Archiv der Kategorie: Rezensionen

Missfeldt, Jochen – Steilküste

Mit seinem Buch „Steilküste“ wagt sich der deutsche Schriftsteller Jochen Missfeldt an ein sehr brisantes Thema der einheimischen Geschichte, nämlich die Kapitulation des deutsche Militärs, die unweigerlich auch zum Ende des Zweiten Weltkriegs führte. Missfeldt, Jahrgang 1941, berichtet in diesem Werk von einem Ereignis, welches den Zwiespalt, in dem sich die diensthöchsten Militärabgeordneten zu jener Zeit befanden, ziemlich krass verdeutlicht. Er erzählt nämlich von der Desertion zweier deutscher Marinesoldaten, die sich am 3. Mai 1945, exakt fünf Tage vor Kriegsende, dazu entschließen, von ihrem momentanen Aufenthaltsort Dänemark zu fliehen und nach jahrelangem verzweifelten Kampf wieder in die Heimat zurückzukehren.

Wohlwissend, dass die Tage der Schlacht gezählt sind, begehen sie Fahnenflucht, und dies in der wohligen Hoffnung, nach dem bevorstehenden Ende des Krieges nicht mehr politisch verfolgt zu werden. Doch dies ist ein Irrtum; Fredy und Ehrmann werden unmittelbar nach ihrer verhängnisvollen Entscheidung aufgespürt und des Verrats angeklagt – und dies, obwohl es mit der Vaterlandstreue im Anschluss an die Kapitulation nicht mehr weit her ist. Doch es geht hier vorrangig darum, die Moral der gesamten Truppe aufrecht zu erhalten, indem die alten Werte auch nach der Niederlage bestehen bleiben. Es geht um Disziplin und die uneingeschränkte Verbundenheit zur deutschen Kriegsmarine, die die beiden Fahnenflüchtigen mit ihrem Austritt freiwillig abgelegt haben.

Dem Gerichtsherren, der sich bereits wenige Tage später des Falles annimmt, reicht dies schon als Anlass, um die beiden Desertierten zum Tode zu verurteilen, und weil es noch keine offizielle Rechtsprechung gibt, wird diesem Urteil auch stattgegeben. Verheerend, wenn man bedenkt, dass Fredy und Ehrmann auch ohne diesen kurzfristigen Entschluss von der endlos scheinenden Fessel des Krieges befreit worden wären – nicht mal eine Woche später.

Warum also das Risiko, wo man doch schon hoffnungsvoll dem Ende entgegenblicken konnte? Was hat die beiden dazu bewogen, diesen Schritt zu wagen? Nun, es ist im Grunde genommen kein komplexes Gedankenkonstrukt, welches dem vorauseilt, sondern schlicht und einfach der Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit, heraus aus der ermüdenden Verzweiflung der drohenden Niederlage und all den grausamen Eindrücken, die der Völkermord hinterlassen hat. Einfach nur frei zu sein, das wohl ursprünglichste Bedürfnis eines jeden Menschen, hat die beiden Marineoffiziere dazu bewogen, und einzig und allein, weil sie sich diesen Wunsch jetzt und sofort erfüllen wollten, wurden sie an den Pranger gestellt.

Jochen Missfeldt erzählt die Geschichte aus der Sicht eines seinerzeit vierjährigen Ohrenzeugen, hinter dem er natürlich – man bedenke sein Geburtsjahr – genauso selbst stecken könnte. Doch seine imaginäre Person heißt Gustav, lebt in der heutigen Nachkriegszeit und empfindet die menschenverachtende Ungerechtigkeit dieses Urteils mit all ihren Ursachen rückblickend nach. Gustav erzählt von der Landschaft, Menschen und echten Typen, die ihn damals geprägt haben, sowie natürlich von der politischen Lage im Mai des Jahres 1945. Hierzu beschreibt er die konträren Stimmungen, beginnend mit der Depression des erschütterten und zu Tode geplagten Volks bis hin zur stillen Euphorie, die aus der Hoffnung des endgültigen Endes dieser jahrelangen Schlacht resultiert.

Doch Gustav erinnert sich nicht sonderlich genau an all jene Ereignisse zurück. Stattdessen macht er recht seltsame Gedankensprünge, berichtet mal hier und mal dort ein bisschen und gelangt irgendwann zur Geschichte der beiden Protagonisten. Und dies ist auch der wesentliche Schwachpunkt dieses Buches. Natürlich erwartet niemand von Jochen Missfeldt, eine exakt dokumentierte Berichterstattung der von ihm beobachteten Vorgänge, aber es wäre schon empfehlenswert gewesen, sich manchen Dingen etwas fokussierter zu widmen, schließlich ist die vordergründige Story um die beiden zu Tode verurteilten Männer schon bedrückend genug. Aber der Autor lässt sich hierauf nicht wirklich ein und schweift ziemlich häufig ab, schildert die Schönheit der Landschaft, kommt immer wieder auf Menschen zu sprechen, die mit der eigentlichen Handlung nur minimal etwas zu tun haben und verliert sich somit manchmal – und ich denke bewusst – in seinen oftmals verzwickten Ideen. Und dabei ist die Geschichte ja inhaltlich alles andere als komplex und aufgrund der deutlichen Kritik sogar ziemlich direkt.

Apropos Kritik: Zur damaligen Zeit wären wahrscheinlich heftige Diskussionen entbrannt, welche Strafe bzw. ob eine Strafe für die beiden Ex-Marinesoldaten überhaupt angebracht gewesen wäre. Während der pazifistische Teil der deutschen Bürger sicherlich als Fürsprecher hätte gewonnen werden können, kann man die Vorwürfe der politisch rechten Flanke gewissermaßen auch nachvollziehen, schließlich haben die Mitsoldaten sich abseits jeglicher diskussionswürdigen Gesinnung bis zum letzten Tag gekämpft, wenngleich man dies natürlich immer in Relation zu den tatsächlichen, heftigen Kriegshandlungen, die dem Ganzen vorausgegangen sind, betrachten muss.

Darüber aus heutiger Sicht zu diskutieren, ist aber natürlich völlig unangebracht. Diese beiden Menschen zu verurteilen, war ein unmenschliches Verbrechen, so gemein und ungerecht, dass man sich regelrecht davor ekeln könnte – hätte Missfeldt dies in seinem Buch besser auf den Punkt gebracht. Es mangelt sicher nicht an Authentizität – schließlich bezieht sich der Vorfall auf eine tatsächliche Begebenheit – aber im Großen und Ganzen hätte der Autor dies dann auch ein wenig ernster und zielgerichteter beschreiben sollen.
In dieser Form ist „Steilküste“ nämlich nur eine recht blasse zeitgeschichtliche Dokumentation, in der man viele Gedankenanstöße aufschnappen kann, die aber irgendwie die Brisanz ihres erniedrigenden Inhalts nicht adäquat transferieren kann. Es ist sicher kein schlechtes Buch, aber eben auch keines, über das man noch lange sprechen wird.

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Dunant, Sarah – Zeichen der Venus, Das

Florenz zum Ende des 15. Jahrhunderts, zur Zeit der Herrschaft der Medici: Die fünfzehnjährige Alessandra ist die Tochter eines reichen Tuchhändlers. Obwohl sie langsam zu einer jungen Frau heranwächst, benimmt sich Alessandra eher wie ein Junge. Das schlacksige Mädchen interessiert sich nicht für Männer, Bälle oder Kleider. Ihre große Leidenschaft gilt der Malerei. Zu gerne würde sie ihr Können verbessern, doch für eine Frau in dieser Zeit gibt es keine Chancen dafür. Während ihre ältere Schwester heiratet und bald ein Kind erwartet, sucht Alessandra nach jeder Gelegenheit, um sich heimlich neue Farben zum Üben zu besorgen.

Umso aufregender ist für das Mädchen, dass ihr Vater einen jungen Maler mit nach Hause bringt. Seine Aufgabe ist es, die Hauskapelle ihres Palazzos auszumalen. Alessandra erhofft sich, in dem hochbegabten Künstlern einen Lehrmeister zu finden und schleicht sich immer wieder zu seiner Behausung. Doch zu ihrer Enttäuschung verhält sich der junge Mann abweisend und reserviert. Zur gleichen Zeit gerät Florenz durch den Tod von Lorenzo de Medici in Aufruhr. Der erzkonservative Prediger Girolamo Savonarola prangert öffentlich den Verfall der Gesellschaft an. Die Medici werden aus der Stadt vertrieben und der französische König Karl VIII. hält Einzug.

Die florentinischen Bürger fürchten die strengen Gesetze, junge Frauen werden in aller Eile verheiratet oder ins KLoster gebracht. Auch Alessandra wird zu einer Hochzeit gedrängt. Ihr Gemahl ist der deutlich ältere Christoforos, ein undurchsichtiger, aber gelehrter Mann, der ihren Sinn für Kunst und Philosophie teilt. Noch ahnt Alessandra nicht, dass ihr Mann ein dunkles Geheimnis birgt, das sie beide bald in große Gefahr bringen wird. In all diesen Wirrungen kreuzt der geheimnisvolle Maler immer wieder ihren Weg. Wohin verschwindet er jede Nacht, warum benimmt er sich so abweisend? Was verbindet ihn mit den grausam ausgeweideten Leichen, die man in regelmäßigen Abständen in den Straßen findet? Alessandra sieht einem ungewissen Schicksal in einer unruhigen Zeit entgegen …

Das Florenz der Medici ist ein Paradeschauplatz für spannende Historienromane. Prunk und Grausamkeit, vollendete Kunstwerke und unmenschlicher Terror fließen zusammen an einem Ort. Vor diesem Hintergrund kreiert die Autorin ihren ersten historischen Roman, der trotz mancher Schwäche gut unterhält.

|Bunte Mischung an Charakteren|

Im Zentrum steht eindeutig die Ich-Erzählerin Alessandra. Zu Beginn ihres Berichtes ist sie knapp fünfzehn Jahre alt, die unbedarfte Tochter eines Tuchhändlers, die entweder im falschen Körper oder zur falschen Zeit geboren wurde, da ihre Interessen deutlich mehr in die männliche Richtung weisen. Malerei ist ihre Leidenschaft; für Kosmetik oder andere weibliche Gebiete fehlt ihr der Sinn. Als Kind wie als heranwachsende Frau kennzeichnen sie Ehrlichkeit und Offenheit sowie eine scharfe Intelligenz, die man von ihren Geschlechtsgenossinnen nicht gewohnt ist. Es ist nicht schwer, in Alessandra eine Sympathiefigur zu sehen, der man gerne Erfolg auf ihrem Lebensweg wünscht und deren Schicksal uns im weiteren Verlauf immer stärker berührt.

Auch andere Charaktere sind anschaulich und gelungen dargestellt; angefangen bei ihrer schwarzen Sklavin Erila, die für Alessandra eine enge Freundin und mütterliche Beschützerin bedeutet und die mit ihrer lockeren Zunge gerne für humorvolle Szenen sorgt; ihre älteren Brüder Luca und Tomaso, die ihr beide übel mitspielen, jeder auf seine Art – Luca als religiöser Eiferer und Tomaso als leichtlebiger Opportunist, der Alessandra später noch viel größeren Kummer bereiten wird, als sie je geahnt hätte; ihre ältere Schwester Plautilla, eine mollige, frauliche und familienorientierte junge Dame, die sich trotz gegenteiliger Einstellungen gut mit Alessandra versteht; der geheimnisvolle Maler, bei man lange Zeit nicht weiß, wie man ihn einzuordnen hat, und nicht zuletzt Alessandras Ehemann Christoforo, der mal ein sympathisches Wesen und mal Zwielichtigkeit ausstrahlt.

|Spannung auf mehreren Ebenen|

Dass die Autorin urspünglich als Kriminalschriftstellerin aktiv war, merkt man daran, dass eine durchgehende Spannung den Roman durchzieht. Gleich in mehrfacher Hinsicht wird der Leser gefesselt und verfolgt gebannt die Entwicklungen, die zudem nicht vorhersehbar sind:

Da ist zunächst natürlich Alessandras Zukunft als Ehefrau. Ihre Heirat geschieht aus purer Not und nicht aus Liebe, ihr Gemahl ist ein Fremder von fast fünfzig Jahren, über den selbst die Familie nur wenig zu berichten weiß, und bis auf die gemeinsame Liebe zur Kunst erkennt Alessandra keine Gemeinsamkeiten. Zwar ist die junge Frau einerseits erleichtert, dass ihr kein Leben im Kloster blüht, da sie um keinen Preis auf ihre Freiheit verzichten will. Doch vor allem ist sie unsicher und verängstigt, was sie in ihrer Ehe erwarten wird.

Alessandra ist komplett unwissend über Männer und die Aufgaben einer Ehefrau; eben noch ein burschikoses Kind, das die Eltern oft zur Verzweiflung brachte, muss sie nun einen Haushalt führen und einem älteren Mann eine treusorgende Ehefrau sein. Doch schon kurz nach der Hochzeit stellt sich heraus, welches dunkle Geheimnis ihr Mann gehütet hat. Für Alessandra ist es nicht nur in persönlicher Hinsicht schwer, mit dieser neuen Erfahrung umzugehen, sondern sie hat auch berechtigte Angst, dass dieses Geheimnis ihre Zukunft gefährdet in jener Zeit, in der die Gesetzeslage hart und unerbittlich ist.

Lange Zeit im Unklaren wird man auch über ihr Verhältnis zum schweigsamen Maler gelassen. Mal schwebt Sympathie zwischen ihnen, mal ist Alessandra voller Bewunderung für sein Können, doch die meiste Zeit über zieht er sich zurück, und ebensowenig wie Alessandra vermag der Leser seinen Charakter einzuschätzen. Im späteren Verlauf verfällt er in eine Krankheit, er verweigert die Nahrung und verletzt seine kostbaren Hände, und erst zu diesem Zeitpunkt gelingt es Alessandra, sein Schutzschild zu durchbrechen und zu seinem wahren Wesen durchzudringen. Obwohl sie ihn oft für Monate nicht zu Gesicht bekommt, streift er als verwandte Künstlerseele in ihren Gedanken umher.

Zur gleichen Zeit sorgen die unheimlichen Morde in der Stadt für Unruhe, und Alessandra hat zu ihrem Entsetzen Grund zur Annahme, dass ihr verehrter Künstler in diese Ereignisse verwickelt ist. Auch hier darf man gespannt sein, welche Rolle er in diesen grausamen Entwicklungen spielt. Eine durchgängige Spannung besteht außerdem durch die äußeren Einflüsse. Alessandra lebt in einer Zeit des Umbruchs, in der niemand weiß, wer ihre Stadt am nächsten Tag regiert und welche neuen Gesetze erlassen werden. Sowohl in privater als auch in politischer Hinsicht lastet schwerer Druck auf der jungen Frau, die sich ein ums andere Mal gegen widrigste Umstände bewähren muss.

|Kleine Mankos|

Zu den Schwächen des Buches gehört die mangelnde Erfahrung der Autorin mit historischen Romanen. Obwohl die schillernde Gegensätzlichkeit des damaligen Florenz gut eingefangen wird, fehlt es an tiefer gehenden Informationen zur Geschichte. Gegen Ende werden die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ausführlicher geschildert, doch zu Beginn des Romans herrscht in dieser Hinsicht Mangelware vor. Wer nie zuvor ein Werk aus dieser Zeit gelesen oder sich mit den Hintergründen befasst hat, dürfte leicht überfordert werden von den Namen, die beim Leser vorausgesetzt werden. Verschiedene Vertreter der Medici-Familie, die Enstehung und Entwicklung der italienischen Kriege, die Hetzpredigten des Dominikanermönches Savonarola und seine Auseindersetzungen mit Papst Alexander VI. werden zu Beginn kaum erläutert, was es unter Umständen ein wenig schwer macht, sich ganz auf diese Epoche einzulassen.

