Archiv der Kategorie: Rezensionen

Whitton, Steve – Engelsblut (Sacred: Die Chroniken von Ancaria 1)

Die Vampirin Zara plagt mal wieder der Weltschmerz. Sie sehnt sich nach menschlicher Gesellschaft, was in ihrem Fall nicht unbedingt einen Bürger zum Dessert bedeutet. Eigentlich ist sie im Grunde ihres untoten Wesens eine friedliche Zeitgenossin, die sich einfach nur am Gelächter von Kindern und der geselligen Atmosphäre einer gemütlichen Gaststube erfreuen will. Und so zieht sie nach Burg Hohenmut und die Kapuze ihres Umhangs etwas tiefer ins Gesicht, da sie vor langer Zeit dort mehr als nur die Zeit totgeschlagen hat.

In der Schenke „Ascarons Ruf“ regt sich ihr mitleidiges Herz, weil ein paar ehrbare Bürger den ertappten Falschspieler Falk eine oder zwei Hände kürzer machen wollen. Sie bricht den braven Leuten ein paar Knochen und flüchtet mit Falk gen Wald, wo sie einige Zeit später einen Wandersmann aus den Fängen von Strauch- und sonstigen Dieben befreien.
Der Gerettete namens Jahn war auf den Weg nach Hohenmut, um dort auf Kosten seines Dorfes, Moorbruch, Söldner anzuheuern, denn seit einiger Zeit schlachtet eine Bestie allein gehende junge Jungfrauen ab, reißt ihnen das Herz heraus und scheint auch sonst eine ehrliche Freude am Verstümmeln zu empfinden. Wieder siegt Zaras sanfte Seele, sodass sie Jahn ihre Hilfe anbietet, Falk gibt es gratis dazu.

In Moorbruch stellt sich allerdings heraus, dass die Dörfler unfreundliche Zeitgenossen sind, die sich vom örtlichen Priester, Salieri, bereitwillig zu Kinderopfern aufstacheln ließen, würde ihnen nicht der eloquente, charmante und lecker aussehende Landgraf Gregor D´Arc Einhalt gebieten. Seiner adligen Meinung nach wäre eine Treibjagd besser geeignet, das Biest zur Strecke zu bringen, als das rituelle Schlachten von Kindern.

Einen Tag später macht sich daher das ganze Dorf mit Sack und Pack, Kind und Kegel auf die erfolglose Suche und es bleibt allein Zara und ihrem vampirischen Riechorgan überlassen, der Fährte des Wesens zu folgen. Schnell stellt sich heraus, dass hinter den Angriffen mehr steckt als ein wilder Wolf, als da wären: Zauberey, Hexenwerk und ein Verräter inmitten des griesgrämigen Landvolkes.

„Engelsblut“ ist der lange angekündigte erste Band einer Reihe von Romanen, die sich um das actionorientierte PC-Rollenspiel „Sacred“ der deutschen Spieleschmiede |Ascaron| ranken.

Nachdem die Geschichte der „Bestie von Gévaudan“ im Jahre 2001 in Christophe Gans´ atmosphärisch dichtem Mystery-Thriller „Le pacte des loups“ zu cineastischen Ehren kam, liefert nun Steve Whitton vier Jahre später eine belletristische Fantasy-Adaption des historischen Originalstoffs.

So weit die nette Umschreibung für eine gnadenlos unoriginelle und abgekupferte Story. Statt etwas Eigenständiges zu erschaffen, verwurstet Steve Whitton Althergebrachtes in einem fantasielosen Story-Eintopf, bedient sich sowohl im Grundaufbau als auch in einzelnen Szenen schamlos an der filmischen Vorlage, angefangen beim mysteriösen, frauenmordenden und herzherausreißenden Untier, endend bei der geheimnisvollen Gesandtin des Königs, Jael, welche im Film von Monica Belluci verkörpert wird und sich dort Sylvia nennt.

Die phantastischen Elemente des Romans erschöpfen sich in der bloßen Erwähnung nicht handlungsrelevanter Dunkelelfen, wenigen Beschwörungen, die irgendwie irgendetwas bewirken oder auch nicht – zumindest nichts explizit Nachvollziehbares – und in der Figur Zaras. Darüber hinaus ist der Autor weit, weit davon entfernt, eine phantastische Welt mit eigener Kultur und Magie zu entwerfen. Stattdessen bastelt er aus Versatzstücken ein real anmutende mittelalterlich-feudalistische Dorfgemeinschaft, wobei er allerlei peinliche literarische Verrenkungen anstellt, um diesen Eindruck zu verwischen. So bezeichnet er Christen nicht als Christen, sondern als Anhänger eines/des neuen Gottes, wobei er jedoch christliche Symbolik und Organisationsformen eins-zu-eins übernimmt. Dass der Autor Zara zweimal in Morpheus Arme sinken lässt und damit einen unmittelbaren Bezug zur griechischen Mythologie unserer realen Welt herstellt, ist in meinen Augen ein weiteres Indiz für eine laxe, unaufrichtige und auch desinteressierte Auseinandersetzung mit der Fantasy-Materie.

Auf Seiten der Protagonisten hat lediglich Zara eine erwähnenswerte Funktion und Tiefe. Sie stellt gleichsam die Verkörperung des Chevaliers de Fronsac und seines kampferprobten Gefährten Mani in einer Person dar, geht also insofern sogar über die Filmvorlage hinaus. Und genau darin besteht die Schwäche dieser Figur. Sie verfügt über eine ganze Reihe von Vorzügen – übermenschliche Schnelligkeit, bessere Sinne, beschleunigte Wundheilung -, ohne an den Nachteilen zu leiden, die dem guten alten Grafen Dracula das Vampirdasein verleideten: Zara spaziert bei Sonnenlicht über das Antlitz der Welt, isst und trinkt mittelalterliches Fastfood (Wein & Brot), hat ungeschützten GV mit dem Grafen und muss nicht einmal Blut saugen. Kurz und gut: sie ist ein – im wahrsten Sinne des Wortes – todlangweiliger Charakter, zumal der Autor nicht Willens oder in der Lage war, ihr eine faszinierende, glaubhafte Vergangenheit zu verleihen, welche über das Allernotwendigste hinausgeht. Dementsprechend banal und aufgesetzt erscheinen ihre Motive und Emotionen, die nicht zu einem tausend Jahre alten, übermenschlichen Wesen passen wollen, sondern dem freundlichen Kriegsversehrten von nebenan besser zu Gesicht stünden.

Die übrigen Figuren sind mehr oder weniger bedeutungsloses Fußvolk, was insbesondere für ihren klischeehaft gezeichneten, unsympathischen Sidekick Falk gilt, der einerseits einen humoristischen Moment in die Geschichte einbringen und andererseits Zara als Spiegel ihrer „Unmenschlichkeit“ dienen soll, in beiden Fällen jedoch kläglich versagt.

Stilistisch betrachtet, ist der Roman sicherlich kein Meilenstein des Genres, er ist jedoch locker und flüssig geschrieben. Die anfangs leicht blumige Ausdrucksweise verliert später etwas an Kraft, genügt aber jederzeit den durchschnittlichen Ansprüchen, die man an einen solchen Roman und insbesondere einen Newcomer wie Whitton stellen kann.

Fazit: Ob und inwieweit Kenner des PC-Spieles dem Roman etwas abgewinnen können, vermag ich nicht zu beurteilen. Dem unbedarften Leser wird dieses Buch als schwaches, fantasieloses Erstlingswerk eines unbekannten Autors in Erinnerung bleiben. Empfehlenswert nur für Leute, die auf nett gemachte Buchcover stehen.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|
http://www.paninicomics.de

Topf, Markus – Ein Fall für Leon Kramer – Der Kodex (Episode 1)

Mit „Ein Fall für Leon Kramer“ startet die |Hörspiele Welt| eine neue Krimiserie, die aufgrund der übersinnlichen Thematik der ersten Episode ein wenig an den Gottvater des Genres, John Sinclair, erinnert. Jedoch verfolgt Drehbuchautor und Regisseur Markus Topf in seiner ersten Geschichte einen anderen Ansatz und eifert nicht einfach dem unbestrittenen Vorbild nach. Nicht Dämonen und böse Geister werden bekämpft, sondern menschliche Gegner, die mit ihrem finsteren Pendant nur das eine gemeinsam haben, nämlich dass sie in ihrem Handeln skrupellos und unberechenbar vorgehen. Die Idee scheint also ziemlich gut zu sein und verleiht der ziemlich überzeugend durchdachten Geschichte auch ein entsprechendes Potenzial. Und doch verrennt sich die Serie in dieselben Schönheitsfehler wie die Produktionen der „Schwarzen Stunde“ dieses Audioverlags. Ohne lebendige Atmosphäre kann nämlich selbst die tollste Geschichte nicht funktionieren …

_Story_

Leon Kramer ist Experte für Ritualmorde und wird immer dann herangezogen, wenn die Kollegen vom BKA bei ihren Ermittlungen in einer Sackgasse stecken. Auch aktuell ist Kramer wieder mit einem Fall beschäftigt, in dem es um einen seltsamen Mordanschlag geht. Der verdeckte Ermittler verfolgt auch schon alsbald eine ziemlich eindeutige Spur und schafft es sogar, die Täterin zu stellen. Doch just in jenem Moment, in dem die Sache schon abgeschlossen scheint, stürzt sich die Dame in die Tiefe und gibt dem Agenten nur noch eines mit auf den Weg: dass sie durch ihre Gefangennahme gegen den Kodex der Vampire verstoßen hat und deswegen sterben muss.

Kramer steht vor dem wohl merkwürdigsten Rätsel seiner polizeilichen Laufbahn. Vampire waren bisher nur Fabelwesen für ihn, und so kann er die Aussage der geflüchteten Jana Diakovska nicht akzeptieren. Trotzdem folgt er der neuen Spur, die ihn auf direktem Weg zu einer brutalen Gangster-Oranisation führt, die tatsächlich eine Vorliebe für Blut hat. Werden Kramer und seine Kollegin Jacobi die nächsten Opfer dieser Vereinigung?

_Meine Meinung_

Wirft man einen Blick auf die Rahmenbedingungen, hätte bei „Der Kodex“, dem ersten Teil aus dieser Serie, nichts falsch laufen dürfen. Inhaltlich liegt eine ziemlich starke Story vor, mit Fabian Harloff in der Hauptrolle des Leon Kramer hat man einen erfahrenen Schauspieler und auch schon Hörspiel-erprobten Mann verpflichten können, und auch das Thema der Geschichte ist in Zeiten, in denen Dan Brown und seine Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben, auch ziemlich populär – wenngleich sich Topf nicht irgendwie kritisch zur Kirche und anderen religiösen Obrigkeiten äußert bzw. sich überhaupt in diesen Komplex einarbeitet. Vergleiche sind aber durchaus angebracht, ebenso wie man auch bisweilen an Filme wie „Die purpurnen Flüsse“ erinnert wird.

Vielleicht ist es aber jetzt nicht so günstig, diese großen Namen ins Spiel zu bringen, denn das schürt Erwartungen, und denen wiederum kann dieses Hörspiel nur kleinen Ansätzen gerecht werden. Das Problem sind einmal mehr die ziemlich emotionslosen Sprecher. Harloff zum Beispiel ist zwar mit größtem Engagement dabei, wirkt dabei aber manchmal zu impulsiv und emotional der Stimmung der aktuellen Szene nicht angemessen. Zudem hebt er seine Simme mit fast gleichbleibender Akzentuierung und unterscheidet dabei nicht so richtig zwischen wirklich dramatischen Momenten und eher ruhigen Situationen. Weil er zugleich die Erzählstimme übernimmt und den Löwenanteil des Textes an sich zieht, fält sowas natürlich sehr deutlich ins Gewicht und raubt dem Hörspiel zwischenzeitlich auch schonmal Spannung und Atmosphäre – zumal auch hier manchmal der Balanceakt zwischen Erzählung und Bericht etwas schwerfällig gemeistert wird.

Jetzt habe ich aber anfangs die fehlnde Lebndigkeit kritisiert, und man mag sich fragen, wie dies mit Harloffs engagiertem Einsatz zu vereinbaren ist. Nun, das Problem besteht einfach darin, dass die vielen Action-Szenene, die „Der Kodex“ zu bieten hat, nie mit entsprechender Dramaturgie ausgestattet werden. Hier wird mal geschossen, dort droht die nächste Leiche, und irgendwie scheint dies alles nur Nebensache zu sein. Harloff schildert die wilden Verfolgungsjagden zwar sehr detailreich, handelt diese aber dennoch zu trocken und unbeteiligt ab. Und das ist bei einem Thriller schon fast tödlich.

Wirklich schlecht ist das Teil aber auch nicht, schließlich ist die Geschichte interessant und die Bemühungen der Sprecher sind klar zu erkennen. Für die Fortsetzung gilt es aber auf jeden Fall, dem lebendigen Plot eine ebenso lebhafte Untermalung zu gönnen und vor allem nicht die Hauptlast auf den zwei Schultern des Protagonisten zu verteilen. Dieser scheint nämlich trotz allem mit dieser Aufgabe überfordert zu sein. Wobei man auch nie vergessen darf, dass ein gutes Hörspiel von seinen vielzähligen Dialogen lebt. Und auch davon gibt es hier arg wenig. Schade um die gute Geschichte, kann man da nur sagen, denn abgesehen von der fehlenden Atmosphäre ist „Ein Fall für Leon Kramer“ sicherlich ein inhaltlich würdiger Genre-Vertreter.

http://www.hoerspiele-welt.de/

Angerhuber, Eddie M. / Koch, Boris (Hgg.) – Allem Fleisch ein Greuel

_Inhalt:_

„Allem Fleisch ein Greuel“ enthält sieben phantastische Erzählungen von Thomas Wagner, Kathleen Weise, John B. Ford, Michael Siefener, Quentin S. Crisp, Jörg Bartscher-Kleudgen und Matt Cardin. Sie erzählen von der Wahrheit, die unter dem Schleier der Realität liegt, oder etwas, das im Wahn für Wahrheit gehalten wird. Von der Wahrnehmung von mehr als der sichtbaren Wirklichkeit. Es geht um die Wahrheit hinter der Lüge oder um ein verbotenes Geheimnis in einer verschlossenen Kammer. Es geht um das Gesicht unter der Clownsschminke, um Masken und Träume oder das Aufbrechen der Realität mittels Drogen und Worten, oder dem Beginn einer neuen Zeit, die wirkt wie eine Halluzination. Es ist Phantastik ohne Monster.

