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Kendall, Paul / Lewis, Dave – Led Zeppelin – Talking

Dieses Buch besteht ausschließlich aus Zitaten und Fotos. Zu wenig? Kommt darauf an, für wen.

Der Titel kommt einem schon wie ein Widerspruch in sich vor: |Led Zeppelin| redet? Auf einmal? Wer die diversen Biografien der Band gelesen hat, weiß ja schließlich, dass die Band, die Jimmy Page 1967/68 auf die Beine stellte, zunächst Hohn und Spott, dann Unverständnis, schließlich blanke Ablehnung erntete, und zwar nicht nur bei den gestrengen Herren Kritikern – etwa beim Branchenfachblatt |Rolling Stone| -, sondern sogar bei Kollegen. (Ab Seite 101 setzen sich die Bandmitglieder mit der Presse auseinander.)

Und wer die fabelhafte Doppel-DVD von 2003 gesehen hat, der weiß auch, dass sich die Fernsehauftritte der Band sehr in Grenzen hielten – und zwar nicht nur wegen des zuweilen seltsamen Ambientes, sondern vor allem wegen des äußerst mangelhaften Sounds, den die Fernsehtechniker zustande brachten und den Page regelmäßig kritisierte (vgl. Booklet zur DVD). Infolgedessen verlegten sich die führenden Köpfe der Band – Page, Plant und Manager Grant – auf Live-Auftritte in den USA, wo man sie bereits frühzeitig feierte, als sie die beiden Fillmore-Klubs an Ost- und Westküste mit ihrer Musik begeisterten.

Die USA-Tourneen waren denn auch die größten kommerziellen Erfolge der Band in ihrer rund 13-jährigen Geschichte. Dokumentiert sind ihre Auftritte am besten auf den beiden einzigen Live-Alben „The Song remains the same“ (Filmsoundtrack, 1976) und „How the West was won“ (2003). Die zweite Doppel-DVD weiß einen exzellenten Sound vorzuweisen. Die Fernsehmedien verglichen sie mit den |Beatles| – und lagen damit um Lichtjahre hinter der Entwicklung zurück.

Die Bandmitglieder, so weiß auch Autor Dave Lewis zu erzählen, redeten praktisch nur mit Fans, über die sie Bescheid wussten. Das ist auch auf der DVD dokumentiert. Dort erzählt Plant sogar etwas über ihr kommendes Mega-Album „Physical Graffiti“ (1975), das unter der Musikkritik als eines der besten, wenn nicht sogar als das beste Rockalbum der Siebziger gilt. |Led Zep| redete – okay, aber nur mit den richtigen Leuten.

_Die Autoren_

Das Buch enthält keinerlei Angaben darüber, wer denn die Autoren sind und mit welcher Glaubwürdigkeit sie die gesammelten Zitate publizieren. Das finde ich ziemlich suspekt. Nicht einmal im „Vorwort“, das Dave Lewis im September 2003 schrieb, finden sich entsprechende Information. Es werden eine Menge Behauptungen über die Band aufgestellt, aber mit welcher Berechtigung? Wenigstens wird nicht aus der Pseudo-Biografie „Hammer of the Gods“ von Richard Cole zitiert. Das ist ja schon mal ein Fortschritt.

_Die Band_

Vocals and harmonica: Robert Plant
Acoustic and electric guitars: Jimmy Page
Bass guitar, keyboards, mandolin: John Paul Jones
Drums and percussion: John Bonham (gest. 1980)
Der 5. Zeppelin: Manager Peter Grant

_Die Inhalte_

Die folgenden ausgewählten Kapitelüberschriften verraten eine zunächst chronologische Ordnung des Materials, das wie gesagt ausschließlich aus Zitaten und Fotos besteht.

„Die frühen Jahre“ – „The Yardbirds“ – „Wie Led Zeppelin entstand“ – „Die Alben“ – „Die Solo-Jahre“- „Led Zeppelin Remastered“ – “ Led Zeppelin Reunited“ – „Coda“.

Man sieht also, dass der Schwerpunkt ziemlich eindeutig auf den Anfängen und den späten Jahren der Band-Mitglieder liegt. Rein an der Masse gemessen, sind die Zitate aus der Anfangszeit in der Überzahl, verdientermaßen, denn hier kann selbst der eingefleischte Fan noch etwas Neues finden. Jedes der Mitglieder – also auch Grant – erzählt, wie er jeweils zur Musik, zum Blues & Rock sowie schließlich zu |Led Zeppelin| gestoßen war. Mit Ausnahme von Jones hatten ja schließlich alle bereits Engagements in einer eigenen Band. Als Page die Band gründete, wurde sie auf ihrer ersten Tournee sogar als „The New Yardbirds“ angekündigt, sozusagen als Fortsetzung einer bekannten Band. Diese verwickelten Anfänge sind sehr interessant – aber wohl nur für den Fan.

Über die Alben wissen die Mitglieder nur wenig zu sagen, was doch ein wenig erstaunt. Immerhin erfährt man, unter welchen kuriosen oder stressigen Umständen die Platten zustande kamen. Singles wollte Page nicht, und er weigerte sich sogar strikt, den Megahit „Stairway to Heaven“ als Single zu veröffentlichen. Diese Strategie zahlte sich in hohen Albumverkaufszahlen aus. Außerdem fiel der ganze Promo-Zirkus bei den Radiosendern weg und man konnte sich auf Tourneen konzentrieren. Zitate zu „In through the Outdoor“ fehlen leider. Worte zu „Coda“, einem Aufräum-Album, fallen nur ein- oder zweimal.

Dass Plant eine wachsende Abneigung, ja sogar Aversion gegen den Song „Stairway to Heaven“ entwickelte, dürfte wohl bekannt sein. Hier erklärt er auch – ein wenig – wie es dazu kam. Insgesamt war ich etwas enttäuscht, nicht mehr über die einzelnen Songs zu erfahren. Immerhin gibt es ein aufschlussreiches Plant-Zitat (Plant schrieb die meisten Original-Lyrics) zu „Ten Years gone“ (1975). Er beschrieb eine Frau, in die er zehn Jahre zuvor verschossen war, doch sie stellte ihn vor die Wahl zwischen ihr und seinen Fans. „Dabei hatte ich überhaupt keine Fans.“

Das Kapitel Groupies wird sehr kurz unter den Überschriften „Lifestyle“ und „Ansichten“ abgehandelt. „In Texas gibt es die reichsten Groupies der Welt. Einige Groupies sind unserem Privatjet [einer umgebauten Boeing 727] in ihrem eigenen Privatjet gefolgt“, weiß Jimmy Page.

Auf diesen Tourneen kam es bekanntlich zu einigen Eskapaden, für die |Led Zep| schon bald berüchtigt wurde. Aber wenn man den Herrschaften glaubt, sind daran vor allem die Roadies schuld. Wie auch immer: Aus dem Fenster fliegendes Mobiliar und demolierte Hotelzimmer waren offenbar harmlose Begleiterscheinungen. Etwas verschärfter waren wohl die Streiche, die sie den Stubenmädchen (|room service|) spielten. Dazu gehörte offenbar auch ein Kleiderschrank voll kleiner Haifische… Nix Genaues wird hier nicht verraten.

Und so sieht sich der Leser – mal wieder – auf die vorhandenen Biografien verwiesen. Hier stößt man aber unweigerlich auf den Namen des von |Led Zep| geächteten Tournee-Managers Richard Cole. Seine zusammen mit R. Trubo verfasste Biografie „Led Zeppelin – Stairway to Heaven“ ist 1995 bei |Heyne| (01/9433) erschienen; das Original erschien 1993. Die Storys, die Cole dort zum Besten gibt (neben zahlreichen Privatfotos), sind sehr unterhaltsam. Auch die Story vom Raub im |Madison Square Garden| findet sich dort (S. 278): Der Band wurden sämtliche Einnahmen des Auftrittes in New York City gestohlen, rund 203.000 Dollar.

Die Versuche, die Band, die sich nach dem Tode des Schlagzeugers aufgelöst hatte, wiederzuvereinigen, waren zahlreich. Eine Menge Zitate in den Abschlusskapiteln beschäftigen sich damit. Es drängt sich einem der Eindruck auf, dass zwar Page und Jones der Idee sehr aufgeschlossen gegenüberstanden (von den Fans ganz zu schweigen), aber Plant hier der große Spielverderber war. Nach einer Episode „Page & Plant“, die gerade mal für zwei Alben und einige Tournee-Auftritte gut war (immerhin), gingen die beiden führenden Köpfe wieder getrennte Wege. Zukunft ungewiss, so lautet das Fazit. Wahrscheinlich will Plant nie wieder in die Verlegenheit kommen, „Stairway to Heaven“ singen zu müssen.

|Die Fotos|

Alle Fotos sind von exzellenter Qualität. Das verdient eine besondere Erwähnung, denn wie oft hat man schon Amateurfotos wie die von Herrn Cole gesehen, die mal nebenher bei einem Konzert vom Bühnenrand geschossen worden waren? Und die sind immerhin schon locker dreißig Jahre alt.

Wenn es also definitiv einen Pluspunkt in diesem Buch gibt, dann sind es diese Fotos. Und sie zeigen auch nicht irgendwelche Nebenfiguren, sondern ausschließlich die fünf Bandmitglieder. Einen Abstrich muss man dabei in Kauf nehmen: Sie liegen fast alle in Schwarzweiß vor. Nur im hinteren Drittel findet sich eine kurze Strecke mit sieben (darunter einem doppelseitigen) Farbfotos, die sich ebenfalls durch hohe Qualität auszeichnen. Mehrere Motive dürften dabei die Band bei ihrem legendären Auftritt im |Madison Square Garden| in New York City (1973) zeigen. Zwei Motive zeigen Plant, als er noch „Percy“, der Mann mit dem ritterlichen Schnurr- und Kinnbart, war. Das dürfte vor 1972 gewesen sein.

_Unterm Strich_

„Led Zeppelin Talking“ ist eine wertvolle Ergänzung im Dokumentenarchiv eines eingefleischten Fans. Denn dies muss man bereits sein, um die Zitate einordnen und bewerten zu können. Jemand, der die Band und ihre Umgebung nicht kennt, kann damit wohl herzlich wenig anfangen.

Ein Beispiel: Jimmy Page wurde in der englischen Presse mit okkulten Machenschaften (sprich: Satanismus) in Zusammenhang gebracht, denn nicht nur hatte er ein Anwesen gekauft, das dem Okkultisten Aleister Crowley gehört hatte, sondern er hatte das vierte Album der Band mit mystischen Zeichen verzieren lassen. Sein ausführliches Zitat zu diesen Vorgängen, das immerhin fast eine ganze Seite einnimmt, ist deshalb für einen Insider von hoher Signifikanz, wenn nicht sogar Brisanz. Einem Uneingeweihten dürfte es sich dabei lediglich um eine lokal aufgehängte Anekdote handeln. So unterschiedlich können also die Bewertungen ausfallen.

|Tipps:|

Dem Einsteiger helfen weder eine Chronologie noch eine Diskografie, die sich im Buch sehr gut gemacht hätten. Offenbar werden diese Kenntnisse vorausgesetzt. Dazu gibt es exzellente Bücher, auf die ich hinweisen möchte.

Chris Welch: „Led Zeppelin. Dazed and confused – The stories behind every song“ (ISBN [3-283-00359-9)]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3283003599/powermetalde-21
Cross/Flannigan/Preston: „Led Zeppelin. Heaven and hell – an illustrated history“ (ISBN 0-517-58308-9)

Die beiden (teuren) Bücher bieten auch dem Einsteiger zahlreiche wertvolle Informationen zur Geschichte der Band und vor allem ihrer Musik, die weiterhin lebendig nachwirkt und auf neue Musikergenerationen Einfluss ausübt (darauf gehen das Unterkapitel „New Wave“ ab S. 99 sowie Zitate ab S. 118 ein).

_Fazit_

Das vorliegende Buch bildet offenkundig den ernsthaft und ästhetisch gut gestalteten Versuch, die Band gebührend zu würdigen. Dabei bildet es aber von seinem Inhalt her das Sahnehäubchen im Archiv des bereits eingefleischten Led-Zep-Fans. Und das zu einem vertretbaren Preis.

Henke, James – John Lennon. Die Legende

_Lennon forever: Kultfigur in Zeit-Dokumenten_

Die erste derartige Biografie war Elvis, einer anderen Musikerlegende, gewidmet. Der Elvis-Band hat mich einigermaßen beeindruckt. Auch diesmal ist das so, obwohl Lennon ein Musiker ganz anderen Kalibers ist: Er ist auch ein Künstler und ein Vordenker für eine Generation gewesen. Das kann man von den wenigsten Rock-’n‘-Rollern behaupten.

_Der Autor_

James Henke ist Chefkurator und Ausstellungsleiter am |Rock and Roll Hall of Fame and Museum| in Cleveland, Ohio. Ehe er zur Hall of Fame kam, arbeitete er mehr als 15 Jahre lang als Redakteur und Autor beim „Rolling Stone“-Magazin.

Henke ist Autor der Bücher „The Rock Pack“ und „Human Rights Now!“. Er ist Mitherausgeber von „The Rolling Stone Illustrated History of Rock and Roll“, von „The Rolling Stone Album Guide“ sowie von „I want to take you higher: The psychedelic era, 1965-1969“.

