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Douglas Adams – Per Anhalter ins All

|In vielen der etwas lässigeren Zivilisationen am äußersten Ostrand der Galaxis hat der Reiseführer „Per Anhalter durch Galaxis“ die große „Encyclopaedia Galactica“ als Standard-Nachschlagewerk für alle Kenntnisse und Weisheiten inzwischen längst abgelöst. Denn obwohl er viele Lücken hat und viele Dinge enthält, die sehr zweifelhaft oder zumindest wahnsinnig ungenau sind, ist er dem älteren und viel langatmigeren Werk in zweierlei Hinsicht überlegen.
Erstens ist er ein bisschen billiger und zweitens stehen auf seinem Umschlag in großen, freundlichen Buchstaben die Worte KEINE PANIK.|

Aus: „Per Anhalter durch die Galaxis“

„Per Anhalter durch die Galaxis“ ist über den Status eines reinen Kultbuches längst hinaus: Man darf sagen, dass es längst ebenso sehr Eingang in die westliche Kultur gefunden hat wie Mickey Mouse, Batman oder die Simpsons – der Anhalter gehört für jeden Reisenden (und wer wäre das nicht?) längst zur Allgemeinbildung. In diesem Sinne will ich gar nicht lange mit einer (ohnehin bestens bekannten) Inhaltsangabe langweilen, sondern lieber einen Blick auf die skurrilen Personen werfen, die das Universum bevölkern.

Da wäre natürlich zunächst Arthur Dent zu erwähnen, einer der letzten Nachkommen jener vom Affen abstammenden Spezies, die den Planeten Erde bevölkerten und deren simples Gemüt man leicht daran erkennt, dass sie Digitaluhren noch immer für eine ganz tolle Sache halten. Zu Beginn der Erzählung teilen sich Arthurs Haus und dann auch sein Planet das gleiche Schicksal: Beide müssen einer Umgehungsstraße weichen. Die eine ist von der Stadtverwaltung geplant und liegt als Konzept im Klo des Kellers einer Behörde aus, die andere ist von der Rasse der Vogonen vorgesehen und war auf einem unserer Nachbarsterne zu begutachten. Arthur wie auch die Menschheit im Allgemeinen hätten also jede Chance gehabt, gegen das Bauvorhaben zu protestieren, nur haben es leider beide versäumt, ihre Ansprüche gelten zu machen und so muss man sich eben von Haus und Heimat trennen.
Natürlich ist die Sprengung der Erde ein Ereignis, dem man sich nur schwer entziehen kann, aber Arthur Dent hat Glück im Unglück, denn kurz bevor der Planet Erde in seine Bestandteile aufgelöst wird, trifft er auf …

… Ford Prefect. Ford ist zwar dem Äußeren nach ein Mensch, stammt aber tatsächlich von einem fernen Stern aus dem Beteigeuze-System. Sein Name resultiert aus schlampiger Recherche – er dachte, er wäre auf der Erde unauffällig. Er ist so eine Art freischaffender Journalist und schreibt Artikel für den „Anhalter“. Unglücklicherweise ist er vor einigen Jahren in dem abgelegenen Spiralarm gestrandet, der bis vor kurzem auch das Sonnensystem und die Erde enthielt und kommt nun nicht mehr weg. Immerhin gab ihm das genug Zeit, einen neuen und verbesserten Artikel über den seltsamen Planeten zu verfassen, auf dem er da gestrandet war. Der alte Eintrag „harmlos“ war der reichen Kultur und der Geschichte des Planeten und seiner ganzen Bedeutung nicht mehr so richtig würdig und so konnte er im Laufe der Jahre auf „weitgehend harmlos“ erweitert werden.

Ford ist um drei Ecken mit dem Präsidenten des Universums verwandt und ein erfahrener Reisender und Anhalter, weswegen er auch nie ohne Handtuch an Bord eines fremden Raumschiffes gehen würde. Mit den Vogonen hat er sich und Arthur Dent leider relativ ungemütliche Zeitgenossen als Gastgeber gesucht. Nicht nur, dass diese sie durch die Luftschleusen einfach ins Vakuum hinausbefördern wollen, sie geben auch vorher einige Kostproben ihrer berüchtigten Dichtkunst ab. Da der Tod in der Kälte des leeren Alls jederzeit der vogonischen Dichtkunst vorzuziehen ist, finden sich die beiden Freunde schnell auf der falschen Seite der Schleuse wieder, doch da geschieht das Unwahrscheinlichste, was hätte passieren können … Die „Herz aus Gold“ nimmt sie im selben Moment auf!

Das ist selbstverständlich so unwahrscheinlich, dass es quasi gar nicht vorkommt, aber das Raumschiff „Herz aus Gold“ hat einen Unwahrscheinlichkeitsdrive, der auf der Theorie der Instochastik basiert. Mit Hilfe der Instochastik können ein Raumschiffantrieb konstruiert werden, die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass sich eine Rakete in einen Wal verwandelt oder – und daran sieht man wirklich, um welche Potenzen es bei der Unwahrscheinlichkeitstheorie geht – Fehler in einer Restaurant-Rechnung gefunden werden!

Die „Herz aus Gold“, das modernste Schiff der Galaxis, wurde jedenfalls soeben von Zaphod Beeblebrox entführt. Dieser ist ein Egomane vom Herrn, Präsident der Galaxis, Abenteurer und Ex-Hippi. Als Präsident obliegt es seiner Pflicht, von den wahren Machtverhältnissen im Universum abzulenken und daher gilt er als einer der erfolgreichsten Männer, die dieses würdevolle Amt je innehatten. Er hat übrigens einen zweiten Kopf und einen zusätzlichen Arm. Trotz der körperlichen Unterschiede ist er mit Ford Prefect verwandt.