Ein kleines Manko liegt auch in Alessandras Persönlichkeit. Zwar ist sie eindeutig eine sympathische Protagonistin, doch dafür wenig originell gezeichnet. Nur zu gerne verwenden Autoren in Historienromanen kluge und eher unweibliche Frauen als Hauptfiguren, die durch ihre männlichen Interessen in einer frauenfeindlichen Zeit diskriminiert werden und sich mühsam durchsetzen müssen. Glücklicherweise verfällt Sarah Dunant nicht in das Klischee, ihre Protagonistin als Mann zu verkleiden, aber auch die Figur der intellektuellen und jungenhaften Frau, die sich mehr auf ihre Griechischkenntnisse als auf Schönheitspflege konzentriert, kennt man aus zahlreichen anderen Romanen dieser Art. Ein wenig schade ist zudem, dass die eingeflochteten Serienmorde nicht so wichtig für die Handlung sind, wie es zeitweise suggeriert wird – auf keinen Fall darf der Leser nach der Erwähnung der ersten Morde auf eine kriminalistische Nebenhandlung warten, sonst wird er höchstwahrscheinlich enttäuscht.

_Insgesamt_ bietet sich hier vor allem weiblichen Lesern ein interessantes Porträt einer mutigen jungen Frau, die sich in einer gefährlichen Zeit bewähren muss, vor dem schillernden Hintergrund des Florenz der Renaissance. Trotz kleiner Schwächen, vor allem in Bezug auf die zu spärlichen Informationen zur Historie, eignet sich der Roman für unterhaltsamen und spannenden Lesegenuss.

_Die Autorin_ Sarah Dunant wurde 1950 in London geboren. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit war sie auch als Journalistin aktiv. Bisher verfasste sie Kriminalromane, seit kurzem auch Historienromane. Werke von ihr sind u. a.: „Der Baby-Pakt“, „Mit Haut und Haaren“, „Nachts sind alle Katzen grau“ und „Als Anna verschwand“.

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Way, Daniel (Autor); Dillon, Steve (Zeichner) – Supreme Power: Nighthawk

_Story_

Kyle Richmond setzt sich enorm für die Rechte der schwarzen Bevölkerung und ihre Gleichberechtigung ein. Deshalb reagiert er hinter der Maske seines Alter Egos Nighthawk auch allergisch auf jedwede Äußerung gegen dunkelhäutige Menschen und straft sie mit äußerster Brutalität und deutlichen Maßnahmen.

Einer, der ihm dabei besonders ins Auge gefallen ist, hört auf den Namen Steven Binst, ist vor etlichen Jahren wegen des Massenmords an einer schwarzen Familie und Plänen zur kompletten Ausrottung des Volks von Chicago angeklagt worden und durch eine geschickte Intrige nach jahrelanger Haft wieder aus dem Gefängnis ausgebrochen. Nun macht er sich daran, seinen Plan zu vollenden, indem er in seinem Geheimlabor neue giftige Mischungen braut und damit die gesamte Drogenszene aufmischt. Über Nacht sterben tausende Menschen an einem tödlichen Crack-Cocktail, und dies soll erst der Anfang sein.

Doch Nighthawk hat den als Clown getarnten Psychopathen bereits ins Visier genommen und mischt ihn inmitten des blutigen Schauplatzes auf, den er in nur wenigen Stunden hinterlassen hat. Allerdings endet das erste Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten nicht besonders glücklich für den kompromisslosen maskierten Rächer. Schwer verletzt kann er sich ins Hospital retten, wo er die Leiche seiner neuen Geliebten, Doktor Arredondo, auffindet. Erfüllt von tiefstem Hass, stürzt sich Nighthawk erneut auf die Straße, um den blutrünstigen Massenmörder endlich zu vernichten.

_Meine Meinung_

Daniel Way wird derzeit schon als neuer Stern am |Marvel|-Comic-Himmel gefeiert und hat hierzu auch einige viel versprechende Projekte wie beispielsweise „Wolverine: Origins“ zugesprochen bekommen. Außerdem hat der Mann schon Erfahrungen in Serien wie „Bullseye“ und „Punisher“ gesammelt, die ihm diesen aktuellen Status auch erst ermöglicht haben. Nun präsentiert uns Way auch den neuen „Supreme Power: Nighthawk“-Comic, kann aber, zumindest was die Storyline anbelangt, nicht die hohen Ansprüche an seinen Namen erfüllen. Der Inhalt ist einfach zu schlicht, zwar schon actionreich und lebendig, bisweilen sogar echt brutal, aber hinsichtlich der Spannung nicht wirklich ganzheitlich überzeugend.

Zu Beginn ist hiervon noch nichts zu spüren; der Autor erzählt in kurzen Abrissen die Geschichte des Massenmörders Steven Binst und berichtet von seiner spektakulären, doch anscheinend unbemerkten Flucht (zumindest kommt darauf im weiteren Verlauf nicht einmal die Rede). Gleichzeitig wird die korrupte Innenpolitik Chicagos durch einzelne Darstellungen der Gedankengänge des Bürgermeisters und eines schwarzen Richters dargestellt und in Wechselwirkung mit einigen diesbezüglichen Eingriffen Nighthawks analysiert. Und schon hier gibt es einiges zu bemängeln, denn obwohl man dem Autor ja gestatten kann, dass er die einzelnen losen Zusammenhänge zum Schluss zusammenführt, wirken manche Geschehnisse derart unabhängig voneinander, dass die Vorstellung, dass der Inhalt irgendwann einmal zu einem homogenen Konstrukt zusammenwachsen soll, schon völlig unrealistisch erscheint.

Auch durch die Schritt für Schritt gesteigerte Action kann man dieses Problem nicht beheben, auch wenn hier endlich mal die Spannungskurve nach oben zeigt. Die rasante Verfolgungsjagd kurz vor Schluss ist sogar echt stark und offenbart wenigstens in kurzen Etappen die Qualitäten des Autors, aber eben nicht in vollen Zügen. Das Ganze wirkt zu abgeklärt und irgendwie auch kalkuliert. Natürlich, dass es zum Showdown zwischen den Protagonisten der guten und bösen Seite kommen wird, liegt in der Natur eines solchen Comics und ist auch legitim, doch dass Daniel Way nur mittels überladener Action, ziemlich brutaler Inhalte und einer schwerpunktmäßigen Betonung solcher Effekte auf dieses ‚Ziel‘ hinarbeitet, spricht nicht gerade für die Souveränität dieses Mannes. Zumindest nicht in diesem Fall.

Andererseits: Action-Fans werden im vierten Band der „Supreme Power“-Reihe definitiv auf ihre Kosten kommen. Der Comic ist gezeichnet von ständigen (nicht selten heftigen) Auseinandersetzungen, straighten Fortschritten und kompromisslosen Handlungsabschnitten, und das wird demjenigen Leser, der nicht dringend nach Anspruch und komplexeren Inhalten sucht, ganz bestimmt auf Anhieb gefallen. Ich für meinen Teil hätte mir aber von einem renommierten Jungstar wie Daniel Way ein kleines bisschen mehr erwartet. Der Comic ist rasant, das sagte ich bereits, aber es fehlt eine gewisse Spritzigkeit und auch etwas mehr Einfallsreichtum. Meiner Meinung nach ist es nämlich nicht bloß damit getan, eine simple Actiongeschichte abzureißen, die zudem noch ziemlich vorhersehbar ausgefallen ist. Selbst die krassen Gewaltdarstellungen können einen nicht so recht aus der Reserve locken, denn genau dort stecken die konstruierten Effekte, die der Autor hier manchmal sehr bewusst einfügt.

Vom zeichnerischen Aspekt betrachtet ist „Supreme Power: Nighhawk“ ebenfalls nicht restlos überzeugend. Lediglich wenn das Szenario etwas blutiger wird, spielt Steve Dillon seine durchaus präsenten Fähigkeiten vollends aus, wohingegen die ’normalen‘ Charakterzeichnungen nicht mehr als guter Durchschnitt sind, bei dem man manchmal den Eindruck bekommt, als hätte der Zeichner nicht all sein Herzblut in diese Arbeit gesteckt.

Insgesamt komme ich so zu einem Resümee, bei dem sich positive und negative Eindrücke die Waage halten. „Supreme Power: Nighthawk“ ist ein arg zwiespältiges Unterfangen, ein Comic, den man sich zwischendurch mal gut und gerne einfahren kann. Aber da derartige Sammelbände ja auch ihren Preis haben, halte ich es für sinnvoller, den stolzen Betrag von immerhin 16,95 € besser für ein qualitativ hochwertigeres Produkt aus dem Hause |Marvel| zu investieren.

Softcover: 148 Seiten
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Shelley, Mary / Gruppe, Marc – Frankenstein. Teil 1 von 2 (Gruselkabinett 12)

_Story_

Ingolstadt 1811: Der junge Victor Frankenstein, aufgewachsen in der Schweiz mit seiner geliebten Stiefschwester Elizabeth und dem kleinen Bruder William, begibt sich als Student an die Geheimnisse der menschlichen Existenz. In der Energie sieht er den Ursprung der menschlichen Schöpfung, allerdings sind seine Möglichkeiten in der Heimat begrenzt, um sich diesem Thema umfassender zu widmen. Deshalb reist er für unbestimmte Zeit in die Universitätsstadt und forscht abseits der Aufsicht der Professoren weiter in seinem Fachgebiet.

Schließlich gelingt es ihm tatsächlich, Fortschritte zu erzielen, und er scheint dem Geheimnis der Schöpfung dicht auf der Spur. Als er seinem Mentor diese Resultate präsentiert und mitten in einer düsteren Novembernacht tatsächlich ein grässliches Geschöpf von den Toten zum Leben erweckt, stößt er auf Bewunderung und Verachtung zugleich. Zu diesem Zeitpunkt ahnt Frankenstein allerdings noch nicht, welche verheerenden Folgen die Wiederbelebung dieser Kreatur für sein weiteres Leben haben wird.

_Meine Meinung_

Mit Mary W. Shelleys „Frankenstein“ wagen sich |Titania Medien| in ihrer „Gruselkabinett“-Reihe erneut an einen Zweiteiler heran und gleichzeitig an eine der wohl berühmtesten Geschichten der Grusel- und Horror-Historie. Das Leben des vom Forscherdrang getriebenen, gutherzigen Frankenstein ist zwar schon dutzende Male (vermehrt auch als Hörspiel) publiziert worden, eröffnet einem aber immer wieder neue Facetten, so auch in Kapitel 12 dieser Klassikerreihe.

Die Erzählung wird dabei aus der Sicht von Autorin Mary Shelley höchstpersönlich dargeboten, der zu Beginn auch eine kurze Sprecherrolle zukommt, in der ihre zweite Stimme Monica Bielenstein erörtert, unter welchen Umständen die Legende seinerzeit entstanden ist. Und zu erfahren, dass Miss Shelley das Drama damals eher zufällig geschrieben hat, versetzt einen dann auch in reges Staunen, gerade wenn man bedenkt, wie tief die Autorin bereits damals in die (un)menschliche Psyche eingedrungen ist.

Andererseits ist das Thema, welches der Geschichte zugrunde liegt, derzeit aktueller denn je. Manipulation von Erbmaterial, moralische Verstöße gegen die Unantastbarkeit der menschlichen Existenz und weitestgehend schwer vertretbare Experimente an den Genen Verstorbener – was Victor Frankenstein in der fiktiven Erzählung damals versuchte, war nicht nur arg fortschrittlich, sondern bezogen auf den Inhalt von Shelleys Werkauch von zeitlosem Ausmaß. Oder will etwa jemand bezweifeln, dass Frankensteins Ideen in der heutigen Wissenschaft relevant sind?

Aber ich möchte in diesem Fall nicht mehr auf den Inhalt als solchen eingehen, sondern ausschließlich die Umsetzung erörtern, denn bei der großen Auswahl an „Frankenstein“-Literatur gilt es auf jeden Fall zwischen ‚hochwertig‘ und ’nicht empfehlenswert‘ zu selektieren, wobei – das konnte man fast schon erwarten – die |Titania|-Version ganz klar zur ersten Kategorie gehört. Mal ganz abgesehen davon, dass die Sprecherrollen mal wieder top besetzt sind (Peter Flechner als emotional agierender Frankenstein ist eine Wucht), ist auch der Aufbau des Hörspiels interessant.

Zunächst einmal wird die Entstehungsgeschichte analysiert und dezent humorvoll wiedergegegeben, anschließend trifft man dann den zerrütteten Frankenstein, wie er irgendwo auf einem See von einer Schiffsmannschaft von einer Eisscholle gerettet wird und dem Kapitän anschließend von den Gräueln seiner jüngsten Vergangenheit erzählt. Victor, zu diesem Zeitpunkt schon beinahe 30 Jahre alt, hat bereits mit seinem Leben abgeschlossen, fühlt sich ausgelaugt und mental angeschlagen und macht dabei einen äußerst depressiven Eindruck. Doch die Reflektion seiner persönlichen Lebensgeschichte heilt einige Wunden und hat zumindest für kurze Zeit den Effekt einer Therapie, bis sich der Mann dann wieder der schrecklichen Realität besinnt, die zu diesem Zeitpunkt für den Hörer noch verschollen ist – sofern er die Story nicht schon kennt.

Das Regieteam Stephan Bosenius und Marc Gruppe hat das Ganze wirklich sehr geschickt eingefädelt, indem es von Anfang an wegen der ernüchternden Grundstimmung für Spannung sorgt, den Zuhörer auch mit einzelnen Hinweisen in die richtige Richtung lenkt, ihm aber bei weitem noch nicht das gesamte Ausmaß von Frankensteins Handlungen nahe bringt. Dieses gilt es sich Stück für Stück zu erarbeiten, doch es wird einem nicht einfach gemacht, weil die Geschichte wirklich sehr detailliert geschildert wird und es immer noch mehr bei den persönlichen ‚Ermittlungen‘ zu berücksichtigen gilt.

Davon mal ganz abgesehen, darf man natürlich auch mit sich selbst hadern, inwiefern man nun mit dem Schicksal des jungen Frankenstein leiden muss oder ob seine unmoralischen Ansätze zu verurteilen sind. Die erzählte Handlung liefert Argumente für beide Seiten, lässt aber diesbezüglich genügend Freiräume für eine eigene Interpretation dieser Dinge.

Allerdings kommt es auf derartige Aspekte im Endeffekt eher weniger an. Wichtig ist, dass die Spannung schnell am Siedepunkt ist und sich dort auch überraschend lange halten kann, sei es nun mittels der Beschreibung der zerrissenen Seele der Hauptfigur oder hinsichtlich der Erwartungshaltung an die Versuche, die Frankenstein im Laufe der Handlung startet. Dies alles wird mal wieder von wunderbaren Klangeffekten unterlegt und auch gewohnt harmonisch miteinander verflochten, so dass bereits die erste Episode zu den weiteren Highlights aus dem preisgekrönten „Gruselkabinett“ zu zählen ist. Die Fortsetzung ist übrigens löblicherweise zeitgleich erschienen, weshalb sich eigentlich eine Veröffentlichung als Doppel-CD gelohnt hätte. Aber wer Interesse an diesem Zweiteiler hat, wird auch gerne den zweifachen Preis zahlen, schließlich stellt sich hier einmal mehr der gute Ruf des Qualitätslabels |Titania| heraus.

