Archiv der Kategorie: Hörspiele / Hörbücher

Forester, C.S. – Kapitän Hornblower (Europa-Originale 13)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Kapitän Hornblower – Helmo Kindermann
Mr. Bush – Horst Stark
Gerard – Gernot Endemann
Lady Wellesly – Ingrid Andree
Don Julian – Rolf Mamero
Hernandez – Heinz Trixner
Bauer – Franz-Josef Steffens

Bearbeitung: H.G. Francis
Regie: Heikedine Körting
Musik: Tonstudio EUROPA
Künstlerische Gesamtleitung: Prof. Dr. Beurmann

_Story_

Die englische Fregatte „Lydia“ wird von seiner Admiralität nach Mittelamerika entsandt, um dort Aufständische zu unterstützen, die sich der spanischen Monarchie widersetzen. Großbritannien steht nach wie vor im Krieg gegen Spanien, und um ein Zeichen zu setzen, ist der befehligte Kapitän Hornblower darauf angesetzt worden, das mächtige Kriegsschiff „Natividad“ anzugreifen und nach Möglichkeit zu versenken. Während Hornblower sich zum Golf von Fonseca aufmacht, entspannen sich die Verhältnisse zwischen den beiden Großmächten unerwartet vollständig. Es kommt zu einem Friedenspakt, von dem die Besatzung der „Lydia“ auf offener See allerdings nichts erfährt. Also segelt Hornblower weiter nach Mittelamerika, wo er auf den anvisierten Großgrundbesitzer Don Julian trifft. Mit ihm soll er vor Ort Handel treiben, obwohl es dem Kapitän widerstrebt, sich mit dem mächtigen Sklaventreiber, der sich selbst El Supremo nennt, einzulassen. Doch er hat einen Auftrag, den es zu erfüllen gilt, und als er schließlich doch noch von den politischen Änderungen erfährt, hat er seinem ungeliebten Komplizen bereits zu noch größerer Macht verholfen …

_Meine Meinung_

„Hornblower“, so der Originaltitel des Hörspiels, basiert auf einem alten Roman des britischen Autors Cecil Scott Forester und wurde 1953 bereits mit Gregory Peck in der Hauptrolle verfilmt. Dennoch ist es innerhalb der zweiten Staffel wohl dasjenige Hörspiel, welchem vom Bekanntheitsgrad wohl der geringste Wert zukommt, weil die Romanvorlage bislang (und wahrscheinlich auch in Zukunft) nicht den Status eines Klassikers erfahren hat.

Allerdings sollte man deswegen keine falschen Schlüsse ziehen, denn auch wenn ich dies im Zusammenhang mit der Hörspielreihe „Europa-Originale“ schon häufiger geschrieben habe, ist dies die bislang spannendste und beste Geschichte im Rahmen dieser tollen Neuauflagen. Dies mag sicher daran liegen, dass die Geschichte eben bis dato nicht bekannt war und so die Überraschungseffekte eine deutlichere Wirkung zeigen. Und davon gibt es innerhalb der Handlung ja so einige.

Zunächst einmal muss die Story aber in zwei Ebenen getrennt werden. Da wäre zum einen der stetige Konflikt des hochmütigen Kapitäns, der sich auf fremdem Land nicht zu schade ist, den dortigen Tyrannen auf die Probe zu stellen. Zwar ist er angewiesen, mit ‚El Supremo‘ zusammenzuarbeiten, bestimmt dabei aber selber die Regeln. Jedoch läuft Hornblower trotz der offenkundigen Überlegenheit in die Falle, nicht jedoch ohne vorher einige Zeichen gesetzt zu haben. So sind manche Mitglieder der Besatzung zutiefst erschüttert von den Maßnahmen des Großgrundbesitzers und erwägen, auch körperlich gegen ihn anzugehen. Als ein unschuldiger Bürger, der nicht einsehen wollte, in Don Julian den Allmächtigen zu sehen, an einen Pfahl gebunden wird und verdursten soll, platzt der Besatzung ob des unmenschlichen Umgangs der Kragen.

Der Konflikt eskaliert aber nicht – womit wir beim zweiten Teil wären – denn mittlerweile hat das Schiff bereits unter dem Kommando von Hornblower die „Natividad“ eingenommen und sie an Don Julian weitervererbt. Dass dies ein leichtsinniger Fehler war, ist offensichtlich, war aber im Vertrag so festgesetzt. Dass Hornblower diese Handlung allerdings so schnell bereuen wird, hätte er nicht gedacht, doch als ein Vertreter der spanischen Regierung ihn darauf aufmerksam macht, dass jegliche Kriegshandlungen zwischen Großbritannien und Spanien ein Ende gefunden haben, muss er seine Naivität schmerzlich eingestehen. Es gibt nur eine Möglichkeit, den Fehler wiedergutzumachen, nämlich das erneut feindliche Schiff zu versenken. Doch damit hätten die Spanier den Stolz ihrer Flotte endgülig eingebüßt, was den jungen Frieden zwischen den beiden Nationen ein weiteres Mal auf die Probe stellen könnte.

„Kapitän Hornblower“ ist nicht nur das beste sondern auch das abwechslungsreichste Hörspiel in dieser Reihe. Die Geschichte ist sehr stark von den unerwarteten Wendungen geprägt und rast so trotz der relativ umfassenden Spieldauer (45 Minuten sind für diese Serie schon recht anständig) ziemlich schnell auf das opulente Finale zu. Außerdem sind die Sprecher mal wieder souverän, selbst wenn hier einige neue Stimmen mitgewirkt haben. Und da die 13. Episode nun auch die erste ist, bei der man nicht einmal einen klitzekleinen Schwachpunkt entdecken kann, bleibt mir auch nichts anderes übrig, als diese vergleichsweise unbekannte Geschichte dringend weiterzuempfehlen.

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Meirose, Astrid / Pruß, Volker – Nephilim, Die (Schattenreich 1)

_Story_

Christian Wagner kehrt nach mehreren Jahren wieder in seine Heimatstadt zurück und wird bereits kurze Zeit später Zeuge einer grausamen Mordserie. Seine ehemalige Gattin Alexa, mittlerweile bei der Polizei aktiv, informiert ihn über den Fund einer geköpften Leiche und bittet den Kulturwissenschaftler, am Tatort einen Befund über die seltsame Tätowierung der Leiche zu erstellen. Doch schon auf dem Weg zur Fundstelle ereignen sich seltsame Dinge; Christian bekommt einige ungewöhnliche Kurzmitteilungen auf sein Handy geschickt und gerät bereits vor seiner Ankunft tiefer in die Geschehnisse herein, als er es sich hätte träumen lassen. Zudem entdeckt Wagner dann auch noch, dass die Leiche die gleiche Tättowierung wie er selber trägt, was ihm langsam aber sicher Angst einflößt. Er entlarvt die Tote als eine ‚Nephilim‘, eine sektenartige Gruppierung, die vor einigen Jahren als Gegenpol zu den geförderten ‚Titanen‘ ins Leben gerufen wurde.

Als sich der verdeckte Ermittler gezwungenermaßen näher mit dem Thema beschäftigt, drängen sich ihm immer mehr Parallelen zu seinem eigenen Leben auf. Er erinnert sich an seine für tot erklärte Freundin Billie und einen gewissen Adrian, der in der Ägyptologie Seth, den Gegenspieler seines selbst erkorenen Alter Egos Osiris, abgegeben hat und sich zufälligerweise auch gerade in der Stadt herumtreibt. Nach einem Besuch in der finsteren Diskothek werden Christian dann die Augen geöffnet; er wird von einem erotischen Schauspiel verführt und wird sich der tatsächlichen Tragweite der jüngsten Entwicklungen bewusst. Als er am nächsten Morgen unbekleidet aufgefunden wird, helfen ihm die Erinnerungen der letzten Nacht, endlich Licht ins Dunkel zu bringen.

_Meine Meinung_

Unter dem Titel „Schattenreich“ ist unlängst eine neue Hörspiel-Serie gestartet, die sich – der Titel lässt es bereits vermuten – mit düsteren Phänomenen und übersinnlichen Themen beschäftigt. Die Serie wird außerdem von Gothic-Magazin „Sonic Seducer“ präsentiert, was natürlich sofort einige Vorurteile mit sich bringt, die auch prompt in der ersten Episode „Die Nephilim“ bestätigt werden. Doch was es damit auf sich hat, dazu möchte ich später noch einmal gesondert kommen.

Das Konzept von „Schattenreich“ ist jedenfalls nicht gerade herkömmlich; Ziel war es, eine Mischung aus stimmungsvoller Gothic-Musik und dichter Hörspiel-Atmosphäre zuschaffen, was den Machern auch weitestgehend gelungen ist, sieht man mal von den raschen Schwenks zwischen diesen beiden Elementen ab. Hier hätte man sich noch einige fließendere Übergänge gewünscht, denn es ist schon so, dass die Musik manchmal ruckartig mit mächtigen Beats einsetzt und so die letzten bzw. ersten Worte des Hörspiels zu stark überlagert. Letztendlich ist das nur ein kleiner Schönheitsfehler, aber es fällt eben schon auf.

Rein inhaltlich, und damit wären wir bei besagten Vorurteilen, orientiert sich „Die Nephilim“ indes an altbekannten Klischeethemen. Es geht um eine seltsame, nur unterschwellig thematisierte Sekte, unerklärliche Todesfälle, Fabelwesen wie eine Medusa und die zunächst einmal unwahrscheinlich erscheinenden Zusammenhänge zwischen alldem, erforscht vom Ermittlergespann Alexa und Christian. Und eigentlich ist dies auch alles ziemlich gut zusammengefügt, nur eben nicht wirklich ideenreich konstruiert worden. Vor allem beliebte Mystery-Thriller-Autoren wie Dan Brown (und ganz besonders der) werden hier in anders benannten Themenkomplexen zitiert und teilweise auch kopiert, wenn auch auf etwas finsterere Art und Weise. Aber die Parallelen zwischen den Hauptfiguren des Millionensellers „Sakrileg“ und der inhaltlichen Struktur von „Die Nephilim“ sind schon signifikant, wenngleich sie sich zum Ende hin dann doch ganz unterschiedlich entwickeln. Während Brown jedoch bis zum Finale auf höchstem Niveau agiert, müssen die beiden Produzenten Astrid Meirose und Volker Pruß vergleichsweise kleinere Brötchen backen, weil es ihnen zum Schluss nicht sonderlich überzeugend gelingt, das Ende ‚rund‘ zu bekommen. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse und nach all dem Spannungsaufbau der ersten Dreiviertelstunde wird die bis dahin tolle Atmosphäre abrupt zerstört und die Geschichte eher unbefriedigend aufgelöst. Und dies muss man dem Hörspiel bzw. der Handlung auch als Schwäche auslegen.

Andererseits ist die Inszenierung bis zu diesem Punkt (und rein äußerlich auch über die gesamte Spielzeit) fabelhaft. Die düstere musikalische Untermalung ergänzt sich sehr schön mit den dramatischen Akten des Plots und ist hinsichtlich der Gesamtwirkung tatsächlich eine echte Bereicherung. Und auch die Auswahl der finsteren Kompositionen ist lobenswert, weil für jede Stimmung, die sich innerhalb der Story auftut, eine passende Begleitung oder aber ein angenehmr Kontrast vorhanden ist – sei es nun von Gruppen wie SECRET DISCOVERY und ZERAPHINE oder eben vom Berliner Filmorchester und Kammerchor.

Aus diesem Grunde ist es auch etwas schade, dass die Handlung nicht auf Top-Niveau angesiedelt ist. Die Geschichte ist sicherlich spannend und von Sprechern und Musik erstklassig ausgemalt worden, lässt aber im Hinblick auf den Faktor Innovation ein wenig zu wünschen übrig und ist an manchen Stellen außerdem auch noch unlogisch aufgebaut. Sieht man davon mal ab, ist der erste Teil der „Schattenreich“-Serie ein absolut anständiges Hörspiel, welches, sobald inhaltlich noch leichte Verbesserungen erzielt werden, durchaus Lust auf mehr macht.

Mehr Infos gibt es unter http://www.schattenreich.net.

Dark, Jason – John Sinclair – Königin der Wölfe (Folge 35, Teil 2)

_Story_

Mr. Mondo und seine Gefolgschaft haben John endgültig in ihre Fänge bekommen und sehnen sich nun danach, ihn zu einem mächtigen Verbündeten zu machen. Ein bösartiges Serum verwandelt den Geisterjäger innerhalb weniger Minuten in einen blutrünstiegn Werwolf, der alle Kommandos seines Herrchens befolgt. Allerdings sind nicht alle Gefährten des psychiatrischen Facharztes mit dieser Verwandlung einverstanden. Die radikale Pamela zum Beispiel sinnt darauf, Sinclair sofort zu töten, doch dies kann Mondo nicht akzeptieren. Stattdessen übergibt er seinen neuen Schützling in die Hände der Dämonin Lupina, die wiederum einen Kampf zwischen Sinclair und einem weiteren Werwolf inszeniert. John geht als Sieger hervor, bindet sich dadurch aber noch stärker an seine neue Herrin. Wird es seinem Team um Suko, Bill Conolly und seine Geliebte Jane Collins gelingen, John wieder seine echte Identität zu verschaffen?

_Meine Meinung_

Ganz ehrlich: Ich bin ein wenig enttäuscht von der Fortsetzung des genialen [„Mr. Mondos Monster“. 2154 Irgendwie ist es nämlich nicht gelungen, die hierin begonnene, äußerst vielversprechende Geschichte fließend aufzunehmen und sie auf gleichem Niveau zu Ende zu bringen. So viel schon mal zum ersten Eindruck.

Nun, beginnen wir aber mal beim eigentlichen Problem, den fehlenden Verknüpfungen. Rein äußerlich sind die Episoden 34 und 35 ein zusammengehöriger Zweiteiler, in dem es um die gewaltigen Resultate der Forschung von Mr. Mondo geht. Allerdings ist hiervon in „Königin der Vampire“ kaum noch die Rede. Mit einem Mal schwenkt die Handlung nämlich komplett um und beschränkt sich nur noch auf die finstere Inkarnation des John Sinclair, ohne dabei jedoch zu weit in die Tiefe zu gehen. Das soll sicher nicht heißen, dass die Geschichte deswegen enorm an Spannung einbüßt, doch es ist schon so, dass wichtige, prägnante Elemente des ersten Teils gänzlich abhanden gekommen sind, wie zum Beispiel der nette Humor um die schrullige Sarah Goldwyn oder aber die rasante Action, die sich während der Verfolgungsjagd von Mr. Mondos Schergen auf Sinclair und eben jene alte Dame ergeben hat.

