Archiv der Kategorie: Rezensionen

Grant Morrison, Paul Dini, A. Kubert, D. Kramer – Batman 4

Batman 1
Batman 2
Batman 3

Inhalt

„Batmans Sohn –Damian, Teil 1 und 2“

Gerade erst hat Batman den Joker besiegt und Gotham City bis auf weiteres von der Bedrohung gesäubert, da verlangt es ihn nach Jahren der Verbrecherjagd nach dem lang ersehnten Urlaub. Auf Geheiß seines Butlers mischt er sich schließlich als Playboy unters Volk und wird bei einer großen Gala unverhofft Zeuge einer Attacke einer ganzen Armee von Man-Bats. Kurzerhand schlüpft er in sein Kostüm zurück und klärt die Situation. Doch damit ist der Friede nicht endgültig eingekehrt. Seine ehemalige Geliebte Talia erscheint auf dem Ball und scheint in die Dinge verwickelt zu sein. Und damit nicht genug: Die Dame hat noch eine weitere heftige Überraschung für Mr. Wayne parat.

„E.Nigma, Detektiv & Berater“

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Nick Yapp – True Crime. Die spektakulärsten Verbrechen der Geschichte

Inhalt:

– „Banditen und Anarchisten“ (S. 8-35): Die Geschichte des Verbrechens beginnt für Verfasser Yapp offensichtlich erst im 19. Jahrhundert und beschränkt sich auf den Wilden Westen der USA, das revolutionäre Mexiko Emilio Zapatas und Pancho Villas, springt kurz nach Großbritannien, dann zu den US-Desperados John Dillinger und Bonnie & Clyde, um dann im späteren 20. Jahrhundert mit der Baader-Meinhof-Gruppe (!) und der Terrorattacke auf die israelischen Sportler bei den Olympischen Spielen von 1972 auszuklingen.

– „Unrechtmäßiges Geld“ (S. 36-53) in möglichst hohen Summen zu ergaunern, ist das Ziel aller Berufskriminellen, was hier am Beispiel von Schwarzbrennern, Hochstaplern, Trickbetrügern, Finanzjongleuren, Schiebern, Räubern und Aktienschwindlern dargestellt wird. Nick Yapp – True Crime. Die spektakulärsten Verbrechen der Geschichte weiterlesen

Guy Gavriel Kay – Die Fürsten des Nordens

Ein Wanderer durch die Kulturen

So könnte man Guy Gavriel Kay bezeichnen, der sich während seiner Schreibkarriere seit 1984 stets an anderen Kulturen angelehnt hat, um seinen Fantasy-Zyklen ein lebendiges Universum zu bieten. Wo sich sein „Sarantium“-Zyklus an der Spätantike orientierte, widmete er sich mit „Die Herren von Fionavar“ dem europäischen Mittelalter, um im „Tigana“-Zyklus die Renaissance zu behandeln. Nicht überraschend also, dass sich Kay mit dem abgeschlossenen Roman „Die Fürsten des Nordens“ wiederum einer anderen Kultur zuwandte, nämlich, wie der Name schon sagt, der des Nordens, um aus der Welt der Wikinger, der Angelsachsen und Kelten Spannendes zu erzählen.

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Compton, Jodi – Kälter als der Tod

Detective Sarah Pribek war bereits in Jodi Comptons Debüt „Sechsunddreißig Stunden“ die Hauptperson und hatte mit der zwielichtigen Vergangenheit ihres Ehemanns zu kämpfen. Im Nachfolger „Kälter als der Tod“ macht ihr ihre eigene Vergangenheit zu schaffen.

In „Sechsunddreißig Stunden“ wurde Royce Stewart, der die kleine Tochter von Sarahs Partnerin vergewaltigt und umgebracht hatte, getötet und niemand weiß, dass dies durch Sarahs Partnerin geschah. Offiziell ruhen die Ermittlungen, weil es keinen Verdächtigen gibt, doch eines Tages taucht der karrieregeile Anwalt Gray Diaz in Minneapolis auf. Er möchte Sarah den Mord anhängen, verhört sie dazu und konfisziert ihr Auto. Sarah hält sich an die Version der Tat, die sie mit ihrer verzogenen Partnerin besprochen hat, doch Gray ist gut in seinem Job und spürt Beweise auf, von denen die junge Detective nichts gewusst hat …

Gleichzeitig kommt die siebzehnjährige Marlinchen Hennessy, Tochter eines bekannten Schriftstellers, in Sarahs Büro und möchte ihren Zwillingsbruder Aidan als vermisst melden. Aidan lebte bei einem Freund der Familie in Georgia und ist dort seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen worden. Als Sarah nachfragt, wieso Marlinchen ihren Bruder jetzt erst meldet und was mit ihrem verwitweten Vater ist, stößt sie auf Ablehnung. Je länger sie sich mit der Familie Hennessy beschäftigt, umso deutlicher wird, dass sich in dem niedlichen Landhaus ein düsteres Geheimnis verbirgt …

Gleichzeitig wird sie von ihrem Chef auf eine Undercoverermittlung angesetzt, denn seit der Sache mit Royce Stewart wurde sie zum Mädchen für alles degradiert und darf nur noch die undankbaren Jobs übernehmen. Sie soll einen Mann suchen, der in einer Sozialwohnung als Arzt praktiziert, aber keine Approbation hat. Unter dem Vorwand einer Erkältung begibt sie sich bei Cisco, wie sich der Pseudoarzt nennt, in Behandlung, doch ihre Ermittlungen laufen aus dem Ruder. Sie schafft es nicht, den emotionalen Abstand zu halten, der für ihren Beruf angebracht wäre …

Das Buch beginnt mit einem nicht sonderlich interessant gestalteten Rückblick auf die Handlung von Jodi Comptons Debüt und schließt daran eine nichtstringente Handlung an, in deren Mittelpunkt Sarah steht. Sie ist diejenige, die die losen Handlungsenden, die in der Inhaltsangabe ersichtlich wurden, mittels des dichten Erzählstils zusammenhält.

Es sind weniger Mord und Totschlag, die „Kälter als der Tod“ zu Ruhm verhelfen, als vielmehr die zahlreichen zwischenmenschlichen „Fälle“, welche die Autorin in ihre Geschichte einwebt. Obwohl an sich wenig Spannung im eigentlichen Sinne dabei aufkommt, schafft sie es, den Leser mit Sarahs Ich-Perspektive zu fesseln.

Sarah ist zwar kein besonders origineller Charakter, aber im Laufe des Buches zeigt sich, dass sie auch nicht ganz ohne ist. Compton stellt sie sehr anschaulich dar, erzählt viel aus ihrem Privatleben und aus ihrer Vergangenheit. Diese Begebenheiten sind zumeist mehrere Seiten lang, aber trotzdem gerafft. Sie sorgen dafür, dass man Sarah besser versteht und kennen lernt, und sie lenken keineswegs von der Haupthandlung ab.

Gestützt wird die Protagonistin von einem sauberen, sehr persönlichen Schreibstil, der sich vor allem durch seine Tiefe hervortut. Compton erschafft keinen neuen Stil, sondern sie benutzt eine nüchterne, bodenständige Sprache mit wenigen rhetorischen Mitteln. Sie arrangiert diese so geschickt, dass sie den Leser einwickelt und ihn zwingt, das Buch zu Ende zu lesen. Sarah Pribek wächst dem Leser einfach so ans Herz, dass es ihm schwerfällt, den Roman aus der Hand zu legen.

Mit dieser fatalen Sogwirkung, einer sehr gut ausgearbeiteten Protagonistin und einer Handlung, die nicht wirklich spannend, aber faszinierend entwickelt ist, hat Jodi Compton ein Buch geschaffen, das weniger ein waschechter Krimi als vielmehr ein richtig schön erzählter Roman ist.

|Originaltitel: Sympathy between Humans
Originalverlag: Bantam Dell
Aus dem Amerikanischen von Sabine Lohmann
Taschenbuch, 416 Seiten
2005 erschienen als Bertelsmann-Club-Ausgabe unter dem Titel „In der Angst meines Herzens“ unter Lizenz des Heyne-Verlags|
http://www.heyne.de

Max Allan Collins – Gangsterbräute 1934

collins heller02 gangster 1934 cover kleinDas geschieht:

Chicago im Sommer des Jahres 1934: Die USA befinden sich weiterhin im Würgegriff der Weltwirtschaftskrise. Auch die Geschäfte von Nate Heller, einem ehemaligen Polizeibeamten, der sich vor einiger Zeit als Privatdetektiv selbstständig gemacht hat, gehen schlecht. Deshalb übernimmt er gern den an sich reizlosen Auftrag, eine des Ehebruchs verdächtige junge Frau zu beschatten – und gerät erneut in eine faule Sache, der das FBI und Chicagos korrupte Polizei ebenso einschließt wie Frank Nitti, der in der Nachfolge Al Capones über das organisierte Verbrechen der Stadt herrscht.

Der Mann, mit dem besagte Dame ihren Gatten tatsächlich betrügt, könnte John Dillinger sein, ein berüchtigter Bankräuber, der sehr erfolgreich der Polizei und dem FBI nicht nur mehrfach entkam, sondern manches saure Schnippchen geschlagen hat. J. Edgar Hoover, Chef des FBI, hat deshalb die Parole ausgegeben: Stellt Dillinger – und legt ihn um! Der „Staatsfeind Nr. 1“ ist damit zum Abschuss freigegeben. Heller will sich an dieser Treibjagd nicht beteiligen, obwohl ihn Nitti, dem er im Vorjahr das Leben gerettet hat, wissen lässt, dass auch er ein gewaltsames Ende Dillingers forciert; der Gangster lässt das Gesetz nervös und übereifrig agieren und stört dadurch Nittis Geschäfte, die keine öffentliche Aufmerksamkeit vertragen. Max Allan Collins – Gangsterbräute 1934 weiterlesen

Ed Brubaker, Dustin Nguyen – The Authority 1: Revolution 1

Story

Die |Authority| ist eine Vereinigung von Übermenschen, die einst als Popstars gefeiert wurden und sich infolge ihrer immensen Popularität vor vier Jahren an die Macht geputscht haben. Doch seit einiger Zeit mehren sich die Stimmen derjenigen, die ihre Regierung als zu radikal empfinden. Diesen Zeitpunkt nutzt der Schwerverbrecher Bendix, um einige alte Superhelden aus dem Altersheimen zu rekrutieren, ihnen neue Kräfte zu schenken und mit ihrer Hilfe eine verheerende Rebellion zu starten.

Ein erster Zwischenfall in Philadelphia, wo mehrere Hundertschaften von Zivilisten ums Leben kommen, gilt der Authority als Warnung, doch tagtäglich werden neue amerikanische Großstädte von der Truppe namens Paul Revere & The Sons Of Liberty heimgesucht und einer Welle der Zerstörung unterworfen. Unterdessen reist der Midnighter in die Zukunft und erfährt vom gealterten Apollo, wie er den Lauf der Dinge verändern kann. Allerdings ist hierzu die sofortige Auflösung der Authority erforderlich. Und nach den jüngsten Anschlägen erscheint der Rücktritt des Teams der genau falsche und unvernünftigste Schritt …

Persönlicher Eindruck

Die Authority gehört hierzulande lediglich zur zweiten Reihe der amerikanischen Comic-Superhelden, wohingegen das mächtige Team in den Staaten zu den populärsten Vertretern der illustrierten Zunft gehört. In „The Authority: Revolution 1“ wird nun jedoch der Anfang vom Ende des gefürchteten Teams beschrieben und somit die Hoffnung geschmälert, dass die Superhelden um John Hawksmoore, Angie, Apollo und den Midnighter doch noch in Kürze Fuß fassen. Aber vielleicht wird dies ja auch der Anfang vom Ende einer Durststrecke …

Die in diesem Sammelband veröffentlichte Story von „Daredevil“- und „Captain America“-Autor Ed Brubaker schildert den wohl größten internen und gleichsam externen Konflikt, den die mittlerweile an der Regierung befindliche Mannschaft bis dato durchstehen musste. Eine unbekannte feindliche Macht hat Mittel und Wege gefunden, der Authority mit ihren eigenen Mitteln das Handwerk zu legen, und eine Revolution gestartet, die einerseits Tausende unschuldige Opfer findet, andererseits aber auch von unzähligen Befürwortern unterstützt wird, die sich lieber Paul Revere und den Söhnen der Freiheit anschließen als den unfreiwilligen Freitod zu erleben. Für das Team der Authority, welches jahrelang allen Gegnern und Konkurrenten kräftemäßig um ein Vielfaches überlegen war, kommt diese Situation nicht nur überraschend, sondern sie scheint auch zu einer deutlichen Überforderung zu avancieren.

Ausgerechnet der Midnighter, der vielleicht hartnäckigste Verfechter der Gemeinschaft der aus Freiheitskämpfern bestehenden Regierung, entdeckt durch eine unplanmäßige Zeitreise die einzigen Lösungsstrategien für ein halbwegs friedliches Ende. Doch hierzu müssen er und seine Kollegen all das aufgeben, was sie über Jahre geformt und aufgebaut haben. Das Ende der Authority scheint die einzig mögliche Voraussetzung zur Rettung der demokratischen Welt – und bevor noch mehr zivile Menschenopfer die Szenerie erschüttern, ist es für den schwarzen Rächer Zeit, die Revolution intern fortzuführen und den einzig logischen Friedensweg einzuschlagen. Das tragische Ende der wohl wichtigsten Gemeinschaft der Jetztzeit steht unmittelbar bevor.

Ed Brubaker lässt es im ersten von insgesamt zwei Sonderheften zu „The Authority: Revolution“ nicht nur unheimlich rasant zugehen, der Autor zeichnet auch ein sehr facettenreiches Bild einer Krise, die unterschwellig an die derzeitigen Crossover aus den Häusern |DC| und |Marvel| erinnert, alles in allem aber weitaus kompakter konstruiert ist. Ein großes Lob gebührt dem Autor diesbezüglich für die tollen Charakterzeichnungen der Mitglieder der Authority, die allesamt die Eigenschaft gemein haben, dass sie einerseits unnahbar und distanziert erscheinen, andererseits aber jederzeit ihre menschliche Seite offenbaren und trotz zur Schau gestellter Arroganz nie den Blick fürs Wesentliche verlieren.