_Leseprobe:_

|Er trat aus dem Flur in das Wohnzimmer. Eine Aureole gelben Lichts umfloß ihn und alle Spinnen dieser Welt.
Dies war nicht mehr die Zeit der Spinnen.
Leere Flaschen, Scherben und zerschlagene Möbel formten im Sonnenlicht eine Wiese der Zerstörung, einen Abgesang auf den menschlichen Verstand; auf dem Boden verstreute Lebensmittel verdarben wie im Zeitraffer, um die Brutstätte neuen Lebens zu bilden, das sich bereits in ihnen regte.
Das Bildnis eines Dackels hing in schiefem Winkel an der Wand und glotzte grotesk schielend auf das Bild der Verwüstung.
Auf der Tapete tanzte ein Blumenmuster unbeholfene Kapriolen im Sonnenlicht, nur einige merkwürdig asymmetrische Blüten feucht-roter Farbe beteiligten sich nicht an diesem surrealen Reigen. Ihre Blätter erstreckten sich, Farbspritzern gleich, scheinbar ziellos und fordernd über das Muster, um sich an ihren Spitzen auf eine gemeinsame, senkrecht verlaufende Richtung zu einigen.
Aus einer Steckdose ragte ein ineinander verschlungenes Kabel, das sich wie ein Kriechtier abwärts und über den Teppich wand. Einige Fliegen krabbelten im Gänsemarsch über die rotverschmierte Isolierummantelung.
Am Boden lag – auf dem Bauch hingestreckt und mit angewinkelten Gliedmaßen, gleichsam eingefroren in einer letzten aufbäumenden Bewegung – der leblose Körper eines Mannes; bekleidet nur mit einer fleckigen Unterhose, die halb über das bleiche Gesäß herabgerutscht war.
Im Schädel – oder vielmehr in einer unkenntlichen Masse aus Blut und Haar – steckte, einer absurden, lärmenden Krone gleich, ein angeschaltetes Transistorradio.|

aus: Thomas Wagner: „Die gelbe Zeit“

_Rezension:_

Die Mischung nationalen und internationalen AutorInnen macht den Reiz dieser Anthologie aus, in der besonders drei Geschichten |on top| für sich in Anspruch nehmen können: allen voran die von Thomas Wagner (Von dem Mann müsste es viel mehr zu lesen geben! Das würde das Genre erheblich beleben.) Daneben waren für mich die weiteren Highlights: Michael Siefener, Jörg Bartscher-Kleudgen und Matt Cardin, von dem auch die Titelstory stammt. Aber auch die anderen Storys halten ein souveränes Niveau. Das spiegelt sich besonders in den eher subtil düsteren Handlungsbögen wider.

„Allem Fleisch ein Greuel“ ist eine interessante Komposition der Stile und Plots und stellt somit eine dankenswerte Abwechslung zu den vielen Themen-Anthologien dar. Es ist sicher schön, Projekte anzubieten, die thematisch einen „roten Faden“ haben, aber das sollte immer weniger zur ungeschriebenen „Pflicht“ werden. Diese Anthologie ist der beste Beweis dafür, dass es dem Leser zugute kommt.

Die erste Novelle ist „Die gelbe Zeit“ von Thomas Wagner. Nicht nur die erste auch |the very best| mit dem Prädikat „erzählerisch wertvoll“. Eine sprachgewaltige, teilweise bizarre, aber dennoch feine Erzählform die den alltäglichen Horror auf sehr atmosphärische Weise rüberbringt. Ich habe es schon in anderen Anthologien feststellen können, und das Bild rundet sich immer mehr: Thomas Wagner ist ein Autor der Kurzgeschichte! Die Ausbeute derer, die Shortstorys beherrschen, ist gering, aber Thomas Wagner gehört eindeutig dazu. Ein Satz der Geschichte sprach mir besonders aus der Seele: „Der Sommer widerte ihn an, diese durch und durch ordinäre Jahreszeit mir ihren plumpen Farben …“

Michael Siefeners „Die steinernen Träume“ im typisch feinen, unheimlichen Siefener-Stil handelt von einem Protagonisten, der nach einem persönlichen Verlust von Kummer gezeichnet die Begegnung mit einer Heiligen des Ortes, an dem sein verstorbener Vater gelebt hat, macht, deren Reliquien einen verhängnisvollen Einfluss ausüben

In „Die dreizehnte Kammer“ von Jörg Bartscher-Kleudgen rettet ein Walfangkapitän eine Schiffbrüchige, und es entwickelt sich zwischen ihnen eine filigrane Beziehung, die durch das Geheimnis des sonderbaren Mannes, das er in der dreizehnten Kammer verbirgt, in Gefahr gerät. Der Stil des Autors ist wie immer atmosphärisch und eher feingeistig düster. Genau die Prise, die das Besondere ausmacht, und der Handlungsbogen wird durch einen geschickten Perspektivenwechsel erfreulich hoch gehalten.

Matt Cardin setzt sich in „Allem Fleisch ein Greuel“ erzählerisch mit der Auslegung der Bibel auseinander – in einem sehr interessantem Party-Gesprächs-Plot.

Überhaupt zeichnet das die Anthologie aus. Sie lebt von der Bandbreite der Stile und Handlungen, die nicht so sehr dem Klischee entspringen, wie es oft der Fall ist. Aus diesem Grund unterscheidet sie sich dadurch von der breiten Masse und ist ein weiterer Bausteine dafür, dass Kurzgeschichtensammlungen verschiedener Autoren wieder mehr Raum haben sollten als die einzelner Autoren.

Was auch besonders gelungen ist: dass die Herausgeber die Autoren nicht anhand einer herkömmlichen Vita vorstellen, sondern schildern, welchen Bezug sie zu dem jeweiligen Autor haben und diesen dem Leser auf sehr persönliche Weise vorstellen und näher bringen.

Für mich ist der einzige kleine Negativpunkt, dass die Anthologie nicht in eine einheitliche Rechtschreibung gesetzt wurde. Aber das trübt in keiner Weise den Lesegenuss. Was mir ebenso ein wenig fehlt, ist zu jeder Story eine Illustration. Das hätte den Band auch optisch abgerundet.
Ansonsten ist die Aufmachung wie immer bei MEDUSENBLUT gewohnt gut: Covermotiv, Papier, Druck, alles eins-a!

Fazit: Eine lesenswerte Kurzgeschichtensammlung, die einen interessanten Kontrast zwischen nationalen und internationalen Autoren bietet und von sieben Geschichten drei sehr gute plus ein Highlight bietet. Daher kann ich „Allem Fleisch ein Greuel“ nur wärmstens empfehlen!

http://www.medusenblut.de/

Huff, Tanya – Hüte sich wer kann (Die Chroniken der Hüter 3)

[„Hotel Elysium“ 1481
[„Auf Teufel komm raus“ 1995

Nach „Hotel Elysium“ und „Auf Teufel komm raus“, folgt nun mit „Hüte sich wer kann“ der dritte Streich der |Chroniken der Hüter|. Den beiden Hüterinnen Claire und Diana Hansen steht diesmal Schlimmes bevor, denn sie haben es nicht nur mit einem Loch zur Hölle, sondern gleich mit einem Übergang zu tun. Und wo würde ein Übergang zur Hölle besser hinpassen als in ein Einkaufszentrum?

Ein verzaubertes Armband führt Claires kleine Schwester und frischgebackene Hüterin Diana an ihrem letzten Schultag in das West-Gardener Einkaufszentrum. Bei einer ersten Überprüfung muss sie bestürzt feststellen, dass die Hölle dabei ist, in einem der Läden, der passenderweise |Erlkönig| heißt, einen Übergang zur Hölle zu erschaffen. Dazu muss die Hölle ein Stück der Gegenseite der Realität immer mehr anpassen, bis es diese irgendwann ersetzen kann. Sollte dies geschehen, hätte die Hölle einen permanenten Übergang. Die Folgen davon sollte sich jeder selbst ausmalen können.

Trotz einer fatalen Neigung zur Selbstüberschätzung merkt Diana (mit ein bisschen Hilfe ihres Katers Sam), dass sie trotz all ihrer Macht mit der Schließung eines Überganges völlig überfordert wäre. Dazu braucht es nicht nur Kraft, sondern auch eine Menge Erfahrung. Wie gut, dass ihre viel erfahrenere Schwester Claire zusammen mit ihrem Freund Dean und Kater Austin das ehemalige Höllenloch Hotel Elysium ganz in der Nähe bewirtschaftet.

Zusammen haben die beiden Schwestern Macht und Erfahrung, nun fehlen ihnen zur endgültigen Schließung des Überganges nur noch ein paar Informationen. Um ihren Feind besser kennen zu lernen, versuchen Claire und Diana durch den Erlkönig hinüber auf die Gegenseite zu wechseln. Sowohl die Schwestern als auch Sam gelangen sicher hinüber, nur für Austin bleibt der Übergang verschlossen. Als klar wird, dass es für ihn keine Möglichkeit gibt, Claire zu folgen, kehrt er mit Dean ins vermeintlich sichere Hotel zurück.

Doch wenn die Hüter aus dem Haus sind, … tanzen die Mumien auf dem Tisch. Während Claire und Diana sich im Ausspionieren der Hölle üben, bekommen es Dean und Austin mit äußerst merkwürdigen Hotelgästen zu tun. Neben den sieben Champions der Zwergenliga (inklusive Managerin mit einer Haut weiß wie Schnee, Haaren schwarz wie Ebenholz und Lippen rot wie Blut), verlangen auch der Ägyptologe Dr. Rebik und seine etwas vertrocknete Freundin Meryat ein Zimmer. Dass Meryat eine reanimierte, fünftausend Jahre alte Mumie ist, schockt weder Dean noch Austin, doch warum geht es der Mumie immer besser, während Dr. Rebik immer älter zu werden scheint?

Im Einkaufszentrum der Gegenseite treffen Claire und Diana auf Einkaufselfen, Straßenkids, die aus der Realität in das Einkaufszentrum der Gegenseite hinübergewechselt sind und sich dort in Elfen verwandelt haben. Angeführt von einer Anime-Version des legendären König Artus, leisten sie erbitterten Widerstand gegen die Schergen der Hölle. Da die beiden Hüterinnen auf der Gegenseite keine ihrer speziellen Kräfte anwenden dürfen und somit allein auf die mitgebrachten Gegenstände und ihren Verstand angewiesen sind, erweisen sich die Einkaufselfen als ideale Verbündete beim Kampf gegen die Hölle. Doch die Kräfte der Hölle scheinen unüberwindlich und bald wird den Hüterinnen klar, dass eine Schließung des Übergangs nur unter großen Opfern zu erreichen ist.

Auch im dritten Teil der „Chronik der Hüter“ gelingt es der 49-jährigen Kanadierin Tanya Huff, Fantasy und Humor gekonnt miteinander zu verbinden. Während der Haupthandlungsbogen um Claire und Diana im Vergleich zu den vorherigen Bänden etwas ernster geraten ist, macht die Nebenhandlung um Dean und Austin alles wieder wett. Der junge, unerfahrene, aber äußerst gutherzige Zuschauer Dean bildet zusammen mit dem alten, erfahrenen und pragmatischen Kater eine wirklich explosive Mischung.

Durch den Wechsel der beiden Hüterinnen auf die Gegenseite kommen einige interessante neue Möglichkeiten ins Spiel, die von der Autorin hervorragend genutzt werden, um dem Kampf gegen die Hölle neues Leben einzuhauchen. Mit Sam wird ein neuer feliner Hauptdarsteller eingeführt, jünger als Austin und durch seine himmlische Abstammung manchmal nicht so ganz auf der Höhe, was feline Etikette betrifft. Leider entwickelt Sam hier noch nicht wirklich einen eigenständigen Charakter, sondern scheint vielmehr ein jüngeres unerfahrenes Abbild von Austin zu sein. Trotzdem kann sich wohl jeder Dosenöffner in der Beziehung von Sam und Diana wiederfinden.

Nicht nur durch die spannende und witzige Geschichte ist „Hüte sich wer kann“ wirklich empfehlenswert. Auch optisch macht der Roman einen sehr guten Eindruck. Das Cover wurde vom |Feder & Schwert|-Verlag wieder sehr edel gestaltet und ist zusammen mit den beiden anderen Bänden ein Blickfang in jedem Bücherregal.

http://www.feder-und-schwert.com/

Camilla Läckberg – Der Prediger von Fjällbacka

Eigentlich müsste diese Besprechung mit ungefähr diesen Worten anfangen: Camilla Läckberg ist das next best thing aus Krimi-Schweden.

Aber da dieser Satz schon in Verbindung mit zu vielen Büchern gefallen ist und ich es beim besten Willen nicht einsehe, ein derartig gutes Buch in eine Schublade zu stecken, lassen wir das lieber und konzentrieren uns auf die eigentlich wichtigen Punkte.

„Der Prediger von Fjällbacka“ ist Läckbergs zweiter Roman nach „Die Eisprinzessin schläft“ und spielt am gleichen Ort und mit den gleichen Personen wie das Debüt.

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Hearn, Lian – Schwert in der Stille, Das (Der Clan der Otori – Band 1)

Sushi, Manga und Toyota – Japan ist längst in Europa angekommen. Auch die Britin Lian Hearn ist fasziniert von dem fernen Inselreich im Pazifik. Der Leidenschaft für die fernöstliche Welt entsprang das Jugendbuch „Das Schwert in der Stille“, der erste Teil ihrer dreibändigen Fantasy-Saga.