Ebenfalls an Bord der „Herz aus Gold“ befinden sich Tricia McMillan, genannt Trillian, eine lose Bekannte von Arthur Dent, die ihn mal auf einer Party hat abblitzen lassen und lieber mit Zaphod davongebraust ist (weswegen sie die Zerstörung der Erde auch überlebt hat) und der Roboter Marvin, der über ein Gehirn mit einer absolut fantastischen Rechenleistung verfügt und zudem mit einem echten menschlichen Persönlichkeitsprofil ausgestattet ist – er ist also ständig depressiv.

Zusammen mit diesen – nennen wir sie doch in Ermangelung eines besseren Begriffs „Leute“ – mit diesen Leuten also durchstreift Arthur Dent das Universum, erlebt Abenteuer, bekommt tiefere Einblicke in den Sinn des Lebens und muss dazu nicht einmal einen Pangalaktischen Donnergurgler trinken – eine Kreation von Zaphod, die sich anfühlt, als würde einem mit einem in Zitronenscheiben gehüllten Goldbarren das Gehirn rausgeprügelt werden …

Der Kreis schließt sich: Als Radiohörspiel hat das Kultbuch „Per Anhalter durch die Galaxis“ seinen Siegeszug begonnen und nun ist es dort auch wieder angekommen: Dazwischen liegen alle bekannten Formen der medialen Umsetzung eines Stoffes, sowie der Eingang des Werkes – oder doch zumindest einiger seiner Teile – in die westliche Kultur: „Per Anhalter durch die Galaxis“ gehört längst zum Kanon einer Literatur jenseits Marcel Reich-Ranickis.

Jeder Mensch, der auf die eine oder andere Art und Weise an Büchern interessiert ist, wird früher oder später auf dieses brillante Werk stoßen und nun hat |Der Hörverlag| eine Möglichkeit gefunden, es auch allen Lesemuffeln zugänglich zu machen.

Das Hörspiel ist erfolgreich bemüht, die abstruse Atmosphäre des Buches einzufangen und dabei jener legendären, beinahe mystisch verklärten BBC-Produktion nachzueifern, die nun auch schon demnächst ein Vierteljahrhundert alt ist. Dies gelingt souverän und die Gründe heißen Dieter Borsche, Klaus Löwitsch und Bernhard Minetti. Als Stimmen der Hauptdarsteller hauchen sie den Textzeilen des großen Douglas Adams Leben ein, sind so verrückt und überdreht, so seltsam und philosophisch, so gleichgültig und engagiert, wie die Helden der einzig bekannten fünfbändigen Trilogie. Es wäre jedoch unfair, nur diese Sprecher lobend zu erwähnen, denn auch und gerade die Nebenrollen sind liebevoll und mit viel Feingefühl besetzt, man denke nur an die Rede der Frau vor der Demonstration gegen die Errichtung der Schnellstraße durch Arthurs Haus – eine staunenswerte Leistung, die mich ungläubig und sprachlos vor den Boxen kauern ließ: Gerade in diesen Zwischentönen bzw. Zwischensequenzen brilliert die Hörbuchfassung ungemein.

Leider ist mir nicht bekannt, ob die textliche Vorlage des Hörspiels die der Originalfassung des „Anhalters“ ist, aus dem ja erst später ein Buch wurde, oder ob es sich um ein eigenes „Drehbuch“ handelt, aber so oder so sind die Kürzungen, die vorgenommen wurden, eine Reduzierung auf das Maximum. Schnell und witzig kommt die Geschichte nun daher, ohne jedoch auf den Tiefgang der Romanvorlage zu verzichten.

Die optische Gestaltung des Covers dürfte ganz im Geiste der ersten Erscheinungen des berühmten Buches sein, meine Uralt-Taschenbücher sehen jedenfalls so ähnlich aus … Löblich zu erwähnen ist auch die Trackunterteilung, die so angelegt ist, dass ein schnelles Wiederfinden einer bestimmten Szene oder die Wiederaufnahme nach Unterbrechung des Hörgenusses kein Problem darstellt.

Ein Ersatz zur Lektüre des „Anhalters“ ist das Hörbuch nicht – aber den kann und wird es sowieso nicht geben. Vielmehr bietet die Produktion von |Der Hörverlag| eine willkommene Möglichkeit, in die unendlichen Weiten des Douglasschen Kosmos einzutauchen, selbst, wenn das Buch nicht zur Hand ist. Somit kann es Kennern wie Neulingen nur wärmstens empfohlen werden – macht’s gut und danke für den Fisch.

_Marcel Dykiert_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Miéville, China – Perdido Street Station

„Perdido Street Station“ gewann im Jahre 2003 den Kurd-Laßwitz-Preis als bestes fremdsprachiges Werk der Phantastik. Die Übersetzerin Eva Bauche-Eppers gewann passenderweise den Preis für die beste Übersetzung.

Grund genug für ein wirklich fantastisch günstiges Sonderangebot von |amazon.de|: Exklusiv bei |amazon| erscheint eine einbändige Sonderausgabe des zuvor für den deutschen Markt in zwei Bände („Die Falter“ und „Der Weber“) aufgeteilten Originals. Das gebundene Buch besticht nicht nur durch seine hochwertige Bindung und gefällige Präsentation, man spart auch ungefähr sechs €uro gegenüber dem Erwerb der beiden Paperbacks.

„Phantastik“ ist wohl noch die treffendste Beschreibung für den wilden Mix aus Fantasy, Science-Fiction und innovativen eigenen Gedanken, den der Autor China Miéville mit „Perdido Street Station“ abliefert:

New Crobuzon ist ein gigantischer Moloch, eine Stadt, in der Menschen, fremdartige Rassen, mechanische Konstrukte, Mutanten, Arbeiter, Sklaven, Huren, Magier, Wissenschaftler und Scharlatane leben. Sowie zahlreiche gescheiterte Existenzen, wie der wegen eines Verbrechens mit der Entfernung seiner Flügel bestrafte Garuda Yagharek. Er sucht die Hilfe des arg verzettelten Genies Isaac Dan dar Grimnebulin – für viel Gold soll dieser ihm helfen, seine ursprünglichen Flügel wiederherzustellen.

