Archiv der Kategorie: Rezensionen

Dumas, Alexandre / Halver, Konrad – drei Musketiere, Die (Europa-Originale 30)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
1. Gast – Rolf E. Schenker
d‘ Artagnan – Konrad Halver
1. Wirt – Claus Wagener
Adjutant – Hans Meinhardt
Monsieur de Tréville – Herbert A. E. Boehme
Athos – Peter von Schultz
Porthos – Rudolf H.Herget
Aramis – Michael Weckler
Jussak – Edgar Machmann
Madame Bonancieux – Sylvia Anders
Monsieur Bonancieux – Rudolf H. Herget
1. Wirtin – Ingeborg Kallweit
2. Gast – Walter Petersen
2. Wirt: Horst Beck
2. Wirtin – Katharina Brauren
Spitzel: Claus Wagener
Kardinal Richelieu – Rolf E. Schenker
König Ludwig XIII. – Edgar Maschmann
Königin – Dagmar von Kurmin
3. Wirt – Walter Petersen
und Gäste, Soldaten, Arbeiter und Diener

Regie: Konrad Halver

_Story_

Der junge d’Artagnan träumt wie so viele andere Männer in seinem Alter davon, eines Tages in die Leibwache des Königs von Frankreich aufzusteigen. Also macht er sich auf den Weg nach Paris, um alsbald die Musketiere aufzusuchen und an ihren tollkühnen Abenteuern teilzuhaben. Binnen kürzester Zeit wird aus dem langjährigen Traum Wirklichkeit, und selbst der höhnische Spott in seiner Umgebung kann ihn jetzt nicht mehr aufhalten. Als „vierter Musketier“ wird er in gefährlichen Missionen geprüft und muss dabei immer wieder seine Fähigkeiten mit dem Degen unter Beweis stellen. Selbst der hinterlistige Kardinal Richelieu bekommt schmerzlich zu spüren, dass mit dem neuen Diener des französischen Königs nicht zu spaßen ist.

_Meine Meinung_

Ich kann mich noch sehr gut an meine Kindheit erinnern, als in der ARD eine Zeichentrickserie mit dem Titel „D’Artagnan und die drei Musketiere“ gesendet wurde, die mich damals regelmäßig vom Bolzplatz in die gute Stube lockte, um den Abenteuern der verwegenen Musketiere und ihres neuen Freundes aus nächster Nähe beizuwohnen. Ich erinnere mich auch noch sehr gut an die tollen Darstellungen der verschiedenen Personen, verkörpert von verschiedenen Tieren, deren grundlegende Eigenschaften von den Charakteren widergespiegelt wurden. Inzwischen wurden die Abenteuer der drei Musketiere vielfach verfilmt und ebenso wie die vielen älteren Kino- und Videoproduktionen des Literatur-Klassikers von Alexandre Dumas unzählige Male im TV gesendet. Es ist also fast unmöglich, die ursprüngliche Geschichte um die Musketiere nicht zu kennen. Das führt natürlich dazu, dass man die einzelnen ‚Produkte‘ miteinander vergleicht und Favoriten herausbildet, wobei es im Falle dieses Stückes schon überraschend gewaltige Qualitätsunterschiede gibt.

Davon ist in gewisser Hinsicht dann auch die im Original 1971 aufgenommene Hörspiel-Version aus dem Hause |Europa| betroffen, deren größtes und eigentlich auch einziges Manko darin besteht, dass sie die Abenteuer der vier stolzen Männer nur sehr oberflächlich erzählt und es dadurch bedingt kaum Freiräume gibt, die eine etwas detailliertere Darstellung der verschiedenen Stationen der Protagonisten ermöglichen würden.

Bei einer Spielzeit von nicht einmal ganz ausgefüllten 30 Minuten ist es aber sowieso schwierig, der Romanvorlage annähernd gerecht zu werden. Dementsprechend ist die 35 Jahre alte Hörspielvariante auch nicht wirklich spannend, zumal sie eher wie ein Bericht aufgebaut ist. Kurz werden einzelne Fixpunkte der Handlung wie beispielsweise (natürlich) das Aufeinandertreffen der Musketiere mit d’Artagnan, die Englandreise und das finstere Spiel, das der Kardinal treibt, angerissen, jedoch nie mit wirklich viel Tiefgang bedacht. Gerade der letztgenannte Punkt, eigentlich das Kernstück des weltberühmten Epos, hätte etwas mehr Inhalt erfordert, entbehrt aber wegen besagter erzählerischer Oberflächlichkeit jeglicher Tiefe und kann so weder für Tragik noch für Spannung garantieren.

Den Sprechern ist hingegen kein Vorwurf zu machen; bei „Die drei Musketiere“ hat sich eine erlesene Auswahl der |Europa|-Riege versammelt und liefert auch eine ausnahmslos makellose, ambitionierte Performance. Doch leider können die vielen Mitwirkenden auch nicht viel daran ändern, dass die hier vorliegende, im Rahmen der „Europa-Originale“ mit der Nummer 30 versehene Adaption von Dumas‘ Meisterwerk nicht mehr ist als eine nette, im Vergleich zu thematisch gleichgelagerten Medien aber doch unterlegene Erzählung. Und das eigentlich nur, weil nach 30 Minuten bereits der abrupte Schnitt folgt …

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Armstrong, Karen – Achsenzeit, Die : Vom Ursprung der Weltreligionen

Die englische Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong befasst sich in diesem Buch mit der kulturhistorischen Epoche der sogenannten „Achsenzeit“, in deren Verlauf sich die Wurzeln der heutigen Weltreligionen herausbildeten. Für Armstrong markiert die „Achsenzeit“ in den jeweils betreffenden Nationen den Höhepunkt der Rationalität, dessen man sich auch in der komplizierten Gegenwart des 21. Jahrhunderts erinnern sollte, wenn es darum geht, die gravierenden tagesaktuellen Probleme und Konflikte zu lösen. Die „Achsenzeit“ lässt sich grob auf die Jahre zwischen 900 und 200 v. Chr. datieren, wobei die Epoche natürlich nicht in jedem Teil der Welt zeitgleich eintrat. Als „Achsenzeit“ bezeichnet Armstrong die Zeit der Entstehung des Konfuzianismus und Daoismus in China, des Hinduismus und Buddhismus in Indien, des Monotheismus in Israel und des Rationalismus in Griechenland.

Armstrongs zentrale Intention bei diesem Buch ist es, die „Achsenzeit“ für die Gegenwart nutzbar zu machen und gleichzeitig aufzuzeigen, worin die Charakteristika jener Epoche lagen, die sie so bedeutsam machen. Es ist natürlich unstrittig, dass die besagten Epochen in ihren jeweiligen Kulturen einen bedeutenden geistesgeschichtlichen Durchbruch brachten und gewissermaßen die heutigen Weltreligionen begründeten. Die zentrale Schwäche in Armstrongs Argumentation scheint allerdings darin zu bestehen, dass sie davon ausgeht, seit der „Achsenzeit“ habe es keine wirklich neuen Ideen gegeben, die sich nicht an der „Achsenzeit“ orientierten. Gewiss ist eine neue Erkenntnis oder Theorie stets in gewisser Weise mit älteren Ideen verwoben und daher lässt sich auch theoretisch eine sehr lange chronologisch rückwärtsgerichtete Verwandtschaftskette zwischen verschiedenen Philosophien erzeugen. Dabei lässt Armstrong allerdings auf sträfliche Weise diverse geistesgeschichtliche Neuschöpfungen, wie u. a. die Ideen von Kant, Descartes, Nietzsche und Marx außer Acht, die nun wirklich nicht nur als „verwässerte“ Nachahmung der Philosophen der Achsenzeit gewertet werden können. Alles in allem wirkt Armstrongs Ansatz daher ein wenig konstruiert. Es hat den Anschein, als wolle die Autorin unbedingt ihre These belegen, wodurch sie offensichtlich die gebotene Objektivität vernachlässigt.

Trotz dieses Kritikpunktes handelt es sich bei ihrer „Achsenzeit“ um eine spannenden und kurzweilige Lektüre, die dem philosophisch und theologisch interessierten Leser sehr zu empfehlen ist. Man sollte allerdings gewahr sein, dass Armstrong in diesem Buch vor allem ihre eigene gewachsene Theorie präsentiert, ohne dabei auf etwaig anderslautende Interpretationen einzugehen. Dennoch ist dieses stilistisch ansprechend geschriebene Buch aufgrund der überaus interessanten Ausführungen der fachkundigen Autorin absolut lesenwert.

|624 Seiten, 21 Karten, 3 Stammbäume
22,7 × 15 cm|
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Peter May – Das rote Zeichen

Ein Serienmörder betäubt und köpft in Chinas Hauptstadt Peking nur scheinbar unschuldige Zeitgenossen; ein ehrgeiziger Kommissar und eine amerikanische Pathologin werden in die Ereignisse verwickelt und kommen einem Verbrechen aus der Zeit der chinesischen Kulturrevolution auf die Spur … – Nicht wirklich inspirierter, immerhin sorgfältig recherchierter, solider Thriller, der von seiner exotischen Kulisse als von der Story oder den Figuren profitiert.
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Twain, Mark / Brac, Claudius – Tom Sawyer und Huckleberry Finn – Folge 1 (Europa-Originale 17)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Huckleberry Finn – Wolf Schenke
Tom Sawyer – Florian Kühne
Muff Potter – Rudolf Fenner
Indianer-Joe – Horst Fleck
Doktor Robinson – Peter Folken
Tante Polly – Gerda Gmelin
Sheriff – Heinz Fabian
Richter Thatcher – Benno Gellenbeck
Pfarrer – Konrad Halver
Becky – Regine Lamster
Lehrer – Walter Petersen
Staatsanwalt – Heinz Fabian

Regie: Claudius Brac

_Story_

Eines Nachts geht der streng erzogene Tom Sawyer gemeinsam mit seinem herumstreunenden Freund Huckleberry Finn auf Wanderschaft, um eine Katze zu begraben. Allerdings wird der nächtliche Ausflug zum Friedhof zu einem fürchterlichen Ereignis, denn die beiden werden unfreiwillig zu Zeugen eines hinterlistigen Mordes. Indianer-Joe, ein berüchtigter Krimineller, der dem Staatsanwalt schon mehrfach entwischt ist, rächt sich mit dem Messer an Doktor Robinson, weil dieser ihn hinter Gittern gebracht hatte. Allerdings will Joe nicht selber für den Mord geradestehen und schiebt ihn stattdessen dem Trunkenbold Muff Potter in die Schuhe, der sich an diesem Abend gar nicht mehr daran erinnern kann, was er im Suff angestellt hat.

Die Sache geht alsbald vor Gericht, und dem bekannten Alkoholiker droht schon in Kürze der Galgen. Dann jedoch wird der junge Tom als letzter Zeuge ins Gericht gerufen und erzählt den Geschworenen die wahre Geschichte.

_Meine Meinung_

Mark Twains Klassiker „Tom Sawyer“ und „Huckleberry Finn“ gehören zu den tollsten Geschichten der Kinder- und Jugendbuchliteratur und sind sicherlich auch den meisten Bücherwürmern hinlänglich bekannt. Dabei gibt es verschiedene Interpretationen der Geschichten aus den „Mississippi Writings“, soll heißen, die Schwerpunkte sind unterschiedlich gelagert, konzentrieren sich allerdings zumeist ausschließlich auf die von der Mutter des wohlerzogenen Tom nur widerwillig geduldete Freundschaft der beiden ungleichen Jungen.

In der Hörspielfassung von |Europa|, die zuerst im Jahre 1967 veröffentlicht wurde, bleibt dieser Aspekt indes größtenteils außen vor. Stattdessen steht der zwielichtige Mordfall im Mittelpunkt des Geschehens und erschüttert die Heimatstadt der beiden Jungen, denen bei der Aufklärung der grausamen Tat eine entscheidende Rolle zukommt. Beide haben die schreckliche Wahrheit selber beobachten müssen und geraten dadurch in eine verzwickte Lage, in der auch nur sie entscheiden können, ob sie sich in die Sache näher einmischen. Doch es geht um Leben und Tod, und insofern bleibt ihnen auch kaum eine andere Wahl.

Zur gleichen Zeit erfährt Tom seine erste Liebe und schmiedet schon erste Pläne für eine Verlobung mit der gleichaltrigen Becky. Diese zeigt auch Interesse, fühlt sich jedoch später hintergangen, so dass Tom kaum mehr andere Möglichkeiten bleiben, als die Rolle des stillen Helden einzunehmen und ihr damit zu imponieren.

Die erste Folge dieses Zweiteilers beschäftigt sich recht ausführlich damit, die Rahmenbedingungen für die Geschichte abzustecken, die allerdings erst im zweiten Teil so richtig Fahrt aufnehmen soll. Die entscheidende Tat und alle ihre Konsequenzen werden recht ausführlich beleuchtet, wohingegen die zeitgleich ablaufende Liebesgeschichte zwischen Becky und Tom naturgemäß ein wenig kindlich wirkt, jedoch allzu gut den grundsätzlichen Charakter dieser Story beschreibt. Schließlich handelt es sich hier um eine typische Abenteuergeschichte, die vorrangig für das junge männliche Publikum geschrieben wurde und für diese Zielgruppe auch unentbehrlich ist. In Tom Sawyer und Huckleberry Finn findet man gleich zwei heldenhafte Identifikationsfiguren: der eine, weil er sich mutig gegen einen Mörder stellt, und der andere, weil er so unbeschwert und furchtlos durchs Leben zieht. Kurzum, die beiden sind von Autor Twain (eigentlich Samuel Langhorne Clemens, 1835 – 1910) maßgeschneiderte, sympathische und zeitlos relevante Helden, deren Geschichten man wie in diesem Hörspiel gerne lauscht. Während ich schon mit Spannung auf den zweiten Teil vorausblicke, kann ich den ersten schon einmal wärmstens empfehlen.

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Lisa Tuttle – Das geheime Land

Was passiert mit Menschen, die von einem Augenblick zum nächsten spurlos verschwinden? Lisa Tuttle nimmt sich all der verschwundenen Menschen an und schickt den in London lebenden amerikanischen Detektiv Ian Kennedy auf Spurensuche.

Ian Kennedy ist seit jeher vom rätselhaften Verschwinden besessen. Einst verschwand sein Vater spurlos von einem Tag auf den anderen. Für Ian absolut unbegreiflich und unerklärlich. Ebenso unerklärlich scheint die junge Peri Lensky verschwunden zu sein. Ian Kennedy, Spezialist für auf rätselhafte Weise verschwundene Menschen, wird von Peris Mutter Laura beauftragt, das Mädchen zu suchen. Seit zwei Jahren fehlt von ihr jede Spur und sie verschwand auf so sonderbare Weise, dass es fast nach einem Märchen klingt.

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Moon, Alan R. – Zug um Zug – USA 1910 Erweiterung

_Das Basisspiel_

„Zug um Zug“ hat sich innerhalb der letzten drei Jahre zu einem der beliebtesten Spiele ganz Europas gemausert und sich als erstes und bislang auch einziges aus der stetig wachsenden Zahl an Eisenbahnspielen auf dem deutschen Markt kommerziell durchsetzen können. Sicherlich begünstigt durch die Auszeichnung zum Spiel des Jahres 2004, wurde das Spielprinzip in den darauf folgenden Jahren stetig ausgebaut und die Reihe mit den Editionen [„Europa“ 3086 und „Märklin“ erweitert. Mittlerweile wird sogar eine Deutsche Meisterschaft im „Zug um Zug“-spielen ausgetragen, die momentan sogar noch im Gange ist.

Dennoch dürften manche Fans des Originalspiels ein wenig unzufrieden sein, denn durch die beiden genannten Weiterentwicklungen, die nicht mit dem zuerst erprobten Erfolgsrezept kombiniert zu spielen sind, werden diejenigen begünstigt, die erst später auf „Zug um Zug“ aufmerksam geworden sind, denn sie haben die Wahl zwischen dem moderneren, modifizierten Spielkonzept der „Märklin“-Edition und den ungefähr inhaltlich gleichen ursprünglichen Varianten. Es sei denn, man ist bereit, ungefähr 50 € zusätzlich zu investieren und sich die gesamte Serie ins Haus zu holen.