„Das Schwert in der Stille“ spielt „in einem imaginären Land in einer feudalen Epoche“, so die Autorin im Vorwort ihres Romans. Hearns Hauptfigur ist der jugendliche Takeo aus dem abgelegenen Bergdorf Mino. Sein friedliches Leben nimmt ein jähes Ende, als sein Heimatort von dem finsteren Clan der Tohan ausgelöscht wird. Bauernhöfe brennen, die Einwohner werden von wilden Kriegern niedergemäht, niemand soll überleben.

Nur durch einen Wink des Schicksals gelingt es dem Jungen zu entkommen. Er flüchtet direkt in die Arme eines anderen Kriegers und fürchtet schon, dass nun sein letztes Stündlein geschlagen hat. Der Fremde – groß, kräftig und bewandert im Umgang mit der Klinge – stellt sich als Shigeru vor, Lord der Otori. Er ist ein erklärter Feind des Hauses Tohan und tötet Takeos Verfolger ohne viel Federlesens.

Shigeru nimmt sich des heimatlos gewordenen Jungen an und geht mit ihm in die Residenzstadt Hagi. Dort lernt Takeo ein völlig neues Leben am Hof des großen Clans kennen. Schnell muss er begreifen, dass das friedliche Dasein auf dem Land jetzt ein Ende hat. Die Auseinandersetzungen der großen Häuser fordern ihm einiges an Raffinesse und Anstrengung ab, um im steten Intrigenspiel nicht unterzugehen. Ungeachtet der Gefahren sieht er mit Ruhe und Geduld dem Moment entgegen, sich für den Mord seiner Eltern zu rächen. Dabei wollte er nie zu einem Mörder werden.

Hearns Schreibstil ist unterhaltsam und kurzweilig, leider jedoch wenig pointiert und nur mäßig spannend. Wer dem Geist des feudalen Japans auf die Spur kommen möchte, findet zwischen den Buchdeckeln nur geringe Befriedigung. Man spürt, dass es eine Europäerin ist, die über ein Land schreibt, dessen Spiritualität sie nur ungenügend wiedergeben kann. Es fehlt an Details, die die Geschichte lebendig machen. Stattdessen beschleicht einen hin und wieder das Gefühl, einem spröden Gedankenkonstrukt gegenüberzustehen. „Das Schwert in der Stille“ ist ein solider Fantasy-Roman, geeignet für den Strandkorb oder die U-Bahn. Den Leser fesseln kann er allerdings nicht.

Die beiden nachfolgenden Bände „Der Pfad im Schnee“ und „Der Glanz des Mondes“ sind ebenfalls im |Carlsen|-Verlag erschienen.

http://www.otori.de

Laymon, Richard – Rache

Er wollte nur kurz in den Drugstore und ein Päckchen Kondome besorgen, doch nun wartet Sherry, eine junge Aushilfslehrerin, schon mehr als eine Stunde auf ihren Lover Duane. In der korrekten Annahme, dass er sich in der Aussicht auf eine heiße Liebesnacht nicht einfach empfohlen hat, macht sie sich zunehmend besorgt auf die Suche. Die Sommernacht ist heiß, auf den Straßen sieht man kaum einen Menschen. Sherry ist deshalb froh, als sie ein bekanntes Gesicht sieht. Toby Bones sitzt in einer der Klassen, die sie unterrichtet. Er bietet ihr an, auf der Suche nach Duane zu helfen. Sherry nimmt an, zumal sie amüsiert und geschmeichelt bemerkt, dass sich der schüchterne, dickliche Toby zu ihr hingezogen fühlt.

Doch hinter der Maske höflicher Zurückhaltung steckt ein Psychopath. Schon lange brodelt es in Toby. Er ist ein gesellschaftlicher Niemand, ein unattraktiver Außenseiter, den die Mädchen keines Blickes würdigen. In dieser Nacht bricht er alle gesetzlichen und moralischen Brücken hinter sich ab. Toby will sich rächen an der Welt – aber vor allem will er eine Frau: Sherry, die er nicht mehr aus der Ferne verehren sondern sie sich nehmen wird.

Genauso geschieht es und es ist fast zu leicht. Einmal in Tobys Gewalt, gelingt es Sherry nicht, ihm zu entfliehen. Die Stadt scheint verödet, niemand bemerkt ihre Not. Die wenigen Pechvögel, denen sie sich verständlich machen kann, werden von Toby kurzerhand massakriert. Auch der arme Duane hat bereits sein Ende gefunden. Sherry ist auf sich gestellt. Ziellos fährt sie mit einem auch den Rest seiner Kontrolle verlierenden Toby durch die Straßen. Verzweifelt redet sie auf ihn ein, verhandelt, heuchelt Zuneigung, verspricht Gehorsam, selbst als Tobys Übergriffe zunehmend brutaler werden. Sherry weiß genau, dass sie sein letztes Opfer werden soll. Doch sie will leben und schmiedet einen verzweifelten Plan – nur: Wird ihr der irre aber schlaue Toby die Gelegenheit geben, ihn umzusetzen, oder muss sie vorher sterben wie so viele, deren Weg das unfreiwillige Paar kreuzt …?

„Rache“ erzählt eine ganz einfache Geschichte von Entführung, Folter, Mord und natürlich Rache. Autor Laymon berichtet, was geschieht, wobei er keinen Moment die Augen abwendet bzw. kein Blatt vor den Mund nimmt. „Rache“ ist ein finsterer, beklemmender, schmutziger Thriller, der sich einen Dreck um das schert, was heute als politisch korrekt gilt. Stattdessen lotet Laymon zwei kriminalistische Phänomene aus: den Serienmord und die Selbstjustiz.

Der Serienmörder hat es zum Medienstar und zur Kultfigur gebracht. Das „Publikum“ liebt Berichte und „True Crime“-TV-Shows, in denen akribisch die Jagdstrecken möglichst blutig vorgehender Killer nachgezeichnet werden, immer neue, bizarrere Hannibal-Lecter-Klone entspringen den Hirnen einfallsarmer Roman- und Drehbuchautoren. Psychologen und Kriminologen machen sich viele wichtige Gedanken um das Wer und Wieso; gern dürfen auch die Angehörigen der Opfer ins Rampenlicht.

Jenseits dieses Rummels lauert die schmutzige Realität. Psychopathische Attacken sind keine kriminalistischen Planspiele, sondern direkte Angriffe auf Leib und Seele. „Rach“ schildert genau das in einfachen, deutlichen, drastischen Worten, ohne „literarische“ Ambitionen und damit auch ohne Ablenkungen. Dadurch bleibt jederzeit klar, dass hier ein nackter, erbarmungsloser Kampf auf Leben und Tod stattfindet. Jegliche Würde, jegliche Menschlichkeit bleibt auf der Strecke. Sherry und Toby lassen die Masken fallen – die eine will erst überleben und dann Rache, der andere endlich seinen unterdrückten Trieben freien Lauf lassen. Daran ist nichts Heroisches, Sherry keine verkappte Leistungssportlerin mit Nahkampfausbildung, die zielsicher zurückschlagen wird, Toby kein Täter, dem per Diskussion rational beizukommen wäre. Auf ein wunderbares Hollywood-Happy-End darf man nicht hoffen, daran lässt der Verfasser keinen Zweifel.

Laymon lässt kein Entrinnen zu. Hin und wieder gelingt Sherry eine „kleine“ Flucht, die jedoch im Nichts öder Parkplätze oder verlassener Hinterhöfe endet. Sherry ist nicht schnell genug bzw. Toby zu brachial in seinem Amoklauf. Die wenigen Menschen, die in dieser Sommernacht unterwegs sind, scheren sich wenig umeinander. Bald gibt es Sherry gänzlich auf, Aufmerksamkeit zu erregen: Entweder hilft ihr niemand – und wer ihr hilft, wird sterben, denn bevor es ihr gelingt, dem potenziellen Retter die Situation zu verdeutlichen, taucht schon Toby auf und macht kurzen Prozess. Ihren Kampf müssen Sherry und Toby unter sich ausfechten, und es wird nur eine/r überleben.

Sherrys Fluchtversuche enden auch deshalb im Nichts, weil sie völlig unvorbereitet und arglos in Tobys Falle tappt: Der Durchschnittsbürger schaut sich gern die zahlreichen „Vorsicht, Strolche!“-Sendungen im Fernsehen an, kann oder will aber nicht begreifen, dass ihm oder ihr jederzeit ein ähnliches Schicksal blühen könnte. In äußerster Not muss Sherry den Umgang mit einem Psychopathen lernen. Fehler werden schmerzhaft bestraft. Vor allem begreift Sherry ihre völlige Hilflosigkeit. Niemand will oder kann ihr helfen. Retten kann sie sich nur selbst. Die vertraute Welt, in der sie sich tagsüber so selbstsicher bewegt, hat sich in ein Labyrinth verwandelt, das sie mit einem Ungeheuer teilt. Die Nacht ist Tobys Welt. Wenigstens für einige Stunden ist er der absolute Herrscher.

Die Lehre, die Sherry aus ihrer Horrornacht zieht, ist folgerichtig: Hilf dir selbst, denn dir wird niemand helfen. „Hilfe“ bedeutet in diesem Fall auch „Rache“: Sherry will keine Polizei, Toby soll nicht vor Gericht; sie wünscht keine peniblen, öffentlichen Schilderungen ihres Martyriums, und der Justiz vertraut sie nicht. Also nimmt sie das Recht in die eigene Hand – und wird selbst zur Kriminellen, die zudem noch zwei Halbwüchsige manipuliert, damit sie ihr zur Seite stehen.

Toby ist kein organisierter Täter, er hinterlässt überall Spuren. Er wird letztlich scheitern, man wird ihn fassen oder erschießen. Toby ist sich dessen dunkel bewusst, doch hier und jetzt ist es ihm völlig egal. Die Zukunft hat er aus seinem Lebenskonzept gestrichen. Immer haben „die Anderen“ – die Klügeren, Hübscheren, Reichen – bekommen, was ihm ebenfalls zusteht, wie er glaubt. Für ihn blieben nur Tritte, Hohn und Beschimpfungen. Wenn er nicht teilhaben darf, dann holt er sich eben, was er will, und pfeift auf die Konsequenzen. Endlich kann Toby bestimmen, was geschieht. Das macht ihn zum gefährlichsten Menschen überhaupt, denn er hat nichts zu verlieren und wird sich jeden noch so perversen Wunsch erfüllen.

War Toby schon immer ein Psychopath oder hat ihn sein trostloses Leben dazu „gemacht“? Es gibt einen kurzen Texteinschub, aus dem hervorgeht, dass es beim Tod seiner Eltern nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Darüber hinaus verhindert Laymon auch diesen Versuch einer rationalen Erklärung. Diese Frage ist irrelevant. Toby handelt – und als Resultat seiner Taten sterben Menschen. Wieso er das tut, darüber werden später Kriminalisten, Anwälte, Psychologen und Medienvertreter ausgiebig diskutieren. Für Sherry wird es dann allerdings zu spät sein. Die brutale Eindeutigkeit dieser Erkenntnis schmerzt vor allem Gutmenschen. Laymon schildert ohne Heuchelei eine Situation, in der Gewalt scheinbar nur durch Selbstverleugnung, Erniedrigung und Gegengewalt gekontert werden kann. Zudem lauert sie nach Laymon in den meisten Menschen und wartet auf ihre Gelegenheit: Toby ist selbst überrascht, als er unter denen, die er mit Waffengewalt in seinen Bann bringt, immer wieder freiwillige Komplizen findet. Sie nehmen die Gelegenheit wahr, ihren eigenen sadistischen Anwandlungen zu folgen, und „entschuldigen“ es damit, dass sie von Toby gezwungen werden.

Aber auch diejenigen, die Tobys Terror überlebten, sind gezeichnet. Sie haben die Gewalt kennen und durchaus lieben gelernt. „Die Macher“ nennen sie sich und warten geradezu darauf, dass in ihrer Anwesenheit jemand über die Stränge schlägt: Sie werden ihm oder ihr eine Lektion erteilen und sich der Macht erfreuen, die sie sich anmaßen – genauso, wie sie es gelernt haben.

Für dieses eigenwillige Finale wird man Laymon hassen, denn manche Wahrheit schmerzt. Das ist Laymon freilich gewöhnt, denn das Verhalten von Menschen in Extremsituationen hat er in seinen Romanen immer wieder zum Thema gemacht. „Rache“ ist eine tour de force durch die ganz finsteren Gefilde der Seele. Daran teilzunehmen, macht keine Freude, ist aber faszinierend: Der Mensch ist halt ein Voyeur; auch das ist eine bittere Medizin, die Richard Laymon großzügig austeilt.

Richard Carl Laymon wurde 1947 in Chicago, Illinois, geboren, wo er auch aufwuchs. Ein Studium in Englischer Literatur begann er an der Willamette University, Oregon, und schloss es mit einem Magistertitel an der Loyola University, Los Angeles, ab. Anschließend arbeitete Laymon u. a. als Schullehrer, Bibliothekar sowie Rechercheur für eine Anwaltskanzlei.

Als Schriftsteller debütierte Laymon 1980 mit den Psychothrillern „Your Secret Admirer“ und „The Cellar“ (dt. „Haus der Schrecken“). In den folgenden beiden Jahrzehnten veröffentlichte er mehr als 60 Romane und zahlreiche Kurzgeschichten. Dabei beschränkte er sich nicht auf die Genres Horror und Thriller, sondern schrieb u. a. auch Romanzen oder Westernromane. Laymons Erfolg hielt sich in den USA lange in Grenzen; seine eigentliche Fangemeinde hielt ihm in Europa die Treue. Dafür dürften seine ungeschminkt derben und an blutigen Effekten nicht sparenden, die puritanische Sexfurcht der US-Gesellschaft ignorierenden und anklagenden Geschichten verantwortlich sein. Dennoch wurden Laymon-Werke mehrfach für renommierte Buchpreise nominiert. Im Jahre 2000 wurde „The Travelling Vampire Show“ mit dem „Bram Stoker Award“ für den besten Horrorroman des Jahres ausgezeichnet.