Home – Atmosphärische Hörspiele


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_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Manly Wade Wellman – Der Schattensee

wellman-schattensee-cover-kleinAußerirdische Invasoren wählen ein nordamerikanisches Bergdorf als Basis für einen Invasionszug gegen die Menschheit. Beherzte Bürger werden aufmerksam und rüsten trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit zum Widerstand … – Das Hohelied vom stolzen, moralisch integeren Landei geht über in ein lovecraftsches Science-Fiction-Spektakel, wie man es hölzerner und hirnrissiger selten hat lesen müssen. Die sorgfältige, sogar liebevolle Zeichnung der provinziellen Idylle kann den Absturz in die Niederungen der Trash-Fiction nicht ausgleichen.
Manly Wade Wellman – Der Schattensee weiterlesen

Koinegg, Karlheinz – König Artus und die Ritter der Tafelrunde

_Story_

Uther Pendragon, der britische König, ist besessen von dem Gedanken, eine Liebschaft mit Ygerne, der Gattin des Herzogs von Gorlois, einzugehen. Sein Berater, der Zauberer Merlin, ist bereit, ihm hierbei zu helfen, stellt jedoch auch einige Bedingungen an den Herrscher. Doch Pendragon, ganz wild auf die Möglichkeiten, die ihm der mächtige Magier verschaffen kann, lässt sich zu diesem Zweck auf jedes Bündnis ein und gelangt, von Merlin in die Gestalt des Herzogs verzaubert, in die Gemächer der nichts ahnenden Herzogin.

Einige Monate später gebiert die Herrin von Gorlois ihren gemeinsamen Sohn und tauft ihn auf den Namen Artus. Er ist das Produkt einer verbotenen Liebschaft, geboren als Resultat einer fiesen, lustgesteuerten Intrige, aber dennoch ein Sohn des Königs. Doch genau dieser Status wird ihm als Jüngling nicht gewährt. Stattdessen wird er von seinem Stiefbruder Kay getrieben und angeleitet, bis zu dem Tag, als Artus völlig überraschend und ohne zu wissen, was er da gerade tut, ein geheimnisvolle Schwert aus einem Stein zieht und somit genau das schafft, was unzähligen Vorgängern nie gelungen ist.

Von diesem Moment an ändert sich das Leben von Artus schlagartig. Er wird als König vereidigt und soll trotz seiner Jugend das Land in den Frieden führen, bekommt aber bei seiner Ernennung zum neuen König nicht den Respekt, der ihm als führender Monarch zusteht. Doch Artus geht seinen Weg, beruft die legendäre Tafelrunde von Camelot ein und erweist sich als vorbildlicher König. Allerdings ist sein Leben nicht ausschließlich von positiven Entwicklungen gezeichnet. Seine Halbschwester Morgan LeFay hat ihn in einer leidenschaftlichen Nacht hinters Licht geführt und ihm einige Zeit später einen Sohn geboren, von dem Artus lange Zeit gar nichts wusste. Und hiermit ist laut Aussage des Hofzauberers Merlin auch ein sehr pessimistisches Omen verbunden, denn es heißt, dass Artus’ Nachwuchs, Mordred genannt, eines Tages den Tod des Königs inszenieren wird.

_Meine Meinung_

Es ist immer wieder unglaublich festzustellen, wie viel Potenzial sich nach all den Jahren und unzähligen Abhandlungen noch immer hinter der Artus-Sage verbirgt. So viele Autoren haben sich bereits an der Geschichte versucht, und wie ich unlängst schon bei der Jugendbuch-Fassung von Kevin Crossley-Holland vom |dtv|-Verlag andeutete, ist es deswegen auch schwer vorstellbar, dass es einem Schreiber tatsächlich noch gelingen kann, der Handlung aus dem Reiche Camelot etwas Neues abzugewinnen.

Nun, dass dies dennoch möglich ist, hat Karlheinz Koinegg mit seiner Fassung bewiesen. Unter dem Titel „König Artus und die Tafelrunde“ hat er eine recht moderne Version der Geschichte entwickelt, die sich nicht ganz so steif an den groben Umrissen der bekannten Überlieferung orientiert. Er hat stattdessen Charaktere entwickelt, die in ihrem Auftreten lebendiger wirken, und diese in eine Geschichte integriert, in der geschickt alle sich bietenden Freiräume mit neuen Ideen und etwas lockeren Dialogen gefüllt werden. |Der Hörverlag| hat ebendiese Variante der legendären Sage als Hörspiel veröffentlicht und mit dem gut 3,5 Stunden andauernden Werk wohl eines seiner besten Produkte dazu auf den Markt gebracht.

Dass dies der Fall ist, hat man in erster Linie den hervorragenden Sprechern und der sprachlich verjüngten Umsetzung der Geschichte zu verdanken. Koinegg und Hörspielregisseurin Angeli Backhausen haben nichts dem Zufall überlassen und sich in den Hauptrollen mit einiger Prominenz verstärkt, die sich wiederum kaum bitten lässt und eine sprachlich sowie dramaturgisch absolut astreine Performance abliefert. Neben Konstantin Graudus in der Hauptrolle des Thronfolgers liefert diesbezüglich ganz besonders Peter Nottmeier in der Rolle des stets zerstreuten Sir Kay einen spitzenmäßigen Job ab. Nottmeier zeigt gerade für die lustigeren Stellen ein besonderes Feingespür bei der Umsetzung des umfassend eingefügten Humors und schafft es in diesem Sinne zum Beispiel, trotz sehr lockerer Zunge die Nerven des Hörers angenehm zu schonen. Kay mag vielleicht in der Erzählung ein unverschämtes Plappermaul sein, doch seine Reden werden nicht penetrant und kommen zudem auch noch sehr ehrlich herüber.

Der Einsatz solcher Leute macht sich allerdings auch an vielen anderen Punkten der Handlung bemerkbar, weil sie in ihrer individuellen Vielfalt für angenehme Kontraste sorgen, sowohl auf die jeweilige Person selber bezogen als auch auf den zwischenmenschlichen Bereich, in dem es unter den miteinander agierenden Charakteren einige deutliche Gegensätze gibt. Prädestiniert für ein hiermit verbundenes Beispiel sind ganz besonders Artus und Kay. Während der König eher als ruhiger, gutmütiger und besonnener Herrscher auftritt, ist Kay ein stets aufbrausender Zappelphilipp, auffällig durch kesse Bemerkungen und seine seltsamen Vorlieben. Sie sind in diesem Sinne auch ein Brüderpaar, wie es im Buche steht, nämlich grundlegend verschieden und sich andererseits doch wieder so ähnlich, und alleine die Darstellung dieses Umstands ist in „König Artus und die Ritter der Tafelrunde“ schon ein echter Höhepunkt.

Bezogen auf die Story zeigt sich Koinegg als ein unberechenbarer Inszenator, der sich nur sehr vage an die Vorgaben der klassischen Geschichte um die Tafelrunde hält. Stattdessen legt er in seiner Ausführung größeren Wert auf die verschiedenen Beziehungsgeflechte in Camelot und betont erst danach die politischen Entwicklungen bzw. die Zusammenkunft der Tafelrunde. Statt des herkömmlichen Abenteuers kommt so zum Beispiel ein ganzes Stück der Kindheitsgeschichte – und zwar ein wenig humorvoll und lebendig porträtiert – zum Zuge. Außerdem bleiben viele Spielräume für die Personen in Artus’ Umfeld offen und werden genutzt, um die etwas losgelösten Geschichten von der Begegnung zwischen dem Grünen Ritter und Sir Gawain zu erzählen oder etwas tiefer in die Beziehung von Sir Kay und der mit knapp 30 Jahren schon als alt abgestempelten Zofe von Artus’ neuer Gemahlin Guniver einzudringen.

Unabhängig vom Handeln der Tafelrunde werden hier die Schwerpunkte der bekannten Handlung zugunsten neuer, erfrischender Aspekte ausgetauscht, die man in dieser Form wohl kaum irgendwo anders so ausführlich vorgesetzt bekommt wie in Koineggs endgültiger Fassung. Dennoch bleibt das Treiben am Hofe des Königs natürlich das vorgegebene Konstrukt und damit auch unverändert der wesentliche Teil der Artus-Sage, wobei verglichen mit dem Gros der bislang bekannten Abhandlungen schon starke Schwankungen zwischen der individuellen Prioritätenverteilung zu erkennen sind. Der Autor hat dadurch aber auch einen sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung gewagt und nicht bloß das nacherzählen lassen, was man grob mit der Artus-Sage in Verbindung bringt. Dies ist zwar ein Wagnis, aber wie sich herausstellt, auch ein sehr Erfolg versprechendes, weil es sich bewusst und bisweilen gar revolutionär von den vereinheitlichen Varianten dieses keltisch-christlichen Klassikers distanziert, ohne dabei die wichtigsten, wesentlichen Inhalte zu vernachlässigen.

Darüber hinaus muss man dem Team, das dieses Hörspiel eingespielt und produziert hat, ein großes Lob aussprechen. Es ist nämlich gar nicht mal so einfach, die Spannung der Dialoge über einen so langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, aber dies haben die Sprecher bzw. die Regisseurin tadellos umgesetzt, indem sie plötzlich neue Figuren in die Hauptrolle verfrachten und ihnen auch die hierzu erforderlichen Voraussetzungen geschaffen haben. Ich mag mich hierin wiederholen, aber mir ist es einfach wichtig, dass noch einmal herausgestellt wird, dass es sich nicht bloß um eine schlichte Nacherzählung, sondern um eine recht moderne Interpretation handelt, die dem angestaubten Thema deutlich neue Impulse verleiht und die ansonsten oft so angespannte Stimmung aufgrund der etwas lustigeren Darbietung spürbar auflockert.

Mit anderen Worten: „König Artus und die Ritter der Tafelrunde“ ist ein vollkommener, jugendlich gebliebener Hörgenuss mit erstklassig auftretenden Sprechern und einer superben Aufarbeitung des klassischen Themas. Gerade diejenigen, die eigentlich schon längst genug von Artus und der Tafelrunde zu Camelot haben, sollten sich einmal mit diesem Hörspiel beschäftigen, da es handlungstechnisch ganz anders als all das ist, was man von vornherein erwartet hätte. Und das ist dann auch nur einer von vielen Gründen, den mit 14,95 € (|amazon.de|: 11,95 €) auch noch erschwinglichen Preis in dieses herrlich aufgemachte Hörspiel (Digipak mit eingeklebtem Booklet und ausführlichen Linernotes zu den wichtigsten Sprechern) zu investieren. Das ist definitiv Camelot in neuer Frische!

http://www.hoerverlag.de/

Abnett, Dan – Necropolis (Warhammer 40.000)

Im Kreuzzug gegen die Sabbatwelten kommt dem Planeten Verghast aufgrund seiner Rüstungsgüterindustrie eine zentrale Rolle zu. Als es auf dieser Welt zu einem offenen Krieg zwischen zwei Makropolen, Zoica und Vervun, kommt, droht der Nachschub mit Waffen zu versiegen, was verheerende Folgen für das Imperium haben könnte.

Da die Garde der Vervunmakropole den Angreifern aus Zoica nicht viel entgegensetzen kann, fordern einige Herren der die Stadt beherrschenden Handelshäuser bei Kriegsmeister Macaroth Unterstützungstruppen der imperialen Armee an, darunter auch das „Erste und Einzige Tanith“.

Als Gaunts Geister in der Stadt eintreffen, entpuppt sich die Lage als nahezu hoffnungslos: Unermesslich viele Flüchtlinge aus den umliegenden Arbeiter-Habitaten und Rüstungsmanufakturen haben die städtische Infrastruktur zusammenbrechen lassen und intrigante oder unfähige Führer betreiben faktisch die Zersetzung des politisch-militärischen Entscheidungsapparats von innen, während vor den Toren der Makropole ein Millionen Köpfe zählendes Heer von Chaosdienern darauf wartet, den Eingeschlossenen den Todesstoß zu versetzen. Ein koordinierter, gezielter Einsatz oder gar Gegenangriff ist kaum noch möglich, und das Einzige, was Vervun davor schützt, überrannt zu werden, ist ein riesiger Energieschirm, der plötzlich erlischt …

Zu Beginn des Romans entwirft Abnett ein beeindruckendes Schlachtengemälde, welches sich wie ein großes Puzzle aus vielen, vielen einzelnen Szenen und Fragmenten – zum Teil nicht länger als eine halbe Seite – zusammensetzt. Er hetzt den atemlosen Leser durch eine untergehende Stadt, lässt ihn den Zusammenbruch der Infrastruktur, den Niedergang der Menschlichkeit und das Erstarken von Barbarei intensiv miterleben.

Doch ab einem bestimmten Punkt, etwa ab der Hälfte des Buches, tritt eine Übersättigung mit Gewalt ein, eine regelrechte Abstumpfung, der man sich kaum entziehen kann. Die blitzlichtartig auftauchenden und untergehenden Personen werden bedeutungslos. Wenn zum fünften Mal von „Gesicht wegschießen“ oder „Hinterkopf platzen“ die Rede ist, wird das Grauen banal. Jemand, der wie der Autor in Megatoten rechnet, sollte sich – so zynisch sich das anhört – entsprechend viele, originelle Arten des Sterbens einfallen lassen oder sich auf einige wenige Opfer konzentrieren.

Empfindet man anfangs die Zoicaner in Anbetracht ihrer anonymen Gesichtslosigkeit und der schieren Masse als äußerst bedrohlich, ja sogar unheimlich, so wandelt sich mit Fortschreiten der Handlung auch dieses Bild dramatisch. Irgendwann wird es unbefriedigend, langweilig und geradezu unerträglich, einem uniformen, vollkommen entmenschlichten Gegner beim tontaubenhaften Sterben zuzusehen.

Alles in allem muss man also konstatieren, dass die Dramaturgie letztlich misslungen ist, da es Abnett nicht gelingt, in der Tristesse eines ewigen Kampfes wirkliche Akzente zu setzen und den Leser emotional bei der Stange zu halten. Einige kleinere, unpassend und konstruiert wirkende Sub-Plots können nicht über den Mangel an Abwechslung hinwegtäuschen.

Ebenfalls misslungen ist die Zeichnung der Charaktere und Figuren. Abgesehen davon, dass deren Anzahl viel zu groß ist, um jedem auch nur ansatzweise genügend Aufmerksamkeit zu schenken, wirken jene, die etwas mehr Anteil an der Handlung haben, in ihrer Verkürzung eindimensional, stereotyp, klischeehaft. Der Einzige, der jenseits reiner Schwarz-Weiß-Malerei überhaupt eine Nuancierung zeigt, ist Gaunt, wobei dessen Charakter im vorliegenden Roman eher in Richtung „religiöser“ Fanatiker driftet und damit als Sympathieträger und Identifikationsfigur ausfällt.

Nicht zu übersehen sind diesmal auch eklatante Schwächen in der Handlungslogik und im Abschluss. Es ist nicht ansatzweise nachzuvollziehen, wie die Zoicaner die Vervunmakropole auf so vernichtende Art und Weise überraschen können. Millionen Soldaten und zigtausende Kriegsmaschinen lassen sich nicht innerhalb eines Monats unauffällig aus einem Zylinder zaubern; und die Annahme, dass die Makropolen keinen Kontak untereinander haben bzw. angesichts ihrer kriegerischen Vergangenheit keinerlei Spionage-Netze unterhalten, ist geradezu lächerlich.

Weniger lächerlich als vielmehr dreist ist die Art und Weise, wie sich Abnett diesmal um eine Beschreibung des Endkampfes und einer Lösung des Konfliktes drückt: Gaunt – wer sonst – tritt seinem dämonischen Widersacher gegenüber, wird von diesem schwerst verwundet. … Schnitt! … Kriegsmeister Macaroths Armada taucht über Verghast auf, vernichtet innerhalb von knapp drei Seiten die Zoicaner, rettet Millionen von Flüchtlingen und stößt die Neugründung der beiden Makropolen an. Gaunt erwacht im Lazarett, um gleich darauf ein Attentat auf Dorden und dessen verghastische Kollegin, Curth, zu verhindern. Schluss.