Gewichen sind sie einem selbst für Sinclair-Verhältnisse enorm düsterem Schauspiel, welches den Protagonisten aus einer völlig anderen Perspektive zeigt. Sinclair gehört plötzlich dem Bösen an, kämpft an entgegengesetzter Front, kann aber an dieser Seite nicht so ganz überzeugen. Das mag zum einen auch daran liegen, dass es einfach ungewohnt ist, den Geisterjäger so zu hören, entspricht aber auch ansonsten nicht so recht den Vorstellungen der ihm hier zugedachten Rolle. Mit anderen Worten: Die Umsetzung ist – und das ist innerhalb dieser Reihe nun wirklich mal eine Ausnahme – trotz aller Effekte und Klangmalereien nicht so toll, wie man es eigentlich gewohnt ist.

Natürlich muss man sich diesbezüglich aber auch vergegenwärtigen, dass die Erwartungen an diese Hörspielserie enorm groß sind und man eben nicht immer nur Highlights bekommen kann. Ich will diese leicht verpatzte Gelegenheit, aus der Doppelfolge ein echtes Event zu machen, zwar nicht mit irgendwelchen Floskeln rechtfertigen, aber darauf hinweisen, dass selbst diese Episode immer noch mit großem Abstand besser ist als 99 Prozent der übrigen Hörspiele und -bücher aus diesem Bereich. Dass es keine 100 Prozent sind, liegt schlicht und einfach daran, das man die Rahmenhandlung ziemlich grob auseinandergerissen und die Schwerpunkte denkbar ungünstig und im Großen und Ganzen auch zu oberflächlich verteilt hat. Zudem fehlt irgendwie der Witz an der Sache. Ich halte es für ziemlich ungünstig, den Plot mit zünftigem Humor zu beginnen (so geschehen in „Mr. Mondos Monster“) und anschließend mit einer bierernsten, bitterbösen Fortsetzung abzuschließen. Irgendwie beißen sich diese Gegensätze bezogen auf den Inhalt ganz gewaltig.

Zusammengefasst hat sich das Produktionsteam schlicht und einfach nicht auf seine eigentlichen Stärken besonnen, die prinzipiell darin bestehen, in kürzester Zeit eine flotte Action/Horror-Geschichte mit Spannung zu füllen und sie zielstrebig bis zum Schluss zu verfolgen. Was vor einem halben Jahr gut begonnen hat, findet hier ein etwas lahmes, nicht ganz zufriedenstellendes Ende. Sinclair-Fans müssen sich von dieser Kritik jetzt aber nicht vollständig irritieren lassen, sollten aber berücksichtigen, dass diese Doppelfolge in ihrem zweiten Part einige überraschende Schwächen hat. „John Sinclair“ gibt’s auch besser, zum Beispiel gleich in der nachfolgenden Episode, und das ist letztendlich auch der einzige Fakt, der zählt.

http://www.sinclairhoerspiele.de/

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Melville, Herman – Moby Dick (Europa-Originale 8)

_Besetzung_

Ismael – Erzähler, Siegmar Schneider
Starbuck – Joachim Rake
Quiqueg – Rudolf H. Herget
Elias – Malte Petzel
Stubb – Bernd Kreibich
Flask – Michael Korrontay
Archy – Jürgen Lier
Kapitän Ahab – Benno Gellenbeck
Schmied – Heinz Erdmann
Kapitän Gardiner – Horst Beck
Seeräuber – Chris Heinrich
Fedallah – Hans Meinhardt

Bearbeitung: Eberhard Alexander-Burgh
Regie: Dagmar von Kurmin
Musik: Tonstudio EUROPA

_Story_

An Bord der „Albatros“ befinden sich einige der mutigsten Schiffsleute der ganzen Welt, denn alle wissen sie, dass ihr Kapitän nur eines im Sinn hat: Rache nehmen für die Schmach, die ihm der gefürchtete Riesenwal Moby Dick bei seinem letzten Gefecht zugezogen hat. Schwer verletzt – Moby Dick raubte ihm ein Bein – sticht der entschlossene Kapitän dennoch wieder in See, um dem Monstrum ein für alle Mal den Garaus zu machen. Und schon bald nimmt die „Albatros“ wieder die Fährte des gewaltigen Wals auf und jagt ihn unerbittlich durchs Meer. Allerdings ist das Schiff für einen Kampf gegen Moby Dick nach wie vor nicht gewappnet. Schier blind vor Eifer und Hass steuert Ahab sein Schiff und auch seine Mannschaft auf offener See mitten ins Verderben.

_Meine Meinung_

Herman Melvilles viel zitierte Geschichte um den gefürchteten Riesenwal wurde nun ebenfalls im Rahmen der „Europa-Originale“ neu aufgelegt, leider aber im Vergleich zur ursprünglichen Version ein wenig gekürzt. Ohrenzeugen zufolge fehlt ein großer Teil der Anfangssequenz, was besonders deswegen unverständlich ist, weil zum einen das Fassungsvermögen einer CD den Umfang einer LP deutlich übersteigt, und zum anderen kaum vorstellbar ist, dass inzwischen einige Teile zensiert werden mussten – schließlich hält sich das Hörspiel konsequent an die Vorlage Melvilles und zeichnet die düstere Atmosphäre dieses literarischen Klassikers wunderbar nach.

Nun, wer die Geschichte in dieser Fassung zum ersten Mal hört, wird sich daran aber eher weniger stören, denn „Moby Dick“ ist in der |Europa|-Version ein echtes, wenn auch sehr kurz geratenes Schmankerl. Die Nr. 8 der im letzten Jahr neu gestarteten Serie gehört in Sachen Spannungsaufbau zur internen Spitze, was unter anderem auch an besagter Atmosphäre liegt. Regisseurin Dagmar von Kurmin ist es tatsächlich gelungen, den Hörer nach kurzer Zeit Teil der Besatzung der „Albatros“ werden und ihn dabei auch all die Ängste und Hoffnungslosigkeit spüren zu lassen.

Zugleich ist man auch begeistert und ergriffen von der Beharrlichkeit des sturen Kapitäns, der seinem Leben nur noch dieses eine Ziel gesetzt hat, diesen Wal ein für alle Mal zu fangen und zu töten. Ahab missachtet jegliche Vernunft, lässt sich nur noch von seinen suchtbefangenen Sinnen betäubten und realisiert dabei erst viel zu spät die Ausweglosigkeit seiner momentanen Lage.

Allerdings sind die Vorzeichen für den besessenen Kapitän von Anfang an schlecht. Ohne die tatkräftige Unterstützung seiner ergebenen, später jedoch zweifelnden Mannschaft wird er niemals dazu in der Lage sein, den Wal zur Strecke zu bringen. Aber auch dies scheint ihn nach einer Weile nicht mehr zu interessieren. Er gibt das Kommando, widersetzt sich schließlich der angsterfüllten Mehrheit und führt sie alle in den sicheren Tod.

Die Tragik der Geschichte wird im Hörspiel ebenfalls sehr gut eingefangen, was man insbesondere daran festmachen kann, dass Ahab-Sprecher Benno Gellenbeck seine Rolle sehr überzeugend spielt. Seiner authentischen Darbietung merkt man an, dass er sich komplett in die Lage des verzweifelten Schiffsführers versetzt hat und seine Gedanken auch nachempfinden kann, was für eine solche Produktion ja auch unheimlich wertvoll ist. Nicht weniger überzeugend sind indes die Sprecher der unsicheren Matrosen, wie zum Beispiel der erzählende Ismael (intoniert von Siegmar Schneider), der seinen Entschluss, sich eine zweitklassige Heuer zu verdienen, schon nach wenigen Stunden bereut. Begleitet von tollen, sphärischen Effekten macht das Team von |Europa| hier einen fabelhaften Job, dessen einzige Schwierigkeit in der Tatsache liegt, dass er nach viel zu kurzer Zeit schon getan ist. Hinsichtlich des Umfangs wäre „Moby Dick“ sicherlich noch ausbaufähig gewesen, zumal man gerade in den entscheidenden Schlusssequenzen ordentlich gespart hat. Etwas mehr Detailverliebtheit in diesen Szenen, und es hätte wirklich nichts zu meckern gegeben.

Andererseits: Meckern ist prinzipiell gar nicht angebracht. Die Handlung ist spannend inszeniert, super dargeboten und wird der Vorlage von Herman Melville inhaltlich vollends gerecht. Und somit darf es auch keinen Zweifel daran geben, dass „Moby Dick“ in dieser Variante ein absolutes Hörspiel-Highlight ist. Wer sich nicht dazu entschließen sollte, die erste Staffel als Ganzes zu kaufen, sollte deswegen auch darauf achten, dass zumindest diese achte Episode mit in die Sammlung kommt – auch in der kurzen Fassung.

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Salvatore, R. A. – Drizzt – Der dritte Sohn (Die Saga vom Dunkelelf 1)

R. A. Salvatores |Saga vom Dunkelelf| ist in letzter Zeit sehr gefragt. Nachdem sich |Panini Comics| erst vor kurzem die Lizenz des „Dungeons & Dragons“-Ablegers gesichert hatten, hat nun auch das junge Hörspiel-Label |Lausch| zugegriffen und eine der wohl besten Fantasy-Storys aller Zeiten in ihr Programm aufgenommen. Wie gehabt erscheint die neue Serie als Dreiteiler, und wie immer hat sich das Label mal wieder ordentlich ins Zeug geworfen, um dem viel gerühmten Original vollends gerecht zu werden.

_Story_

Menzoberranzan, die Heimat der Drow, der düsteren Dunkelelfen und gleichzeitig Thronsitz über das Unbeherrschbare. In dieser geheimnisvollen Welt lebt das Haus Do’Urden, welches in der Hierarchie der Spinnenkönigin Lolth noch nicht die oberste Priorität genießt. In jener Nacht, als das Haus Do’Urden gegen das Haus Hu’nett marschiert, um dieses vollständig auszulöschen, wird auch das Schicksal des jungen Drizzt besiegelt. Eigentlich dazu verdammt, als Drittgeborener geopfert zu werden, überlebt er in letzter Sekunde, als bekannt wird, dass sein älterer Bruder im Kampf gefallen ist. Doch von Glück kann Drizzt dennoch nicht sprechen, denn in der glücklosen Welt der Drow gibt es wenig Erstrebenswertes.

Dann jedoch werden die übermächtigen Fähigkeiten des jungen Dunkelelfen offenbar, und nach und nach bemerkt auch seine Erzeugerin, Malice Do’Urden, dass Drizzt eines Tages zu einer mächtigen Waffe werden könnte. Doch der Drittgeborene wählt nicht den Weg des Bösen; er kämpft für Gerechtigkeit. Damit ist sein Weg auch vorbestimmt und geprägt von unerwarteten Feindschaften – sowohl im eigenen Haus als auch in der Familie des andersartigen Drow. Aber kann Drizzt den Kräften seiner Mutter und der Spinnenkönigin tatsächlich standhalten?

_Meine Meinung_

Erst vor wenigen Wochen habe ich mich noch intensiv mit dieser Geschichte beschäftigt und mit Begeisterung die Comic-Reihe von |Panini| verschlungen. Deshalb ist die Hörspiel-Serie in gewisser Weise auch so etwas wie ein Déjà-vu-Erlebnis, welches aber auch unwiderruflich dazu führt, dass man Vergleiche zwischen den beiden Veröffentlichungsformen antritt.

Während im Comic (natürlich) die visuellen Eindrücke herausragen, sind es bei der Lausch-Adaption ganz klar die vielen Soundeffekte, mit denen die Story zusammengehalten wird. Fast permanent wird die Geschichte von Hintergrundgeräuschen wie aufeinandertreffende Klingen, Kriegsgebrüll und erliegendem Jammern begleitet, was jedoch auch manchmal etwas irritierend ist, denn es kommt häufiger vor, dass die vordergründigen Dialoge im Sog der vielen Geräusche etwas untergehen. Gerade zu Beginn, wo die Action schon vollständig ausgeprägt ist und der Zuhörer nicht nur von den Ereignissen, sondern auch vom Prozess des Kennenlernens der einzelnen Figuren überrollt wird, ergeben sich so einige Schwierigkeiten, gerade für diejenigen, die zum ersten Mal mit der „Saga vom Dunkelelf“ in Berührung kommen. Dass man natürlich im Vorteil ist, wenn man den Plot bereits kennt, ist ja selbstverständlich, aber in diesem Fall fände ich es schon wichtig, den Hörer nicht direkt am Anfang bereits zu überfordern.

Andererseits deutet sich hier bereits an, welch rasantes Erzähltempo einen im ersten Teil „Der dritte Sohn“ erwartet. Pausenlos kommt es zu Konflikten und offenem Schlagabtausch zwischen den Obersten von Menzoberranzan, und bevor man sich versieht, sind schon Jahre vergangen und aus dem kleinen Baby Drizzt (übrigens charmant mit kindlichem Geschrei unterlegt) ist eine der gefürchtetsten Personen in der Unterwelt der Dunkelelfen geworden.

Nun, was dies betrifft sowie generell, weicht die Handlung in der Audio-Version nicht wesentlich von der Originalvorlage ab, wohl aber, was die Art und Weise der Präsentation betrifft. Wie man nach Titeln wie „Caine“ und „Die schwarze Sonne“ fast schon erwarten konnte, ist das Hörspiel etwas moderner und vor allem auch frecher aufgebaut. Es werden keine geschwollenen Phrasen gedroschen, sondern mit beinahe zeitgemäßer Sprache verkehrt, was den anfangs noch erschwerten Zugang dann auch wieder erleichtert und einem überhaupf dabei hilft, sich besser mit den Charakteren zu identifizieren. Allerdings liefern die Sprecher von „Die Saga vom Dunkelelf“ auch wieder eine absolut umwerfende Vorstellung ab. Gerade die Rollen der Bösewichte sind spitzenmäßig besetzt und wirken mit ihrer spitzen Zunge noch angsteinflößender als in Salvatores Roman. Und wenn wir diesbezüglich noch einmal auf den eingangs bemühten Vergleich mit der Comic-Serie zurückommen, dann ist die vierte Reihe des exquisiten Labels zumindest hier klar im Vorteil.