_Die Erweiterung_

Bei |Days of Wonder| hat man sich nun allerdings Gedanken gemacht, wie man das ursprüngliche Spielkonzept, sprich die Version mit der USA-Landkarte, dennoch erweitern konnte. Gerade diejenigen, die sich ein wenig darüber aufgeregt haben, dass man mit der ersten Variante nicht die Optimallösung ins Haus geholt hat, werden sich darüber freuen, denn jetzt kann man das Spiel zukünftig doch noch leicht abwandeln – selbst wenn die neuen Möglichkeiten die Spielidee nicht grundsätzlich verändern. Aber, und das darf ich schon einmal vorwegnehmen: Wer das preisgekrönte Original im Schrank stehen hat, kommt an diesem zusätzlichen Spielmaterial nicht vorbei.

_Inhalt_

• 35 neue Zielkarten
• 1 neue Bonuskarte für die meisten erfüllten Zielkarten (Wert: 15 Punkte)
• Großformatige Nachdrucke aller Karten des Originals, bestehend aus 30 Zielkarten, 110 Wagenkarten und 1 Bonuskarte für die längste Strecke
• 4 weitere Zielkarten aus der zur Essener Messe 2004 veröffentlichten, mittlerweile vergriffenen Erweiterung „Mystery Train“

_Die neuen Möglichkeiten_

Durch das zusätzliche bzw. erneuerte Grundmaterial ergeben sich nun verschiedene Möglichkeiten, „Zug um Zug“ zu spielen. Von Relevanz sind hierbei die neuen Zielkarten, durch die nun beinahe jedwede Streckenkombination im nunmehr 69 Karten starken Stapel ermöglicht werden und es, im Gegensatz zum Grundspiel, selbst nach mehreren Runden kaum noch erahnbar ist, welche Ziele bzw. Streckenbauten man selber verfolgt. Und genau jene Karten ermöglichen nun auch drei verschiedene Spielvarianten.

Zum einen ist es nun möglich, ausschließlich mit den neu hinzugekommenen Karten, die übrigens den Zusatz ‚1910‘ tragen, zu spielen. Eine noch interessantere Möglichkeit besteht indes darin, das Mega-Spiel mit dem gesamten Kartenstapel zu spielen, denn dadurch verlagert sich die eigene Strategie noch stärker dahin, intuitiv die Spielzüge des oder der Gegner zu analysieren, und somit überhaupt der Schwerpunkt in Richtung Taktikspiel.

Die letzte hier ermöglichte Version nennt sich ‚Metropolen-Spiel‘ und setzt sich ausschließlich aus den Zielkarten zusammen, die mit den Metropolen Chicago, Dallas, Houston, Los Angeles, Miami, New York und Seattle in Verbindung stehen. Auch diese Karten sind zusätzlich durch eine rote Markierung gekennzeichnet und können somit auch leicht aussortiert werden.

_Eine echte Verbesserung_

Der wichtigste Punkt dieser Erweiterung ist sicherlich die Aufstockung des Kartenkontingents, denn auch wenn es sich hierbei eigentlich nur um einen schlichten Zug (|nomen est omen|) handelt, wird der Spielspaß dadurch ungemein gesteigert. Bei den 30 Basiskarten aus dem Original war es nach etlichen Runden nämlich schon schnell durchschaubar, wer welche Karten auf der Hand hatte, so dass die Lust zum destruktiven Spiel, soll heißen die geplanten Strecken des Gegners vorab zu bauen und ihm somit das Erreichen seiner Ziele zu erschweren, immer mehr gefördert wurde. Nun jedoch ist es kaum noch vorhersehbar, was der Gegner plant, und trotzdem muss man irgendwie versuchen, ihn zu durchschauen, was zunächst nur über einen gezielten Blick auf die von ihm nachgezogenen Waggons möglich sein wird. Und dabei dauert es trotzdem noch eine ganze Weile, bis man die neuen Strecken verinnerlicht hat.

Weiterhin ist die Idee, das gesamte Kartenkontingent zu erneuern, äußerst begrüßenswert, denn bei einem so konsequent bespielten Brettspiel wie „Zug um Zug“ lässt es sich selbst bei so guter Qualität, wie |Days of Wonder| sie beim verlagseigenen Spielmaterial stets garantiert, nicht vermeiden, dass die Karten mit der Zeit abnutzen. Jetzt also einfach noch zusätzlich zur Erweiterung einen ganzen Satz Ersatzkarten (in vergrößertem Format) hinzuzufügen, ist vorbildlich, zumal der Preis für das gesamte Set deswegen dennoch überschaubar bleibt. Ich denke jedenfalls, dass der auf der diesjährigen Essener Spielemesse geforderte Händlerpreis von ca. 10 € bei Menge und Qualität des Spielmaterials absolut in Ordnung geht.

_Fazit_

Was bleibt also anderes zu sagen, als dass „USA 1910“ das Spiel des Jahres 2004 durch die prinzipiell schlichten neuen Möglichkeiten doch erstaunlich weitreichend erweitert. Schade finde ich lediglich, dass Eigenheiten und weiterführende Ideen aus den später veröffentlichten Spielen, zum Beispiel Passagiere, nicht aufgegriffen wurden, doch andererseits kann man natürlich auch argumentieren, dass die drei Varianten somit nicht vereinheitlicht werden können. Nach sicherlich 50 Partien „Zug um Zug“ während der letzten beiden Jahre bin ich enorm froh, dass dem Spiel nun wieder neue Aspekte abverlangt werden können, und das dank so einfacher Neuerungen.

Damit zeigt sich im Endeffekt aber auch das Potenzial dieses jetzt als Klassiker zu bezeichnenden Basisspiels. |Days of Wonder| haben sich auch auf die Maxime ‚mit wenigen Mitteln zum Erfolg‘ verlassen, und Letzterer sollte ihnen mit „USA 1910“ beim fanatischen Spielerkreis der „Zug um Zug“-Besessenen auch erneut beschieden sein.

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John Connolly – Die weiße Straße [Charlie Parker 4]

Im Süden der USA wecken Rassisten die Geister der Vergangenheit, die Sühne für einen vor langer Zeit begangenen Lynchmord fordern. Zwischen allen Fronten versucht Privatdetektiv Charlie Parker, den aktuellen Tod eines Mädchens zu klären – und dabei am Leben zu bleiben … – Ungemein spannender, mit drastischen Gewaltszenen nicht sparender, atmosphärisch intensiver Thriller, in den sich Elemente des Phantastischen mischen. Wo es funktioniert, entsteht eine ebenso unheimliche wie poetische Zwischenwelt, in der die Lebenden und die Toten Seite an Seite existieren.
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Salvatore, R. A. / Merlau, Günter – Drizzt – Der Wächter im Dunkel (Die Saga vom Dunkelelf 3)

Folge 1: [„Der dritte Sohn“ 2978
Folge 2: [„Im Reich der Spinne“ 3055

_Story_

Drizzt ist endgültig aus Menzoberranzan geflohen und irrt nun verzweifelt durch die Labyrinthe der Unterwelt. Als Jäger wird er seinem Ruf als gefürchteter Krieger gleich mehrfach gerecht. Doch Drizzt ist dies nicht genug; er macht sich auf den Weg nach Blindgenstein, um dort den einst von ihm geretteten Belwar zu treffen. Der Gnom ist jedoch zunächst skeptisch, lässt sich dann aber auf den Vertreter der verhassten Dunkelelfen ein. Bei den Swirfnebli, Belwars Volk, sucht Drizzt Frieden und Ausgleich nach den fürchterlichen Erfahrungen mit seinem Heimathaus. Doch schon bald wird Drizzt wieder von seiner Vergangenheit eingeholt; Oberin Malice lässt noch immer nach ihm suchen, denn nur mit ihm kann das Haus Do’Urden wieder die Gunst der Spinnenkönigin Lloth zurückerlangen. Und dieses Mal ist Drizzts Volk ein ganzes Stück entschlossener, den abtrünnigen Kämpfer endgültig festzunageln.

_Meine Meinung_

Mit dem dritten und leider schon letzten Teil der „Saga vom Dunkelelf“ endet eine der besten Hörspiel-Serien dieser Tage. So viel kann man schon einmal zu Beginn als Fazit festhalten. Allerdings laufen die Beteiligten in „Der Wächter im Dunkel“ zur absoluten Hochform auf und liefern, unter anderem natürlich auch durch die inhaltliche Steigerung, ihre bisherige Bestleistung ab.

Die Spannung steigt in der Mitte des Hörspiels in Höchstregionen, denn als klar wird, dass die Suche nach dem abtrünnigen Drizzt nach wie vor mit größter Entschlossenheit fortgesetzt wird, ist einem klar, dass nun endgültig ein Rennen um Leben und Tod beginnt und Drizzt sich ein weiteres Mal seinen stammeseigenen Widersachern stellen muss. Hierzu bekommt er in diesem Fall jedoch Schützenhilfe vom Tiefengnom Belwar, der einst von den Dunkelelfen grausam zugerichtet, von Drizzt aber kurz vor dem Tod gerettet wurde. Belwar hat zwar schwere Verletzungen aus diesem Gefecht davongetragen, steht aber dennoch in der Schuld des jungen Do’Urden und gewährt ihm trotz des Widerstands seines Volkes Unterschlupf.

Drizzt beweist gleich mehrfach, dass sein friedliches Ansinnen ernst gemeint ist, und wird schnell zu einem mächtigen Verbündeten – bis ihm dann eines Tages gewahr wird, dass sein Leben auf ewig von ständiger Flucht gekennzeichnet sein wird, wenn er sich nicht erneut seinem Schicksal stellt und die Konfrontation mit seiner bösartigen Familie sucht. Und er hat gar nicht erst viel Zeit, sich nähere Gedanken darüber zu machen, wie dies geschehen wird, denn die Spinnenkönigin fürchtet ihn mittlerweile immer mehr, sodass sie einen schier unbesiegbaren Henker auf Drizzt angesetzt hat, der ihn auch mit sofortiger Wirkung beseitigen soll. Drizzt hatte bereits einige fürchterliche Visionen, doch dieser neue Gegner überschreitet all das, was er sich in seinen finstersten Gedanken ausgemacht hat. Tatsächlich scheint das Ende nahe und sein Tod besiegelt – oder etwa nicht?

Die Geschichte ist also erneut fabelhaft und birgt Spannungspotenzial für mehr als 70 Minuten, wobei es sich in diesem Fall sehr positiv auswirkt, dass man den umfassenden Inhalt in vergleichsweise kurzer Zeit abarbeiten muss. So geht es auch weiterhin Schlag auf Schlag und ohne Unterlass vorwärts, bis der Zuhörer dann zum Schluss endlich wieder Zeit zum Luftholen findet, denn für derartige ‚Banalitäten‘ bleibt beim Genuss des Finales dieser geschätzten Saga definitiv nicht viel Raum.

Begünstigt durch die bombastischen Sounds und Effekte avanciert die Darbietung dabei immer mehr zum groß angelegten Ohrenkino, in dessen Mittelpunkt der stete Wechsel zwischen berauschenden Klängen, glaubhaften Sprecherparts und flotter Action steht. Das Hörspiellabel |Lausch| zeigte ja bereits mit seiner anderen Serie [„Caine“, 2050 was bei der Kombination aus spannender Action-Handlung und Effekfeuerwerk möglich ist. Dies wird nun bis auf den äußersten Punkt der Spitze getrieben, lediglich mit dem Unterschied, dass die Science-Fiction-Elemente in „Caine“ von einem brutalen Fantasy-Spektakel sondergleichen ersetzt werden. Beim Fazit möchte ich mich deswegen auch kein drittes Mal wiederholen. Es sollte sich nämlich mittlerweile im Reich von |Dungeons & Dragons| herumgesprochen haben, dass diese Serie ein Pflichtanteil jeder Hörspiel-Sammlung ist.

http://www.merlausch.de/

Perry-Rhodan-Team / Böhmert, Frank / Effenberger, S. A. / Sieper, Marc – Planet der Mythen (Perry Rhodan – Sternenozean 4)

Folge 1: [„Der Sternenbastard“ 3030
Folge 2: [„Die Mascantin“ 3031
Folge 3: [„Der Hyperschock“ 3035

_Story_

Die ersten durch die Weltraumbeben ausgelösten Veränderungen machen sich im Kosmos breit. Wie aus dem Nichts erscheint im Hayok-Sternenarchipel ein ganzer Sternenhaufen und gibt Perry Rhodan und seinen Gefährten Rätsel auf. Alsbald begibt sich Rhodan auf einen Erkundungsflug durch den Sternenozean und entdeckt dort gemeinsam mit Atlan und Kantiran einige merkwürdige Dinge. Schritt für Schritt steuern sie auf neue Mysterien zu, bis ihre Reise dann plötzlich ein schreckliches Ende nimmt.

_Meine Meinung_

In der vierten Episode der neuen „Perry Rhodan“-Hörspielserie schreitet der beliebte Weltraumheld zum ersten Mal leibhaftig zur Tat, bleibt aber in seinem Handeln bzw. in der Erzählung recht blass, weil es sich bei „Planet der Mythen“ weitestgehend um einen Monolog des kürzlich verstorbenen Erzählers Joachim Höppner handelt, nicht aber um ein lebendiges Hörspiel, geprägt von ständiger Interaktion. Zwar ist die Reise durch den Sternenozean immer noch sehr spannend dargestellt, allerdings verliert die Serie durch die etwas dröge Vortragsform eindeutig an Farbe, zumal selbst beim vermeintlichen Höhepunkt am Ende des hier präsentierten Teilabschnitts vom „Sternenozean“ keine Steigerung zu erwarten ist.

„Planet der Mythen“ wirkt vergleichsweise gemütlich, kann indes keine echten Akzente setzen. Während die Geschichte von einem Spannungsmoment in den nächsten übergeht, kann die Atmosphäre kaum folgen. So gibt es auf besagtem Planeten gleich mehrere außergewöhnliche Begegnungen, die geradezu nach einer effektiveren klanglichen Untermalung verlangen, aber leider nur über die Stimme des Erzählers bedächtig vorgetragen werden.

Schließlich entsteht so eine Diskrepanz, die mit wachsender Spieldauer immer weiter auseinanderklafft. Interessante, spannendes Haltung vs. eher mittelmäßige Hörspiel-Performance, so in etwa lässt sich die vierte Episode zusammenfassen, und das passt eigentlich so gar nicht in das Bild der bislang durchweg überzeugenden Hörspielserie.

Zumindest entwickelt sich der Inhalt konsequent fort; Rhodan und Co. dringen tiefer in die Mysterien des Sternenozeans ein und stoßen dabei auf verschiedene Hintergründe und unerwartete, seltsame Begebenheiten, bis ihre Reise dann plötzlich von einem verheerenden Ereignis beeinträchtigt wird. Potenzial ist also weiterhin vorhanden – wobei dies sowieso außer Frage stand – nur bei der auditiven Umsetzung hapert es dieses Mal ein Stück weit, im Speziellen bei der Kreation einer adäquaten Science-Fiction-Atmosphäre.