_Inhalte: Das Buch_

Das Prinzip ist natürlich das gleiche wie beim Elvis-Buch: eine Biografie. Aber warum kostet das Buch dann 50 Euro?, mag man sich fragen. Es gibt zwei Zutaten, die keine andere Lennon-Biografie vorweisen kann: erstens die CD (siehe den Abschnitt unten) und zweitens die Reproduktionen von Zeitdokumenten. Diese sind der eigentliche Witz an der Geschichte.

Was man unter einem „Zeitdokument“ verstehen soll, darüber streiten sich die Geister. Daher lässt sich das Gemeinte am besten mit Beispielen erklären. Das allererste Dokument, das man (nach der CD) zu sehen bekommt, ist eine eingeklebte Tüte, in der sich eine Reproduktion von Lennons Song „In my life“ (1965) befindet. Der Text ist signiert, wobei das Initial-L doppelt durchgestrichen ist, um ein Pfund-Zeichen zu signalisieren, ergo: Lennon = money! Die Beatles hatten den Zenit ihres Erfolgs erreicht, den Höhepunkt der Beatlemania. Daher verblüfft dieser sehr persönliche Song doch einigermaßen – ein guter Einstieg in die biografischen Hintergründe, die im Folgenden ausgebreitet werden. Ich setzte die Lennon-Biografie als bekannt voraus. (Sonst würde dieser Text nämlich so lang wie ein Buch werden.) Wer’s gern genauer haben möchte, kann sich bei [wikipedia]http://de.wikipedia.org/wiki/John__Lennon schlau machen.

Zu den anderen (extrem begehrten) Dokumenten zählen

– Eine Lennon-Zeichnung von 1952
– Ein Tagebucheintrag von 1950
– Ein Zeugnis von 1955/56 (sieht übel aus!)
– Eine Visitenkarte von Lennons erster Rock-’n‘-Roll- und Skiffle-Band „The Quarry Men“
– Ein Programmheft zu einem Auftritt besagter Steinbrucharbeiter im August 1957
– Der Konzertvertrag der „Silver Beetles“ (sic!) von 1960
– Eine Eintrittskarte für ein „Beatles“-Konzert im Carn Club 1964

Von da an kann man sich schon denken, was kommt: Sammelbildchen (zum Teil mit Lennons hinterlistigen Bemerkungen), Eintrittskarten und weitere Star-Reliquien. Aber niemand muss sich Sorgen machen, dass deswegen das Buch auseinanderfallen könnte: Die Bindung ist ziemlich flexibel und stark, und außerdem steckt der großformatige Band in einem stabilen Karton-Schuber. Auch dessen Rücken macht im Regal einiges her.

1964 veröffentlichte Lennon sein erstes Solo-Buch: „In seiner eigenen Schreibe“ (In his own write). 1966 begann Lennon an den Beatles zu (ver)zweifeln: War „HELP!“ schon ein Hilferuf, so hörten nun die Live-Konzerte auf, die zu Brüllereignissen entartet waren, in denen Teenies kreischten, was das Zeug hielt. Lennon spielte in einem bitteren Antikriegsfilm mit, der auch prompt in der ersten Ausgabe des berühmten Fachblattes „Rolling Stone“ vom 9.11.67 (tolles Faksimile!) gewürdigt wurde.

Hinzu kam 1966 Lennons geradezu historische Begegnung mit Yoko Ono, eine unabhängige Frau, obendrein Künstlerin und zudem Ausländerin! Lennon hätte sich kaum eine größere Herausforderung suchen können, aber Ono bestimmte fortan sein Leben. Doch vorerst kamen 1967 Sgt. Pepper und der Maharishi (Faksimile des Textes von „Lucy in the Sky with Diamonds“). Auf einem der Fotos sind auch der Liedermacher (und Popidol) Donovan und – ja, tatsächlich – Mia Farrow, die spätere Gattin von Woody Allen, zu sehen.

Der Drogen-Tod von Manager Brian Epstein scheint den Anfang vom Ende der Beatles bedeutet zu haben, doch sie machten weiter, bis 1970. Doch 1967 war Lennon schon „besessen“ von Yoko Ono, denn er erhielt von ihr ungewöhnliche Briefe mit eindeutigen Aufforderungen. (Keine Angst: Die wurden nicht reproduziert!) Von 1967 bis 1971 beteiligte er sich an ihren Aktionen, z. B. gegen den Krieg. Ein Xmas-Gruß von John und Yoko ist eingesteckt.

Parallel dazu produzierte er wie Yoko konkrete Performance-Kunst, wovon aber nur das Wenigste wiedergegeben ist. Witzig ist vielleicht die Tasche („bag production“ heißt es in „Come together“) für das Projekt „Nutopia“, eine Aktion zur Gründung eines imaginären Staates, der den Idealen aus „Imagine“ (Faksimile des Textes) gerecht werden sollte. Folge: die Tasche ist nur ein Taschentuch, und das ist vollkommen weiß (wie das Klavier).

Mitte der 70er Jahre ist Lennon in erster Linie Hausmann und Vater für seinen zweiten Sohn Sean. Nach „Walls and Bridges“ folgte also eine lange Pause, bis 1980 das phänomenale Album „Double Fantasy“ erschien, das mit Songs wie „Starting over“ (Faksimile) und „Jealous Guy“ zu beeindrucken weiß.

1984 erschien ein posthumes Album namens „Milk and Honey“, das unter der Regie von Yoko Ono produziert wurde und einige bewegende Songs von beiden enthält. Sie stellten sich vor, sie könnten eine Reinkarnation des viktorianischen Künstlerpaares Elizabeth und Robert Browning sein. 1986 erschien mit „Menlove Avenue“ ein weiteres posthumes Album, 1998 die 4-CD-Sammlung „John Lennon Anthology“.

_Inhalte 2: Die Audio-CD_

Die beigelegte CD von 65 Minuten Länge enthält drei längere Interviews mit Lennon und Ono: von 1972 und 1974 sowie eines von 1980, das kurz vor Lennons Ermordung aufgenommen wurde. Lennon erzählt 1972 mitunter von recht persönlichen Themen wie etwa seiner vaterlosen Kindheit in Liverpool, seiner Ehe mit Ono, seiner Karriere mit The Beatles, über musikalische Einflüsse und den Durchbruch.

1974 sind die Themen schon etwas andere: Lennon hat gerade „Walls and Bridges“ veröffentlicht und gibt seine Eindrücke von New York City wieder. Außerdem kabbelt er sich offenbar mit den Ex-Beatles und der Plattenindustrie.

1980 ist das letzte Studioalbum „Double Fantasy“ gerade erschienen, als er Dave Sholin am 8.12. im Dakota-Gebäude ein Interview gewährt. Es ist sein Todestag. Lennen lässt sich über seine Zeit, die Kunst, Politik und Frauen im Allgemeinen aus, philosophiert über positives Denken und die 80er Jahre. Wenn er sie nur erlebt hätte!

Der Auftritt 1972 in der „Mike Douglas Show“ lieferte auch den Live-Mitschnitt einer Performance von „Imagine“. Diese Aufnahme ist als Track 16 auf der CD. Da ist nicht nur das Piano zu hören, sondern die komplette Begleitung: eine schöne Aufnahme.

Die Aufnahmequalität ist nicht gerade Dolby Digital mit Surroundeffekten, also sollte man nichts Welterschütterndes erwarten. Wenn man kein Englisch versteht, macht das auch nichts: Alle Texte sind übersetzt im beiliegenden Booklet von 32 Seiten Umfang nachzulesen!

_Unterm Strich_

Ich habe keinen Zweifel: Eine Biografie wie diese lässt den Künstler und Menschen John W. Lennon weitaus lebendiger werden als jede konventionelle Biografie, die es draußen auf dem Markt gibt. Sicher, es mögen die besonders kritischen Töne gegenüber dem Musiker fehlen, aber Kritik wird auch nicht unterdrückt. Ohnehin ist dieses Buch wohl eher etwas für Fans, die schon einiges über Lennon und sein Universum wissen und gesammelt haben. Sie können sich ihr Teil ohne Mühe dazu denken.

Wer Lennon noch nicht so gut kennt, dem wird das Buch eine authentischere Lebenswelt öffnen als so manches „Star-Album“, komplett mit Kinderzeichnungen und allem. Hervorragend finde ich, dass der Künstler Lennon endlich mal zu seinem Recht kommt, nicht wie sonst nur der Musiker. Auf der CD ist in den Interviews auch der Philosoph zu hören – eine allzu selten zu hörende Stimme im allgemeinen Beatles-Wahn. „In his own words“ – das ist genau der richtige Titel dafür.

Fazit: Wer es sich leisten kann, wird den Kauf dieser Biografie nicht bereuen.

|Originaltitel: Lennon Legend: An Illustrated Life of John Lennon, 2003
Aus dem US-Englischen übersetzt von Christian Kennerknecht|

Boltendahl, Chris – Koch, Holger mit Schöwe, Andreas – Grave Digger – Die definitive Biografie

Macht eine Autobiographie im Falle einer Band wie GRAVE DIGGER wirklich Sinn, bzw. gibt es überhaupt einen Absatzmarkt hierfür? Eine Frage, die ich mir vor dem Lesen dieses Buches noch nicht eindeutig beantworten konnte. Doch allerspätestens zum Ende dieser ungewohnten Veröffentlichung wurde mir klar, dass die Geschichte von GRAVE DIGGER, so wie sie hier dargestellt wird, mit Sicherheit einige Käufer verdient hat, die nicht zum treuen Anhängerstamm der Band gehört.

Doch beginnen wir von vorne:
Die Erzählung beginnt kurz vor der Bandgründung 1980 und beschreibt die Einflüsse, die Mastermind Chris Boltendahl dazu bewegt haben, selber aktiv Musik zu machen. Ein wenig selbstironisch werden die ersten Gehversuche dargestellt, um anschließend über diversen Proberaumkrach in der Heimatstadt Gladbeck zu ersten Achtungserfolgen in Form der Teilnahme am „Rock For Hell“-Sampler zu führen.
Chris erzählt immer wieder von seinem Traum, ein Metal-Gott zu werden, nur wird dieses Wort im weiteren Verlauf der Geschichte stark überstrapaziert und ist der einzige harsche (weil nervige) Kritikpunkt. Dieser Traum scheint sich dann mit dem ersten Plattenvertrag bei Noise Records zu erfüllen, wo man dann 1984 das heute als Kultalbum geltende „Heavy Metal Breakdown“ veröffentlicht. Gerade der Aufnahmeprozess wird ausführlich belichtet und ein besonderes Augenmerk wurde den zahlreichen Alkoholexzessen gewidmet, die der Band und vor allem Chris selber so einige Probleme einhandelten.
GRAVE DIGGER steigern sich Mitte der Achtziger trotz stetiger Besetzungswechsel immer weiter zu einem der bekanntesten deutschen Szenevertreter, woran die Tourneen mit HELLOWEEN (damals noch als Vorband!) auch einen maßgeblichen Anteil hatten. Der anschließende Abstieg im Zuge des etwas kommerzieller ausgefallenen „War Games“ bis hin zum totalen Exitus bei der Namensänderung und dem damit verbundenenen „Stronger Than Ever“ wird ebenfalls angeschnitten und auch aus heutiger distanzierter Sicht als absoluten Fehler eingestanden. Besonders gut gefällt die Tatsache, dass Herr Boltendahl in den stets eingeworfenen Zitaten im Haupttext auch mit sich selbst des öfteren hart ins Gericht geht und sich nicht in pure Selbstdarstellung ergibt.

Im zweiten Teil beschreiben die Autoren dann das Comeback zu Beginn der Neunziger, welches der Band wesentlich größeren Erfolg einbringen konnte, aber auch weitere Probleme nicht außenvor ließ. Boltendahl geht dabei gerade bei den Querelen mit Tomi Göttlich und Uwe Lulis, die nach internen Meinungsverschiedenheiten die Band verlassen mussten, nicht zu sehr ins Detail und betont, er möchte „keine schmutzige Wäsche waschen“.
Für Fans viel wichtiger ist jedoch der langsam voranschreitende Aufstieg zurück an die Spitze, der über die Comeback-Platte „The Reaper“ sowie „Heart Of Darkness“ und die Mittelalter-Trilogie dahinführte, wo GRAVE DIGGER heute, meiner Meinung nach verdientermaßen, stehen.
Wichtig dafür war die professionelle Einstellung der Musiker, die im Falle Boltendahl sogar zur totalen Entsagung jeglicher bewusstseinsstimulierender Mittelchen führte, die zwar in der Vergangenheit den Party-Drang steigerten aber andererseits auch viel kaputt gemacht hatten.