Andererseits sollte man besser nicht vergleichen, denn wirklich beide Umsetzungen sind ziemlich genial und in Sachen Spannungsaufbau echte Kracher. Zwar braucht das Hörspiel ein wenig länger, um auf die ersten Höhepunkte zuzusteuern, doch dies liegt in erster Linie daran, dass bei einer Spielzeit von 65 Minuten auch relativ wenig Zeit bleibt, um den umfassenden Inhalt adäquat und sinngemäß wiederzugeben. Dies könnte man sicherlich kritisieren, wenn die Geschichte darunter zu leiden hätte, doch da die Schwerpunkte ziemlich gleichmäßig verteilt sind und auf diese Weise auch eventuellen Längen vorgebeugt werden konnte, wäre dies dann doch nicht angebracht.

Alles in allem werden die hohen Erwartungen somit auch beinahe gänzlich erfüllt. Die Geschichte des selbstbewussten Einzelkämpfers Drizzt Do’Urden bietet aber auch einen reichhaltig besäten Nährboden für ein solches Hörspiel, mit dem hier jedes einzelne Detail prächtig gefüttert werden konnte. Und da es sicherlich keine einfache Aufgabe ist, den hohen Qualitätsstandards von Salvatores Meisterwerk gerecht zu werden, muss man vor dem ersten Teil der Saga auch schon mal respektvoll den Hut ziehen. D&D-Fans dürfen hier sogar blind zuschlagen. Alle anderen sollten sich diese einmalige Chance, in die atmosphärisch dicht ausgemalte Welt der Vergessenen Reiche einzutauchen, ebenfalls nicht entgehen lassen.

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Folge 2: [„Im Reich der Spinne“ 3055

Defoe, Daniel – Robinson Crusoe (Europa-Originale 10)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Kapitän – Claus Wagener
Jones – Michawel Weckler
Robinson – Peter von Schultz
Steuermann – Edgar Maschmann
1. Matrose – Walter Petersen
2. Matrose – Alexander Berger
3. Matrose – Michael Vulpius
Papagei – Christoph Rudolf
Freitag – Konrad Halver
Spanier – Rudolf H. Herget

Regie: Konrad Halver

_Story_

Wir schreiben das Jahr 1659, als ein britisches Schiff mit seiner vierzehnköpfigen Besatzung in der Nähe des Äquators von einem Orkan erfasst wird und diesem schließlich zum Opfer fällt. Die gesamte Mannschaft wird bei diesem Unglück umgebracht – bis auf den tapferen Robinson Crusoe, der nach langem Kampf gegen die Tücken des Ozeans als Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel landet.

Zunächst dankbar für die unverhoffte Rettung, steigt in ihm mit der Zeit das blanke Entsetzen über die dortige Einsamkeit. Keine Menschenseele treibt sich auf dem Eiland herum, und auch die Versorgung mit Nahrung ist für den verwöhnten Reisenden recht spärlich, denn wirklich Nahrhaftes gibt es nicht zu finden. Für Robinson beginnt der nackte Kampf ums Überleben, in der stillen Hoffnung, eines Tages entdeckt zu werden und in die Heimat zurückzureisen.

Doch statt eines rettenden Schiffes gelangt ein Boot mit Kannibalen auf die Insel; diese verfolgen einen der ihren auf grausame Weise vor Robinsons Augen. Der schreitet ein, vertreibt die unmenschlichen Bestien und gewinnt ganz unerwartet sympathische Gesellschaft. Crusoe nennt seinen neuen Gefährten Freitag, frei nach dem Tag, an dem er ihn kennen gelernt hat, und bringt ihm nach und nach seine Sprache bei. Aus den beiden werden richtig dicke Freunde, und obwohl Robsinson insgeheim immer noch hofft, nach langen Jahren seine Heimat wiederzusehen, hat er sein neues Leben mittlerweile voll akzeptiert. Dann aber geschieht ein Schicksalsschlag in Freitags Leben, und es sieht so aus, als müssten sich die beiden wieder voneinander trennen …

_Meine Meinung_

Mit „Robinson Crusoe“ haben |Europa| vor ziemlich genau 35 Jahren einen der schönsten Klassiker der Jugendbuch-Literatur aufgegriffen und ihn dazu auch noch in sehr sympathischer Form aufgearbeitet. Die Geschichte vom Schiffbrüchigen Crusoe, der fortan und ungeplant sein Überleben in stiller Einsamkeit ausfechteb muss, ist ja allgemeinhin schon dutzende Male verfilmt oder vertont worden, sollte im Grunde genommen auch jedem bekannt sein, wenngleich es hier noch sehr feine Unterschiede bezüglich der Umsetzung gibt. Während die Buchfassung natürlich von Daniel Dafoe zu empfehlen ist, kann ich Mattscheiben-Stammgästen vor allem die Verfilmung mit Tom Hanks namens „Cast Away“ ans Herz legen, welche wahrscheinlich auch die modernste Variante aller bisherigen Adaptionen ist. In Sachen Hörspiel hat indes die im letzten Jahr neu aufgelegte Fassung von |Europa| die Nase vorn, ganz einfach deshalb, weil die Atmosphäre der teils bedrückten, teils aber auch von Hoffnung geprägten Handlung hier am authentischsten herübergebracht wird.

Allerdings ist dies bei der Starbesetzung von „Robinson Crusoe“ auch kein Wunder. Hans Paetsch als Erzähler ist einfach eine Institution, die einen auch hier wieder sehr stimmungsvoll durch die Geschichte führt. Weiterhin trifft man auf alte Bekannte wie Konrad Halver (der im Übrigen auch die Regie übernommen hat), Rudolf H. Herget und Claus Wagener, die allesamt schon einmal für einen sehr ansprechenden Rahmen sorgen.

Doch abgerechnet wird bekanntlich erst später, weshalb die Geschichte noch einmal genauer analysiert werden muss. Wie gehabt, beginnt man mit einer kurzen Beschreibung der Motivation hinter dieser verhängnisvollen Schiffsreise, die dann ziemlich rasant auch in das Debakel übergeleitet wird und nach wenigen Minuten schon Robinsons schier ausweglose, verlassene Situation beschreibt. Von hier an wird die Story auch erst so richtig interessant, denn gleich mehrfach ist Robinson dem Tode näher als dem Überleben; er muss sich mit allen versteckten Tücken seines neuen Umfelds herumschlagen, dabei stets auf der Hut sein, um rettende oder gefürchtete Personen zu erkennen und darf bei all dem auch nicht den Lebensmut verlieren, der durch seine stete Einsamkeit schon arg getrübt ist. All dies wird schon einmal prima erzählt, jedoch nicht bewusst bedrückend, sondern schon durchgehend mit einem gewissen Hoffnungsschimemr, der sich in den Stimmen von Erzähler und Robinson auch deutlich widerspiegelt.

Die Lage verändert sich allerdings mit dem Hinzukommen von Freitag; plötzlich hat Robinsons Leben völlig neue Prioritäten und er lernt viel einfacher, mit seiner misslichen Lage umzugehen. Der Gestrandete empfindet seine Situation nicht mehr einzig und allein als Misere und kann der Angelegenheit sogar positive Aspekte abgewinnen. Von hier an wird der Wert der moralischen Normen auch immer schwerwiegender. Es geht um Tapferkeit, Freundschaft, Zusammenhalt und letztendlich auch darum, selbst in den ausweglosesten Situationen nicht aufzugeben. Dies alles kombiniert, ergibt die Geschichte von Robinson Crusoe und seinem ungleichen Gefährten Freitag, die in diesem Fall von einer teils recht humorvollen Seite bestimmt wird und sich somit auch wieder als allerbeste Familienuntehaltung herausstellt. Es darf nämlich trotz allem gelacht werden, so etwa, wenn Robinson seinem Kumpanen die ersten Worte beibringt, dabei aber erst einmal nur Unsinn herauskommt. Kein bahnbrechender Witz, aber doch sehr lustig und nicht zu plakativ umgesetzt – eben das, was man von einem guten Hörspiel erwartet.

Kurz zusammengefasst, ist „Robinson Crusoe“ ein weiteres Goldstück in der „Europa-Originale“-Serie und mitunter auch einer der besten Vertreter der neu aufgelegten Klassiker von damals. Ein Bekannter meinte hierzu, dass es seiner Meinung nach die harmonischste Adaption dieses literarischen Meisterwerkes sei, und dem kann ich mich fast gänzlich anschließen. „Robinson Crusoe“ ist einfach nur schön, mehr braucht man darüber dann auch gar nicht mehr zu sagen.

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Pinternagel, Stefan T. – Fragmente (Hörbuch)

_Inhalt_

„Ihr werdet behütet“ bzw. „Euch schützt die Masse“ – dies sind die ersten Worte des Holiday-Killers, der in verschiedenen Episoden auf sein bisheriges Leben zurückblickt. In ihm vereinen sich die finstersten Schatten der menschlichen Seele, und diese legt er nun in kompromisslosen Rückbesinnungen ein weiteres Mal offen: sein erster Mord, sein brutales Vergehen an einem unschuldigen Touristenpärchen, der Umgang mit seinen weiblichen Begleitungen und natürlich seine harte Kindheit, die in einer unrühmlichen Heimkarriere gipfelte. Dieser Mann hat die niederträchtigsten Seiten des Lebens kennen gelernt und sie bewusst gelebt, Rache und Vergeltung geübt und aus purer Lust gemordet; einmal, zweimal, dutzende Male, und jedes Mal wieder ohne Reue. Er kennt keine Gnade, denn das ist seine Geschichte, und nun will er, dass auch jeder sie erfährt.

_Kritik_

Bereits die Romanvorlage von Stefan T. Pinternagel sorgte vor einiger Zeit für Begeisterung und Entsetzen zugleich, denn dem Autor war es in seiner ausführlichen Portraitierung eines Massenmörders enorm gut gelungen, die abstrakten Gedankengänge des vom ihm entworfenen Protagonisten sehr authentisch darzustellen und der tragischen Geschichte ein recht abschreckend erscheinendes Forum zu bieten. Nun legt das erst vor kurzem neu gegründete Audio-Label |Hörplanet| die Story auch als Hörbuch auf und unterlegt die aus der eigenen Perspektive dargestellte Erzählung noch mit einer eiskalten, herzlosen Stimme (gesprochen von Dennis Rohling), die einem das Grauen im Inneren des brutalen Schlächters noch gezielter näher bringt.

Zwischenzeitlich wird einem dabei gar nicht bewusst, welcher Teil des Inhalts am meisten abstößt bzw. ob man den Fakt, dass es sich bei „Fragmente“ nicht bloß um die Schilderung einer fiktiven Geschichte handelt, abscheulicher findet als das inszenierte Selbstporträt des erbarmungslosen Killers. Mit diesem Medium fühlt man sich dem Mörder über die gesamte Distanz verbunden, wird bisweilen sogar ein Teil von ihm und wird dabei auch noch auf eine schonungslose Härteprobe gestellt. Sobald man nämlich tief in das Seelenleben des Erzählenden eingetaucht ist, beginnt man zu verstehen, verurteilt sich dann aber selber dafür, für die grässlichen Taten Verständnis aufzubringen oder sie gar zu akzeptieren. Dieser Aspekt der Geschichte ist mitunter der am schwersten verständliche und will einem auch irgendwie nicht mehr aus dem Kopf gehen, denn schließlich erlebt man jeden einzelnen Mord noch einmal detailgetreu mit und lernt das Ich der Erzählung zu verachten und zu hassen.

Und während der Holiday-Killer seine schrecklichen Verbrechen noch ein weiteres Mal durchlebt, begegnet man sich immer öfter beim Ausfechten dieses moralischen Konfliktes, der durch die von Sprecher Rohling vollführte emotionale Achterbahnfahrt noch verstärkt wird. Man entwickelt einerseits Sympathie für die arme Seele, die sich hinter der charakterisierten Person befindet, fiebert sogar bei seinen ‚Abenteuern‘ mit, kommt gleichzeitig aber auch an seine nervliche Belastungsgrenze, denn was in „Fragmente“ so alles vor sich geht, sprengt partiell die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft – immer und immer wieder.

Man sollte allerdings nicht den Fehler begehen, das Buch bzw. das Hörbuch als großflächig inszenierte Gewaltorgie zu betrachten. Sicherlich geht der Autor nicht gerade zimperlich mit seinem Publikum um. Eingeweide und Blutorgien gehören in „Fragmente“ zum ‚guten‘ Ton und müssen als wichtiges Symbol akzeptiert werden, was noch einmal deutlich machen soll, dass die Sache alles andere als leichte Kost ist. Eher im Gegenteil. Doch die Brutalität, die Pinternagel in seinem Werk offenbart, ist vordergründig psychischer Natur und steigert sich auch erst in den Moment, in dem der im Grunde genommen stark angepasste Killer die Kontrolle verliert und seinen kaum zu befriedigenden, unmenschlichen Reizen nachgeben muss – und dies passiert innerhalb der 450 Minuten nicht gerade selten!

Ich habe das zugehörige Buch leider nicht gelesen, weshalb ich Vergleiche erst einmal nicht anstellen kann. Allerdings fällt mir die Vorstellung schwer, dass geschriebene Worte die kühle Stimme des Sprechers samt dessen Performance des Inhalts noch übertreffen könnten. Was Rohling hier vorliest, ist hart und stellenweise kaum erträglich. Da dankt man dem Produktionsteam, dass es zwischendurch zumindest mal einige kurze musikalische Lockerungsübungen eingeflochten hat, denn ohne einige wenige Verschnaufpausen wäre die Aufnahme des Inhalts kaum mehr erträglich gewesen.

Doch auch wenn es schwer verdaulich ist, was der |Hörplanet| an die Öffentlichkeit trägt, es ist auf jeden Fall ein sehr empfehlenswertes, wenn auch gewöhnungsbedürftiges Tondokument, das die menschliche Seele von einer bisher noch ungeahnten Seite präsentiert. Mich schaudert’s noch jetzt beim Gedanken an die reflektierte Welt des schizophrenen Psychopathen, doch gleichermaßen möchte ich die hier erlebten Erfahrungen auch nicht mehr missen. Wer Pinternagels literarischen Geheimtipp bis dato noch nicht verschlungen hat, ist mit der hier vorgestellten Hörbuch-Fassung wirklich super beraten. Voraussetzung: Nerven, die stärker als stark sind!

http://www.hoerplanet.de/

|Ergänzend dazu: Unsere [Rezension 1910 der Buchausgabe.|

Shelley, Mary / Gruppe, Marc – Frankenstein. Teil 1 von 2 (Gruselkabinett 12)

_Story_

Ingolstadt 1811: Der junge Victor Frankenstein, aufgewachsen in der Schweiz mit seiner geliebten Stiefschwester Elizabeth und dem kleinen Bruder William, begibt sich als Student an die Geheimnisse der menschlichen Existenz. In der Energie sieht er den Ursprung der menschlichen Schöpfung, allerdings sind seine Möglichkeiten in der Heimat begrenzt, um sich diesem Thema umfassender zu widmen. Deshalb reist er für unbestimmte Zeit in die Universitätsstadt und forscht abseits der Aufsicht der Professoren weiter in seinem Fachgebiet.