Den Preis konnte Richard Laymon nicht mehr selbst in Empfang nehmen. Er starb völlig überraschend am 14. Februar 2001 an einem Herzanfall. Über sein Leben, vor allem jedoch über sein Werk informiert die Website http://www.ains.net.au/~gerlach/rlaymon2.htm.

http://www.heyne-hardcore.de

Hyung, Min-Woo – Priest – Band 7

[Band 1 1704
[Band 2 1705
[Band 3 1707
[Band 4 1709
[Band 5 1720
[Band 6 2515

Ivan Isaacs hat in einem Akt des blinden Hasses die Domas Porada geöffnet und das personifizierte Böse, den abtrünnigen Engel Temozarela, aus seiner Gefangenschaft befreit. Belial, der den gefallenen Engel einst in die Festung bannte, versucht mit aller Macht, das Geschehene rückgängig zu machen, ist aber gegen die Vertreter Temozarelas machtlos. Seine einzige Chance, dem Engel Paroli zu bieten, besteht darin, den verschonten Ivan Isaacs für seine Zwecke zu gewinnen. Der jedoch hat mit seinem Leben abgeschlossen, nachdem er seine geliebte Halbschwester hat sterben sehen. Mit der Leiche von Gena in seinen Armen kehrt Ivan zurück zu seinem Anwesen zurück, muss dabei aber unablässig an seine Vergangenheit in der Obhut von Genas Vater denken. Und dies schürt Hass in dem auferstandenen Isaacs; er hasst die Schergen Raul Priestos, er hasst Temozarela, er hasst auch Belial, der sich Isaacs‘ Schwäche zunutze machen möchte. Der jedoch möchte von Belial und seinen Versprechen nichts wissen. Doch der düstere Teufel lässt ihm keine Wahl und entfesselt in Ivan auch das letzte Fünkchen Hass – bis Ivan sich endlich seiner Führung unterwirft …

_Meine Meinung_

Das siebte Buch der „Priest“-Reihe bietet einen überraschend gradlinigen Plot, der direkt an die Ereignisse aus dem letzten Band anknüpft und die Rückkehr Temozarelas auf Erden beschreibt. Der gefallene Erzengel widersetzt sich dabei allen Versuchen, in die Gefangenschaft zurückgetrieben zu werden und ist mittlerweile viel mächtiger als sein Widersacher Belial. Er trachtet danach, sein düsteres Werk zu beenden, und Belial alleine kann ihn daran kaum noch hindern, dafür sind Temozarela und seine finsteren Gefähten viel zu mächtig. Nur eine Hoffnung hat Belial noch, und dafür spielt er all seine verborgenen Trümpfe aus, lässt Ivan Isaacs gegen eine ganze Armee von Untoten antreten und holt durch deren penetrantes Auftreten aus dem stark geschwächten Isaacs die letzten Reserven heraus, die nötig sind, um den auferstandenen Schicksalsträger gegen Temozarela aufzuhetzen.

Im Grunde genommen konnte man diese Entwicklung allerdings auch schon im Vorfeld erahnen, denn nach der Ankunft des Engels stand Belial unter Zugzwang, und bis auf Ivan Isaacs, von dessen Pakt mit dem Teufel man ja bereits vorher wusste, blieb am Ende auch niemand mehr, der sich gegen den gefährlichen Rückkehrer wenden könnte. Und außerdem ist dies ja auch schon aus den ersten beiden Bänden mehr oder weniger klar geworden, bevor dann die große Aufarbeitung der Historie gestartet wurde.

Spannend ist die Fortsetzung allerdings trotzdem, schließlich ist es zunächst schwer vorstellbar, dass sich Ivan dem Teufel anschließt. Außerdem weiß man aufgrund der vielfältigen Ereignisse noch immer nicht, welche Mittel dieser einsetzen wird, um Ivan zu überzeugen, an seiner Seite zu kämpfen, denn zum einen ist Isaacs eigentlich zu intelligent, um sich auf einen unehrenhaften Deal einzulassen, und zum anderen ist Belial derart unberechenbar, dass man kaum durchschauen kann, wie sich seine Einstellung entwickeln wird. Aber natürlich ist die grundlegende Richtung vorbestimmt, und diese lässt ausnahmsweise mal keine Überraschungen zu.

Selbst eine starke Reihe wie „Priest“ braucht mal Bände, die nicht ganz so spektakulär sind, die Geschichte aber dennoch mit gleichem Tempo voranbringen. Weil sich die inhaltlichen Geschehnisse nach wie vor in der Vergangenheit abspielen und man demzufolge schon eine etwaige Vorstellung hat, was passieren muss, lässt es sich eben nicht vermeiden, dass der Überraschungseffekt mal ausbleibt, aber das ist wirklich vollkommen legitim. Die Spannung flaut jedenfalls nicht ab, und das ist doch im Endeffekt die Hauptsache. Für mich ist „Priest“ jedenfalls immer noch die beste aktuelle Manhwa-Serie, und jetzt, wo ich weiß, dass der Stoff schon sehr bald verfilmt werden wird, ist meine Begeisterung direkt noch mal gestiegen. Und für euch gibt’s noch einen weiteren Grund, bei dieser Serie dringend am Ball zu bleiben …

http://www.tokyopop.de/

R. A. Salvatore – Die zwei Schwerter (Die Rückkehr des Dunkelelf 3)

Band 1: „Die Invasion der Orks“
Band 2: „Kampf der Kreaturen“

Im hohen Norden der vergessenen Reiche zieht sich eine gewaltige Orkarmee zusammen. Unterstützt von den fast unverwundbaren Trollen und den gigantischen Eisriesen, versucht Orkkönig Obould die Zwerge zu vernichten und ein eigenes Reich zu gründen. Da er von der Kraft seines Gottes durchdrungen ist, scheint dieses Vorhaben zu gelingen.

Doch die Zwerge leisten erbitterten Widerstand. Tatsächlich gelingt es ihnen, ihre Heimat, die Festung Mithril-Halle, zu verteidigen. Doch dafür werden große Opfer verlangt. Und obwohl die Halle gehalten werden kann, graben sich die Orks ein und beginnen mit dem Aufbau ihres Reiches.

R. A. Salvatore – Die zwei Schwerter (Die Rückkehr des Dunkelelf 3) weiterlesen

Püstow, Hendrik / Schachner, Thomas – Jack the Ripper – Anatomie einer Legende

Wohl kaum ein Kriminalfall der Geschichte beschäftigt die Menschen auch heute noch so sehr wie die Morde von „Jack the Ripper“. Im Spätsommer und Herbst 1888 versetzte ein unbekannter Täter die Menschen des Londoner East Ends in Angst und Schrecken. Innerhalb weniger Wochen ermordete er mindestens fünf Frauen, allesamt Prostituierte, die sich auf den Straßen von Whitechapel ihren Lebensunterhalt verdienen mussten.

Über kaum einen Täter in der Kriminalgeschichte dürfte so sehr spekuliert worden sein wie über „Jack the Ripper“. An Theorien zu den Morden mangelt es nicht – höchstens an stichhaltigen Theorien. Im Laufe der Geschichte machten diverse Verdächtige die Runde. Mal soll die Spur der Morde bis ins britische Königshaus hinaufreichen, mal will jemand angeblich die Tagebücher von „Jack the Ripper“ gefunden haben, und mal macht sich eine renommierte Krimiautorin auf, im Namen der Aufklärung für viel Geld den Nachlass eines wichtigen Künstlers der damaligen Epoche unwiederbringbar zu zerstören. Gerade vor dem Hintergrund der Whitechapel-Morde von 1888 gibt es immer wieder skurrile Theorien und sonderbare Ereignisse, die zur Mythenbildung ihren Teil beisteuern.

Einen neuen Täter präsentieren auch Henrik Püstow und Thomas Schachner in ihrem im |Militzke|-Verlag erschienenen Buch „Jack the Ripper – Anatomie einer Legende“ nicht. Auch ansonsten kommt ihr Buch eher unspektakulär daher. Püstow und Schachner haben sich aber auch ein gänzlich anderes Ziel auf die Fahnen geschrieben, eines, das gerade unter Ripperologen wohl eher selten ist: Ganz nüchtern widmen sie sich lediglich den Fakten. Sie rekonstruieren die Fälle anhand der damaligen Presse und der Polizeiakten. Sie skizzieren den Ablauf der Verbrechen neu, lassen die damaligen Zeugen zu Wort kommen und versuchen möglichst genau die letzten Schritte der Opfer nachzuvollziehen.

Die Verdächtigen, die nach den unterschiedlichen Ripper-Theorien für die Taten verantwortlich sein könnten, stellen sie jeweils kurz vor und erläutern in einer Pro-und-contra-Liste, was für und was gegen die Tätertheorie spricht. Nun sollte man meinen, eine solche objektive, lediglich auf Fakten basierende Betrachtungsweise wäre nichts Neues, in Sachen „Jack the Ripper“ ist sie allerdings ein Novum.

Allein die Tatsache, dass Püstow und Schachner selbst keiner Tätertheorie anhängen, ist schon eher ungewöhnlich, war es doch unter Ripperologen sonst meist üblich, die Whitechapel-Morde so darzustellen, dass sie zur individuell gehegten Tätertheorie passen. Die beiden Autoren bleiben in ihrer Betrachtungsweise bis zum Schluss objektiv, und genau das macht dieses Buch nicht nur einmalig, sondern auch zu einem wichtigen Werk zum Thema „Jack the Ripper“. Püstow und Schachner zeigen auf, was wirklich zu den Fällen bekannt ist, sie rekonstruieren die Fälle minutiös und prüfen bekannte Tätertheorien auf ihre Stichhaltigkeit.

Das, was dieses Buch so wertvoll macht, ist auch die Tatsache, dass man sich einen wunderbaren Überblick zu dem Thema verschaffen kann. Sind die meisten Ripper-Publikationen stets sehr subjektiv gefärbt, so erfährt man bei Püstow und Schachner, was man als gesichert ansehen kann und was nicht. Hinzu kommt, dass die beiden Autoren Material gesichtet haben, das bislang kaum Eingang in die Literatur zum Thema gefunden hat. Laut Verlagsangaben lagen den beiden die kompletten Polizeiakten vor, teilweise gar bislang ungesehenes Material. Ergänzt haben sie das mit den damaligen Meldungen der Presse, teils auch der deutschsprachigen.

Püstow und Schachner schildern den Fall aus der damaligen Sicht und skizzieren damit auch sehr plastisch die Verhältnisse und Lebensumstände der Menschen im Londoner East End nach. Die Fakten werden nachvollziehbar dargelegt und der Stil der beiden Autoren liest sich so locker und fesselnd, dass die Lektüre sich recht angenehm gestaltet. Allzu zart besaitete Gemüter werden das in Anbetracht der teils sehr unappetitlichen Bilder und Schilderungen von den Autopsien sicherlich anders sehen, aber das trifft wohl auf so ziemlich jedes Buch zum Thema „Jack the Ripper“ zu. Die Morde an sich sind halt eine unappetitliche Angelegenheit, bei der es nichts zu beschönigen gibt.

Auch Püstow und Schachner können zur Aufklärung der Morde am Ende keine allzu neuen Erkenntnisse beitragen, die wesentlich größere Klarheit bringen. Was neu ist, ist die Entlarvung der Urheberschaft des so genannten „Dear Boss“-Briefes, der damals überhaupt erst den Namen „Jack the Ripper“ ins Spiel gebracht hat. Laut Püstow und Schachner ist der Absender nicht der Mörder selbst, wie sonst immer gemutmaßt wurde, sondern ein findiger Journalist.

Zum Thema „Jack the Ripper“ hat Püstows und Schachners Werk eine unabstreitbare Eignung zur Basisliteratur: Objektiv in der Betrachtungsweise, fundiert in der Vielzahl an Quellen und stets kritisch in der Beurteilung gängiger Theorien. Die beiden Autoren beleuchten den Themenkomplex auf erfrischende und bei der Thematik durchaus ungewohnte Art und Weise, klammern sie sich schließlich nicht an die verkaufsfördernde Wirkung spektakulärer Tätertheorien. Ihre nüchterne und klare Herangehensweise hat einen geradezu wissenschaftlichen Charakter, der dem Buch eine Glaubwürdigkeit verleiht, die man sonst bei Büchern zum Thema „Jack the Ripper“ oft mit der Lupe suchen muss.

Die beiden Autoren haben sich schon jahrelang mit dem Thema „Jack the Ripper“ beschäftigt. Henrik Püstow hat schon viele Aufsätze zum Thema veröffentlicht. Thomas Schachner stellte das größte deutsche Webportal zum Thema „Jack the Ripper“ auf die Beine und ist zusätzlich aktiv an der weltweit größten „Ripper“-Website www.casebook.org beteiligt. Zudem hat er die „Jack the Ripper“-Konferenz in Baltimore 2003 mitorganisiert.

Fazit: Was Püstow und Schachner in „Jack the Ripper – Anatomie einer Legende“ zusammengetragen haben, ist absolut lobenswert – sachlich, kritisch und glaubwürdig. Den Täter können auch sie nicht präsentieren, aber welcher seriöse Forscher mag heutzutage damit noch aufwarten? Was sie aber schaffen, ist ein objektiver Überblick, der gerade im Bereich der deutschsprachigen „Jack the Ripper“-Literatur stets gefehlt hat.

Und so kann man Püstow und Schachner auf jeden Fall schon mal attestieren, dass sie ein lesenswertes Grundlagenbuch zum Thema abgeliefert haben, das ungleich wertvoller ist als so manche abstruse oder spektakuläre Theorie, egal ob sie von Stephen Knight stammt oder von Patricia Cornwell. Püstow und Schachner geben der Thematik den nüchternen und sachlichen Blick auf die Tatsachen zurück, der in der versuchten Aufklärung der Verbrechen in den letzten Jahrzehnten viel zu oft gefehlt hat.