Ähnliches gilt für die mysteriösen Mächte des im Hinterhalt agierenden Bendix, bei denen man nie so recht weiß, woran man ist, was ihnen genau vorschwebt bzw. welche Ziele sie bei ihrer grausamen Rebellion tatsächlich verfolgen. Der Leser muss sich viele Informationen erarbeiten und vor allem auf die vielen versteckten Details achten, die sich in und abseits der Dialoge offenbaren und rückwirkend auch wieder auf die Aktionen und Geheimnisse der Charaktere zurückgreifen. So ist ein teils verworrenes, aber jederzeit intelligent aufgearbeitetes Konstrukt erstanden, das zum Ende des ersten Teils noch viele offene Fragen bereithält, die vielversprechenden ersten Eindrücke jedoch ganzheitlich bestätigt.

„The Authority: Revolution 1“ bietet eine starke, phasenweise komplexere ‚Science-Fiction trifft Superhelden-Comic‘-Handlung mit ausgeprägt bearbeiteten Figuren, zahlreichen Überraschungen und permanenten Wendungen – und somit den Auftakt einer flotten, anspruchsvollen Storyline, deren ordentliche Aufarbeitung das Ganze zu mehr macht als einem bloßen Geheimtipp. Durchaus empfehlenswert!

Comic: 168 Seiten
http://www.paninicomics.de/?s=Wildstorm

Shocker, Dan – Dämonen (Larry Brent, Band 27)

Das Buch enthält neben dem Heftroman „Lady Frankenstein“, welcher erstmalig als Silber-Grusel-Krimi 53 erschienen ist, den ersten Teil eines Dreiteilers mit dem Titel „Corrida der Dämonen“. Dieser Roman erschien erstmals als Band 55 der Reihe Silber-Grusel-Krimi.

_Lady Frankenstein_

Larry Brent und Iwan Kunaritschew wollen bei ihrem Kollegen Alfonso Gomez alias X-RAY-12 Urlaub in den spanischen Pyrenäen machen. Als sie die einsame Berghütte erreichen, finden sie nur noch die Leiche ihres Freundes. Die Arme wurden ihm ausgerissen. David Gallun, der geheimnisvolle Chef der PSA, beauftragt seine Agenten damit, Licht in das Dunkel um die Ermordung von Gomez zu bringen.

Sie treffen auf den Farmer Paco Arimez-Prado. Seit geraumer Zeit wurde das Vieh von Paco getötet und nun wollte er mit seinem Knecht den unheimlichen Killer stellen. Dabei wurde der Knecht das Opfer eines Monsters. Paco verdächtigt den reichen Haziendero Alfredo Mojales und vor allem dessen Frau Carmen. Eher zufällig haben Larry und Iwan auch die Bekanntschaft mit Carmen Mojales und deren Tochter gemacht. Für die PSA-Agenten ist es ein glücklicher Umstand, dass sie zu einem Fest auf der großen Hazienda der Mojales eingeladen werden, nicht ahnend, dass Carmen Mojales niemand anders ist als – Lady Frankenstein …

|Beurteilung:|

In diesem Roman hat ein weiterer PSA-Agent einen Auftritt, der leider wieder einmal viel zu kurz ausfällt. Der Leser erfährt so gut wie gar nichts über Alfonso Gomez, bevor er ermordet wird. Der Autor täte gut daran, solche Charaktere in einem anderen Fall vorzustellen, bevor er sie sterben lässt. So berührt einen das Schicksal des Agenten nicht sonderlich.

Ansonsten ist der Roman äußerst kurzweilig und rasant geschrieben worden und weist lediglich kleine Längen bei Larrys Gespräch mit der Tochter von Carmen Mojales auf. Die Story über den echten Frankenstein, der Jagd auf seine ehemaligen Assistenten macht, wurde spannend erzählt und gipfelt in einem dramatischen Finale. Die Charaktere wirken alle sehr glaubhaft, insbesondere der ältere Farmer Paco Arimez-Prado wurde sehr sympathisch dargestellt. Das Highlight ist aber unbestritten der Auftritt des Barons von Frankenstein, der ebenso wie in dem Roman von Mary Shelley kein wahnsinniger oder gar bösartiger Wissenschaftler ist, sondern anfangs durchaus das Wohl der Menschheit im Blickpunkt hatte. Es ist immer wieder faszinierend zu lesen, wie Dan Shocker bekannte Begebenheiten mit seinen eigenen Ideen zu verknüpfen versteht.

_Corrida der Dämonen_

Larry Brent ist verschollen! Sein letztes Lebenszeichen stammt aus Mexico City, wo der Agent in einem Hotel wohnte und einer Sekte auf der Spur war, welche der finsteren Dämonengöttin Rha-Ta-N’My huldigt.

Morna Ulbrandson alias X-GIRL-C wird beauftragt, den Fall von X-RAY-3 zu übernehmen und das Schicksal ihres Kollegen zu klären. Ersten Aufschluss soll der Fund der Leiche eines gewissen Phil Hawkins geben, der entlang einer Bahnlinie durch den Dschungel gefunden wurde. Scheinbar wurde der Mann in einer Corrida, einem Stierkampf, als Pendant zu dem Tier zu Tode gehetzt.

Morna findet darüber hinaus heraus, dass Larry kurz vor seinem Verschwinden Kontakt zu der Sängerin Ondella Marichi hatte. Dadurch trifft sie auf Raymondo Camero, der den Kult anführt. Ehe Morna sich versieht, wird sie überwältigt und erwacht in einer verfallenen Arena mitten im mexikanischen Dschungel, wo sie bei der Corrida der Dämonen sterben soll …

|Beurteilung:|

Mit diesem Roman wagte sich Dan Shocker seinerzeit in mehrfacher Hinsicht auf Neuland.
Zum einen spielte sein Titelheld Larry Brent gar nicht aktiv mit, so dass der Leser hier einen Morna-Ulbrandson-Soloroman in Händen hält. Gleichzeitig ist dies auch der erste Teil der ersten Larry-Brent-Trilogie. Zwar erschien in der eigenständigen Serie bereits ein Dreiteiler, doch die Romane wurden von Shocker neu geschrieben, während der vorliegende Band bereits als Silber-Grusel-Krimi Nr. 55 veröffentlicht wurde.

Die Story an sich ist mehr als lesenswert und entführt den Leser in die Welt der dunklen Kulte und der finsteren Gottheiten. Die Bedrohung durch Rha-Ta-N’My wird auch in diesem Roman niemals konkret und schwebt wie ein Damoklesschwert unsichtbar über den Protagonisten. Allerdings wurde das Leben und Wirken von Bill Hathly zu minimalistisch und detailliert geschildert, was der übrigen Story nicht gerade zuträglich ist. Die Corrida wurde sehr realistisch beschrieben, und wenn man sich eine solche Marter plastisch vorstellt, kann einem schon die eine oder andere Gänsehaut befallen.

Sehr unheimlich schildert der Autor auch die Verwandlung der Frauen in schleimige Monstren, welche als Bräute der Dämonenpriester zu Opfergaben für die Monster-Bestie Gorho werden. In diesem Kontext ist es aber für den Leser schlecht nachvollziehbar, weshalb die Frauenmonster einfach verbrannt werden, obwohl sie mit den Priestern gar nicht in Kontakt kamen. Und nachdem sie geopfert wurden, liest man auch nichts weiter über den Schwarzen Sklaven Rha-Ta-N’Mys namens Gorho. Dennoch sind die Szenen alle durchzogen von einem Gefühl düsterer Beklemmung, und auch der Part von Morna Ulbrandson wurde packend geschildert, so dass man die Abwesenheit von Larry Brent auch gar nicht weiter vermisst.

Das Cover zeigt die teuflische Corrida der Dämonen in voller Aktion. Die Qual des Opfers wurde gut eingefangen, obwohl der Gesichtsausdruck auch ein wenig debil wirkt. Einen ärgerlichen Fehlgriff erlaubte sich der Verlag allerdings mit dem Rahmen, der in einem viel zu grellen Blau daherkommt und neben den anderen Büchern der Reihe unangenehm hervorsticht und deplaziert wirkt. Die Illustrationen von Pat Hachfeld hingegen sind echt schaurige Hingucker, die beide perfekt zur jeweiligen Handlung passen.

_Fazit:_ Auch in diesem Band präsentiert der |BLITZ|-Verlag zwei Klassiker des Gruselheftromans aus der Feder Dan Shockers. Leider wird in dem Buch nicht erwähnt, dass „Corrida der Dämonen“ der erste Teil eines Dreiteilers ist. Die Handlungen vermögen trotz kleinerer Längen gut zu unterhalten und machen Lust auf mehr.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Jones, William / Schmidt, Jakob – Geheimnisvolles Marokko (Cthulhu-RPG)

_Inhalt_

„Geheimnisvolles Marokko“ ist der neueste Regionalband aus der „Cthuloiden Weltenbibliothek“ und befasst sich hauptsächlich mit dem Marokko in den 1920ern. Neben dem eigentlichen Quellenteil enthält der Band mit „Die Tafeln von Ur-Nansha“ ein Szenario und mit „Zwischen den Zeiten“ ein Abenteuer.

Der Quellenteil befasst sich mit allem Wissenswerten über das nordafrikanische Land: Geschichte, Regierung, Währung, die Verkehrswege und die Sitten bilden den ersten Teil. Darauf folgt ein geographischer Teil, der neben den beiden großen Städten Rabat und Casablanca auch die unwirtlichen Gegenden (Sahara und Atlas-Gebirge) vorstellt.

Beim Szenario „Die Tafeln von Ur-Nansha“ von William Jones bekommen es die Investigatoren mit einem marokkanischen Cthugha-Kult zu tun, der die Besatzungsmächte Frankreich und Spanien aus Nordafrika vertreiben will. Das Abenteuer ist nicht linear aufgebaut und erfordert vom Spielleiter noch einiges an Eigenarbeit.

Das zweite Abenteuer „Zwischen den Zeiten“ von Jakob Schmidt spielt selbstverständlich ebenfalls in Marokko. Einer der Investigatoren erhält einen Brief in einem seltsam vertrauten Ton, der ihn bittet, einen seiner Bekannten bei einer Expedition in die Sahara zu begleiten. Schon bald kommt es zu merkwürdigen Zwischenfällen …

_Mein Eindruck_

Der größte Teil des Bandes ist das aus dem Englischen übersetzte „Mysteries of Morocco“ des amerikanischen Autors William Jones, das in den Staaten unter der Lizenz von |Chaosium| erschienen ist. Die Übersetzung ist gut gelungen und der Quellenteil wie üblich sehr informativ und lehrreich.

Was mich an diesem Band ein wenig stört, ist das Szenario „Die Tafeln von Ur-Nansha“ des Amerikaners, das mit der normal gebotenen Qualität der „Cthulhu“-Abenteuer nicht wirklich mithalten kann. Die Bezeichnung „08/15“-Abenteuer trifft es ganz gut. Meiner Meinung nach ist das Abenteuer eher ein Anhängsel, das halt mit dem Quellenteil zusammen übersetzt und in den Band aufgenommen wurde. Normalerweise ist man wirklich Besseres gewöhnt, da die deutsche „Cthulhu“-Redaktion (sprich |Pegasus|) die Messlatte sehr hoch gelegt hat. Da dieses Szenario allerdings nur einen kleinen Teil des Quellenbandes einnimmt, ist es zu verschmerzen.

Dass es deutlich besser geht, zeigt zum Glück Jakob Schmidt in seinem Abenteuer „Zwischen den Zeiten“. Die Idee des Abenteuers (die ich jetzt nicht verraten will) hat mich wirklich begeistert. Sie verlangt zwar dem Spielleiter und den Spielern einiges ab und ist daher hauptsächlich für eine erfahrene Gruppe zu empfehlen, dafür werden sie aber sicher belohnt werden. Ehrlich gesagt hätte man aus dieser Story eigentlich einen Roman machen müssen. Auch dass im eigentlichen Sinne keine Mythoswesen hinter der Bedrohung stecken, ist erfrischend. Das Abenteuer ist einfach mal was anderes und wird besonders Gruppen viel Spaß bereiten, die Wert auf das Ausspielen von Beziehungen und Verhältnissen innerhalb der Gruppe legen. Der Aufbau ist eigentlich recht linear, lässt dem Spielleiter allerdings noch genügend Raum für eigene Ideen und Änderungen.

Die Aufmachung des Bandes ist in gewohnt guter Qualität: rund 80 Seiten, Softcover und das gewohnt gute Layout sind die knapp 13 €uro durchaus wert.

_Fazit_

So bleibt festzuhalten, dass mit „Geheimnisvolles Marokko“ wieder einmal ein Quellenband für das „Cthulhu-Rollenspiel“ überzeugt hat. Ein solider Quellenteil und das überragende Abenteuer „Zwischen den Zeiten“ machen diesen Band zu einer lohnenden Investition.

http://www.pegasus.de/cthulhu.html
http://www.cthuloide-welten.de/

|Siehe ergänzend dazu:|
[CTHULHU Spieler-Handbuch 1744
[CTHULHU Spieler-Handbuch (zweite Edition) 3512
[CTHULHU Spielleiter-Handbuch 2016
[Expeditionen – Ins Herz der Finsternis 2857
[Chaugnar Faugns Fluch 3010
[Cthulhu Now 3508
[Der Hexer von Salem (Grundregelwerk) 2660
[Wenn Engel fallen (Der Hexer von Salem-RPG) 2859

Diverse Autoren – MAD Nr. 105

„Fluch der Karibk 3“ – der neue Mega-Blockbuster ist unlängst in den deutschen Lichtspielhäusern angelaufen und bietet natürlich genau diejenige Angriffsfläche, die das stets pöbelnde „MAD“-Magazin benötigt, um so richtig in Fahrt zu kommen. Sollte man jedenfalls meinen, wenn man die großspurigen Ankündigungen auf den ersten Seiten anschaut, die im weiteren Verlauf aber lediglich bedingt das halten, was sie versprechen.