Schließlich gelingt es ihm tatsächlich, Fortschritte zu erzielen, und er scheint dem Geheimnis der Schöpfung dicht auf der Spur. Als er seinem Mentor diese Resultate präsentiert und mitten in einer düsteren Novembernacht tatsächlich ein grässliches Geschöpf von den Toten zum Leben erweckt, stößt er auf Bewunderung und Verachtung zugleich. Zu diesem Zeitpunkt ahnt Frankenstein allerdings noch nicht, welche verheerenden Folgen die Wiederbelebung dieser Kreatur für sein weiteres Leben haben wird.

_Meine Meinung_

Mit Mary W. Shelleys „Frankenstein“ wagen sich |Titania Medien| in ihrer „Gruselkabinett“-Reihe erneut an einen Zweiteiler heran und gleichzeitig an eine der wohl berühmtesten Geschichten der Grusel- und Horror-Historie. Das Leben des vom Forscherdrang getriebenen, gutherzigen Frankenstein ist zwar schon dutzende Male (vermehrt auch als Hörspiel) publiziert worden, eröffnet einem aber immer wieder neue Facetten, so auch in Kapitel 12 dieser Klassikerreihe.

Die Erzählung wird dabei aus der Sicht von Autorin Mary Shelley höchstpersönlich dargeboten, der zu Beginn auch eine kurze Sprecherrolle zukommt, in der ihre zweite Stimme Monica Bielenstein erörtert, unter welchen Umständen die Legende seinerzeit entstanden ist. Und zu erfahren, dass Miss Shelley das Drama damals eher zufällig geschrieben hat, versetzt einen dann auch in reges Staunen, gerade wenn man bedenkt, wie tief die Autorin bereits damals in die (un)menschliche Psyche eingedrungen ist.

Andererseits ist das Thema, welches der Geschichte zugrunde liegt, derzeit aktueller denn je. Manipulation von Erbmaterial, moralische Verstöße gegen die Unantastbarkeit der menschlichen Existenz und weitestgehend schwer vertretbare Experimente an den Genen Verstorbener – was Victor Frankenstein in der fiktiven Erzählung damals versuchte, war nicht nur arg fortschrittlich, sondern bezogen auf den Inhalt von Shelleys Werkauch von zeitlosem Ausmaß. Oder will etwa jemand bezweifeln, dass Frankensteins Ideen in der heutigen Wissenschaft relevant sind?

Aber ich möchte in diesem Fall nicht mehr auf den Inhalt als solchen eingehen, sondern ausschließlich die Umsetzung erörtern, denn bei der großen Auswahl an „Frankenstein“-Literatur gilt es auf jeden Fall zwischen ‚hochwertig‘ und ’nicht empfehlenswert‘ zu selektieren, wobei – das konnte man fast schon erwarten – die |Titania|-Version ganz klar zur ersten Kategorie gehört. Mal ganz abgesehen davon, dass die Sprecherrollen mal wieder top besetzt sind (Peter Flechner als emotional agierender Frankenstein ist eine Wucht), ist auch der Aufbau des Hörspiels interessant.

Zunächst einmal wird die Entstehungsgeschichte analysiert und dezent humorvoll wiedergegegeben, anschließend trifft man dann den zerrütteten Frankenstein, wie er irgendwo auf einem See von einer Schiffsmannschaft von einer Eisscholle gerettet wird und dem Kapitän anschließend von den Gräueln seiner jüngsten Vergangenheit erzählt. Victor, zu diesem Zeitpunkt schon beinahe 30 Jahre alt, hat bereits mit seinem Leben abgeschlossen, fühlt sich ausgelaugt und mental angeschlagen und macht dabei einen äußerst depressiven Eindruck. Doch die Reflektion seiner persönlichen Lebensgeschichte heilt einige Wunden und hat zumindest für kurze Zeit den Effekt einer Therapie, bis sich der Mann dann wieder der schrecklichen Realität besinnt, die zu diesem Zeitpunkt für den Hörer noch verschollen ist – sofern er die Story nicht schon kennt.

Das Regieteam Stephan Bosenius und Marc Gruppe hat das Ganze wirklich sehr geschickt eingefädelt, indem es von Anfang an wegen der ernüchternden Grundstimmung für Spannung sorgt, den Zuhörer auch mit einzelnen Hinweisen in die richtige Richtung lenkt, ihm aber bei weitem noch nicht das gesamte Ausmaß von Frankensteins Handlungen nahe bringt. Dieses gilt es sich Stück für Stück zu erarbeiten, doch es wird einem nicht einfach gemacht, weil die Geschichte wirklich sehr detailliert geschildert wird und es immer noch mehr bei den persönlichen ‚Ermittlungen‘ zu berücksichtigen gilt.

Davon mal ganz abgesehen, darf man natürlich auch mit sich selbst hadern, inwiefern man nun mit dem Schicksal des jungen Frankenstein leiden muss oder ob seine unmoralischen Ansätze zu verurteilen sind. Die erzählte Handlung liefert Argumente für beide Seiten, lässt aber diesbezüglich genügend Freiräume für eine eigene Interpretation dieser Dinge.

Allerdings kommt es auf derartige Aspekte im Endeffekt eher weniger an. Wichtig ist, dass die Spannung schnell am Siedepunkt ist und sich dort auch überraschend lange halten kann, sei es nun mittels der Beschreibung der zerrissenen Seele der Hauptfigur oder hinsichtlich der Erwartungshaltung an die Versuche, die Frankenstein im Laufe der Handlung startet. Dies alles wird mal wieder von wunderbaren Klangeffekten unterlegt und auch gewohnt harmonisch miteinander verflochten, so dass bereits die erste Episode zu den weiteren Highlights aus dem preisgekrönten „Gruselkabinett“ zu zählen ist. Die Fortsetzung ist übrigens löblicherweise zeitgleich erschienen, weshalb sich eigentlich eine Veröffentlichung als Doppel-CD gelohnt hätte. Aber wer Interesse an diesem Zweiteiler hat, wird auch gerne den zweifachen Preis zahlen, schließlich stellt sich hier einmal mehr der gute Ruf des Qualitätslabels |Titania| heraus.

Home – Atmosphärische Hörspiele


http://www.luebbe-audio.de

_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Koinegg, Karlheinz – König Artus und die Ritter der Tafelrunde

_Story_

Uther Pendragon, der britische König, ist besessen von dem Gedanken, eine Liebschaft mit Ygerne, der Gattin des Herzogs von Gorlois, einzugehen. Sein Berater, der Zauberer Merlin, ist bereit, ihm hierbei zu helfen, stellt jedoch auch einige Bedingungen an den Herrscher. Doch Pendragon, ganz wild auf die Möglichkeiten, die ihm der mächtige Magier verschaffen kann, lässt sich zu diesem Zweck auf jedes Bündnis ein und gelangt, von Merlin in die Gestalt des Herzogs verzaubert, in die Gemächer der nichts ahnenden Herzogin.

Einige Monate später gebiert die Herrin von Gorlois ihren gemeinsamen Sohn und tauft ihn auf den Namen Artus. Er ist das Produkt einer verbotenen Liebschaft, geboren als Resultat einer fiesen, lustgesteuerten Intrige, aber dennoch ein Sohn des Königs. Doch genau dieser Status wird ihm als Jüngling nicht gewährt. Stattdessen wird er von seinem Stiefbruder Kay getrieben und angeleitet, bis zu dem Tag, als Artus völlig überraschend und ohne zu wissen, was er da gerade tut, ein geheimnisvolle Schwert aus einem Stein zieht und somit genau das schafft, was unzähligen Vorgängern nie gelungen ist.

Von diesem Moment an ändert sich das Leben von Artus schlagartig. Er wird als König vereidigt und soll trotz seiner Jugend das Land in den Frieden führen, bekommt aber bei seiner Ernennung zum neuen König nicht den Respekt, der ihm als führender Monarch zusteht. Doch Artus geht seinen Weg, beruft die legendäre Tafelrunde von Camelot ein und erweist sich als vorbildlicher König. Allerdings ist sein Leben nicht ausschließlich von positiven Entwicklungen gezeichnet. Seine Halbschwester Morgan LeFay hat ihn in einer leidenschaftlichen Nacht hinters Licht geführt und ihm einige Zeit später einen Sohn geboren, von dem Artus lange Zeit gar nichts wusste. Und hiermit ist laut Aussage des Hofzauberers Merlin auch ein sehr pessimistisches Omen verbunden, denn es heißt, dass Artus’ Nachwuchs, Mordred genannt, eines Tages den Tod des Königs inszenieren wird.

_Meine Meinung_

Es ist immer wieder unglaublich festzustellen, wie viel Potenzial sich nach all den Jahren und unzähligen Abhandlungen noch immer hinter der Artus-Sage verbirgt. So viele Autoren haben sich bereits an der Geschichte versucht, und wie ich unlängst schon bei der Jugendbuch-Fassung von Kevin Crossley-Holland vom |dtv|-Verlag andeutete, ist es deswegen auch schwer vorstellbar, dass es einem Schreiber tatsächlich noch gelingen kann, der Handlung aus dem Reiche Camelot etwas Neues abzugewinnen.

Nun, dass dies dennoch möglich ist, hat Karlheinz Koinegg mit seiner Fassung bewiesen. Unter dem Titel „König Artus und die Tafelrunde“ hat er eine recht moderne Version der Geschichte entwickelt, die sich nicht ganz so steif an den groben Umrissen der bekannten Überlieferung orientiert. Er hat stattdessen Charaktere entwickelt, die in ihrem Auftreten lebendiger wirken, und diese in eine Geschichte integriert, in der geschickt alle sich bietenden Freiräume mit neuen Ideen und etwas lockeren Dialogen gefüllt werden. |Der Hörverlag| hat ebendiese Variante der legendären Sage als Hörspiel veröffentlicht und mit dem gut 3,5 Stunden andauernden Werk wohl eines seiner besten Produkte dazu auf den Markt gebracht.

Dass dies der Fall ist, hat man in erster Linie den hervorragenden Sprechern und der sprachlich verjüngten Umsetzung der Geschichte zu verdanken. Koinegg und Hörspielregisseurin Angeli Backhausen haben nichts dem Zufall überlassen und sich in den Hauptrollen mit einiger Prominenz verstärkt, die sich wiederum kaum bitten lässt und eine sprachlich sowie dramaturgisch absolut astreine Performance abliefert. Neben Konstantin Graudus in der Hauptrolle des Thronfolgers liefert diesbezüglich ganz besonders Peter Nottmeier in der Rolle des stets zerstreuten Sir Kay einen spitzenmäßigen Job ab. Nottmeier zeigt gerade für die lustigeren Stellen ein besonderes Feingespür bei der Umsetzung des umfassend eingefügten Humors und schafft es in diesem Sinne zum Beispiel, trotz sehr lockerer Zunge die Nerven des Hörers angenehm zu schonen. Kay mag vielleicht in der Erzählung ein unverschämtes Plappermaul sein, doch seine Reden werden nicht penetrant und kommen zudem auch noch sehr ehrlich herüber.

Der Einsatz solcher Leute macht sich allerdings auch an vielen anderen Punkten der Handlung bemerkbar, weil sie in ihrer individuellen Vielfalt für angenehme Kontraste sorgen, sowohl auf die jeweilige Person selber bezogen als auch auf den zwischenmenschlichen Bereich, in dem es unter den miteinander agierenden Charakteren einige deutliche Gegensätze gibt. Prädestiniert für ein hiermit verbundenes Beispiel sind ganz besonders Artus und Kay. Während der König eher als ruhiger, gutmütiger und besonnener Herrscher auftritt, ist Kay ein stets aufbrausender Zappelphilipp, auffällig durch kesse Bemerkungen und seine seltsamen Vorlieben. Sie sind in diesem Sinne auch ein Brüderpaar, wie es im Buche steht, nämlich grundlegend verschieden und sich andererseits doch wieder so ähnlich, und alleine die Darstellung dieses Umstands ist in „König Artus und die Ritter der Tafelrunde“ schon ein echter Höhepunkt.

Bezogen auf die Story zeigt sich Koinegg als ein unberechenbarer Inszenator, der sich nur sehr vage an die Vorgaben der klassischen Geschichte um die Tafelrunde hält. Stattdessen legt er in seiner Ausführung größeren Wert auf die verschiedenen Beziehungsgeflechte in Camelot und betont erst danach die politischen Entwicklungen bzw. die Zusammenkunft der Tafelrunde. Statt des herkömmlichen Abenteuers kommt so zum Beispiel ein ganzes Stück der Kindheitsgeschichte – und zwar ein wenig humorvoll und lebendig porträtiert – zum Zuge. Außerdem bleiben viele Spielräume für die Personen in Artus’ Umfeld offen und werden genutzt, um die etwas losgelösten Geschichten von der Begegnung zwischen dem Grünen Ritter und Sir Gawain zu erzählen oder etwas tiefer in die Beziehung von Sir Kay und der mit knapp 30 Jahren schon als alt abgestempelten Zofe von Artus’ neuer Gemahlin Guniver einzudringen.

Unabhängig vom Handeln der Tafelrunde werden hier die Schwerpunkte der bekannten Handlung zugunsten neuer, erfrischender Aspekte ausgetauscht, die man in dieser Form wohl kaum irgendwo anders so ausführlich vorgesetzt bekommt wie in Koineggs endgültiger Fassung. Dennoch bleibt das Treiben am Hofe des Königs natürlich das vorgegebene Konstrukt und damit auch unverändert der wesentliche Teil der Artus-Sage, wobei verglichen mit dem Gros der bislang bekannten Abhandlungen schon starke Schwankungen zwischen der individuellen Prioritätenverteilung zu erkennen sind. Der Autor hat dadurch aber auch einen sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung gewagt und nicht bloß das nacherzählen lassen, was man grob mit der Artus-Sage in Verbindung bringt. Dies ist zwar ein Wagnis, aber wie sich herausstellt, auch ein sehr Erfolg versprechendes, weil es sich bewusst und bisweilen gar revolutionär von den vereinheitlichen Varianten dieses keltisch-christlichen Klassikers distanziert, ohne dabei die wichtigsten, wesentlichen Inhalte zu vernachlässigen.