Dieses einfache Anliegen ist der Auslöser für eine große Katastrophe: Isaac untersucht verschiedene Flugwesen, von fliegenden Eidechsen über normale Vögel bis hin zu Insekten. Eines seiner Sorgenkinder ist eine exotische, bunt schillerende Raupe, die sein Interesse geweckt hat: Sie frisst nichts, bis auf … Dreamshit, die angesagteste Droge von ganz New Crobuzon!

Die kleine Raupe wächst zu gewaltiger Größe und verpuppt sich. Als Isaac wieder nach Hause kommt, findet er einen seiner besten Freunde halbtot als lallenden Idioten wieder. Das erste Opfer des „Falters“, der ausgebrochen ist, ihn ausgesaugt hat, und nun mit seinen besonderen Fähigkeiten Angst und Schrecken in der Stadt verbreitet!

Sicher kein harmloses, kleines Insekt, wie man meinen könnte … Der Falter befreit seine Artgenossen, die von dem Gangsterboss „Vielgestalt“ zu kommerziellen Zwecken missbraucht werden. Ironischerweise arbeitet Isaacs Freundin Lin, eine Khepri, gerade an einer Plastik des eitlen Vielgestalt … Dieser wird wütend auf Isaac, den er fälschlich als Rivalen auf dem Drogenmarkt ansieht, und nimmt Lin als Geisel.

Die Lage spitzt sich zu: Auch die Regierung ist in Machenschaften mit den tödlichen Faltern und der Unterwelt verwickelt. Bürgermeister Rudgutter weiß keine anderen Rat mehr, als den „Weber“, eine gigantische transplanare, absolut fremdartige Riesenspinne, um Hilfe zu bitten. Doch auch andere Gruppen nehmen den Kampf gegen die Falter auf, während der von allen Seiten gehetzte Isaac mit seinen Freunden Zuflucht im Zentralbahnhof, der namensgebenden „Perdido Street Station“, sucht.

_Der Autor_

Der 1972 geborene China Miéville ist, um Missverständnissen vorzubeugen, ein Mann. Den Namen erhielt er von seinen Hippie-Eltern, es handelt sich hierbei um kein Pseudonym – was bei einem solch prägnanten Namen wohl überflüssig wäre.

Der politisch stark links orientierte, bekennende Sozialist Miéville hat eine bildhafte Phantasie, die sich auch in seiner wortreichen Sprache und seinem gewaltigen Ideenreichtum niederschlägt. Seine politische Einstellung erschließt sich dagegen nicht aus seinen Romanen, nur eine deutlich anti-autoritäre Haltung ist unverkennbar. Derzeit promoviert China an der |London School of Economics| in „Philosophy of International Law“, an der er auch seinen Master-Titel in sozialer Anthropologie mit Auszeichnung erworben hat. Bereits sein erster Roman, „König Ratte“, wurde für zahlreiche Auszeichnungen nominiert.

Bis heute erschienen desweiteren „Perdido Street Station“ (Deutsch: „Die Falter“, „Der Weber“), „The Scar“ („Die Narbe“ , [„Leviathan“) 612 und „Iron Council“ (Deutsch in Kürze, der Titel wird vermutlich „Moloch“ und der Roman diesmal nicht aufgeteilt sein). Alle diese voneinander völlig unabhängig lesbaren Romane spielen in der fantastischen Welt Bas-Lag.

_Ein Kaleidoskop der Ideen_

Bunt und exotisch ist die Welt Bas-Lag. New Crobuzon besitzt eine exotische Atmosphäre, die begeistert. Exotische Lebensweisen und Bewohner gibt es zuhauf, wobei besonders auffällt: keine Elfen, keine Orks, keine bekannten fantasytypischen Rassen. Der ganz normale Mensch ist vielmehr der Exot. So ist Isaacs Freundin Lin eine Khepri: Ein Wesen mit menschlichen Körper, aber mit einem insektoiden Käferkopf. Im wahrsten Sinne des Wortes ein „flotter Käfer“. Die Unterhaltung des ungleichen Paares erfolgt über Gesten und schriftlich. Diese Beziehung könnte Isaac seine Stellung an der Universität kosten, auch Lin ist bei den Khepri als Skandalfigur bekannt. Darum sind sie stets bemüht, ihre Liebschaft geheimzuhalten.

Dann gibt es noch Yagharek, den Garuda – ein an den mythischen indonesischen Vogel erinnerndes Vogelwesen. Er tritt in das Leben der beiden und löst die verhängnisvolle Kette von Ereignissen aus, die New Crobuzon an den Rand des Verderbens bringt.

Dies unterscheidet „Perdido Street Station“ von vielen anderen Büchern: Die Geschichte entsteht aus einer natürlich anmutenden Verkettung von Ereignissen und verbindet zahllose interessante Einzelschicksale miteinander. Keine Prophezeiung, Legende oder ein klar definiertes Ziel treibt die Handlung voran. Vielmehr ergibt sie sich aus dem puren Zufall, dem sozialen Chaos New Crobuzons.

So ist man anfangs ein wenig im Unklaren, worum es überhaupt geht. Bis der Falter schlüpft, dauert es eine ganze Weile, während der man sich an die zahllosen exotischen Rassen New Crobuzons, wie die an Kakteen erinnernden Kaktusmenschen oder die von der Regierung als Strafe für Verbrechen in eine Art dampfgetriebene Cyborgs oder in absurde Kreaturen umgewandelten „Remades“, gewöhnen kann.