Nun, missen sollte man „Planet der Mythen“ im Rahmen von „Sternenozean“ deshalb nicht, aber man sollte dabei auch nicht übersehen, dass es sich bei der Nr. 4 um einen vergleichsweise enttäuschenden Silberling handelt.

http://www.perryrhodan.org
http://www.luebbe-audio.de
[Ausführlicher Überblick über diesen Zyklus der Heftromanserie]http://www.perrypedia.proc.org/Der__Sternenozean__%28Zyklus%29

Barber, Richard – Heilige Gral, Der. Die Geschichte eines Mythos

Im Zuge des Erfolges von Dan Browns „The da Vinci Code“ (dt: [„Sakrileg“), 1897 welcher nun auch mit allerhand Stars besetzt verfilmt wurde, lodert auch das Interesse der Öffentlichkeit am Gral und seiner Legende wieder hoch. Gemeinhin nennt man den Gral (und die Suche nach ihm) in einem Atemzug mit König Artus und seiner Tafelrunde, den Tempelrittern, den Freimaurern und stellt ihn häufig als höchst okkulte Reliquie dar, doch sind die historischen Quellen über die Natur des Grals eher spärlich und vage. Richard Barber fasst tausend Jahre Gralgeschichte zusammen – von seinem ersten Auftauchen in der Literatur um 1190 herum bis zu den modernen Mythen.

_Zum Inhalt_

Vieles ist in die Gralgeschichte bis heute hineininterpretiert worden, doch zurück geht die Erzählung auf Chrétien de Troyes, der im Mittelalter damit das Genre des (Artus-)Ritterromans schuf. Die ursprüngliche Fassung ist recht kurz und Chrétien wird diese schwer moralinsaure Fabel auch nicht vollenden, da er vorher verstirbt. Wie das oft so ist, tragen solcherlei unvollendete Werke gerne zur Legendenbildung bei und Trittbrettfahrer finden sich, welche den Faden gerne aufnehmen und weiterspinnen. In diesem Fall folgen dem Garn drei „Fortsetzungen“ bzw. Alternativversionen, die im Kern mit der Urfassung halbwegs übereinstimmen. Zumindest eine kann man ganz sicher Robert de Boron zuordnen, einem Zeitgenossen Troyes.

Kurzum: In einem Zeitraum von 50 Jahren entsteht das Grundgerüst, wobei Rahmenbedingungen und Personen in etwa gleich bleiben, jedoch anderes stark differenziert und in der Folge kräftig ausgeschmückt wird. Es ist nicht einmal wirklich sicher, welche Gestalt der Gral nun eigentlich innehat. Von einer Schale über einen Kelch bis hin zu einem (Edel-)Stein ist alles möglich. Auch seine Funktion ist nicht bei allen Autoren gleich. Zumeist erfüllt er die Aufgabe als Füllhorn mit Heilkräften, meist begleitet von einer geheimnisvoll blutenden Lanze. Der deutsche Dichter Wolfram von Eschenbach nimmt sich des inkonsistenten Stoffes später an und schustert daraus seinen „Parsival“ zusammen. Diese Gralgeschichte dürfte das bekannteste und originellste Spin-off sein.

Im Laufe der Zeit wird aus dem Gral dann endgültig ein Kelch, mit welchem Joseph von Aritmathia Jesus‘ Blut auffing und aus der Lanze jene des Longinus, des römischen Soldaten, der Jesus am Kreuz damit in die Seite stach. Von dort an haftet der Gralslegende die christliche Auferstehungssymbolik dauerhaft an, wenngleich das in den Urfassungen so überhaupt nicht vorkommt. Das alles hat sich bis heute aber am deutlichsten in dem Mythos erhalten. Dabei hat der Gral an sich eine eher säkulare (wiewohl auch religiöse) Basis und ist trotz der später mit ihm verknüpften katholischen Eucharistie eigentlich komplett außerhalb der Kirchenlehre angesiedelt. Dennoch ist er sein nunmehr fast 1000 Jahren ein mächtiges Symbol der Frömmigkeit.

Letztlich steht er in den Rittererzählungen für die alte Weisheit „Der Weg ist das Ziel“ und dient zum Beispiel dadurch besonders den Rittern Camelots als Triebfeder für ihre edlen Taten, denn nur jene, die reinen Herzens sind, bekommen ihn je zu sehen. bzw. dürfen in sein Mysterium eintauchen. Der heute noch aus den Geschichten bekannte Ritter Lancelot etwa kann genau das nicht, obwohl er einer der trefflichsten Ritter seiner Zeit ist. Seine verbotene Liebe zu Artus‘ Ehefrau Guinevere ist der Hemmschuh, den er auch niemals überwinden wird. Es ist Sir Galahad, der den Gral zu guter Letzt findet, in ihn schauen darf und dann selig verstirbt. Daraufhin entrücken die himmlischen Mächte den Gral von Erden. So weit die prosaischen Sagen.

_Eindrücke_

Barber gliedert sein Buch beinahe chronologisch und beginnt mit der Urfassung Chrétien de Troyes, bevor er sich auf die moderneren Interpretationen des Stoffes einlässt. So bekommt man einen guten Einblick in die Entstehungsgeschichte des Mythos. Dabei ist es manchmal gar nicht leicht festzustellen, wer bei wem und wann abgekupfert hat respektive beeinflusst wurde. Lediglich bei Wolfram von Eschenbach und auch bei der musikalischen Version Richard Wagners kann man da ziemlich genaue zeitliche Rahmen festlegen und von ihnen weiß man auch noch einiges aus deren Vita. Bei Informationen über Chrétien, Boron und Mantisse und deren Beweggründen sieht’s dagegen finster aus. Mittelalter eben.

Doch nicht nur die klassischen Werke über den Gral werden behandelt und akribisch gegenübergestellt, es kommen auch die moderneren Mythen und Geschichten über ihn und seine Natur zu Ehren. Etwa die oft kolportierte – aber recht wackelig argumentierte – Verbindung von Rosenkreuzern, Templern und Freimaurern zum Gral. Sachlich pflückt Barber diese Thesen auseinander, lässt aber den betreffenden Autoren der oft hochspekulativen Populärwissenschaft noch Luft zum Leben und räumt ein, dass durchaus ein Körnchen Wahrheit in deren Recherchen stecken kann, dass aber leider allzu häufig der Wunsch Vater des Gedanken ist und nicht etwa belegbare Quellen.

_Fazit_

Ein fundiertes, undogmatisches und polemikfreies Sachbuch zu rund einem Jahrtausend Geschichte und Mythos um den heiligen Gral. Man sollte in Sachen Fremdwörtern jedoch sattelfest sein, denn Barber schwelgt darin offensichtlich gern. Geschichtliches Hintergrundwissen ist ebenfalls nicht verkehrt, jedoch nicht Voraussetzung; man findet auch so den Zugang recht schnell. Bei aller Faszination ist der Text allerdings recht trocken und ein Querlesen zwar nicht unmöglich, jedoch auch nicht grade empfehlenswert.

|OT: „The Holy Grail. Imagination and Belief“
Penguin Books Ltd., 2004
Deutsche Ausgabe: Patmos Verlag / Düsseldorf, 2004
Übersetzung: Harald Ehrhardt
416 Seiten Hardcover mit S/w-Illustrationen|
http://www.patmos.de

Winning Moves – Da Vinci Code – Sakrileg – Das Spiel

_Eine enorm schwierige Aufgabe_

[„Sakrileg“ 1897 – „Der Da Vinci Code“. Eigentlich bedürfen diese beiden Titel keiner weiteren Erklärung mehr. Dan Browns Megaseller wird wahrscheinlich auf lange Sicht der erfolgreichste Roman des 21. Jahrhunderts bleiben, und es gilt fast schon als verpönt, nicht mit der Story vertraut zu sein.

Jetzt, wo die Geschichte auch ins [Kinoformat 2632 adaptiert wurde und auch dort großen Erfolg hatte, drängte sich die Idee, ein Spiel zum „Da Vinci Code“ zu kreieren, förmlich auf. |Winning Moves| haben als Erste die Initiative ergriffen und sich an das Thema herangewagt. Doch die westdeutsche Spielefirma war gewarnt: denn wenn man eine solche Idee zur Umsetzung bringt, sind die Erwartungen gleich unermesslich hoch. Und dies wurde leider auch in mancherlei Hinsicht zum Hindernis.

_Die Suche nach der Wahrheit_

Wahrheiten, derer gibt es in „The Da Vinci Code – Sakrileg“ gleich 15, gemessen in Spielvarianten, die einem die üppige Anleitung bietet. Basierend auf dem Inhalt der verschiedenen Spielkarten, kann das Spiel nach genau beschriebener Vorgabe modifiziert werden und sorgt so erst einmal für recht langen Spielspaß. Schließlich ist die Suche nach der mysteriösen Wahrheit tatsächlich sehr spannend. Allerdings hat die Sache einen entscheidenden Haken. Man muss in den verschiedenen Spielen genau 15 unterschiedliche Lösungen erraten. Ist man aber vom ideenreichen Prinzip auf Anhieb begeistert und hat die sich bietenden Missionen entsprechend zügig durchgespielt, ist der Reiz sofort verloren. Denn einmal genannte Lösungen wird man sich nach jeder erfolgreich bestandenen Aufgabe sicherlich merken. Doch dazu später mehr.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 1 Block Lösungsblätter
• 1 Würfel
• 1 Chiffrier-Leiste
• 1 Kryptex mit 10 Dechiffrier-Streifen
• 1 Spiegelkarte
• 1 Sanduhr
• 200 Informations- und Hinweiskarten
• 1 Spielregel- und Aufgabenbuch
• 6 Spielfiguren in 6 Farben

Beim Öffnen der Packung wird man sich erst einmal über die seltsame Zusammenstellung des Materials wundern. Seltsame Symbole tummeln sich da zwischen einem schlichten Würfel, simplen, aber netten Pyramidenspielfiguren und dem ebenfalls sehr einfach strukturierten Notizblock. Dazu kommt ein riesiger Kartenstapel, der auf den ersten Blick bereits enorm viele Rätsel verspricht, was ja auch später bestätigt werden soll.

Die Aufmachung des Materials divergiert also rein optisch, aber auch qualitativ. Während der Block samt Würfeln und Spielfiguren wirklich nur zweckdienlich sind, zeigt sich beim Kryptex und den Dechiffrier-Streifen schon vereinzelt, wie detailverliebt und ideenreich die Macher streckenweise bei der Kreation der Spielmittel waren. Hier kommen partiell Dinge zum Vorschein, die in dieser Form ein absolutes Novum sind und auch hinsichtlich zukünftiger Spielideen in Betracht gezogen werden dürfen. Einmal gespielt, wird man entdecken, dass hier durchaus fortschrittlich gearbeitet wurde.

_Worum es geht_

Das Spiel unterscheidet sich von der literarischen Vorlage insofern, als man in der Rolle des Kryptologen keine Gefahren fürchten muss, sondern genügend Zeit hat, sich mit den sich bietenden Mysterien zu befassen. Zunächst wenigstens. Ziel des Spiels ist es vorerst, ein durch die in der jeweiligen Mission auf den sechs Feldern des Spielfelds (Temple Church, Rosslyn Chapel, Westminster Abbey, L’Eglise De Saint-Sulspice, Louvre Bibliothek, Louvre Galerie) ausgelegten Karten ein bis zu 20 Buchstaben langes Lösungswort aufzudecken. Die Antworten hierzu finden sich hauptsächlich außerhalb des Louvres, wo man mittels der Hilfsmaterialien und über verzwickte Fragestellungen Schritt für Schritt die gesuchten Buchstaben notieren und so den gesuchten Begriff erarbeiten muss. Gleichzeitig sollte man aber auch die versteckten Informationen auf den Karten mitverfolgen bzw. sie auf seinem Notizblock mitschreiben, denn sobald das Lösungswort von einem der Spieler aufgedeckt wurde, beginnt noch eine achtteilige Fragerunde, in der allen Spielern Fragen zu den zuvor erblickten Karten gestellt werden. Hinter der Beantwortung der Fragen sowie dem Lösungswort stecken festgelegte Punktewerte, die nachher – bei richtigen Lösungen – miteinander addiert werden. Wer am Ende die höchste Punktzahl erreicht, hat das Spiel gewonnen.

_Die einzelnen Karten_

• 6 Tresor-Karten: Sie erlauben es, für die Dauer eines Sanduhrdurchlaufs, also für genau 30 Sekunden, in den Notizen eines Mitspielers zu stöbern. Dabei darf er jedoch nicht die bisher errätselten Lösungsbuchstaben einsehen. Es gibt jedoch auch noch einen Weg, für die doppelte Zeit auf dem Notizblatt des Gegners nachzuforschen, nämlich dann, wenn man mit einem Würfelwurf eine Ziffer des dreistelligen Zusatzcodes, den jeder Spieler zu Beginn des Spiels auf sein Blatt schreiben muss, trifft. Zu finden sind die Tresor-Karten in den vier Kirchen.

• 6 Taxi-Karten: Sie ermöglichen es dem Spieler, sich in einem Zug auf dem Spielfeld an einen Ort seiner Wahl zu bewegen. Nach einmaliger Benutzung kommt eine Taxikarte wieder zurück unter den Kirchenstapel, aus dem sie gezogen wurde.

• 8 Louvre Bibliotheks-Karten (nummeriert mit den Ziffern 12-19): Auf ihnen ist der wichtige Inhalt für die Entschlüsselung des Codes abgebildet. Man darf sie bei jedem Aufenthalt in der Louvre-Bibliothek innerhalb von 30 Sekunden durchsehen. Sobald die Sanduhr einmal durchgelaufen ist, legt man sie allesamt zurück auf den Stapel.

• 20 Louvre Galerie-Karten (nummeriert mit den Ziffern 20-39): Auf ihnen sind verschiedene Kunstwerke abgebildet, deren Hintergrundinformationen später beim Lösen der Fragen hilfreich sind.

• 150 Rätsel-Karten, jeweils 10 für jede Spielvariante: Über sie führt der Weg zur Lösung des jeweiligen Rätsels. Allerdings bedürfen sie meist der verschiedenen Hilfsmaterialien und bauen teilweise aufeinander auf. Auch sie darf man maximal 30 Sekunden ansehen, allerdings nur einzeln und unter der Bedingung, dass sie in den jeweiligen Kirchen auf dem Kartenstapel oben liegen. Gegebenenfalls muss man später wieder zurückkehren, um einen weiteren Blick zu erhaschen und fehlende Informationen zu notieren.

_Spielvorbereitung_

Für jedes Spiel werden insgesamt sechs Taxi- und sechs Tresorkarten sowie alle Karten aus dem Louvre verwendet. Hat man sich für die favorisierte Spielvariante entschieden, sucht man die dazugehörigen Rätselkarten heraus und platziert sie den Angaben im Aufgabenbuch entsprechend in den Kirchen. Gemeinsam mit den Taxi- und Tresor-Karten werden sie noch einmal gemischt und bilden dann einen Stapel. Gleiches gilt für die Karten im Louvre.

Jeder Spieler erhält nun einen Notizblock mit Bleistift und knickt die Leiste für das Lösungswort so ab, dass kein Mitspieler dort Geschriebenes sehen kann. Dann wählt er eine Spielfarbe und platziert den Pyramidenstein auf ein neutrales Feld auf dem Spielplan. Leider gibt die Anleitung nicht her, wohin genau man ihn stellen darf oder muss. Der jüngste Spieler beginnt nun und würfelt seinen ersten Zug aus. Anschließend zieht er den Wert der Würfelsumme vorwärts und versucht dabei, auf einen der Eingänge zu den sechs Gebäuden zu kommen. Sollte er das schaffen, darf er eine Sanduhrlänge lang Einblick in den Stapel (Louvre) bzw. in die oberste Karten (Kirchen) des angrenzenden Gebäudes haben. Er darf dabei Notizen machen (auch über die Zeit hinaus) und eines der vielen Hilfsmittel verwenden. Danach legt er die Karte(n) zurück und reicht den Würfel an den linken Mitspieler weiter.