_Fazit_: Nach zwei hervorragenden Romanen um das „Erste und Einzige Tanith“ ist dieser dritte unterm Strich enttäuschend, da ein 430 Seiten langes Metzeln irgendwann ermüdend wird, Logiklöcher die Lesefreude nicht gerade heben und der finale Showdown – bzw. das Fehlen desselben – geradezu als Frechheit bezeichnet werden kann.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Littell, Robert – Company, Die

Der letzte Tag des Zweiten Weltkriegs leitete zugleich den Dritten ein, sprach einst ein Zyniker, der aber kein Dummkopf war. Nazi-Deutschland wurde zerschlagen, was weltfremde Träumer zu der Annahme verleitete, die Geschichte beginne wieder bei null und bringe nun Frieden und Einigkeit über die Menschheit. Stattdessen begann der Kalte Krieg, der diese Erde in zwei supermächtige Blöcke zerfallen ließ. Der „freie Westen“, mehr oder weniger offen unter dem Primat der USA, stand gegen die UdSSR und den „Ostblock“. Getrennt wurden beide Sphären durch den „Eisernen Vorhang“, den Stalin niedergehen ließ. Nie hatte sich der sowjetische Diktator davon abhalten lassen, die Welt unter das kommunistische Joch zu zwingen. Unverhohlen nutzte er ab 1945 den Kriegssieg dazu, seinen Einflussbereich in Europa und Asien auszudehnen.

Lange wollten die einstigen Verbündeten USA dies nicht wahrhaben, aber dann lernten sie schnell: 1947 versprach die Truman-Doktrin allen freien Völkern der Welt den Beistand der USA im Kampf gegen jeglichen Totalitarismus. Amerikanische Auslandspolitik wurde zukünftig von umfangreichen Geheimdienstaktivitäten begleitet: Die „Central Intelligence Agency“, kurz CIA, führt seitdem einen Untergrundkrieg gegen ihren mächtigen Gegner, den sowjetischen KGB, in dem sich beide Parteien nicht das Geringste schuldig bleiben.

Macht korrumpiert; eine alte Weisheit: Wie ein Moloch breitet sich die CIA aus, als der Kalte Krieg zu eskalieren beginnt – und sie macht sich selbstständig. Anfang der 50er Jahre zeichnet sich die Gefahr eines atomaren Schlagabtausches immer deutlicher ab. Dem glaubt die CIA nur durch eine intensivierte Unterwanderung der UdSSR und ihrer Trabantenstaaten begegnen zu können. Dazu braucht es mehr Personal – nicht mehr nur ehemalige Soldaten, Schnüffler der alten Schule oder sogar wendehalsiger Nazi-Agenten, sondern junge, ausgebildete Männer und Frauen, die sich nicht scheuen, sich im Dienst der vorgeblich guten Sache die Finger schmutzig zu machen.

Auf Jack McAuliffe und Leo Kritzky trifft dies zu; sie sind idealistisch und patriotisch, d. h. vor allem stramm antikommunistisch. Der dritte im Bunde ist der russische Austauschstudent Jewgeni Alexandrowitsch Tsipin, den es indes bald zur Konkurrenz zieht. Während Jack und Leo von der CIA angeheuert werden, wird Jewgeni ein „Schläfer“, der in den USA lebt und auf seine Einsätze wartet. Im nächsten halben Jahrhundert werden sich die Wege dieser drei Männer immer wieder kreuzen. Das Katz-und-Maus-Spiel wird sie um den gesamten Globus führen – und Opfer kosten, Unschuldige, scheinbar Schuldige und manchmal einen echten Übeltäter.

Der Korea-Krieg, der Volksaufstand in Ungarn, das Desaster in der Schweinebucht, die Watergate-Affäre, der Bürgerkrieg in Afghanistan und schließlich Glasnost und Perestroika sind die Stationen dieses Agenten-Krieges, der zugleich die jüngere und jüngste Weltgeschichte widerspiegelt – bis der Zusammenbruch der Sowjetunion der CIA ihres wichtigsten Gegners und ihrer Legitimation zu berauben scheint. Aber viele Jahrzehnte des heimlichen Krieges haben die Beteiligten gelehrt, dass es irgendwo auf der Welt immer eine Bedrohung geben wird – und wenn man sie selbst ins Leben rufen müsste.

Ein nicht nur im Umfang gewaltiges Werk legt Politthriller-Routinier Robert Littell hier vor. „Die Company“ ist sicherlich das ehrgeizigste Projekt seiner langen Schriftsteller-Karriere. Unerhörte Arbeit hat er investiert, bis ins Detail recherchiert, und unabhängig von der Frage, ob er stets historische Präzision für sich beanspruchen kann (um es vorweg zu nehmen: kann & will er nicht), hat er auf jeden Fall einen Grad der Stimmigkeit und Atmosphäre erreicht, die viele Seiten (trotz eines gewissen Hangs zur historischen Predigt) wie im Fluge verstreichen lassen.

Dabei hat Littell bei allem Aufwand beileibe das Rad nicht neu erfunden. Ein Stilist ist er nie gewesen. Auch „Die Company“ ist denkbar einfach, fast altmodisch strukturiert. Da haben wir eine Reihe von Hauptfiguren, denen wir immer wieder begegnen, und eine Chronologie, die von der Weltgeschichte vorgegeben wird. Die Werbung zitiert Mario Puzos [„Der Pate“ 2767 als Vergleich und tut dabei, als sei dies ein bemerkenswert gutes Buch gewesen, was keineswegs zutrifft.

Tatsächlich steht „Die Company“ als eine Art dramatisiertes, d. h. um fiktive und narrative Elemente ergänztes Geschichtsbuch, das freilich keinen Anspruch auf historische Genauigkeit erheben kann, eher in der Tradition von James Michener (1907-1997), der seinen Ehrgeiz daran setzte, die Geschichte möglichst vieler US-Staaten von der Entstehung der Erde bis in die Gegenwart nachzuerzählen, wobei alle Protagonisten irgendwie miteinander verwandt sind und stets an historischen Brennpunkten auftauchen, so sehr dies die Gesetze der Wahrscheinlichkeit auch strapazieren mag. Die Lücken zwischen dem Weltbewegenden werden mit seifenoperlichen Intermezzos gefüllt, was emotionale Tiefe suggeriert, die indes meist eher Versprechen bleibt und zum gefühlsduseligen Klischee gerinnt. Auch Littell ist in dieser Beziehung kein Meister und beschränkt derartige Anwandlungen klugerweise auf ein Minimum; der Auftrieb geplagter, aber geduldiger und zum Wohle ihres Landes alle Fährnisse (mehr oder weniger) still erleidender Ehefrauen, Mütter etc. ist trotzdem noch groß genug.

Die Handlung als solche zerfällt in voneinander mehr oder weniger unabhängige Episoden, die der Verfasser hintereinander schalten konnte. „Die Company“ umfasst viele hundert Seiten, doch Littell hätte ohne Schwierigkeiten noch einige Kapitel einschieben können. Trotzdem gibt es so etwas wie einen roten Faden. Das Buch erzählt die Geschichte einer Gruppe von Idealisten, die im Dienste einer guten Sache ein ehrgeiziges Projekt verwirklichen, das eine ungute Eigendynamik entwickelt, sie verformt und korrumpiert, ohne dass sie selbst dies zu bemerken scheinen.

Übrigens bleibt fraglich, ob Verfasser Littell sich dieser Interpretation anschließen würde. Er ist eher ein Falke als eine Taube, eindeutig rechts der politischen Mitte, ganz sicher nicht liberal, und das schimmert in seinem Werk nicht nur durch, sondern wird deutlich und markig thematisiert. Hier ist es z. B. die Figur Leo Kritzky, die aufgrund eines Versehens in die Mühlen der eigenen „Firma“ gerät und dabei mit kalter Berechnung genauso übel gefoltert wird, wie dies den teuflischen KGB-Teufeln angelastet wird. Aber was geschieht, als sich Kritzkys Unschuld herausstellt? Weil’s letztlich für Uncle Sam war und jeder schließlich mal irren kann, reiht sich der Geschundene sogleich wieder in Schar seiner Mitstreiter ein und geht wacker erneut auf Kommunisten- und Terroristenhatz. (Zu Littells Ehrenrettung sei erwähnt, dass er nachträgliche Verklärungen ablehnt; sein Porträt des US-Präsidenten Ronald Reagan ist höchst boshaft und ziemlich erschreckend.)

Freilich ist „Die Company“ auch der Versuch, die ganz besondere Geisteshaltung in Worte zu fassen, von der die CIA mindestens bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion geprägt war. Littell zeichnet sehr schön eine ganz eigene Welt, deren Regeln von Paranoia und Misstrauen bestimmt werden – und bestimmt werden müssen, da hinter jedem Ereignis auf dieser Welt „der Feind“ stecken kann, der mit unfassbarer Raffinesse versucht, seinen Gegner zu überlisten. Das prägt und hinterlässt Spuren bei denen, die sich dem „Großen Spiel“ widmen, bis sich CIA und KGB so sehr gleichen, dass man sie für Spiegelbilder halten könnte (was beide Parteien allerdings vehement abstreiten würden).

Überhaupt wirkt der Krieg der Geheimdienste tatsächlich wie ein globales Spiel, das seine Teilnehmer süchtig werden lässt. Kim Philby, der berühmte britische Spion, fasst dies sehr schön in Worte, als er trotz drohender Entdeckung die Flucht in das Land verweigert, für das er viele Jahre spioniert hat: Die UdSSR schätze er ideologisch, meint er da, aber lieber aus der Ferne, denn leben wolle er dort lieber nicht. Geheimdienstler neigen folglich zur Schizophrenie; auf jeden Fall stehen sie unter Dauerstress, was wohl auch die erstaunliche Häufung von Saufexzessen erklärt, die Littell in diesen politisch korrekten Zeiten in sein Werk einflicht. Hinzu kommen die unerhörten Möglichkeiten, die eine mit Macht und Geld genudelte Organisation wie die CIA ihren meist jungen und begeisterten Mitgliedern bietet: Auf Staatskosten bereisen sie die ganze Welt, jagen die Bösen und drehen mit am Rad der Geschichte, was sonst der großen Politik und der Wirtschaft vorbehalten bleibt.

Spätestens in den 1960er Jahren verkam die CIA, die einst gegründet wurde, um taktisch bedeutende Informationen für die US-Regierung zu sammeln, zu einem obskuren Staat im eigenen Staate, der unter Brechung praktisch sämtlicher Gesetze selbst offensive Politik zu treiben begann (und sich dabei denkbar ungeschickt anstellte). Auch dies wird vom Verfasser offen angesprochen, doch wiederum kann man nicht von Objektivität sprechen: Littells CIA war, ist und bleibt im Kern gut und notwendig; ihre hehren Ziele verliert sie womöglich manchmal aus den Augen, aber das ist stets nur einigen Verblendeten, vor allem jedoch notorisch feigen Politikern anzulasten, die den Schwanz einziehen, wo Härte und Rückgrat gefragt wären.

Daher verwundert es nicht, dass der Verfasser das moderne Russland mit denselben misstrauischen Augen betrachtet wie die alte Sowjetunion. Spione werden immer Konjunktur haben, so lautet Littells – durchaus überzeugendes – Resümee, aber nichtsdestotrotz schießt er hier über sein Ziel hinaus: Welt, sei wachsam & lass’ die CIA ihre heilige Arbeit tun, denn der Feind ist noch lebendig und stark; er hat nur seine Methoden geändert. Dass Russland, wirtschaftlich marode, von politischen Krisen und sogar Bürgerkriegen geschüttelt, zur Zeit über die Ressourcen verfügt, das „Große Spiel“ im großen Stil fortzusetzen, mag der Leser nicht ernsthaft glauben, aber das ist ja genau der Anschein, den der böse Iwan erwecken möchte, um uns einzulullen – und mit dieser Erkenntnis haben wir wohl Littells Aufnahmeprüfung in den Club der Paranoiker mit Glanz bestanden … Und schließlich gibt es im Nahen Osten oder mit Nordkorea immer neue Schurkenstaaten, die es unter sorgfältiger Beobachtung zu halten gilt.

http://www.knaur.de

Wick, Jennifer & John – 7te See Spielerhandbuch

|In die Takelagen! Das „Spielerhandbuch“ zum Rollenspiel „7te See“ ist in fünf Teile und einen Anhang aufgegliedert. |

_von Thomas König
Mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins [Ringbote.de.]http://www.ringbote.de/ _

Teil eins führt erst einmal grob in das Rollenspiel „7te See“ und das Rollenspiel an sich ein und wendet sich somit an den Anfänger. Dabei wird kurz die Welt Theah vorgestellt, die Europa sehr ähnlich ist. Dabei werden die anderen Kontinente der Erde nicht berücksichtigt.

Im Einzelnen gibt es auf Theah folgenden Reiche:

Avalon: ähnelt den britischen Inseln. Mit schottischen und irischen Einflüssen, auch aus dem Bereich der Mythen, ist es am ehesten als Fantasy-Reich zu bezeichnen. Avalon wird von einer Königin regiert, die dem Staatenbund vorsteht. Eine große Rolle spielen in dem Reich auch die Sidhe, die den Naturgeistern aus der Mythologie angelehnt sind. Haupteinnahmequelle für das Reich ist die Piraterie.

Castillien: hat das irdische Spanien als Vorbild und wird von einem jungen König regiert, der nur durch die Gnade einer konspirativen Gruppe an der Macht ist. Die Kirche ist der zweite große Machtfaktor im Land, da sie hier ihren Hauptsitz hat. Somit ist Magie auch in Castillien verboten.

Die Eisenlande: sind ein zerstrittener Verbund von Kleinstaaten und ähneln dem deutschen Staatenbund vergangener Tage. Die Bewohner der Eisenlande sind, wie der Name schon sagt, bekannt für ihre Waffen- und Rüstungsschmiedekunst.

Montaigne: ist an Frankreich angelehnt und die Bewohner versuchen, immer als Vorreiter der neuen Mode zu gelten. Auch im Bereich der prunkvollen Architektur haben die Bewohner von Montaigne eine wichtiges Wort mitzureden.

Ussura: ähnelt dem Russland vergangener Tage. Das Land ist rau und die Winter streng. Regiert wird das Land von einem Herrscher und einer Ratsversammlung. Die Bewohner haben einen engen Kontakt zu den Tieren und diese soll sogar magische Dimensionen erreicht haben.

Vendel: entspricht Skandinavien und die Bewohner sind das Händlervolk schlechthin. Überall auf Theah kann man die Bewohner beim eifrigen Geschäftemachen antreffen.

Vodacce: hat eigentlich die Größe von Italien, doch ähnelt es mehr Venedig. Auch hier versuchen einige wenige Familien, die Geschicke des Reiches zu lenken.

Diese Kurzvorstellung der Reiche erfolgt auf sehr schönen farbigen Seiten mit prägnanten Zeichnungen.

Im zweiten Teil geht es dann richtig hinein in die Welt Theah. Nach einem recht kurzen geschichtlichen Rückblick werden die aktuellen Ereignisse aufgeführt. Die Reiche und die Gilden werden noch einmal, aber diesmal ausführlicher, dargestellt und auch die Vaticinische Kirche der Propheten (welche Namensähnlichkeit) wird hier präsentiert.

Weitere Informationen über Theah (z. B. Piraten, Monster) vervollständigen das Kapitel.