Dabei liegt Miévilles Stärke in seinen Ideen, seine Welt ist wirklich innovativ und einzigartig in ihrer Vielfalt, die sie lebendig macht. Seine anti-autoritäre Einstellung zeigt sich in der negativen Darstellung der Regierung New Crobuzons: Sie ist eng mit der Unterwelt verbandelt und an der Katastrophe mitschuldig. Bevor man sich an den „Weber“ wendet, ersucht der Bürgermeister erst einmal Hilfe vom Botschafter der Hölle in New Crobuzon, der direkt unter seinem Amtssitz residiert – deutlicher geht es wohl kaum, Mr. Miéville …

Seine bildhafte Sprache ist oft wunderschön, leider kann sie auch oft in Verbindung mit der erst spät einsetzenden Handlung bremsend und störend wirken. So wirft Miéville oft mit Wörtern wie „elyktrisch“ oder „chymisch“ herum, wo es ganz klar um elektrische oder chemische Zusammenhänge geht. Alchemie würde den Gebrauch des letzten Wortes eher rechtfertigen. Genauso ist der Ausdruck „numinoser Arachnide“ genauso faszinierend wie auch irritierend und schlichtweg unverständlich.

Hierzu eine kleine Leseprobe von Miévilles Stil:

|“Das Wissen, dass sie den Auftrag an Land gezogen hatte, das große Los, den Haupttreffer, die künstlerische Herausforderung, von der alle träumten, das Lebenswerk, trennte sie von ihren Freunden. Und ihr furchteinflößender Klient machte die Isolation perfekt. Lin fühlte sich, als wäre sie plötzlich, unvermittelt aus der maliziösen, verspielten, lebhaften, prätentiösen, selbstbezogenen Enklave von Salacus Fields in eine gänzlich andere Welt gestoßen worden.“|

Mitunter kann ein derartiges Adjektivbombardement das Lesen unnötig erschweren, was meiner Faszination leider ein wenig Abbruch tat.

Der Übersetzerin Eva Bauche-Eppers kann man das kaum zum Vorwurf machen – sie hat ihre Aufgabe wirklich hervorragend gelöst und den sehr eigenen Stil Miévilles vortrefflich ins Deutsche übertragen. Frau Bauche-Eppers übersetzte übrigens auch die Romane der ebenfalls für ihre sprachliche Finesse bekannten Autorin Robin Hobb [(„Der Adept des Assassinen“). 229

Im Gegensatz zu ihrer Stärke, überzeugenden und beeindruckend charakterisierten Figuren, wie ihren bekanntesten Helden Fitz, sind Miévilles Charaktere etwas blass, sie leben vielmehr von der Exotik ihrer Umwelt und der Handlung. Wirklich starke Sympathieträger oder Schurken sucht man vergeblich, sie ordnen sich der Vielfalt der Charaktere und Handlungsstränge unter.

_Fazit: Innovation pur_

Den Kurd-Laßwitz-Preis hat sich der Roman wirklich verdient: Neue Ideen braucht das Land – und da ist dieser Roman einfach einsame Spitze.

Die Art der Erzählung ist eine große Stärke, alles wirkt natürlich entstanden, aus einfachen Dingen entwickelt sich zufällig ein großes Abenteuer, in dem zahllose interessante Charaktere und ihre Schicksale miteinander verbunden werden. Ein gewisses Horror-Element ist auch vorhanden, die Falter wüten wirklich schrecklich in New Crobuzon.

Die Sprache kann faszinieren, aber sie ist auch anstrengend zu lesen und oft einfach zu ausladend und sonderbar, was das Lesen mitunter erschwerte und mich zu Pausen nötigte. Die Art der Handlungsentwicklung ist innovativ und interessant, aber leider dauert es ziemlich lange, bis ein Faden erkennbar wird, in Verbindung mit den bremsenden Eigenheiten der Sprache die einzige wirkliche Schwäche dieses Romans.

Alles in allem kann ich „Perdido Street Station“ nur empfehlen – und die wirklich günstige und hochwertige einbändige Sonderausgabe von Amazon ganz besonders. Das schöne Titelbild ist hier der einzige Kritikpunkt: Der Hintergrund zeigt ganz klar New Crobuzon – die Frau auf dem Cover taucht dagegen im Roman niemals auf, sie sieht keiner Person auch nur ähnlich. Ein reiner Eyecatcher für bei Amazon browsende Kunden.

Wer weiß, vielleicht bringt Amazon ja auch eine einbändige Sonderausgabe des zweiten Buches in Bas-Lag, [„The Scar“, 591 heraus? Eines ist gewiss: Preis und Leistung stimmen hier – ein absoluter Geschenktipp für Leseratten und Buchwürmer, die offen für neue Ideen sind.

Homepage des Autors:
http://www.chinamieville.co.uk/

Fanseite im Stil der |New Crobuzoner|-Untergrundzeitung:
http://runagate-rampant.netfirms.com/

Ringo, John – Invasion: Der Gegenschlag (Invasion 3)

_Landser im Weltraum_

Teil 1: Invasion – [Der Aufmarsch 497
Teil 2: Invasion – [Der Angriff 520

Die Handlung des dritten Bandes der Reihe spielt fünf Jahre nach „A Hymn before Battle“ und „Gust Front“. Lapidar zählt Ringo zunächst auf den ersten zwei Seiten den Verlust von fünf Milliarden Menschen auf. Nur noch in kalten, unwirtlichen Zonen der Erde verschanzen sich die Reste der Menschheit – und natürlich in den USA und Kanada! Hier wird den menschenfressenden Posleen weiter gezeigt, wer auf der Erde den Ton angibt! Millionen über Millionen von Aliens werden am Bollwerk der Amerikaner vernichtet, aber das hilft recht wenig. An die zwölf Milliarden Monster fressen inzwischen die Erde kahl und vermehren sich wie die Kaninchen.