Die Print-Form der GRAVE-DIGGER-Biographie ist ein absolut lesenswertes Buch, das durch einen recht simpel gehaltenen, leicht verständlichen Schreibstil einen direkten Einstieg erleichtert und so die wahre Geschichte einer Kapelle offenbart, die über den exzessiven Rock`n`Roll-Lifestyle mitsamt allen Fehlern zu einer Gruppe aus professionell agierenden Musikern herangereift ist. Der Wechsel zwischen erzählter Form und eingeworfenen Direktberichten von Sänger Chris Boltendahl stellt viele Situationen sehr klar dar. Der Humor bleibt auch nicht auf der Strecke, wovon zahlreiche Anekdoten (man stelle sich nur mal den Frontmann beim Betteln auf einem japanischen Flughafen vor) zeugen, die immer wieder den rein faktischen Teil auflockern, so dass es gar nicht erst zu langweiligen Passagen kommt. Ergänzt wird der Text zudem noch von CD-Kritiken aus dem Rock Hard zu der jeweiligen Zeit (und das, obwohl Andreas Schöwe vom Metal Hammer, der vermeintlichen Konkurrenz, dieses Buch lektoriert hat) und teilweise lustig dahergekommenen Photos aus älteren Dekaden.

Wer sich jetzt noch immer nix darunter vorstellen kann, dem möchte ich zum Schluss noch den Beipacktext auf dem Buchrücken nahebringen, in dem der „Reaper“ sehr gut erläutert, wovon diese Biographie handelt:
„Dieses Buch soll unseren Fans zeigen, was wir waren, woher wir gekommen sind, welchen Weg wir gegangen sind, wie wir auf- und abgestiegen, auf die Schnauze gefallen sind, verarscht und bejubelt, beschissen und hochgelobt wurden und wie wir dabei immer versucht haben, wie Metal-Götter zu leben, aber Menschen zu bleiben. Das Buch enthält lustige und traurige, träumerische und wirkliche Geschichten über die Band und mein Leben mit ihr.“
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Tedman, Ray (Hg.) – A Tribute to Led Zeppelin – Fotografien

_Neuer Led-Zep-Fotoband: Geldmacherei oder Perle?_

Nach dem Mega-Erfolg der fabelhaft gelungenen Live-DVD aus dem Jahr 2003 hat sich um die Hard-Rock- und Heavy-Metal-Band |Led Zeppelin| geradezu eine Medien-Industrie entwickelt, und das zusätzlich zu der bereits vorhandenen Literatur von Fans, Journalisten, „Managern“ und Musikologen. Angesichts der Flut von Veröffentlichungen muss der Musikinteressierte die Rip-offs von den Perlen unterscheiden lernen. Ob „A Tribute to Led Zeppelin“ die Geschichte der Band in Fotos von 1968 bis heute, eine Perle ist, die man sich für knapp 30 Euronen zulegen sollte, muss sich erst noch zeigen.

Hinweis: Diese Rezension liefert nicht die Geschichte dieser Band, sondern setzt sie als bekannt voraus. Wer alles über |Led Zeppelin| sucht, stößt im Internet auf reiche Jagdgründe. Es gibt kaum noch etwas, was über LZ nicht bekannt wäre. Auf |Buchwurm.info| erfährt man mehr über die Band in den folgenden Rezensionen:

[„Led Zeppelin – Talking“ 434
[„Whole lotta Led – Unsere Reise mit Led Zeppelin“ 2855

_Der Herausgeber_

Ray Tedman ist der Herausgeber dieses Bildbandes. Das bedeutet, dass er nicht für sich in Anspruch nimmt, hochgeistige Beiträge abzuliefern und tiefschürfende Untersuchungsergebnisse zum Besten zu geben. Obwohl er es nicht sagt, bestand seine Aufgabe darin, einfach nur die Begleittexte zu den Fotos schreiben.

Die Begleittexte immerhin basieren auf gesicherten Informationen vom zuverlässigsten Bandbegleiter namens Dave Lewis. Was Tedman also über die Laufbahn der Band und ihrer Mitglieder schreibt, ist also nah an der Wahrheit, wenn auch bei weitem nicht die ganze Wahrheit. Für den Rest gibt es andere Bücher.

Hauptsache also, die Fotos sind gut. Diese stammen von Rex Features, einer „unabhängigen britischen Presseagentur für Fotografie“ (www.rexfeatures.com). Sie beliefert seit 1954 über 30 Ländern mit Fotomaterial zu Medienereignissen. Ihr Bildarchiv ist dementsprechend umfassend, insbesondere zu allen Exponenten der Rockmusik.

Der Zeitraum, der von den in diesem Band präsentierten Fotos abgedeckt wird, reicht von 1964 bis November 2006, also 42 Jahre.

Die BAND |Led Zeppelin| (1968-1980):

Jimmy Page: Gitarren
Robert Plant: Gesang, Mundharmonika
John Bonham: Drums, Percussion
John Paul Jones: Keyboards, Bass

Im Dezember 2007 traten |Led Zeppelin| mit Jason Bonham, John Bonhams Sohn, als Drummer in London auf. Die Tickets kosteten hunderte von britischen Pfund, und nur 20.000 Glückliche konnten bei diesem Wohltätigkeitskonzert live dabei sein. Das spricht Bände für die anhaltende Attraktivität dieser Gruppe.

_Inhalte_

|A) Der Text|

Ray Tedmans Begleittexte zeichnen in zwölf Kapiteln die gesamte Geschichte |Led Zeppelins| nach, von der kuriosen Entstehung als |The New Yardbirds| (Herbst 1968) bis zu ihrem jähen Ende 1980, das durch den Tod des Drummers John Bonham herbeigeführt wurde. In einem Zusatzkapitel erfahren dann noch mehr über die Wege, welche die übrigen Mitglieder der Band gingen.

|B) Die Fotografien|

Die ca. 130 Farb- und Schwarzweißaufnahmen zeigen die „beste Rock-and-Roll-Band der Welt“, so das Fan-Credo, bevorzugt bei ihren Live-Auftritten, aber auch im Studio und backstage. Die meisten Fotos widmen sich den zahllosen Live-Auftritten, allerdings ohne dass jedes Fotos datiert wäre (immer eine Fitzelarbeit). Eine fast ebenso große Zahl von Aufnahmen zeigt die einzelnen Bandmitglieder bei ihren Offstage-Auftritten, so etwa im Los-Angeles-Hotel Chateau Marmont (wo sie kein Hausverbot bekamen) oder in ihren diversen Büros und Wohnungen.

Recht interessant ist die letzte Sektion der Aufnahmen im Kapitel „Nachwehen“. Hier finden sich die Aufnahmen neuesten Datums, die bis in den November 2006 reichen. Am 14. 12. 2005 erhielt Jimmy Page von der Queen einen MBE-Orden für seine Arbeit mit brasilianischen Straßenkindern, und 2006 wurde er in die |UK Hall of Fame| aufgenommen. Die Band selbst ist schon längst in die |US Rock ’n‘ Roll Hall of Fame| aufgenommen worden, aber so wie die britische Presse die Band in den 70ern ignorierte oder niedermachte, wundert es nicht, dass Page diese Ehrung erst so spät zuteil wurde.

Die Qualität der Fotos ist nicht durchweg optimal. Das ist angesichts der Entstehungsumstände durchaus verständlich. Eine Konzertbühne ist schließlich kein Studio. Da können die Aufnahmen schon mal grobkörnig sein. Mitunter werden sogar Abzüge einfach nebeneinander geklebt – wohl um die filmreife Dynamik eines Robert-Plant-Auftrittes zu simulieren.

_Mein Eindruck_

Der Herausgeber Ray Tedman bemüht sich um einen sachlichen Tonfall, der auf nachweisbaren Fakten basiert. Doch um unterhaltsam zu sein, muss er auch ein wenig Lobhudelei betreiben. Schließlich soll sein Buch die Fans ansprechen. Und wenn er über den Tod von John Henry Bonham schreibt, weiß er den Fan durchaus zu Tränen zu rühren. Tragische Vorfälle gibt es bei LZ genügend, so etwa den Tod von Robert Plants Sohn Carac und den Beinahetod Plants und seiner Frau auf einer griechischen Insel.

Aber es gibt auch eine humorvolle Seite, die leicht ins Bizarre umzuschlagen droht. Immer wieder muten dem heutigen Leser die Exzesse der Bandmitglieder wie Märchen aus einer anderen Welt an. Und das kann nicht bloß daran liegen, dass die Rocker in den Spätsechzigern und Siebziger ständig zugedröhnt gewesen sein müssen. Wenn also Humor auftaucht, so oft in Verbindung mit Bizarrerie, Groteske, ja, sogar brachialer Gewalt. Humor war schon damals eine Geschmacksfrage. Und was die Kolportageberichte der Herren Cole und Davis („Hammer of the Gods“) daraus machten, kann man sich leicht ausmalen.

Dankenswerterweise enthält sich der Herausgeber aller Kolportage, auch wenn er im Anhang ausdrücklich „Hammer of the Gods“ als Quelle erwähnt – nicht gerade ein Pluspunkt. Meist stützt sich Tedman auf die von Dave Lewis gesicherten Fakten. Darauf weisen zumindest die Danksagungen im Anhang hin. Die Begleittexte bestätigen diesen positiven Eindruck.

Tedman beschreitet einen schmalen Grat zwischen Begeisterung für das musikalische Phänomen der Band und der Kritik an dem soziokulturellen Phänomen des Kultes und des Big Business. Die Sachlichkeit kann aber auch stellenweise in Faktenhuberei umschlagen. Dann wird aus der Geschichte der Band lediglich eine Chronologie der Auftritte. Diese Entwicklung ist wohl angesichts des knapp bemessenen Platzes – nur je eine Seite pro Kapitel – verständlich.

|Die Fotografien|

Wenn 130 von 160 Seiten eines Buches auf Fotografien entfallen, dann ist klar, dass es sich um einen Bildband handelt. Diese Fotografien wussten mich wirklich zu begeistern. Bemerkenswert ist, dass es sich dabei zum größten Teil um Aufnahmen der Live-Auftritte aus LZs bester Zeit zwischen 1970 und 1975 handelt.

Immer wieder ist Jimmy Page als Gitarrengott zu sehen und Sänger Plant als narzisstischer Frontman (der überhaupt kein Narziss war – es ist alles nur Show). Angesichts dieses dynamischen Duos rücken der Keyboarder/Bassist Jones und der Drummer Bonham etwas in den Hintergrund. Das haben sie nicht verdient.

Immerhin lässt sich anhand der Bilder eine organische Entwicklung der Band und ihrer Mitglieder ablesen. Dadurch wird der Bildband zu einem Dokument jener Zeit, die uns heute schon wieder fremd – oder doch zumindest heroisch verklärt – anmutet. Der Dokumentationscharakter zeigt sich am stärksten im letzten Kapitel, in dem der weitere Werdegang der Bandmitglieder gezeigt wird.

Hier sehen Plant & Page auf der Bühne ebenfalls gut aus. Und sie sind es auch, die backstage am meisten auftauchen (was Mister Bonham, zugegeben, ziemlich schwerfallen würde). Wer’s noch nicht wusste: Herr Plant verfolgt seit fast 30 Jahren eine ziemlich erfolgreiche Solokarriere, und bezüglich seiner jüngsten Kooperation mit der Country-&-Western-Sängerin Alison Krauss überschlagen sich auch die Kritiker wieder vor Lob.

Wenn man sich die frühen Fotos der Band mal genauer anschaut, dann fällt schnell auf, dass es Plant ist, der quasi eine Aversion gegen die Kamera an den Tag legt. |Led Zep| wurden so oft von der Presse geschmäht und verleumdet (oder einfach nur naiv mit den |Beatles| verglichen, siehe oben erwähnte DVD), dass sich die Mitglieder fast nie gegenüber Journalisten äußerten, dafür aber umso bereitwilliger gegenüber ihren Fans. (Weshalb ihre Live-Aufnahmen wesentlich schöner sind als alle Studioaufnahmen.)

Wenn also Plant misstrauisch in die Kameralinse schaut oder sie gleich gänzlich ignoriert (im Chateau Marmont), so belegt dies nur seinen Widerwillen gegenüber einer Presse, die ihn und seine Mitstreiter überwiegend schlecht behandelte. Die Band schlug zum Beispiel mit unbetitelten Alben wie Nr. 4 zurück. Das belegte in den Augen der brüskierten Presse nur die arrogante Herablassung von sogenannten „Rockgiganten“ usw. usf. ad infinitum. Dass Nr. 4 das Rock-Album mit der vierthöchsten Auflage aller Zeiten ist (laut Nigel Williamson), dürfte die Presse nicht versöhnlicher gestimmt haben.

_Unterm Strich_

Es gibt einen Maßstab für Bildbände über |Led Zeppelin|. Das ist immer noch „Led Zeppelin: Heaven and Hell. An illustrated history by Charles Cross, Erik Flanagan with photographs by Neal Preston“. Hinsichtlich der Auswahl der Fotografien, deren Bandbreite und Qualität braucht sich Tedman/RexFeatures‘ Bildband keineswegs dahinter zu verstecken. Natürlich ist das Fotomaterial ein völlig anderes. Wo Neal Preston die US-Auftritte der Band in überreichem Maße ablichtete, spielen die USA bei Tedman nur eine Nebenrolle, und Auftritte in England stehen verhältnismäßig im Mittelpunkt.

Textmäßig könnte der Unterschied nicht größer sein. Cross & Flanagan erzählen sämtliche notorischen Anekdoten und decken zahllose Mythen, Lügen und Legenden auf, die sich um die Band ranken. Dabei liefern sie im Anhang aber auch detaillierte Konzert- und Tourinfos. Dazu gibt kaum etwas Besseres, höchstens von Dave Lewis. Einziges Manko: So etwas wie kritische Distanz zur Band fällt den Autoren etwas schwer.