Darüber hinaus muss man dem Team, das dieses Hörspiel eingespielt und produziert hat, ein großes Lob aussprechen. Es ist nämlich gar nicht mal so einfach, die Spannung der Dialoge über einen so langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, aber dies haben die Sprecher bzw. die Regisseurin tadellos umgesetzt, indem sie plötzlich neue Figuren in die Hauptrolle verfrachten und ihnen auch die hierzu erforderlichen Voraussetzungen geschaffen haben. Ich mag mich hierin wiederholen, aber mir ist es einfach wichtig, dass noch einmal herausgestellt wird, dass es sich nicht bloß um eine schlichte Nacherzählung, sondern um eine recht moderne Interpretation handelt, die dem angestaubten Thema deutlich neue Impulse verleiht und die ansonsten oft so angespannte Stimmung aufgrund der etwas lustigeren Darbietung spürbar auflockert.

Mit anderen Worten: „König Artus und die Ritter der Tafelrunde“ ist ein vollkommener, jugendlich gebliebener Hörgenuss mit erstklassig auftretenden Sprechern und einer superben Aufarbeitung des klassischen Themas. Gerade diejenigen, die eigentlich schon längst genug von Artus und der Tafelrunde zu Camelot haben, sollten sich einmal mit diesem Hörspiel beschäftigen, da es handlungstechnisch ganz anders als all das ist, was man von vornherein erwartet hätte. Und das ist dann auch nur einer von vielen Gründen, den mit 14,95 € (|amazon.de|: 11,95 €) auch noch erschwinglichen Preis in dieses herrlich aufgemachte Hörspiel (Digipak mit eingeklebtem Booklet und ausführlichen Linernotes zu den wichtigsten Sprechern) zu investieren. Das ist definitiv Camelot in neuer Frische!

http://www.hoerverlag.de/

Homer – Die Irrfahrten des Odysseus (Europa-Originale 7)

Besetzung

Erzähler – Hans Paetsch
Athene & Leukothea – Susanne Hartau
Odysseus – Benno Gellenbeck
Iphitas, Telemach & Poseidon – Konrad Halver
Eurylochos & Freier– Helmut Kolar
Zyklop – Rudolf Fenner
Hermes – Peter Folken
Circe & Chzarybdis – Dagmar Dorsten
Teiresias & Antinoos – Horst Fleck
Skylla & Penelope –Heike Kintzel
Nausikaa – Irmi Boden
Phäakenkönig – Heinz Fabian

Story

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Farelia Records – Flüche, Geister & Dämonen – Jäger der Finsternis (Erstes Blut)

_Story_

Eine interessante Ausschreibung in einer Zeitungsauslage erweckt das Interesse der beiden WG-Bewohner David und Paul. Gesucht werden hier zwei Mitspieler für ein Rollenspiel, welches an den Sommerwochenenden ausgetragen werden soll. Spontan antworten die beiden auf die Anzeige, denken sich aber nichts weiter mehr dabei. Daher sind sie auch ziemlich überrascht, als wenige Tage später tatsächlich ein Brief mit der Zusage ins Haus flattert und das Zweigespann zu einem ersten Treffen einlädt. Ein Treffen mit Folgen, denn bereits bei der ersten Zusammenkunft mit der außergewöhnlichen Rollenspiel-Vereinigung treffen David und Paul auf einige obskure Gestalten, und bevor sie sich versehen, müssen sie sich mittels ‚Pen & Paper‘ in einer dämonischen Welt voller Mysterien durchsetzen, sich gegen Vampire behaupten und unerwarteten Gefahren trotzen.

_Meine Meinung_

„Erstes Blut“ – der Titel deutet es schon an – ist der Auftakt einer neuen Serie des Independent-Projektes |Farelia Records| und liefert nach den Label-Debüts „Farelia? – Der betrogene Betrüger“ und „Flüche, Geister & Dämonen – Der Kontakt“ einen weiteren Einblick hinter die Kulissen eines wirklich sehr viel versprechenden, aufstrebenden Verlags. Es handelt sich hierbei zwar noch immer um eine Amateur-Produktion, aber immerhin auch um ein Hörspiel, welches abgesehen von den kleinen, zu Beginn noch tolerierbaren Schönheitsfehlern durchaus ernst zu nehmende Konkurrenz für die renommierten Hörspielreihen dieser Zeit darstellt.

Allerdings ist „Flüche, Geister & Dämonen“ etwas anders aufgebaut als die üblichen Horror-Hörspiele, wobei der Term Horror auch nur bedingt angebracht ist. Wie die Inhaltsangabe nämlich schon deutlich zeigt, stehen hinter dieser Reihe einige begeisterte Rollenspieler, die ihre diesbezüglichen Visionen nun schon zum zweiten Mal vertont haben und im Großen und Ganzen auch sehr stark auf die typischen Inhalte ihrer ‚Pen & Paper‘-Fantasywelt zurückgreifen. So werden zum Beispiel Gefechte mit verschiedenen Würfeln ausgetragen und Probleme nur selten aus dem Affekt heraus gelöst, sondern erst einmal diskutiert – sofern es die jeweilige Situation zulässt. Es ist also keine ’normale‘ Action-Geschichte mit stringentem Verlauf und durchschaubarem Aufbau, sondern schon eher etwas ganz Spezifisches, erschaffen von einem zielsicher ausgerichteten Produzententeam, aber durchaus tauglich für Leute, die sich im richtigen Leben kaum bis nie den fernen Welten einer Rollenspielgemeinde hingeben.

Davon mal abgesehen, ist „Erstes Blut“ aber auch nicht bloß zu dem Zweck gemacht worden, Rollenspiel-Fremdlinge von der Magie dieses Zeitvertreibs zu überzeugen. Es geht nämlich vorrangig immer noch darum, eine spannende Geschichte zu erzählen, die ganz klar auf den Strukturen eines klassischen solchen Spiels beruht, durch ihre tolle Atmosphäre aber nicht ausschließlich darauf beschränkt wird.

Im Gegenteil, das Team von |Farelia Records| hat es sehr gut hinbekommen, Realität (und diese findet ja vor Pauls und Davids Reise auch noch tatsächlich statt) und Fiktion zu vermischen, wobei die Trennlinie bewusst schmal ist. Nicht selten stellt sich einem die Frage, was nun real und was genau fiktiv ist, bzw. was zur Gedankenwelt der spielenden Protagonisten gehört und welcher Teil der Reise sich im jeweiligen Abschnitt auch wirklich in der Jetztzeit ereignet. Alleine hiervon geht auch ein großer Teil der Spannung aus, denn es kommt recht häufig vor, dass man Begebenheiten, die unmittelbar mit den Abenteurern in Verbindung stehen, unterschätzt und damit auch gar nicht so recht auf plötzliche Wandlungen und Wendungen vorbereitet ist. „Erstes Blut“ hat viele Momente, in denen es zu Überraschungen kommt, weil die oben genannte Trennlinie kaum wahrnehmbar ist.

Doch auch sonst ist die Geschichte relativ professionell umgesetzt worden, gerade was die Einbeziehung der verschiedenen Soundeffekte anbelangt. Schaurige Geräusche und düstere Musik untermalen die bisweilen auch recht gruselige Handlung und werden auch stets sehr passend eingesetzt. Man spart zwar nicht gerade mit solchen Effekten, überlädt die Geschichte aber auch nicht damit, und das ist ein weiterer Aspekt, den man (u.a. auch im Vergleich zu ähnlichen Hörspielen) positiv hervorheben muss.

Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann die manchmal etwas überambitioniert auftretenden Sprecher, die ihre Parts stellenweise ein bisschen zu akzentuiert erbringen. Manche Betonungen wirken ein wenig künstlich und sind der jeweilgen Situation nicht immer angepasst, wobei sich selbst dieser Punkt noch in einem angemessenen Rahmen hält und den Gesamteindruck wenn überhaupt nur leicht beeinflusst.

Letzterer ist dementsprechend auch ziemlich gut, weil |Farelia Records| mit „Erstes Blut“ (es gibt im Übrigen noch drei weitere Nachfolger) eine erfrischende, andersartige, spannende und rundum überzeugend umgesetzte Geschichte aufgelegt bzw. eingespielt haben und sich für ein Newcomer/Independent-Label absolut professionell präsentieren. Auf jeden Fall ist „Erstes Blut“ eine Story, auf der man für die Zukunft aufbauen kann.

http://www.farelia.de/

May, Karl – Winnetou I (Europa-Originale 9)

_Besetzung_

Old Shatterhand/Erzähler – Michael Poelchau
Sam Hwakins – Horst Beck
Rattler – Curt Timm
Klekih-Petra – Albert Johannes
Intschu-tschuna – Hans Paetsch
Tangua – Josef Dahmen
Winnetou – Konrad Halver
Nscho-tschi – Herma Koehn
Dick Stone – Hans Meinhardt
Will Parker – Rolf Jahncke
Anführer der Kiowas – Miachael Weckler
Santer – Peter Folken

Regie: Konrad Halver

_Story_

Bereits bei ihrem ersten Aufeinandertreffen sind sich Old Shatterhand und der Sohn des Apachen-Häuptlings Intschu-tschuna, Winnetou, nicht grün. Bei einem blutigen Gefecht kommt nämlich Winnetous Lehrer, Klekih-Petra, durch einen Schuss aus dem Gewehr eines Weißen ums Leben. Dennoch wünscht sich der Sterbende kurz vor seinem Tod, dass Old Shatterhand seine Rolle übernehmen wird. Winnetou ist von dieser Idee gar nicht begeistert. Als dann auch noch gegen die Abmachungen eine neue Eisenbahnstrecke durchs Apachengebiet gebaut werden soll, ist sich der indianische Krieger sicher, dass Old Shatterhand ein Feind seines Stammes ist. Doch nach und nach erweist sich der als Verräter beschimpfte Old Shatterhand als wahrer Freund und schlägt sich schließlich auf die Seite der Indianer. Dennoch kann er ein weiteres Blutbad, das Winnetous gesamte Familie erschüttert, nicht verhindern.

_Meine Meinung_

Ich kann mich gar nicht entsinnen, wie oft ich den zugehörigen Kinofilm in meiner Kindheit sah, aber ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich jedes Mal mitfieberte, als Old Shatterhand und Winnetou-Mime Pierre Brice sich langsam miteinander anfreundeten und später sogar Blutsbrüderschaft schlossen. Das gleichnamige Hörspiel zum ersten Teil der Winnetou-Saga fängt die angespannte Stimmung des TV-Ereignisses sehr gut auf. Es wird sicher nichts beschönigt, doch immer darauf geachtet, dass die im Grunde genommen schon sehr harte Geschichte durch die Aneinanderreihung moralischer Werte an den entsprechenden Stellen entschärft wird. Obwohl der Inhalt also (unter anderem durch die verschiedenen Todesfälle und Racheakte) nichts für sanfte Gemüter ist, handelt es sich auch beim im Original 1968 produzierten Hörspiel um sehr kurzweilige Unterhaltung, die für die gesamte Familie geeignet ist.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Hauptdarstellers Old Shatterhand, der sowohl seine Listen als auch sein Interesse für den Apachen-Stamm sehr detailliert schildert und den Leser permanent an seiner Abenteuerreise teilhaben lässt. Sprecher Michael Poechlau klingt dabei ziemlich hart und emotionslos, obwohl die Erzählung viele emotionale Passagen bereithält. Stellenweise sind die Dialoge sogar richtig trocken, ganz so, als wären die tragischen Ereignisse an der Seite der Apachen zwar von hohem Stellenwert, aber im Nachhinein nicht mehr diskussionswürdig. Nach dem Tod steht nur die Rache, und selbst die Trauerfeier für den zu Beginn ermordeten Klekih-Petra geht unter diesem Aspekt ein wenig unter. Erst zum Ende hin, als sich die Geschichte zu einem echten Drama entwickelt, werden die Emotionen lebendig und die Trauer der Lage entsprechend authentisch umgesetzt.

Die trockene Erzählweise ist allerdings auch der einzige Kritikpunkt, den man diesem Hörspiel anlasten kann. Bisweilen erscheint die Story dadurch ein wenig einspurig, was aber auch damit zusammenhängt, dass Erzählstimme und Hauptrolle von derselben Person übernommen werden. Für den Spannungsaufbau wirkt sich dies indes aber glücklicherweise nicht nachteilig aus. Gleich mehrere Höhepunkte leiten die Story ein, werden dann in ihrer Dramaturgie stetig gesteigert und enden in einem abrupten Cliffhanger, der – Karl-May-Leser wissen es – später im zweiten Teil der Trilogie münden wird. Apropos zweiter Teil, die Neuauflage bietet gleich beide Folgen des ursprünglich in zwei Etappen veröffentlichten Hörspiels und kommt auf satte 60 Minuten Spielzeit. Damit ist „Winnetou I“ die bislang umfangreichste Produktion dieser ersten Staffel – und sicherlich auch eine der besten. Trotz der etwas drögen Erzählstimme.

http://www.natuerlichvoneuropa.de/

Diverse – Robin Hood (Europa-Originale 20)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Robin Hood – Rudolf H. Herget
Graf Locksley – Herbert A. E. Böhme
Bruder Tuck – Horst Beck
Little John – Michael Weckler
Guy von Gispert – Christoph Rudolf
Wirtin – Katharina Brauren
Sheriff – Claus Wagener
Sänger Alan – Konrad Halver
Prinz Johann – Peter von Schultz
Richard Löwenherz – Edgar Maschmann

Regie: Heikedine Körting

_Story_

Während König Richard Löwenherz zu den Kreuzzügen ins Heilige Land aufgebrochen ist, häufen sich in seiner Heimat die Missstände. Der Sheriff von Nottingham hat das Zepter in die Hand genommen und sieht sich schon als künftigen König. Ohne jegliche Bestimmung regiert der normannische Anführer das Land und quält diejenigen Einwohner, die sich seinem Machtstreben widersetzen. Einer von ihnen ist der junge Robin von Loxley, der dem Sheriff zum ersten Mal „ins Auge sticht“, als er eine kleine Garnison seiner Männer im Wald überwältigt.

Kurzerhand wird der stolze Betrag von einhundert britischen Pfund auf Robins Kopf ausgesetzt, um dem Burschen sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch Robin ist flinker, so dass man stattdessen das Anwesen seines Vaters angreift, der dabei ums Leben kommt. Von diesem Punkt an schwört der junge Loxley Rache.