Das deutschsprachige Informationsportal zum Thema „Jack the Ripper“:
[www.jacktheripper.de.]http://www.jacktheripper.de
http://www.militzke.de/

Dark, Jason – John Sinclair – Schach mit dem Dämon (Folge 6)

Billy Conolly wird am Tag vor der Geburtstagesfeier seines besten Freundes von Alpträumen heimgesucht, in denen finstere Dämonen Besitz von ihm ergreifen. Er miss ihnen jedoch keine große Bedeutung bei, denn schließlich hat der Kollege von Geisterjäger John Sinclair in letzter Zeit schon öfter mit der dunklen Seite zu tun gehabt, so dass eine Verarbeitung der Ereignisse legitim ist. Jedoch bekommt er nicht mit, dass die Dämonen sich bereits in sein Haus eingeschlichen haben. Auf dem Schachbrett, dem Geburtstagsgeschenk für seinen Kumpel Sinclair, bewegt sich nämlich eine Figur unbeachtet durch seinen zwischenzeitlichen Besitzer …

Am nächsten Tag feiert John dann seine Party, zu der all seine Freunde und Kollegen eingeladen sind. Alle sind in ausgelassener Feierstimung und zelebrieren insgeheim auch noch den Sieg über Verbrecherkönig Alex Terrace, bis sich dann plötzlich die Ereignisse überschlagen. Bereits am frühen Morgen hatte John einen Anruf mit einer drohenden Botchaft bekommen, und schon jetzt scheinen die finsteren Mächte ihre Pläne umzusetzen. Suko, Sinclairs Freundin Jane und das Ehepaar Sheila und Bill Conolly werden durch einen Sog vom Dämon Octavio in eine andere Dimension entführt, in der es kein menschliches Leben mehr gibt. Inmitten von Mutaten und schrecklichen Monstern suchen die Gefangenen nach einem Portal zur Heimatwelt, sind aber ohne fremde Unterstützung der Willkür der dämonischen Bruten hilflos ausgesetzt.

John begibt sich alsbald auf die Suce nach seinen verschwundenen Freunden und schafft es tatsächlich, Octavio zu einer diplomatischen Lösung zu bewegen. Seine Freunde können gerettet werden, wenn sich Sinclair auf ein gemeines Spiel einlässt, nämlich ein Schachmatch gegen den Dämon. Die einzige Bedingung: Johns Freunde übernehmen selber den Part der Spielfiguren und müssen sich dabei mit einigen mächtigen Gegnern herumschlagen. Werden die Gefährten des Geisterjägers dieses gefährliche Spiel überleben?

_Meine Meinung_

Wow, das ist ja mal wieder eine Einleitung nach Maß: Bereits das erste Auftauchen des Dämons jagt einem einen kalten Schauer über den Rücken und versetzt einem gleichzeitig einen Schrecken, denn die neueste Ausgeburt der Hölle scheint noch viel geschickter zu sein als all ihre Vorgänger, die den Kampf gegen den berüchtigten John Sinclair verloren haben. Octavio ist zudem auch hinterlistiger und packt den Geisterjäger an seiner schwächsten Stelle, nämlich bei seinen Freunden, die hier unfreiwillig und unschuldig in den schier ewig währenden Kampf zwischen Sinclair und der Unterwelt gezogen werden. Octavio will allerdings nur den Kopf Sinclairs, und hierzu ist ihm jedes noch so fiese Mittel recht.

Die Rahmenhandlung dieses Hörspiels ist schlichtweg perfekt, und zum x-ten Male bekommt man den Eindruck, dass sich Jason Dark mit diesem vertonten Heftroman ein weiteres Mal übertroffen hat. Bei „Schach mit dem Dämon“ begeistert aber nicht nur der sagenhaft dargestellte Kampf zwischen Gut und Böe, sondern auch die vielen neun Elemente, die man sich für diese Geschichte ausgedacht hat. Octavio ist zwar keine derart einschüchternde Erscheinung wie einst der Mann mit dem Janus-Kopf, doch dafür faszinieren in diesem Hörspiel der Zauberspiegel, der eine Reise in andere dimensionen erlaubt, sowie das überdimensionale Schachspiel, bei dem die Figuren von lebenden Objekten gestellt werden.

Zudem ist der Plot wirklich spitzenmäßig aufgebaut; verschiedene Ereignisse kündigen die Ankunft eines weiteren Dämons an, jedoch kann man nur mutmaßen, in welcher Erscheinungsform, wann und wo er auftreten bzw. was sein Kommen bewirken wird. Als er dann urplötzlich sein Unwesen bei der Geburtstagsparty des Geisterjägers treibt, ist die Spannung am Siedepunkt, doch schon folgt ein völlig neuer Gedankenstrang, bei dem ein kompromissloser Gangster den Spiegel von Octavio stehlen möchte. Wer sein Auftraggeber ist, was er mit dem Spiegel beabsichtigt und vor allem was am Ende aus ihm wird, bleibt bis zum Schluss im Verborgenenen. Und während der Hörer noch über diese Ereignisse grübelt, nimmt Sinclair die Jagd auf, stellt sich seinem eigentlichen Verfolger und ergreift den letzten sich bietenden Strohhalm zur Rettung seiner Freunde – die wiederum in der fremden Umgebung auf verlorenem Posten zu stehen scheinen.

Hier passiert wirklich unheimlich viel, so dass „Schach mit dem Dämon“ eindeutig die bis hierher umfangreichste Story aus dem Sinclair-Universum ist. Gleich eine ganze Reihe Sub-Plots vefeinern die Geschichte und werden Stück für Stück zusammengefügt, dabei auch immer wieder mit wunderbaren Soundeffekte und düsteren Musikeinspielungen verfeinert. Nach und nach fügen sich die Dinge dann zusammen, wobei sich Master Dark dieses Mal mehrere Optionen für spätere Geschichten offen lässt und nicht jeden Part der Handlung auflöst. Es würde mich daher absolut nicht wundern, würden wir in einer der späteren Folgen wieder auf den mysteriösen Spiegel treffen …

„Schach mit dem Dämon“ ist erneut eine Steigerung und zum wiederholten Male die wohl beste Sinclair-Episode bis dato. Unterlegt von sehr starken Klangeffekten, stellt Dark bzw. das Hörspiel-Team das finsterste Spiel im Leben des Geisterjägers dar und ihn auf eine enorm harte Probe. Jeder falsche Gedanke könnte einen seiner Freunde zum Opfer haben, jede falsche Bewegung den eigenen Tod bedeuten. Spannung bis zum Geht-nicht-mehr, super Sprecher und eine erneut sehr erfrischende Story – das sind die Eigenschaften, deretwegen man „Schach mit dem Dämon“ keinesfalls im Händlerregal stehen lassen sollte. Ich liebe diese Serie!

http://www.sinclairhoerspiele.de/

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Azzarello, Brian / Lee, Jim / Williams, Scott – Superman – Die Rückkehr 1

„Superman – Die Rückkehr“ ist eine neue Kurzserie aus dem Marvel-Universum, in der die Reihe „Für das Morgen“ (aus „Die Rückkehr von Superman 1-3“) aufgearbeitet wird. Die eher nachdenkliche und weniger actionbeladene Serie wurde von niemand Geringerem als Kult-Autor Brian Azzarello erschaffen, der sich mit Jim Lee und Scott Williams zudem prominente Unterstützung hinzuholte. |Panini Comics| veröffentlicht das Ganze nun in zwei Sammelbänden; der erste ist frisch auf dem Markt.

_Story_

Superman geht hart mit sich ins Gericht; auf der ganzen Welt sind Millionen Menschen verschwunden, und der Superhald gibt sich selber für dieses fürchterliche Ereignis die Schuld. Der beliebte Mann mit den überirdischen Kräften zieht sich daraufhin vollkommen zurück und bemüht sogar die Hilfe eines Priesters, mit dem er über eine verheerende Sünde spricht. Ein Jahr ist es nun her, seit eine ganze Bevölkerungsschicht wie vom Erdboden verschluckt ins Jenseits befördert wurde, und immer noch stellen sich für den stählernen Helden viele Fragen, primär die Frage nach dem Warum.

In mehreren Rückblicken erinnert er sich an kriegerische Auseinandersetzungen und Kämpfe mit einem seltsamen Wesen namens Equus, einem Monster, dessen wahre Identität selbst den furchtlosen Superman in Schock versetzt. Gleichzeitig erzählt er dem Pater von seinen Bedenken und den daraus resultierenden Selbstzweifeln, bis sich die Lage dann für beide Parteien immer mehr zuspitzt. Ist Superman tatsächlich für das Verschwinden von Millionen Menschen verantwortlich? Was ist in der Vergangenheit wirklich geschehen? Und welche Rolle spielt die Justice League, die sich in dieser kritischen Zeit gegen den blau-roten Helden stellt? Superman steht vor seinem vielleicht schwerwiegendsten Kampf überhaupt.

_Meine Meinung_

Der erste Band von „Die Rückkehr“ beginnt bereits relativ vielversprechend. Nachdem Autor und Zeichner in einem Vorwort ihre Ambitionen verdeutlicht haben, steigt die Geschichte mit sehr schönen Hochglanz-Illustrationen ziemlich rasant ein und zeigt den bekannten Actionhelden von einer überraschend nachdenklichen Seite. Superman hat viel von seiner heroischen Ausstrahlung einbüßen müssen und wirkt fast zerbrechlich, wenn er mit dem sehr ruhigen Priester kommuniziert. Ihm liegt eine Last im Genick, der er alleine nicht mehr Herr werden kann, und so holt sich ausgerechnet der unbesiegbare Superman Unterstützung bei einem Geistlichen.

Doch die Angelegenheiten, die in diesem Gespräch erörtert werden, bringen das Gemüt des Superhelden kaum wieder in Wallung; man blickt gemeinsam zurück auf die Zeit des Krieges, der durch Manipulation ein vorläufiges Ende genommen hat. Erste Zweifel werden wach, und je mehr sich Superman an die Details erinnert, desto deutlicher wird auch wieder die Erinnerung an eine bestimmte Maschine, die er mit den rätselhaften Ereignissen in Verbindung bringt – bis ihm dann das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe ein weiteres Mal vor Augen geführt wird.

Ich will nun gar nicht an den Qualitäten eines Brian Azzarello zweifeln, aber die Storyline für diesen Comic ist jetzt nicht gerade berauschend. Erst einmal wird der Autor dem Heldencharakter des Superman in keiner Weise gerecht. Die zurückgezogene Darstellung des Hauptdarstellers will auch gar nicht so richtig zu ihm passen und schadet auch dem Wert der Identifikationsfigur, die Superman ausgehend von diesem Comic auch nicht sein kann. Er ist ein schwacher Held, überall unbeliebt und sehr stark mit sich selbst, nicht aber mit dem Leid anderer Leute beschäftigt.

Damit einher geht, dass die Geschichte nur eher schleppend voranschreitet. Ob es nun am Mangel an Action oder am komplexeren Aufbau der Serie liegt, irgendwie kommt Azzarello nicht so richtig in die Gänge und verkompliziert den Plot zusätzlich auch noch durch zahlreiche Einsprengsel aus der storybezogenen Vergangenheit. „Die Rückkehr 1“ hat bisweilen mehr von einer melancholischen Erzählung als von der Story eines Actionstars an sich und lässt somit auch die meisten Versuche, einen annehmbaren Spannungsbogen zu kreieren, im Sande verlaufen.

Natürlich will man zum Schluss wissen, welche Pläne Superman hat und wie weit er „Für das Morgen“ gehen wird, aber weil sich innerhalb des Buchs so viele unzureichend beantwortete Fragen auftun und man sich über die einzelnen Flashbacks an zu vielen Nebenschauplätzen aufhält, statt die Handlung mal adäquat voranzutreiben, ist das Interesse an der Geschichte nur noch der Vollständigkeit halber geblieben. Eine wirklich innovative Idee, geschweige denn eine allzu fortschrittliche Story bietet dieser neue Superman-Sammelband jedenfalls nicht. Und auch wenn der zweite Band logisch betrachtet mehr Action aufbieten müsste als der behäbige erste Comic, kann ich mir schwer vorstellen, dass die Handlung noch mal richtig Fahrt aufnehmen wird.

Superman funktioniert also doch nur, wenn er seine Körperkräfte gegen einige widrige Monster einsetzen darf; ist seine Rolle aber nicht die einer Identifikationsfigur, so wie in diesem Band, fällt es unheimlich schwer, mit dem von Lee sehr detailgetreu gezeichneten Helden zu sympathisieren und ihn auch als gebeuteltes Vorbild zu akzeptieren. Klar, es ist sicherlich einen Versuch wert gewesen, mal näher in die Psyche des Protagonisten zu schauen und ihn in Phasen zu betrachten, in denen sein Seelenleben stark angeschlagen ist, aber dann wäre es auch wünschenswert gewesen, wenn die Story dann doch irgendwann mal Fahrt aufgenommen hätte. So hingegen ist es ein interessantes Projekt, dessen magere Umsetzung weder dem Charakter des (Anti?-)Helden noch dem Ruf des Autors gerecht wird. Lediglich die beiden Zeichner agieren in „Superman – Die Rückkehr 1“ auf gewohnt hohem Niveau.

http://www.paninicomics.de/

Gerber, Michael – Barry Trotter und die schamlose Parodie

Die höchste Form des Lobes ist bekanntlich das Plagiat, auf die Parodie kann das bedenkenlos ausgeweitet werden. Wenn man der groß angelegten Verballhornung durch schreibende Scherzkekse anheimfällt, hat man es in den Bekanntheits-Olymp geschafft. Was J. K. Rowling mit ihren Harry-Potter-Publikationen trefflich gelungen ist, versucht Michael Gerber, seit Veröffentlichung des ersten Bandes seiner Potter-Parodie im Jahre 2002, immer noch zu erreichen. Wobei er den damaligen Hype geschickt ausnutzte, um mit seiner Publikation in JKRs Kielwasser mitzusegeln. Jüngst sollte übrigens auch C. S. Lewis‘ „Chroniken von Narnia“ nicht vor ihm sicher sein.