So versucht sich die Redaktion an einem ziemlich sinnentleerten Quiz zum Film, dessen Humorgehalt leider wieder auf unterstem Niveau angesiedelt ist. Die Witze über Keith Richards oder die Hauptdarsteller des Karibikfluchs sind doch eher bescheidener Natur und beschreiben mal wieder sehr gut die Schaffenskrise, in der sich das Magazin seit einigen Monaten befindet. Artikel über seltsame Merchandise-Artikel zum Piraten-Movie sowie Beispiele zu moderner, ungestrafter Piraterie erweitern das Ganze zusammen mit einer Anleitung zum echten Piratendasein, doch bis hierhin wurde das Zwerchfell nur kaum in Wallung gebracht.

Wesentlich interessanter sind indes die Darstellungen verschiedener Verknüpfungen, so zum Beispiel, wie man in sechs Schritten eine Verbindung zwischen Drogen und dem Leben im Irak oder aber Pfadfindern und unehelichen Kindern herstellen kann. Manchmal ganz erstaunlich, wie diverse Parallelen ineinander greifen, und lustig ist’s ausnahmsweise dann auch mal. Auch nicht schlecht sind die Analysen verschiedener, zeitlich begrenzter Regeln, die einem helfen, sich selbst und andere vor der Blamage zu retten. Darin inbegriffen sind die Zeitfenster, in denen man die Handtasche seiner Freundin tragen oder auf Toilette abschütteln darf. Brisant, was man hier berücksichtigen muss.

Letztendlich sind dies aber nur wenige Glanzlichter Im Innern eines wenig unterhaltsamen, finsteren Tunnels, in dem mittlerweile kaum noch das Ende sichtbar wird. Es ist nämlich einfach so, dass sich die Redakteure und Zeichner ständig wiederholen und ihre Sprüche jedes Mal gleich aufbauen. Dazu gesellen sich vermehrte Seitenhiebe auf erklärte Feindbilder wie beispielsweise Mel Gibson oder Keith Richards, die nach wiederholter Verwendung heuer so etwas von abgelutscht sind, dass man kaum noch darüber lachen kann. Denn selbst wenn „MAD“ diesbezüglich recht heftig kritisieren und auch eine regelrechte Hetzjagd starten, so bleibt der intelligente, wirklich wortgewandte Witz in der neuen Ausgabe mal wieder über weite Strecken auf der Spur und öffnet sich einzig und allein in neueren Rubriken, die noch nicht zu sehr vor Wiederholungen wimmeln.

Nachdem ich den aktuellen Jahrgang nun schon etwas intensiver verfolgt habe, muss ich nun langsam aber sicher sehr resigniert feststellen, dass mich die einst legendäre Verquickung von Comics und Humor derzeit kaum noch anmacht. Das Pulver scheint allmählich verschossen, und wenn man sich nicht mal bald etwas Neues einfallen lässt anstatt permanent die Archive zu zitieren, dann sehe ich für die Zukunft von „MAD“ zumindest auf inhaltlicher Ebene echt schwarz. Nr. 105 gibt jedenfalls wenig Anlass zur Hoffnung auf Besserung.

http://www.paninicomics.de/mad-s10012.html

Millar, Peter – Eiserne Mauer

Was wäre, wenn … die Sowjets 1945 ihren Siegeszug nicht in Berlin abgebrochen, sondern ihn gen West- und Südwesteuropa fortgesetzt hätten? Nicht einmal der Kanal hielt sie auf; der Süden Englands wurde besetzt und 1949 als „Englische Demokratische Republik“ in einen Satellitenstaat der UdSSR verwandelt. 1989 ist London weiterhin eine geteilte Stadt. Der „Antikapitalistische Schutzwall“ trennt den sozialistischen Süden vom kapitalistischen Norden, wo die Gesetze der Demokratie und der freien Marktwirtschaft gelten. In der EDR herrscht dagegen das Elend kommunistischer Planwirtschaft. Groß ist deshalb die Zahl der unzufriedenen „Genossen“, die über den Wall in den Norden flüchten, obwohl sie bei befürchten müssen, dabei den allgegenwärtigen Schergen des „Department of State Security“ (DoSS) – dem Amt für Staatssicherheit – in die Hände zu fallen, das mit Gestapo-Methoden nach „Dissidenten“ fahndet, die dabei spurlos zu verschwinden pflegen, ohne dass jemand nachzufragen wagt.

Harry Stark, Detective Inspector bei der Metropolitan People’s Police, ist ein kleines Rädchen im Getriebe. Normalerweise verfolgt er Straßenräuber, Schläger und andere kleine Fische. Nun fand man unter Blackfriars Bridge hängend die Leiche eines durch den Kopf geschossenen Mannes, dem sämtliche Papiere fehlen. Stark, ein kritischer aber linientreuer Bürger seines Landes, übernimmt den Fall. Sorge bereitet ihm dabei das auffällige Interesse, das DoSS-Colonel Charles Marchmain diesem Fall entgegenbringt; die Aufmerksamkeit des „Großen Bruders“ versucht auch er tunlichst zu vermeiden.

Seine kleine Welt bricht zusammen, als ihn heimlich ein Journalist aus den USA kontaktiert und den Toten als „inoffiziellen Botschafter“ identifiziert, der durchaus mit Billigung des Kremls Stimmung gegen die englische Regierung machen sollte. In Moskau ist eine jüngere Generation an die Macht gekommen, die angesichts des maroden Systems zu einer Lockerung der sozialistischen Zwangsherrschaft bereit ist. Die EDR verweigert allerdings die Gefolgschaft. Auch Stark würde seinen „Gast“ normalerweise festnehmen, aber dieser enthüllt ihm, dass der Vater, angeblich als Held für sein Land gestorben, tatsächlich als „Staatsfeind“ hingerichtet wurde. Für Stark bricht eine Welt zusammen. Nun will er mit denen reden, die angeblich die Wahrheit kennen, doch er weiß nicht, dass Marchmain ihn bespitzeln lässt, um über ihn endlich an den „Englischen Widerstand“ heranzukommen …

Manchmal ist die Geschichte hinter einem Roman wesentlich interessanter als die Geschichte selbst. „Eiserne Mauer“ ist ein Werk, dessen englischsprachiges Original bisher nur übersetzt und in Deutschland veröffentlicht wurde. In England selbst scheint bisher niemand interessiert zu sein. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. „Eiserne Mauer“ basiert auf einem Plot, der objektiv betrachtet zwar nicht neu, aber dennoch reizvoll ist. Die Rekonstruktion einer „alternativen“ Geschichte auf der Basis historischer Fakten ist ein bekanntes literarisches Genre, dem sich viele Schriftsteller und natürlich Historiker gewidmet haben. „Was wäre geschehen, wenn …“ ist eine Frage, die sich auch der Laie durchaus stellt. Wie sähe Deutschland im 21. Jahrhundert aus, hätte es keinen Hitler gegeben? Oder wäre er 1945 nicht zur Hölle gefahren? Die Variationsbreite entsprechender Spekulationen ist enorm. Entsprechend einfallsreich fallen viele „alternative“ Geschichten aus.

Diese allerdings nicht. Es liegt weniger an der Grundidee, die von einem Europafeldzug der Sowjets Anno 1945 ausgeht. Entsprechende Planspiele gab es im Westen wie im Osten tatsächlich, aber in der Realität haben sich die Sowjets an die Vereinbarungen mit ihren Alliierten gehalten. Der „Eiserne Vorhang“ ging deshalb später in Mitteleuropa nieder und zerschnitt nicht England, sondern Deutschland.

Die spezielle/n Geschichte/n der Bundesrepublik und der DDR dürfte/n der Grund für die deutsche Originalausgabe von „Eiserne Mauer“ sein. In England haben angesprochene Verlage womöglich deshalb abgelehnt, weil Millar gar zu dreist von der Historie abkupferte: Der Verfasser geht von der Prämisse aus, dass die Geschichte des geteilten England bis ins Detail der Geschichte der beiden Deutschland entspricht. Reduziert man „Eiserne Mauer“ auf seine „historischen Fakten“, gewinnt man den Eindruck, Millar habe einfach das Wort „Deutschland“ gegen „England“ ausgetauscht.

Millar findet für die alternative Welt von 1989 keine eigenen Einfälle. EDR („Englische Demokratische Republik“) = DDR (gegründet beide 1949), London/Westminster = Berlin-Ost/Berlin-West, Admirality Arch = Brandenburger Tor, Hardness = Honnecker, DoSS = Stasi/KGB (und Gestapo – für die in England stets publikumswirksame und meist platte Beschwörung der Nazis ist sich auch Millar keineswegs zu fein) – solche „Parallelen“ wirken nicht gerade überzeugend. Von einer echten „Alternativwelt“ mag man kaum reden. „Löwenherz“ Winston Churchill durfte freilich nicht kläglich wie Hitler in seinem vom Feind eingekreisten Bunker enden, sondern durfte jenem schmählichen Komplott zum Opfer fallen, mit dem Millar das weder spektakuläre noch spannende Finale einläutet, dem zu allem Überfluss eine schauerlich missglückte, ironisch und aufmunternd gemeinte Schlusspointe angeklebt wird.

Schade, denn die eigentliche Story vom wackeren Polizisten, der mit einem Fall konfrontiert wird, der nicht nur spannend ist, sondern ihn auch mit der verdrängten Realität eines Unrechtsstaates konfrontiert, lässt sich zunächst gut an. Die sozialistische Tristesse wird vor allem in Klischee dargestellt, doch ihre Inszenierung vor den Kulissen einer Metropole wie London, die ganz und gar nicht in ein sowjetsozialistisches System einpassbar erscheint, ist gelungen. Leider gerät besagter Polizist bald in die Mühlen der SoSS, dann munkeln diverse Geheimbünde in Londons tunnelreicher Unterwelt, und die Geschichte mündet in eine Verfolgungsjagd mit den üblichen vordergründigen Spannungselementen.

Angesichts der bisher (leise) beklagten Flatline des Plots wundert es kaum, dass die Figuren arg geduckt daherkommen. Das liegt nach Millar zum einen an der Diktatur der EDR, in der die Bürger anscheinend stets mit gesenkten Köpfen herumlaufen. Die Hauruck-Dramaturgie von „Eiserne Mauer“ lässt Harry Stark – der Name ist Programm, einprägsam und außerdem filmtauglich – zunächst als linientreuen aber ehrsamen Kommunisten auftreten. Das ist eine wichtige Dopplung, denn es unterscheidet Stark von den nur Linientreuen – unterwürfige Spitzel, grobe Apparatschiks oder teuflisch schlaue, skrupellose Machtmenschen – und den nur Ehrsamen, die stets die Freiheit im Munde führen, dem betonköpfigen Gegner mutig die Stirn bieten und einen schlimmen, aber zur Erschütterung (oder zum Wecken) der Leser notwendigen Tod sterben müssen.

Stark ist dagegen klug, Teil des Systems und dort so gut angesehen, wie das in einem krankhaft misstrauischen Kommunistenstaat möglich ist, wo jede/r jede/n bespitzelt und dem (So)SS Bericht erstattet. Gleichzeitig weiß er nur zu gut, dass viel faul ist in der EDR und dafür nicht die bösen Kapitalistenteufel des Auslands verantwortlich zu machen sind, sondern die eigene Regierung bzw. das besagte System, das einfach nicht funktioniert. 36 Jahre war Stark ein vorbildlicher Bürger. Dann kam Peter Millar ins Spiel, und eine geheimnisvolle Leiche und ein dem Inspector völlig unbekannter Amerikaner reichen aus, um Stark in einen (ziemlich tölpelhaften) Dissidenten zu verwandeln, der seine Odyssee durch eine operettenhafte Unterwelt standhafter Systemkritiker antritt.

Auftritt Colonel Marchmain, der stets tadellos gekleidet Spione jagt. Das Bemerkenswerte an dieser Figur soll offensichtlich aus dem Widerspruch erwachsen, dass dieser Marchmain, den der Verfasser als typischen Fuchs des englischen Geheimdienstes zeichnet, ein Musterkommunist ist, der völlig von sich und seinem Tun überzeugt ist. Anders als Stark kennt Marchmain kein Hinterfragen des Systems. Er gibt nicht einmal vor sich selbst zu, dass dies vor allem deshalb so ist, weil er in seiner Position den planwirtschaftlichen Engpässen enthoben ist und zu denen gehört, die Anweisungen geben, statt sie zu befolgen. Millar lässt für Marchmain nicht den Hauch von Selbstzweifeln zu, was diese Figur in eine Bösewicht-Knallcharge verwandelt, die auch Himmlers SS angehören könnte.

Chargen gibt es viele hinter der „Eisernen Mauer“. Da ist zum Beispiel Kathy, Starks rebellische Schwester, die den unzufriedenen Teenager mimen muss und einfach nicht die Klappe halten will, wie es der besorgte große Bruder rät. Selbstverständlich gerät sie deshalb in Gefahr, was eine völlig überflüssige, weil furchtbar platt aufgelöste Nebenhandlung in Gang setzt. Der „Englische Widerstand“ beschäftigt sich primär mit sich selbst und scheint sich in der Rolle im antiken Rom verfolgten Christen zu sehen; sie verbergen sich im englischen Gegenstück zu den Katakomben, schwärmen durch aufgelassen U-Bahn-Schächte und tagen in uralten Unterwelt-Bunkern. Ihr „Plan“, der die Betonköpfe in der Regierung zum Einschwenken auf Moskaus Tauwetter-Kurs bringen soll, ist von bemerkenswerter Blödheit, was sogar der böse Marchmain merkt, der sie deshalb einfach gewähren lässt.

