gunhild (hm, gibt es heute überhaupt noch solche Namen …) macht mit ihrem Lebensgefährten einen Ausflug ins Grüne in der Kölner Umgebung. Als sie dabei die Umgebung alleine näher erkundet, stößt sie gegen einen Baum und verliert für eine Sekunde die Besinnung. Als sie wieder klar sieht, liegt vor ihr ein schwer verletzter Mensch, den Gunhild zunächst für einen Schauspieler hält. Als Gunhild jedoch bemerkt, dass sich die Welt um sie verändert hat, von ihrem Freund keine Spur mehr da ist und der mysteriöse Fremde es mit seinen Ausführungen über die fränkische Kirche ernst zu meinen scheint, realisiert sie, dass sie auf unerklärliche Weise einen Zeitsprung gemacht hat.

Nachdem sie dem Fremden beim Verbinden seiner Verletzungen geholfen hat, führt er sie zurück in seine Heimat und hält sie dort als Sklavin. Sein Name ist Grimoald, und er hat sich in den Sinn gesetzt, im Dienste Karls des Großen und der Kirche die Sachsen zu bekehren. Mit seiner neuen Sklavin will er nach außen hin die macht Gottes demonstrieren, weil sie mit den Utensilien, die sie mitführt, für damalige Verhältnisse magische Dinge vollführen kann. Andererseits fürchtet Grimoald die Dame aber auch, denn aufgrund ihrer seltsamen Kräfte scheint er ihr in gewisser Weise auch unterlegen.

Gunhild fürchtet in der neuen Welt um ihr Leben und wünscht sich nichts sehnlicher, als die Rückkehr zu ihrem Geliebten und vor allem in ihre Heimat. Als der Priester immer grausamer zu ihr wird, flieht sie zu den Sachsen, die noch dem ‚alten‘ Glauben anhängen. Erst als sie dort den klugen Fürstensohn Gerowulf kennen lernt, schöpft sie neue Hoffnung und beginnt langsam, sich in ihrer neuen Umgebung zu akklimatisieren …

_Bewertung:_

Das Potenzial dieser Geschichte ist wirklich endlos, und aus der Historie der Sachsen und dem Zwiespalt der verschiedenen Glaubensinitiativen hätte man eine Menge herausholen können, alleine schon beim plötzlichen Eintauchen in die neue Welt. Die Autorin scheint das indes wenig interessiert zu haben, denn sie schildert die Ereignisse derart trocken und hölzern, dass einem schnell die Freude am Lesen vergeht. Nach 50 Seiten sieht man sich einfach so mit der Tatsache konfrontiert, dass Gunhild gegen einen Baum gelaufen ist, plötzlich in einer anderen Welt lebt und des Priesters Untergebene geworden ist. Spannung Fehlanzeige! Die gesamte Abfolge der Geschehnisse wird in „Das Blutgericht“ fast schon in Form eines Berichtes abgehandelt; ausführliche Beschreibungen, detaillierte Inszenierungen und all dergleichen findet man hingegen nur ganz, ganz selten.

Selbst die Sehnsucht nach der modernen Welt stellt Köster-Lösche nur unzureichend dar; bisweilen klingt das sogar wenig glaubhaft, so nach dem Motto „ach schade, dann kann ich wohl nicht mehr zurück, schade“. Auch als Gunhild sich dann endlich mal entschließt, den üblen Priester zu verlassen und für ihre Unabhängigkeit im Sachsen des 9. Jahrhunderts zu kämpfen, gewinnt die Geschichte nicht an Tempo; im Gegenteil, es wird eher noch langweiliger, weil selbst solch entscheidende inhaltliche Wendungen einen nicht aus der Reserve zu locken vermögen.

Ich bin jetzt schon sehr skeptisch, ob sich die Autorin in den nachfolgenden zwei Bänden noch irgendwie aus der Misere befreien kann und ihren Schreibstil insoweit ändert, dass die Thematik und das in ihr steckende Potenzial endlich mal ein bisschen Farbe gewinnt. Die anfangs noch vorhandene Vorfreude auf diese Trilogie ist aber erstmal weitestgehend verpufft und einer herben Enttäuschung gewichen.

Auf die unerfreulichen logischen Patzer möchte ich jetzt nicht mehr eingehen, das würde „Das Blutgericht“ ansonsten vollkommen in Grund und Boden stampfen. Aber einen Hineis trotzdem: Laut Kari Köster-Lösche konnten die Menschen damals zur Zeit von Karl dem Großen (vor 1.200 Jahren) schon die heutige, moderne deutsche Sprache verstehen. Aha …
Hoffentlich werden die nächsten beiden Bücher nicht zur nervigen Qual!

H. G. Francis – Das Antares-Riff (Perry Rhodan Extra 2)

Noch vor dem offiziellen Start des neuen Handlungsabschnitts „Terranova“ in der Perry-Rhodan-Serie, der mit Band 2300 beginnen wird, bringt der Verlag |Pabel Moewig| einen Sonderroman zum Auftakt des Zyklus. „Das Antares-Riff“ ist nicht nur ein Roman, sondern enthält außerdem das Hörspiel „Beinahe ein Mensch“ nach einem Roman von Hubert Haensel, ohne Frage ein Kaufanreiz, da die Verkaufsausgabe des Hörspiels etwa doppelt so viel kostet wie diese Sonderausgabe.