Im vorliegenden Band, der die Ereignisse innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen im Jahr 2009 schildert, erfährt man einiges über die derzeitigen Lebensumstände vieler Handlungsträger der früheren Romane. Die Wege einiger dieser Figuren kreuzen sich, Zukunftspläne werden geschmiedet, selbst der Vater von „Mighty Mite“, dem Kommandeur der inzwischen stark dezimierten Kampfanzug-Streitmächte, scheint noch einmal ein wenig Liebesglück abzubekommen, und seine kampferprobte kleine Tochter interessiert sich außer für Waffen inzwischen auch für Make-up, aber genau da bricht ein konzertierter Angriff der Posleen über sie herein. Diese haben in der Zwischenzeit viel dazugelernt und durchbrechen die Verteidigungslinien der Amerikaner, erobern sogar eine der unterirdischen Rückzugsstädte. Eine Million Frauen und Kinder werden innerhalb eines Tages zu Fleischrationen verarbeitet!

Ringo schildert nun die Flucht einer Handvoll Überlebender, den verzweifelten Kampf der restlichen Truppen im eroberten Gebiet und wie diese durch heldenhaften Einsatz (und erstmaligen Gebrauch von Atombomben) noch einmal das Ende hinausschieben können.

Über die unterschwelligen Geheimdienstaktivitäten der „guten“ Aliens, die bereits im vorigen Band angedeutet wurden, erfährt man weiterhin nur sehr wenig. Das Buch endet zu einem Zeitpunkt, an dem die überlebenden Protagonisten in vorläufiger Sicherheit sind und die Rückeroberung der verlorenen Stellungen wahrscheinlich erscheint.

Außer einer Stelle, wo ausführlich alte Witze erzählt werden, bei denen die stereotypen Blondinen, Ostfriesen oder Anwälte durch „Posleen“ ersetzt worden sind, bietet das Buch wenig Innovatives. Der zwischenmenschliche Bereich wird etwas stärker beleuchtet, aber charakterlich hat sich in den vergangenen fünf Kriegsjahren trotz aller erfahrenen Gräuel wenig getan.

Im Zusammenhang mit einer kürzlich ausgestrahlten Fernsehsendung ist mir übrigens aufgegangen, woher unter anderem die Faszination kommt, die solche Bücher trotz aller rationalen Kritik auf den Leser ausüben: Die geschilderten Helden haben keinerlei Tötungshemmung!

Wenn also Mighty Mites kleine Tochter ohne zu zögern einem bösen Menschen mit der Pistole das Gehirn hinausbläst, bekommt man einen „Thrill“, der wesentlich stärker als erwartet ist. Auch schon früher, bei R. A. Heinlein, kamen immer wieder solche Szenen vor, die mir sehr stark im Gedächtnis geblieben sind. Auch Weber und Flint verwenden solche Beschreibungen, um ihre Leser zu schocken. Bei der amerikanischen Scharfschützin in „1632“, die ungerührt Hunderte von Feinden wegputzt, bekommt ja sogar Gustav Adolf eine Gänsehaut!

Was aber bei Ringo praktisch nicht vorkommt, ist eine Schilderung der immensen psychologischen Probleme, mit denen sich Soldaten, denen die Tötungshemmung wegtrainiert wurde, später auseinandersetzen müssen. Viele der Methoden sind übrigens von Nazi-Wissenschaftlern ausgearbeitet worden, die nach dem zweiten Weltkrieg von den Amerikanern eingesammelt wurden, um dort in Ruhe weiter an diesem Problem zu arbeiten (ohne intensive Gehirnwäsche feuern nämlich achtzig Prozent der Soldaten im Nahkampf nicht ihre Waffe auf den Feind ab!).

Fazit: Spannend und rasant geschrieben, erträglich aber nur für Leser der vorigen Bände.

_[Dr. Gert Vogel]http://home2.vr-web.de/~gert.vogel/index.htm _

Deaver, Jeffery – Gesicht des Drachen, Das

Jeffery Deaver gilt nicht umsonst als einer der herausragenden Thriller-Autoren unserer Zeit, schließlich gelang es ihm mit |“Der Knochenjäger“|, einen absoluten Hit zu landen, der auch recht erfolgreich im Zuge der Serial-Killer-Welle mit Denzel Washington und Angelina Jolie in den Hauptrollen als Ermittler-Team Rhyme/Sachs verfilmt wurde. Thomas Harris und seine Figuren-Evergreens Clarice Starling und Hannibal „The Canibal“ Lecter hatten urplötzlich auf dem Sektor des intelligenten Thrillers Konkurrenz bekommen. Dennoch setzt er seine beiden besten und bekanntesten Zugpferde nicht in allen seinen Romanen ein, seine Themengebiete sind breit gefächert; so hat er mit „Lautloses Duell“ zum Beispiel auch einen packenden und authentischen Roman aus der Hacker-Szene auf der Pfanne.

|“The Stone Monkey“| jedoch (was im Deutschen vollkommen unverständlicherweise zu „Das Gesicht des Drachen“ vermurkst wurde, wenngleich der Originaltitel – wie so oft – viel passender gewesen wäre) ist wieder einmal seinem Dreamteam gewidmet und somit der vierte Roman, bei dem sich das dynamisch-forensische Duo aus New York auf seine unvergleichliche Art gemeinsam auf Verbrechersuche begibt. Diesmal bewegt Deaver sich aber ein wenig weg von dem typischen Bild des (westlichen) Serienkillers und macht die Menschenjagd auf illegale Einwanderer aus China zum Gegenstand seiner Geschichte. Als geneigter Leser des Erstlings |“The Bone Collector“| war ich natürlich besonders gespannt …

_Ghost(’s)ship – Zur Story_

Eigentlich heißt er Kwan Ang, doch wird er nur „Gui – Der Geist“ genannt – seines Zeichens chinesischer Menschenschmuggler, berüchtigter Profi-Killer, skrupelloser Psychopath … Niemand hat wirklich je sein Gesicht gesehen und wer es sah, der lebte meist nie lange genug, um davon jemandem zu berichten. Sein persönliches Motto: „Nianxi“ („Geduld – Alles zu seiner Zeit“), sein Auftrag: Eine Ladung illegaler Dissidenten und sich selbst aus China per Schiff in die USA zu schleusen, mit ihm unterwegs: Sein „Bangshou“ (Handlanger / Assistent). Doch das Schiff – die „Fuzhou Dragon“ – wird bereits von FBI und INS (der US-Einwanderungsbehörde) vor New York erwartet; nicht zuletzt dank der akribischen Mitarbeit des querschnittsgelähmten, forensischen Ermittler-Genies Lincoln Rhyme bekommen die Behörden Wind von dem Transport und seinem hochrangigsten Passagier.