Im Hinblick auf kritische Distanz hebt sich Tedman von seinen amerikanischen Vorgängern wohltuend ab. Er stützt sich auf gesicherte Fakten und Zitate, die er mit Dave Lewis auf Glaubwürdigkeit abklopfte. Natürlich fehlen dann so saftige Anekdoten wie die Hai-Episode vom Mai 1969 in Seattle (nach anderen Versionen handelte es sich um einen Tintenfisch). Stellenweise verliert er sich in Tourdaten, aber die meiste Zeit konzentriert er sich auf den verhängnisvollen Werdegang der Götter des Rockpantheons, die 1980 eine historische Bruchlandung hinlegten. Nur um dann 25 Jahre später größer als je zuvor wieder in den Medien herumzugeistern.

Rip-off oder Perle – das ist hier die Frage. Wer einen Bildband mit dokumentarischem Charakter sucht, wird mit diesem qualitätsvoll gestalteten und fehlerlos übersetzten Buch optimal bedient – eine Perle also. Wer mehr über die Band an sich erfahren möchte, findet sicherlich andere Werke, die seine Wünsche besser und umfangreicher befriedigen können. Ganz sicher aber ist dieses Buch keine Geldmacherei, sondern bietet reellen Gegenwert.

|Originaltitel: A Tribute to Led Zeppelin, 2008
160 Seiten
Aus dem US-Englischen von Madeleine Lampe
ISBN 978-3-89602-822-8|
http://www.schwarzkopf-schwarzkopf.de

Ralph Hulett / Jerry Prochnicky – Whole lotta Led – Unsere Reise mit Led Zeppelin

Rockgeschichte durch die Augen – und Ohren – der Fans

Zwei langjährige Fans der Supergruppe Led Zeppelin erzählen von der Entstehung, dem Erfolg und dem Ende des britischen Quartetts, das zwölf Jahre lang die Rockszene dominierte und heute immer noch Millionenumsätze scheffelt. Die Autoren spüren den Gründen dafür nach, doch anschaulicher erzählen sie von ihrer eigenen Erfahrung als Fans. Zudem spannen sie zahlreiche Zeugen für ihre Darstellung ein, und zum Glück sind es nicht die üblichen Verdächtigen. Selbstgeschossene Fotos und eine umfangreiche Bibliografie ergänzen die Monografie optimal.
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Mötley Crüe & Neil Strauss – Dirt, The

Es gibt da so eine Band, die heißt |GUNS ‚N ROSES|, war zu Beginn der Neunziger ganz, ganz oben, fetzte sich dann aber derart heftig, dass man statt der sicheren Millionen den Split in Kauf nahm, woraufhin ein gewisser Axl Rose seinen ehemaligen Mitstreitern allen Frust heimzahlen wollte und es fortan unter altem Namen mit neuer Band solo versuchte. Wie’s weiter ging, ist bekannt: „Chinese Democracy“ ist nach jahrelanger Ankündigung und massiven Vorscusszahlungen noch immer nicht in den Läden, die Band aber trotzdem ständig in den Schlagzeilen. Nicht schlecht für jemanden, der seit gut einer Dekade keine neue Note mehr von sich hat hören lassen.

Doch all diese Eskapaden sind nichts im Vergleich zu einer anderen Band aus derselben Ära: |MÖTLEY CRÜE|. Vince Neill, Mick Mars, Tommy Lee und Nikki Sixx gehören wohl zweifelsohne zu den größten Skandalnudeln, mit denen das Rockbusiness sich jemals auseinander setzen musste, und haben diesen Ruf auch über mehrere Jahrzehnte tapfer verteidigt.

Welche Band hatte schon mehr prominente Groupies als das verruchte Skandalquartett? Immerhin hat sich ungefähr die halbe „Baywatch“-Belegschaft in den Betten von Lee, Sixx und Co. eingenistet. Oder die Drogen – während vergleichbar große Rock-Acts wie |AEROSMITH| nie einen großen Hehl aus ihren Problemen gemacht haben und zwischenzeitlich sogar so tief am Boden waren, dass der Tod wahrscheinlicher als das Comeback war, wurden die Experimente der |CRÜE| nie an die große Glocke gehängt. Gut, wenn man heute einen Mick Mars wie eine Mumie auf der Bühne stehen sieht, werden einem die Spuren, die die unerlaubten Substanzen hinterlassen haben, schon bewusst, aber damals war es halt nicht das große Ding.

Doch warum schreibe ich dies alles überhaupt? Nun, ganz einfach: MÖTLEY CRÜE waren schon immer eine Band, die sämtliche Rock-’n‘-Roll-Klischees bis zum Exzess ausgelebt hat und im Nachhinein auch immer verdammt stolz auf sein ‚Geleistetes‘ war. Das macht die Band nicht zum Abziehbild von |SINAL TAP| – dafür ist die Musik auch viel zu gut –, lässt aber eindeutige Parallelen zur Trash-Ikone erkennen. Und weil sich die ganzen Storys, die die Viererbande in ihrer langen Karriere gesammelt hat, ziemlich gut verkaufen lassen, haben sich |MÖTLEY CRÜE| zur Jahrtausendwende dazu entschlossen, gemeinsam an ihrer offiziellen Biografie zu arbeiten, die in den Staaten auf sofortigem Wege in die Bestsellerlisten schoss.

„The Dirt“ ist der Titek des unheilvollen Buches, in dem die Vielzahl der Eskapaden aus der Perspektive der verschiedenen Bandmitglieder dargestellt wird. Die Highlights, der rasante Aufstieg, das große Chaos, der Zwist und die abertausenden Affären – all das ist in dieser dreckigen Lektüre zu finden, und entgegen allen Befürchtungen ist dieses Buch dabei alles andere als ein langweiliger Ritt auf dem Klischeepferd. Gut, sieht man mal von den ganzen Geschichten um Alkohol und sonstige zweifelhafte Mittelchen ab. Was „The Dirt“ so unheimlich lesenswert macht, sind die verschiedenen Ansichten der einzelnen Bandmitglieder. Auf der Bühne sind sie der pure Rock ’n‘ Roll, abseits aber vier vollkommen unterschiedliche Individuen, bei denen man sich im Anschluss an diese Lektüre wundern muss, dass sie als Einheit überhaupt funktionieren können.

Besonders die Betrachtung des Mick Mars lassen mich bisweilen daran zweifeln, dass dieser Mann ein Teil dieser Band ist. Kühl und nüchtern, meist auch sehr sachlich wird seine Sicht der Dinge erzählt, und selbst im Bezug auf die zahlreichen Exzesse prahlt er nicht mit den Erfahrungen, die ihn teilweise zu einem echten Wrack haben verkommen lassen. Wirklich bewegend, und das überrascht sicherlich die meisten, sind auch die Schilderungen von Frontmann Vince Neill. Die Geschichte mit Razzle von |HANOI ROCKS|, der auf Neills Mitverschulden hin den Tod fand, wird erstmals etwas intensiver und auch persönlich abgehandelt – und dies gänzlich, ohne dass man den Eindruck bekommt, Neill würde hier eine Pflichtaufgabe erledigen, um diesen festen Bestandteil der |CRÜE|-History nicht ausklammern zu müssen. Auch die hier etwas detailreicher beschriebene Auseinandersetzung mit dem Tod von Vinces Tochter geht unter die Haut und zeigt den Sänger von einer eher ungewohnten, sehr nachdenklichen Seite.

Dem entgegen stehen mit Tommy Lee und Nikki Sixx die beiden Partykanonen der Band, die auch in ihren Schilderungen ausschließlich das darstellen wollen, was ihrem wüsten Image als absolute Rockstars gerecht wird. Während die Geschichte von Mr. Sixx noch halbwegs glaubwürdig erscheint, ist der Bericht des ehemaligen Pamela-Anderson-Lovers ziemlich flach, ganz so nach dem Motto „20 Jahre Sex, Drugs, Rock ’n‘ Roll und gar nichts anderes“. Vielleicht hätte der Mann mal ein wenig mehr von seiner Persönlichkeit preisgegeben als lediglich das zu pinseln, was die Leser eh schon wissen. Aber das macht das Buch jetzt auch nicht dringend schlechter …

Was mich ein wenig überrascht, ist die Tatsache, dass man auch dem kurzzeitig eingesprungenen Sänger John Corabi Gelegenheit gegeben hat, ein paar vernichtend ehrliche Worte zu seiner Zeit bei der Band zu verlieren. Vielleicht ist dies sogar die interessanteste Handlungsebene in der ganzen Biografie, da sie eine sehr schwierige Periode dieser Band beschreibt und dazu als einziger Beitrag völlig ohne Klischees auskommt. Selbst die wenigen Sätze, die Manager und Leute aus dem Bandumfeld loswerden durften, orientieren sich da eher am Stil der Band und treffen dabei genau das, was die Egomanen sich für diesen Part wohl gewünscht haben.

Aber warum ist „The Dirt“ jetzt so herausragend, dass man gerade sogar intensiv an einer Verfilmung arbeitet? Nun, ganz einfach: Weil so etwas noch nie dagewesen ist. Es ist tatsächlich wahr. Fast alle Bandbiografien sind lediglich ein Überblick über das Schaffen der Künstler, enthalten aber meist nichts wirklich Persönliches. „The Dirt“ ist da anders; man taucht tiefer in das Seelenleben der Musiker ein und entdeckt so an vielen Stellen Dinge, die in einer ‚herkömmlichen‘ Geschichtsaufarbeitung nicht zu lesen sind. Sicherlich, die Inhalte sind berechnend und deutlich auf ein gewisses Zielpublikum zugeschnitten. Und damit ist der Infogehalt auch auf einem gleichen Level mit dem Unterhaltungsfaktor. Aber ist es nicht genau das, was man von einer Biografie erwartet? Gerade dann, wenn die beschriebene Band zu den wohl interessantesten Phänomenen der gesamten Geschichte der Rockmusik gehört? Und in Sachen Entertainment kommt „The Dirt“ nun wirklich nicht zu kurz.

Ich legte mir das Buch bereits vor drei Jahren bei einer Stockholm-Reise in englischer Sprache zu und amüsierte mich bereits damals in der Originalvariante über die vielen schmeichelhaften Zitate. Daran hat sich bei der deutschen Fassung nichts geändert; die Übersetzung ist astrein und gibt das Flair des Ursprungsbuches authentisch wieder. Stellenweise fühlt man sich dabei selber wie ein Teil der |CRÜE| und kann vieles nachvollziehen. Und ehrlich gesagt fühlt sich dies ziemlich cool an!

Ein Wort noch zum Buchtitel; ja, das Buch ist der pure Dreck! Hier wird eine Menge schmutziger Wäsche gewaschen und dazu werden zahlreiche skandalöse Schoten neu aufgebahrt. Die Band nimmt wie auch sonst kein Blatt vor den Mund, treibt es aber dabei nicht zu weit. Oberflächlichkeit und Plattitüden liegen den Autoren des Buches fern, Ernsthaftigkeit in Kombination mit Humor und Ironie sind bei den Herren da schon gefragter. Bissig bis zur Gürtellinie, aber nur selten darunter, im Rahmen des Erlaubten, aber in jedweder Hinsicht bis ans Limit – wenn ich selber auch einmal eine solche Biografie schreiben müsste, dann soll sie mit diesem Vorzeigewerk verglichen werden.

Endlich ist das Buch nun auch hierzulande regulär als preiswerteres Paperback erhältlich, und zwar über das neue Sub-Label |Heyne Hardcore|. Abgerundet mit einigen Fotos, ergibt sich hier ein vorzügliches Beispiel einer Bandbiografie, an der sich alles Folgende wird orientieren müssen. Egal ob man diese Band jetzt mag oder nicht, „The Dirt“ sollte man gelesen haben!

http://www.heyne-hardcore.de

Die Ärzte – Die Ärzte – Notenfreund (Noten – Der falsche Weg zum Punkrock)

Notenbücher sind mitunter ein ziemlich teures Vergnügen, leider aber auch oft zwingend notwendig, um die Partituren und Texte einer Band richtig zu erfassen. Aber müssen die dünnen Heftchen wirklich immer so teuer sein und dann nur wenige Stücke (meist die Songs des entsprechenden Albums) enthalten? Ich finde nicht. DIE ÄRZTE aus Berlin wohl auch nicht, denn die deutsche Vorzeigeband hat nun ihr Gesamtwerk in Form eines riesigen Ordners als Notenbuch herausgebracht und damit auch wirklich jeden Song, der je von Farin Urlaub, Rod, Bela B. und den geschiedenen Musikern Sahnie und The Incredible Hagen aufgenommen wurde, erfasst.