Viel Aufwand (den Verfasser Millar in einem Nachwort schildert) also, der im Ergebnis nur bedingt zum Tragen kommt. Die banale Alltäglichkeit eines Überwachungsstaates, die viel furchterregender ist als die hier entworfene Scharade, kann und will Millar nicht in Worte fassen. Dazu passt das „offene“ Ende, dem sich eine Fortsetzung problemlos anhängen ließe; wollen wir hoffen, dass uns diese erspart bleibt.

Peter Millar gehört zur Gruppe jener Journalisten, die eines Tages beschließen, die Früchte ihres aufregenden Berufsalltags zu ernten bzw. in blanke Münze zu verwandeln. Wer zu den Brennpunkten der Weltgeschichte reist, ist doch wohl prädestiniert, ein spannendes und glaubhaftes Garn zu spinnen! Millar ist im Auftrag der |Sunday Times| oder des |Evening Standard| durchaus herumgekommen: Berlin, Moskau, Paris, Brüssel listet die Kurzvita des |Bastei|-Verlags als Wirkungsstätten auf. Auch in Osteuropa ist er journalistisch aktiv gewesen. 1992 fasste er seine Erlebnisse während des Mauerfalls in einem Buch mit dem verheißungsvollen Titel „Tomorrow belongs to me: Life in Germany revealed as Soap Opera“ zusammen.

Im Spionagemilieu ließ Millar 2000 auch seinen ersten Thriller spielen. „Stealing Thunder“ (dt. „Gottes Feuer“, |Bastei-Lübbe|-Taschenbuch Nr. 15175) erzählt die übliche Holterdipolter-Hetzjagd zu Wasser, zu Lande und in der Luft, während ein historisch brisantes Rätsel – hier im Umfeld der ersten Atombombe – gelöst werden muss. 2001 folgte der vom Plot ähnlich strukturierte „Bleak Midwinter“ (dt. [„Schwarzer Winter“, 722 |Bastei-Lübbe|-Taschenbuch Nr. 14972); das Buch gehört zweifellos zu den schlechtesten Thrillern, die in diesem Jahrhundert erschienen sind – ein Spitzenplatz, den es noch lange halten dürfte.

Mit seiner Familie lebt Millar in London sowie Oxfordshire. Dort ist er – übrigens ein geborener Nordire – auch aufgewachsen. Sein schriftstellerischer Erfolg scheint sich in Grenzen zu halten – in deutschen Grenzen, wo seine (freundlich ausgedrückt) ökonomisch geplotteten Romane besser anzukommen scheinen als daheim.

http://www.bastei-luebbe.de

Dan Shocker – Alpträume (Larry Brent 26)

Das Buch enthält die beiden Heftromane „Im Labyrinth des Ghuls“ und „Die Alpträume des Mr. Clint“ welche als Silber-Grusel-Krimis Nr. 51 und 52 erschienen sind. Ihre Neuauflage erlebten sie als Larry-Brent-Romane in der eigenständigen Serie.

Im Labyrinth des Ghuls

In London scheint ein Ghul sein Unwesen zu treiben. Angefressene Leichen werden gefunden. Die PSA schickt ihren besten Mann Larry Brent nach England, damit dieser Chefinspektor Edward Higgins unterstützt. Zeitgleich soll Larrys Kollege Iwan Kunaritschew den Schriftsteller Janosz Bracziskowsky interviewen, der Bücher über düstere, bedrohliche Begebenheiten verfasst, die nicht gänzlich erfunden sein können.

Dan Shocker – Alpträume (Larry Brent 26) weiterlesen

Kovalic, John / Jackson, Steve – Munchkin Cthulhu

_Allgemein_

Es war ja nur eine frage der Zeit, bis der |Pegasus|-Verlag seine beiden erfolgreichsten Produkte verbindet: Das „Cthulhu-Rollenspiel“ und die „Munchkin Serie“. Wie schnell sich das Kartenspiel „Munchkin“ in Deutschland verbreitet hat, überrascht mich immer wieder. Ich glaube, ich kenne keinen Rollenspieler, der noch nie „Munchkin“ gespielt hat, und auch außerhalb der Rollenspiel-Community verbreitet sich „Munchkin“ rasend schnell. Die verschiedenen Settings wie etwa das klassische „Munchkin“, „Super Munchkin“, „Star Munchkin“ oder „Munchkin Impossible“ und andere verkaufen sich für ein Kartenspiel überdurchschnittlich gut und bringen die Spieler immer wieder zum Lachen.

So zeigt sich auch schnell, dass der Kampf gegen die „Großen Alten“ durchaus auch seine lustigen Seiten haben kann. Doch auch der für „Cthulhu“ so typische Wahnsinn hat seinen weg auf die Karten gefunden. So gibt es zwar keine „Rassen“ in diesem Setting, dafür aber mit dem „Kultisten“ eine Klasse, die, wenn man sie mal hat, nicht mehr freiwillig abgelegt werden darf. Dies spiegelt den Wahnsinn wider. Und es kommt noch besser: Sind alle Spieler zu Kultisten geworden, ist das Spiel beendet und der Spieler mit der höchsten Stufe hat gewonnen. Weitere Klassen sind der „Professor“, der „Monsterjäger“ und der „Ermittler“. Ansonsten funktioniert das Spiel aber nach dem altbewährten System: Räume plündern, Monster töten und Schätze einsacken. Dabei wird alles durch den Kakao gezogen, was dem Lovecraft-Fan heilig ist.

_Karten- und Spieldesign_

Steve Jackson und John Kovalic sind einfach ein unschlagbares Team. Der Wortwitz und die Zeichnungen passen wie eh und je perfekt zusammen und verlieren auch in der deutschen Übersetzung wenig bis gar nichts von ihrem Witz und Charme. Wie nicht anders zu erwarten, sind die Monster der eigentliche Mittelpunkt in diesem Setting und lassen immer wieder an die Geschichten von H. P. Lovecraft denken. Besonders gefallen mir „Der Schnarcher im Gemäuer“, „Der Vertreter auf der Schwelle“, die „Rollenspieler aus Innsmouth“, „Der Scherzkeks vom Yuggoth“ und „Knufficthulhu“. Letzteres ist ein auf „Kindchenschema“ getrimmter Cthulhu mit riesigen Augen, was ihm einen +4-Bonus gegen Spielerinnen verleiht. Sehr gelungen finde ich zudem die verschiedenen Abstufungen des „Necronomicon“, das sich dann in ein „Necronackticon“ (mit einer Seite zum Ausklappen), ein „Necrognomicon“ und ein „Necrocomicon“ verwandelt.

_Mein Eindruck_

… ist durchgehend positiv. Endlich ist es so weit, dass das „Munchkin“-Spielen auch in H. P. Lovecrafts Welt möglich ist. Das heißt, man muss endlich mal nicht vor den „Großen Alten“ bibbern, sondern darf sich einen Riesenspaß daraus machen, sie zu bekämpfen. Das Spielkonzept mit der Klassenkarte des „Kultisten“ finde ich sehr gelungen, da dadurch trotzdem etwas vom „Cthulhu-Charme“ auf das Kartenspiel übertragen wird, denn „Cthulhu“ und Kultisten gehören nun mal einfach zusammen. Dass, falls alle Spieler zu Kultisten werden, der Spieler mit der höchsten Stufe gewonnen hat, gefällt mir deswegen sehr gut, weil dieser dann so zusagen zum Oberkultisten wird. Daraus ergibt sich, dass sich die Klassen in Gut und Böse teilen. So hat der „Kultist“ zwar einige Vorteile gegen Monster, wird aber damit leben müssen, dass sich die „guten“ Spieler gegen ihn verbünden. Da sich mehr Kultisten-Klassenkarten unter den 168 Karten des Spiels befinden als andere Klassenkarten, erhöht natürlich die Chance dafür, auf die böse Seite gezogen zu werden. Ach ja, „Der Große Cthulhu“ ist selbstverständlich wieder dabei, wie schon in „Star Munchkin“, und wird laut |Pegasus| auch in zukünftigen „Munchkin“-Settings wieder auftauchen …

_Fazit_

„Munchkin Cthulhu“ ist eine gelungene Adaption des „Cthulhu-Mythos“ für das „Munchkin“-Kartenspiel und sicher eines der besten Settings. Den „Großen Alten“ mal gepflegt den Hintern zu versohlen, macht einen Riesenspaß, so dass man eventuell Probleme bekommen könnte, sich in Zukunft wieder mit „normalen“ Monstern zufrieden zu geben. Ich hoffe, es wird eine Erweiterung nachfolgen.

http://www.pegasus.de

|Siehe ergänzend dazu:|

[„Munchkin“ 3628
[„Munchkin Impossible“ 3644
[„Star Munchkin“ 3827
[„Munchkin beißt!“ 3828

Pullman, Philip – Ich war eine Ratte

Der englische Autor Philip Pullman ist hauptsächlich durch seine Trilogie „His Dark Materials“ bekannt geworden, für die er viele Preise gewonnen hat und deren erster Teil Ende 2007 als opulentes Fantasyspektakel in die Kinos kommt. Dass er auch ansprechende Kinderbücher schreiben kann, beweist der Autor mit „Ich war eine Ratte“.

Das alte kinderlose Ehepaar Bob und Joan führt ein ruhiges, bedächtiges Leben, bis eines Abends ein mysteriöser Junge in einer dreckigen Pagenuniform vor ihrer Haustür steht. Als sie ihn fragen, woher er kommt oder wie seine Eltern heißen, antwortet er immer nur das Gleiche: „Ich war eine Ratte.“

Aus Mitleid nehmen die beiden den Jungen auf und nennen in Roger. Roger ist ein nettes, unbedarftes Kerlchen, auch wenn er sich manchmal ein wenig komisch verhält. Er kennt keine Tischmanieren, zerfetzt seine Bettwäsche und hat ein Faible für Bleistifte, an deren Spitzen er gerne herumknabbert.

Trotzdem wächst er dem Ehepaar ans Herz, und als sich herausstellt, dass der Junge nirgends vermisst wird, behalten sie ihn. Doch eines Tages will der königliche Hofphilosoph ihn untersuchen, doch Roger flieht aus dem Schloss und fällt Mr. Tapscrew in die Hände, der ein Kuriositätenkabinett leitet …

„Ich war eine Ratte“ ist ein niedliches kleines Märchen, das vor allem durch seinen heiteren Grundton und die originelle Grundidee besticht.

Die rasante, kurzweilige Handlung beinhaltet viele wunderbare Elemente, ohne sich allzu weit von der realen Welt zu entfernen. Trotzdem gibt es weder eine konkrete Orts- noch Zeitangabe, so dass die Geschichte sehr zeitlos wirkt. Sie ist aufgebaut wie ein Märchen, das bedeutet, sie beginnt mit einer friedlichen Ausgangssituation, die durch ein plötzliches Ereignis, das Verschwinden Rogers, gestört wird. Um die Ausgangssituation wieder zu erreichen, muss sich der Held, also Roger, durch eine Menge Missstände kämpfen.

Dadurch, dass bei Märchen darauf verzichtet wird, die Gedanken und Gefühle der Charaktere breitzutreten, legt „Ich war eine Ratte“ ein sehr flottes Tempo vor. Kurzweilig und witzig sind die Erlebnisse, in die Roger verstrickt ist. Sehr oft entstehen Missverständnisse, weil er auf das Verhaltensrepertoire einer Ratte zurückgreift. Er knabbert zum Beispiel gerne an allen möglichen Dingen herum und bringt eine Beamtin zur Verzweiflung, als er den gesamten Inhalt ihres Stiftbechers annagt. Als sie daraufhin sagt, dass ihre Nerven strapaziert sind, assoziiert der Junge das mit den Stiften und redet im weiteren Verlauf des Buches immer wieder von Nerven, wenn er Stifte meint.

Dieser Running Gag funktioniert vor allem dank der naiven Unbedarftheit Rogers. Der Junge, der keinem etwas tun möchte, aber ständig ins Fettnäpfchen tritt, wächst dem Leser schnell ans Herz und hat einen Großteil der Handlung zu tragen.

Auf ähnliche unschuldige und einfache Art und Weise schreibt Philip Pullman, und von der Schwermut, die bei „His Dark Materials“ vorherrscht, ist nur wenig zu spüren. Das Buch nimmt sich selbst nicht besonders ernst mit dem heiteren, oberflächlichen Humor, der hier zur Anwendung kommt. Da es immer noch ein Kinderbuch bleibt, auch wenn Erwachsene ebenfalls Spaß daran haben werden, benutzt Pullman einen simplen, aber runden Stil, der sich durch kurze Beschreibungen und unkomplizierte Satzbauten auszeichnet. Wirklich prägnant ist und bleibt aber das Augenzwinkern, mit dem der Autor erzählt und das sich in dem wunderbaren, da daueranwesenden und nicht überzogenen Humor manifestiert.