_Den Code knacken_

Es gibt verschiedene Wege, die Lösung des Codes zu entdecken. Wer zügig ist und gleichzeitig auch die besten Hinweise in den Rätsel-Karten entdeckt, dabei auch noch vermag, sie auf Anhieb zu entschlüsseln und zu guter Letzt noch dazu fähig ist, aus wenigen Buchstaben einen Titel zu kreieren, der stimmig scheint, hat gute Chancen. Hat man den Begriff gefunden, muss man allerdings noch abwägen, ob es sich schon lohnt, das Hauptspiel durch den lauten Ausruf „Da Vinci Code“ zu beenden. In der Endabrechnung gibt es für die Lösung nämlich nur so viele Punkte, wie man selber Buchstaben und Freizeichen im 20-stelligen Lösungsfeld notiert hat. Bei den anschließenden Fragen kann man indes ein Vielfaches abstauben. Sollte man also noch nicht viele Informationen auf den Louvre-Karten gesammelt haben, ist es ratsam, zunächst noch einmal ausführlich zu stöbern und erst dann zu beenden.

_Die erste Abrechnung_

Nachdem ein Spieler das richtige Lösungswort genannt hat, ist die eigentliche Spielrunde zu Ende. Im Aufgabenbuch wird noch einmal geprüft, ob die Begriffe übereinstimmen, dann wird pro Buchstabe im Lösungsfeld ein Punkt verteilt und notiert. Wer bei dieser Abrechnung noch nicht viele Punkte gesammelt hat, muss sich allerdings keine Sorgen machen. Die richtig großen Werte folgen erst in der zweiten Phase.

_Die Fragen_

Im Aufgabenbuch stehen hinter dem Lösungswort der jeweiligen Variante acht Fragen, die sich unmittelbar mit dem Inhalt der bespielten Karten beschäftigen. Derjenige, der die Lösung herausgefunden hat, liest nun eine Frage nach der anderen laut vor, woraufhin die Spieler versuchen, die richtigen Antworten auf den dafür vorgesehenen Feldern auf dem Notizzettel aufzuschreiben. Danach folgt die zweite Wertung. Der Codeknacker blättert im Aufgabenbuch weiter und liest die Antworten plus Punktewert vor. Es wird verglichen, die Gesamtpunktzahl zusammen mit denen der vorherigen Phase addiert und schließlich der Punkte- und Gesamtsieger ermittelt.

_Meine Meinung_

Wie bereits eingangs erwähnt, sind die Erwartungen an eine Adaption eines solchen Erfolgswerks berechtigterweise recht hoch, schließlich gilt es, den guten Ruf eines Markenzeichens zu erhalten. Doch wie kann eine solche Adaption aussehen? Bei |Winning Moves| hat man sich hierzu wirklich sehr viele Gedanken gemacht und ein Spielkonzept entwickelt, das nicht nur äußerlich, sondern auch bezogen auf die Spielbarkeit interessant und letztendlich auch vollkommen gelungen ist. Die Suche nach den Rätseln ist tatsächlich unheimlich verzwickt und spannend, wobei die hier ausgelöste Nervosität noch dadurch verstärkt wird, dass man nicht genau weiß, über welche Informationen die Mitspieler zu den verschiedenen Zeitpunkten des Spiels schon verfügen. Selbst wenn man mittels Tresor-Karte in die Notizen der Mitspieler blickt, ist dieser Punkt weiterhin unsicher, denn man muss ja auch nicht alles notieren.

Außerdem ist das außergewöhnliche Spielmaterial wirklich toll aufgemacht, wobei es zu Beginn noch gilt, die einzelnen Funktionen der Hilfsmittel zu erlernen. Gerade der Umgang mit dem Kryptex kann recht komplex sein, besonders wenn man bedenkt, dass man sich innerhalb der 30 Sekunden, in denen die Sanduhr läuft, auch noch in Windeseile alles zusammenlegen muss. Hier ist rasches Handeln angesagt, und zudem auch ein wenig Frustrationstoleranz, wenn in der knappen Zeit eine Aufgabe nicht gänzlich ausgeführt werden kann. Aber es macht schon einen besonderen Reiz aus, sich hieran zu üben und in Geduld zu erproben, denn somit ist für jede Spielrunde länger anhaltender Rätselspaß gewährleistet.

So toll die Ideen auch sind, so peinlich sind leider auch die Schönheitsfehler, die sich hier und dort eingeschlichen haben. Ein großes Problem ist zum Beispiel die limitierte Dauer, während der man sich mit „Da Vinci Code – Sakrileg“ beschäftigen kann. So hart das klingt, aber nach den 15 vorgeschlagenen Varianten (plus Probespiel) sind die Möglichkeiten des Spiels ausgeschöpft. Es erscheint nämlich kaum sinnhaft, ein Spiel mit der gleichen Lösung ein weiteres Mal zu beginnen, denn man wird sich schon nach kurzer Zeit wieder an den gesuchten Begriff erinnern, wenn man ihn nicht sogar noch im Hinterkopf hat. Vielleicht ergeben sich ja in Zukunft (vielleicht im Internet) noch weitere mögliche Rätsel, doch zunächst einmal ist das Potenzial des Spiels schnell erschöpft und wirkt irgendwie nicht bis zum Ende durchdacht.

Weiterhin finde ich es ziemlich unvorteilhaft, die Lösungen für die einzelnen Varianten im Aufgabenbuch direkt nebeneinander aufzulisten. Wenn man nämlich in der Broschüre blättert, um die entsprechenden Seiten zu suchen – ein Inhaltsverzeichnis gibt es ja leider nicht – kann es leicht passieren, dass man versehentlich auch andere Lösungen als die gesuchte erspäht und sich somit den Spaß für eine bestimmte unbespielte Variante ohne bewusstes Handeln nimmt. Zwar hat man versucht, durch Spiegelschrift dieses Problem zu umgehen, doch wirklich effektiv ist dies nicht.

Der konfuse Aufbau der Anleitung und des Aufgabenbuchs ist ein weiterer Kritikpunkt, der nicht ungenannt bleiben soll. Zwar wird man den Spielinhalt nach einmaligem Lesen schnell begreifen und auch leicht wiedergeben können, aber mit einer echten Struktur, auch bezogen auf die angehängten, undurchsichtig aufgeteilten Aufgaben, hätte man noch einmal vieles erleichtern können. Schließlich sollte wenigstens die Anleitung kein Rätsel in einem solchen Spiel sein.

Solche Mängel sind letzten Endes ärgerlich, denn „Da Vinci Code – Sakrileg“ ist im Grunde genommen ein gutes bis sehr gutes Spiel mit vielen tollen Ideen und einem schnell zu erlernenden Konzept. Nur frage ich mich, ob potenzielle Interessenten in das Spiel investieren werden, wenn sie wissen, dass bei einem Preis von mehr als 20 € nach einigen Runden bereits alles durchgeackert ist und man das Produkt anschließend für immer in die Ecke stellen wird. Es fehlt aber leider an weiteren Variationen, und somit ist Derartiges zu befürchten. Dass dies dann durch die unglückliche Aneinanderreihung der Lösungen noch stärker eingeschränkt wird, ist wirklich ärgerlich und macht das Dilemma nicht besser. Die Lösung liegt also nahe: Es müssen weitere Möglichkeiten für eine langfristige Bespielbarkeit des Materials erfunden werden, und das rasch. Es wäre nämlich zu schade, wenn ein gutes Spiel wie „Da Vinci Code – Sakrileg“ wegen solcher Peinlichkeiten im Regal stehen bleiben müsste.

http://www.winning-moves.de/

Ahle, Anke – Pole Position

_Anke Ahle und die Unkenntnis der Formel-1-Regeln_

Die Fachwelt der Formel 1 ist nicht unbedingt überrascht, dass der französische Nachwuchsfahrer Jean-Luc Dalesasse 1996 einen Formel-1-Vertrag bei dem britischen Williams-Team unterschreibt. Deren Topfahrer und Vorjahres-Weltmeister Joe Cheap war zu Ferrari gewechselt.

Dalesasse kommt mit dem raubeinigen technischen Leiter John nicht gut klar, reklamiert bei ihm viele Schwächen des Fahrzeugs, doch der Ingenieur will davon nichts hören. Auf Dauer muss er sich aber sehr wohl mit den technischen Aussagen von Dalesasse auseinandersetzen, spätestens nachdem der Rennfahrer in seinem ersten Grand Prix gleich den vierten Platz einfährt!

Es dauert nicht sehr lange, bis Jean-Luc seinen ersten Formel-1-Sieg feiert und zum Jäger des in der WM erneut führenden Joe Cheap wird.

Auch beim Grand Prix von Monte Carlo läuft alles prima: Dalesasse startet von ganz vorne und fährt einen grandiosen Sieg ein. Der Fürst von Monaco gratuliert ihm, doch direkt danach muss der Racer nebst Teamchef zur Rennleitung. Ihnen wird eröffnet, dass die Benzinprobe des Williams verbotene Zusatzstoffe beinhalte. Der Sieg und die 10 WM-Punkte werden Jean-Luc gestrichen.

Jean-Luc wittert Sabotage und fühlt sich ein Rennen später, beim Grand Prix von Spanien, bestätigt: Wieder auf die Pole Position gefahren, reicht ihm eine Frau Augentropfen, die jedoch zu einer mittelfristigen Sehstörung führen. Die Frau sagt nur, er dürfe wegen Sabotage nicht starten und gibt sich später als die – man höre und staune – Pressesprecherin des Konkurrenzteams Ferrari aus. Tatsächlich kann Jean-Luc nicht starten, und stattdessen springt ein Testfahrer für ihn ein und startet an dessen Stelle von Startplatz 1 (hierzu später mehr: dies ist in der Formel 1 überhaupt nicht möglich). Wie die Unbekannte prophezeite, verunglückt der Ersatzfahrer durch eine defekte Bremsscheibe und verliert sein Leben.

Sue, so heißt sie, ist die Tochter eines englischen Bremsanlagenherstellers, der Großteile der Formel 1 belieferte. Ein Jahr zuvor verunglückte bereits ein Fahrer tödlich durch einen Bremsdefekt. Sues Vater wurde als jener hingestellt, der dies ggf. zu verantworten hat, so dass dieser sich aus dem Rennsport zurückzog. Sue indes ist der Meinung, dass der 1995 verunglückte Fahrer nur deshalb aus dem Weg geräumt werden sollte, damit man ihn loswerde: Bei einer Kündigung im ersten Jahr hätten 20 Millionen Sponsorengelder zurückgezahlt werden müssen, bei „Tod“ gab es keine Klausel. Und man wollte einen Top-Piloten!

Warum aber soll dann auch plötzlich Top-As Jean-Luc Dalesasse durch eine Sabotage aus dem Rennzirkus wieder verschwinden? Gemeinsam mit Sue recherchiert er und fährt trotz der Angst vor Sabotage weitere Rennen, stets den WM-Titel ehrgeizig vor Augen …

Anke Ahle ist als Autorin bislang wenig bekannt. Das Buch verrät über sie, dass sie 1969 in Gummersbach geboren wurde und aus einer motorsportbegeisterten Familie stammt. Bisher veröffentlichte sie mehrere wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Archäologie, lebt aktuell in Köln und betreibt mit ihrem Ehemann einen Online-Versandhandel für Bücher und CDs.

_Schlechter Eindruck_

Fangen wir mit dem unschönsten Teil des Buches an, der Unkenntnis von Regeln der Formel 1: ich verweise auf die Situation, dass Jean-Luc Dalesasse beim GP von Spanien auf Startplatz 1 steht, er kurz vor dem Rennen quasi „ausfällt“ weil er Sehstörungen durch manipulierte Augentropfen hat. Statt seiner sitzt plötzlich ein Ersatzfahrer des Teams im Auto, zudem auf dem Startplatz 1. Schlimm genug, dass er dann bei einem Unfall stirbt. Leider verdirbt Anke Ahle kurzzeitig den Lesespaß durch diese an den Haaren herbeigezogene Situation, insbesondere bei der Berücksichtigung des Formel-1-Reglements anno 1996:

a) Ein Rennfahrer kann laut Reglement nicht kurz vor Startbeginn „ersetzt“ werden.

b) Ein Ersatzfahrer oder „dritter Fahrer“ (siehe z. B. Alexander Wurz oder Anthony Davidson …) müsste wie z. B. 2005 oder 2006 Rennrunden zur Qualifikation drehen. Dies war 1996 in der Form nicht vorgesehen, und wenn, dann dürfte er höchstens von seinem erfahrenen Startplatz starten, nicht aber ersatzweise die Pole Position einnehmen. Aber 1996 durften zudem nur zwei Autos je Team starten, und selbst Fahrer zwei behält seine Startposition und rückt nicht auf.

Wer sich nicht sonderlich für Rennsport interessiert, wird diesen fatalen Schnitzer überlesen, wer aber in unserem Schumi-Land Formel 1 kennt und versteht, stolpert sofort über diesen Fauxpas, der zunächst den Spaß am Weiterlesen leicht hemmt. Anke Ahle hätte es sich viel einfacher machen können: Testfahrten in xyz; wie auch immer konstruiert, wird Dalesasse nicht im Monoposto sitzen und an seiner Stelle der „Testfahrer“, der dann in der Tat durch die genannte „Sabotage“ tödlich verunglückt. Das wäre logisch, das wäre glaubhafter.

_Eindrücke_

Trotz der harschen Worte zu dieser Problemstelle, die das Lesen zunächst mehr in dann bald verfliegenden Ärger umschlagen lässt, bleiben der Roman und der Hintergrund, warum Dalesasse auch durch Sabotagen gefährdet ist, hochinteressant. Zumindest das … In jedem Fall, und das Wort passt, ist der Roman von Anke Ahle sehr intelligent konstruiert! Auch hier ein „zumindest DAS …“.

Auffällig ist auch ihr flüssiger, angenehmer Schreibstil. Leider sind viele Situationen aber zu nüchtern beschrieben bzw. es schwankt: Zum Ambiente von Monte Carlo fallen ihr prägnante Worte ein, bei den anderen Rennstrecken geht sie staubtrocken zur Story über. Alle Szenarien sind oberflächlich und leider schwach an Eindrücken.

Ein Motorsportfreund wird daher in vielen Lesepassagen die typische Rennatmosphäre gänzlich missen. Andererseits: Anke Ahle verzettelt sich nicht in breiten Umschreibungen der Rennszenerie, so dass sich auch ein in Sachen Motorsport Unbedarfter angesprochen und zum Lesen animiert fühlen kann. Es ist diese Wie-man-es-macht-macht-man-es-verkehrt-Situation.

Klar ist, dass der Roman weniger für einen Motorsportfan geeignet ist, auch wenn – abgesehen von dem beschriebenen Patzer – Anke Ahle durchaus allgemeine Motorsportkenntnisse besitzt und diese auch umsetzt. Aber die Darsteller bleiben ein wenig uncharismatisch, da ist für den rennsportbegeisterten Leser „kein echter Benzingeruch in der Luft“. Wer indes unvoreingenommen und an Motorsport wenig interessiert ist, wird ganz klar eine solide, intelligent konstruierte und spannende Geschichte auf 223 Seiten entdecken. Kenner der Szene werden sich indes die Haare raufen.

_Fazit_

Was macht diesen Roman aus? Er spricht Motorsportfans alleine durch den Titel an.

Und dann die Enttäuschung: Die Darsteller sind farblos, die Story erinnert eher an eine zusammengezimmerte Chronologie. Das reicht im Grunde bereits, den Roman nicht mit Freude zu lesen.

Aber dann kommt noch die Unkenntnis der Autorin Anke Ahle hinzu: In einem Kapitel beschreibt sie, dass der Star der Formel 1 unmittelbar vor dem Start durch manipulierte Augentropfen nicht starten kann und dann „hopplahopp“ der Testfahrer in den Wagen springt und auch noch von der Pole Position startet. DAS gibt es im Motorsport nicht, es ist schlicht an jedem Reglement vorbei zusammenphantasiert und verärgert den kompetenten Leser.