Nun mag man sicher fragen, wer so was braucht, schließlich spielen DIE ÄRZTE jetzt nicht gerade die anspruchsvollste Musik, und wenn man dazu in der Lage ist, die Noten und Texte selber herauszuhören, hat man bei den drei Jungs aus Berlin eh leichtes Spiel. Doch wenn man sich dann mal vor Augen hält, was man alles für sein Geld – selbst wenn das Teil ca. 50 € kostet – bekommt, fallen jegliche Zweifel schnell wieder unter den Tisch. Wahre Hundertschaften an Songs sind in „Notenfreund (Noten – Der falsche Weg zum Punkrock)“ enthalten, und dies wunderbar aufgemacht in einem Ringbuch, das man sich jederzeit so zusammenstellen kann, wie es einem selber am meisten beliebt. Die einzige Gefahr, die dabei besteht, ist, dass man die einzelnen Notenblätter schnell knickt, denn die Anfangsfassung, so wie man sie im Handel erwirbt, gilt es auf jeden Fall erst einmal richtig zu ordnen, und danach sieht das Teil schon ‚bearbeitet‘ aus, obwohl die eigentliche Beschäftigung mit dem Inhalt noch gar nicht stattgefunden hat. Irgendwie ist die hier vorhandene Katalogiserung nach den bisher erscheinenen Alben ein wenig verwirrend, zumal es keine richtigen Register gibt, an denen man sich orientieren kann. Lediglich einige Einlegeblätter zwischen den Noten der jeweiligen Platten helfen ein wenig, den Überblick zu behalten, doch ansonsten muss man sich bei dem Wust an Liedern immer wieder eine ganze Weile auf die Suche begeben, bis man mal einen Song gefunden hat. Von außen ist somit gar nicht erkennbar, an welcher Stelle man jetzt was findet, und dies ist letztendlich auch der einzige, wenn auch wesentliche Kritikpunkt, den man bei dieser umfassenden Notensammlung anmerken muss.

Ansonsten ist dieses Mammutwerk natürlich erstklassig. „Notenfreund“ ist nicht nur komplett, sondern in richtiger Anordnung auch super zu händeln. Man muss nicht mehr irgendwelche Gegenstände auf die Seiten stellen, damit diese beim Spielen nicht plötzlich von alleine umblättern, man kann sich einzelne Sachen herausnehmen und ist nicht immer verpflichtet, den ganzen Ordner mitzuschleppen, und, am allerwichtigsten: Man besitzt nun jede einzelne Note dieser Band.

Dass das in einem schönen Ledereinband veröffentlichte Ringbuch natürlich nur etwas für Fans der Band ist, versteht sich von selbst. Denen jedoch kann dieses Teil trotz des zunächst mal abschreckend hohen Preises nur dringend empfohlen werden, gerade wenn sie zufällig selber die Gitarre bedienen. Denn wie bereits geschrieben: Man bekommt eine ganze Menge für sein Geld und wird wochenlang damit beschäftigt sein, das Teil durchzuarbeiten. Ein so ausführliches und toll aufgemachtes Werk hat es meines Wissens auch noch nie gegeben, da haben DIE ÄRZTE und der Verlag wirklich Pionierarbeit geleistet. Und wer jetzt kommerzielle Ausschlachtung ruft, macht sich bitte sofort auf den Weg zu seiner Buchhandlung, wirft selber mal einen Blick in den „Notenfreund“ und lässt sich dabei bestätigen, wie genial die Idee und die Umsetzung tatsächlich sind.

DIE ÄRZTE haben es mal wieder geschafft und auf diesem Markt eine neue Referenz eingeführt. Sicher werden andere Bands in Kürze folgen, aber warum auch nicht? Beenden wir doch die Zeit, in der man für die Hälfte des Preises ein Zehntel des hier vorliegenden Inhalts ‚ausgezahlt‘ bekommt! Also, ich warte nur darauf, dass ähnliche Veröffentlichungen von AC/DC, DREAM THEATER, MOTÖRHEAD, IRON MAIDEN und Co. folgen werden …

http://www.bosworth.de/

Burgwächter, Till – JGTHM – Juhr Gait Tu Hewi Mettäl

„Juhr Gait Tu Hewi Mettäl“ – Der Buchtitel macht bereits deutlich, dass dieser Metalführer es offensichtlich nicht so ganz bierernst nimmt mit seinem Thema – eigentlich nimmt er überhaupt nichts ernst, nicht einmal sich selbst. Musikjournalist Till Burgwächter wagt sich auf gut 200 Taschenbuchseiten an die zumeist bissige Satire eines Genres, das er zwar zu lieben weiß, das aber aufgrund seines Klischeepotentials jede Menge Angriffspunkte für bitterböse Kommentare präsentiert. Dabei sind die gelieferten Spitzen gegen die hassgeliebte Musikform nicht immer „politisch korrekt“ und das ist auch gut so. Natürlich ist bei dieser Fülle an bösen Texten nicht jeder Satz und jede Anspielung ein Volltreffer auf die Lachmuskeln und so manche Zeile bleibt mir bis heute eher rätselhaft, aber Hjalana und ich haben beim Schmökern in diesem kurzweiligen Büchlein so manche Salve aufs Zwerchfell abgefeuert.

Bereits die Aufmachung des in Hochglanz verpackten Buches zeigt liebevolle Detailarbeit; die Albernheiten gehen bereits im Impressum los und werden bis zur letzten Seite durchgezogen; ein nettes Extra ist das Daumenkino „Little Mosher“ am Rand jeder Seite, so dass auch Leute, die das Buch nur mal schnell durchblättern wollen, etwas davon haben. Jedes Basisklischee und die wichtigsten Stilrichtungen bekommen gleich vorab ihr Fett weg (nachdem im Vorwort ein paar Lesergruppierungen der Mittelfinger gezeigt wurde), bevor sich der Schreiberling im Hauptteil den wesentlichen Bands widmet, an denen er nur selten ein gutes Haar belässt. Manche Sprüche gehen zwar nach hinten los, aber im Wesentlichen werden die Möglichkeiten für herbe Kommentare zu Bands und ihren Mitgliedern gut ausgereizt und bereiten eine Menge Lesefreude. Der holden Weiblichkeit in diesem Metier wird ein eigenes Kapitel gewidmet, Metalmagazine werden – zutreffend – auf ihre Unzulänglichkeiten reduziert, die Spezies der Metalfans wird „sozialkritisch“ unter die Lupe genommen, einige Randthemen folgen, bevor das Quiz „Sind Sie Metal?“ den Leser schmunzelnd entlässt.

Man darf nun nicht den Eindruck gewinnen, es handle sich hier um eine blanke Hasstirade gegen unser geliebtes Musikgenre und sein Umfeld, denn wie bereits erwähnt ist auch der Autor ein Fan, aber in diesem Buch soll es darum gehen, der Szene in Eulenspiegelmanier einen Spiegel vorzuhalten – und wer nicht über sich selbst und seine Idole lachen kann und so „true“ ist, dass er Nägel zum Frühstück frisst, sich mit einem Bastardschwert rasiert und auch bei Neumond mit Sonnenbrille über den Friedhof stolziert, sollte dieses Buch ohnehin sofort verbrennen. Es wird auch nicht nur dumm gefaselt; der Autor ist nicht grundlos Musikjournalist und hat unter aller Blödelei so manche Insiderinfo zu bieten sowie Aufklärung über grundsätzlich Wissenswertes, nur eben etwas nonkonform verpackt.

Ich möchte allerdings davon abraten, den Schmöker am Stück zu verdauen, da der zumeist gar köstliche Humorstil nach einiger Zeit erst einmal sein Pulver verbraucht hat – auch Mittermaier, Kalkofe oder Ingo Appelt sind nicht endlos zu ertragen und genießen. Das Buch eignet sich gut, um immer mal wieder für etwas Kurzweil herausgekramt zu werden; so richtig Freude kommt auf, wenn man besonders gelungene Passagen in geselliger Runde vorträgt.

Etwas bitter stieß mir beim Lesegenuss das mangelhafte Lektorat des Buches auf – für jeden Setzungs- und Rechtschreibfehler einen Cent und man hat die Anschaffungskosten wieder heraus. Bei sonst so liebevoller Gestaltung wäre etwas mehr Aufmerksamkeit auf diesen so vielen vermutlich nebensächlich erscheinenden Aspekt sicherlich auch noch drin gewesen. In der Summe soll dieses Schandwerk aber jedem lesefreudigen Metaller empfohlen sein und der Büchersammlung hinzugefügt werden; das Leben ist zu kurz, um es stets ernst zu nehmen.

Inhaltsübersicht:

• Einleitung
• Definitionen und anderes Basiswissen
• Die verschiedenen Stile
• Die wichtigsten Bands
• Bands, die nicht ganz so wichtig sind
• Frauen im Rock
• Lesbarer Krach
• Fans und die Lüge von der Familie
• Live is Life
• Zitate und ihre Bedeutung
• Wir gründen eine Band oder „Am Anfang war …“
• Abschließende Klugscheißerei
• Irgendwas is’ immer …
• Sind Sie Metal?

Charles Cross/Eric Flanagan/Neal Preston – Led Zeppelin – Heaven and Hell. An illustrated history

Mit dem Zeppelin durch Himmel und Hölle

Diese „bebilderte Geschichte“ einer der wichtigsten Rockbands bringt zahlreiche unbekannte Informationen, einige hilfreiche Tipps zum Plattensammeln sowie ein enorm interessantes Interview mit Gitarrist und Bandgründer Jimmy Page – interessant deshalb, weil er sich lange Zeit strikt weigerte, ausführliche Interviews zu geben, nachdem die Presse die Alben der Band niedergemacht hatte. Ebenso wichtig wie die Texte sind für mich als Fan die fantastisch guten Fotos von der band und ihren Mitgliedern – weit höhere Qualität als man nach einem Film wie „The song remains the same“ erwartet hätte!
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Jason Arnopp – The Darkness – The Unofficial Book

So wie Justin mitsamt seinen Bandkollegen vom Buchcover den Leser anschmachtet, denkt man unweigerlich an den berühmten Refrain von ‚I Believe In A Thing Called Love‘: „Touchin´ youuuhuuuuu, touchin´ meeeheee“. Doch halt, bis es dazu kommen sollte, mussten die Jungs, allen voran Justin, um den es sich hier in erster Linie dreht, einiges durchmachen. Auf recht kurzweilige und unterhaltsame Art und Weise legt Jason Arnopp, der vorher 14 Jahre für das berühmt-berüchtigte KERRANG!-Magazin geschrieben hat, den Werdegang von Justin dar. Angefangen von der Schulzeit bis hin zu den unzähligen Bands, in denen er vorher schon gespielt hat, wird alles Stück für Stück beschrieben. Sehr positiv an dem Buch sind die vielen guten Fotos und die leichte Lesbarkeit.

Was auf jeden Fall unverzeihlich ist, ist der Tippfehler (oder auch die Unkenntnis) des Schreibers oder auch Übersetzers beim Namen Bon Scott (AC/DC), der hier als „Ben Scott“ tituliert wird (S. 54). Aber trotz dieses Fauxpas erfährt der/die Leser/in viele Details und kann sich nach der Lektüre auch einen Reim auf das Phänomen DARKNESS machen. Zu den Details gehört z. B., dass IKEA einen sehr hohen Anteil am Entstehen des Debütalbums hatte und dass die Band mit ihrem Musikstil alles andere als offene Türen bei den Labels einrannte. Erwähnenswert sind desweiteren die recht anzüglichen Texte, die in dem Buch erläutert werden, ebenso, was es mit Justins Tattoos so auf sich hat.

Alles in allem ein gutes Buch für alle DARKNESS-Fans und diejenigen, die´s werden wollen. Mit fünfzehn Euro hält es sich – trotz aufwendiger Gestaltung – auch im finanzierbaren Rahmen und kostet in etwa so viel wie ein durchschnittlicher Kinobesuch am Samstagabend.

Mein Spatz – Schön, dass Du da bist

Mein Spatz…

… schön, dass Du da bist. Genau diesen Satz denken alle Paare mit Kinderwunsch, nachdem sie die freudige Nachricht der Schwangerschaft erhalten haben.

Monate voller Emotionen stehen nun bevor. Eine aufregende Zeit, in der sich Euphorie, Angst, Erschöpfung und Glück ständig abwechseln. Aber auch Zeit, um genau in sich heineinzuhorchen und sich einmal nur Zeit für sich zu nehmen. Für solche Momente und für die Zeit nach der Geburt eignet sich diese CD besonders gut.

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Robert Gordon – Elvis 1935-1977 (Buch & CD)

Elvis gesteht: „Ich wollte eigentlich Arzt werden“

Am 16. August 2002 feierten Millionen von Mitgliedern der Elvis-Fanclubs und viele weitere Menschen den 25. Todestag des Künstlers Elvis Aaron Presley. Wieder einmal fand in Graceland bei Memphis die Elvis-Woche statt. Anlass genug, auf besondere Weise den Künstler und Menschen Elvis Presley zu würdigen. Das vorliegende Buch, das zu diesem Anlass veröffentlicht wurde, ist dementsprechend ein ganz besonderes Werk.
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Martin Pfeiffer – Alle meine… Klassiker zur guten Nacht

Guten Abend, gute Nacht…

Weit und breit auf der ganzen Welt singen Eltern mit ihren Kindern. Ebenfalls spielt Singen in allen Kursen und Krabbelgruppen eine sehr große Rolle, zu Recht. Singen fördert die Sprache, verbindet Menschen aller Altersgruppen miteinander, macht gute Laune und natürlich eine Menge Spaß.