Kapitel drei beschäftigt sich mit der Erschaffung eines Charakters. Besonders originell finde ich es, dass der Spieler mit Hilfe von 20 Fragen für den Helden, bevor er irgendwelche Werte festlegt, schon wichtige Punkte klärt. Das Regelsystem an sich ist einfach und stellt kein großes Problem beim Verstehen dar. Zunächst wird geklärt, ob der Held Magiefähigkeiten besitzen oder ein Schwertkämpfer sein soll. Anschließend werden die Attributswerte und die Fertigkeiten bestimmt.

Teil vier liefert nun die Regeln für das Rollenspiel. Zunächst wird erklärt, wie Attribute und Fertigkeiten überprüft werden. Anschließend wird der Kampf ausführlichst beschrieben. Dabei gelingt es den Autoren, die Regeln doch recht einfach zu halten.

Zum Abschluss werden die Zauberregeln vorgestellt und wie sie in den einzelnen Reichen Anwendungen finden.

Teil fünf ist an den Spieler und insbesondere den Anfänger gerichtet und soll einige Hinweise geben, wie man seinen Helden am besten im Rollenspiel führen soll.

Als Anhänge werden noch das Glossar, die Charta der Bruderschaft der Küste, die Abenteurer-Charta, die Beschreibung der Schaluppe „Die Griffon“ und Charakterblätter mitgeliefert.

Im Coverinnenband befindet sich jeweils eine farbige Karte von Theah.

_Fazit:_ Der Band ist sehr gut gemacht. Das Hardcover ist stabil und hält einige Spielabende aus, ohne dass es kaputtgeht. Die Illustrationen und Grafiken sind sehr gut und stimmig. Das Rollenspiel „7te See“ bietet alles für die Freunde des klassischen Mantel-und-Degen-Films. Es wird wohl mein Lieblingszweitrollenspiel.

Homer – Die Irrfahrten des Odysseus (Europa-Originale 7)

Besetzung

Erzähler – Hans Paetsch
Athene & Leukothea – Susanne Hartau
Odysseus – Benno Gellenbeck
Iphitas, Telemach & Poseidon – Konrad Halver
Eurylochos & Freier– Helmut Kolar
Zyklop – Rudolf Fenner
Hermes – Peter Folken
Circe & Chzarybdis – Dagmar Dorsten
Teiresias & Antinoos – Horst Fleck
Skylla & Penelope –Heike Kintzel
Nausikaa – Irmi Boden
Phäakenkönig – Heinz Fabian

Story

Homer – Die Irrfahrten des Odysseus (Europa-Originale 7) weiterlesen

Sara Douglass – Wächter der Zeiten, Die (Im Zeichen der Sterne 2)

Band 1: [„Die sterblichen Götter Tencendors“ 2653

Nachdem es den Dämonen gelungen ist, nach Tencendor zu gelangen, sitzen Caelum und seine Armee erst einmal im Wald der schweigenden Frau fest. Denn mehrmals am Tag verteilen die Dämonen ihren grauen Brodem über das Land, um sich an den Seelen aller Lebewesen in ihrer Reichweite gütlich zu tun. Wer in diesen Brodem gerät, ganz gleich, ob Mensch oder Tier, verfällt völlig dem Wahnsinn. Nur der Schatten schützt vor dieser Macht. Auf dem Rückweg nach Karlon muss Zared seine Armee alle paar Stunden mühsam unter geflochtenen Matten verstecken! Aber das ist nicht sein einziges Problem. Er hat einen Verräter in seiner Mitte …

Während Zared nach Karlon zurückkehrt, sind die Dämonen aufgebrochen, um die einzelnen Teile, in die der Feind einst den Dämon Qeteb gespalten hat, im Körper von Sternenfreundes untotem Sohn wieder zusammenzufügen. Ihr erstes Ziel ist der Kesselsee. Und nicht nur die Dämonen sind dorthin unterwegs. Auch Wolfstern will den Kesselsee erreichen, in seinen Armen trägt er das tote Kind, das Zenit bei ihrem Kampf gegen Niah aus ihrem Leib gezwungen hat …

Axis, Aschure und Caelum sind unterdessen auf dem Weg zum Sternenfinger, der früher Krallenturm hieß. Sie hoffen, dass die Weisheit von Jahrhunderten, die sich dort angesammelt hat, ihnen helfen wird, ein Mittel gegen die Dämonen zu finden. Doch auch sie werden verfolgt …

Drago hingegen ist auf dem Weg nach Gorken, und wie einst sein Vater hadert er unterwegs mit seinem Schicksal, das Noah, der Wächter, ihm offenbart hat. Faraday begleitet ihn, denn sie hat Noah versprochen, Drago eine Freundin zu sein. Allerdings zeigt sich schon bald, dass das, was sich zwischen den beiden zu entwickeln scheint, weit über Freundschaft hinausgeht. Je mehr Drago sich, wenn auch widerwillig, an den Gedanken seiner Aufgabe gewöhnt, desto mehr wehrt sich Faraday gegen die Entwicklung.

Im zweiten Band des Sternenzyklus sieht der Leser zu, wie Tencendor unweigerlich in den Untergang schlittert! Zumindest erscheint es am Anfang so.

Caelum ist immer noch von seinen Ängsten zerrissen und nahezu handlungsunfähig. Insofern war die Reise zum Sternenfinger das beste, was Axis und Aschure mit ihm tun konnten. Die Angst und der Schrecken, durch die der Weg nach Norden ihn führen, wirken wie ein Katalysator für einige tiefgreifende Erkenntnisse, die Caelum bisher fehlten. Der Mann, der schließlich auf einer Bahre zum Gipfel des Turms getragen wird, ist ein anderer als jener, der im Wald der schweigenden Frau seinen Bruder mit Vorwürfen überhäuft hat.

Aschure scheint im Verlauf dieses Weges und der Ereignisse im Zusammenhang mit Katie ebenfalls endlich ein paar Einsichten zu gewinnen. Axis dagegen bleibt stur. Sein Hass auf Drago übertrifft selbst seinen Zorn auf Zared. Wieder einmal hatte ich den heftigen Wunsch, ihm ein paar Ohrfeigen zu verpassen, damit er endlich die Augen aufmacht! Und nicht nur ihm!

Auch Isfrael benimmt sich auf eine Weise, die mich des Öfteren an seinem Verstand zweifeln ließ. Die Vorwürfe gegen seine Mutter sind völlig lächerlich und klingen wie die eines verwöhnten Kindes, das sich immer beschwert, ganz gleich, wie seine Mutter sich entscheidet. Gleichzeitig bringt er mit seinem Egoismus sein ganzes Volk in Gefahr. Auf seine Weise ist Isfrael ein noch schlechterer Herrscher als Caelum.

Kurz gesagt: Das Ganze klingt eine Zeitlang wie ein Kindergarten.

Parallel dazu versinkt Tencendor immer tiefer in Zerstörung und Wahnsinn. Vor den Mauern Karlons sammeln sich ganze Scharen von rasenden Tieren und Menschen, die eine Möglichkeit suchen, die Stadt zu überrennen. Die Schiffe, die Zared aussendet, um zwanzigtausend Menschen zu retten, die sich im Norden des Landes in alten Bergwerksstollen verkrochen haben, werden von Meeresdrachen zerstört. Und die Dämonen vernichten einen magischen See nach dem anderen. An einigen Stellen wurden die Darstellungen regelrecht grausam; recht ungewohnt bei dieser Autorin.

Die Wende kommt an dem Punkt, an dem sowohl Caelum als auch Drago beginnen, ihr Schicksal zu akzeptieren. Da es sich um eine allmähliche Entwicklung handelt, ist der Punkt nicht genau festzumachen. Am ehesten könnte man den Zeitpunkt ihrer Versöhnung als Wende bezeichnen. Von da an geht es allmählich aufwärts, eine seltsame Feststellung angesichts der Tatsache, dass am Ende des Buches Qeteb wiedererweckt, Karlon in Schutt und Asche gelegt und die Wälder der Awaren völlig zerstört sind. Der Schlüssel zu dieser eigenartigen Entwicklung lautet Wiedergeburt.

Eng damit verknüpft ist die Person des kleinen Mädchens Katie. Das Kind, das in den Kellern des Sternenfingers gefunden wurde mit einem Liederbuch im Arm, spielt eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Dämonen. Wie genau diese Rolle aussehen wird, ist eines der Rätsel, die sich die Autorin für den dritten Band aufgehoben hat, ebenso wie jenes um das geheimnisvolle Liederbuch, das Caelum zwar in die Lage versetzt hat, ein Falkenkind zu töten, aber gegen Qeteb offenbar nicht im geringsten gewirkt hat!

Nachdem der deprimierende und – der ständig zankenden Personen wegen – ärgerliche Anfang also überwunden ist, entwickelt das Buch all das, was man vom Weltenbaumzyklus kennt: Spannung, Faszination, Neugierde. Noah und Urbeth, die alte Eisbärin, haben einige Zusammehänge offengelegt, die einen völlig neuen Blick auf die Magie in Tencendor werfen und gleichzeitig zu ein paar neuen Fragen führen, an denen der Leser herumknobeln kann; die Irrungen und Wirrungen zwischen Zenit und Sternenströmer sowie Drago und Farraday halten nach Dragos und Caelums Versöhnung den Handlungsstrang des Zwischenmenschlichen in Bewegung; und die vielen Verschachtelungen der Handlungsstränge sorgen immer wieder für Überraschungen. So war ich eigentlich ziemlich sicher, dass Wolfstern Dragos Zwillingsschwester Flußstern umgebracht hat. Fehlanzeige!

Was ich nicht ganz nachvollziehen konnte, war die Wandlung von Wolfsterns Gefühlen gegenüber Niah. War er am Ende des ersten Bandes noch untröstlich über ihren Verlust, scheint er sich am Beginn des zweiten hauptsächlich über sie zu ärgern. Hier fehlen ein paar detailliertere Gedankengänge, um diese Veränderung plausibel zu machen. Vielleicht kommt da ja noch was nach.

Sara Douglass arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaum|-Zyklus stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Sie lebt in einem Cottage in Bendigo/Australien. Außer dem Weltenbaumzyklus und „Tresholder“ schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. Wann der dritte Teil des Sternenzyklus auf Deutsch erscheinen wird, war nicht herauszufinden. Der erste Band des neuen Zyklus |Darkglass Mountain| ist für Mai nächsten Jahres angekündigt.

My Сreative


http://www.piper.de/

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_
[Die Sternenbraut 577 (Unter dem Weltenbaum 1)
[Sternenströmers Lied 580 (Unter dem Weltenbaum 2)
[Tanz der Sterne 585 (Unter dem Weltenbaum 3)
[Der Sternenhüter 590 (Unter dem Weltenbaum 4)
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599 (Unter dem Weltenbaum 5)
[Die Göttin des Sternentanzes 604 (Unter dem Weltenbaum 6)
[Der Herr des Traumreichs 1037
[Die Glaszauberin 1811 (Die Macht der Pyramide 1)
[Der Steinwandler 2639 (Die Macht der Pyramide 2)
[Die sterblichen Götter Tencendors 2653 (Im Zeichen der Sterne 1)

Farelia Records – Flüche, Geister & Dämonen – Jäger der Finsternis (Erstes Blut)

_Story_

Eine interessante Ausschreibung in einer Zeitungsauslage erweckt das Interesse der beiden WG-Bewohner David und Paul. Gesucht werden hier zwei Mitspieler für ein Rollenspiel, welches an den Sommerwochenenden ausgetragen werden soll. Spontan antworten die beiden auf die Anzeige, denken sich aber nichts weiter mehr dabei. Daher sind sie auch ziemlich überrascht, als wenige Tage später tatsächlich ein Brief mit der Zusage ins Haus flattert und das Zweigespann zu einem ersten Treffen einlädt. Ein Treffen mit Folgen, denn bereits bei der ersten Zusammenkunft mit der außergewöhnlichen Rollenspiel-Vereinigung treffen David und Paul auf einige obskure Gestalten, und bevor sie sich versehen, müssen sie sich mittels ‚Pen & Paper‘ in einer dämonischen Welt voller Mysterien durchsetzen, sich gegen Vampire behaupten und unerwarteten Gefahren trotzen.

_Meine Meinung_

„Erstes Blut“ – der Titel deutet es schon an – ist der Auftakt einer neuen Serie des Independent-Projektes |Farelia Records| und liefert nach den Label-Debüts „Farelia? – Der betrogene Betrüger“ und „Flüche, Geister & Dämonen – Der Kontakt“ einen weiteren Einblick hinter die Kulissen eines wirklich sehr viel versprechenden, aufstrebenden Verlags. Es handelt sich hierbei zwar noch immer um eine Amateur-Produktion, aber immerhin auch um ein Hörspiel, welches abgesehen von den kleinen, zu Beginn noch tolerierbaren Schönheitsfehlern durchaus ernst zu nehmende Konkurrenz für die renommierten Hörspielreihen dieser Zeit darstellt.

Allerdings ist „Flüche, Geister & Dämonen“ etwas anders aufgebaut als die üblichen Horror-Hörspiele, wobei der Term Horror auch nur bedingt angebracht ist. Wie die Inhaltsangabe nämlich schon deutlich zeigt, stehen hinter dieser Reihe einige begeisterte Rollenspieler, die ihre diesbezüglichen Visionen nun schon zum zweiten Mal vertont haben und im Großen und Ganzen auch sehr stark auf die typischen Inhalte ihrer ‚Pen & Paper‘-Fantasywelt zurückgreifen. So werden zum Beispiel Gefechte mit verschiedenen Würfeln ausgetragen und Probleme nur selten aus dem Affekt heraus gelöst, sondern erst einmal diskutiert – sofern es die jeweilige Situation zulässt. Es ist also keine ’normale‘ Action-Geschichte mit stringentem Verlauf und durchschaubarem Aufbau, sondern schon eher etwas ganz Spezifisches, erschaffen von einem zielsicher ausgerichteten Produzententeam, aber durchaus tauglich für Leute, die sich im richtigen Leben kaum bis nie den fernen Welten einer Rollenspielgemeinde hingeben.

Davon mal abgesehen, ist „Erstes Blut“ aber auch nicht bloß zu dem Zweck gemacht worden, Rollenspiel-Fremdlinge von der Magie dieses Zeitvertreibs zu überzeugen. Es geht nämlich vorrangig immer noch darum, eine spannende Geschichte zu erzählen, die ganz klar auf den Strukturen eines klassischen solchen Spiels beruht, durch ihre tolle Atmosphäre aber nicht ausschließlich darauf beschränkt wird.

Im Gegenteil, das Team von |Farelia Records| hat es sehr gut hinbekommen, Realität (und diese findet ja vor Pauls und Davids Reise auch noch tatsächlich statt) und Fiktion zu vermischen, wobei die Trennlinie bewusst schmal ist. Nicht selten stellt sich einem die Frage, was nun real und was genau fiktiv ist, bzw. was zur Gedankenwelt der spielenden Protagonisten gehört und welcher Teil der Reise sich im jeweiligen Abschnitt auch wirklich in der Jetztzeit ereignet. Alleine hiervon geht auch ein großer Teil der Spannung aus, denn es kommt recht häufig vor, dass man Begebenheiten, die unmittelbar mit den Abenteurern in Verbindung stehen, unterschätzt und damit auch gar nicht so recht auf plötzliche Wandlungen und Wendungen vorbereitet ist. „Erstes Blut“ hat viele Momente, in denen es zu Überraschungen kommt, weil die oben genannte Trennlinie kaum wahrnehmbar ist.