Das Gegengewicht zur Märchenhaftigkeit stellen die Zeitungsartikel des |Morgen-Echo| dar, die immer wieder eingestreut werden. Sie sind illustriert und ungefähr auf dem Niveau der Zeitung mit den vier Großbuchstaben gehalten. Die Themen sind entweder die Flitterwochen des Königspaars oder Volksverhetzung, aber Pullman nimmt sich an dieser Stelle erneut nicht ernst und gestaltet die Artikel so überspitzt und satirisch, dass sie die Geschichte unheimlich auflockern. Einige seiner Übertreibungen beinhalten dabei durchaus eine leichte Kritik an der heutigen Gesellschaft, zum Beispiel beim Thema der „Jugendkriminalität“. Aufhänger ist der Einbruch einer Kinderbande in ein Haus, worauf sich Experten zu Wort melden und wahlweise den Eltern, der Schule, der Kirche und der Regierung die Schuld an der Morallosigkeit der Jugend zuschieben. Nur das |Morgen-Echo| hat den Durchblick:

|»Unsinn! Unsere so genannten Experten haben wie gewöhnlich Unrecht. Das ewige Gejammer über die Lage der Welt, die ewigen Schuldzuweisungen – kein Wunder, dass unser Land im Chaos versinkt, wenn es von solchen Menschen geführt wird.
Und nun ein Wort zur Jugendkriminalität.
Es sind doch die Kinder, die das anstellen.
Also, warum weiter nach Ursachen suchen?
DIE KINDER SIND SCHULD!«| (Seite 111)

„Ich war eine Ratte“ ist ein vergnügliches, märchenhaftes Kinderbuch, das aufgrund seiner Originalität und der Spitzen gegenüber der heutigen Gesellschaft auch Erwachsenen Spaß macht. Pullmans flotter Erzählstil und der naive Humor sorgen dafür, dass keine Langeweile aufkommt und man immer wieder herzhaft lachen darf.

http://www.carlsen.de

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Rezension von Philip Pullmans [„Graf Karlstein“. 3374 |

Diverse Autoren – Simpsons Comics 128

_Inhalt_

|“Hügel der Hinterwäldler“|

Bart und Milhouse reisen zusammen mit Miss van Houten und deren neuem Lebensgefährten Bob in die Ferien. Doch das von Bob als Superwohnmobil angepriesene Gefährt landet irgendwo in einer einsamen Schneelandschaft und bietet den Jungs nicht gerade das, was sie sich unter Urlaub vorgestellt haben. Als die beiden Turteltauben ihre Ruhe haben wollen, erkunden Bart und Milhouse die Gegend und treffen auf eine seltsame Gruppe von Hinterwäldlern. Aus Furcht, mit dem Beil des Anführers erschlagen zu werden, überlassen die Jungs dem Trupp ihre kompletten Nahrungsmittel. Dabei wollten die Hinterwäldler eigentlich nur das Geheimnis um ihre illegal vertriebene Marmelade wahren. Dies bringt den kleinen Simpson auf eine Idee …

|“Maggies kleine Freunde“|

Mitten in der Nacht raubt eine Katze Maggies Schnuller. Mit Hilfe von Knecht Ruprecht und einem Vogel aus der Nachbarschaft macht sich das Baby alsbald auf die Jagd nach seinem Eigentum – und landet plötzlich in einem Flugzeug, welches Ned Flanders zu einer freiwilligen Messe am Südpol transportiert.

|“Mit Liebe gebacken“|

Marge backt gerade ein Blech Muffins für den Schulbasar, als ihr Mann sich wieder nicht zurückhalten kann und den Backofen plündert. Um diesen Fehler wieder gutzumachen, lässt sich Homer für den feierlichen Anlass etwas einfallen, um Marge in einem noch besseren Licht dastehen zu lassen. Doch die geheime Zutat in den Muffins findet keinen Zuspruch. Und wieder ist Homer in der Bringschuld und sucht nach Mitteln, sich angemessen zu entschuldigen. Doch wieder und wieder tritt er in weitere Fettnäpfchen.

_Persönlicher Eindruck_

In der Hauptgeschichte der neuen „Simpsons Comics“-Ausgabe wird das Horror-Genre gehörig auf die Schippe genommen und die übliche Klischeehandlung der finsteren Filmsparte ordentlich verulkt. Wer kennt ihn nicht, den Plot, in dem einige Reisende plötzlich einen unplanmäßigen Stopp im Wald machen müssen, dort eine einsame Hütte entdecken und anschließend das Grauen ihres Lebens durchmachen? Und wer kann mittlerweile nicht schon fast das Drehbuch mitsingen, wenn sich Derartiges anbahnt? Für Regisseur Jesse Leon McCann war dies Anlass genug, eine Geschichte rund um einige Persönlichkeiten aus Springfield zu schreiben und die übliche Story leicht abgewandelt wiederzubeleben.

In diesem Fall sind es Milhouse und Bart, die gegen den Willen von Miss van Houtens neuem Liebhaber Bob in dessen hochtechnisierten Wohnmobil verreisen und unbeholfen in einer verlassenen Gegend stranden. Nachdem Bob von den Kids genug hat, setzt er sie für ein paar Stunden aus, friert sich dabei aber in seinem von Fehlfunktionen gebeutelten Untersatz selber den Allerwertesten ab. Milhouse und Bart hingegen landen in einem verlassenen Haus bei einem komischen Typen mit einer Axt. Das Szenario ist bekannt – doch statt dem Blutdurst nachzugeben, will der Besitzer sich nur davor schützen, dass Steuerfahnder sich in sein Haus einschleichen und von seiner Marmelade erfahren. Kult!

Die zweite Story beschreibt Maggies verzweifelte Hatz nach ihrem gestohlenen Schnuller. Wie erwartet, handelt es sich dabei weitestgehend um eine witzige Bildergeschichte in bester „Tom & Jerry“-Manier, jedoch mit einigen besonders geistreichen Ideen. Dass das Baby zum Beispiel an der Seite von Reverend Lovejoy und Flanders in einem Flieger in der Arktis landet, passt irgendwie mal gar nicht ins Geschehen, wirkt deswegen aber auch so originell. Ansonsten ist dies jedoch nur solides Handwerk ohne große Überraschungen.

Als Letztes folgt einer der vielen Zwiste zwischen Marge und ihrem tollpatschigen Ehemann. Der möchte sich durch seine ständige Mithilfe an Marges sozialen Projekten für sein unbeholfenes Handeln entschuldigen, verschlimmert die Sache jedoch von Tag zu Tag. Er pflanzt versehentlich Fliegenpilze, versteckt seltsame Gegenstände in Muffins und erscheint in Wehrmachtsuniform beim Treffen der amerikanischen Legionen. Als Marge schließlich aus allen gesellschaftlichen Kreisen Springfields entfernt wird, muss Homer die Konsequenzen tragen.

Nr. 128 der „Simpsons Comics“ ist eine nette Ausgabe für zwischendurch mit einigen witzigen Ideen, aber leider keinem Plot, der aus der Masse des besseren Durchschnitts heraussticht. Damit bestätigt sich einmal mehr, dass es oftmals günstiger ist, einen etwas detailliertere Storyline in die Heftreihe zu platzieren, als mehrere Mini-Geschichten zusammenzufügen. Die Horror-Parodie sowie Homers tollpatschige Versöhnungsversuche sind zwar unterhaltsam, können gegen das hohe Niveau der TV-Serie aber nicht so recht anstinken. Aber immerhin: Fans der Serie kommen schon auf ihre Kosten!

Letztere dürfen sich im Übrigen auch noch auf ein paar Extra-Gimmicks freuen; die aktuelle Ausgabe enthält nämlich ein Türschild zum Selbstbasteln und weitere Hintergrundinformation zum bald anlaufenden Kinofilm – leider angehäuft mit sehr viel Werbung. Nichtsdestotrotz: Eine anständige Episode der „Simpsons Comics“!

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Shocker, Dan – Hexensabbat (Larry Brent, Band 25)

Dieser Band enthält die beiden Heftromane „Hexensabbat“ und „Die Horror-Maschine“, welche erstmalig als Silber-Krimis Nr. 970 und 974 erschienen sind und später in der eigenständigen Heftromanserie „Larry Brent“ als Band 85 und 49 neu aufgelegt wurden.

|Hexensabbat|

In London kommt es zu einer Häufung von Kindesentführungen. Viele Anzeichen deuten auf ein verstärktes Treiben von Hexenzirkeln hin und die Computer der PSA stellen einen Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen fest. Larry Brent soll den ermittelnden Inspektor Paul Tabbert unterstützen. Gemeinsam befragen sie eine Zeugin in einer Spielwarenabteilung, wo das letzte Kind verschwunden ist. Dort kommt ihnen Kommissar Zufall zu Hilfe, denn die Zeugin entdeckt just in diesem Moment jene Frau, welche sie mit dem entführten Kind hat weggehen sehen.

Unauffällig verfolgen sie die Frau in ein abgelegenes Waldstück, wo sie ihre Spur verlieren. Larry Brent wird bei der Suche nach der Frau von einem gewissen Lord Shanny niedergeschossen. Als der Agent wieder erwacht, kümmern sich der besorgte Lord und seine Frau um Brent. Der begeisterte Jäger hat den Agenten mit einem Wildschwein verwechselt und glücklicherweise nur einen Streifschuss gelandet. Im weiteren Verlauf kommt es zu einem Gespräch, an dessen Ende sich für Larry immer mehr Verdachtsmomente gegen die Adeligen verhärten. Kurz darauf wird Paul Tabbert telefonisch bedroht und wenig später stirbt der Inspektor an plötzlichem Herzversagen. Ist Hexerei und Teufelsspuk mit im Spiel?

Derweil schafft es Larrys Kollegin Morna Ulbrandson, die ebenfalls auf den Fall angesetzt wurde, sich in einen der Hexenzirkel einzuschleichen und an dem größten Hexensabbat Englands teilzunehmen, zu dem sich sämtliche Satansschwestern unter der Führung des Great Ram versammelt haben, um dem Teufel zu huldigen …

Zunächst beginnt der Roman wie ein gewöhnlicher Sektenroman, wie sie in den siebziger Jahren zu Dutzenden erschienen sind, doch schon bald merkt man, dass man einen echten Larry-Brent-Roman in Händen hält. Es kommt zwar nicht allzu viel Action vor, dafür aber eine Menge Atmosphäre und ein kräftiger Schuss Okkult-Horror, wie man ihn aus Filmen wie „Das Omen“ oder „Rosemaries Baby“ kennt.

Die Identität des Great Ram überrascht den erfahrenen Gruselromanleser zwar nicht allzu sehr, ist aber durchaus logisch und fesselnd beschrieben worden. Die unsichtbare Bedrohung durch den magisch begabten Teufelsdiener, der mittels Voodoo-Magie seine Opfer zu töten vermag, erhöht den Gruselfaktor und lässt auch den Serienhelden in ernste Gefahr geraten. Äußerst gelungen ist auch der Humor, der durch eine gewisse Situationskomik das Geschehen an den richtigen Stellen aufzulockern versteht. Besonders lesenswert ist die Stelle, an der Larry Brent völlig sediert durch ein Gift von Morna Ulbrandson geweckt wird und sich einfach wieder schlafen legen will.

|Die Horror-Maschine|

In China verschwindet ein junger Mann namens Pao Lim spurlos. Er wurde entführt von einer schrecklichen Mutation mit sechs Armen. Die Zeugin des Vorfalls, Tschiuu Lo, erhält einen so schweren Schock, dass sie die Sprache verliert. Die Kreatur bringt Pao Lim zu einem abgelegenen Gebäude, in dem der wahnsinnige Genetiker Professor Wung Experimente mit menschlicher DNS durchführt. Durch eine Maschine ist es ihm gelungen, die Erbinformationen in menschlichen Zellen so zu verändern, dass diese sich wie Krebszellen verformen und Geschöpfe erschaffen werden, die dem Willen des Professors gehorchen.

Um weiterhin mit Menschen experimentieren zu können, lässt Wung Menschen entführen und pflanzt ihnen mit Hilfe seines Assistenten Lon Tung einen Elektrochip ins Gehirn. Einem der Gefangenen, der sich als Geistesgestört ausgegeben hat und dadurch der Operation entgangen ist, gelingt die Flucht. X-RAY-1, der Wind von den Vorgängen in China bekommen hat, reist in die Provinz Kwangchow und verhört den Mann. Anschließend schickt er seinen besten Mann X-RAY-3 inkognito nach China.

Larry gibt sich als amerikanischer Reporter aus und simuliert durch eine von den Medizinern der PSA entwickelten Droge einen Herzinfarkt und seinen daraus resultierenden Tod. Larry wird in das Krankenhaus überführt, in dem auch Tschiuu Lo behandelt werden soll. Doch Lon Tung, der in einer zweiten Existenz dort als Arzt arbeitet, will Tschiuu endgültig in den Wahnsinn treiben und schiebt die Chinesin regelmäßig in die Leichenhalle, wo er sie allein in der Dunkelheit stehen lässt.

Als Larry zu sich kommt und sich mit Hilfe einer biosynthetischen Maske ein neues Aussehen verleiht, erscheint wieder der verbrecherische Arzt mit seinem Opfer. Als sie allein sind, will Larry Tschiuu befreien. Durch diesen neuerlichen Schock erhält sie zwar ihre Stimme wieder und beginnt zu schreien, aber zugleich wird Tung auf die Geschehnisse aufmerksam und überwältigt den Agenten und die Frau. Er nimmt sie mit in Wungs geheimes Labor. Dort erwartet den Amerikaner und seine Begleiterin das nackte Grauen …

Rasant, actionreich, unheimlich und fesselnd. So lässt sich der Roman in wenigen Worten beschreiben. Die Handlung wird konsequent weitergeführt, ohne das Langeweile aufkommt. Larrys Eingreifen wird in allerbester Geheimagenten-Manier geplant, vorbereitet und durchgeführt, dass James Bond vor Neid erblassen würde. Allein das Präparat für den künstlichen „Tod“ des Agenten und die biosynthetischen Masken sind klasse. Die einzelnen Erklärungen, auch bezüglich der Experimente des Professors, sind durchaus schlüssig, wenn auch teilweise sehr an den Haaren herbeigezogen. Aber immerhin ist das hier auch ein Unterhaltungsroman und keine wissenschaftliche Abhandlung.