Angesiedelt ist der Roman offensichtlich zwischen den beiden Handlungsabschnitten „Sternenozean“ und „Terranova“, die große Gefahr durch die überlegene Wesenheit |Gon-Orbhon| ist überwunden und macht Platz für ein neues Abenteuer.

_Das Riff_

Durch den Ausfall fortschrittlichster Technik brach auf der Erde das Fernsehprogramm der privaten Sender zusammen, die öffentlichen Sender arbeiten unter der Ägide der Regierung mit am Wiederaufbau der Zivilisation. Keine guten Zeiten für einen Unterhaltungsjournalisten, wie Albion Aldograd einer ist. Er ist jedoch sicher, dass die Menschen nach Unterhaltung dürsten und der ständigen trockenen Fakten überdrüssig sind, also sammelt er Material und arbeitet an Sendungen, die er den Sendern regelmäßig und genauso erfolglos anbietet. Sein Riecher bringt ihm erschütterndes Material über gelangweilte Jugendliche, die sich auf der Suche nach Ablenkung in Todesgefahr begeben. Außerdem gerät er über eine bekannte Journalistin an gefährliche Drogengeschichten. Die beiden Themen bringt er in seinem Zorn über seinen eigenen kleinen, kaum zu finanzierenden Sender, und keine Stunde später sieht er sich einem der Unsterblichen, Reginald Bull, gegenüber, der sich für ihn und seine Ideen einsetzt.

In Bulls Auftrag bereitet Albion eine gefährliche Dokumentationsreise vor, die ihn und sein Team zum neuerdings bedrohlichen „Antares-Riff“ führt: Ein durch Weltraumstürme unpassierbares Sonnensystem in unmittelbarer Nachbarschaft der Erde, über das er berichten soll. Albions Team sammelt unglaubliche Eindrücke vor Ort, doch eine weitere Annäherung kann Albion nur mit Mühe beim Kommandanten des Raumschiffs durchsetzen, bis man plötzlich Notsignale direkt aus dem Sonnensystem auffängt. Dem kann sich kein Raumfahrer entziehen, also dringt das Schiff in die gefährliche Region vor – und macht dabei eine unerfreuliche Entdeckung, die für das Schiff, aber primär für die Menschheit große Gefahr bedeutet. Entgegen dieser Gefahr muss man der Erde Bericht erstatten …

_Francis_

Heute ist Hans Gerhard Franciskowsky, der meist als H. G. Francis veröffentlicht, einer der produktivsten, vielseitigsten und erfolgreichsten Schriftsteller Deutschlands. Einige hundert Romane hat er verfasst, darunter allein 200 für PERRY RHODAN, die größte Science-Fiction-Serie der Welt. Seine rund 600 Hörspiele erreichen zusammen die stattliche Gesamtauflage von 120 Millionen. (Quelle: perry-rhodan.net)
Seit Beginn des Jahres 2005 ist Francis nicht mehr im regelmäßigen Autorenteam der Serie vertreten, schreibt aber ab und zu einen Beitrag, wie das vorliegende „Extra“.

Francis entwickelt die Handlung durch den Kunstgriff eines neuen Charakters in größtmöglicher Eigenständigkeit, ohne Einzelheiten zum Ende des vorhergehenden Zyklus, der ja noch zwei Wochen läuft, zu verraten. Dass die derzeitige Gefahr gebannt werden wird, steht aufgrund des Seriencharakters natürlich außer Frage, daher kann man gefahrlos vorweggreifen. Der Roman steht außerhalb des direkten Serienzusammenhangs (auch wenn er schließlich den neuen Zyklus einläutet) und bemüht sich, auch für unregelmäßige Leser verständlich zu sein. Mit einem gewissen Maß an Interesse für die aktuellen technischen Fantasien der Science-Fiction wird man hier nicht überfordert. Begriffe wie „Hyperraum“, „Antigravitation“, „Traktorstrahl“ und dergleichen sind in diesem Umfeld inzwischen wohlbekannt, serieninterne Bezeichnungen wie „Syntron“ und „Hyperimpedanz“ sind für den Zusammenhang einigermaßen belanglos oder erschließen sich aus dem Kontext. Francis bemüht sich, durch einfache Beschreibungen den einen oder anderen verwirrenden Begriff zumindest für das geistige Auge sichtbar zu machen, auf der anderen Seite flechtet er die Bilder routiniert in das Konstrukt der Geschichte ein, so dass ein durchaus unterhaltsames Abenteuer entsteht.

Dass die Charaktere keine außerordentliche Tiefe haben, beeinträchtigt die Geschichte kaum. Hier geht es vordergründig um ein Bild aus dem Leben der Menschen in dieser fantastischen Zukunft als Träger der psychologischen Anreize zum Einstieg in die Serie mit dem Start des neuen Zyklus: In einem flüssigen Plauderton skizziert Francis die Gefahren, die auf Perry Rhodan und seine Gefährten zukommen, verrät aber gerade so viel, dass die Neugierde vom Leser Besitz ergreift und sich ein Hauch des faszinierenden Gefühls einstellt, das den Erfolg der Serie seit ihrer Geburt ausmacht.

„Das Antares-Riff“ ist kein außergewöhnlich guter Roman. Sein Pluspunkt ist, dass er flüssige Unterhaltung bietet, ohne durch den gewaltigen Serienhintergrund zu erschlagen. Der typische Drang nach mehr, der Seriencharakter, entsteht dabei nicht durch platte Cliffhanger (aber er entsteht), und der Roman ist tatsächlich eigenständig lesbar und befriedigend.

Romanheft: 125 Seiten