Aus „Barry Trotter and the unauthorized parody“ (US-Originaltitel), wurde in England ein verkaufsförderndes „shameless“. Hieran lehnten sich die beiden Übersetzer an und übernahmen das „schamlos“ für den Titel der deutschen Ausgabe, die erstmals 2003 bei |Goldmann| als Hardcover erschien. Die günstigere Taschenbuchausgabe ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Die Story mit ihren schrägen Figuren fand offenbar so viel Anklang, dass Michael Gerber „… und die überflüssige Fortsetzung“ nachschob (dt. VÖ 11/2005), und ein Prequel („… und der unmögliche Anfang“ – voraussichtliche VÖ 07/2006) wird auf der Website von |Random House| bereits angekündigt.

_Der Autor_

Michael Wer? Sein parodistisches Coming-out „What we talk abbout when we talk about Doughnuts“ dürfte hierzulande jedenfalls weitgehend unbekannt sein. Gerber – Baujahr 1970 – schrieb bisher für seinen täglichen Broterwerb ansonsten für den „New Yorker“ und das „Wall Street Journal“; was er da so genau vor sich hintippselte – ob nun absolut bierernst oder als Ulknudel vom Dienst -, verrät uns die Autoren-Verlagsinfo leider nicht. Er selbst sieht sich humoristisch eher in der Ecke Monthy Pythons; wie jeder weiß, Kult-Institution an trockenem und skurrilem Humor. Very british eben. Ziemlich große Schuhe, um (ausgerechnet auch noch als Amerikaner) hineinzuschlüpfen.

_Zur Story_

Das Leben auf der Zauberschule Hogwash könnte für den 22-jährigen Oberfaulpelz Barry Trotter so schön sein. Könnte. Direktor Alpo Bumblemore gewährte ihm lebenslanges Wohnrecht im Schloss, denn der ist immer ebenso klamm wie das olle Gemäuer selbst. Barry hatte der Autorin J. G. Rollins seine Abenteuer aus der Zauberwelt erzählt, insbesondere seinen Dauerzwist mit dem Doofen Lord Valumart, was diese zu einer sagenhaften Buchreihe ausschlachtete. Die dabei abfallende Kohle und der Ruhm brachten zunächst alle in Hogwash weiter. Fanpost, massenhaft willig zu poppende Muddel-Groupies und ein Leben vollkommen ohne Job – sprich: Existenzangst.

Leider ist Barry – wiewohl ein talentierter Zauberer – nicht ganz der Saubermann aus den Romanen, und mit Geld umgehen kann er schon gar nicht. Außerdem gibt sich sein vollkommen bekloppter Patenonkel Serious Blech die allergrößte Mühe, bei äußerst fragwürdigen Geschäftsbeteiligungen möglichst viel Kohle zu verbrennen. Barrys Geld versteht sich – und der lässt sich auch fast jedes Mal belabern und anpumpen. In der Konsequenz verscherbelt Barry allerhand Zeugs aus der Zauberwelt an Muddel. Sein letzter Coup allerdings war ein Schuss nach hinten: Er hatte der Boulevardpresse (natürlich gegen Zaster) den Weg nach Hogwash gesteckt.

Jetzt tummeln sich Fan-Scharen von stinkenden Nichtmagiern vor (und in) dem Schloss herum, urinieren (sowie Schlimmeres) auf dem ehemals sauber gepflegten Rasen und beschmieren die altehrwürdigen Hallen mit obszönen Graffities. Lediglich das Seeungeheuer und die Päderasten-Pappel scheinen wenigstens noch ein wenig Spaß aus der Situation ziehen zu können. Bei allen anderen liegen die Nerven nahezu blank. Erst recht, als die Ankündigung kommt, dass die Wagner Brothers einen Kinofilm über Barry planen. Noch mehr Muddels, die das Schloss auf der Jagd nach Andenken Stein für Stein demontieren. Die hielte selbst der stärkste VerpissDich-Zauber nicht ab.

Das Ende von Hogwash!? Bumblemore setzt Barry die Pistole – ähem, den Zauberstab auf die Brust: Film verhindern oder aus der Schule fliegen! Für den hochverschuldeten Barry wäre die einzige Alternative, sich einen richtigen Job zu suchen. Schluss mit laissez-faire. Alles sträubt sich in ihm dagegen und das Fragrufzeichen auf seiner Stirn pocht auch dieser Tage immer heftiger. Hat Der-der-stinkt etwa die teutonische Hand im Spiel? Zunächst gilt es jedoch für das alte Triumvirat sich zusammenzurotten, sein treudoofer Freund Lon Measley (nach einem Unfall nur noch mit einem Hundehirn ausgestattet) und die nymphomane Hermeline Cringer begleiten Barry. Sie wollen J.G. Rollins entführen und damit den Stopp des Films erzwingen.

_Meinung_

Zu Beginn liest sich das Ganze ganz gut an und die Gags sind nette kleine und vor allem wohldosierte Rippenstöße in Richtung des Originals. Undogmatische Potter-Fans, die Verballhornungen aller Art an ihrem Helden nicht als Häresie sehen, werden anfänglich ob des spitzbübischen Humors doch den einen oder andern Schenkelklopfer antreffen. Leider geht’s dem Buch, wie so vielen anderen: Nicht etwa Ideenmangel ist das Problem, sondern eher das Gegenteil. Zu viele schräge Einfälle, die nach Sicht des Autors unbedingt mit hineinmüssen, tun der Story selten Gutes. Die Gefahr, in einer simplen Aneinanderreihung von platten Albernheiten zu landen, ist groß.

Zur Mitte hin nimmt dann schon die Dichte der vermeintlich witzigen Passagen zu, die ihr Komik-Potenzial verstärkt aus üblen Körpergerüchen und Ähnlichem schöpfen. Wobei hier zu sagen ist, dass alles fein sauber bleibt und Michael Gerber keine verbalen Entgleisungen in Richtung Fäkalsprache oder irgendwelcher Obszönitäten unterlaufen. Das überlässt er weitgehend der – mehr oder minder schmutzigen – Phantasie seiner Leser. Man spürt durch die dauernde Verzettelei ein wenig den Zwang zum Ende hin, die erzähltechnische Kurve zu kriegen und dabei unbedingt noch ein paar Lacher mit dem Holzhammer einzupassen, wobei es besser gewesen wäre, die ohnehin skurrile und teils unübersichtliche Story einfach mal laufen zu lassen.

_Fazit_

Alles in allem eine dennoch witzig geratene Parodie. Die an sich krude Story ist hierbei eigentlich eher nebensächlich und mit der heißen Nadel genäht, sie dient nur als Transportmittel für das angepeilte Gagfeuerwerk. Obschon sie recht gut und mit subtilen Seitenhieben auf den Potter-Hype anfängt, wobei Gerber kaum ein Klischee auslässt, flacht das Ganze bereits zur Mitte hin hab und kann sich am Ende noch gerade so eben über die Runden retten. Mit dem Witz ist das so eine Sache – es kann auch einfach zu viel des Guten sein. Wenn Gerber in die Liga von Monthy Python oder Douglas Adams aufsteigen will, hat er noch so einiges zu lernen, gute Ansätze zeigt er durchaus schon.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_
Originaltitel: „Barry Trotter and the unauthorized parody“
Simon & Schuster, New York / 2002
Übersetzung: Heinrich Anders und Tina Hohl
Europa/Goldmann, Hamburg 2003
Taschenbuch ca. 258 Seiten
ISBN: 3-4424-5815-3
http://www.randomhouse.de/goldmann/

Neal Asher – Skinner: Der blaue Tod

Drei sehr unterschiedliche Wesen treffen sich auf dem Wasserplaneten Spatterjay. Sie schließen eine Zweckgemeinschaft, verfolgen aber trotzdem ihre eigene Pläne, ohne zu ahnen, dass sie selbst nur Schachfiguren in einem weitaus größer angelegtem Ränkespiel um Macht und Geld sind und nicht unbedingt überleben sollen … – Richtig guter, ‚altmodischer‘ Science Fiction-Abenteuerroman, der einfach nur unterhalten will, ohne sich oder seine Leser dabei für dumm zu verkaufen.
Neal Asher – Skinner: Der blaue Tod weiterlesen

Taylor, Michael Ray – Höhlen. Expeditionen in die faszinierenden Innenwelten an Land, unter Wasser und im Eis

Im Jahre 2000 begab sich ein Team der Firma MacGillevray Freeman Film, Spezialisten für die Herstellung von IMAX-Filmen, auf eine Nabelschau ins Innere unserer Erde. Unterstützt von der National Geographic Society wurde ein abenteuerliches Projekt realisiert: Zum ersten Mal sollte die komplizierte Technik, mit deren Hilfe außergewöhnlich scharfe und farbintensive Aufnahmen möglich sind, in Höhlen eingesetzt werden, die nicht nur unter der Erde und damit im Dunkeln, sondern teilweise sogar unter Wasser oder im Gletschereis lagen.

Vom Ewigen Eis des Nordens bis in die warmen Meere Mittelamerikas ging die Fahrt, die in diesem Buch beschrieben wird, das eine Mischung aus Expeditionsbericht und Sachbuch darstellt. Als „Blickfang“ und Identifikationsfiguren für die Zuschauer wurden Hazel Barton und Nancy Aulenbach, zwei junge und in ihrem Metier erfolgreiche, aber auch optisch ansprechende Höhlenforscherinnen angeheuert, welche für eine bezahlte Forschungsreise gern in Kauf nahmen, vor der Kamera ihrem Job nachzugehen. Der Wissenschaftsjournalist Michael Ray Taylor schloss sich der Expedition an und sammelte parallel zu den Filmaufnahmen das Material für sein hier vorgelegtes Buch. Es gliedert sich in drei Großkapitel, die sich an den drei Höhlentypen orientieren, die auf dieser Erde vorkommen: Höhlen im Eis, unter Wasser und im Felsen.

„Eis: ins Herz von Grönland“ (S. 12-67): Viele Kilometer dick sind die Eisschichten, welche die meisten Gebiete der größten Insel dieser Welt bedecken. Vor allem im Sommer, wenn die Sonne sogar in diesen eisigen Breiten für Wärme sorgt, beginnen Schmelzbäche Rinnen, Schluchten und Höhlen in das Eis zu fräsen. Dies ist der Zeitpunkt, auf den einige Spezialisten unter den Naturforschern gewartet haben, können sie doch nur auf diese Weise in die Welt unter dem Eis eindringen, das ansonsten undurchdringlich weil hart wie Eisen bleibt. Angetrieben werden sie nicht durch Abenteuerlust. Wissenschaftliche Neugier treibt sie hinab in die Tiefe – ein gefährliches Unterfangen, denn Eis ist ein Material, das sich in Nichts auflösen, zusammenstürzen oder rasant neu bilden kann. Eishöhlen sind deshalb ständigen Veränderungen unterworfen, die eine Expedition dem Irren durch ein einsturzgefährdetes Labyrinth gleichen lassen. Doch der Einsatz lohnt sich, denn dort, wo man normalerweise nur öde Kälte erwartet, gibt es Leben. Einzeller und anderes mikroskopisch kleines Getier sowie Kreaturen, deren Einteilung in den Stammbaum des Lebens schwer fällt, tummeln sich hier unten und gedeihen prächtig. Sie erweitern die Grenzen dessen, was die Forschung bisher als Lebensraum definierte, gewaltig. Plötzlich wirken auch fremde Welten wie der Mars oder der Jupitermond Europa nicht mehr absolut lebensfeindlich: Es ist dem Leben offenbar nicht nur theoretisch möglich, unter solchen Extrembedingungen zu existieren.

„Wasser: Flüsse unter Yucatan“ (S. 68-133): Diese Theorie findet auch an einem ganz anderen Ort Bestätigung. Die mittelamerikanische Halbinsel Yucatan ist ein riesiger Schweizer Käse, unter dessen dünner Erd- und Felsoberfläche ein gewaltiges Höhlensystem im stützenden Gesteinssockel ausgewaschen wurde. Nachdem der Meeresspiegel in der Vergangenheit angestiegen ist, liegt es heute unter Wasser. Oft künden nur „Cenotes“, riesige runde Löcher dort, wo die Decke eingestürzt ist, von ihrem Vorhandensein. Riesige Flüsse erstrecken sich unter einem Regenwald, in dem es kaum offene Wasserflächen gibt. Die Höhlenwelt im Wasser ist warm aber dunkel und keineswegs ohne Leben. Die Besucher finden hier neue, bemerkenswert an ihre seltsame Umwelt angepasste Lebewesen, die in geradezu bizarren Symbiosen „zusammenarbeiten“ und so den Anforderungen genügen, die ihre Heimat an sie stellt. Deren Erforschung ist sogar noch riskanter als der Gang ins Eis, muss sich der Mensch doch in ein Element wagen, das ihm die wichtigste Grundlage für seine Existenz versagt: den Sauerstoff, auf den er anders als die Wesen, die er in der Tiefe sucht, keineswegs verzichten kann. Soll dann auch noch gefilmt werden, werden die logischen Anforderungen für einen Tauchgang zu einem Albtraum.

„Erde: Klettern und Kriechen“ (S. 134-203): Höhlen in Felsen erweisen sich endlich einmal als stabil. Dies macht ihre Erforschung freilich nicht einfacher, denn in der Regel finden sich die für die Forschung besonders interessanten Stellen exakt dort, wo kaum ein Hinkommen möglich ist. Viele hundert Meter geht es durch das rote Gestein von Arizona in düstere, gähnende Schlünde oder durch sargenge Schlupfgänge hinab in den Bauch des Planeten, aus dessen Wänden womöglich giftige Gase oder gar Säuretropfen quellen. Aber selbst hier hat das Leben seine eigenen Wege gefunden. Absonderliche Geschöpfe mit nie vermuteten Fähigkeiten werden hier entdeckt; womöglich verbergen sie in ihrem Inneren Heilstoffe gegen menschliche Krankheiten, welche die Medizin revolutionieren können.