Doch auch sonst ist die Geschichte relativ professionell umgesetzt worden, gerade was die Einbeziehung der verschiedenen Soundeffekte anbelangt. Schaurige Geräusche und düstere Musik untermalen die bisweilen auch recht gruselige Handlung und werden auch stets sehr passend eingesetzt. Man spart zwar nicht gerade mit solchen Effekten, überlädt die Geschichte aber auch nicht damit, und das ist ein weiterer Aspekt, den man (u.a. auch im Vergleich zu ähnlichen Hörspielen) positiv hervorheben muss.

Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann die manchmal etwas überambitioniert auftretenden Sprecher, die ihre Parts stellenweise ein bisschen zu akzentuiert erbringen. Manche Betonungen wirken ein wenig künstlich und sind der jeweilgen Situation nicht immer angepasst, wobei sich selbst dieser Punkt noch in einem angemessenen Rahmen hält und den Gesamteindruck wenn überhaupt nur leicht beeinflusst.

Letzterer ist dementsprechend auch ziemlich gut, weil |Farelia Records| mit „Erstes Blut“ (es gibt im Übrigen noch drei weitere Nachfolger) eine erfrischende, andersartige, spannende und rundum überzeugend umgesetzte Geschichte aufgelegt bzw. eingespielt haben und sich für ein Newcomer/Independent-Label absolut professionell präsentieren. Auf jeden Fall ist „Erstes Blut“ eine Story, auf der man für die Zukunft aufbauen kann.

http://www.farelia.de/

Bionda, Alisha / Parzzival, S.H.A. – Calvin (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 6)

Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977
Band 5: [„Der Schattenkelch“ 2483

„Calvin“ heißt der sechste Band der „Schattenchronik“, diesmal aus der Feder der ominpräsenten Alisha Bionda und ihres Gastautors S. H. A. Parzzival. Und Calvin ist auch Programm in diesem rasanten Mix aus Mystery, Crime und Romanze. Er ist es schließlich, der das Wissen um den Schattenkelch besitzt – nur kann er sich daran leider nicht wirklich erinnern. Doch der Kampf um den Gral, der im letzten Band begonnen hat, erreicht nun seinen Höhepunkt und Calvin sollte möglichst schnell eine Seite wählen; am besten natürlich die richtige!

Zunächst jedoch lockt ihn sein Vater nach St. Barbara. Er drängt auf eine Versöhnung, impliziert, dass seine Ende naht. Doch tatsächlich will er Calvin nur in seine Gewalt bringen, um ihm unter Drogeneinfluss die Geheimnisse des Schattenkelchs zu entlocken. Allerdings hat er die Rechnung ohne Dilara gemacht. Diese reist ihrem Seelengefährten natürlich hinterher und kann ihn aus den Fängen seines Vaters befreien: Zwischen Vater und Sohn kommt es danach endgültig zum Bruch.

Währenddessen sind Mick und Cassandra in London immer noch damit beschäftigt, die brutale Mordserie aufzuklären, die die Stadt heimsucht. Dass Micks Ermittlungsmethoden einige Ungereimtheiten aufweisen, kann Cassandra dabei nicht länger übersehen; auch wenn sie immer noch hoffnungslos in Mick verknallt ist. Und so bleibt Mick nichts anderes übrig, als Cassandra endlich in seine Arbeitsweise einzubeziehen. Tatsächlich ist er nämlich nicht nur ein Vampir, sondern auch noch ein Necromancer, fähig, in Trance Verbindung zu den Toten aufzunehmen. Dort bezieht er seine Informationen von seinem ermordeten Partner Greg Lane und ist damit den bösen Buben immer haarscharf auf den Fersen.

Luna Sangue wiederum muss mit unvorhergesehenen Problemen kämpfen: Unerwarteterweise hat sich nämlich ihr Handlanger Mark Garimont den Schattenkelch geschnappt und versucht nun – recht ungeschickt – Luna Sangue damit zu erpressen. Doch hat er die Rechnung ohne die leicht schizophrene Vampirin gemacht.

Die Handlung verdichtet sich also zusehends. Die Schlinge zieht sich zusammen und das Geheimnis um den finstren Gral wird Stück für Stück vor dem Leser ausgebreitet, bis es auf den letzten Seiten zu einem Finale kommt, das den Leser vor Spannung die Tage bis zur Fortsetzung der Reihe zählen lässt (der nächste Band erscheint im November).

Die eigentlichen Stars dieses Bands sind das dynamische Duo Cassandra/Mick: Mick, der gut aussehende Zombie-Vampir, der genau weiß, wie er seine Reize einzusetzen hat, und die pummelige Cassandra, die Mick vergeblich schöne Augen macht und deren innere Monologe über ihre Verliebtheit, ihr Gewicht und die Ungerechtigkeit der Welt wohl jede Frau kennt. Die beiden landen – wenig überraschend – mitten in dem Kampf um den Gral und sollen dabei lange keine Nebenrolle spielen!

Als einzigen neuen Charakter lernen wir diesmal Delphine kennen. Man könnte ihr nachsagen, ein „plot device“ zu sein, ein Charakter, der nur dazu da ist, die Handlung in die richtige Richtung zu forcieren. Doch sollte man sich hüten, dem Autorenteam so niedere Motive nachzusagen. Wir erfahren wenig über Delphine: Eine alte Freundin von Dilara ist sie, die nun – aus rein egoistischen Gründen – plötzlich wieder in deren Leben auftaucht. Die beiden scheint in der Vergangenheit ein enges Band verbunden zu haben, doch dieses zerriss, als Delphine Dilaras Vertrauen missbrauchte. Es gibt nur Andeutungen über die Vergangenheit der beiden, gerade so viel, um den Leser nur noch neugieriger auf diese vampirische Lolita zu machen. Und da Bionda/Parzzival dem Leser diesmal einen Handlungsstrang in der Vergangenheit vorenthalten haben, ist davon auszugehen, dass wir in Zukunft noch mehr von Delphine sehen werden.

Alles in allem ist „Calvin“ wieder ein gelungenes Puzzleteil innerhalb des Schattenchronik-Universums. Weder die Charaktere noch die Handlung stagnieren an irgendeinem Punkt. Bionda und Parzzival erzählen flott und ohne Schnörkel und vermeiden so das Schicksal vieler anderer Romanserien; nämlich im Sumpf der eigenen Charaktere stecken zu bleiben und die Handlung aus den Augen zu verlieren. Diese Gefahr besteht hier keineswegs: Die Handlung bewegt sich unweigerlich auf das Finale zu, und in gewohnter (und lang erprobter) Serienmanier lassen die beiden Autoren den geneigten Leser in der Luft hängen. Wie wird sich nun der Schattenkelch auswirken? Welche Macht besitzt er tatsächlich? Wie geht es weiter? In welche Richtung wird sich die Handlung wenden?

Da gibt es wohl nur eine Antwort: Im November geht’s weiter mit Band 7, „Zorn des Drachen“.

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Clemens, James – Hinterland (Die Chroniken von Myrillia 2)

Nach den Ereignissen in [„Schattenritter“ 1794 ist Tylar zwar rehabilitiert, das heißt aber nicht, dass er deshalb keinen Ärger mehr hätte! Als Rogger von seinem letzten „Spionagegang“ zurückkehrt, hat er einen Schädelknochen dabei, der offenbar an mehreren Stellen Begehrlichkeiten weckt. Um das Ding untersuchen zu lassen, schickt Tylar Rogger damit nach Tashijan. Er selbst folgt auf seinem Luftschiff, gerät aber in einen Schneesturm, dem er nur knapp entkommt. Schon bald zeigt sich, dass dieser Schneesturm kein natürliches Phänomen ist. Er belagert die Festung! Und als wäre das noch nicht genug, stellt sich heraus, dass die ehemalige Kastellanin Mirra kurz davor steht, ihre finsteren Kreaturen aus der Tiefe der Festung zum Angriff zu führen …

Was die Charaktere angeht, hat sich in „Hinterland“ nicht viel Neues getan. Die Hauptprotagonisten sind lauter alte Bekannte: Rogger, Tylar, Kathryn, Garrod, Argent, Delia …

Neu dazu kommen lediglich Brant, Malhumalbaen und Liannora. Liannora und Malhumalbaen bleiben eher Randerscheinungen. Letzterer ist ein Erdriese, der sich vor allem durch seine Treue zu Brant auszeichnet. Erstere ist ein richtiges Biest, und es ist fast schade, dass sie nur eine Nebenrolle spielt, denn sie besitzt genug Potenzial, um eine Größe unter den Bösewichten zu werden. Aber was nicht ist, kann in diesem Fall ja noch werden. Das Hauptaugenmerk liegt in diesem Band jedoch hauptsächlich auf Brant. Der dunkelhäutige Junge aus dem Dschungel von Saysh Mal ist ein Jäger, erzogen nach einem Ehrenkodex, der auf Fairness und Respekt basiert. Er ist geschickt, zäh und intelligent, aber auch traurig. Denn seine Göttin hat ihn verbannt, und er weiß nicht mal, warum. Alles, was er weiß, ist, dass das irgendwie mit der brennenden Gestalt zu tun haben muss, die ihm einst mit ihrem letzten Atemzug einen schwarzen Stein vor die Füße warf. Ein Stein, der massiv auf den geheimnisvollen Schädel reagiert, den Rogger gefunden hat …

Die Götter, die diesmal auftauchen, sind allerdings andere: Brants Göttin, die Jägerin, ist offenbar während seiner Abwesenheit dem Wahnsinn verfallen, und ein Teil ihres Volkes konnte nur überleben, weil die Göttin Takaminara ihn beschützte. Gott Ulf aus dem Eisland ist derweil damit beschäftigt, Tashijan einzufrieren und bis auf die Grundmauern niederzureißen. Er will das Böse in der Tiefe der Festung ausmerzen. Und er will den Gottesmörder!

Was Mirra eigentlich genau will, erfährt man nicht. Mirra tauchte schon im ersten Band nicht allzu häufig auf, weil sie irgendwann einfach verschwand. Als sie im zweiten Band wieder auftaucht, ist sie eine Hexe. Da der Handlungsstrang, der sich mit der Hexe beschäftigt, aus Sicht von Kathryns Verbündeten erzählt wird und Mirra selbst kein Wort über ihre Absichten und Motive verliert, bleibt diese Frau vorerst ein ungelöstes Rätsel. Und sie ist nicht das einzige: Was ist zum Beispiel mit Wyrherr Bennifren, dessen Leute außerhalb aller Interessen stehen und doch überall ihre Finger mit drin haben?

Letztlich hat der Leser jedoch nicht allzu viel Zeit, um sich mit diesen Fragen herumzuschlagen. Dafür passiert einfach zu viel. Tashijan ist zwischen zwei Bedrohungen geraten wie ein Eisen zwischen Hammer und Amboß. Unter dem extremen Druck raufen sich die zerstrittenen Parteien unter Kathryn und Argent tatsächlich wieder zusammen, um die Festung und die Menschen darin zu retten. Ganz allmählich verschiebt sich der Blickwinkel. Argent, ehrgeizig und bis zu einem gewissen Grad auch skrupellos, scheint doch nicht der eigentliche Feind zu sein. Wenn die Gefährten jetzt vom Verschwörerzirkel sprechen, meinen sie nicht mehr die Partei des flammenden Kreuzes. Wen sie stattdessen meinen, wissen sie allerdings selbst noch nicht. Vorerst sind sie damit beschäftigt, die unmittelbaren Bedrohungen abzuwenden, und damit sind sie wahrhaftig beschäftigt genug!

Clemens hetzt seine Protagonisten wieder mal von einem Kampf in den nächsten. Oder auch vom Regen in die Traufe, wie man es nimmt. Das Erzähltempo nimmt zum Ende hin dramatisch zu und lässt den Leser kaum noch zu Atem kommen. Und als endlich alles ausgestanden ist, kommt der Epilog, um die Erleichterung des Lesers sogleich wieder verpuffen zu lassen. Eine von Clemens‘ Spezialitäten … Auch fließen in diesem Band wieder Ströme von Blut, allerdings nicht mehr so harmlos wie im ersten Teil. Die Geschehnisse in Saysh Mal sind ziemlich starker Tobak! Außerdem ist Mirras Lieblingswaffe ein extrem unangenehmes Gift, und die Machenschaften der Wyr waren bereits im letzten Band ziemlich abstoßend.

Mit anderen Worten: Clemens ist sich in jeder Hinsicht treu geblieben. Der Plot ist ein gutes Stück verzwickter als in |Banned and the Bannished|, der wahre Feind geschickt versteckt hinter einer Wand von Bedrohungen, die zwar aus verschiedenen Richtungen kommen, aber immer mehr auf eine gemeinsame Wurzel hindeuten. Damit hat der Autor auch seiner Handlung einen Gefallen getan, es gibt viel mehr Möglichkeiten für unerwartete Wendungen. Die Geschichte ist gewohnt rasant und fesselnd erzählt. Wer Wert auf Action und Spannung legt, ist hier richtig, und auch Freunden von Rätseln und Geheimnissen wird diesmal einiges geboten. Wer allerdings einen schwachen Magen hat, sollte die Finger von dem Buch lassen!

James Clemens ist gebürtiger Amerikaner, wuchs aber in Kanada auf. Er studierte Veterinärmedizin und eröffnete schließlich eine Praxis in Californien. Von 1998 bis 2003 erschien der Fünfteiler |Banned and the Banished|. Danach gönnte sich der Autor eine Pause, ehe er mit seinen |Chroniken von Myrillia| begann. Leider war auf der neu aufgebauten Homepage des Autors kein Hinweis auf den dritten Band zu finden. Aber allen Ungeduldigen sei gesagt, dass die deutsche Ausgabe von „Hinterland“ vor der englischen erschienen ist.

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Algernon Blackwood – Der Tanz in den Tod. Unheimliche Geschichten

Inhalt:

Eine Novelle und neun Kurzgeschichten von Algernon Blackwood (1869-1951), dem Meister der angelsächsischen Gruselliteratur:

Der Tanz in den Tod (The Dance of Death, 1907), S. 7-18: Browne, ein unglücklicher Büroknecht mit ausgeprägter Herzschwäche, tanzt für sein Leben gern. Die schöne Issidy, das mysteriöse Mädchen in Grün, wird seine letzte Partnerin.

Der Mann, den die Bäume liebten (The Man Whom the Trees Loved, 1912), S. 19-97: Sein Leben lang hat der alte Bittacy Bäume geliebt; manchmal scheinen sie ihm sogar lebendig. Dass sie außerdem mit eigener Intelligenz begabt aber recht Besitz ergreifend sind, merken er und seine Gattin, als sie ein einsam gelegenes Landhaus am Rande eines großen Waldes beziehen. Algernon Blackwood – Der Tanz in den Tod. Unheimliche Geschichten weiterlesen

Johns, Geoff / Jimenez, Phil / Pérez, George – Infinite Crisis 4 (von 7)

_Story_

Blüdhaven, jahrelang Wirkungsstätte von Nighthawk alias Richard Graysson, fällt. Mit spielerischer Leichtigkeit vernichtet der lebende Giftmüllbehälter Chemo das Leben in der gesamten Stadt und lässt nur einige wenige Superhelden am Leben, die der gefährlichen Strahlung widerstehen können. Nighthawk ist fassungslos und trifft zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder mit seinem ehemaligen Mentor Batman zusammen, der ihm von den Geschehnissen der letzten Tage berichtet. Nighthawk erfährt von den Plänen des seltsamen Superman von Erde-2 und schließt sich zur Bekämpfung dieser Aktivitäten wieder mit Batman zusammen.