Wer sich trotz solcher Schnitzer durch das Buch weiterquält, wird eine intelligente, aber schlecht realisierte Story entdecken. Das nenne ich Geldverschwendung, und ich wäge sorgfältig ab, bevor ich ein Buch unterm Strich schlicht miserabel nenne …

http://www.kbv-verlag.de

Stephen Baxter – Zeitschiffe

H. G. Wells‘ Zeitreisender verschlägt es in parallele Welten, die er gemeinsam mit dem Morlock Nebogipfel erforscht, während ein anderes Ich einen Zeit-Krieg vom Zaun bricht, der sich gen Vergangenheit ausbreitet … – Die ‚Fortsetzung‘ des SF-Klassikers von 1895 ist handlungsbunt aber flach; die Handlung reiht Episode an Episode, ohne dass sich daraus eine ‚runde‘ Geschichte formt: actionreiche Science Fiction, die dem genialen Vorgänger nie das Wasser reichen kann.
Stephen Baxter – Zeitschiffe weiterlesen

Verne, Jules / Körting, Heikedine – 20.000 Meilen unter dem Meer (Europa-Originale 6)

_Besetzung_

Kapitän Nemo – Horst Frank
Professor Aronnax – Richard Lauffen
Conseil, sein Diener – Hans Hessling
Ned Land, Harpunier – Heinz Trixner
John – Hans Meinhardt
Kapitän der „Abraham Lincoln“ – Rolf Mamero
Admiral Lord Hood – Werner Cartano
Bootsmann der „Nautilus“ – Horst Stark
Und die Mannschaft der „Nautilus“

_Story_

Man schreibt das Jahr 1867: Ein seltsames Meeresungeheuer macht die Ozeane unsicher und hat bereits mehrere Schiffe dem Meeresboden gleich gemacht. Professor Aronnax will dem Treiben mit der Besatzung der |Abraham Lincoln| auf den Grund gehen und macht dabei eine ungewöhnliche Entdeckung. Sein Schiff kollidiert nämlich tatsächlich mit einem kuriosen Objekt, das jedoch für niemanden so recht sichtbar ist. Als Aronnax inmitten des Meeres hilflos umhertreibt, sieht er seinen Kollegen Conseil, wie er auf dem Wasser steht – zumindest glaubt der Professor dies. Dann jedoch merkt er, dass sein Diener auf dem Rücken eines Wales steht – doch auch das ist ein Irrglaube. Mit einem Mal öffnen sich im metallischen Unterbau Luken, durch die Aronnax und Conseil in ein seltsames, maschinisiertes Gehäuse gelangen.

Mit Erstaunen realisieren die beiden, dass sie sich in einem Unterwasserboot befinden. Doch auf die Freude über die ungeheure Entdeckung folgt auch schon bald die Ernüchterung, als Aronnax und sein Untergebener nämlich auf den mürrischen Kapitän Nemo treffen und von ihm erfahren, dass sie auf Lebenszeit in seinem Schiff, der |Nautilus|, gefangen sein werden und somit auch niemandem von dieser technischen Revolution erzählen können. Von Stunde zu Stunde wird ihnen der menschenfeindliche Kapitän unheimlicher, denn das U-Boot ist nicht das Einzige, was er unterm Meer zu verbergen hatte …

_Meine Meinung:_

Das ist doch mal wirklich ein Klassiker; die Kenntnis um die Geschichte von Kapitän Nemo und der Nautilus darf man auf jeden Fall als Teil einer umfassenden Bildung benennen, sei es nun in der immer wieder ausgestrahlten Spielfilm-Variante, in der legendären Buchform von Jules Verne oder eben im Hörspiel, von denen es zu diesem Thema ja auch schon mehrere gibt.

Den Anfang machte allerdings einst die Version von |Europa| unter der Regie von Hörspiel-Göttin Heikedine Körting, die hier eine ihrer besten Arbeiten bis zum heutigen Tage ablieferte. Die spannende Geschichte um den Verbleib der beiden ‚Gestrandeten‘ wird ebenso packend erzählt wie die Diskrepanz zwischen menschlichen Emotionen und wissenschaftlichem Fortschritt, die sicherlich eine tragende Bedeutung in „20.000 Meilen unter dem Meer“ hatte. In einer Paraderolle tritt dabei Horst Frank als misanthropischer Kapitän Nemo auf; er verkörpert den ständig schlecht gelaunten Miesepeter absolut authentisch, lässt indes aber auch die wenigen versteckten Gefühle zum Vorschein kommen, die Nemo seit seiner Abkehr von der Menschheit beibehalten hat.

Ebenfalls sehr gut in ihren Parts sind Richard Lauffen und Hans Hessling als Aronnax und Conseil, weil ihre Darstellung von Ängsten, Erstaunen und dem Wandel von Hoffnungslosigkeit zu Hoffnung und zurück ebenfalls von einer steten Authentizität geprägt ist. Genauso wie diese beiden stellt man sich den wohlhabenden Briten dieser Zeit vor: bedächtig, intelligent, geduldig und dennoch immer kritisch. Gute Arbeit an dieser Stelle, keine Frage.

Mit solch überragenden Leuten in den Hauptpositionen kann daher auch kaum noch etwas schiefgehen, und das tut es auch nicht. Untermalt von realitätsnahen Effekten (das Meeresrauschen zum Beispiel vermittelt wirklich das Gefühl, als wäre man gerade von Wogen umgeben), wird die Geschichte hier ziemlich flott, aber dennoch mit dem Fokus auf alle wichtigen Details wiedergegeben. Sowohl die erste Begegnung als auch der Aufenthalt und die drohenden Gefahren mit bzw. an Bord der |Nautilus| werden ausführlich betrachtet, und dennoch geht es permanent zügig voran, so dass die Aussage, ein Höhepunkt folge dem nächsten, in diesem neu aufgelegten Hörspiel mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit enthält.

Bezogen auf die Soundeffekte und die Bearbeitung des Tons hat „20.000 Meilen unter dem Meer“ sogar von allen Vertretern der „Europa-Originale“-Serie die Nase vorn, doch auch hinsichtlich der Interpretation des ohnehin schon genialen Inhalts hat sich Frau Körting keine Blöße gegeben und den Status des Klassikers nicht nur formal erhalten können. Hier kommt definitiv jeder auf seine Kosten!

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Yoshida, Sunao / Kyujyo, Kiyo / Shibamoto, Thores – Trinity Blood 2

[Band 1 2888

_Story_

Nachdem die beiden Patres Iqus und Nightroad ihre Mission in Istvan abgeschlossen haben, bereiten sie ihre Rückkehr in den Vatikan vor. Begleitet werden sie dabei von Schwester Esther Blanchett, die in Rom mehr über das mysteriöse Verhältnis zwischen Vampiren und Menschen erfahren möchte. Weiterhin erhofft sie sich mehr Informationen über ihren ehemaligen Kameraden Dietrich, der sie betrogen und verraten hat.

Der Weg in die ewige Stadt wird jedoch zum gefährlichen Abenteuer für Tres, Abel und Esther. Stets lauern neue unerwartete Gegner ihnen auf und zwingen sie gleich mehrfach, ihre Kampfkünste zu demonstrieren. Und dabei ist die lebensgefährliche Bedrohung bei weitem nicht die einzige Sorge der Gefährten …

_Meine Meinung_

Band 2 der jüngst gestarteten Manga-Reihe „Trinity Blood“ (die Geschichte gibt es übrigens auch im digitalen Format, sprich auf DVD) setzt genau dort an, wo der erste Teil gut einen Monat zuvor aufgehört hat. Nach dem Kampf gegen den vampiresken Grafen Gyula ist die Mission von Abel Nightroasd vorerst beendet, so dass der Rückkehr in die Heimat nichts im Wege steht. Er erhofft sich dabei die Gesellschaft von Esther Blanchett, die bereitwillig zusagt, zumal sie sich selber auch großen Nutzen von der bevorstehenden Reise erhofft.

Doch schon an der ersten Station kommt es zu handfesten Auseinandersetzungen im Abteil einer Eisenbahn, fortgesetzt durch Übergriffe auf Esther und gefährliche Konflikte zwischen Nightroad und einigen Vampiren, die ihr wahres Ich hinter dem Schein einer menschlichen Maske versteckt haben. Doch das Gespann um die ausschließlich rational denkende Maschine Tres, den verwegenen Pater Nightroad und die schüchterne Esther (eigentlich drei atypische Figuren für eine derartige Serie) geht seinen Weg trotz aller Gefahren und ist Rom bereits sehr nahe, als Nightroad in höchster Gefahr seine zweite Identität preisgeben muss und die von ihm begeisterte Esther mit einem Mal völlig verblüfft.

Auf inhaltlicher Ebene wird die Geschichte konsequent fortgesetzt, wobei der zweite Teil im Prinzip einen gänzlich neuen Handlungsabschnitt eröffnet, der mit der vorangegangenen Episode erst mal nur lose in Zusammenhang steht. Die Figuren und ihre merkwürdigen Eigenschaften sind hinlänglich bekannt, und nun dürfen sie auch in ihr erstes nennenswertes Abenteuer ziehen – nennenswert deshalb, weil der Kampf gegen den Grafen und seine Schergen im Vergleich zu der Vielzahl an neuen Auseinandersetzungen kaum noch ins Gewicht fällt.

Anders gesagt, geht die Story im zweiten Buch erst richtig los und entwickelt sich auch binnen kürzester Zeit zu einem wahren Action-Reißer, der sowohl von den Eigenheiten seiner Charaktere als auch von den gut getarnten Mysterien zehrt. Noch ist nicht wirklich klar, welche Ziele Abel Nightroad langfristig verfolgt, und auch das zukünftige Handeln von Esther und Tres kann nur vage erahnt werden, weil Autor Sunao Yoshida seine Erzählung immer nur um den aktuellen Moment aufbaut und sich somit auch jegliches Überraschungsmoment bewahrt. Zu komplex wird das Ganze dabei nicht, denn auch, wenn sich die Szenen im Eiltempo einer gravierenden Veränderung unterziehen, ist immer klar nachzuvollziehen, was wo warum geschehen ist bzw. geschieht.

„Trinity Blood“ bleibt somit auch spürbar spannend: zum einen, weil man wirklich noch nicht genau erahnen kann, in welche Richtung der Manga zukünftig führen wird, zum anderen eben, weil die vielseitige Action immer wieder mit Überraschungen aufwartet, die einen sehr neugierig auf mehr machen. Teil 3 dieser frisch gedruckten Serie wird aus diesem Grund bereits sehnlichst erwartet und wird hoffentlich mehr Aufschlüsse über die versteckten wesentlichen Inhalte liefern. Ich freue mich schon darauf!

http://www.paninicomics.de/

Moon, Alan R. – Zug um Zug – Europa

_Vom Wilden Westen in den alten Kontinent_

Von der vorletzten Essener Spielmesse brachte ich insgesamt fünf Spiele mit nach Hause. Zwei komplexe Abenteuerspiele, ein Rollenspiel, ein ebenfalls recht komplexes Taktikspiel und „Zug um Zug“ von |Days Of Wonder|. Während zunächst noch die üppig aufgemachten anderen Spiele im illustren Spielerkreis die größte Beliebtheit zugesprochen wurde, entwickelte das 2004 völlig zu Recht mit dem Titel „Spiel des Jahres“ ausgezeichnete Streckenbauspiel in kürzester Zeit ein Eigenleben und bescherte uns seitdem schon so manchen vergnügten Spieleabend – und setzte sich letztendlich als das beste Spiel dieses Spielmesse-Raubzuges an die Favoritenspitze.

So und ähnlich haben auch viele andere in den vergangenen Jahren ihre Erfahrungen mit „Zug um Zug“ gemacht und schätzen den Titel mittlerweile als eines der besten Familienspiele auf dem Markt. Für |Days Of Wonder| war die überwältigende Resonanz Grund genug, das bewährte Spielprinzip auszubauen und das mittlerweile auch im Internet und sogar im Rahmen einer offiziellen deutschen Meisterschaft spielbare, beliebte Gesellschaftsspiel gezielt zu modifizieren und zu verbessern. „Zug um Zug – Europa“ lautete im letzten Jahr die erste Fortsetzung, und entgegen vielen Befürchtungen, es handle sich hier lediglich um eine Kopie des Originals mit europäischer Landkarte, bietet der zweite Teil überraschenderweise eine ganze Reihe gelungener Neuerungen, die den Spielverlauf an manchen Stellen auffrischen, gleichzeitig aber auch den Anspruch um einige Prozentpunkte steigern.

_Worum es geht_

Wer von „Zug um Zug“ bislang noch nichts gehört hat, dem sollen Ablauf und Inhalt des Spiels an dieser Stelle mit einigen Worten erklärt werden. Ziel des Spieles ist es, mitsamt seinen 45 Waggons vorher festgelegte Zugstrecken zu bauen und so Verbindungen zwischen Städten zu schaffen, die einem bei erfolgreichem Gelingen unterschiedliche Punkte einbringen. Um festzustellen, welche Strecken man miteinander verbinden muss, werden zu Beginn Streckenkarten ausgeteilt, die jeder verdeckt in den Händen hält, damit die Mitspieler ihm keinen Strich durch die Rechnung machen können, indem sie diese Strecken selber verbauen. Im Laufe des Spiels kann man so ständig neue Streckenkarten nachziehen und die Zahl der potenziell erreichbaren Punkte in die Höhe treiben. Allerdings gilt zu beachten, dass erstens die Zahl der Waggons begrenzt ist und zweitens für jede nicht erfüllte Strecke die angegebene Punktzahl vom Gesamtergebnis abgezogen wird.

Der Streckenbau funktioniert indes über das Nachziehen farbiger Waggonkarten. Jede Strecke ist durch eine bestimmte Farbe gekennzeichnet, von der man entsprechend der jeweiligen Abbildung genügend Waggonkarten besitzen muss, um die gewählten Strecken zu bauen. Hat man das geschafft, werden die Karten wieder ausgelegt und die Strecke mit den Waggons aus der eigenen Auslage auf dem Spielplan gebaut. Hierfür gibt es dann noch einmal zusätzlich Punkte. Das Spiel läuft schließlich so lange, bis alle Waggons aufgebraucht sind und die Gesamtpunktzahl aus den erbauten und den auf den Streckenkarten geforderten Strecken zusammengezählt (bzw. bei Nichtgelingen subtrahiert) werden.

_Die wichtigsten Neuerungen_

Auch wenn allgemein der Eindruck entstanden sein muss – zumindest war davon auf der letztjährigen Spielmesse in Essen in Publikumskreisen häufig die Rede -, dass sich die Originalversion von der Europa-Variante nur durch ihr äußeres Erscheinungsbild, sprich die Aufmachung des Spielplans, unterscheidet, hat sich das Spiel durch die verschiedenen neuen Elemente in seinem Charakter doch um einige entscheidende Punkte verändert. Und dabei spielt auch der Spielplan eine große Rolle, denn dadurch, dass hier alles viel enger und im weitesten Sinne für die Streckenplanung auch komplexer aufgebaut ist, bekommt die strategische Komponente ein noch größeres Gewicht für die eigene Spielführung und eröffnet auch mehrere neue Vorgehensweisen im Bezug auf den langfristig angelegten Streckenplan. Dies wird unter anderem auch dadurch begünstigt, dass jedem Spieler zu Beginn eine zusätzliche Streckenkarte ausgehändigt wird, die in ihrer Länge die übrigen Karten um einiges übertrifft und somit auch auf jeden Fall gelöst werden sollte. Galt es auf der nordamerikanischen Karte noch, Schritt für Schritt die eigenen Strecken zu verlängern, sollte man nun noch konsequenter darauf achten, vor dem Verbinden der beschriebenen Städte einzelne Knotenpunkte als Erstes zu besetzen, denn sobald diese einmal besetzt sind, gerät man bereits in ziemlich große Schwierigkeiten.

Abhilfe hierfür schafft das nächste neue Element, die Bahnhöfe. Jedem Spieler werden insgesamt drei Bahnhöfe ausgehändigt, mit deren Hilfe er nun auch eine beliebige Stadt-zu-Stadt-Verbindung eines Gegners nutzen kann. Sollte eine Strecke also mal versperrt sein, gibt es hier eine letzte Möglichkeit, sie doch noch zu nutzen. Doch auch hier gibt es ein Hintertürchen, denn für jeden Bahnhof, den man zum Ende des Spiels noch nicht ausgelegt hat, erhält man 4 zusätzliche Punkte.