Im Sherwood Forest findet er neue Verbündete, mit denen er permanent die Schergen des Sheriffs beraubt, und wird so zum größten Erzfeind des inoffiziellen Machthabers. Ständig ist der mit Pfeil und Bogen bewaffnete, schmächtige Mann aus dem Wald den Häschern und Jägern seines Gegners einen Schritt voraus und bringt den gemeinen Sheriff dabei fast zur Weißglut. Doch werden Robin und seine Gefolgsleute den Normannen auch so lange standhalten können, bis der König von den Kreuzzügen zurückkehrt? Als dem berüchtigten Anführer der sächsischen Aufrührer die öffentliche Hinrichtung droht, sieht es nämlich gar nicht mehr so gut aus …

_Meine Meinung_

Die Geschichte von „Robin Hood“ ist eigentlich hinlänglich bekannt und wurde auch gleich mehrmals verfilmt. Die bekannteste Adaption ist sicherlich das Werk „Robin Hood – König der Diebe“ mit einem damals noch absolut überzeugenden Kevin Costner in der Hauptrolle. Aber auch im Trickfilmbereich ist der junge Bogenschütze aus dem Sherwood Forest längst kein Unbekannter mehr und begeistert schon seit mehreren Generationen ein junges Publikum.

Eine ganze Weile vorher gab es „Robin Hood“ auch schon als Hörspiel beim |Europa|-Verlag, genauer gesagt im Jahre 1971. Und genauso wie die vielen verschiedenen Fassungen dieser legendären Geschichte aus dem Großbritannien zu Zeiten der Kreuzzüge, so setzt auch dieses Hörspiel, welches unlängst in der Reihe „Europa – Die Originale“ neu aufgelegt wurde, andere Schwerpunkte. Vor allem die Vorgeschichte und Robins Ambitionen, als Hüter der Gerechtigkeit aufzutreten, werden hier etwas ausführlicher beleuchtet, jedoch auch anders dargestellt. Wird der junge Loxley an anderer Stelle selber noch als Ritter des Königs beschrieben, so wird er hier als vorlauter Jüngling, der noch unter der Obhut seines Vaters lebt, vorgestellt. Und Letztgenannter kommt dementsprechend auch noch zu Wort und empfiehlt seinem Sohn, sich schnellstens von seinem Anwesen zu entfernen, denn er ahnt schon, dass sein erster unfreundlicher Kontakt mit den Bekannten des Sheriffs schlimme Folgen haben wird.

Natürlich aber nimmt die Geschichte erst richtig Fahrt auf, als Robin sich nach dem Tod seines Vaters gemeinsam mit Bruder Tuc und Little John gegen den offensichtlichen Feind ihres geliebten Königs stellt und diesen mit vielen Verbündeten mehr als nur einmal ärgert. Selbst die gemeinen Meuchelmörder, die man auf ihn ansetzt, kann Robin problemlos überwältigen, und wenn er selber dann mal in die Bredouille gerät, helfen ihm seine Freunde aus dem Wald, die für ihren jungen Anführer stets ihr Leben lassen würden. Und so sorgt Loxley nicht nur im Sherwood Forest, sondern nach einiger Zeit schon in ganz England für Aufsehen – und wird nicht nur innerhalb der eigenen Landesgrenzen, sondern auch im Heiligen Land, wo sein König schon seit Jahren im Krieg steht, zur Legende.

Im Gegensatz zum Kinospektakel aus den Neunzigern, welches ja zu einem wesentlichen Teil auch auf den Action-Szenen beruhte, setzt das klassische Hörspiel in erster Linie auf Humor und zielt so vornehmlich auf ein jugendliches Publikum, bietet aber andererseits auch schöne Unterhaltung für die gesamte Familie – was sicherlich in dieser Form auch bezweckt war. Und das Ganze macht auch wirklich sehr viel Spaß, denn die Sprecher erledigen einen hervorragenden Job, die kurzen Musikstücke passen sich dem Geschehen wunderbar an und die Geschichte ist trotz einer Spielzeit von gerade einmal 35 Minuten wirklich sehr schön und spannend aufgebaut. Lediglich die für Hörspiele gar nicht so unübliche Tatsache, dass jede Aktion von den beistehenden Personen etwas aufgesetzt erstaunt beschrieben wird, sprich das nicht Sichtbare, jedoch Offensichtliche noch einmal großartig in Worte gekleidet wird, gerät etwas störend. Aber im Großen und Ganzen geht auch das in Ordnung.

Letztendlich wird der Klassiker seinem Status so auch vollends gerecht. Hinzukommt, dass die Hörspiel-Fassung einen sehr eigenständigen Ansatz verfolgt und viele Hintergründe dieser Geschichte, bewusst oder unbewusst, von einer anderen, sehr interessanten Seite beleuchtet. Insofern ist „Robin Hood“ auch ein würdiger Abschluss der zweiten Staffel von „Europa – Die Originale“ und auch in der Kürze der Zeit ein absolutes Hörvergnügen.

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Stanišic, Saša – Wie der Soldat das Grammofon repariert

Saša Stanišics bisherige literarische Karriere mutet ein wenig so an, als wäre sie selbst einem Roman entsprungen. Es war 1992, als der 1978 in Bosnien geborene Autor mit seiner Familie im deutschen Exil Zuflucht suchte. Seit 2001 schreibt und publiziert er deutschsprachige Texte und erreichte 2005 etwas, das für jemandem, für den Deutsch im Grunde immer noch eine Fremdsprache ist, umso beeindruckender erscheint: Er gewann den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. In diesem Jahr setzt er mit seinem Debütroman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ noch eins drauf, indem er es bis auf die Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2006 gebracht hat. Ist schon faszinierend, wie der junge Bosnier den Deutschen zeigt, was man mit deutschen Worten so Feines zaubern kann.

Um das Zaubern geht es gewissermaßen auch in besagtem Debütroman. Es ist sein Opa Slavko, der den jungen Aleksandar mit Zauberhut und Zauberstab ausstaffiert und ihm mit auf den Weg gibt, dass Erfindung und Fantasie die wichtigsten Gaben sind, die der Mensch hat. Aleksandar soll sich die Welt schöner denken, als sie ist – ein Ratschlag, den Aleksandar schon bald zu beherzigen weiß.

Opa Slavko segnet kurz darauf das Zeitliche und auf Aleksandars Heimat kommen große Veränderungen zu. In Jugoslawien bricht der Krieg aus. Die Schrecken des Krieges, Ängste und Verluste dominieren das Leben und Aleksandar ist in der Tat gut damit beraten, sich die Welt schöner zu denken, als sie ist. Aleksandars Heimatstadt Višegrad fällt, seine Familie flieht und Aleksandar verliert in der Hektik des Aufbruchs das Mädchen Asija aus den Augen, mit dem er erst vor kurzem Freundschaft geschlossen hatte.

Aleksandar wird mit seiner Familie in Deutschland heimisch, doch stets hält Aleksandar die Erinnerungen an die Heimat und die große Familie wach. Er schreibt von Begebenheiten in der Familie und Kuriositäten seiner Heimat. Zehn Jahre nach der Flucht bucht der mittlerweile erwachsene Aleksandar endlich einen Flug nach Sarajevo, um zu sehen, was aus Familie und Heimat geworden ist und ob er Asija endlich wieder findet …

„Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ist unterm Strich im Grunde eine literarische Bewältigung des Balkankrieges. Es gibt schon auf den ersten Blick auffällig viele Parallelen zwischen Autor und Protagonist; so gesehen kann man die Geschichte sicherlich auch als persönliche und autobiographische Aufarbeitung des Themas sehen. Genau wie seine Hauptfigur Aleksandar ist auch Saša Stanišic im bosnischen Višegrad geboren und beiden gemein ist sicherlich auch die Vorliebe, Erinnerungen und kuriose Geschichten schriftlich festzuhalten.

Obwohl Stanišic kein Muttersprachler ist, geht er mit der deutschen Sprache absolut souverän um. Er hat eine verschmitzte Art, seine Geschichte zu erzählen, legt eine gewisse Poesie in seine Worte und unterstreicht seine Geschichte mit Ironie und Wortwitz. Dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist, merkt man ihm beileibe nicht an, und das ist schon durchaus beachtlich und zeigt, wie intensiv Stanišic sich mit der deutschen Sprache auseinander gesetzt haben muss.

Stanišic schafft es mit seinen Worten, die Geschichte und die Figuren wirklich lebendig werden zu lassen und gerade auch die Hörspielproduktion des Bayerischen Rundfunks unterstreicht diese Lebhaftigkeit ganz wunderbar. Die Stimmen passen ganz fantastisch zu den Figuren. Man sieht sie förmlich vor sich – Opa Slavko, wie er Maß nimmt für Aleksandars Zauberhut, Tante Taifun, die beim Familiefest in hektischer Aufregung umherwirbelt, und selbst als Aleksandar beim Angeln Zwiesprache mit der Drina hält, die durch Višegrad fließt, wirkt das Ganze so wunderbar plastisch, dass es einem nicht eine Sekunde lang komisch vorkommt, dass sich ein Junge mit einem Fluss unterhält.

„Wie der Soldat das Grammofon repariert“ vereint enorm viele menschliche Gefühle in sich und wirkt wie ein Stück Leben auf CD gebannt. Die Unbeschwertheit der Kindheit, die Geborgenheit der Familie, die mit der sich verändernden Stimmung im Land erste Risse bekommt. Die Unbegreiflichkeit und Unbeschreiblichkeit der Kriegsgräuel, die Sehnsucht nach Frieden und Heimat, die Ängste von Flucht und Zerstörung, die Tragik wie auch die Komik, die all den kleinen alltäglichen Dingen innewohnt – „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ist ein schillerndes Kaleidoskop menschlicher Gefühle.

Ganz nebenbei sensibilisiert Stanišic den Leser bzw. Hörer für das, was Anfang der 90er im ehemaligen Jugoslawien geschah – ein unbeschreiblich brutaler Krieg mitten in Europa. Und so stimmt „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ in jedem Fall auch nachdenklich. Die Hörspielproduktion, die unter der Regie von Leonhard Koppelmann entstand, fängt (nicht zuletzt dank der gelungenen musikalischen Untermalung) diese Stimmungen und Gefühle ein, macht sie dem Leser zugänglich und das Buch damit zu einem echten Erlebnis.

Unterm Strich ist Saša Stanišic mit „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ein in jeder Hinsicht lobenswerter Debütroman geglückt. Sprachlich fantastisch, wunderbar bildhaft und voller großer Gefühle, weckt auch die gleichnamige Hörspielproduktion vielfältige Gefühle. Tragisch und komisch zugleich präsentiert sich Stanišics Geschichte als ein Stück manifestierte Zeitgeschichte um Familie, Krieg und alltägliche Kuriositäten.

Man kann das Werk eigentlich nur jedem ans Herz legen. Als Buch dürfte „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ schon für sich genommen ein wunderbar melancholischer Genuss sein. Das 78-minütige Hörspiel füllt die Geschichte obendrein auf wunderbare Weise mit Leben.

Der gleichnamige Roman erschien im |Luchterhand Literaturverlag|:
[luchterhand-literaturverlag.de]http://www.randomhouse.de/luchterhand/
[randomhouseaudio.de]http://www.randomhouse.de/randomhouseaudio/

Beecher-Stowe, Harriet – Onkel Toms Hütte (Europa-Originale 4)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
John Shelby – Franz-Joseph Steffens
Chloe – Uta Höpfner
Sam – Harald Pages
Mr. Haley – Andreas von der Meden
Mr. Shelby – Helmut Kolar
Mrs. Shelby – Imme Froh
Evangeline St. Claire – Regine Lamster
Mr. St. Claire – Horst Stark
Mr. Legree – Heinz Harm

_Story_

Vor 150 Jahren war es in den amerikanischen Südstaaten noch Usus, dass die weißen Großgrundbesitzer zur Bearbeitung ihrer Plantagen schwarze Sklaven hielten. So auch der besonnene Mr. Shelby, einer der wenigen dieser Leute, der seine Sklaven auch tatsächlich als Menschen betrachtet und ihnen innerhalb ihres Aufgabenbereichs einzelne Freiheiten gewährt.

In seinem Besitz befindet sich auch der gutmütige Tom, ein fleißiger und beliebter Schwarzer, der mit seiner Familie sogar eine eigene Hütte auf Shelbys Anwesen bewohnt. Dort lebte er trotz seiner Fessel mit sich und seiner Welt in Frieden, zumal er seinen Glauben auf der Farm in vollen Zügen ausleben konnte. Eines Tages jedoch bleibt Shelby keine Wahl, als ‚Onkel Tom‘, so der Rufname des Sklaven, für eine hohe Summe zu verkaufen. Ein Sklavenhändler macht ihm ein Angebot, das man einfach nicht ausschlagen kann, und sucht alsbald einen neuen Besitzer für seinen neuen Schützling.

Während einer Schiffsfahrt lernt Tom die junge Evangeline St. Claire kennen, freundet sich mit dem jungen Mädchen an und wird schließlich von ihrem Vater in den Dienst genommen. Glücklich über seine neue Anstellung, erwirbt sich Tom sehr schnell erneut einen sehr guten Ruf und lebt nicht nur als Sklave, sondern auch als Freund der Familie St. Claire.

Dann jedoch beginnt das Drama: Das kleine Mädchen wird todkrank, und Tom und die Familie müssen hilflos mit ansehen, wie die junge Eva in den Himmel auffährt. Ihr letzter Wunsch ist, dass Tom nach ihrem Tod ein freies Leben führen darf. Doch als Mr. St. Claire nach dieser Tragödie die Formalitäten für Toms Freiheit in die Wege leiten möchte, folgt auch schon der nächste bewegende Schicksalsschlag, der den gutmütigen Neger wieder meilenweit zurückwirft.

_Meine Meinung_

„Onkel Toms Hütte“ ist eine der dramatischsten Sagen der gesamten Literaturgeschichte; ein liebevolles Märchen über Glaube, Liebe und Hoffnung, das jedoch bei jedem ‚wunderbaren‘ Entwicklungsschritt von noch schlimmeren Ungerechtigkeiten überschattet wird.

Dabei werden die düsteren Rahmenbedingungen weitaus positiver dargestellt, als sie eigentlich sind bzw. waren. Die Sklaverei wird als die normalste Sache der Welt hingestellt, als Fakt, den es nicht anzuzweifeln gilt. Gut, man muss berücksichtigen, dass es sich hier vorrangig um eine Geschichte für das jüngere Publikum handelt, weswegen eine detailliertere Auseinandersetzung nicht zweckmäßig wäre, aber es ist im Grunde genommen schon erschreckend, wie selbstverständlich dieses finstere Kapitel der amerikanischen Geschichte hingenommen wird. Aber das ist keine Kritik am Hörspiel, sondern vielmehr eine generelle Kritik am leichtfertigen Umgang mit der strikten Rassentrennung, die in „Onkel Toms Hütte“ erst zum Ende hin ins Abseits gerät und indirekt scharf verurteilt wird.