Die Forschung als Abenteuer verpackt, kann durchaus das Interesse wecken (oder Sponsorenbörsen öffnen). Nur die echten Ignoranten winken ab, aber ihnen bleibt das Reich der Jamba-Jingles & Privat-TV-Komiker, dessen Grenzen sie hoffentlich nie überschreiten. Freilich ist es durchaus möglich, dass sogar einige dieser (im Kopf) Hartgesottenen durch dieses Buch angelockt werden. Höhlen üben auf Menschen eine eigentümliche Faszination aus. Sie fürchten sich entweder vor der Enge, der Dunkelheit, dem Unbekannten, das sich dort verbergen mag, oder sie werden magisch angezogen auf der Suche nach Schätzen, welche in diesem Fall aus wissenschaftlichen Erkenntnissen bestehen. Möglicherweise spielt ja eine kollektive Erinnerung an jene fernen Zeiten eine Rolle, in denen der Mensch in Höhlen wohnte. Es sind indes nie so viele gewesen, wie man heutzutage annimmt; Höhlen mit Lebensqualität sind nicht gerade zahlreich.

Erstaunlich viele Kreaturen sehen das allerdings anders. Tief unter der Erdoberfläche gibt es bizarre Ökosysteme, die sich der Mensch bis vor kurzer Zeit nicht hätte träumen lassen. Höhlen stellen das ideale Versuchslabor der Natur dar. Hier existieren alle nur denkbaren Extrembedingungen: extreme Hitze oder Kälte, Trockenheit, Nässe, Atmosphären mit Gasen, die man für giftig gehalten hatte, die manche Bakterien jedoch zum Leben benötigen; die frische Luft ist es, die sie töten würde. Kein Wunder also, dass diese Spezialisten Spitznamen wie „Klingone“ tragen: Sie muten außerirdisch an – und geraten damit zu Hoffnungsträgern jener, welche auf den Planeten und Monden unseres Sonnensystems allzu gern Leben fänden. Wie es aussieht, könnten sie Recht behalten.

Die Suche nach solchen Wesen ist unter den beschriebenen Umständen schwierig. Michael Ray Taylor weiß für sein Buch davon zu profitieren. Er muss nur beschreiben, was sich vor seinen Augen in diversen Höhlen abgespielt hat, und könnte sich dabei sogar die Mühe sparen, dies ebenso präzise wie knapp und lesenswert zu tun (was er glücklicherweise nicht macht): Die Aufmerksamkeit des Lesers wird sofort auf 135 bemerkenswerte Fotos gelenkt.

Die IMAX-Technik gehört vermutlich bald zu den Sackgassen der Technikgeschichte. Gewaltige Kameras müssen mit überdimensionalen Filmrollen gefüllt werden. Für die entstandenen Werke wurden sogar eigene Kinos mit entsprechenden Leinwänden gebaut: IMAX-Bilder sind riesig, farbintensiv und unglaublich detailscharf. Bis auch hier die digitale Revolution Einzug hält, gehören sie zu dem Feinsten, was man dem menschlichen Auge bieten kann. Durchweg auf feines Kunstdruckpapier gedruckt, spiegeln die ausgewählten Aufnahmen das Dargestellte mit spektakulärer Intensität wider.

„Höhlen“ ist auch ein Bericht über eine Reise in ferne und fremde Länder. Er hilft begreiflich zu machen, wieso der Mensch Informationen über solche Expedition liebt: Sie führen dorthin, wo noch niemand zuvor war. Es gibt sie noch, die berühmten „weißen Flecken“ auf der Landkarte. Heute werden sie denjenigen, die es vorziehen, den mit der Erforschung verbundenen Strapazen aus dem Weg zu gehen, sogar ins Haus gebracht. „Höhlen“ ist so dicht am Geschehen, dass man leicht vergisst zu berücksichtigen, dass diese Bilder im Grenzbereich des Lebens entstanden. Obwohl sich Verfasser Taylor nach Kräften bemüht, die Gefährlichkeit von Höhlen angemessen darzustellen, ist ihm klar, dass die vielleicht größte Gefahr erst durch Film und Buch heraufbeschworen wird. Nicht grundlos werden die Zugänge zu vielen Höhlen sorgfältig geheim gehalten. Die hier angesiedelten Ökosysteme sind fragil, die laienhaften Besucher tölpelhaft oder offen zerstörungswütig. Vor allem fällt es ihnen schwer zu begreifen, dass in einer Höhle jeder Schritt bedacht sein will; es könnte sonst der letzte werden.

„Höhlen“ ist in jeder Beziehung ein monumentales Werk. Damit die Bilder wie beschrieben zur Geltung kommen können, wurde ein Buchformat von 23 x 30 cm (Hochformat) gewählt. Das Ergebnis hat seinen (Kauf-)Preis, doch hier gibt es einen Tipp: „Höhlen“ wird nunmehr antiquarisch angeboten. Mein Exemplar erwarb ich für weniger als die Hälfte des ursprünglichen Preises. Unter diesen Umständen ist es beinahe unmöglich, einen Kauf zu verhindern …

Der amerikanische Journalist und Buchautor Michael Ray Taylor ist Dozent für Journalismus an der Henderson State University im US-Staat Arkansas. Er nimmt an Expeditionen teil und hat sich auf die Erforschung von Höhlen spezialisiert, von denen er inzwischen ca. 600 besucht hat. Sein besonderes Interesse gilt dabei der Suche nach den „Extremspezialisten“ unter deren Bewohnern – den Nanobakterien. Als Wissenschaftsjournalist arbeitet Taylor u. a. für die Website des Discovery-Channels (www.discovery.de bzw. www.discovery.com) und als Berater für Dokumentarfilme dieses Hauses, für die National Geographic Society sowie für andere Fernsehsender.

Die National Geographic Society informiert unter der Adresse http://www.nationalgeographic.de über ihr Buchangebot.

Poe, Edgar Allan – Schwarze Stunde, Die (1)

Mit „Die Schwarze Stunde“ hat das noch junge Hörspiel-Label |Hörspiele Welt| vor einiger Zeit eine Serie ins Rennen geschickt, die sich ausschließlich mit den düsteren Seiten der menschlichen Seele auseinander setzt. Mystische Begebenheiten, seltsame Geschehnisse und allerlei Rätselhaftes sollen thematisiert werden, und dies anhand alter Literatur-Klassiker.

Für den ersten Teil haben sich die Macher dabei direkt einmal an einen der bekanntesten und wichtigsten Vertreter der Weltliteratur heranbegeben, nämlich an niemand Geringeren als Edgar Allan Poe. In vier Kurzgeschichten, darunter auch das bekannte Stück „Der Geist des Bösen“, wird dem Meister der dunklen Poesie gehuldigt, dies aber leider nicht in dem Maße, wie die Legende es verdient hätte. Irgendwie ist es nämlich nicht sonderlich gut gelungen, die Atmosphäre der Geschichten in den Lesungen wiederzugeben …

„Die Schwarze Stunde 1“ beginnt nach kurzer musikalischer Einleitung gleich mit der längsten Erzählung, „Das Fass Amontillado“. Hier geht es um einen rachsüchtigen Mann, der einem berüchtigten Kleingannoven seine Taten heimzahlen möchte, obwohl er eben jenen auch zu seinem engeren Bekanntenkreis zählt. Also lädt er ihn ein, füllt ihn mit den verschiedensten Tropfen ab, führt ihn schließlich in ein düsteres Versteck und überlässt ihn dort seinem Schicksal.

Nun, rein inhaltlich ist dies sicher keine schlechte Geschichte, allerdings werden hier schon einige Defizite offenbar, mit denen letztendlich alle Erzählungen zu kämpfen haben: Es mangelt an Lebendigkeit! Statt einen spannenden Plot aufzubauen, was sicherlich sehr gut möglich gewesen wäre, verfällt das Sprecherteam zu oft in eine Art Berichtform, der es die gesamte Dauer über an einem echten Höhepunkt mangelt. Man bemüht sich zwar, etas Geheimnisvolles in die Stimme zu legen, aber zum einen ist das Ende der Geschichte eh schon sehr schnell zu erahnen, und zum anderen baut man fast jeden Satz mit der gleichen Betonung auf, so dass selbst die wirklich interessanten Details nicht als solche zu erkennen sind.

In der zweiten Story namens „Das ovale Portrait“ wird ein merkwürdiges Bild geschildert, von dem sich die erzählende Person völlig in ihren Bann gezogen fühlt. Das Portrait gleicht einer unwiderstehlichen Versuchung, die einen fesselt und einnimmt, später dann nicht mehr loslässt. Bis in den unerwarteten Tod hinein.

Ähnlicher Aufbau, gleiche Misere: „Das ovale Portrait“ ist mehr Bericht als Gruselgeschichte, und dies auf einem leider künstlich hohen, sprachlichen Niveau. Man findet hier sicherlich einige Original-Zitate wieder, die aber in ihrer extremen Betonung die gesamte Atmosphäre killen. Und dabei ist die Geschichte in diesem Fall zumindest noch recht spannend gestaltet worden … Na, ja. immerhin eine kleine, wenn auch kaum entscheidende Besserung.

Erzählung Nummer drei ist die wohl bekannteste auf dieser CD; „Der Geist des Bösen“ ist ein Klassiker aus der Feder Poes und beschäftigt sich mit der Frage nach der Natur des Bösen. Der Erzähler analysiert die Faszination, die hinter der Finsternis steckt, charakterisiert dabei die menschliche Seele und ihre dunklen Flecken und trifft dabei voll ins Schwarz. Endlich kann man von schauriger Atmosphäre reden, und das trotz des philosophischen Ansatzes, der sich hinter diesem Stück verbirgt. Auch die eher zurückhaltende Darbietung des Sprechers ist in diesem Fall sehr angebracht und passt zum ersten Mal während dieses Releases auch zum Inhalt. Zweifelsohne die beste Geschichte auf „Die schwarze Stunde 1“.

Im letzten Stück wird – der Titel „Schatten“ sagt bereits alles – der Schatten und seine finstere Erscheinungsform angesprochen. Wohlgemerkt: angesprochen, aber nicht mehr. Im Gegensatz zur vorangegangenen Erzählung handelt es sich hierbei nämlich nur um einen schwachen Lückenbüßer, dessen langweilige Umsetzung ebenfalls zu wünschen übrig lässt. Hätte man sich auch gerne sparen können!

Vier Geschichten, viermal Edgar Allan Poe, aber nur einmal wirklich überzeugend. Das vorrangige Problem beim ersten Teil von „Die Schwarze Stunde“ ist, dass man sich nicht so richtig entscheiden kann, ob man nun ein Hörbuch oder doch ein Hörspiel kreieren will. Für Ersteres fehlt das spannende Element, für Letzteres ist viel zu wenig Leben in der Sache. Und mit diesem Zwiespalt sinkt „Die Schwarze Stunde“ ziemlich heftig ab und wird schließlich zu einer Persiflage ihres eigenen Namens. Leider ungewollt. Das ist nicht Poe, wie man ihn liebt!

http://www.hoerspiele-welt.de/

John Sandford – Tödliches Netz

Sein enormes Fachwissen sollte Jack Morrison in den Dienst der Firma AmMath stellen, die Verschlüsselungs-Software für die US-Regierung herstellt und dabei einige Schwierigkeiten hat. Da man in seiner Person auch einen notorischen Hacker engagiert hat, ist es kaum verwunderlich, dass Morrison neugierig einen intensiven Blick auf besagte Software wirft und erkennt: Hier entsteht etwas ganz und gar Illegales. Das hätte er besser gelassen, denn Sicherheitschef St. John Corbeil fackelt nicht lange mit Schnüfflern. Morrison wird ermordet, sein Tod als missglückter Überfall eines bewaffneten Datendiebes ausgegeben. Er ist nicht der erste Pechvogel seiner Branche, der auf diese Weise endet.

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Jablonski, Carla / Nagula, Michael / Gaiman, Neil / Bolton, John – Verlassene Stätten (Die Bücher der Magie, Band 5)

In einer düsteren Zukunft existiert der mächtigste Magier seiner Zeit, Timothy Hunter, als ein verbitterter, bösartiger Mann, der mit Kriegen Geld verdient, Dämonen Partner nennt und verzweifelt versucht, seine Jugendfreundin Molly nach seinen Vorstellungen neu zu erschaffen. Doch diese Zukunft ist in Auflösung begriffen. Die Ursachen dafür liegen in einer Vergangenheit, in der Tim und Molly zu echten Freunden und Geliebten werden. Und so reist der Dämon Barbatos zurück in der Zeit mit den Auftrag, die Liaison zu verhindern.

Die Gelegenheit bietet sich, als Tim Molly die kleinen, hölzernen Freunde seiner Jugend, die beiden Narls Crimpel und Tanger, auf ihrem verlassenen Fabrikgelände vorstellen will (vgl. Band 4: „Konsequenzen“). Molly und Crimple werden „durch“ ein Puppenhaus in ein Reich entführt, das „Spielwiese der Dämonen“ genannt wird, wo sie in die Gefangenschaft großer, rosa Dinosaurier sowie einer verknöcherten Gouvernante geraten, welche Molly in eine lebende Puppe verwandeln will.

Tim bedient sich seiner Kräfte als „Öffner“, um gemeinsam mit Tanger den Verschwundenen zu folgen. „Drüben“ werden die zwei jedoch getrennt, und so muss Tim vorerst allein auf sich gestellt den seltsamen Bewohnern und Gefahren dieser Dimension trotzen, ohne dabei seine Identität einzubüßen und seine Freunde zu vergessen.

Deutete sich schon insbesondere im dritten und vierten Band das große Potenzial dieser Serie an, so hält Band fünf dieses unausgesprochene Versprechen. Fantastische Wesen, die eine nicht minder fantastische Welt bevölkern, humorvolle Dialoge, eine originelle, locker geschriebene Story und – vor allem – zwei starke Protagonisten machen „Verlassene Stätten“ zu einem großen Lesevergnügen.