Doch noch mal zurück zu den Neuerungen auf dem Spielplan, in diesem Fall bezogen auf die aufwändigere Gestaltung der neutralen Strecken. War es im Vorgängerspiel lediglich nötig, für diese Strecken der Länge entsprechend Karten einer beliebigen Farbe auszuspielen, muss man hier ab und zu noch Bedingungen erfüllen. So muss man für Strecken, die teils über eine Fährenverbindung verfügen, zum Beispiel eine vorgegebene Zahl von Lokomotiven (Jokern) einsetzen, wohingegen die Nutzung eines Tunnels dann erfolgen kann, wenn man die Voraussetzungen, die in einem anschließenden Würfelwurf festgelegt werden, erfüllen kann.

Ansonsten läuft das Spiel prinzipiell ähnlich ab wie in der bereits bekannten Fassung. Wie genau sich dies darstellt, soll im Folgenden erklärt werden:

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan mit europäischen Zugstrecken
• 225 farbige Waggons, je 45 pro Spielfarbe
• 15 farbige Bahnhöfe, je 3 pro Spielfarbe
• 110 Wagenkarten
• 40 normale Zielkarten
• 6 Zielkarten ‚lange Strecke‘
• 1 Übersichtskarte
• 1 ‚Europa Express‘-Bonuskarte für die längste Strecke

_Spielvorbereitung_

Zu Beginn des Spiels werden Bahnhöfe und Waggons der Spielfarbe entsprechend an alle Mitspielenden verteilt und bilden eine Auslage. Der Stapel mit den Waggonkarten wird (besonders vor dem ersten Spiel) gut durchgemischt und dann verdeckt als Nachziehstapel neben das Spielbrett gelegt. Außerdem werden die fünf obersten Karten des Stapels daneben offen ausgelegt. Jeder Spieler erhält zudem noch vier dieser Wagenkarten auf die Hand.

Als Letztes werden noch die Zielkarten verteilt: Jeder Spieler ist verpflichtet, eine der Karten ‚lange Strecke‘ auf die Hand zu nehmen und muss weiterhin drei Zielkarten ziehen, von denen er mindestens zwei behalten muss. Nun darf er bis zu zwei Karten (darunter auch die mit der ‚langen Strecke‘) auswählen, die er wieder zurückgeben möchte. Es besteht aber auch die Möglichkeit, alle Karten zu behalten. Zielkarten, die abgegeben werden, kommen ohne zusätzliche Einsicht verdeckt in die Schachtel.

_Ziel des Spiels_

Das Ziel des Spiels besteht darin, mit den 45 zur Verfügung stehenden Waggons so viele Punkte wie nur eben möglich zu sammeln und darin seine Mitspieler zu übertreffen. Insgesamt gibt es vier verschiedene Möglichkeiten, Punkte zu bekommen, wobei die meisten hiervon erst zum Schluss gewertet werden. Im Spiel kann man auf direktem Wege nur über den Bau einer Strecke punkten. Zum Ende hingegen gibt es Punkte für alle erfüllten Streckenkarten sowie Abzüge für nicht Geschafftes. Weiterhin bekommt derjenige mit der längsten Gesamtstrecke eine Bonuskarte, die ganze zehn Punkte wert ist. Und auch die Bahnhöfe werden in der letzten Wertung noch einmal berücksichtigt und mit vier Zählern pro nicht gespieltem Bahnhof honoriert.

_Ein Spielzug_

Insgesamt muss jeder Spieler aus der Auswahl vier verschiedener Spielzüge wählen, wie er das Spiel fortsetzen möchte. Genauer gesagt sind dies:

• Waggonkarten nehmen,
• eine Strecke nutzen,
• Zielkarten ziehen,
• einen Bahnhof bauen.

Die am meisten genutzte Gelegenheit ist das Nachziehen neuer Waggonkarten. Für jede Strecke gibt es eine gewisse, farblich vorbestimmte Vorgabe dieser Karten, und es dauert manchmal recht lange, bis man die nötigen Voraussetzungen geschaffen hat, um die erwünschte Strecke zu bauen.

Karten kann man auf zweierlei Art nachziehen: Entweder nimmt man eine der fünf offen ausliegenden Karten (die nach jedem Zug wieder aufgefüllt werden) oder aber man zieht blind vom verdeckten Nachziehstapel. In beiden Fällen gilt: Man darf regulär zwei Karten ziehen, ist jedoch eine Lokomotive inbegriffen, darf man keine zweite Karte zusätzlich nehmen.

Sobald man genügend farblich gekennzeichnete Waggonkarten oder die als Joker einsetzbaren Lokomotiven besitzt, kann man die ersuchten Strecken nutzen. In diesem Fall spielt man die erforderliche Kartenzahl aus und besetzt den gewünschten Zugweg mit entsprechend vielen Waggons. Hier gilt es, die Sonderbedingungen zu beachten: Auf manch neutraler Strecke (Fähre) braucht man mindestens eine Lokomotive in seiner Auswahl, wohingegen man bei der Nutzung eines Tunnels ggf. noch Karten nachlegen muss. Dies wird entschieden, indem drei Karten vom Nachziehstapel gezogen und mit der ausgelegten Farbe verglichen werden. Für jede farbliche Übereinstimmung muss der Spieler nun ’nachzahlen‘. Kann er dies nicht, darf er die Strecke nicht nutzen, behält seine Karten jedoch.

Im Spiel zu zweit und dritt gibt es auch noch eine spezielle Regel für die parallel verlaufenden Strecken, die so genannten Doppelstrecken. Diese dürfen dann nämlich nur einfach genutzt werden, getreu dem Motto, wer zuerst kommt, baut zuerst Waggons. Ansonsten besteht hier die Möglichkeit, ein und dieselbe Strecke doppelt zu besetzen.

Nachdem man seine Strecke nun mit Waggons versehen hat, werden einem dann je nach Streckenlänge unterschiedliche Punkte zugesprochen, die der Spieler auf der Siegpunktleiste auch sofort weiterrückt.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, in seinem Spielzug neue Zielkarten zu ziehen. Im Gegensatz zum Beginn des Spiels, muss man nun aber nur noch eine der drei ausgeteilten Karten auswählen. Hier gilt es, ganz bedächtig zu wählen, denn bei der europäischen Version von „Zug um Zug“ gilt es noch mehr als zuvor, realistisch einzuschätzen, was man noch aus eigener Kraft erreichen kann.

Die Option ‚Bahnhof bauen‘ sollte man nur dann wählen, wenn eine Strecke nicht mehr durch eigenen Einfluss genutzt werden darf, schließlich kosten Bahnhöfe am Ende wertvolle Punkte. In dem Moment, in dem der weitere Streckenbau indes durch einen Gegner verhindert wird, ist diese Option unvermeidlich, um nicht weitere Punktabzüge in Kauf nehmen zu müssen. Einen Bahnhof kann man bei Notwendigkeit auf eine beliebige Stadt des Spielplans setzen. Erst am Ende muss man entscheiden, welche der angeschlossenen Fremdstrecken man mit Hilfe dieses Baus nutzen möchte.

_Spielende_

Sobald ein Spieler am Ende seines Zugs nur noch zwei oder weniger Waggons in der Auslage hat, darf jeder Spieler noch genau einen Spielzug durchführen. Anschließend werden die Punkte auf dem Spielplan mit denen für die Zielkarten zusammengerechnet und derjenige mit den meisten Punkten zum Sieger erklärt.

_Meine Meinung_

Ich selber gehörte zu den eingangs angesprochenen Skeptikern, die nicht wirklich sicher waren, ob man ein derart geniales Konzept wie das von „Zug um Zug“ mit kleinen Veränderungen derart weiterentwickeln können würde, dass neue und alte Version unabhängig bleiben. Es mussten schon einige spezielle Neuerungen her, damit sich auch der Kauf einer zusätzlichen Spielvariante lohnt, doch was dies betrifft, hat man bei |Days Of Wonder| mal wieder ganze Arbeit geleistet.

Es sind sicher keine gravierenden Veränderungen – schließlich sollte das Spielprinzip bei Erhalt des Titels auch gleich bleiben – doch die scheinbaren Kleinigkeiten, die in der „Europa“-Fassung anders sind, haben einen deutlichen Effekt auf den Spielverlauf und somit das Ziel dieser Fortsetzung auf jeden Fall erreicht.

Für den erfahrenen „Zug um Zug“-Spieler wird es zunächst ohnehin eine ganz neue Erfahrung sein, sich mit dem etwas enger verwobenen Streckennetz zurechtzufinden. Es gibt viel mehr kleine Strecken, gerade im Westen der Karte, zusätzlich aber auch einige Knotenpunkte, deren Besetzung sich auf den weiteren Spielverlauf schon als entscheidender Schlag erweisen können – gerade wenn man im Spiel zu zweit oder dritt nicht die Doppelstrecken nutzen darf. Außerdem bringen die Fähren und Tunnel deutlich frischen Wind in das Spiel hinein, wobei es natürlich auch mit viel Glück zu tun hat, ob man bei der Verwendung der Fähren zusätzlich Karten auslegen muss. Die Bahnhöfe erleichtern einem weiterhin, aussichtslose und aufgegebene Streckenpassagen doch noch zu nutzen, so dass es im gesamten Spiel fast gar nicht möglich ist, durch Verbauen bestimmter Wege eine Vorentscheidung herbeizurufen. Das Spiel bleibt bis zum letzten Zug spannend, gerade dann, wenn die neuen Trümpfe wie eben der Bahnhof bis zuletzt nicht ausgespielt werden. Wobei die Spannung ja auch schon dadurch begünstigt wird, dass die Zielkarten bis zu guter Letzt nicht transparent sind und sich hier noch einige Überraschungen ergeben können.

Wichtig ist auf jeden Fall die Erweiterung des strategischen Spielanteils, denn auch wenn „Zug um Zug – Europa“ ganz offensichtlich ein Gesellschafts- und Familienspiel ist, so muss man eine Menge taktieren und langfristig zu planen lernen – ohne dass der Spielspaß davon getrübt wird.

Meiner Meinung nach ist „Zug um Zug – Europa“ daher auch nicht nur eine gelungene Fortsetzung, sondern auch eine sinnvolle, anspruchsvollere Ergänzung des bewährten Spielprinzips, die mir letztendlich sogar noch ein ganzes Stück besser gefällt als das Original. Aus diesem Grunde halte ich es auch gar nicht für bedenklich, eine Anschaffung beider Spiele in Betracht zu ziehen; bei gleicher Basis ergeben sich im direkten Vergleich nämlich doch noch überraschend viele eigenständige Charakteristika, die sowohl die Standard- als auch die Europa-Version zu unabhängigen Vertretern der „Zug um Zug“-Idee avancieren lassen. Oder um es anders zu formulieren: Es sind zwei ähnlich aufgebaute, aber ganz bestimmt nicht gleiche Spiele, von denen jedes seinen eigene Reiz hat – „Zug um Zug – Europa“ womöglich sogar den größeren …

Kurze Anmerkung zum Schluss: „Zug um Zug – Europa“ wurde unlängst zum Familienspiel des Jahres in Norwegen gewählt!

Mehr Infos: http://www.daysofwonder.com

Kramp, Ralf – Totentänzer

_Erneut ermittelt der sympathische Sonderling Herbie Feldmann auf eigene Faust_

Ein neuer Krimi von Ralf Kramp namens „Totentänzer“ erschien im Frühjahr 2006 im Hillesheimer |KBV|. Zum vierten Mal ermittelt Kramps Figur Herbie Feldmann, ein netter „Spinner“, der Stimmen hört und stets von dem vorlauten und für andere unsichtbaren Julius begleitet wird. Wen wundert es also, wenn Herbies vermeintliche Selbstgespräche ihm den Titel eines komischen Kauzes einbrachten.

In seinem aktuellen Abenteuer hat Herbie Feldmann einen Aushilfsjob als Pizzabote angenommen. Schließlich will er seiner Tante Hettie, die als Vormund sein Vermögen nach seiner Psychose in Jugendtagen verwaltet und zu ihrem eigenen Luxus nutzt, beweisen, dass er mehr als ein Nichtsnutz ist.

Seine Tante liegt im Krankenhaus. Herbie Feldmann begegnet dort derer alten Schulfreundin Finchen Doppelfeld. Ganz Gentleman, fährt er die alte Dame zu ihrem verwahrlosten Haus zurück. Doch genau diese Seniorin wird unmittelbar danach ermordet. Herbie scheint der Letzte zu sein, der Finchen Doppelfeld lebend sah, und fürchtet, zum Verdächtigen zu werden. Er recherchiert also auf eigene Faust.

Dann taucht auch sein schrulliger Onkel Erwin auf und behauptet, Russen wollten ihm einen wertvollen Dolch abknöpfen. Sein Versteck bei Herbie bleibt nicht unbeobachtet und tatsächlich nehmen zwei Russen zunächst Herbie in die Mangel. Dieser verspricht, den Dolch zu besorgen, beschließt aber, von seinem Kumpel Köbes eine Fälschung anfertigen zu lassen. Ausgerechnet von Schnapsnase Köbes, der als Automechaniker nicht einmal mit einem Lackstift umgehen kann, wie man schon in früheren Abenteuern aus der Feldmann-Serie erfahren durfte.

Auf der Suche nach Finchen Doppelfelds Mörder stößt Herbie Feldmann auf einen Hinweis, dass sie extrem tiervernarrt war. Sollte jemand die alte Dame ermordet haben, weil sie ihr Testament auf einen Tierschutzverein umschreiben wollte, oder steckt da noch viel mehr dahinter? Wie zu erwarten, bleibt es nicht bei einem Mord. Kein Wunder, dass Herbie Feldmann alle Hände voll zu tun hat und zumindest als Pizza-Bote kläglich versagt. Genau so, wie sein steter Schatten Julius es frech und vollmundig ankündigte.

In dem spannenden Krimi von Ralf Kramp, der 1963 in Euskirchen geboren wurde und als Verleger, Karikaturist und Autor arbeitet, entdeckt der Leser vertraute Darsteller wie den stets angetrunkenen Automechaniker Köbes und jene Tante Hettie, die ihren Neffen seit mehreren Abenteuern als Laufburschen und gleichfalls als „Blitzableiter“ ihrer üblen Launen benutzt. Daran hat sich auch in „Totentänzer“ nichts geändert.

Kramp bevorzugt in seinem Romanen den Tatort Eifel, sei es in Feldmann-Krimis oder auch in historischen Romanen wie „… denn sterben muss David“. Seine sehr zahlreichen Romane wurden unter anderem bei KBV veröffentlicht und von |Technisat Digital Division Radioropa Hörbuch| vertont.

Bekanntes Strickmuster – und umso erstaunlicher ist es, wie es Ralf Kramp gelingt, die Abenteuer von Herbie Feldmann und dessen unsichtbaren Schatten Julius seit vielen Jahren auf gleich hohem Spannungsniveau zu halten. Neben spannenden Eifelgeschichten des sonderbaren Duos besticht Ralf Kramp durch den brillanten Humor, den er vor allem Julius in den Mund legt. Die Dialoge zwischen Herbie und Julius sind witzig, manchmal gewollt einfältig und vor allem eine sympathische Attacke auf die Lachmuskeln. Spritzige Dialoge, ähnlich jener der kultigen Kölschen „Tünnes und Schäl“, beweisen, dass ein spannender Kriminalroman durchaus auf Witz und Humor setzen darf. Diese Kombination beherrscht der Autor Ralf Kramp genial.