Beide wissen aber noch nicht, wer genau hinter den aktuellen Katastrophen steckt. Doch schon bald bekommen sie Gewissheit, als Superboy-2 sich auf der Erde seinem Spiegelbild stellt und im Beisein vieler Superhelden ein brutales Gefecht austrägt. Zusammen mit Alexander Luthor hat der Superboy aus dem Paralleluniversum die Krise eingeläutet. Alex Luthor selber führt nämlich in Wahrheit die Society an, ist damit auch mitverantwortlich für die Verwüstung durch das führerlose Spectre und steht gerade erst am Anfang seiner herrischen Pläne. Und während er das völlig verblüffte Supergirl über seine Pläne informiert, tobt auf de Erde ein erbitterter Kampf zwischen Superboy und seinem Klon – der für den echten Superboy kein gutes Ende bereithält. Trotz der Hilfe der befreundeten Teen Titans ist ihm sein mächtiges Spiegelbild überlegen und tötet im Kampf gleich mehrere seiner Freunde. Erst als die Speed Force einschreitet, kehrt Ruhe ein – aber es ist die Ruhe vor dem schon drohenden, nächsten Sturm dieser Krise.

_Meine Meinung_

Der mittlere Part der „Infinite Crisis“ stellt ganz klar einen Wendepunkt der Handlung dar, weil die Karten mit einem Mal gänzlich neu gemischt werden müssen. Die ehemaligen Hoffnungsträger entpuppen sich nämlich plötzlich als fiese Schurken, deren Pläne weit über das hinausgehen, was man am Anfang noch für denkbar hielt. Die Zerstörung wird immer unüberschaubarer, und dies, obwohl sich Ausgabe 4 fast ausschließlich dem brutalen Gefecht der beiden Superboys widmet. Alleine deswegen ist dieser Band auch die bislang actionreichste Vertretung der Serie, gezeichnet vom ungleichen Kampf und den vielen unschuldigen Opfern, darunter auch einige der besagten Teen Titans. Zwar handelt es sich hierbei noch nicht um die Elite dieser Gruppe, doch alleine schon die Tatsache, dass ein Superboy einer anderen Dimension sich gegen die Vertreter des ‚Guten‘ auf der richtigen Erde stellt, ist erschreckend genug und dokumentiert ein weiteres Mal, wie unberechenbar |DC Comics| mit dieser Serie geworden sind. Die Maxime ‚Alles ist möglich‘ wird nicht nur propagiert, sondern auch ausgelebt, und allein diese Tatsache zeugt vom fortschrittlichen Denken, das sich im routinierten DC-Universum eingeschlichen hat. Gut so.

Allerdings ist Heft 4 inhaltlich nicht ganz so stark wie die vorangegangene Ausgabe. Durch die heftige Action flacht die komplexere Rahmenhandlung ein wenig ab, wenngleich es sich Geoff Johns ein weiteres Mal nicht nehmen lässt, weitere Tücken einzufügen und somit jeder Limitation vorzubeugen. Dennoch: Wichtige Aspekte der Handlung müssen hier erst einmal zurückstecken, so zum Beispiel das Verschwinden von Wonder Woman oder der Konflikt zwischen dem Superman von Erde-2 und dem hiesigen Batman, der durch die neue Gemeinschaft zwischen Richard Grayson und Bruce Wayne aufgefangen wird.

Lediglich das Chaos bleibt in derselben Dimension bestehen, in diesem Fall symbolisiert durch den Untergang von Blüdhaven und den radikalen mentalen Umschwung einiger tragender Persönlichkeiten, womit natürlich in erster Linie der undurchschaubare Alexander Luthor gemeint ist. Solche Ereignisse halten die Geschichte nicht nur spannend, sondern untermauern die non-transparente Herangehensweise des Autors samt seines Zeichnerteams Jimenez/Pérez/Reis. Gleiches gilt für das recht merkwürdige Ende, inszeniert als aussichtsreicher, ungeduldig stimmender Cliffhanger, der zwar schon durch die Vorschau auf das neue Heft (erscheint am 16. November) ein wenig entkräftet wird, aber immer noch unheimlich neugierig auf das nachfolgende Geschehen macht. Schließlich sind die hier entworfenen Umstände zum Ende des Magazins bei weitem noch nicht aufgelöst oder geklärt, sondern werden nur noch zusätzlich in den großen Wust an Verzwickungen gestreut, um das totale Chaos auf Erde-1 zu bestärken. Man darf also weiter gespannt sein, ob und wie Johns diese Krise auflösen wird – oder aber ob sie wirklich endgültig und von ‚unbegrenzter‘ Wirkung bleiben wird.

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Nesbø (Nesboe), Jo – Fährte, Die

Ein psychopathischer Bankräuber, genannt der „Exekutor“, terrorisiert die norwegische Stadt Oslo. Obwohl er seine Beute ohne Zwischenfälle einkassieren konnte und keine Spuren am Tatort hinterlassen hatte, erschoss er scheinbar ohne Grund eine junge Angestellte. Seitdem hat der hervorragend organisierte Täter noch weitere Verbrechen begangen, die durch ihre kaltblütige Planung und Durchführung auffallen. Für die Presse ist diese Serie ein gefundenes Fressen, was die Politik nervös werden lässt, gilt es doch, das Bild einer vorbildlich regierten Stadt zu wahren, damit dahinter die bekannten Spielchen um Macht und Geld ungestört weiterlaufen können.

Im Polizeidezernat für Gewaltverbrechen ging der „Exekutor“-Fall an den ehrgeizigen aber unfähigen Dezernatsleiter Ivarsson. Als dieser keine schnellen Ergebnisse vorweisen kann, übernimmt Harry Hole, ein Ermittler, der durch seine bemerkenswerten Fahndungserfolge bekannt und wegen seiner alkoholbedingten Ausraster berüchtigt ist. Dank seiner unkonventionellen Methoden und unterstützt durch eine neue Kollegin, die mit dem perfekten Personengedächtnis ausgestattete Beate Lønn, kann Hole trotz der miserablen Indizienlage bald erste Teilergebnisse erzielen.

Allerdings ist Hole abgelenkt. In Abwesenheit seiner Lebensgefährtin Rakel hatte er eine Affäre mit der ehemaligen Geliebten Anna begonnen und war dabei erneut dem Alkohol verfallen. Als er mit Filmriss aus seinem aktuellen Rückfallrausch erwachte, fand man Anna erschossen in ihrem Bett. Die Spuren deuten auf Selbstmord hin. Harry ist sich da nicht sicher. Was ist in der Nacht geschehen, die in seinem Gedächtnis fehlt? Als Polizist schweigt er, der als Hauptverdächtiger gelten würde. Doch Anna ist tatsächlich ermordet worden: Der Täter nimmt Kontakt zu Harry auf und quält ihn mit E-Mails, in denen er droht, die Polizei zu informieren. Harry muss unauffällig nach dem Mörder suchen und gleichzeitig im vollen Rampenlicht nach dem „Exekutor“ fahnden – ein Drahtseilakt, der nicht lange gut gehen kann und nicht nur für Harry in einem Desaster endet …

Wenn man den Drang verspüren sollte, „Die Fährte“ in eine Schublade zu stecken, so könnte man dieses Buch als einen derjenigen Thriller bezeichnen, die Jeffery Deaver – stets vergeblich – zu schreiben versucht. Gemeint ist diese besonders vertrackte Art von Thriller, deren Plot sich dreht und windet wie ein schlüpfriger Aal, seinen Lesern dabei immer wieder zwischen den Fingern durchschlüpft, um im Finale dort zu landen, wo niemand ihn vermutet hätte. Kurz und gut: „Die Fährte“ ist ein Krimi, der sein Publikum gleich mehrfach täuscht und mit neuen Wendungen verblüfft, ohne es durch aus dem Hut gezauberte, quasi übernatürliche Wendungen vor den Kopf zu stoßen. Die atemberaubende Story schlägt ihre Haken sogar, ohne dass ihr die Logik darüber jemals verloren ginge.

Das verwundert durchaus, da „Die Fährte“ ein an Klischees überaus reiches Werk ist. Auch in Nesbøs Skandinavien gibt es offensichtlich keinen Sommer. Harry Hole ermittelt in einem Oslo, das düster und regnerisch ist. Dieses Klima gilt gleichzeitig als Metapher für die gesellschaftliche Kälte: Die Polizei ist kaum mehr Ordnungsmacht, sondern tanzt am Gängelband von Politik und Medien. Streber und Karrieristen geben den Ton an; sie drängen diejenigen Kollegen, die sich auf ihren Job konzentrieren, an den Rand und lassen sie desillusioniert und verbittert zurück. Auch sonst ist die Welt schlecht, d. h. geprägt von Unvernunft, Habgier, Fremdenfeindlichkeit usw. usf. Doch Nesbø übertreibt es nicht und findet ein Gleichgewicht zwischen diesen Unerfreulichkeiten, die einen als Leser deshalb nicht bedrängen oder sich gegenseitig erschlagen, sondern ihren Teil zur Handlung beitragen.

Die Kunst des Jo Nesbø manifestiert sich vor allem in der Figur des Harry Hole: Wie viele einsame, dauerdeprimierte Ermittler, die an der Flasche hängen, verträgt der Krimileser? Hole scheint exakt in diese schon viel zu tief ausgehauene Kerbe zu stolpern. Dennoch schafft er es, Individuum zu bleiben: Harry ist kein Super-Detektiv und privat ein schwacher Mensch. Nesbø findet den schmalen Grat zwischen Routine und Übertreibung und lässt seinen menschlichen Helden dort mit traumwandlerischer Sicherheit meist waghalsige Kunststücke treiben. Zur Spannung der Krimi-Handlung kommt deshalb stets die bange Frage, ob er sich auch dieses Mal halten kann oder endgültig stürzen wird.

Bei seinem Seiltanz hilft Harry mehr als ein Quäntchen eistrockenen Humors. Hole wälzt sich – anders als z. B. ein literarisch ungleich erfolgreicherer Kollege aus dem schwedischen Ystad – nicht stellvertretend für die enttäuschten Gutmenschen dieser Welt leidend im Sumpf der Gemeinheiten & Scheußlichkeiten, die ihre Artgenossen sich einander antun. Zwar kann sich auch Nesbø einige allzu aufdringliche Verweise in diese Richtung nicht verkneifen – Harry verfolgt mehrfach am Fernseher den Stand des US-amerikanischen „Befreiungskrieges“ im Irak und denkt sich seinen Teil -, doch letztlich konzentriert er sich wieder auf den aktuellen Fall, der es so in sich hat, dass sein Verfasser auf den erhobenen Zeigefinger leicht verzichten kann.

Hole fügt der langen Liste seiner persönlichen Verfehlungen dieses Mal gleich mehrere Neueinträge an. Er verfällt abermals seinem persönlichen Dämon, dem Alkohol, lässt sich von einer ehemaligen Geliebten umgarnen, obwohl er inzwischen neu verbandelt ist, und setzt zu einem wahren Kamikazeflug gegen seine ohnehin wenig von ihm eingenommenen Vorgesetzten an. Doch Harry wächst in der Krise über sich hinaus; er scheint den Druck zu benötigen, der den sechsten Sinn des guten Fahnders stimuliert. Zudem kann er sich auf einige wenige treue Freunde verlassen, die wie er zu den Außenseitern gehören und kein Problem damit haben, Gesetze und Regeln ein wenig großzügiger auszulegen, als dies gestattet bzw. toleriert wird.

Das ist nur gut so, denn den Schurken, die uns Nesbø in „Die Fährte“ vorstellt, lässt sich schwerlich unter getreuer Beachtung der Dienstvorschrift beikommen. Da ist zunächst der eiskalte „Exekutor“, der seinen Häschern mehr als ein gelungenes Rätsel aufgibt. Hole speist mit dem Teufel, um ihn zu fassen, wobei er bald merkt, dass der Löffel, den er benutzt, nicht lang genug ist: Raskol Baxhet, ein Bankräuber, der sich aus unerfindlichen Gründen selbst stellte, ist wahrlich ein zwielichtiger Charakter. In einem Augenblick lässt er sich von Hole als „Berater“ in Sachen „Exekutor“ anheuern, im nächsten bedroht er dessen kleine Familie, um sich an einem alten Feind rächen zu können. Aber Harry zeigt sich auch dieser Herausforderung gewachsen: Nicht durch Gewalt kommt er Baxhet bei, sondern indem er dessen Intrigenspiel noch besser spielt als dieser – gerade noch, denn sein Gegner ist ein Meister!

Innerhalb der Polizei kämpft Hole offene und verborgene Schlachten aus. Dezernatsleiter Ivarsson repräsentiert das Establishment, das Quertreiber und interne Kritiker wie Harry hasst und mobbt. Nesbø gönnt uns den Genuss zu beobachten, wie Ivarsson sich selbst demontiert. Aber er bleibt Harrys Vorgesetzter und wird seine Zeit abwarten, um sich zu rächen. Ebenfalls präsent ist Tom Waaler, der die weitaus größere Gefahr darstellt. Sein infamer Feldzug gegen Hole, der ihn des heimtückischen Mordes an einer Kollegin zumindest verdächtigt, ist an Spannung kaum zu überbieten. Waaler nutzt geschickt die Animositäten zwischen Harry und Ivarsson, während er gleichzeitig Beweise manipuliert, die auf Hole als Drahtzieher hinter dem „Exekutor“ hinweisen. Auch dies kann Harry abwehren; er geht sogar einen Schritt weiter und intensiviert seine Ermittlungen gegen Waaler – dieser Subplot wird auch im nächsten Band der Serie eine wichtige Rolle spielen.

Jo Nesbø wurde 1960 in Oslo geboren. Er war zunächst als Finanzanalytiker und Ökonom für die norwegische Handelshochschule in Bergen tätig, arbeitete aber nebenberuflich als Journalist, bevor er sich als Schriftsteller selbstständig machte. Schon für seinen ersten Kriminalroman – „Flaggermusmannen“ (dt. „Der Fledermausmann“) bekam Nesbø 1997 den Preis für den besten Krimi des Jahres. Hier schildert der Autor die Erlebnisse von Kriminalkommissar Harry Hole auf einer verhängnisreichen Dienstreise nach Australien.

Ebenfalls subtil, aber trotzdem volkstümlich ist die Pop-Band „Di Derre“: Frontmann, Vokalist und Komponist Jo Nesbø ist auch ein anerkannter Musiker, der nach Auskunft der Kritik gute Texte mit schwungvollen Popmelodien verbindet.

Cook, Monte / Tweet, Jonathan / Williams, Skip – Dungeons & Dragons Spielleiter-Handbuch V.3.5

|Nach dem Wechsel der deutschen Lizenz von Amigo Spiele zu Feder und Schwert ist das „Dungeon & Dragons Spielleiter-Handbuch“ in der Version 3.5 das erste Werk für das wohl bekannteste Rollenspiel weltweit vom neuen Lizenznehmer. Wie es sich für eines der so genannten Core-Rules gehört, ist das Buch ein Hardcover und komplett in Farbe gehalten. Die fast 400 Seiten sind in acht Kapitel unterteilt. |

_von Thomas König_
Mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins [Ringbote.de.]http://www.ringbote.de/

Im ersten Kapitel gibt es eine kurze Einleitung in das Leben eines Spielleiters. Es wird zunächst erklärt, was ein Spieleiter überhaupt ist, und verschiedene Spielstile werden vorgestellt. Eine Beispielrunde mit Tordek, Mialee, Jozan und Lidda gibt schon einen ersten Einblick in das Spiel. Mit weiteren Anregungen zum Leiten des Spiels endet das Kapitel.