Jenseits dieser Problematik ist die Geschichte wirklich ein wunderbares Märchen, aber auch ein sehr trauriges, das einem besonders in den letzten Sequenzen sehr nahe geht. Erst der Tod des armen kranken Mädchens, dann das ungerechte Schicksal von Onkel Tom und schließlich noch all die Niederträchtigkeiten, die der Mann über sich ergehen lassen muss. Stellenweise ist es echt hart, was hier geschieht, bisweilen sogar fast brutal, was aber Teil der Dramaturgie der Handlung ist.

Der Umgang mit den Sklaven, zunächst noch als menschlich und rücksichtsvoll beschrieben, entwickelt sich zu einem bewegenden Drama bis hin zum Gipfel der Ungerechtigkeit. Ausgerechnet der gutherzige, immerzu liebevolle Tom wird permanent zum Opfer, obwohl er sein Leben lang dankbar und zuverlässig geschuftet und sich wirklich alles gefallen lassen hat. Ähnlich sieht es mit der Geschichte der kleinen Eva aus; ein so lebendiger Charakter, voller Liebe und Zuversicht und außerdem schon so erwachsen, und plötzlich befindet sie sich im aussichtslosen Kampf gegen den Tod.

Auch wenn es eine sehr moralische, lehrreiche Story ist – sie ist kein leichter Stoff, aber deswegen noch umso schöner. Sie beschreibt in kurzen, aber sehr eindrucksvollen Zügen all das Leid und den Frevel sowie die Unbarmherzigkeiten, denen die schwarze Bevölkerung vor anderthalb Jahrhunderten ausgesetzt war, dies sicher in entschärfter Fassung, aber grundsätzlich doch schonungslos hart.

Das Hörspiel aus der „Europa-Originale“-Reihe fängt die bedrückte Stimmung ein, die im Gegensatz zu Onkel Toms fröhlicher Ausstrahlung einen enormen Kontrast aufwirft, den man erst einmal gar nicht begreifen will. Doch Tom ist ein tiefgläubiger Mensch, der die Hoffnung nie verliert, seine gesamte Familie mit dieser Laune ansteckt und somit sein Leben meistert – bis hin zum traurigen Tod, dem Sinnbild für das ungerechte Leben dieses einzigartigen Menschen.

Das Original, aufgenommen im Jahre 1972, ist basierend auf dieser wechselhaften Atmosphäre auch ein echter Ohrenschmaus, der gekonnt all die tiefgreifenden Emotionen der Geschichte beeindruckend widerspiegelt. Die Sprecher, allen voran Franz-Joseph Steffens, der mit seiner rauen Stimme die Rolle des gutmütigen Brummbärs absolut souverän ausfüllt, erledigen einen prima Job und spielen ihre Rollen nicht nur lebhaft, sondern auch der betrübten Handlung entsprechend sehr authentisch aus. Es wird gelacht und geweint, geschimpft und geliebt, aufgegeben und gehofft, und jedes Mal wissen die Stimmen dieses Hörspiels, wie sie ihren Part auszufüllen haben. Selbst die vermeintlichen Fieslinge geben der Erzählung die erforderliche Herzlosigkeit und machen „Onkel Toms Hütte“ zu einem weiteren, absolut hörenswerten Vertreter dieser ’neu‘ gestarteten Reihe.

Oder um es anders zu sagen: Das Hörspiel setzt genau das um, was man von einer Klassiker-Adaption erwarten darf. Trotz der anfänglichen Zweifel ob des Umgangs mit dem Thema Sklavenhaltung kann ich „Onkel Toms Hütte“ aus dem Hause |Europa| daher auch nur dringend weiterempfehlen.

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Niemann, Sebastian (Regie) / Alexander-Burgh, Eberhard (Buchautor) – Hui Buh – Hörspiel zum Film

Seit dem weltweiten Kinoerfolg der Bully-Produktion „Der Schuh des Manitu“ drehen die Medien immer völlig durch, wenn sich ein weiteres Comedy-Megaereignis anbahnt bzw. Herr Herbig wieder in einer solchen Produktion seine Finger im Spiel hat. Nach „Traumschiff Surprise“, der zweiten gefeierten Klamauk-Stafette des beliebten Entertainers, folgt nun drei Jahre später der nächste Film mit Bullys Beteiligung, und wieder ist der Rummel unheimlich groß. Dieses Mal hat man sich jedoch nicht an die Adaption eines cineastischen Kassenschlagers herangewagt, sondern stattdessen die beliebte Hörspiel-Reihe „Hui Buh“ mit einem frechen Kinostreifen bedacht. Parallel zum immer noch sehr angesagten Film erscheint über Hui Buhs Hauslabel |Europa| auch das zugehörige Hörspiel, womit sich der Kreis wiederum schließt.

_Story_

Hui Buh führt auf Schloss Burgeck ein herrliches Leben. Ungestört spukt er innerhalb der märchenhaften Gemäuer, wenn er nicht gerade seinen einzigen Weggefährten, den alten Kastellan, mit seinen Künsten beeindrucken will. Allerdings ist Hui Buh über sein Leben dennoch nicht sonderlich glücklich; zwar ist das Schlossgespenst das einzige seiner Art mit der Lizenz zum Spuken, aber aus unerfindlichen Gründen sind seine Aktionen bislang noch nie gruselig gewesen. Auch wenn der Kastellan sich Mühe gibt, sich von den zahlreichen Manövern des Geistes beeindruckt zu zeigen, erschrocken hat er sich in seiner gesamten Laufbahn als Königsdiener von Burgeck noch nicht.

Als eines Tages König Julius der 111. auf Burgeck auftaucht, ergibt sich für Hui Buh eine neue Chance, endlich doch noch seine Talente unter Beweis zu stellen, zumal das Gespenst überhaupt keine Sympathien für den Monarchen übrig hat. Dieser plant die Verlobung mit der liebreizenden Gräfin Leonora von Etepetete, und das schon bald, doch ausgerechnet das Schlossgespenst macht ihm hier einen Strich durch die Rechnung. Quasi als Racheakt verbrennt Julius die Lizenz seines neuen Feindes, ist sich allerdings nicht bewusst, was er damit anrichtet. Der unheimliche Daalor erscheint nämlich auf Burgeck und bedroht alle Bewohner des Schlosses. Nur mit vereinten Kräften kann es Hui Buh und Julius gelingen, den bösen Kontrahenten abzuwehren. Doch hierzu müssen sie erst einmal ihre Feindseligkeiten dem jeweils anderen gegenüber ablegen …

_Meine Meinung_

Bei der Betrachtung der Schauspieler, die an diesem modernen Märchen Anteil haben, kann man eigentlich schon davon ausgehen, dass die Kinofassung von „Hui Buh“ ein echter Knaller ist. Christoph Maria Herbst, Bully Herbig, Heike Makatsch und nicht zuletzt der mittlerweile verstorbene Hans Clarin haben sich bemüht, dem gruseligen Spaß ihren Stempel aufzudrücken, sind dabei aber leider (zumindest partiell) gescheitert. Nennen wir das grundlegende Problem direkt zu Beginn: „Hui Buh“ ist einfach nicht so lustig, wie man es eigentlich erwartet hätte. Hier ein flotter Spruch, dort ein paar fallende Gegenstände und der leider viel zu klischeegetriebene Aufguss einer „Gut vs. Böse“-Handlung sind die hauptsächlichen Merkmale des düsteren Familienkinos und enttäuschen die sehr hohen Erwartungen dann doch enorm.

Für meinen Geschmack liegt dies vor allem an der fehlenden Harmonie unter den Protagonisten. Damit meine ich jetzt nicht, dass die Schauspieler beim Dreh keinen Spaß hatten, das hatten sie nämlich ganz sicher, sondern eher, dass die Besetzung in dieser Form nicht so recht funktioniert. Zu viele starke Charaktere säumen das Bild, und jeder fordert seine Daseinsberechtigung. So ist die Produktion zum einen sehr stark auf Bully Herbig in der Doppelrolle Balduin/Hui Buh zugeschnitten, will aber auch dem trockenen Humor von Christoph Maria Herbst und dem kessen Auftreten einer Heike Makatsch gerecht werden. Und außerdem sind da ja auch noch Rick Kavanian und die Legende Hans Clarin, die ebenfalls Aufmerksamkeit für sich beanspruchen. Und leider Gottes funktioniert das nicht, wobei ich Herrn Herbst auch für eine Fehlbesetzung halte. Vielleicht sehe ich das zu engstirnig, aber für diesen Schauspieler sind derbe Rollen wie die des Büromiesmachers Stromberg tausendmal besser geeignet als die des jugendlichen Spaßmachers.

Nun, auf jeden Fall hat mich der Film schon im Kino nicht überzeugt, zum einen, weil die Story selbst für die vorgesehene Zielgruppe zu durchsichtig ist, und zum anderen, weil der Geist (nomen est omen) der bekannten Hörspiel-Serie hier in groben Zügen verfälscht wurde. Von der seltsamen Darstellung des Gespenstes mal ganz zu schweigen …

Damit wären wir beim Hörspiel angelangt, bei dem es sich um eine leicht gekürzte Fassung des Films handelt. Der Unterschied besteht hier weitestgehend darin, dass sämtliche Nebenschauplätze der Geschichte entfernt wurden, so zum Beispiel die bildliche Situationskomik oder die für die Entwicklung des Plots eher zweitrangigen Dialoge. Die Handlung wurde in 68 Minuten auf den Punkt gebracht, und dies von dem wunderbaren Erzähler Andreas Fröhlich (z. B. Dialogregie beim „Herr der Ringe“ und dort die Stimme von |Gollum| sowie |Bob Andrews| in „Die drei ???“), der seine Aufgabe hier entgegen des allgemeinen Gesamteindrucks wirklich fantastisch löst.

Ansonsten: Eine durchschnittliche Geschichte kann man kaum dadurch aufwerten, dass man sie kürzt, und da man im Film zumindest noch mal lachen durfte, wenn Hui Buh in alberner Manier durchs Bild huschte, gehen auch noch die wenigen wirklich guten Lacher verloren. Zurück bleibt lediglich eine sehr künstlich aufgebauschte, nicht allzu spektakuläre Geschichte, die auch von den großen Namen nicht gerettet werden kann. Gerade im Hinblick auf Bullys letzten beiden Leinwand-Volltreffer ist dies hier eine einzige Enttäuschung, bei der ich mir selbst beim ganz jungen Publikum vorstellen kann, dass sie nicht wirklich ankommt.

Schade drum, denn das Hörspiel ist an sich gut aufgemacht, enthält ein paar kurze Hintergrundinfos zu den einzelnen Figuren und fängt zumindest die Atmosphäre prima auf. Aber ebenso wenig wie Hui Buh zu spuken vermag, haut der Inhalt einen um. Weder im Kino noch auf dem silbernen Datenträger.

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Rafik Schami – Märchen aus Malula

„Märchen aus Malula“ ist eine Auswahl von sechs Erzählungen, die seit vielen Generationen in Rafik Schamis Heimatdorf Malula in Syrien erzählt werden. Wenngleich sie auch inhaltlich sehr unterschiedlich sein mögen, verbindet alle sechs Märchen eine ähnliche moralische Botschaft. Auf verschiedenste Weise beschäftigen sich die Erzählungen mit den Vorstellungen von Gerechtigkeit und von Respekt und Dankbarkeit gegenüber Mitmenschen.

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Dark, Jason – John Sinclair – Der Todesnebel (Folge 36)

_Story_

In der Nähe eines kleinen Küstendorfes schwebt ein seltsamer Nebel übers Meer, der vor allem den älteren Bewohnern große Angst einjagt. Der junge Phil muss als Erster erfahren, wie begründet diese Ängste sind, als er nach einer Irrfahrt auf seinem Boot ‚verändert‘ zurückkehrt und beim Aufeinandertreffen mit seiner Familie in London ein Blutbad anrichtet. Gerade noch rechtzeitig kann Sinclair einschreiten und zumindest die Mutter des Jungen retten, wohingegen der erst 13-jährige Phil in der Gestalt eines Mumien-ähnlichen Dämons von Sinclair tödlich verletzt wird.

Währenddessen geht Phils Onkel der Sache auf den Grund und steuert mit einem befreundeten Schiffsmann mitten in den Nebel hinein. Bei ihrer Rückkehr scheint alles normal zu sein, so dass beide sich vor den wartenden Bewohnern noch über die angeblichen finsteren Mächte hinter dem Nebel lustig machen. Doch die beruhigten Leute werden schnell eines Besseren belehrt, als Billy und Gard im Dorf Amok laufen und beim Versuch, den Pfarrer und die religiösen Symbole des Dorfes zu vernichten, ebenfalls nur noch vom herbeigereisten Sinclair aufgehalten werden können. Doch selbst der Geisterjäger weiß keinen Rat, muss aber schnell handeln, denn der Nebel steuert direkt auf das Dörfchen zu, und wie grausam sich sein Kontakt auswirkt, haben mittlerweile viele leibhaftig bezeugen können …

_Meine Meinung_

Die jüngste Veröffentlichung aus der „John Sinclair“-Hörspielserie ist im Hinblick auf die prickelnd gruselige Atmosphäre eines der absoluten Highlights aus dem bisherigen Audio-Katalog des Geisterjägers. Alleine der Handlungsschauplatz birgt schon genügend Potenzial für eine weitere schaurige Geschichte, und dies haben die Sprecher von „Der Todesnebel“ unter der Anleitung von Oliver Döring nicht nur verinnerlicht, sondern diesbezüglich auch einen erstklassigen, würdigen Transfer geleistet.

Zudem verfolgt man in Episode 36 mal wieder einige frische Ansätze, was schon damit beginnt, dass der neue Gegner des Geisterjägers erst einmal unscheinbar und vor allem auch undurchschaubar ist. Sinclair ist sich nicht sicher, wie er die aktuelle Bedrohung definieren soll, denn ihm ist nicht bekannt, ob die dichte Nebeldecke von einer höheren Macht befohlen wird oder ob es sich hier um eine neue, eigenständige teuflische Erscheinung handelt, die alle bislang bekannten Charakteristika der dämonischen Geschöpfe außer Kraft setzt. Lediglich eines ist sicher, und das ist die Gefahr, die inmitten des Nebels lauert. Menschen verändern sich nach direktem Kontakt, und keiner kann sagen, was genau passiert, wenn man von der diesigen Luft festgehalten wird. Sinclair bieten sich auch keine Möglichkeiten, dies herauszufinden, weil alle Betroffenen ihr Verhalten derart krass modifiziert haben, dass ihr wahres Ich zur Unkenntlichkeit entstellt wurde.