Dieser ohne Schwächen auf 251 Seiten geschriebene Roman ist ein würdiger Nachfolger bisheriger Abenteuer von Herbie Feldmann, zum Beispiel in den Krimis „Rabenschwarz“ oder „Der neunte Tod“. Wie gewohnt ist das Cover von Ralf Kramp selbst gestaltet worden.

http://www.kbv-verlag.de/

Wilson, Kevin – Doom – Das Brettspiel (deutsche Version)

_Die Mutter der Ego-Shooter_

Als John Carmack 1993 die Idee zu „Doom“ entwickelte, war ihm wahrscheinlich noch gar nicht bewusst, an welch genialem Produkt er da arbeitete. Das Spiel wurde seitdem zwar stets kontrovers betrachtet und liebäugelte wegen der offensichtlichen Zurschaustellung von brutalen Metzelszenen auch schon mehrfach mit dem Index, stieg aber in seiner Beliebtheit ohne jegliche Einschränkungen stetig an. Mittlerweile ist „Doom“ längst zum Kult aufgestiegen und wird als Mutter des gesamten Ego-Shooter-Genres gefeiert.

_Vom PC aufs Spielbrett_

Nach mehr als einer Dekade auf dem Bildschirm hat sich das Grundprinzip von „Doom“ verselbständigt und wurde vom amerikanischen Brettspielverlag |Fantasy Flight Games| für ein gleichnamiges Strategiespiel übernommen. In „Doom – Das Brettspiel“ wird der unerbittliche Kampf zwischen grausamen Monstern und Marines nun auch auf den heimischen Tischen ausgetragen, wobei die beiden gegeneinander kämpfenden Seiten von den Spielern besetzt werden. Basierend auf den Ideen von Autor Kevin Wilson wurde hier eine sehr authentische Adaption des weltberühmten PC-Games erdacht, die sich rein optisch sehr stark am dritten Teil der Ego-Shooter-Saga orientiert und auch mit sehr vielen Parallelen zum ungefähr gleichzeitig erschienen Film aufwartet.

Den Rahmen bietet dabei eine sehr schön inszenierte Hintergrundstory: Ein Forschungsteam der „Union Aerospace Corporation“ sucht auf einer Marsbasis nach Portalen zu bislang verborgenen Dimensionen. Allerdings soll es auch nur bei einer Suche bleiben, denn das Experiment scheitert, und ohne es zu bemerken, wurde hinterrücks das Tor zur Hölle geöffnet. Die herbeigeeilten Marines können nur noch die Leichen der geopferten Wissenschaftler finden und sehen sich plötzlich mit einer ganzen Garnison monströser Aliens konfrontiert, die sich in allen Korridoren der Basis breitgemacht haben. Jetzt zählt nur noch die Flucht, und dabei der direkte Nahkampf mit den fürchterlichen Feinden, denn ansonsten droht auch den verbliebenen Marines der sofortige Tod bei ihrem gescheiterten Rettungsversuch.

_Die Szenarien_

„Doom – Das Brettspiel“ besteht in der Basisversion aus verschiedenen Szenarien, in denen die Marines individuell unterschiedliche Missionen erfüllen müssen. Zu Beginn tut man dabei gut daran, sich mit dem ersten, auch noch etwas einfacheren Szenario „Knietief in Leichen“ auseinanderzusetzen, welches einem die wirklich unheimlich umfassenden Spielregeln auf praktische Weise sehr schnell nahe bringt und auch einen sehr guten Einstieg in die Welt von „Doom“ liefert. Im späteren Verlauf bietet es sich dann natürlich an, sich langsam durch die Szenarien zu arbeiten und das Spiel aus allen erdenklichen Perspektiven kennen zu lernen. Es ist sogar möglich, alle fünf Szenarien am Stück durchzuspielen, wobei das dann wohl zeitlich den normalen Rahmen sprengen würde.

Im Anschluss daran gibt es übrigens auch noch einige kreative Möglichkeiten, das Spiel auszudehnen. So ist es jedem freigestellt, eigene Szenarien zu erfinden und auch zu publizieren oder aber via http://www.fatasyflightgames.com Ideen anderer Spieler aufzugreifen und sie für das eigene Spiel zu übernehmen. Dem Basisspiel sind also erst einmal keine Grenzen gesetzt, solange man nur kreativ genug ist, sich tief genug in den grundlegenden Aufbau von „Doom – Das Brettspiel“ hineinzuversetzen, was – so will ich mal meinen – nach drei oder vier Partien bereits geschehen sein sollte.

_Spielziel_

Ein allgemeines Spielziel gibt es bei „Doom – Das Brettspiel“ nicht. Stattdessen gilt es in jeder einzelnen Mission, die dort genau beschriebenen, individuell vollkommen unterschiedlichen Ziele zu verfolgen, was sowohl für Marines als auch für die Eindringlinge gilt, deren Geschicke ja auch von einem Mitspieler gelenkt werden. Im ersten Szenario „Knietief in Leichen“ zum Beispiel muss das Team der Marines den roten Schlüssel finden, um damit die Flucht durch die Sicherheitstür zu ermöglichen und dem gefährlichen Treiben zu entgehen. Allerdings dürfen sich die Spieler der Marines insgesamt nur fünf Kills leisten. Fällt anschließend ein sechster Mann, haben die Eindringlinge das Spiel gewonnen.

_Spielmaterial_

• 1 Regelhandbuch
• 1 Szenarienführer
• 4 Übersichtstafeln
• 66 Plastikfiguren
• 6 Spezialwürfel
• 66 Eindringlingskarten
• 18 Marinekarten
• 1 Spielstein Kompass
• 1 Ausrüstungsbehälter der Marines
• 59 Spielplanteile
• 14 Türen + Standfüße
• 33 Spielsteine Ausstattung
• 46 Spielsteine Verletzung
• 13 Spielsteine Rüstung
• 10 Spielsteine Befehle für Marines
• 88 Spielsteine Ausrüstung

Das Spielmaterial von „Doom“ ist wirklich fabelhaft. Damit meine ich jetzt nicht nur die Tatsache, dass die Schachtel bis zum Rand mit Utensilien gefüllt ist, sondern auch die Qualität der Materialien. Hervorzuheben sind hierbei vor allem die stabil konstruierten Plastikfiguren, vor allem die riesigen Cyberdemons, die optisch definitiv eines der Highlights des gesamten Fantasy-Flight-Programms darstellen. Doch auch sonst ist das Spiel vollkommen solide aufgebaut, beginnend bei den Ausrüstungsteilen über die edleren Karten bis hin zu den tollen Würfeln. Kritik äußern muss man lediglich an den Spielplanteilen, die im Spiel puzzleartig zusammengesetzt werden, leider aber nicht immer bündig ineinander passen. Während der mittlerweile mehr als zehn Partien, die ich diesem Spiel gewidmet habe, ist dieses Manko immer wieder negativ ins Gewicht gefallen und neben der schlechten Aufteilung des Materials – einmal ausgepackt, hat man seine Liebe Mühe und Not, das Material in der unübersichtlichen Verpackung zu verstauen – auch die einzige, wirkliche Schwäche dieses umfangreich bestückten Spiels geblieben. Ansonsten muss man die Qualität und auch die Quantität des Materials noch einmal extra hervorheben; was einen in diesem quadratischen Karten erwartet, ist in jeglicher Hinsicht der absolute Hammer.

_Das Spielprinzip – wie der Spielplan stetig wächst_

Ähnlich wie auch im Computerspiel, müssen die Marines während ihrer Missionen verschiedene Türen durchwandern und in abgeschotteten Räumen nach Waffen und weiterem Ausrüstungsmaterial suchen. Zu Beginn eines Spiels ist für die Spieler der Marines daher auch nur der erste, als Startpunkt verwendete Raum sichtbar. Von hier aus führt der Weg durch die angrenzenden Türen in die Korridore der Umgebung bis in ein größeres Labyrinth, in dem man meist dann erst Orientierung findet, wenn man alle Räume erkundet hat. Allerdings harren auch hinter jeder geöffneten Türe bzw. in den neu erschlossenen Räumen zahlreiche Monster der Eindringlinge, weshalb man in seinem Forscherdrang auch stets beachten sollte, dass prinzipiell jeder Raum eine echte Gefahrenquelle darstellt.

Jedes Mal, wenn eine neue Türe geöffnet wird, werden also die angrenzenden Felder wie im Szenarienführer beschrieben auf- und angebaut, so dass der Spielplan in steten Schritten wächst, bis sich schließlich der komplette Missionsplan ergibt. Dies bedeutet aber gleichzeitig auch, dass nur derjenige, der sich für das Übernehmen der Eindringlinge entschieden hat, den Inhalt des Szenarienführers kennt. Er weiß ergo bereits zu Beginn um die finale Gestaltung des Spielplans und kann somit auch schon weit im Voraus seine Schritte planen, wodurch er den Marines letztendlich auch einen entscheidenden Schritt voraus ist. Diese jedoch werden durch den ständigen Gewinn neuer Ausrüstungsstücke an anderer Stelle vorteilhaft behandelt, so dass es alles in allem dennoch zu einem offenen Schlagabtausch kommt, in dem beide Spieler grundsätzlich über die gleichen Voraussetzungen verfügen.

_Die Hilfsmittel_

Das wichtigste Hilfsmittel der Marines sind sicherlich die vielen verschiedenen Waffen, die es irgendwo auf dem noch verdeckten Spielplan zu entdecken gibt. Weiterhin liegen dort Munitions-, Rüstungs- und weitere Ausrüstungsspielsteine bereit, die im Laufe des Spiels dringend aufgesammelt werden sollten. Weiterhin stehen jedem Marine über das gesamte Spiel zwei (bzw. im 2-Spieler-Modus drei) Karten zur Verfügung, auf denen Fähigkeiten beschrieben sind, die dem Spieler über die gesamte Partie gewisse Vorteile verschaffen können. Außerdem können die Marines bei manchen Zügen noch einen ihrer Befehlsspielsteine ausspielen.

Im Gegensatz dazu sind die unterstützenden Gegenstände der Eindringlinge arg limitiert. Je nach Spielerzahl darf der hiervon betroffene Spieler eine vorgegebene Anzahl Karten nachziehen und diese bei Bedarf auch ausspielen. Zwar ist der Inhalt der Karten breit gefächert (zum Beispiel befinden sich darunter auch Aktivierungskarten für neue Monster), doch erfordert es schon ein sehr spezielles Geschick, diese Karten auch sparsam zu verwalten, denn manche von ihnen sind wirklich wertvoll und, einmal ausgespielt, kaum mehr zu ersetzen – es sei denn, der Nachziehstapel ist aufgebraucht und muss neu gemischt werden.

_Die Würfel_

Wie es sich für ein richtiges Taktikspiel gehört, beinhaltet auch „Doom – Das Brettspiel“ einige spezielle Würfel, insgesamt sechs an der Zahl. Mit ihnen werden die Reichweite eines Angriffs und der dem Gegner zugefügte Schaden ermittelt, wobei es hier auch leicht zu einem Fehlschuss kommen kann, würfelt man ein ‚X‘. Die Anzahl der Würfel, die bei einem Angriff verwendet werden können, bestimmen die Fähigkeiten der dämonischen Eindringlinge bzw. im Falle der Marines die Vorgaben der gewählten Waffe. Gegebenenfalls wird durch den Wurf auch noch bestimmt, ob der Marines-Spieler bei seiner Aktion Munition verwenden muss, die es dann unwiderruflich zu entrichten gilt.

Die Würfel entscheiden sich auch noch in ihren Eigenschaften; hier werden verschiedene Schwerpunkte gesetzt, so dass zum Beispiel die grünen Würfel potenziell eine große Reichweite ermöglichen, wohingegen die Farben Gelb und Rot sich besonders im Nahkampf eignen, weil sie beim Gegner einen vergleichsweise höheren Schaden anrichten können. Wie und womit geworfen wird, ist für jede Aktion explizit vorgeschrieben.

_Vor dem Spiel – die letzten Vorbereitungen_

Bereits vor Spielbeginn müssen verschiedene, gewichtige Entscheidungen getroffen werden. So gilt es (natürlich), die Rollen zu verteilen und die jeweiligen Spieler mit den entsprechenden Utensilien zu bestücken. Der Spieler der Dämonen erhält zudem den Szenarienführer und wählt eines der Szenarien aus. Anschließend liest er sich dieses intensiv durch und nennt seinen Mitspielern die markierten Punkte. Dann baut er das Startfeld auf, platziert die entsprechenden Monster und Gegenstände darauf und schafft so die nötigen Voraussetzungen für die erste Runde.

Bevor das Spiel nun losgeht, haben die Spieler der Marines einen Ausrüstungsbehälter, in dem sie die gesammelten Gegenstände ablegen, und je nach Spielerzahl die Startausrüstung. Dann zieht jeder Marine noch zwei Marineskarten und legt sie offen vor sich aus, damit auch jedem die speziellen Fähigkeiten, die ihm hierdurch ermöglicht werden, geläufig sind. Unterdessen baut der Eindringlingsspieler die Plastikfiguren seiner Monstertruppen vor sich auf, nimmt fünf Eindringlingskarten vom Nachziehstapel auf die Hand, legt jenen vor sich ab und bedient sich ebenso wie seine Gegner noch mit einer Übersichtstafel. Nun kann es endlich losgehen!

_Der Rundenablauf_

Eine Spielrunde ist in maximal vier Phasen aufgeteilt, je nachdem, wie viele Spieler sich an der Partie beteiligen. Beginnend mit dem Marines-Spieler links vom Spieler der Eindringlinge geht es nun reihum. Als Letzter darf der Eindringlingsspieler noch einen Zug machen, und schon beginnt die nächste Runde. Allerdings haben beide Seiten vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung ihrer Runden:

a) |Der Spielzug der Marines|

Jeder Marine hat insgesamt vier Möglichkeiten, seine aktive Runde zu gestalten. Er kann bei der Aktion ‚Sprinten‘ bis zu acht Felder weit ziehen, über ‚Angreifen‘ bis zu zwei aufeinander folgende Angriffe starten, mittels ‚Vorrücken‘ bis zu vier Felder vorrücken und dann noch einen Angriff durchführen, oder sich in Alarmbereitschaft versetzen, dabei dieselben Aktionen wie in ‚Vorrücken‘ ausführen, zusätzlich aber noch einen Befehlsspielstein ausspielen, der ihm auch im weiteren Verlauf zusätzliche Dinge ermöglichen soll. Dabei handelt es sich in erster Linie um Bonusaktionen, die einem in bestimmen Situationen unheimlich hilfreich sein können.

b) |Der Spielzug des Eindringlingsspielers|

Das Handeln des Eindringlingsspielers ist klar definiert. Er muss als Erstes entsprechend der Spielerzahl Karten vom Nachziehstapel ziehen und dabei beachten, dass er das Handlimit von acht Karten nicht überschreitet. Anschließend darf er, falls vorrätig, genau eine Nachschubkarte aus den Handkarten ausspielen und damit neue Kämpfer rekrutieren. Weiterhin darf er nun eine unbestimmte Zahl der übrigen Handkarten für die darauf beschriebenen Aktionen verwenden. Anschließend wird ihm noch Gelegenheit geboten, seine Figuren zu aktivieren, und zwar jedes auf dem Spielplan befindliche Monster genau einmal. Unter Aktivieren versteht man sowohl verschiedene Bewegungsabläufe, die für jeden eingesetzten Dämon unterschiedlich auf der Übersichtstafel gekennzeichnet sind, als auch ebenfalls dort abgebildete Angriffstaktiken, wobei es zu beachten gilt, dass es sich bei manchen Figuren um Nahkampfgegner handelt, die nur vom Nachbarfeld aus angreifen können. Sowohl für die Fortbewegung als auch für die Angriffe gibt es einige spezifische Grundregeln, die in der Spielregel ausführlich erläutert sind.

Nachdem Eindringlinge und Marines ihre Spielzüge beendet haben, wiederholen sich die beschriebenen Vorgänge, und zwar so lange, bis eine der beiden Parteien das jeweilige Ziel des Szenarios erreicht hat und siegreich aus dem Spiel geht.