Anfangs stutzt man ein wenig, weil zwischen „Konsequenzen“ und dem vorliegenden Roman ein deutlicher Bruch – oder besser Sprung – in Timothys Entwicklung insofern erkennbar wird, als er seine Magie auf einmal signifikant besser und gezielter einsetzen kann, ohne dass dafür eine nachvollziehbare Erklärung geliefert wurde. Aber dieses Zögern ist nur von kurzer Dauer, denn schnell wird deutlich, worum es der Autorin eigentlich geht: um die Beziehung zwischen Tim und Molly, um Liebe, Vertrauen und Integrität. Die Magie, Tims Fähigkeiten sind nicht mehr als Beiwerk, was sehr gelungen anhand von Mollys Reaktionen illustriert wird. Den Zaubereien zollt sie ähnlich viel Anerkennung wie Ohrenwackeln oder lustigen Grimassen: nett wenn man es kann, aber nicht wirklich wichtig.

Von den beiden Hauptfiguren ist ganz eindeutig Molly der „straightere“ Charakter. Wo Tim zweifelt und unsicher ist, weiß sie genau, was sie will; sie ergreift die Initiative, wenn Tim zögert, und vertritt ihre Meinung mit Nachdruck. Doch nicht nur Molly erweist sich als durch und durch emanzipiert von allen Rollenklischees, auch in Tims Verhalten und Denken manifestiert sich kaum eine Spur von männlichem Machismo; und wenn doch, so wird dieses durch die äußeren Umstände konterkariert. Hier liegt ein zentraler Unterschied zu den vergleichbaren „Harry Potter“-Büchern Rowlings, in denen sich die Protagonisten weitgehend noch geschlechterrollenkonform verhalten. Der andere Unterschied besteht darin, dass Tim im Gegensatz zu Harry keine Erlöserfigur ist, die von anderen gleichsam angebetet wird, sondern ein authentischer, glaubwürdiger Junge.

Über die beiden Hauptfiguren sollte man die beiden Narls nicht vergessen. Crimple und Tanger sind so putzig und warmherzig gezeichnet, dass sie mich unwillkürlich an die liebenswert arglosen Schöpfungen Tove Janssons erinnern. Furchtsam und naiv haben sie ihre ganz eigenen Vorstellungen von der Welt außerhalb ihres kleinen Horizontes.

Wirkten die ersten Romane der Reihe noch überhastet, so hat die Autorin mittlerweile das richtige Tempo gefunden. Zwar schreitet die Handlung nach wie vor schnell voran, aber allein die Fülle der Ideen lässt die Zeit subjektiv langsamer vergehen und die Geschichte länger erscheinen, als sie ist. Stilistisch ist der Roman mit seinem einfachen Satzbau eher für Jugendliche konzipiert; dennoch sollte jeder jung gebliebene Erwachsene an diesem Buch viel Freude haben, vermittelt es doch eine Leichtigkeit und einen „Sense of Wonder“, der vielen 500-Seiten-Schinken abgeht.

Fazit: Humorvolle und tiefgründige, mit leichter Hand geschriebene Urban-Fantasy. Skurrile Wesen in einer originellen Story. Definitiv das bisherige Highlight des „Timothy Hunter“-Zyklus. Sehr empfehlenswert.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|
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Verdini, Tony / Mutti, Luigi / Quesada J. / Middleton, J. / Teranishi, R. – NYX (100 % Marvel 22)

Kiden Nixon ist ein ziemlich schwieriger Teenager. Das junge Mädchen ist mangels richtiger Erziehung schon relativ früh auf die schiefe Bahn geraten und experimentiert auch schon seit einiger Zeit mit Drogen herum. Vor allem der Tod ihres Vaters, der in einem Kugelhagel von Gangstern ermordet wurde, hat ihr zu Schaffen gemacht und diese Entwicklung begünstigt. Andererseits ist der frechen Göre so ziemlich alles gleichgültig. So hat sie nicht nur eine lockere Zunge, sondern ist auch nie abgeneigt, wenn es darum geht, Mitschüler zu provozieren.

In einer der jüngsten Fehden kommt es dabei zu einer wüsten Prügelei mit dem Ghetto-Jungen Hector, der bei nächster Gelegenheit eine Waffe zieht und damit auf Kiden zielt. Wie durch ein Wunder kann Kiden noch ausweichen, und die Kugel trifft ihre Lehrerin. Doch das Mädchen begreift, dass dieses Wunder eigentlich eine ganz andere Ursache hat; Kiden wird sich bewusst, dass sie über ganz besondere Kräfte verfügen muss und taucht auch sofort nach dieser beinahe tödlichen Auseinandersetzung unter, um diese ungeahnten Mächte in sich selber zu erforschen.

Ruhe findet Kiden aber nicht, denn plötzlich taucht der Geist ihres verstorbenen Vaters auf und fordert sie dazu auf, ihre Lehrerin aufzusuchen und zu ihm zu bringen. Diese wiederum ist nicht begeistert, das geflohene Mädchen wiederzusehen, lässt sich aber dennoch auf ein erstes Friedensangebot ein. Kiden erzählt ihr daraufhin von ihren verborgenen Kräften und der Vermutung, eine Mutantin zu sein. Doch ihre mittlerweile sehr melancholische Lehrerin glaubt ihr nicht, zumal die Vorstellung auch recht merkwürdig ist. Dann aber gerät das Leben der beiden ein weiteres Mal aus den Fugen, und bevor sie sich versehen, zeigt ihnen die Realität ein Bild ihrer selbst, von dem sie vor wenigen Tagen noch nicht mal zu träumen gewagt hätten …

_Meine Meinung_

Teil 22 der „100% Marvel“-Reihe spielt ein wenig abseits des gewöhnlichen Marvel-Universums und präsentiert auch keine der bekannten Charaktere innerhalb der Handlung. „NYX“, eine abgeschlossene Serie, die hier mit allen sieben Episoden komplett aufgefahren wird, wirft stattdessen einige sozialkritische Themen auf und beschäftigt sich mit dem Leben in den New Yorker Ghettos und dem Umfeld in dieser Region. Natürlich treiben sich hier allerhand finstere Gestalten herum, allerdings ist auch die eigentliche (Anti-)Heldin in dieser Umgebung aufgewachsen und mitten in das Zwielicht aus Drogen und High-School-Bandenkriegen geraten, das ihre Entwicklung maßgeblich geprägt hat. Der Mord an ihrem Vater hat ihr schließlich den Rest gegeben und ihr gleichzeitig jegliche Hoffnung auf eine friedliche Zukunft genommen.

Kiden ist immer mehr vom rechten Kurs abgekommen, legt sich grundsätzlich mit jedem an und wird wegen ihres rebellischen Charakters zum gemiedenen Außenseiter. Selbst in ihrer Familie findet sie keinen richtigen Anschluss mehr, nicht zuletzt weil sie den neuen Freund ihrer Mutter nicht respektiert und akzeptiert. Ihr Leben steht auf der Kippe und scheint auch plötzlich ausgelöscht, als Kiden einer tödlichen Kugel ausweichen kann und diesen Moment wie in Zeitlupe an sich vorbeiziehen sieht.

Da entdeckt sie ihre geheimen Kräfte, entdeckt, dass Dinge in ihr stecken, mit denen sie ihr
Schicksal positiv beeinflussen und vielleicht doch noch auf ihrem tristen, vorbestimmten Lebensweg etwas bewegen kann. Doch Kiden gerät auch weiterhin von einer Verlegenheit in die nächste, zieht Probleme magisch an und stürzt auch ihre bereits gebeutelte Lehrerin in das nächste Chaos – und das ist dieses Mal tatsächlich tödlich.

Eins vorweg: Keiner der hier vorgestellten Charaktere kann auch nur im Geringsten mit den ‚richtigen‘ Helden des Marvel-Universums mithalten, und deswegen finde ich es auch ziemlich unglücklich, die Serie innerhalb der „100 % Marvel“-Reihe zu bringen, denn an diese hat der geneigte Leser doch ganz andere Erwartungen. Dabei ist der Comic gar nicht mal so schlecht und aufgrund der vielen Szenenwechsel partiell auch ziemlich komplex, lässt es andererseits aber auch ein wenig an Flair vermissen. Die Atmosphäre ist nämlich weder richtig düster noch wirklich beklemmend, zur gleichen Zeit aber auch weit davon entfernt, euphorisch zu werden. „NYX“ liegt stimmungstechnisch irgendwo dazwischen und kommt deswegen auch irgendwie nie so richtig in Fahrt. Zudem sind die Sub-Plots auch nicht wirklich gut ausgereift und wirken streckenweise wie ein Klotz am Bein der Geschichte. Zar fügt sich zum Ende hin alles logisch zusammen, aber da die Spannung eigentlich immer nur in der direkten Nähe der Hauptfigur Kiden präsent ist, wären Nebenschauplätze wie die Geschichte von Bobby Soul und seinem kranken kleinen Bruder nicht wirklich nötig gewesen – es sei denn, dem Autor ist es ausschließlich darum gegangen, das miese Leben im Ghetto näher zu beleuchten.

Schade finde ich auch, dass Kiden als Mutantin nie so richtig ins Spiel kommt. Ihre Kräfte werden offenbar, aber sie setzt sie nicht immer in den richtigen Momenten (wenn denn überhaupt mal) ein. Zusammenhänge zu den „X-Men“ erfordern aus diesem Grunde auch eine größere Fantasie, selbst wenn der Name der beliebten Mutantentruppe auf dem Cover prangt. Verwandtschaften sind jedenfalls ausgeschlossen …

Nun, schlecht ist „NYX“ nun auch nicht, immerhin ist die Handlung zu keiner Zeit vorhersehbar, und auch das Mindestmaß an Spannung wird erreicht. Aber mit dem Hintergrund, in dieser Reihe schon weitaus bessere Comics gelesen zu haben, kann ich Band 22 trotzdem nur bedingt weiterempfehlen.

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Turner, Michael / Loeb, Jeph – Soulfire 0

Bei „Soulfire“ haben sich zwei der bekanntesten amerikanischen Comic-Autoren, nämlich Jeph Loeb und Michel Turner, zusammengetan. Die Serie ist eine der ersten Projekte auf Turners hauseigenem Verlang |Aspen MLT Inc.|, den er einige Zeit nach seiner schweren Erkrankung zur Jahrtausendwende gegründet hat. In Deutschland erscheint die Reihe nun über den |Infinity|-Verlag. Und dort scheint sie auch sehr gut aufgehoben, denn in Sachen Hochglanz-Comics ist man von diesem Hause ja schon Herausragendes gewöhnt, so zum Beispiel die legendäre „Spawn“-Serie. Ob „Soulfire“ jedoch auch diesen Stellenwert erreichen wrd, bleibt abzuwarten. Das Potenzial ist jedenfalls schonmal vorhanden.

_Story_

Einst war die Welt ein gewaltiges Paradies, in dem Menschen und Drachen zusammenlebten. Es herrschte Friede zwischen den Völkern, und die Magie ruhte in Harmonie. Dann jedoch trat der machtbesessene Rainier auf den Plan, korrumpierte die Drachen, zerstörte den Frieden und leitete durch seine bösartigen Eingriffe das Ende der paradiesischen Welt ein. Gut und Böse existierten wieder, und in einer großen Schlacht wurde all das zerstört, wofür Menschen und Drachen jahrhundertelang gekämpft hatten. Nur wegen eines Mannes …

Das erste Heft der Reihe ist, wie eigentlich üblich, nur eine kurze Einleitung zur später folgenden Story und bekommt innerhalb der knappen 28 Seiten auch nicht viel Freiräume zur Entwicklung. Es ist die Ausgabe 0 und somit auch ein knapper Abriss der Vorgeschichte, deren Konsequenzen die Hauptakteure in den folgenden Magazinen noch zu spüren bekommen werden.

Beschrieben werden das Ende des Friedens und der Aufstieg des kompromisslosen Schwertkämpfers Rainier, der sich aus reiner Gier gegen die alten Gefährten auflehnt und selbst Instanzen besiegt, die noch nie jemand vor ihm im Kampf überlebt hat. Es ist die Stunde des Bösen und der Anbeginn einer düsteren Zeit, jedoch auch nur eine leise Andeutung dessen, was möglicherweise noch folgen wird. Denn so schnell man in die Story hineingefunden hat, wird man auch wieder abrupt mit der letzten Seite konfrontiert und somit mit dem vorläufigen Abschluss. Und dabei hat die Geschichte noch nicht einmal richtig begonnen …

Es sieht schon sehr viel versprechend aus, was Michael Turner und Jeph Loeb hier kreiert haben, auch wenn ich noch keine Bewertung für die gesamte Serie abgeben will. Dafür bewegt sich in diesem ersten Comic nämlich noch zu wenig. Lediglich zu den gigantischen Zeichnungen möchte ich mich äußern, denn diese haben einen sehr starken Eindruck hinterlassen. Turner selber hat zum Pinsel gegriffen und vor allem die tollen, seitengroßen Riesenausschnitte, von denen Band 0 beherrscht wird, mit herrlichen Illustrationen gefüllt.

Sprechblasen sind daher auch erstmal Mangelware; Tuner lässt die Kraft der Bilder sprechen und füllt die Texte nur selten mit viel Inhalt. Persönlich finde ich das auch eine gute Idee, denn wo die tollen Hochglanzzeichnungen an anderer Stelle schon mal gerne von überdimensionalen Sprechblasen verdeckt werden, sind in „Soulfire“ alle Details erkennbar und der Wert der Zeichnungen auch so hoch, wie es eigentlich in jedem Comic sein sollte. Sehr schön!

Warten wir also ab, wie sich die Geschichte weiterentwickelt; nach den tollen Zeichnungen im einleitenden Heft freue ich mich schon auf eine Menge Action und weitere starke Helden wie den hier eingeführten Rainier. Fantasy-Freunde sollten sich auf jeden Fall mal mit dieser andernorts ebenfalls hochgepriesenen Serie beschäftigen.

http://www.infinity-verlag.de/