Der Geist ist für die INS weiß Buddha kein Unbekannter und ein dicker Fisch, den man gerne dingfest machen möchte. Als sich das Patrouillenboot der Küstenwache dem verdächtigen Frachter nähert, zeigt der Geist, wie wenig ihm Menschenleben wert sind: Kurzerhand lässt er eine vorbereitete Ladung hochgehen und schickt das Schiff in Küstennähe eiskalt auf Grund. Natürlich trägt er Sorge dafür, als einziger mit heiler Haut davonzukommen – Einigen Flüchtlingen gelingt es unerwartet aber dennoch, der Todesfalle des absaufenden Potts zu entfliehen und sich per Schlauchboot zu retten. Der Geist setzt zu einer brutalen Verfolgungsjagd zu Wasser und zu Lande an …

Trotz seiner Bemühungen alle Opfer wenn schon nicht auf dem Meer selbst, dann zumindest am Ufer auszuschalten, schlüpfen ihm zwei ganze Familien durch die Finger, die sich an Land mittels eines gestohlenen Vans mit knapper Not Richtung New York absetzen können, zudem wird der Killer von seinem herbestellten Kontaktmann in den USA am Strand verladen und schmählich im Stich gelassen. Während die beiden Familien allein in diesem fremden Land einen sicheren Unterschlupf finden müssen, hat der Geist das Problem, sich vor den schon herannahenden Polizisten (allen voran Rhymes „Assistentin“ Amelia Sachs) auch erstmal in Sicherheit zu bringen, bevor er seine dreckige Arbeit – die verbleibenden Überlebenden zu eliminieren – zu Ende führen kann.

Bei ihrer Untersuchung des Tatortes stellt Sachs fest, dass es mindestens noch einen lebenden Flüchtling des Massakers gibt: Der chinesische Doktor und Dissident John Sung treibt lediglich angeschossen im Meer. Bei seiner Rettung übersieht sie jedoch einen weiteren Chinesen, der ebenfalls ohne Schrammen (und unbemerkt) davongekommen ist und zunächst eine höchst undurchsichtige Rolle in diesem neuen Fall für das Ermittlerteam um Rhyme/Sachs spielt. Doch wer ist der geheimnisvolle Sonny Li, der sich kurz darauf bewaffnet in das Haus Rhymes schleicht, wirklich? Wird es den Ermittlern gelingen, den Wettlauf gegen den Geist zu gewinnen, der auf der Suche nach den entflohenen und untergetauchten Familien Wu und Chang mit Leichen seinen Weg pflastert? Ihr aktueller Fall ist knifflig und gefährlich zugleich, denn Kwan Ang unterliegt einer ganz anderen Mentalität, die weder Gnade noch Reue kennt, was ihn schwer einzuschätzen (und noch schwerer zu fassen) macht …

_Das forensische Duo – Die beiden Hauptfiguren_

|Lincoln „Linc“ Rhyme| – Kriminalistisches Genie, der eine ganze Reihe Lehrbücher zur Forensik schrieb, bevor er bei der Tatortuntersuchung eines Mordfalles von einem herabfallenden Deckenbalken getroffen wurde. Die Ärzte konnten sein Leben zwar retten, doch ist Rhyme seither vom Hals abwärts gelähmt und kann nur noch den Kopf, die Schultern und einen Finger bewegen. Lange Zeit wollte sich Lincoln sogar das Leben nehmen und hatte auch schon einen Euthanasie-Arzt aufgetrieben. Er residiert in einem schmucken Stadthaus am Central Park West inmitten seiner hochtechnischen Apparaturen und Computer.

Diese erlauben ihm ein halbwegs bequemes (aber arbeitsreiches) Dasein, denn Rhyme wird gerne von den Behörden bei kniffligen Fällen hinzugezogen und dient als „Berater“. Aus dem aktiven Dienst als Cop ist er wegen seines schweren Handicaps natürlich ausgeschieden, dennoch hat sein berufenes (oft mürrisches) Wort auch an höchsten Stellen Gewicht. Entgegen der filmischen Darstellung Rhymes als Schwarzer in „The Bone Collector“ durch Denzel Washington, ist das Romanvorbild ein dunkelhaariger, etwa 40-jähriger Weißer.

|Amelia Sachs| – Sie kommt eher durch Zufall in das |Crime Scene Investigation|-Team, als sie die erste Leiche beim Knochenjäger-Fall findet. Da war sie noch ein Straßen-Cop und stand kurz davor, wegen ihrer schweren Arthritis freiwillig zur Abteilung Jugendkriminalität überzuwechseln. Rhyme erkannte jedoch ihr Talent für die Spurensicherung und Forensik und hat die zunächst recht widerspenstige Amelia in seine „Dienste“ geholt. Auch privat sind die beiden nach dem Fall ein Paar geworden, wobei die deutschstämmige und rothaarige Amelia (beim „Bone Collector“ durch Angelina Jolie verkörpert) nicht nur die rechte, sondern auch die linke Hand Rhymes am Tatort darstellt und mehr als ersetzt.