Eine harte Nuss für unseren Geisterjäger, und ein unheimlich spannendes Hörspiel für seine Fangemeinde. So lautet schon einmal vorab das Resümee nach dieser wiederum recht langen Erzählung. Der Regisseur scheint wirklich sehr bemüht, die Saga mittels frischer Zutaten lebendig zu halten, ohne dabei auf altbewährte Elemente zu verzichten, und dies ist ihm hier auch fabelhaft gelungen. Abgesehen von den ermittelnden Hauptdarstellern ist in „Der Todesnebel“ nämlich so ziemlich alles neu; die Gegner, Sinclairs Handeln, das der Story bisweilen sogar die Ausstrahlung eines Action-Thrillers verleiht, sowie der recht unkonventionelle Kampf gegen den bedrohlichen Nebel, der innerhalb eines Gotteshauses geplant und durchgeführt wird. Dass dabei auch der ziemlich häufig eingeworfene Humor nicht Fehl am Platze ist, spricht weiterhin für den starken Plot, in dem neben kurzzeitigen Cliffhangern auch stets Platz für einen lockeren, ja sogar witzigen Spruch bleibt. Meist sogar aus dem Munde des Geisterjägers selbst.

Und weil man sich des hohen Potenzials des neuesten Hörspiels absolut bewusst ist, macht man auch schon relativ frühzeitig deutlich, dass diese Geschichte nur der Anfang eines neuen gespenstischen Zeitalters ist, und dass auch die nachfolgenden Hörspiele unmittelbar an die Story von „Der Todesnebel“ anknüpfen werden. Inwieweit dies der Fall sein wird, bleibt abzuwarten, doch um hier Genaueres zu sagen, müsste ich an dieser Stelle schon auf das Ende der aktuellen Geschichte vorgreifen, und das wäre ja nicht fair. Feststeht nur eines: Die Nr. 36 ist eine der abwechslungsreichsten und damit auch besten Folgen von „John Sinclair“ und gehört folgerichtig auch an eine der vordersten Stellen jeder Geisterjäger-Sammlung. Wehe, hier meckert noch einmal jemand über die jüngsten Veröffentlichungen dieser Serie!

http://www.sinclairhoerspiele.de

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Finn, Thomas – Greifenopfer, Das (Das Schwarze Auge; Hörbuch 3)

_Story_

Während die Stadt Lowangen noch immer an den Folgen des verlorenen Krieges gegen die Orks leidet, kehrt einer ihrer bekanntesten Söhne nach langer Abstinenz zurück in ihren Schoß und gibt vor, dort das Erbe seines Vaters anzutreten. Doch der lange Zeit verschollene und bereits tot geglaubte Greifwin hegt in Wirklichkeit ganz andere Pläne. Beruhend auf einer Vision seines Gottes Phex sucht er den magischen Sternenstaub, dessen Aufenthaltsort von den vier Gemälden, auf denen die Jahreszeiten in Lowangen portraitiert sind, geheim gehalten wird.

Der Erste, der die unehrenhaften Beweggründe des Rückkehrers durchleuchtet, ist der berüchtigte Magister Elcarna von der Akademie der Verformung. Er kann nicht glauben, dass es sich bei der plötzlich aufgetauchten Person tatsächlich um Greifwin Svellbach handelt, und setzt seine Schülerin, die Halbelfin Maya, auf den Burschen an.

Und Elcarna hat allen Grund zur Besorgnis, denn Greifwin ist inzwischen bereits aktiv geworden und hat einzelne Bilder der Lowanger Jahreszeiten in seinen Besitz gebracht. Tatsächlich treffen Maya und ihr alter Freund Greifwin aufeinander und geraten dabei in einen folgeschweren Konflikt. Doch die Halbelfin registriert recht schnell, dass Greifwin keine bösen Ziele verfolgt, und stürzt sich an seiner Seite mitten in ein Abenteuer …

_Meine Meinung_

Mit „Das Greifenopfer“ wagt der |Horchposten|-Verlag einen großen Schritt nach vorne, denn mit dem dritten Teil der Hörbücher aus der DSA-Reihe ist der Umfang der vertonten Geschichte um ein Vielfaches gewachsen. Waren es bei „Der Göttergleiche“ noch eine bzw. beim ebenfalls von Thomas Finn geschriebenen „Das Auge des Morgens“ zwei CDs, wurde die aktuelle Erzählung über ganze sechs Silberlinge verteilt und wird dazu auch noch von zwei Sprechern dargeboten. Neben dem bereits bekannten Axel Ludwig kommt nun noch die sehr flexible weibliche Stimme von Sabine Brandauer hinzu, die nebst den musikalischen Einlagen für willkommene Abwechslung sorgt. So bewegt sich die gesamte Darbietung auch ein wenig von den klassischen Mustern des Hörbuchs hinfort und bekommt durch den recht häufigen Wechsel einen sehr lebendigen Charakter, der mir persönlich auch auf Anhieb lieber ist als die ‚gewöhnliche‘ Erzählung.

Entgegen der überwiegend negativen Meinungen hat man für dieses Hörbuch auch die genau richtige Geschichte ausgewählt. Angefangen beim Humor über die rätselhaften Ereignisse um das Verhalten des ‚Diebs‘ Greifwin bis hin zum großen Abenteuer, das der zurückgekehrte Jüngling gemeinsam mit der Halbelfin Maya besteht, wird hier Spannung pur geboten, zumal die Geschichte sich beinahe permanent in andere Richtungen entwickelt und trotz der stets hohen Transparenz kaum durchschaubar ist. Die Charaktere sind dabei teils nicht neu; Greifwin zum Beispiel kennen wir schon aus anderen Erzählungen von Thomas Finn, und sein Charakter wird in „Das Greifenopfer“ auch konsequent weiterentwickelt. Warum also kritische Worte für diese Story?

Nun, Angriffsfläche bietet „Das Greifenopfer“ eigentlich nur beim etwas behäbigen Anfang, an dem die Handlung nicht so richtig in die Gänge kommen will. Kurze Startschwierigkeiten ergeben sich vor allem daraus, dass zu Beginn keine klare Linie gefahren und erst nach einigem Geplänkel deutlich wird, wohin sich das Ganze bewegen wird. Dann aber, ungefähr zur Mitte der ersten CD, steigert sich das Ganze in gehörigem Tempo, weil man mit den Eigenschaften und Motivationen der Hauptdarsteller vertraut ist, erste Sympathien entwickelt hat und dabei lernt, mit den ‚Richtigen‘ mitzufiebern.

Die Umsetzung ist allerdings auch wirklich klasse; jegliche Befürchtung, das Ganze wäre aufgrund der Steigerung des Gesamtumfangs zu langatmig geraten, wird durch die vielen kleinen Details der Handlung ausgeschlagen. Alleine mit der Analyse der verschiedenen Charaktere kann man ganze Episoden verbringen, da sich (besonders auf Greifwin bezogen) mit jedem Schritt der Gesamteindruck wandelt und man lernen muss, die daraus resultierenden Situationen einzuschätzen. So zum Beispiel beim Diebstahl der Gemälde, der ja nicht aus purer Willkür geschieht.

Im hinteren Drittel nimmt der Plot dann noch ein weiteres Mal an Fahrt auf; die Geschehnisse überschlagen sich und das Team Ludwig/Brandauer läuft zur Hochform auf, so dass die 450 Minuten wie im Flug vergehen. Dies kann man übrigens auch der tollen Erzählatmosphäre anlasten, denn bei „Das Greifenopfer“ wird man zu keiner Sekunde in das alte Hörbuch-Dilemma verfallen, dass man nach kurzem gedanklichen Aussetzer ein ganzes Kapitel von Neuem starten muss. Die beiden Stimmen fesseln einen an die Boxen und die Effekte tun ihr Übriges dazu, mit dem Resultat des besten bisherigen Hörbuchs aus dieser Serie.

Während ich dies schreibe, liegt auch schon die nächste „Das Schwarze Auge“-Vertonung auf dem Schreibtisch bereit; der |Horchposten|-Verlag hat Blut geleckt, sicher auch beflügelt durch die gute Arbeit bei der Umsetzung der drei bis dato eingespielten Hörbücher. Allerdings hat man die Messlatte mit „Das Greifenopfer“ schon sehr hoch abgesteckt, weshalb es nicht gerade leicht ist, den Leser/Hörer/Rollenspiel-Fanatiker ein weiteres Mal so gekonnt aus der Reserve zu locken wie im hier rezensierten Beispiel. Aber weil sich die Macher bis dato mit jeder neuen Folge weiter haben steigern können, habe ich diesbezüglich keine Bedenken. Hört also nicht auf die unbegründete Kritik an anderer Stelle, sondern verschafft euch selber einen passenden Eindruck von diesem fabelhaften Ohrenschmaus.

http://www.horchposten-verlag.de/

Jules Verne – In 80 Tagen um die Welt (Europa-Originale 1)

_Besetzung_

Lord Fogg – Hans Daniel
Passepartout – Joachim Wolff
Detektiv Fix – Werner Cartano
Mr Stuart – Andreas von der Meden
Mr Sullivan – Peter Kirchberger
Mr Ralph – Wolfgang Kaven
Kellner – Christian Mey
Elefantenführer – K. Das Gupta
Aonda – Karin Lieneweg
Proctor – Fritz Piper
Schaffner/Indien – Volker Bogdan
Schaffner/Amerika – Johann Schramm
Sprecher – Lutz Mackensy

_Story_

Phileas Fogg ist Mitglied in einem berühmten Londoner Gentlemen-Club, dessen Mitglieder jeweils große Stücke auf sich halten. So auch Fogg, der mit seiner Behauptung, es sei möglich, in 80 Tagen um die Welt zu reisen, für Aufruhr sorgt. Die einen halten dies für schlichtweg nicht durchführbar, die anderen halten Fogg für einen Aufschneider, der als Außenseiter lediglich ins Gerede kommen will.

Um den Lord auf die Probe zu stellen, fordert man den Beweis – und das lässt sich Phileas nicht zweimal sagen. Gemeinsam mit seinem Angestellten Passepartout bricht er mit den verschiedensten Verkehrsmitteln auf und landet alsbald im gefährlichen Indien, wo er bereits schwere Prüfungen bestehen wird. Ihm gelingt es dabei, die einheimische Aonda vor dem Opfertod zu bewahren und behält sie als Gefährtin für die weitere Reise bei sich.

Stets dicht gefolgt vom unscheinbaren Detektiv Fix bahnt sich Fogg einen beschwerlichen Weg nach Amerika und ist kurz vor dem Ablegen in die britische Heimat immer noch innerhalb seines Zeitplans unterwegs. Doch dann verpasst er sein Anschlussschiff nach Liverpool und gerät nach all den Gefahren ein weiteres Mal in die Bredouille. Nur noch unkonventionelle Mittel können dem optimistischen Fogg und seinem Team nun weiterhelfen, die auf 20.000 britische Pfund dotierte Wette zu gewinnen.

_Meine Meinung_

Mit „In 80 Tagen um die Welt“ begann im letzten Jahr eine ganz besondere Serie aus dem Hause |Europa|. Das populäre Hörspiel-Label hat einige ausgewählte Geschichten aus der fernen Vergangenheit – wir sprechen hier über einen Zeitraum, der die gesamten Siebziger umfasst – erneut hervorgekramt und dabei ausschließlich vertonte Klassiker der Weltliteratur verwendet. Die dabei entstandene Sammlung hat es bislang auf 30 Folgen gebracht, und immer noch ist ein Ende der Neuveröffentlichungen der alten Originale nicht in Sicht. Gut so.

Und besser als mit diesem weltberühmten Stück aus der Feder von Jules Verne hätte man das Ganze auch nicht einleiten können, schließlich wird hier schon wiedergegeben, worum es prinzipiell in allen Episoden dieser Reihe geht. Ganz oberflächlich betrachtet sind es Dinge wie Spaß, Spannung, Emotionen und Dramaturgie, die bis hin zur Tragödie reicht. Von Tragik kann aber bei „In 80 Tagen um die Welt“ nicht die Rede sein, denn hierbei handelt es sich zweifelsohne um eine der humorvollsten, kurzweiligsten, aber inhaltlich auch bekanntesten Storys der gesamten Reihe. Bereits mehrfach verfilmt, zuletzt noch mit Martial-Arts-Ikone Jackie Chan, aber auch schon mit dem ehemaligen James Bond, Pierce Brosnan, hat sich der Plot in den letzten Jahren eigentlich in jeder Generation manifestiert, weshalb man auch große Erwartungen an das gleichnamige Hörspiel haben darf.

Diese werden dann auch größtenteils erfüllt, sieht man mal davon ab, dass es sich trotz der verhältnismäßig langen Spielzeit um eine recht knappe Adaption des umfassenderen Inhalts handelt. Schade ist nämlich, dass man auf lediglich zwei Stationen der 80-tägigen Reise Lord Foggs konzentrierter eingeht und somit auch vieles vernachlässigt, was in den Filmen bzw. in der literarischen Originalvorlage für das bunte Gesamtbild gesorgt hat. Der Spannung tut das zwar Gott sei Dank keinen Abbruch, aber erwähnt werden sollte es schon.

Andererseits musste man bei der Vorbereitung des Hörspiels ganz andere Gesichtspunkte berücksichtigen. Schließlich sollte das Ganze schon recht kompakt sein und auf einen Höhepunkt hinauslaufen, und dieser ist in beiden Fällen das Ende der Reise, bei dem das Einhalten der Frist bis zuletzt auf der Kippe steht. Darauf läuft die von Regisseurin Heikedine Körtling inszenierte Erzählung dann auch hinaus; die Momente vor dem Ende des 80. Tags, die Intrigen, die Fix bis zum Schluss spinnt, die Spannung innerhalb des Clubs – das sind die wesentlichen Fakten, die im Hörspiel bedient werden, und eben nicht die große Reise an sich. Dass dabei der Humor nicht selten im Vordergrund steht, ist der Fortentwicklung der Handlung zudem noch sehr zuträglich, was man vor allem dem glänzend agierenden Hauptdarsteller, gespielt von Hans Daniel, sowie dem stets unsicheren Passepartout, gesprochen von Joachim Wolff, zu verdanken hat. Sie alleine erfüllen das bereits zigfach abgehandelte Epos mit neuem Leben und sorgen dafür, dass der Auftakt dieser neuen Reihe alter Originale vollends geglückt ist. Auch nach genau 30 Jahren hat dieses Hörspiel noch keinen Staub angesetzt und bietet nach wie vor kurzweilige Unterhaltung für sämtliche Altersklassen.

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