Abends wenn es draußen dunkel, die Geräusche weniger und die Kinder ruhiger werden, dann ist es Zeit zum Kuscheln und Schlafen. Zum Glück gibt es Martin Pfeiffer‘s Klassiker zur guten Nacht. Mit den sanften Klängen der Instrumente und seiner warmen weichen Stimme, steht einem geborgenen Einschlafen und Träumen nichts mehr im Wege.

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Cash, Johnny / Carr, Patrick – CASH. Die Autobiografie von Johnny Cash

Am 26. Februar 2012 hätte Johnny Cash seinen achtzigsten Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass wurde die Autobiografie „Cash“ neu aufgelegt, die bereits 2004 erstmals erschien. Sieht man sich dazu einmal die Vielfalt der Bücher an, so ist das nicht die einzige Biografie über den „Man In Black“. Allerdings hat Mr. Cash selbst an diesem Buch mitgeschrieben. Er selbst sagte dazu: „Dieses Buch ist meine eigene Geschichte – was ich fühle, was ich liebe, was geschah, so wie ich es erinnere …“

Das klingt auf den ersten Blick ja alles sehr vielversprechend. Mit dem Journalisten Patrick Carr sollte es also ein passables Werk werden. Doch das ist es nur in der Theorie. In der Praxis wirkt das Buch wie eine lieblose Aneinanderreihung von Fakten und Geschichten des Sängers. Das alles ist zudem sehr unstrukturiert und hinterlässt auf den außenstehenden Dritten einen ziemlich verwirrenden Eindruck. Wer sich das Buch als Einstiegslektüre zulegen will, sollte es lieber lassen. Ohne ein wenig Wissen über den Künstler oder den Film [„Walk The Line“]http://powermetal.de/video/review-1456.html ist man regelrecht aufgeschmissen.

Natürlich ist der große Pluspunkt des Buches, dass es Johnny Cash selber ist, der die Geschichten erzählt, und nicht ein anderer. Somit bleibt alles sehr persönlich und authentisch. Gerade das Kapitel mit dem Überfall auf sein Haus auf Jamaika zeigt gut den Grundtenor des Buches. Er erzählt alles sehr detailliert, kommt jedoch immer wieder vom Thema ab, und so dauert es einige Seiten, bis es zur eigentlichen Geschichte geht. Ob diese Nebeninformationen für den Leser immer so ausführlich sein müssen, ist fraglich. Positiv ist auf jeden Fall hervorzuheben, dass er nichts beschönigt, was in seinem Leben passiert ist, und er auch seine Fehler eingesteht. Die Erzählungen werden durch zahlreiche Fotos aufgelockert, was den Leser noch ein Stück weiter an das Leben von Cash heranrücken lässt.

Alles in allem kann man sagen: „Schuster bleib bei deinen Leisten!“ Cash hat ohne Zweifel geniale Songs geschrieben. Aber das Schreiben über sein Leben lag ihm nicht. Von Kris Kristofferson wird er im Vorwort als Rebell bezeichnet, der gegen öffentliches Unrecht und private Dämonen ankämpfte. Aber wenn man mit dem Buch durch ist, sieht es so aus, als ob er auch gegen einen strukturieren Aufbau in diesem Werk ankämpfte. Des Öfteren kehrt er in seinen Erzählungen zu einer anderen Begebenheit zurück, wenn ihm später noch etwas dazu eingefallen ist. Da fragt man sich ernsthaft, was da die Aufgabe von Patrick Carr war. Hier hätte er zwingend die Nachträge zu den entsprechenden Geschichten ergänzen müssen.

|350 Seiten, gebunden
Übersetzung: Sylke Wintzer, Peter Dürr
ISBN-13: 978-3-8419-0143-9|

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Mühlmann, Wolf-Rüdiger / In Extremo – Wir werden niemals knien – Die Geschichte einer unnormalen Band

Das Phänomen |In Extremo| war gerade in der ersten Phase des Banderfolgs nicht für jedermann nachzuvollziehen. Zwar schufen Michael Rhein und seine Spielleute von Beginn an etwas Einzigartiges, das auch weit über das hinausging, was ähnlich ausgerichtete Bands wie |Subway To Sally| in ihrer Musik vereinten, doch irgendwie blieb der Mittelalter-Posse gegenüber immer eine gewisse Skepsis bestehen, womöglich auch aus der Angst heraus, dass die gelegentlich etwas engstirnige Szene mit völlig neuen Tönen aus ihren Grundfesten herausgerissen würde. 15 Jahre später weiß man jedoch, dass auch |In Extremo| ’nur‘ eine Rockband sind, die sich dem Zeitgeist nicht ganz verschlossen hat, aber dennoch ihren persönlichen Wurzeln treu geblieben ist. Zwei Nummer-1-Alben, ein Abo auf den großen Festivalbühnen und unzählige ausverkaufte Gigs sprechen jedenfalls eine Sprache, die aussagekräftiger nicht sein könnte.

Nach anderthalb Dekaden hat sich das Mittelalter-Septett schließlich dazu entschlossen, die relativ wilde Geschichte von den frühen Anfängen in unterschiedlichen Punk- und Rock-Kapellen in der einstigen DDR bis zu den hohen Chartplatzierungen der Jetztzeit Revue passieren lassen. Gemeinsam mit |Rock Hard|-Redakteur Wolf-Rüdiger Mühlmann blickt man in „Wir werden niemals knien – Die Geschichte einer unnormalen Band“ auf die gemeinsame Zeit, persönliche Schicksale, unendliche Partys, Gastspielreisen der ganz außergewöhnlichen Art und auch Exzesse zurück, die vor allem eines konstatieren lassen: Bei |In Extremo| regiert das Chaos – und jenes beherrschen diese Spielleute wohl wie kaum eine andere Rock-’n‘-Roll-Band der heutigen Zeit.

So schaut man in den ersten Kapiteln dieser Biografie vor allem auf die vielen Rückschläge, die die einzelnen Musiker erfahren mussten, als sie mit ihren teils revolutionär ausgerichteten Bands ins Visier der Staatssicherheit gerieten. Auftrittsverbote, Inhaftierungen und eine stille Rebellion gegen den ‚demokratischen‘ Staatsapparat waren seinerzeit an der Tagesordnung, und dies lange Zeit vor der Entdeckung der mittelalterlichen Klänge. Immer wieder kreuzten sich dabei die Wege der Musiker, jedoch sollte es eine ganze Weile dauern, bis sie ihre gemeinsamen Passionen auch zusammen ausleben konnten. Und auch diese Zusammenkunft, von der man selber anfangs noch nicht abschätzen konnte, in welche Richtung sie führen wird, ist mit vielen scharfen Anekdoten beschrieben, die bereits früh das Feuer in den sehr extrovertierten Musikern entfachten.

Doch was danach folgen solle, ist – da übertreiben Mühlmann und die Beteiligten sicher nicht – eine ganz besondere Erfolgsstory, in den Augen vieler auch ein Phänomen. Denn |In Extremo| stürmten die Szene zunächst mit traditionellem Liedgut, hatten eine Vision, die sie auch in den moderneren Songs der letzten Alben nie aus den Augen verloren haben, und die Beharrlichkeit, mit der man jener Vision folgte, hat sich am Ende auf die Art und Weise ausgezahlt, die hinlänglich bekannt ist. Jedenfalls sollte es wohl kaum einen interessierten Rockmusik-Liebhaber geben, der von dieser Band noch nichts gehört hat.

In „Wir werden niemals knien“ sind es aber vor allem die zahlreichen Geschichten aus dem reichhaltigen Erfahrungsschatz der Musiker, die aus einer schlichten Biografie mehr als nur das machen. Natürlich hatten auch |In Extremo| mit schmierigen Managern, unzuverlässigen Business-Leuten und supportarmen Labels zu kämpfen. Und natürlich haben sie den harten Touralltag mit all seinen unschönen Nebenschauplätzen kennengelernt. Was die Band jedoch von den herkömmlichen Emporkömmlingen unterscheidet, sind der ungebrochene Optimismus und die Willensstärke, mit denen man all jenen Querelen begegnet ist. Vor allem die beiden Bandleader Pymonte und Rhein haben sich mit Leibeskräften gewehrt, ihre rebellische Grundhaltung nie aufgegeben und sich am Ende auch gegen die oberflächliche Vernunft durchgesetzt, die ihnen von außen auferlegt wurde. Und diese imposante Motivation, dieser ständige Glaube an sich selbst, auch in Zeiten, als die Zukunft arg auf der Kippe stand, genau dieser Aspekt hat |In Extremo| an die Spitze getrieben, von der die Musikanten nicht mehr wegzudenken sind.

Doch in erster Linie ist dieses Buch pures Entertainment, sehr locker geschrieben, mit sehr vielen Zitaten der Herren Musiker gefüllt, aber auch mit großem Humor dargestellt. Man erfährt von Michaels Raubzügen im Backstage-Bereich, von so mancher bewusstseinsrweiternder Hilfe (wobei die „Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll“-Attitüde teilweise schon sehr krass betont wird), aber auch von den unglaublichen Erfahrungen mit dem südamerikanischen Publikum und den Umständen, unter denen die Band dort umhergezogen ist. Oder man erlebt Herrn Rhein beim Stress mit einer spanischen Airline, die ihm dort ein lebenslanges Flugverbot beschert hat, von den teils sehr traurigen Entscheidungen, Bandmitglieder zu entlassen, umgekehrt aber auch von dem Gefühl, trotz MTV-Boykott die Mainstage von Festivals wie |Rock am Ring| oder |Wacken| zu verbrennen.

Angereichert wird die stellenweise bewegende, meist aber eher witzige Geschichte mit vielen Original-Songtexten, die nicht selten auch die Stimmung innerhalb der Band zur jeweiligen Entstehungszeit umschreiben. Und diese Mischung aus bissigen Worten, interessanten Anekdoten und sehr sympathischem Schreibstil verwandelt diese Biografie schließlich in ein Werk, das auch für diejenigen lesenswert erscheint, die nicht zwingend Interesse am musikalischen Output von |In Extremo| haben. Fans der Band sollten indes sofort zugreifen und ihre Lieblinge auf ihrem Lebens- und Leidensweg begleiten.

|270 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868832112|
http://www.m-vg.de/riva/

Uschmann, Oliver – Überleben auf Festivals

Jeden Sommer kommt es in ganz Europa zu einer wohl einzigartigen Rudelbildung. Tausende Fans der härteren musikalischen Gangart treffen sich bei einer Vielzahl stilistisch genau definierter Festivals zum Party-Wochenende und genießen zu leider immer weiter steigenden Preisen Musik, Drinks und das alljährlich-einzigartige Treiben. Doch was genau veranlasst den Liebhaber über seine musikalischen Interessen hinaus, Teil eines solchen Events zu sein? Warum treibt er sich über drei und mehrere Tage dazu, auf verdreckten Campingplätzen, in beengten Zelten und bei bedenklicher Nahrung seinem Dasein zu fristen, wo der Solo-Gig des Lieblingskünstlers doch weitaus entspannter zu genießen ist? Gründe für den Festivalbesuch gibt es schließlich zahlreiche. Doch wer sind diese Personen, die man auf einem Festival antrifft? Und welche eigenwilligen Rituale bestimmen ihr Leben während der heimischen Abstinenz?

Diesen Fragen ist Oliver Uschmann in seinem neuen Buch „Überleben auf Festivals“ recht intensiv nachgegangen. Und selbst wenn seine skurrile Darstellung über Typen, Personen, Persönlichkeiten und Gegebenheiten satirischer Natur ist, so wird man sich doch vor allem als Verfechter des sommerlichen Treibens sehr schnell in irgendeiner Form wiederfinden – oder gleich in vielfältiger Ausprägung.

Uschmann unterteilt sein Buch in mehrere Kapitel, deren einzelne Episoden nicht nur allzu typische Charakteristika jener Events beschreiben, sondern auch weit hergeholte Thesen über das Seelenleben der jeweiligen Besucherspezies aufstellen. Besonders experimentierfreudig gibt sich der Autor bei der Darstellung der Gattung der Besucher, die vom Barbaren über den Kümmerer bis hin zum modernen Twitterer reicht. Beschrieben werden typische Verhaltensmuster, die musikalisch-äquivalenten Vorlieben, prägende Erlebnisse aus der Vergangenheit und ihre ganzheitliche Konsequenz für den Aufenthalt.