Auf alle Fälle ist dies ein erstklassiger Larry-Brent-Roman mit einer altbekannten Storyline, eben einem wahnsinnigen Wissenschaftler, der in seinem geheimen Labor menschenverachtende Experimente durchführt und sich ganz nebenbei auch auf die Weltherrschaft vorbereitet. Eines der Lieblingsthemen des Autors, welchem er sich im Laufe der Jahre des Öfteren widmete. Die vorliegende Variante dieses Themas ist wirklich super umgesetzt worden.

|Insgesamt|

Beide Geschichten spielen jede auf ihre Weise mit den Stereotypen des Gruselromans, gewinnen ihnen aber auch jede Menge neue Aspekte ab. Während sich „Hexensabbat“ mit okkulten Phänomenen, basierend auf satanistischem Aberglauben, befasst, beschäftigt sich „Die Horror-Maschine“ mit der Bedrohung durch skrupellose Wissenschaftler, und das mit einer Thematik, wie sie gerade heute wieder hochaktuell ist, wo die Genetik immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik gerät.

Die Romane wurden wieder eindrucksvoll von Pat Hachfeld illustriert, der nicht nur das Ambiente des Hexensabbats grotesk darstellte, sondern auch einem Monster aus der Horror-Maschine ein Gesicht verlieh. Das Artwork des Künstlers passt zu den bizarren Geschichten Dan Shockers wie die Selbstgedrehte zu Iwan Kunaritschew. Das Cover zeigt den Hexensabbat in voller Blüte. Das Bild vermittelt exzellent die Atmosphäre der satanistischen Veranstaltung und präsentiert im Hintergrund die typischen Frauengestalten, wie sie Lonati am liebsten darstellte: Jung, grazil, mit kleinen festen Brüsten, die am liebsten aus dem Bild zu hüpfen scheinen.

_Fazit:_ Spannende Grusel-Thriller mit abwechselungsreichen Handlungen und originellen Einfällen. Dan Shocker in Reinkultur!

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Fallon, Jennifer – Herrscher des Throns (Die Chroniken von Hythria 3)

Band 1: [„Erbin des Throns“ 2877
Band 2: [„Ritter des Throns“ 3327

Mahkas Strafexzess am Ende des zweiten Bandes hat tiefe Narben hinterlassen. Leila ist tot, und Starros‘ Leben konnte Damin nur deshalb retten, weil er Starros‘ Seele an Dacendaran verkauft hat, wovon Starros überhaupt nicht begeistert ist. Leilas Mutter Bylinda ist seit dem Tod ihrer Tochter nur ein Schatten ihrer selbst, und Mahkas kann nur noch leise krächzen, weil Damin ihm aus purem Zorn über Mahkas Tat den Kehlkopf eingedrückt hat, was selbst Rorin mithilfe der Magie nicht ganz heilen konnte. Jetzt vermutet der Regent von Krakandar hinter allem und jedem eine Verschwörung. Damins Vetter Xanda, der versprochen hat, während Damins Abwesenheit ein Auge auf Krakandar zu haben, absolviert täglich einen gefährlichen Balanceakt …

Marla hat derweil beschlossen, dass Alija Aarspeer mit der Vernichtung Elezaars endgültig eine Grenze überschritten hat! Doch um Alija endgültig zu vernichten, ist sie erneut auf die Dienste der Mördergilde angewiesen. Allerdings bedeutet die Tatsache, dass sie bereits ihren ersten Auftrag an den Raben nicht nur mit Geld bezahlt hat, sondern auch mit dem Versprechen, einen ihrer Söhne zur Ausbildung in die Mördergilde zu geben, eine ungünstige Verhandlungsposition. Denn bisher hat sie dieses Versprechen nicht erfüllt. Und derjenige, der über die Einlösung dieses Versprechens entscheidet, ist einer der gefährlichsten Männer in ganz Groenhaven, und das nicht nur, weil er Alija Aarspeers Liebhaber ist …

Um es gleich vorweg zu sagen: Jennifer Fallon hat mit „Herrscher des Throns“ einen furiosen Abschluss ihrer Chroniken von Hythria abgeliefert!

Der einzige neue Charakter von Bedeutung wird bereits im zweiten Band der Trilogie erwähnt, erhält aber erst jetzt einen Namen und ein eigenes Profil. Galon Miar, der zukünftige Rabe der Mördergilde, ist geheimnisvoll, gutaussehend, intelligent, brutal und unerträglich selbstsicher. Dazu hat er allen Grund, denn er versteht sich nicht nur auf das Geschäft des Tötens, sondern auch auf das der Politik! Nicht, dass er aus politischen Gründen bei den Plänen der beiden Rivalinnen Marla und Alija mitspielt, schließlich gehört es zu den Prinzipien der Gilde, sich aus der Politik streng herauszuhalten. Aber das Spiel um Lug, Trug und Verrat beherrscht er perfekt.

Die Autorin beschreibt ihren Neuzugang vor allem aus Sicht von Marla Wulfskling. Die Wirkung von Galons Ausstrahlung auf die sonst so harte und ungerührte Marla verstärkt die Intensität der Beschreibung zusätzlich und macht Galon dadurch zu einem der gelungensten Charaktere des ganzen Zyklus, obwohl er erst so spät auftaucht.

Nicht, dass dieser Neuzugang unbedingt nötig gewesen wäre. Bei ihrem letzten Duell ziehen Alija und die bisher eher defensive, zurückhaltende Marla alle Register. Außerdem beteiligt sich nun auch Kalan am Kampf gegen Alija, auf eine Weise, die nur zu deutlich zeigt, wessen Tochter sie ist. Galon ist bei diesem Schlagabtausch sozusagen ein exotisches Gewürz, das der Suppe zusätzliche Schärfe verleiht.

Auch der Handlungsstrang um Krakandar bringt deutlich mehr Spannung als im Vorgängerband. Mahkas‘ Wahn wurde durch die von Damins Zornausbruch ausgelöste Paranoia noch schlimmer, und auch Bylinda wandelt durch das Schloss wie ein Geist und redet unverständliches Zeug. Luciena, Xandas Frau, fürchtet um die Kinder, vor allem um ihre Tochter Emilie, die Mahkas immer öfter mit Leila verwechselt. Obwohl die Handlung in Krakandar sich im Grunde kaum bewegt, sorgen Mahkas unberechenbare Grausamkeit und die Angst der übrigen Schlossbewohner für regelrechte Beklemmung, die mit jeder Szene wächst und sich erst löst, als Damin nach Krakandar zurückkehrt. Und obwohl abzusehen war, dass Mahkas ein unangenehmes Ende finden würde, gelingt es der Autorin, den Leser zu guter Letzt doch noch zu überraschen.

Der dritte Handlungsstrang um den Krieg am Witwenmacherpass bietet die meiste Bewegung. Damin hat alle Hände voll zu tun. Nicht nur damit, einen Schlachtplan gegen die Fahrdonjer aufzustellen, denen er zahlenmäßig unterlegen ist. Er muss auch mit dem unfähigen Terin Löwenklau zurechtkommen, seinen Großonkel Lernen bei Laune halten, den ihm Alija auf den Hals gehetzt hat, und seinen Bruder Narvell an die Kandare nehmen, der zu diesem höchst ungünstigen Zeitpunkt mit einem von Terins Adligen einen Streit um dessen Frau vom Zaun gebrochen hat. Hier gibt es nicht nur die meisten Turbulenzen, sondern auch den größten Anteil an trockenem Humor, der aus Damins Charakter und seiner guten Beziehung zu Tejay Löwenklau resultiert.

Außerdem hat Jennifer Fallon den Zyklus gekonnt an die Vorläufertrilogie angeschlossen. Weil sie sich dabei auf Andeutungen beschränkt hat – vor allem in den Gesprächen mit dem Kriegsgott Zegarnald und den kurzen Sequenzen, in denen Adrina von Fahrdonja auftaucht -, wirkt die Anknüpfung leicht und unauffällig.

Ein gelungener Abschluss der Trilogie also. Die es außerdem geschafft hat, sich verglichen mit dem Debüt der Autorin noch zu steigern, und zwar beträchtlich. Das Sahnehäubchen bildet das hervorragende Lektorat, das so gut wie fehlerfrei war. Prädikat: Sehr lesenswert!

_Jennifer Fallon_ stammt aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nachzuhängen: Unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Die |Dämonenkind|-Trilogie war ihre erste Veröffentlichung. Außerdem stammt die Trilogie |Second Sons| aus ihrer Feder. Und der nächste Zyklus |Tide Lords| ist bereits in Arbeit, Anfang des Jahres erschien der erste Band in Australien unter dem Titel „The Immortal Prince“.

http://www.jenniferfallon.com/
http://www.heyne.de

|Ergänzend:|

[„Kind der Magie“ 1328 (Dämonenkind Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (Dämonenkind Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (Dämonenkind Band 3)

Adams, Richard – Traveller

Frühjahr 1866 in Lexington, Virginia: Hinter dem Washington Campus steht der Stall von Traveller, einem grauen, neunjährigen Wallach. Sein Herr ist General Robert E. Lee, der legendäre ehemalige Anführer der Armee der Südstaaten, die gerade den Krieg gegen den Norden verloren haben. Trotz der Niederlage ist General Lee ein beliebtes und verehrtes Idol geblieben und jeder kennt sein berühmtes Pferd, das ihm in all den Schlachten treu zur Seite stand.

Vier Jahre lang erzählt Traveller dem Hauskater Tom, der ihn abends besuchen kommt, von seinen Erlebnissen aus dem Krieg und seinem Leben mit seinem geliebten Herrn, den er „Marse Robert“ nennt. Als Füllen gewinnt er bereits früh den ersten Preis bei einer Pferdeausstellung, 1861, während der Kriegsvorbereitungen, wird er von Captain Joseph M. Broun als Schlachtpferd erworben und geht kurz darauf in den Besitz von General Lee über, der großen Gefallen an Traveller findet.

Als der Krieg ausbricht, hat das naive Tier noch keine Ahnung, was es erwartet. Traveller erlebt grauenvolle Gemetzel, bei denen unzählige Menschen und Pferde ihr Leben lassen. Einzig sein grenzenloses Vertrauen in seinen geliebten Herrn Marse Robert lässt ihn die Strapazen des Krieges durchstehen. Traveller erlebt blutige Schlachten, Kanonenfeuer und eisige Winter, aber auch vereinzelte schöne Momente durch die Freundschaft zu anderen Pferden und vor allem durch Marse Robert, der ihm näher stand als je ein anderes Lebewesen …

Es ist Dank „Black Beauty“ nicht der erste Roman aus Sicht eines Pferdes, und Autor Richard Adams ist spätestens seit seinem berühmten [„Unten am Fluss“ 2025 für Bücher aus der Tierperspektive bekannt. Dennoch ist es etwas Besonderes, sich einem real existierenden Tier zu widmen, das nicht nur immer noch populär ist – wenn auch hierzulande weniger -, sondern auch von historischen Begebenheiten berichtet.

|Lebendig gestaltete Charaktere|

Der Leser erlebt Traveller als neunjährigen Veteranen, der um seine Bedeutung weiß, sich oft etwas blasiert und herablassend gibt und trotz seiner reichen Erfahrung geradezu rührend naiv geblieben ist. Das merken auch andere Pferde, die ihm während des Krieges begegnen und die meist mehr Einblick in die Geschehnisse haben als der ahnungslose Traveller, der genau deswegen später immer häufiger den Mund hält, um als Pferd eines wichtigen Generals keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen. Traveller versteht wenig von den Sitten der Menschen. Er weiß nur, dass sein „Marse Robert“ der beste Mensch ist, der ihm je begegnete, und dass er allein ihm zuliebe alle Strapazen aushalten wird. Aus der anfänglich guten Chemie entwickelt sich nach und nach eine Seelenverwandschaft, in der Reiter und Pferd gegenseitig die Gedanken des anderen lesen können.

Von seinem Herrn und Meister General Lee zeichnet Traveller ein konsequent glorifiziertes Bild. Bis heute wird General Robert E. Lee in den USA für sein taktisches Geschick verehrt, das den Norden trotz großer Unterlegenheit in der Ausrüstung fast bezwang, auch wenn er den Krieg letztlich verlor, und seine Beliebtheit bei den Soldaten ist keine Erfindung Travellers. Trotz dieser daher nicht unrealistischen Schilderung ist offensichtlich, dass Traveller seinem Herrn so treu ergeben ist, dass er wohl in jeder Handlung des Generals etwas Positives sähe. Auch wenn man sich dieser Subjektivität bewusst ist, gewinnt Marse Robert auch beim Leser schnell die Sympathien. Trotz seines Alters und gewisser Leiden bemüht er sich um seine Soldaten und lehnt Sonderbehandlungen ab. Stets hat er ein gutes Wort für die Pferde parat und kümmert sich so oft wie möglich eigenhändig um sein Lieblingspferd Traveller. In all den Wirren des Krieges bilden diese kleinen Momente einen Lichtblick voller Menschlichkeit und man ist gerne bereit, diesem General Respekt zu zollen.

Auch andere Pferde spielen eine wichtige Rolle in Travellers Erzählungen. Da ist etwa der unleidliche Richmond, ein früheres Pferd des Generals, das allen anderen Tieren feindselig begegnet und später an einer schlimmen Kolik zugrunde geht. Da ist der scheue Braunschnecke, der zu nervös und unsicher für die Wirren des Krieges ist, die ruhige, ältere Stute Lucy Long, die nach dem Krieg von General Lees Tochter geritten wird, der Jugendfreund Grobian, mit dem es später ein herzliches Wiedersehen gibt, der arrogante Rollo, der Traveller mit seinen Prahlereien auf die Nerven geht, und das Präsidentenpferd Donner, das Traveller zynische Einblicke in die Handlungen der Menschen liefert. Den meisten Respekt empfindet Traveller für Klein-Rotfuchs, ein winziges, auf den ersten Blick unscheinbares Pferd, das seinem Herrn Stonewall Jackson ebenso treu ergeben ist wie Traveller seinem Marse Robert. Der spirituell begabte Rotfuchs dient nicht nur als Vorbild für Traveller, sondern sorgt mit seinen seherischen Fähigkeiten für einige Gänsehaut-Momente, in denen er manch tragisches Krieges-Ereignis vorausahnt.