Aus verständlichen Gründen kann er mit seinem Rollstuhl nur selten sein Haus und die Obhut seines gestrengen Pflegers Thom verlassen. Amelias Gespür für Tatorte und Spuren ist ihr quasi angeboren, sie schreckt jedoch auch nicht vor handfesten Auseinandersetzungen / Ermittlungen zurück, dafür ist sie immer noch zu sehr Cop – ein Erbe ihres Vaters (auch ein „Plattfuß“ sprich Straßenpolizist), der im Dienst erschossen wurde und dem sie nacheifert. Legendär sind ihre rasanten Fahr- und Schießkünste und Vorliebe für ihren getunten Camaro nebst ihrer Dienstwaffe, einer schweren „Glock“.

_Einmal Chop-Suey bitte! – Die Kritik_

Es ist ein typischer „Deaver“ und ein noch typischerer Rhyme/Sachs-Roman obendrein, doch eins muss man dem guten Jeffery mal wieder zu Gute halten und zugestehen: Er bereitet sich stets exzellent auf das verwendete Thema vor. Das ist bei dieser Problematik, sprich der ausführlichen Auseinandersetzung mit der asiatischen Mentalität, speziell dem traditionellen Taoismus und Konfuziusismus, sehr gelungen. Die handelnden Personen und ihre Motive sind überaus glaubhaft und die unterschiedlichen Vorgehensweisen der westlich-rationalen Ermittlungsmethoden mit den fernöstlichen (mehr intuitiven) Sichtweise, sorgen für frischen Wind. Eine gute Portion Feng Shui und chinesische Ying-Yang-Lehre darf logischerweise nicht fehlen, doch flicht Deaver das geschickt mit ein und erschlägt seine Leserschaft nicht mit schwülstigen Weisheiten von Konfuzius oder Lao-Tse. Vielmehr nimmt man den betreffenden Figuren ab, dass sie tatsächlich danach leben.

Dazu passt auch, dass auch immer wieder Begriffe in Chinesisch wie selbstverständlich eingebaut wurden, durch die ständige Wiederholung mancher dieser Ausdrücke bekommt man ein gutes Feeling für den Plot und seine Stimmung. Das Flair der Story geht also vollkommen in Ordnung, auch die Action stimmt – Deaver verzichtet dabei aber weitgehend auf die Schilderung exzessiv-blutiger Gewalt und arbeitet lieber mit subtileren Methoden, um bei seiner Leserschaft Beklemmung und Spannung auszulösen, indem er Dinge unausgesprochen lässt und stattdessen einen eleganten Szenenwechsel einleitet. Ein alter und erprobter Trick, seine Leserschaft bei der Stange zu halten, aber dennoch sehr wirksam …

Die Geschichte krankt aber in meinen Augen durchaus daran, dass der Täter von vorneherein quasi feststeht, das mag ich meist nicht so gern, trotzdem ist der Thriller intelligent und logisch aufgezogen, wie vom Autor gewohnt – Lücken gibt es keine. Doch irgendwie beschleicht mich ein wenig Déjà-vu gepaart mit einer ziemlichen Vorhersehbarkeit des Plots. Deaver gibt sich zwar redlich Mühe, einige Wendungen herbeizuführen, allerdings kommt mir das zum Teil recht erzwungen vor. Klar passen diese eingestreuten Nebenhandlungen und Wendungen in die Story, wenn ich auch hier und da sagen würde, dass er unter einer Art Originalitätsdruck gestanden haben muss. Sequels sind halt immer eine kribbelige Sache. Die Hauptfiguren sind nun mal ziemlich feststehende Größen, da kann man beim immerhin vierten Roman mit Rhyme/Sachs schlecht großartig noch weitere, unbekannte Aspekte aus dem Ärmel schütteln, denn die Hauptfiguren sind schon hinreichend ausgeleuchtet. Unnötig zu erwähnen, dass der Rest des „Casts“ recht farblos und austauschbar bleibt …

Da konstruiert Deaver auf Nummer Sicher eben eine „riskante“ Operation, der sich Rhyme unterziehen will und Amelias bislang vergeblicher Kinderwunsch, ihre Arthritis und ihre Klaustrophobie werden auch einmal aufs Neue einbezogen und als Aufhänger verwendet. Glaubhaft: ja, originell: nein. Zu allem Überfluss lässt Deaver Amelia nämlich auch noch im Wrack des Schiffes tauchen und nach Spuren suchen. Nun gut, das kann man natürlich machen, war aber irgendwie abzusehen. Ich fand dagegen den sympathischen, chinesischen Counterpart zu Rhyme – den chinesischen Cop Sonny Li – mit seinen unorthodoxen Methoden schon wesentlich gelungener, die Figur hat etwas, ganz im Gegensatz zu den üblichen Reibereien und dem zu erwartenden Hick-Hack zwischen dem Ermittlerteam und den zuständigen Departments. Das kennt man bereits hinlänglich und reißt dadurch nicht gerade vom Hocker.

_Ente (süß-sauer) gut … alles gut? – Das Fazit_

Alles in allem eine durchaus spannende und gute Lektüre, die Leseratten innerhalb von guten sechs bis acht Stunden durchackern können. Wäre da nicht die Vorhersehbarkeit, könnte ich dem doch immerhin intelligenten – wenn auch wenig originellen – Thriller sogar eine Maximalbewertung verpassen, die gezeichneten Figuren sind prima, auch die chinesische Mentalität ist exzellent getroffen, ebenso die unterschwellig kritischen Töne an der Einwanderungspolitik bzw. der Menschenverachtung der INS, wenn es um „Illegale“ geht. Doch erinnert mich das Ganze unweigerlich an |“Lethal Weapon 4″| (mit Mel Gibson & Danny Glover), wo man eigentlich nur die Figuren austauschen muss (eben nicht Riggs & Murtaugh, sondern Rhyme & Sachs) und ein klitzekleines bisschen an der Story schütteln, die Parallelen sind unbestreit- und übersehbar.