Uschmann beweist dabei Fachkenntnis und Mut, lehnt sich manchmal bewusst sehr weit aus dem Fenster, übertreibt gerade bei der Verhaltensanalyse maßlos, verschafft sich und seinen Umschreibungen dabei aber wachsende Sympathiewerte, weil hier gelegentlich auch Schmerzgrenzen und Tabus überschritten werden, ohne den unteren Sektor der Gürtellinie zu streifen. Wenn hier beispielsweise eigenwillige, aber völlig normale Beziehungsgeflechte zwischen den einzelnen Besuchertypen analysiert werden, ist man erstaunt, dass selbst die völlig überspitzten Ausführungen einen gewissen Wahrheitswert haben, die „Überleben auf Festivals“ nicht bloß als Comedy-Werk wichtig machen. Fakten und Phantasie vermischen sich zu einer urkomischen Einheit, die gerade in den Zusammenfassungen über Menschen wie den Retro-Rocker und den Fachmann einen richtig tollen Unterhaltungswert aufbieten. Und dabei ist hier erst der Anfang gemacht …

In den weiteren Kapiteln werden einem die unterschiedlichen Musikergattungen nahegebracht, man erfährt von Riten und Bräuchen am Zeltplatz und bekommt auch einen ziemlich analytischen Einblick in die Wahl der Bauten und Siedlungen, in denen sich der Festivalbesucher während seines Wochenendausflugs einquartiert. Darüber hinaus widmet sich ein sehr spezieller Teilabschnitt den teils ekelerregenden kulinarischen Genüssen(?), denen man auf dem Gelände begegnet und die zum größten Teil wohl jedweder Hygieneprüfung zum Opfer fallen würden.

Interessant wird es schließlich, wenn sich die einzelnen Inhalte vermischen und beispielsweise bestimmte Rituale mit den dazugehörigen Charakteren in Verbindung gebracht werden. Oder wenn sich offenbart, warum diverse Speisen lediglich von einer bestimmten Gattung des Festivalgastes konsumiert werden. Hier greift Uschmann dann zum äußersten Extrem, würzt seine Darstellungen mit sehr pikantem, trockenem Humor und erreicht am Ende noch weitaus mehr Lacher als der umschriebene Menschentyp im Bierrausch vor der Hauptbühne – und das will ja schon mal einiges bedeuten!

Insofern wäre es eigentlich schon fatal, dieses Buch abzulehnen, weil Festivals und die Menschen, die sich dort Sommer für Sommer aufhalten, ordentlich durch den Kakao gezogen werden. Denn gerade diejenigen, die hier am ehesten betroffen sind, werden staunen, wie perfekt sie in manchen Abschnitten satirisch getroffen werden, welche Eigenbrödlereien sie selber ausleben, ohne sie als solche zu erkennen, und wie – plump gesagt – bescheuert man sich doch gerne schon einmal verhält, wenn man sein Haus für ein Wochenende verlässt und sein Leben in dieser Zeit in die Dienste des Rock ’n‘ Roll stellt. Von daher gehen für diesen ironischen, humorvollen und absolut gelungenen Beitrag zu einem Teil der zeitgemäßen Kultur beide Daumen absolut senkrecht nach oben!

|Paperback, Flexobroschur, 368 Seiten
ISBN: 978-3-453-26808-1|
http://heyne-hardcore.de
http://www.heyne.de

Bender, Hilmar – Violent Evolution: Die Geschichte von KREATOR

Es ist nicht der erste Frühling, den die Ruhrpott-Jungs von KREATOR dieser Tage erleben. Nach der Rückbesinnung zu ihren evidenten Wurzeln und der Neustrukturierung innerhalb der Band gelang Mille Petrozza und seinen Jungs mit dem Release von „Violent Revolution“ ein erneuter Durchbruch, den man zumindest nach der experimentellen Phase zu „Outcast“-Zeiten und dem sehr ruhigen „Endorama“-Album nicht mehr erwartet hätte. Es waren schließlich Scheiben wie „Enemy Of God“ und „Hordes Of Chaos“, die den wiederholten Aufwärtstrend des Altenessener Quartetts nicht nur bestätigten, sondern die Band als Nummer 1 in der europäischen Szene endgültig und bis zum heutigen Tag festigen sollten.

Gerade aufgrund der bewegten Ereignisse und der vielen prägnanten Karriere-Stationen, aber auch aus Anlass zum nunmehr fast 30-jährigen Bestehen der Band ist es daher sicher einmal Zeit, die Geschichte der einst noch stark im Punk verwurzelten Truppe aufzurollen und vor allem das in den Fokus zu nehmen, was die vielen Episoden in der KREATOR-Historie geprägt haben. Mit Hilmar Bender haben sich Petrozza und Co. nun einen externen Biografen ins Haus geholt, der zwar nicht als unmittelbares Bindeglied zur Band fungiert, deren Laufbahn aber intensiver verfolgt hat als manch eingeschworener Kuttenträger. Bender, ebenfalls ein Kind aus dem Pott, rollt in „Violent Evolution“ nicht nur Geschichtsträchtiges auf, sondern ist auch sehr bemüht, genau das darzustellen, was die einzelnen Köpfe und Charaktere innerhalb der Band und ihres direkten Umfeldes ausmacht. Doch mit einer Schwierigkeit musste sich der Autor hierbei ganz besonders auseinandersetzen: Wie kann man den Lebensweg einer Musikgruppe beschreiben, die in ihrem aktiven Handeln diverse, nur schwer nachvollziehbare Schritte unternommen hat, ohne dabei die Sicht des Fans zu verlieren? Denn genau in diesem Punkt gerät „Violent Evolution“ nicht nur einmal an seine neutralen Grenzen.

Der Fokus des Buches liegt dabei ganz klar auf der Entwicklung der Erstbesetzung bzw. der Truppe, die seinerzeit Alben wie „Pleasure To Kill“ und „Endless Pain“ mit einer Spontaneität eingespielt hat, die es im heutigen Thrash Metal nicht mehr geben kann. KREATOR bzw. die darin involvierten Personen sind Launenmenschen, deren vorrangige Ambition vor allem in den mittleren 80ern darin bestand, ihre Energien in Musik umzuwälzen. Gerade die Verwurzlung in der Ruhrpott-Szene ist dabei von entscheidender Bedeutung und wird detailreich mit einer Menge Augenmerk versehen. Lobenswert ist hierbei, dass sich Bender von Saufeskapaden und Vergleichbarem stark distanziert (man denke nur mal an die Gewichtung dieser Themen in der GRAVE DIGGER-Biografie), die Band zwar auch als partielle Party-Truppe charakterisiert, aber eben den Schwerpunkt ausschließlich auf die persönliche Entwicklung der Protagonisten sowie die einzelnen Kapitel in deren Leben als Band setzt.

Dennoch kann man das Geschriebene nicht ganz unkritisch sehen, da die Verteilung jener Prioritäten nicht wirklich gleichmäßig erfolgt. Man erfährt eine Menge über die Einstellung der Band zur Szene und deren Auf- und Niedergang, wird aber nur am Rande mit den eigenwilligen Entscheidungen konfrontiert, die zum zeitweiligen Untergang des Bandkonstrukts führten. „Renewal“ als zwiespältiges Album bekommt zwar noch etwas Aufmerksamkeit, die musikalischen Tiefschläge, die das Old-School-Publikum jedoch mit „Endorama“ verkraften musste, bekommen aber keinen großen Raum und werden quasi ausgeblendet.

An sich wird zwar nicht wirklich alles schön geredet, aber es fehlt nicht bloß einmal die offensive Auseinandersetzung mit den kritischen Entscheidungsschritten dieser Band, vielleicht auch vor dem Hintergrund, dass die Herrschaften aus Essen eines Tages doch wieder die Kurve bekommen haben. Aber schließlich sind es vielleicht gerade diese Inhalte, eben die weniger logischen Konsequenzen, über die man gerne lesen möchte. Die Chronologie der Dinge nachzuvollziehen, und das auch vergleichsweise ausführlich und faktisch, hat sicher auch einen Reiz. Aber was „Violent Evolution“ abseits der Fakten des Öfteren verloren geht, ist ein gewisser Tiefgang und ein Blick hinaus über den Tellerrand der Dinge, die im Zusammenhang mit KREATOR gerade für Fans eh schon wie in Stein gemeißelt sind.

Letztgenannter Umstand sollte aber keinesfalls ein Hindernis sein, „Violent Evolution“ im Händlerregal verstauben zu lassen. Nur, und das darf man eben nicht verschweigen, hat die Biografie der vielleicht wichtigsten Thrash-Band der Jetztzeit einige kleine Lücken, die man als beinharter Fan der Petrozza-Gang gerne gefüllt sehen würde. Und das ist schade, da eine solche Chance vielleicht nur einmal kommt – sofern es bei dieser Erstauflage bleibt!

|Hardcover: 221 Seiten
ISBN-13: 978-3866081444|
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Hudson, Saul / Bozza, Anthony – Slash – Die Autobiografie

Wäre mein Name Saul Hudson, würde ich jetzt einen Zylinder tragen. ich wäre ein hemmungsloser Rockstar, lebte in der ‚Paradise City‘ und wüsste nicht, wie ich meinen vernichtenden Hunger jemals stillen sollte. Vielleicht mit ein bisschen Koks? Oder am Ende doch mit einer gesunden Portion Rock ’n Roll? Womöglich darf es ja am Ende auch eine verbale Auseinandersetzung mit einem exentrischen Gegenspieler sein? Axl Rose eventuell?

Nun, der Lebenswandel des Herrn, der im Business eher unter dem Pseudonym Slash bekannt ist, hat viele exzessive Seiten. Der einstige Skateboard-Rabauke, der mehr oder weniger zufällig an die Gitarre geriet und hier auch anfangs kaum Talent zeigte, hat nicht nur in jungen Jahren, jede Line und jeden Whiskey mitgenommen, der ihm in die Hände fiel. Dem Alkohol verfallen, von den Drogen teilweise zerfressen, vom plötzlichen Reichtum übermannt und schließlich immer wieder vom Business und der Musik gerettet: Der Lebenslauf des Schlangenliebhabers liest sich wie die klischeehafte Abwandlung der Spinal-Tap-Story, ergänzt durch die symbolische Adaption der Eskapaden von Bands wie Led Zeppelin und Aerosmith und scheint in seiner Ausprägung noch maßloser übertrieben als Mötley Crües Schmierenschrift „The Dirt“. Doch man muss nicht weit vordringen, um in der nun veröffentlichten Biografie nachzuvollziehen, dass jedes Erlebnis, das hier in seiner teilweise beängstigenden Breite aufgegriffen wird, auch tatsächlich ein Teil des Lebens von Mr. Hudson ist – und genau dies macht dieses Buch von der ersten Seite an zu einem bemerkenswerten Schriftstück.

Dabei mag es in vielen Passagen des relativ dicken Schmökers unrealistisch erscheinen, dass der Namensgeber sich gerade an die kleineren Fehlgriffe noch bis ins kleinste Detail erinnert, schließlich hat der Kerl seinem Körper so viele bewusstseinserweiternde Mittelchen zugefügt, dass man meinen müsste, dass ganze Episoden aus seiner Jugend und den ersten Jahren bei Guns ’n Roses völlig aus seiner Erinnerung verschwunden sein müssten. Doch Slash nimmt den Faden in der Kindheit auf, spinnt ihn über eine schwierige Jugend, ergänzt die herben Rückschläge mit seinen ersten Bands, kommt schließlich mit ähnlich wuchtigem Tempo zum Durchbruch wie seine einstige Combo und verwandelt seine Autobiografie dann zwischenzeitlich in einen unvermeidlichen Abriss der Guns-’n-Roses-Story – allerdings aus einer sehr objektiven, nur selten kritischen Perspektive. Zwar räumt der Mann mit dem legendären Hut ständig Fehler wie der verschwenderische Umgang mit den enormen finanziellen Mitteln ein, begibt sich aber nicht in die Schlammschlacht, die man sicher zu befürchten gehabt hätte, würde sein Evil Twin Axl die Dinge aus seiner Sicht beschreiben. Stattdessen bleibt Slash seinem Naturell treu, gibt sich als der coole, lässige Typ von nebenan und macht nicht mal den Ansatz von nachtragenden Statements oder Negativ-Statements über die schleichende Auflösung seiner Truppe. Zumindest tritt er nicht nach, auch wenn ihm die Art und Weise – das liest man zwischen den Zeilen – absolut missfällt!