Neben General Lee stehen bei den menschlichen Charakteren vor allem Stonewall Jackson und Jeb Stuart im Vordergrund. Stonewall Jackson, von Traveller treffend „Mütze-im-Gesicht“ genannt, ist Lees engster Vertrauter und wichtigste Unterstützung während des Krieges. Bis heute halten sich Theorien, nach denen der Süden womöglich den Krieg gewonnen hätte, wäre Jackson nicht 1963 tödlich verwundet worden. Auch Jeb Stuart, der immer im überraschenden Moment auftaucht, erhält ein lebendiges Porträt. Seit er Traveller bei der ersten Begegnung seine Eignung als Kavalleriepferd attestierte, wird er von dem Pferd stets „Komm-zur-Kavallerie“ genannt, und sein aristokratisches Pferd Skylark hinterlässt bei Traveller bei den ersten Begegnungen einen leichten Eindruck der eigenen Unzulänglichkeit.

|Sorgfältige Recherche|

Bereits im Vorwort verweist der Autor auf einige Werke, die er als Quellen für gewisse Begebenheiten herangezogen hat, sodass man gewiss sein kann, dass vieles aus Travellers Erzählungen der Wirklichkeit entspricht. Dabei ist es als Leser spannend zu beobachten, wie historische Ereignisse aus der Sicht des Pferdes wiedergegeben werden, auch wenn man dafür etwas Hintergrundwissen benötigt. Die Jugendzeit von Traveller und das Leben mit seinen früheren Besitzern wird authentisch dargestellt, auch sein Gesprächspartner, der Hauskater Tom, hat tatsächlich existiert, wie man aus Briefen des Generals weiß, und die anderen Pferde, denen er im Krieg begegnet, beruhen ebenso auf Fakten – tatsächlich hat es vor allem der kleine Rotfuchs zu ebenfalls großer Popularität geschafft. Lees Unfall, der seine Hände für längere Zeit außer Gefecht setzt, wird hier zu einem Wendepunkt in Travellers Leben, da das Pferd sich als fahrlässig Schuldiger sieht und von dem Tag an endgültig bereit ist, sein eigenes Leben für das seines Herrn aufs Spiel zu setzen. Intensiv dargestellt wird die Szene, in der der General vom Tod seines Vertrauten Stonewall Jackson erfährt. In Anspielung auf Jacksons Amputation des linken Arms, die ihm jedoch nicht das Leben retten konnte, ist der Ausspruch Lees verbürgt, Jackson habe seine linke, er jedoch mit ihm seine rechte Hand verloren – ein berühmtes Zitat, das er gegenüber Traveller in einem Augenblick der Verzweiflung wiederholt.

|Humor und Groteske|

Humor mag in einem Buch, das vom Krieg handelt, zwar im ersten Moment überraschen, doch Richard Adams gelingt es großartig, amüsante Szenen einzuflechten. Dafür ist vor allem Travellers naive Art und sein Unverständnis gegenüber vielen menschlichen Dingen verantwortlich. Es beginnt schon damit, dass in den Monaten vor 1862 alle Männer aufgeregt vom Krieg sprechen und sich darauf freuen, endlos losziehen zu dürfen. Für Traveller ist damit klar, dass „der Krieg“ ein wunderschöner Ort sein muss, wahrscheinlich eine friedliche Weide mit saftigem Gras und vielen anderen glücklichen Pferden. Wenn er am Ende seines Berichts bedauert, dass er, trotz seines sehr schönen Lebens, niemals zum „Krieg“ gelangt ist, bleibt dem Leser allerdings fast das Lachen im Halse stecken. Humor und Beklemmung liegen dicht beieinander. Travellers schnodderige Sprache und seine mitunter fahrige Art, die zum Abschweifen neigt, lädt zum Schmunzeln ein, gleichzeitig aber erzählt er von grauenhaften Szenen auf den Schlachtfeldern, von verletzten Menschen, von unzähligen Toten, von Angst und von Schmerzen. Lachen kann man erst wieder bei harmloseren Szenen, etwa wenn ein verzweifelter General Lee in Travellers Gegenwart „gütiger Gott“ murmelt und sein treues Pferd vermutet, dass er im Eifer des Gefechts seinen Namen vergaß und „Gott“ ein früheres Pferd von Marse Robert gewesen sein muss.

|Kleine Schwächen|

Es bedarf einer gewissen Überwindung, sich in den ungewöhnlichen Sprachstil von Traveller einzulesen. Was im Original ein typischer Südstaatendialekt ist, wurde versucht, von Joachim Körber adäquat ins Deutsche zu übertragen, sodass Traveller eine recht ungehobelte, einfache Sprache verwendet, die an Gossenniveau erinnert. Mit Vorliebe werden Silben verschluckt oder zusammengezogen, was dann in Worten wie „türlich“, „ham“, „nich“ und „haste“ sowie gerne in einer doppelten Verneinung wie „keiner nich“ resultiert. Der Stil lädt damit zwar nicht gerade zum Verschlingen des Romans ein, doch schneller als man denkt, hat man sich darin eingelesen und möchte diesen Dialekt am Ende nicht mehr missen. Ein wenig schade ist, dass Travellers Gesprächspartner, Hauskater Tom, stets stumm bleibt. Der Leser hört nur das Pferd reden, ab und zu gibt er wieder, was Tom gerade macht, aber insgesamt bleibt der Kater profillos. Ebenfalls bedauert man, dass Travellers spezieller Freund Klein-Rotfuchs nicht mehr auftaucht und er nichts über dessen Schicksal erfährt. Dabei ist bekannt, dass Rotfuchs nicht nur den Krieg überlebte, sondern danach noch ein bewegtes Leben führte und erst 1885 im hohen Pferdealter von 35 Jahren verstarb. Genug Gelegenheit also, dass Traveller ihm noch einmal über den Weg gelaufen wäre. Ein wenig inkonsequent ist außerdem die Übersetzung der Namen, die Körber mal ins Deutsche überträgt und mal das Original beibehält. Aus „Little Sorrel“ und „Thunder“ werden „Klein-Rotfuchs“ und „Donner“, dagegen behalten Traveller und auch „Skylark“ ihren amerikanischen Namen.

Das größte Manko liegt in einer kleinen Unlogik gegen Ende des Buches. Traveller hat den Ausgang des Krieges gehörig missverstanden, was sich in den ersten Tagen noch nachvollziehen lässt, da er gewisse Situationen einfach fehlinterpretiert. Allerdings bleibt er auch Jahre später noch bei seiner Ansicht, was unrealistisch ist, da er ja die Sprache der Menschen versteht und zudem immer wieder andere Pferde trifft – genug Gelegenheit also, um unwillkürlich zu erfahren, wie die Dinge wirklich stehen. Selbst der naive Traveller müsste vier Jahre nach Kriegsende begriffen haben, dass er mit seinen Ansichten falsch lag.

_Als Fazit_ bleibt ein absolut empfehlenswerter Roman, der das Thema „Amerikanischer Bürgerkrieg“ auf unkonventionelle Weise angeht. Eine gelungene Mischung aus Fantasy und Historie, die sorgfältig recherchierte Fakten mit Fiktion vereint. Der Stil ist zwar zunächst gewöhnungsbedürftig und es sind kleine Schwächen enthalten, doch insgesamt liegt ein überzeugendes Werk vor, das man sich weder als Historien- noch als Phantastikfreund entgehen lassen sollte.

_Der Autor_ Richard Adams, Jahrgang 1920, studierte in Oxford Literatur und Geschichte. Sein Debütroman [„Watership Down: Unten am Fluss“ 2025 wurde als Buch und ebenso als spätere Verfilmung ein Welterfolg. Adams Spezialgebiet sind Werke, in denen Tiere die Hauptrolle spielen. Weitere Bücher von ihm sind u. a. „Shardik“, „Das Mädchen auf der Schaukel“ und „Die Hunde des Schwarzen Todes“.

http://www.edition-phantasia.de

Edginton, Ian / Hartley / Harrison / Wheatley – Star Wars 62: Das Band der Ehre

_Inhalt_

|“Das Band der Ehre“|

Ein Sergeant muss sich vorm Jedi-Rat für die letzte gescheiterte Mission beantworten. Bei einem Notmanöver landeten die Truppen auf einem Planeten, der unter der Führung von Direktor Oviedo von rebellischen Truppen bevölkert wurde. Der Plan Oviedos versprach ihm Macht und Ruhm, doch die gestrandeten Kämpfer leisteten ihm und seinen Droiden Widerstand und nahmen ihn für die Rückreise nach Coruscant gefangen. Unterwegs verstarb er jedoch unerwartet.

|“Geist“|

Han Solo hat bei einem Sabacc-Spiel eine Karte gewonnen und verspricht sich hiervon, einen wertvollen Schatz zu bergen. Während seiner Suche trifft der Kopfgeldjäger auf einen verfolgten Jedi, mit dessen mysteriöser Aura Solo sich überhaupt nicht anfreunden kann. In einem plötzlichen Gefecht mit seinen Verfolgern erkennt er jedoch, dass der Jedi auf der guten Seite der Macht steht.

|“Lucky Stars“|

Auf Elerion wurde ein Holo-Würfel mit wichtigen Informationen über die geheimen Rebellenstützpunkte gestohlen. Prinzessin Leia wird von einer gewissen Orma beauftragt, den Würfel wieder zurückzuholen, nachdem ihr die Information zugetragen wurde, dass er sich im Umfeld eines anrüchigen Spielcasinos befinden soll. Leia lässt sich auf eine verführerische Robe ein und lässt gleichsam ihre Reize spielen, um den Würfel mit allen Möglichkeiten vor dem Imperium zu verbergen.

_Persönlicher Eindruck_

Eigentlich hätte in Ausgabe Nr. 62 der „Star Wars“-Comics die Fortsetzung von „Dark Times“ publiziert werden sollen. Doch aus unerfindlichen Gründen – das Intro schreibt, Autor Doug Wheatley habe sich im „Star Wars“-Universum ein wenig verflogen – müssen Fans nun einen kleinen Aufschub hinnehmen und sich mit drei Mini-Geschichten aus dem riesigen Fundus der Sternenkrieg-Comics begnügen.

Allerdings handelt es sich hierbei nur um recht belanglose Episoden aus verschiedenen Phasen der historischen Zeittafel. Mit der Titelstory „Das Band der Ehre“ wird die schwächste sofort vornan gesetzt: Autor Ian Edington hat in einer reflektierenden Geschichte eine gescheiterte Mission der Truppen der Republik aufgearbeitet und dabei den Begriff der Ehre mit einigen pathetischen Floskeln heraufbeschworen, inhaltlich damit jedoch einen ziemlich langweiligen Plot kreiert, dem es spürbar an einem erkennbaren Höhepunkt bzw. Spannung im Allgemeinen mangelt.

Unwesentlich besser ist das kurze Abenteuer des jungen Han Solo, welches vom Umfang her lediglich einen besseren Zeitungs-Strip abgibt, im Prinzip aber auch so nichtssagend wie ein solcher ist. Schön, mal eine Episode des Kopfgeldjägers Solo zu sehen, mehr aber auch nicht.

Das Beste hat man sich für den Schluss bewahrt, wobei eine solche Belobigung bitte in Relation zum sehr schwachen Rest zu betrachten ist. Leia kämpft in „Lucky Stars“ gegen einige schmierige Verbündete des Imperiums und zeigt sich bei ihrer Jagd nach dem gestohlenen Holo-Würfel äußerst freizügig. Nach einem zwischenzeitlichen kurzen Höhepunkt war’s das dann aber auch schon wieder, und bis auf ein wenig nette Unterhaltung in bekanntem Rahmen hat der Leser auch nicht sonderlich viel mitnehmen können.

So bleibt neben einem großen Fragezeichen ob der merkwürdigen Veröffentlichungspolitik nichts als Unzufriedenheit zurück. Der mit Spannung erwarteten Fortsetzung von „Dark Times“ folgt ein völlig wertloses Sammelsurium langweiliger und zusammenhangsloser Tie-ins, die noch nicht einmal so interessant wie die Rubriken zum Schluss des Magazins sind. Selbst beinharte Fans der Serie dürfen bei Nr. 62 gerne mal aussetzen und erst dann wieder zugreifen, wenn „Dark Times“ tatsächlich weitergeführt wird.

http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10314

Shocker, Dan – Dartmoor (Larry Brent, Band 24)

Das Buch enthält die beiden Heftromane „Der Gehenkte von Dartmoor“ und „Bis zum letzten Schrei“, die zum ersten Mal 1972 in der Reihe Silber-Krimi aus dem |Zauberkreis|-Verlag erschienen sind.

|Der Gehenkte von Dartmoor|

David Gallun, alias X-RAY-1, empfängt in der PSA-Zentrale in New York das Signal vom Tod seines Agenten X-RAY-14. Der letzte Aufenthaltsort des Agenten war Dartmoor, das berüchtigste Sumpfgelände Englands. Larry Brent, alias X-RAY-3, erhält von seinem Chef den Auftrag, den Tod seines Kollegen aufzuklären. Da Chiefinspector Higgins von Scotland Yard das mysteriöse Verschwinden von 19 Häftlingen aus dem berühmten Gefängnis im Moor aufklären soll, schließt sich Larry Brent seinem alten Freund an.