„Die Regeln anwenden“ ist das Motto im zweiten Kapitel. Die Regeln sind ja zum größten Teil aus dem „Spieler-Set“ bekannt. Doch nun gibt es noch mehr Auslegungs- bzw. Veränderungsmöglichkeiten. Das beginnt bei den Bewegungsregeln. Hier wird erklärt, wie man den beigelegten Bodenplan anwendet, sich dreidimensional bewegt, flieht oder verfolgt und sich auf Feldern bewegt.

Der Kampf, einer der wichtigsten Aspekte des „Dungeon & Dragons“-Spiels, wird auch noch um einige Regeln erweitert. So werden der Sichtbereich und die Möglichkeiten zu Beginn einer Begegnung definiert. In der Reihenfolge eines möglichen Kampfgeschehens wird nun noch beschrieben, wie man mit neu hinzukommenden Kämpfern umgehen soll, welche Aktionen es im Kampf gibt, die Effekte von Waffengrößen und Waffen bzw. Zauber, die auf ein Gebiet wirken. Weiterhin wird die Auslegung von Fertigkeits-, Attributs- und Rettungswürfen beschrieben, und der Umgang mit Magie, insbesondere das Beschreiben von Zaubern und die Erschaffung von Zauber, wird erklärt. Das Wichtigste für einen Abenteurer sind am Ende seiner Mission die Erfahrungspunkte. Wie sie vergeben werden können, ist ebenso hier erklärt. Zum Ende des Kapitels gibt es noch Anregungen zum Umgang mit dem Tod eines Spielercharakters und wie man einen neuen erstellt und einbindet.

Kapitel drei beschäftigt sich mit dem Wichtigsten einer Spielrunde, dem Abenteuer. Hier wird erklärt, wie man die Spieler und ihre Charaktere motiviert, auf Abenteuer zu ziehen, und wie sich ein Abenteuer aufbaut. Weiterhin gibt es Anregungen zu den verschiedenen Begegnungen während des Abenteuers, welche Schätze es geben kann, wie man Abenteuer miteinander verbindet und wie man ein Dungeon erstellt. Der Abschnitt über die Fallen ist sehr gut gelungen. Interessant ist auch die Ökologie eines Dungeons. Manchmal wünscht man sich als Spielleiter, dass sich die Abenteuerautoren darüber mehr Gedanken machen würden. Zum Ende des Kapitels verlassen wir wieder das Dungeon und gehen an die Oberfläche. Es gibt Anregungen zum Spiel in der Wildnis, auf die verschiedenen geographischen und klimatischen Regionen bezogen, und Hinweise zu Stadtabenteuern.

Das vierte Kapitel „Nichtspielercharaktere“ beschäftigt sich mit einem der wichtigsten Aspekte des Spieleabends. Sie sind „das Salz in der Suppe“. Ein gut ausgearbeiteter Nichtspielercharakter (NSC), der gut vom Spielleiter gespielt wird, kann ein schlechtes Abenteuer immer noch zu einem Erfolg führen. Es gibt fünf NSC-Klassen: Adept, Adeliger, Bürgerlicher, Experte und Krieger. Eine große, umfangreiche Tabellensammlung beschäftigt sich mit NSC-Werten, die es dem Spielleiter erlauben, schnell eine Figur mit regeltechnischen Werten zu versehen. Das Ausschmücken dieses NSC ist dann der letzte Schritt bei der Erschaffung.

Die „Kampagne“ ist das Thema des fünften Kapitels. Eine Kampagne ist das eigentliche Ziel einer längeren Spielreihe. Hier wird erklärt, wie man sie auf die Beine stellt und am Laufen hält. Eine Kampagne ist die Welt, die den Spieler umgibt, und der Spielleiter ist der Gott in ihr. Er bestimmt die verschiedenen Aspekte, die hier sehr gut beschrieben sind. Es gibt Anregungen zur Erstellung einer eigenen Welt. Interessant sind die Beschreibungen zur Kosmologie, die man noch ausführlicher in dem „Manual of the Planes“ finden kann. Aber auch die Ausführungen in diesem Buch sind schon ausreichend.

Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit den Charakteren. Es gibt alternative Regeln zur Attributswerts-Ermittlung. Die verschiedenen Völker und ihre Untervölker werden vorgestellt und es wird erklärt, wie man sie modifizieren kann. Den größten Teil des Kapitels nehmen aber die Prestigeklassen „Arkaner Betrüger“, „Assassine“, „Drachenjünger“, „Duellant“, „Erzmagier“, „Finsterer Streiter“, „Hierophant“, „Invokant“, „Mystischer Ritter“, „Mystischer Theurg“, „Roter Magier“, „Schattentänzer“, „Weltengänger“, „Wissenshüter“ und „Zwergischer Verteidiger“ ein. Die Verbesserung eines Charakters wird ebenso beschrieben wie das Erschaffen von Charakteren über der 1. Stufe. Sehr kurz sind die Ausführungen zu den Gefolgsleuten, Vertrauten, Reittieren und Tiergefährten.

Magische Gegenstände werden im siebten Kapitel vorgestellt. Zunächst wird erklärt, wie man magische Gegenstände handhabt und sie am besten beschreibt. Dann werden die unterschiedlichen Gegenstände in den Kategorien Rüstungen, Waffen, Tränke, Ringe, Zepter, Schriftrollen, Stecken, Stäbe und wundersame Gegenstände präsentiert. Bevor die Herstellung von magischen Gegenständen beschrieben ist, gibt es Erläuterungen zu intelligenten und verfluchten Gegenständen sowie Artefakten.

Das achte Kapitel ist das Glossar. Hier werden die wichtigsten Begriffe noch einmal kurz beschrieben und erklärt. Sehr schön sind die im Weiteren zu findenden Schablonen, z. B. zum Wirkungsbereich, und die Tokens, die man auf die beigelegten großen Bodenplankarte legen kann. Somit kann man das Spiel und speziell den Kampf plastischer darstellen. Ein Index vervollständigt den Band. Als Bonus liegt dem Band eine großformatige Karte mit Feldern zur taktischen Bewegung bei, die auf einer Seite ein Dungeon zeigt, auf der anderen Seite ein Blanko-Gitternetz und gut für den Einsatz von Miniaturen geeignet ist.

Das Titelbild zeigt nicht mehr ein Schloss, sondern eine Weltkugel. Das Layout ist gelungen, die Illustrationen gefallen, und das gesamte Design macht einfach Spaß. Der Text ist recht klein geschrieben, aber dafür hat man halt auch viel Inhalt auf den fast 400 Seiten. Schön wären ein oder zwei Lesebändchen gewesen, damit man als Spielleiter etwas schneller einen Text wiederfindet.

_Fazit:_ Das Spielleiterhandbuch gehört, wie bereits oben erwähnt, zu den Core Rules und ist damit ein Muss für jeden „Dungeon & Dragons“-Spieler. Aber es ist auch wirklich gut gemacht. Die Regeln sind gut verständlich und umsetzbar.

May, Karl – Winnetou I (Europa-Originale 9)

_Besetzung_

Old Shatterhand/Erzähler – Michael Poelchau
Sam Hwakins – Horst Beck
Rattler – Curt Timm
Klekih-Petra – Albert Johannes
Intschu-tschuna – Hans Paetsch
Tangua – Josef Dahmen
Winnetou – Konrad Halver
Nscho-tschi – Herma Koehn
Dick Stone – Hans Meinhardt
Will Parker – Rolf Jahncke
Anführer der Kiowas – Miachael Weckler
Santer – Peter Folken

Regie: Konrad Halver

_Story_

Bereits bei ihrem ersten Aufeinandertreffen sind sich Old Shatterhand und der Sohn des Apachen-Häuptlings Intschu-tschuna, Winnetou, nicht grün. Bei einem blutigen Gefecht kommt nämlich Winnetous Lehrer, Klekih-Petra, durch einen Schuss aus dem Gewehr eines Weißen ums Leben. Dennoch wünscht sich der Sterbende kurz vor seinem Tod, dass Old Shatterhand seine Rolle übernehmen wird. Winnetou ist von dieser Idee gar nicht begeistert. Als dann auch noch gegen die Abmachungen eine neue Eisenbahnstrecke durchs Apachengebiet gebaut werden soll, ist sich der indianische Krieger sicher, dass Old Shatterhand ein Feind seines Stammes ist. Doch nach und nach erweist sich der als Verräter beschimpfte Old Shatterhand als wahrer Freund und schlägt sich schließlich auf die Seite der Indianer. Dennoch kann er ein weiteres Blutbad, das Winnetous gesamte Familie erschüttert, nicht verhindern.

_Meine Meinung_

Ich kann mich gar nicht entsinnen, wie oft ich den zugehörigen Kinofilm in meiner Kindheit sah, aber ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich jedes Mal mitfieberte, als Old Shatterhand und Winnetou-Mime Pierre Brice sich langsam miteinander anfreundeten und später sogar Blutsbrüderschaft schlossen. Das gleichnamige Hörspiel zum ersten Teil der Winnetou-Saga fängt die angespannte Stimmung des TV-Ereignisses sehr gut auf. Es wird sicher nichts beschönigt, doch immer darauf geachtet, dass die im Grunde genommen schon sehr harte Geschichte durch die Aneinanderreihung moralischer Werte an den entsprechenden Stellen entschärft wird. Obwohl der Inhalt also (unter anderem durch die verschiedenen Todesfälle und Racheakte) nichts für sanfte Gemüter ist, handelt es sich auch beim im Original 1968 produzierten Hörspiel um sehr kurzweilige Unterhaltung, die für die gesamte Familie geeignet ist.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Hauptdarstellers Old Shatterhand, der sowohl seine Listen als auch sein Interesse für den Apachen-Stamm sehr detailliert schildert und den Leser permanent an seiner Abenteuerreise teilhaben lässt. Sprecher Michael Poechlau klingt dabei ziemlich hart und emotionslos, obwohl die Erzählung viele emotionale Passagen bereithält. Stellenweise sind die Dialoge sogar richtig trocken, ganz so, als wären die tragischen Ereignisse an der Seite der Apachen zwar von hohem Stellenwert, aber im Nachhinein nicht mehr diskussionswürdig. Nach dem Tod steht nur die Rache, und selbst die Trauerfeier für den zu Beginn ermordeten Klekih-Petra geht unter diesem Aspekt ein wenig unter. Erst zum Ende hin, als sich die Geschichte zu einem echten Drama entwickelt, werden die Emotionen lebendig und die Trauer der Lage entsprechend authentisch umgesetzt.

Die trockene Erzählweise ist allerdings auch der einzige Kritikpunkt, den man diesem Hörspiel anlasten kann. Bisweilen erscheint die Story dadurch ein wenig einspurig, was aber auch damit zusammenhängt, dass Erzählstimme und Hauptrolle von derselben Person übernommen werden. Für den Spannungsaufbau wirkt sich dies indes aber glücklicherweise nicht nachteilig aus. Gleich mehrere Höhepunkte leiten die Story ein, werden dann in ihrer Dramaturgie stetig gesteigert und enden in einem abrupten Cliffhanger, der – Karl-May-Leser wissen es – später im zweiten Teil der Trilogie münden wird. Apropos zweiter Teil, die Neuauflage bietet gleich beide Folgen des ursprünglich in zwei Etappen veröffentlichten Hörspiels und kommt auf satte 60 Minuten Spielzeit. Damit ist „Winnetou I“ die bislang umfangreichste Produktion dieser ersten Staffel – und sicherlich auch eine der besten. Trotz der etwas drögen Erzählstimme.

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Brandis, Katja – Prophet des Phönix, Der (Kampf um Daresh 2)

Der |Kampf um Daresh| geht weiter! Nachdem die Heldinnen von Katja Brandis‘ Triologie es im [ersten Band 2909 mit einer intriganten Regentin und deren Versuch, die vier Gilden in Daresh gegeneinander aufzubringen, zu tun hatten, droht nun Gefahr von anderer Stelle. Eine Sekte scheint sich in Tassos, dem Gebiet der Feuer-Gilde, zu formieren. Ihr Anführer ist Cano, auch genannt „Der Prophet des Phönix“, und er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Feuer-Gilde zur Macht zu führen. Dass er dafür alle anderen, in seinen Augen schwächeren Gilden entfernen muss, hat er wohlwollend eingeplant.

Rena ke Alaak lebt mittlerweile auf der Felsenburg der Regentin und fungiert dort als Beraterin, nachdem sie ihre Vermittlertätigkeiten in „Der Verrat der Feuer-Gilde“ unter Beweis gestellt hatte. Ihre Beziehung zu Rowan ist leider nicht mehr ganz so harmonisch wie zu Anfang und sie verdächtigt ihn sogar, dass er sie mit dem Dienstmädchen Derrie, das wie er aus der Luft-Gilde kommt, betrügt. Hinzu kommt, dass Alix, ihre Weggefährtin, wie vom Erdboden verschluckt scheint, und auch das macht ihr Sorgen. Außerdem fühlt sie sich in den steinernen Mauern der Felsenburg gefangen.

Da kommt es ihr nur recht, als der Gildenrat beschließt, dass ein Spion in den Phönixkult geschmuggelt werden soll, damit man erfährt, was der Anführer dieser gefährlichen Sekte plant. Rena schlägt Alix für diese Tätigkeit vor und macht sich gleich darauf auf die Suche nach ihrer Freundin. Sie ist froh, wieder unterwegs zu sein, auch wenn es bitter ist, als sie Alix, die einst stolze Schwertkämpferin, völlig verwahrlost und auf Drogen in einem Gasthof entdeckt. Doch Alix weigert sich, die ihr zugeschriebene Aufgabe wahrzunehmen. Stattdessen muss nun Rena, die eigentlich zur Erd-Gilde gehört, diese Aufgabe übernehmen und trotz des Feuer-Gilden-Chrashkurses, den sie von Alix bekommt, kann sie ihre Verkleidung nicht lange wahren …

Katja Brandis‘ Zweitling fehlt eine ganz wichtige Komponente: Ein zugstarkes Anfangsmotiv. Alle Ereignisse bis zu Renas Abreise wirken eher wie ein reines Mittel zum Zweck anstatt wie ein triftiger Grund für ihre Wanderung. Diese Schwäche in der Handlung, dass Ereignisse anscheinend keinen richtigen Anlass haben, setzt sich durch das ganze Buch fort. Deshalb kommt es nur zu wenig Spannung. Die Handlung kränkelt an manchen Stellen geradezu vor sich hin, was sehr schade ist, wenn man bedenkt, was Brandis mit ihrem tollen Debüt gelungen ist.

Überhaupt steht „Der Prophet des Phönix“ sehr im Schatten seines [Vorgängers. 2909 Die Personen haben sich nicht wirklich weiterentwickelt und die neu hinzugekommenen sind teilweise schwach ausgearbeitet. Dieses Manko trägt wiederum dazu bei, dass es dem Buch auf weiten Strecken an Tiefe mangelt. Das Interesse des Lesers wird einfach nicht geweckt, die Sogwirkung fehlt.

„Der Orden des Phönix“ kann diese Wirkung noch nicht mal anhand des Schreibstils entwickeln, der auch in diesem Buch zwar gut, aber nicht besonders ausgefeilt ist. Geradlinige, flüssige Sätze und ab und an ein paar humorvolle Brocken aus Alix‘ Mund – solide, aber einen Preis wird Brandis dafür sicherlich nicht gewinnen.

Warum müssen Fantasyautoren eigentlich immer und überall Triologien veröffentlichen? Manchmal wäre es vielleicht wirklich besser, ein Buch als solches stehen zu lassen und nicht noch zwei Fortsetzungen mit den gleichen Personen zu schreiben. Wo das hinführen kann, sehen wir an Katja Brandis‘ „Der Prophet des Phönix“. Ein wenig uninspiriert, zu wenig Spannung und ein wenig zu viel des gewohnten, soliden Schreibstils. Schade.

http://www.piper.de