Letzten Endes ist es aber nicht in erster Linie das Leben mit jener Band, welches den Löwenanteil dieses Werkes ausmacht. Natürlich stehen die Ereignisse im Bandkontext über vielen elementaren Inhalten, doch in letzter Instanz ist es der Mensch und Musiker, der sich hier mit einer bemerkenswerten Selbstdarstellung Tribut zollt, und nicht sein Umfeld und all die Störenfriede, von denen dieses Buch erzählt. Und hier steht zwischen den Linien die ganze Spanne von Verzweiflung bis Euphorie, von selbstironischer Selbstzerstörung bis hin zum blindwütigen Eskapadismus und von Leidenschaft bis hin zur Totalaufgabe. Es sind so viele Episoden, die Erwähnung verdienen, vor allem aber die steten Unbekannten, über die man sich hier am meisten freut. Slash versteht sich nämlich blendend darauf, die Szenen herauszufischen, die jenseits von Ruhm und Ehre stehen, jene Seiten, die das humane Wesen hinter dem Rockstar analysieren, dabei aber nicht werten, sondern schlichtweg zu unterhalten wissen. Unterhaltung ist letztendlich auch das, was sich die Schöpfer dieser fantastischen Biografie auf die Fahne geschrieben haben. Lockeres Geschreibsel und reichlich Spontaneität bei der Auswahl der Kapitel stehen dem voraus und werden schlussendlich von einem Themenkreis ergänzt, der prinzipiell jede derbe Rockstar-Biografie in den Schatten stellt – einfach weil die Klischees hier glaubhaft an den Mann gebracht werden. Und auch wenn man am Ende nicht über jede Line und jeden Tupfer Crack informiert werden möchte: Es hat doch immer wieder was, wenn Slash in den Tiefen seiner Persönlichkeitsentwicklung gräbt und beschreibt, wie er sein Leben an den Grenzen jeglicher exzessiven Toleranz wieder in den Griff bekommen hat. Und dass zum Schluss hin eigentlich niemand weiter nach Guns ’n Roses bzw. dem Split fragt, ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Autor hier einen mehr als gesunden Mittelweg eingeschlagen hat – und eine Richtung, die man als Leser nicht nur begrüßen darf, sondern deren zahlreiche Anteile man mit einer unglaublichen Wolllust verschlingen wird!

|Hardcover: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3927638457|
[www.edel.com/de/buch/edelbooks]http://www.edel.com/de/buch/edelbooks

Johnson, Brian – Rock auf der Überholspur

_Ein Mann und sein Auto …_ Der Leitspruch von Hasselhoffs alter Zauberkiste könnte auf kaum eine Person so genau abgestimmt sein wie auf AC/DC-Frontröhre Brian Johnson. Der Mann mit der Batschkapp, der seinerzeit das schier immens große Erbe der nach bester Rock & Roll-Manier verschiedenen Skandalnudel Bon Scott antreten durfte, stand lange Jahre im Schatten seines Vorgängers und er beiden Young-Brüder, die ihn anno 1980 zu jenen geschichtsträchtigen Auditions einluden, die wiederum langfristig zu den Aufnahmen des Klassikers „Back In Black“ führten. Und dabei war Johnson von Beginn an ein nahezu vergleichbar signifikantes Aushängeschild wie der viel zitierte Angus, nur eben dass er sich bei der Pressearbeit weitestgehend zurückhielt und lieber seinen Kollegen die großen Worte überließ. Mit der Zeit hat sich dieser Status jedoch zunehmend zugunsten des einstigen Geordie-Sängers geändert – bis dieser schließlich selber die Muße fand, seine ganz persönliche Biografie zu verfassen.

„Rock auf der Überholspur“ ist in diesem Sinne aber alles andere als eine typische Retrospektive eines namhaften Musikers. Johnson lässt zwar in den unzähligen Kapiteln seines ersten Buches viele knappe Zitate zu den Ereignissen rund um die Starkstrom-Rocker los, beschreibt im Kern jedoch nicht seine persönliche Entwicklung bzw. die Chronologie der Dinge, die den Monster-Act in die heutzutage vielleicht erfolgreichste Live-Band überhaupt verwandelt hat. Stattdessen beschränkt sich der charmante Sympathieträger auf seine Vorliebe für fahrbare Untersätze jeglicher Art und verknüpft die wichtigsten Episoden seines Lebens mit bestimmten Pkws, kultigen Oldtimern, flotten Flitzern und seinen Erlebnissen im Rennsport-Metier, die gerade in den vergangenen beiden Dekaden zum zweiten zeitraubenden Hobby des Sängers geworden sind.

Und dieser Schritt macht gleich aus mehreren Gründen Sinn, denn a) ist die Geschichte von AC/DC in zahlreichen inoffiziellen Biografie-Werken schon bis zum Abwinken durchgekaut worden, b) ist die Reportage des Arbeiterklassekinds, welches plötzlich seine große Chance bekam, auch nichts mehr, was noch irgendeinen Fan des Quintetts aus der Reserve locken könnte, und c) weiß man über Johnson und seinen medienscheuen Charakter einfach unheimlich wenig, weil er sich nie wirklich um sein Außenbild gekümmert hat – wenigstens nicht bewusst. Was liegt da also näher, als von Eskapaden auf der Rückbank zu berichten, unflätige Banausen abzustrafen, die den wahren Schatz ihrer Feuerstühle nicht richtig einzuordnen wissen, und dabei genau das nach außen zu kehren, was Johnson von jeher am meisten beschäftigt: Pferdestärken, Gleichgesinnte und darüber hinaus auch ein wenig der Rock & Roll!

_Die Art und Weise_, wie sich der Mann dabei in Szene setzt, mag natürlich hin und wieder ein wenig abgedroschen sein, was womöglich aber auch an der sehr umgangssprachlichen Übersetzung liegt. Dass hier beispielsweise manche deutschen Sprichworte verwendet werden, erscheint komisch, sichert aber den lockeren Sprachgebrauch, der auf den gut 220 Seiten garantiert ist. Lesenswert ist in diesem Sinne allerdings, dass der Autor ständig irgendwelche ziemlich abstrakten Vergleiche herzieht, um Ungeschicke oder Peinliches sinnbildlich zu beschreiben. Es ist einerseits der raue Ton der Straße, der sich hier Schritt für Schritt manifestiert, andererseits aber auch ein Gespür für humorvolle Redewendungen, deren wahrer Sinngehalt definitiv für Johnsons kreative Phantasien spricht. Kreativ kann man ja schließlich auch sein, wenn man bestimmte Begebenheiten mit den eingequetschten Genitalien eines Affen vergleicht.

Zum Beispiel … Der hohe Unterhaltungswert resultiert aber dennoch aus den kurzweiligen Texten, die immer wieder kleine Episoden aus Johnsons Leben ans Tageslicht bringen, ohne dabei den Tiefgang zu suchen oder zwanghaft das Leben mit der Band vorne an zu stellen. Lediglich Basser Cliff bekommt mehrfach sein Fett weg, da er bei der Wahl seiner Karossen stets in die Tonne greift. Ach ja, und dass Angus keinen Führerschein besitzt, möchte der Sänger natürlich auch noch einmal betonen, da diese Vorstellung für ihn einfach so absurd scheint, dass ihm für eine derartige Verschwendung eigener Ressourcen jegliches Verständnis fehlt.

Und die Autos? Oh ja, sie stellen den Löwenanteil. Aston, Bentley, Rolls Royce, zwischendurch mal ein pannenbehafteter Lotus: Brian weiß nicht nur, wovon er spricht, er hat auch schon mit allerlei Motoren Freundschaft geschlossen und Hasslieben entwickelt, ohne dabei irgendwie wählerisch zu sein. Er ist schlichtweg fasziniert vom Rennsport und der Power, die sich hinter den einzelnen Kraftfahrzeugen verbirgt und lässt dieser Leidenschaft in jedem Kapitel von „Rock auf der Überholspur“ freien Lauf. Und mehr als dies gibt er dabei so viel über sich und seinen Charakter preis, dass man spätestens mit dem unsicheren Schlusswort weiß, dass man den Menschen Brian Johnson nie besser hätte kennen lernen können, als über diesen begeisterungstüchtigen Report auf vier Rädern bzw. zwanzig Dutzend Seiten. Und da die Anekdoten nicht zwangsweise AC/DC-Stoff sind und sich nicht bloß an deren Publikum richten, muss man auch dem Universaltalent hinter diesem Buch applaudieren. Wobei: Gerade Fans der australisch-schottischen Combo sollten hier zugreifen, weil zwischen den Zeilen weitaus mehr Persönliches steht als in allen zweitklassigen Lizenzwerken um Young, Young, Williams, Rudd und Johnson! Sowohl vom Entertainment-Gehalt als auch hinsichtlich des feinen Humors ist diese „automobile Biografie“ wärmstens zu empfehlen!

|Gebunden: 220 Seiten
Mit 31 Fotos und Illustrationen
Originaltitel: Rockers and Rollers (2009)
ISBN-13: 978-3931624644|
[www.ip-verlag.de]http://www.ip-verlag.de

Grönemeyer, Herbert – Alles – Herbert Grönemeyer (Songbook)

Die Zweifel daran, ob Herbert Arthur Wiglev Clamor Grönemeyer inzwischen der größte und wichtigste deutschsprachige Musiker bzw. das Aushängeschild der hiesigen Pop-Szene ist, dürften in den vergangenen Jahren endgültig verraucht sein. Mit der Veröffentlichung seines sehr emotionalen „Mensch“-Albums gelang dem sympathischen Ruhpottler der erfolgstechnische Bombeneinschlag, dokumentiert in den Charts und auch durch mehrfache Platinauszeichnungen. Seither ist Grönemeyer auch wieder ein Garant für volle Stadien, monströs lange Konzerte und eigenwillige Konzepte – so wie einst, als er mit seinem Dauerbrenner „Bochum“ eine ganze Region ins Boot holte.

Seit seinem ersten musikalischen Lebenszeichen aus dem Jahr 1979 gilt Grönemeyer zwar als kompositorischer Eigenbrödler, aber auch als Visionär, dessen oft als Ungesang bezeichnetes Organ zu einem Trademark avanciert ist, das aus der heutigen Medienlandschaft überhaupt nicht mehr wegzudenken ist. Grönemeyer fühlt und lebt seine Songs, packt sein Inneres hinein und macht sein Seelenleben transparent, ohne dabei auf Metaphern oder Floskeln zurückgreifen zu müssen. Diese Ehrlichkeit, das Authentische und diese Form der Transparenz waren schließlich die Erfolgsgaranten für mittlerweile unendlich viele Hits und eine darauf aufbauende Karriere am permanenten Leistungshoch.

Diese Visionen, publiziert in seiner Musik, kann man nun auch am heimischen Flügel nachempfinden. Aus der Reihe |Die Kleinen| wurde letztes Jahr auch eine Edition zu Grönemeyers bisherigem Vermächtnis veröffentlicht, die alle Songs bis zu seinem letzten Studio-Output „12“ beinhaltet. Die wilde Phase der Achtziger ist ebenso eingeschlossen wie die Zurückgezogenheit des vergangenen Jahrzehnts, die schließlich nahtlos in die vielleicht emotionalste Phase zu Beginn der aktuellen Dekade übergeht.

Wie gehabt sind die Songs in Text- und Akkordform dargeboten, dies aber leider auch nur im Kleinformat, so dass die praktische Umsetzung nicht immer ganz einfach bzw. übersichtlich ist. Der strapazierfähige PVC-Einband schützt zwar vor allzu schneller Abnutzung, doch da das Notenwerk im herausgegebenen Format nur schwer in einer Halterung anzubringen ist, muss man die Songs bereits vorab verinnerlicht haben, bevor man sie dann auch dementsprechend spielt.

Daher sei auch darauf verwiesen, dass das „Alles“-Songbook in erster Linie die Funktion eines Nachschlagewerks einnimmt, welches in lyrischer Form die komplette Grönemeyer-Historie abdeckt. Der Anspruch auf Vollständigkeit wird befriedigt, und als Generalübersicht über das Schaffen des Bochumer Künstlers taugt die Mini-Ausgabe des Songbooks ebenfalls. Wer jedoch Noten und Arrangements für den praktischen Bereich sucht, ist mit den einzeln veröffentlichten, dann aber natürlich auch wesentlich kostspieligeren Einzelausgaben besser bedient. Nichtsdestotrotz: Für Grönemeyer-Fans ist „Alles“ definitiv eine wertvolle Sache!

Zum Ende noch ein Überblick über die Songs, die dieses kleine Büchlein enthält:

Alkohol
All die Jahre
Amerika
Angst
Anna
Besser du gehst jetzt
Bist du taub
Bleibt alles anders
Blick zurück
Bochum
Bruno
Chaos
Commander
Currywurst
Darf ich mal?
Deine Liebe klebt
Demo (Letzter Tag)
Der Weg
Diamant
Die Härte
Die Welle
Dort und hier
Du bist die
Einmal
Energie
Erwischt
Etwas Warmes
Fanatisch
Fangfragen
Fisch im Netz
Flugzeuge im Bauch
Flüsternde Zeit
Frag mich nicht
Fragwürdig
Freunde
Für dich da
Grönland
Guten Morgen
Haarscharf
Halt mich
Hartgeld
Helga
Herbsterwachen
Ich bin ein Spieler
Ich bin wieder soweit
Ich dreh mich um dich
Ich geb nichts mehr
Ich hab dich bloß geliebt
Ich hab dich lieb
Ich versteh
Ich will mehr
Ich will’s nicht
Jetzt oder nie
Kadett
Kairo
Kaufen
Kein Pokal
Kein Verlust
Keine Garantie
Keine Heimat
Kinder an die Macht
Kino
Komet
Komm zurück
Kopf hoch, tanzen
Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht
Lächeln
Land unter
Leb in meiner Welt
Letzte Version
Liebe liegt nicht
Luxus
Mambo
Männer
Marie
Marlene
Maß aller Dinge
Mehr geht leider nicht
Mein Konzert
Mensch
Mit Gott
Moccaaugen
Morgenrot
Musik nur, wenn sie laut ist
Muskeln
’n Bombenlied
Nach mir
Neue Welt
Neuland
Nur noch so
Ohne dich
Onur
Reines Herz
Schmetterlinge im Eis
Selbstmitleid
Sie
So gut
Spur
Stand der Dinge
Stau
Stück von Himmel
Tanzen
Total egal
Unbewohnt
Unterwegs
Verflucht – es tut weh
Vergiss es, lass es
Video
Viel zu viel
Viertel vor
Vollmond
Was soll das?
Zieh deinen Weg
Zum Meer
Zur Nacht

|A6-Format im PVC-Cover
ISBN-13: 978-3865433350|
http://www.bosworth.de