Doch die Rätsel sind noch viel verworrener, als die beiden Kriminalisten zunächst annehmen. Die Leiche von X-RAY-14 wird an einem berüchtigten Galgen inmitten des Sumpfes gefunden, die rechte Hand wurde dem Agenten abgetrennt. Den PSA-Ring, der das Signal an die Zentrale in New York weiterleitet, entdeckt Larry in der Auslage eines Antiquitätengeschäftes, der Selbstzerstörungsmechanismus hat nicht angeschlagen. Wie passen aufgebrochene Särge, denen die Nägel fehlen, der größte Gangsterboss Londons, der sein Quartier nahe Dartmoor aufgeschlagen hat, und der exzentrische Sir Charles Parkinson ins Bild?

|Bis zum letzten Schrei|

Auf einem Schloss im Elsass geht die Weiße Frau um. Alle hundert Jahre fordert sie neue Opfer. Jetzt ist die Zeit gekommen, in der sie wieder zuschlägt. Eine junge Frau, die eine Nacht in dem geschichtsträchtigen Gemäuer verbringt, wird ihr erstes Opfer. Larry Brent wird von seinem Chef David Gallun nach Frankreich geschickt, da die Computer der PSA die Wiederkehr des Geistes errechnet haben und eine Untersuchung des Phänomens für Notwendig erachten. Getarnt als Geisterjäger, begibt sich der PSA-Agent mit einer Reisegruppe zum Ort des gruseligen Geschehens …

Bereits auf den ersten Seiten stellt Dan Shocker seinen enormen Ideenreichtum unter Beweis. Die Story um den Gehenkten in Englands berühmtesten Sumpf erinnert unweigerlich an alte Edgar-Wallace-Filme und verströmt immer noch den trashigen Charme der siebziger Jahre. Es ist faszinierend zu lesen, wie sich eine Frage nach der anderen dem Leser und den Protagonisten stellt und wie der Autor die Handlungsfäden zusammenführt und den Gordischen Knoten in einem dramatischen Finale löst.

Die Lösung des Falles wirkt dabei so unglaublich überzogen, dass es einfach Spaß gemacht hat zu lesen, wie Larry den Tätern auf die Spur kam. Die plastische Schilderung des Schauplatzes Moor hat zu einem Großteil zu der schauerlichen Atmosphäre des Romans beigetragen.

Interessant zu lesen war auch, dass mal ein anderer Agent außer Larry Brent oder seine Kollegen Iwan Kunaritschew und Morna Ulbrandson erwähnt wurde. Leider erfährt der Leser außer dem Namen nichts über X-RAY-14. Mit der Erklärung des defekten Selbstzerstörungsmechanismus des PSA-Ringes macht es sich der Autor dagegen ein wenig zu leicht. Doch der Leser wird mit einer rasanten Handlung, liebevoll gezeichneten Charakteren und einem Wiederlesen mit Chiefinspector Higgins belohnt.

Die zweite Story ist eine geradezu klassische Gespenster-Geschichte um das Phänomen der „Weißen Frau“. Der Text hat zwar einen nicht unbeträchtlichen Gruselfaktor, allerdings plätschert die Handlung auch seitenlang vor sich hin, ohne dass die Handlung großartig vorankommt. Larry selbst kommt erst nach 28 Seiten ins Spiel und es dauert abermals 35 Seiten, bis er richtig in den Fall einsteigt.

Dafür beschreibt der Autor einen Urlaub von Morna Ulbrandson, der mit dem Fall eigentlich nichts zu tun hat, außer, dass sie zufällig den Sohn des Schlossbesitzers trifft, der hoch verschuldet ist. Und natürlich treffen sich Morna und Larry am Ende des Romans auch rein zufällig vor dem Tor des Gemäuers. Wenn die aparte Schwedin nicht schon zuvor nicht schon seitenlang als Spannungskiller aufgetreten wäre, dann wäre das zufällige Treffen der beiden Agenten ein richtig guter Gag geworden.

Larrys Inkognito war dagegen sehr gelungen, und es wirkte schon amüsant, wie sich Larry als schrulliger Geisterjäger ausgegeben hat. Nur die ständige Titulierung als „Ghost Hunter“ hat genervt und ist einfach nicht zeitgemäß. In den Siebzigerjahren war es modern, wenn in Heftromanen englische Begriffe fielen, doch heutzutage liest es sich eher altbacken. Larrys Verfolgungsjagd durch die unterirdischen Gewölbe wird von dem Autor gekonnt dargestellt und die beklemmende Atmosphäre der stockdunklen Gänge überträgt sich unweigerlich auf den Leser. Leider wurde das Finale sehr abrupt und unspektakulär abgehandelt, so dass der Leser den Roman unbefriedigt zur Seite legen muss.

Die Innenillustrationen von Pat Hachfeld runden den Gesamteindruck des Buches hervorragend ab. Das Bild zum zweiten Roman wirkt allerdings sehr fade, aber es gibt auch keine wirklich unheimliche Szene in dem Roman, die zeichnerisch gut darzustellen gewesen wäre. Das Cover des Buches ziert das Original-Titelbild des Heftromans „Bis zum letzten Schrei“ und zeigt eine Szene aus dem Traum des Schlossherren.

_Fazit:_ Origineller, kurzweiliger Einstieg vor der unheimlichen Kulisse einer englischen Moorlandschaft und ein fader, begrenzt spannender Abschluss des Buches. Der Band zeigt, wie ambivalent die Storys bisweilen ausfallen können und wie schwierig dadurch die Bewertung des Buches wird.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Veloso, Ana – Duft der Kaffeeblüte, Der

|“Vom Winde verweht mit brasilianischem Feuer“|, so preist das Buchcover Ana Velosos Erstlingsroman an und hängt die Messlatte für Freunde „historischer Schmöker mit Liebesgeschichte inklusive“ sehr hoch, doch so viel sei vorweggenommen: Dieses kurze Zitat verspricht nicht zu viel, denn wer Margaret Mitchells „Vom Winde verweht“ geliebt hat und vielleicht noch ein Fan von „Fackeln im Sturm“ ist, der ist bei Ana Veloso sehr gut aufgehoben.

Die siebzehnjährige Vitória da Silva lebt auf der blühenden Kaffeeplantage Boavista zusammen mit ihrem älteren Bruder Pedro und ihren Eltern. Vita liebt das Leben und wird von ihm geliebt, an jedem Finger hat die hübsche junge Dame einen Verehrer, aber keiner konnte bislang ihr Herz erobern, doch das soll sich ändern, als ihr Bruder mit drei seiner Freunde zu Besuch auf die Plantage kommt. Eines Nachmittags taucht an der Tür der Plantage ein verwahrloster Mann auf, dem Vita kurzerhand die Tür vor der Nase zuknallt, weil er sich erdreistet hat, an der Vordertür statt am Dienstboteneingang zu klingeln. Zu Vitas Schande stellt sich hinterher allerdings heraus, dass sie damit Pedros Freund León Castro des Hauses verwiesen hat, der abends geschniegelt und gestriegelt auftaucht und sich als der berühmte Journalist und Abolitionist vorstellt.

Von Anfang an knistert es zwischen Vita und León, der sie immer wieder mit diesem Missverständnis aufzieht und sich als ihr persönlicher Sklave gibt. Als Vita daher einige Zeit später eine Einladung von León zu einer Theaterpremiere in Rio de Janeiro erhält, setzt sie alle Hebel in Bewegung, um tatsächlich nach Rio reisen zu können, doch leider bekommen ihre Eltern spitz, was Vita plant, und verpassen ihr Hausarrest. Doch das wird Vita und León nicht trennen können. Als Vitas Bruder Pedro und seine Angebetete Joanna nämlich ihre Verlobung auf Boavista feiern, ist auch León eingeladen, der Vita ebenso verfallen ist wie sie ihm.

Als sie bei einem nächtlichen Treffen von einem Unwetter überrascht werden, flüchten sie sich in eine Hütte und erleben dort ihre erste gemeinsame Liebesnacht, die Vita allerdings ungewollt ein „Geschenk“ hinterlässt, sie wird nämlich schwanger. In einem Brief setzt sie León von der Schwangerschaft in Kenntnis, doch dieser unternimmt eine längere Reise und ist für Vita unerreichbar. Diese ist am Boden zerstört und tief verletzt, verzweifelt wägt sie ihre Alternativen ab. Soll sie das Kind abtreiben oder zur Adoption freigeben und anschließend ins Kloster gehen? Oder soll sie womöglich einen ihrer ungeliebten Verehrer heiraten? Keine der Alternativen erscheint ihr erträglich, doch als schließlich ein Brief Leóns eintrifft, erleichtert dieser ihr die schwere Entscheidung …

Ana Velosos Debütroman ist großes Kino; sie zeichnet eine exotische Welt im ausklingenden 19. Jahrhundert. Vita lebt ein glückliches Leben auf der florierenden Kaffeeplantage ihrer Eltern und genießt den Reichtum. Aufgrund der Krankheit ihrer Mutter muss Vita schon früh Verantwortung übernehmen, doch ihre starke Persönlichkeit erleichtert ihr diese Arbeit. Erst als León sich aus der Verantwortung stiehlt, wächst ihr alles über den Kopf. Wir erleben eine Welt in Brasilien, die noch dominiert ist von der Sklaverei, doch dann platzt der berühmte Sklavereigegner León Castro in das Leben der da Silvas und ist bei Vitas Eltern natürlich kein gern gesehener Gast. Als eines Tages der stumme Félix von Boavista verschwindet, ahnt noch niemand, dass León ihm zur Flucht verholfen hat und Félix nun auf seiner Plantage arbeitet und dort lesen und schreiben lernt.

Zu der Zeit, in der die Geschichte beginnt, bricht das System in Brasilien zusammen, die Sklaverei steht kurz vor der Abschaffung und auch die Monarchie ist deutlich marode geworden. All diese Umwälzungen erleben wir hautnah mit, auch den Tag, als die Sklaven plötzlich befreit sind und ihre Plantagen verlassen, um ihr Glück in der Stadt zu suchen. Die vormals reichen Plantagenbesitzer stehen vor dem Nichts und müssen nun ihren eigenen Haushalt führen und die Plantagen verfallen lassen, da sie niemanden haben, der den Kaffee ernten kann. Doch Vita hat vorgesorgt; sie lebt bereits als reiche Frau in Rio, die ihr Geld in andere Industriezweige investiert und gut angelegt hat, was ihr so viel Wohlstand beschert hat, dass sie ihre ganze Familie damit weiter versorgen kann.

Vor diesem dramatischen Hintergrund erzählt Ana Veloso die Geschichte der Vita, die in der Tat viele Charakterzüge einer Scarlett O’Hara trägt. Natürlich ist sie das schönste Mädchen weit und breit, das sich vor Verehrern kaum retten kann, aber ihr Herz verschenkt sie dann an einen Rebellen, mit dem ihre Eltern nicht einverstanden sind. Genau wie Rhett und Scarlett zwischen Liebe und Hass schwanken, ist auch die Beziehung von Vita und León von großer Leidenschaft, aber auch viel Leid und Schmerz geprägt, da sie einfach nicht zueinander finden wollen.

Zu Beginn schafft es Ana Veloso überzeugend, die magische Anziehungskraft zwischen Vita und León zu beschreiben, von der ersten Begegnung an knistert es zwischen den beiden, und dem erfahrenen „Historienschmöker-Leser“ ist natürlich sofort klar, dass sich zwischen ihnen eine leidenschaftliche und dramatische Affäre entwickeln wird. Als Vita dann aber schwanger wird und León durch die Lande reist, anstatt sich um seinen entstehenden Nachwuchs zu kümmern, kommt es zum Bruch zwischen den beiden. Vita schickt León einen Hilferuf, auf den León gar nicht reagiert.

Als sie sich einige Zeit später wiedersehen, erfährt Vita, dass León von ihrer Schwangerschaft nichts gewusst hat. Doch anstatt das Missverständnis aufzuklären, eiern die beiden ziellos umeinander und verletzen sich fortan bewusst gegenseitig. Mir ist Vitas Verhalten ehrlich gesagt nicht ganz klar geworden. Sie hätte eventuell die Möglichkeit gehabt, ihre Beziehung zu León zu retten, aber sie macht es nicht. Hier konnte Ana Veloso das Handeln ihrer beiden Hauptfiguren leider nicht ganz glaubwürdig schildern. In punkto Charakterzeichnung überzeugt Ana Veloso nicht auf ganzer Linie, denn auch Vitas Bruder Pedro zeigt teilweise merkwürdige Anwandlungen, die nicht immer schlüssig erscheinen. Aber vor dem exotischen Hintergrund und vor allem der spannenden historischen Rahmenhandlung mag man das Veloso durchaus verzeihen.

Während sich Ana Veloso zu Beginn des Buches noch auf die Familie da Silva konzentriert und sich die gesamte Handlung auf Boavista abspielt, spaltet sich die Erzählung im weiteren Verlauf der Geschichte in mehrere Handlungsstränge auf. So begleiten wir den stummen Félix auf seiner Flucht vor der Sklaverei, die er ohne Leóns Hilfe nie geschafft hätte. Dank León erhält Félix Arbeit und kann das Schreiben erlernen, sodass er sich mithilfe einer Tafel schließlich auch verständigen kann. Die Geschichte um Félix, der es schafft, in Rio sein eigenes Leben zu führen, nimmt später viel Raum ein und fügt sich stimmig in das Buch ein, was aber erst sehr spät klar wird, wenn uns Ana Veloso gen Ende mit einigen erschütternden Details füttert. Auch von Pedro und seiner Frau Joana werden wir viel zu lesen bekommen, sodass wir uns manchmal über weite Strecken des Buches von Vita trennen müssen. Genau das hat mich aber immer wieder zum Weiterlesen verleitet, weil ich natürlich wissen wollte, wie es mit den beiden Hauptfiguren weitergeht. Ohne den bunten Strauß an Nebenhandlungen hätte „Der Duft der Kaffeeblüte“ mit Sicherheit nicht sein volles Aroma entfaltet und kein solches Tempo entwickelt.

Am Ende bleibt ein sehr positiver Eindruck zurück. Ana Veloso versetzt ihre Leser in das 19. Jahrhundert und nimmt uns mit nach Brasilien auf eine florierende Kaffeeplantage, die schließlich aber verfällt, als die Sklaven befreit werden und niemand mehr den Kaffee ernten kann. Vor diesem spannenden Hintergrund zeichnet sie eine tragische und bewegende Familien- und Liebesgeschichte, die einen einfach gefangen nehmen und hinreißen muss. Wer schon „Vom Winde verweht“ verschlungen hat, wird auch dieses Buch lieben!

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