_Uneingeschränkte Möglichkeiten_

Natürlich hört sich der oben in aller Kürze beschriebene Rundenablauf recht simpel an – und tatsächlich: Für ein so umfassendes und aufwendiges Spiel ist man relativ schnell mit der Vorgehensweise vertraut, was aber vorrangig auf die sehr ausführliche, übersichtliche Beschreibung in der Spielanleitung zurückzuführen ist. Die Regeln sind unmissverständlich, das individuelle Spielziel klar und deutlich beschrieben und die Kampfhandlungen sind bereits nach wenigen Runden ohne weiteren Blick auf die Übersichtstafel abrufbar. Und dennoch weist „Doom – Das Brettspiel“ dank der vielen kleinen Besonderheiten und Details eine ungeheure Spieltiefe auf, die (überraschenderweise) voll und ganz mit der bekannten PC-Vorlage Schritt halten kann. Alleine die vielen Funktionen, ausgehend von den unzähligen Plättchen, den Karten der Eindringlinge, sowie den Waffen und Kämpferfiguren, garantieren für einen langfristigen Spielspaß. Aber auch die ganzen Sonderregeln, die man berücksichtigen muss, zum Beispiel bezogen auf die Kampftechniken und die besonderen Fähigkeiten eines jeden Monsters sowie die vielen Spielsteine, verwandeln das scheinbar schlichte Spielprinzip in ein Strategieabenteuer sondergleichen mit unzähligen, in ihrer Vielzahl kaum eingeschränkten Möglichkeiten.

_Die richtige Strategie_

Wie lautet in diesem Spiel die richtige, Erfolg versprechende Strategie? Diese Frage stelle ich mir nun schon seit ungefähr drei Wochen, habe aber bislang keine Antworten gefunden – wahrscheinlich, weil es keine gibt. Es ist nämlich definitiv so, dass sich der Charakter des Spiels mit jeder Runde gänzlich ändert, weil verschiedene Spieler im selben Szenario ganz anders vorgehen und es so für den Lenker der Eindringlinge jedes Mal wieder gilt, sich auf unterschiedliche Taktiken einzustellen. Ob man indes mit der Hauruck-Taktik das Gemetzel sucht oder jeder aus dem Hinterhalt agiert, macht keinen Unterschied aus, weil es so oder so zum mächtigen Showdown kommen wird, sei es nun bereits von Anfang an oder doch erst zum Ende hin, wenn es auf die Entscheidung zugeht. Es wird sicherlich auf beiden Seite immer wieder herbe Verluste geben, so dass das Spiel – die Erfahrungen habe ich bislang zumindest gemacht – bis zum Ende sehr ausgeglichen ist und sich meist erst kurz vor Schluss entscheidet, welche Seite am Ende überlebt.

Natürlich hängt auch einiges vom Würfelglück ab, denn es kann schon mal frustrierend sein, wenn man trotz überlegener Kampfkraft gegen einen vergleichsweise schwachen Gegner unterliegt. Doch dies ist halt die Ausnahme, nicht aber die Regel. Doch wie gesagt; das Spiel offenbart überaus viele Wege zum Ziel und bleibt so von Partie zu Partie durchgehend spannend – ganz gleich, welches Szenario man spielt.

_Meine Meinung_

Kevin Wilson ist sich der enorm hohen Erwartungshaltung sicherlich bewusst gewesen, als er dieses Spiel kreiert hat. Immerhin galt es, die Reize eines eigentlich für den Computer prädestinierten Spielprinzips aufs Brett zu zaubern und dabei Mittel und Wege zu finden, die selbst den anspruchsvollen Spieler für die mancherorts verpönte Idee hinter „Doom“ zu begeistern. Diese Herausforderung hat Wilson jedoch erfolgreich angenommen und im gleichnamigen Brettspiel sowohl die Wünsche nach einem adäquaten Design und einer spürbaren Nähe zum Original erhört als auch die Anforderungen, dem Spiel eine eigenständige Note zu verleihen, erfüllt. Letzteres ist ihm gleich mehrfach gelungen, wobei die grundlegend neue Anordnung der einzelnen ‚Levels‘ nur einer von wenigen Gründen sein sollte, sich für die Brettspielvariante zu entscheiden. Weiterhin muss hier die Möglichkeit genannt werden, die Spielszenarien nach seinen eigenen Wünschen zu erstellen, die vor allem erfahrene Spieler mit absoluter Sicherheit immer öfter nutzen werden und so Schritt für Schritt mit dem Spiel verwachsen. Und natürlich darf man die Unberechenbarkeit der menschlichen Gegner nicht unterschätzen, die die Spielperspektive von Runde zu Runde ändern könnte und somit bis zum Schluss offen lässt, in welche Richtung sich die jeweilige Partie entwickeln wird, wohingegen die PC-Variante mehr oder weniger nach dem „Alles oder nichts“-Prinzip abläuft.

Ich bin aber mittlerweile auch zu dem Entschluss gekommen, dass man „Doom – Das Brettspiel“ gar nicht so sehr mit dem Computerspiel vergleichen sollte. Die Ähnlichkeiten sind schließlich offensichtlich, aber auch legitim, suggerieren unterschwellig jedoch auch, dass die hier besprochene Variante ohne den Bezug zum Original nicht funktionieren könnte. Dem ist aber sicherlich nicht so, denn dafür sind die Unterschiede bei der Herangehensweise einfach zu groß. Zudem ergeben sich vielfältige neue Optionen, von denen die Gelegenheit, das Böse zu verkörpern, nur eine von vielen interessanten ist.

Ich möchte hingegen nicht abstreiten, dass Fans des Computergames sich in „Doom – Das Brettspiel“ am besten zurechtfinden werden, ihnen wird schließlich alles geboten, was ihren Favoriten einst und bis heute auszeichnet. Doch die Ideen werden weitergesponnen, das Spiel ist kommunikativer und nicht mehr ausschließlich brutal, und der aggressive Inhalt wird mehr oder weniger ausnahmslos über die graphische Symbolik, nicht aber über den taktisch ausgelegten Kampf ausgetragen. Für meinen Geschmack also ein echter Glücksfall für die Brettspielwelt, der aufgrund des hochwertigen Spielmaterials, der vorbildlichen, sehr übersichtlich aufgebauten Spielanleitung und natürlich des erstklassigen Spiel- und Rundenaufbaus grundsätzlich jedem Strategie- und Rollenspieler zu empfehlen ist. „Doom – Das Brettspiel“ vereint nämlich beide Sparten mit einer unerwarteten, aber dafür umso lobenswerteren Eleganz und bricht so sehr eindrucksvoll mit dem Ruf des eintönigen Gemetzels.

http://www.heidelberger-spieleverlag.de/
http://www.hds-fantasy.de/

Trudi Canavan – Die Meisterin (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)


The Empire of Stones

Band 1: Die Rebellin“
Band 2: Die Novizin“
Band 3: „Die Meisterin“

Sonea hat nach ihrem Zweikampf in der Arena tatsächlich Ruhe vor Regin. Dafür belasten sie andere Sorgen: Der Hohe Lord Akkarin gibt ihr Bücher über schwarze Magie zu lesen! Allein das wäre bereits ein Verbrechen, für das die Gilde sie ausstoßen könnte. Doch zu ihrer Überraschung erfährt Sonea bald darauf die Gründe für das Geheimnis des Hohen Lords. Das lässt nicht nur ihre Vorbehalten gegen ihn schwinden, sie besteht sogar darauf, ihn dabei zu unterstützen.

Doch die Gilde hat inzwischen Akkarins Geheimnis entdeckt. Sie werden nicht nur aus der Gilde ausgestoßen, sondern auch aus den Verbündeten Königreichen verbannt. Ihnen bleibt nur der Weg nach Sachaka, dem Land, von dem nicht nur Akkarin und Sonea die größte Gefahr droht, sondern auch der Gilde und den Verbündeten Königreichen. Als Akkarin und Sonea sich endlich zum Südpass durchgeschlagen haben und wieder kyralischen Boden betreten, um den König und die Gilde zu warnen, ist es bereits zu spät …

An neuen Charakteren kommen in diesem dritten Band nicht mehr viele dazu, und die meisten bleiben eine Randerscheinung.

Als Einzige nimmt Savara etwas mehr Raum ein. Sie ist eine Sachakanerin, die Cery Hilfe gegen die Mörder anbietet, die Imardin immer wieder von neuem unsicher machen. Warum sie das tut, oder wer genau sie ist, verrät sie nicht. Aber sie ist offensichtlich eine ausgebildete Magierin, und sie kann hervorragend kämpfen. Gleichzeitig besitzt sie durchaus einen gewissen Sinn für Humor, und nebenbei wickelt sie Cery gehörig um den Finger. Die Frage ist nur: Kann man ihr trauen?

Auch Cery nimmt durch Savaras Auftauchen wieder mehr Raum in der Geschichte ein. Er ist selbstbewusster geworden, gleichzeitig hat er sich weitgehend von seinen alten Gefühlen für Sonea gelöst, wenn er auch immer noch Freundschaft und Beschützerinstinkte besitzt.

Den größten Wandel im Charakter macht Regin durch. Nicht nur, dass er nach dem Duell geradezu zahm geworden ist; nachdem die mit Sonea verbündeten Diebe ihn vor den Sachakanern gerettet haben, entschuldigt er sich bei Sonea für sein früheres Verhalten. Mir kam es allerdings seltsam vor, dass er für Sonea plötzlich Mitleid empfand, nur weil sie monatelang sozusagen Akkarins Geisel war! Kann das allein all den Hass, den er zuvor ganz offensichtlich für Sonea hegte, einfach ausgelöscht haben? Immerhin hat er ihr nicht nur ein paar kleine, fiese Streiche gespielt, er hat sie richtig gequält, und zwar mit Inbrunst! Dieser Sinneswandel erschien mir dann doch etwas dick aufgetragen …

Die Handlung ist diesmal nicht mehr so deutlich zweigeteilt wie bisher. Zwar ist Dannyl auch diesmal wieder in Elyne unterwegs, doch das Ausheben einer kleinen Rebellengruppe erscheint im Vergleich zur Handlung um Sonea und Akkarin eher nebensächlich. Dafür teilt sich die Handlung nach der Verbannung des Hohen Lords und seiner Schülerin gleich in mehrere Stränge, die letztlich alle auf den „Showdown“ in Imardin zulaufen. Das gibt ein ziemliches Um-einander-herum-Gewusel oberhalb und unterhalb der Straßen Imardins, und natürlich bleibt es nicht aus, dass im Kampf gegen die Sachakaner immer wieder einer der Beteiligten in brenzlige Situationen gerät. In der Regel werden diese Bedrohungen jedoch rasch aufgelöst, was nicht heißen soll, dass alle mit heiler Haut davonkommen. Im Gegenteil hat die Autorin keine Skrupel, einige ihrer Sympathieträger zu opfern, was dafür sorgt, dass die Spannung der verschiedenen Scharmützel nicht einfach verpufft. Was ich allerdings nicht verstehen konnte: Warum wollte Akkarin die Schutzmagie der Arenakuppel nicht benutzen? In einem Kampf, der so auf Messers Schneide stand, sollte man doch erwarten, dass die Beteiligten jede Kraftquelle nutzen würden, derer sie habhaft werden konnten!

Wie dem auch sei: Der dritte Band ist der komplexeste und auch der spannendste der drei. Dass Sonea und Akkarin sich letztlich ineinander verlieben würden, war wohl unausweichlich, immerhin war er der geheimnisvollste und faszinierendste Charakter unter den Männern und sie aufgrund ihrer Herkunft und überdurchschnittlichen Kraft ebenfalls etwas Besonderes. Andererseits hat uns die Autorin dabei zu jeder Zeit jeglichen Kitsch erspart, insofern wirkte dieses Detail nicht störend.

Dafür ist mir ein anderer Knacks deutlich aufgefallen: Als Sonea ihre Tante und ihren Onkel besucht, erfährt sie zum ersten Mal von den Morden in der Stadt. Das wunderte mich doch ein wenig, da Sonea ja erst vor zwei Jahren in die Gilde eingetreten ist. Die Morde begannen aber laut Akkarin kurz nach seiner Ernennung zum Hohen Lord, und das war bereits fünf Jahre her. Für die innere Logik des Handlungsverlaufs ist das jedoch nicht weiter von Belang, insofern sei darüber hinweggesehen.

Das Lektorat war angenehm fehlerfrei. Warum Bertelsmann allerdings zwei verschiedene Ausgaben für Erwachsene und Jugendliche herausgebracht hat, ist mir nicht ganz klar, denn Unterschiede gibt es offenbar nur in der äußeren Gestaltung, und die sind nicht besonders gravierend. Befürchtet der Verlag, Erwachsene würden die Jugendausgabe nicht lesen, wenn |cbt| draufsteht? Dann wären die potenziellen Käufer eigentlich selber schuld.

Für den Gesamtzyklus lässt sich sagen, dass er vielleicht nicht das Mitreißendste oder Fantasievollste war, was ich in letzter Zeit gelesen habe. Dafür waren die meisten Figuren und Ereignisse doch ein wenig zu schablonenhaft und der Spannungsbogen hätte gelegentlich etwas mehr Straffung vertragen. Das hat sich zum Ende hin aber durchaus gesteigert, die Personen lösten sich ein wenig aus ihren Schienen, der Spannungsbogen zog tatsächlich an. Dafür musste die Autorin nicht einmal Ströme von Blut bemühen, im Gegenteil. Sowohl die beschriebenen Morde als auch der Guerillakampf in den Straßen von Imardin kommen ganz ohne rote Pfützen aus.

Alles in allem war Die Gilde der schwarzen Magier angenehme und leichte Unterhaltung. Ich würde sagen, Trudi Canavan kann problemlos vorne im großen Mittelfeld der Fantasy mithalten. Und vielleicht steigert sie sich ja auch noch. Im Hinblick auf die geplante Fortsetzung wäre Savara eine Figur mit einer Menge Potenzial …

Trudy Canavan stammt aus Australien, wo sie nach einem Studium am Melbourne College of Decoration als Designerin, Illustratorin und Kartenzeichnerin für verschiedene Verlage tätig war, ehe sie zu schreiben begann. 1999 gewann sie mit ihrer Kurzgeschichte „Whispers of the Mist Children“ den |Aurealis Award for Best Fantasy Short Story|. 2001 erschien dann ihr erster Roman, der erste Band der Trilogie |Die Gilde der schwarzen Magier|. Inzwischen hat sie mit |Age of Five| eine weitere Trilogie geschrieben, die aber bisher nur im englischsprachigen Raum erschienen ist. Derzeit arbeitet sie an „The Magician’s Apprentice“, einem Prequel zur Magiertrilogie. Auch ein Sequel soll folgen.

Taschenbuch 700 Seiten
Originaltitel: The High Lord
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-570-30330-6

http://www.trudicanavan.com/
http://www.randomhouse.de/cbj/

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Douglas Adams – Der elektrische Mönch (Dirk Gently’s Holistische Detektei 1)

Das alltägliche Leben einiger Einwohner von Cambridge gerät durch seltsame Ereignisse aus den Fugen: Geschäftsmann Gordon Way wird von einem Unbekannten, der sich im Kofferraum seines Wagens versteckt hat, mit seiner eigenen Flinte erschossen. In Verdacht gerät sein Mitarbeiter Richard MacDuff, der als Programmierer mit seiner Arbeit stets in Verzug ist. Richard wendet sich an einen Bekannten aus der Collegezeit, Privatdetektiv Dirk Gently, um von ihm Hilfe bei der Aufklärung des Falles zu erhalten. Gently arbeitet holistisch, d. h. er glaubt bei allem an die grundsätzliche Verknüpfung der Dinge untereinander. Ihm wird schnell klar, dass ein Geist hinter diesem Mord und anderen seltsamen Vorkommnissen in Richards Leben steckt. So schleppt er den perplexen Richard mithilfe einer Zeitmaschine mit bei seinen unkonventionellen Ermittlungen, die durch die Zeit und zu diversen Orten rund um den Globus führen. Durch alle möglichen Szenarien irrt dabei ein elektrischer Mönch, der andauernd etwas anderes glaubt, mit seinem Pferd …

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