Zack! Schon hat man fast das Gleiche in Grün mit etwas anderen Protagonisten, leicht abgewandeltem Plot, gleichwohl mit mehr Thriller-Elementen und weniger Ballerei – selbst der eiskalte Bösewicht aus |“Lethal Weapon 4″| (dort genialst dargestellt von Jet Li) ähnelt der Figur des „Geist“ Kwan Ang in Deavers Werk in vielerlei Hinsicht, sodass ich vermute, dass diese Rolle hier mehr als nur Pate gestanden hat. Trotzdem ein lesenswertes und kurzweiliges Buch. Wenn auch kein Gassenhauer, so doch wenigstens leicht verdauliche und unterhaltsame Thriller-Kost, die solide verfasst wurde und den Erwartungen von Deaver-Fans sicher gerecht wird. Mir ist es stellenweise schlicht zu seicht und durchsichtig.

Wilson, Colin – Tanz der Teufel – Scharlatane, Gurus, Sektenführer

„Tanz der Teufel“ ist auf den ersten Blick ein reißerisch aufgemachtes Werk mit Vorzeige-Bösewicht Aleister Crowley auf dem Titelbild. Ärgerlich, dass ein früher esoterisch so niveauvoller Verlag wie |Diederichs|, der mit seiner |Gelben Reihe| für hohe Qualität stand, nach seinem Verkauf mit Titeln wie „Dracula“ und „Frankenstein“ und eben vorliegendem „Tanz der Teufel“ – Untertitel „Wie die Gurus Seelen fangen“ – nach einer Geld bringenden breiten Masse schielt. In einer Reihe stehen da Leute wie David Korresh, Jim Jones, Charles Manson, Aleister Crowley zusammen mit Persönlichkeiten wie Rudolf Steiner, Sigmund Freud und einigen anderen, welche normalerweise nicht in der Öffentlichkeit als Sektenführer gelten.

Der Autor Colin Wilson ist seit seinem bahnbrechenden Werk „Das Okkulte“ Bestseller-Autor. Ihm gelingt es, zwischen den Zeilen zu schreiben. Er steht damit in der Tradition einer Geheimnisse verbergenden Symbolsprache, wie es der „eher eingeweihte“ Leser auch von gnostischen, alchemistischen und tantrischen Texten her kennt. Ohne wirklich zu werten, untersucht er die Geschichte der Messiasgestalten – zu denen er alle großen Führer von einflussreichen Bewegungen zählt – und findet heraus, dass im Grunde überall sexuelle Energie und entsprechendes Charisma die wesentliche Rolle spielen.

Das war schon bei Jesus Christus nicht anders und interessanterweise kommt bei all diesen Glaubenssystemen auch die Vorstellung eines baldigen apokalyptischen Weltendes hinzu. Irgendwie erinnern diese Konzepte an den befreienden Orgasmus – oft auch der „kleine Tod“ genannt – da seine Erfahrung mit Auflösung der stofflichen Welt einhergeht. Seit den späteren gnostischen Bewegungen steht in allen im Buch beschriebenen Fällen die sexuelle Energie, der damit verbundene orgiastische Augenblick überwältigender Freude und Erleuchtung, im Mittelpunkt der jeweiligen Lehren. Für Colin Wilson wird deutlich, dass alle bedeutenden Führer dies erkannten und es offensichtlich ist, dass sie ihre Kenntnisse der Bedeutung des Einsatzes von Sexualmagie irgendwann auch in die Praxis umsetzen.

Die „Verführung“, durch das mächtigste Werkzeug, das zur Verfügung steht, die Welt verändern zu können, ist deswegen nicht mehr verwunderlich und es wird deutlich, aus welchen tieferen Beweggründen es immer wieder zu den so genannten Skandalen kommt. Zum einen ist die Verantwortung, in welcher sich solche Führer sehen, zu groß, als dass sie dieses Mittel nicht auch einsetzten, zum anderen ist die göttliche Erfahrung auch zu umfassend, als dass sie Sexualität noch personal auf einzelne Beziehungen beschränken könnten. Es kann keine Trennung der uranfänglichen Schöpfungsenergie – dem Verschmelzen von Gott-Göttin, der weiblich-männlichen Kraft, der Polaritäten dieser Welt – in egoistischer Personenprojektion mehr stattfinden. Alle Vernunft spielt dann, wie bei den gewöhnlichen menschlichen Beziehungen ja nicht anders, keine Rolle mehr.

Sexualität ist immer auch Religion. Sexualität ist immer ein Transformationssystem, die mächtigste Methode zur Verwandlung der Realität überhaupt. Wilson zeigt auf, dass dies auch nicht als Selbsttäuschung abgetan werden kann, sondern dass die derart sexuell aufgeputschten Anhänger mitsamt ihren Messias-Führern tatsächlich in ihrer Wahrnehmung in einem viel höheren Feld sind als die restlichen Durchschnittsmenschen und aufgrund des erfahrenen Wissens schamlos promiskuitiv sein müssen. Aus ihrer Warte heraus begehen sie dabei Rituale in ähnlicher Bedeutung wie das Sakrament der heiligen Kommunion. Die offiziellen Erklärungen, dass es bei den vielen Sexskandalen – die mit vielen historischen Beispielen aufgezeigt sind – um fehlgeleitetes Ausleben von Sexualtrieben ginge, vereinfachen zu sehr den wirklichen Sachverhalt. Evolution ist ohne Sex nicht möglich und deswegen experimentieren Menschen auf einer hohen Entwicklungsstufe auch damit, denn sie wollen verborgene Kräfte entdecken und freisetzen. Das geht nicht immer gut, was die ganzen Beispiele auch zeigen.

Sich die Guru- und Messiasgeschichten unter diesem Gesichtspunkt einmal neu anzusehen, ist spannend, aufschlussreich und macht das Buch von Wilson äußerst lesenswert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Colin__Wilson
http://de.wikipedia.org/wiki/Sexualmagie
http://de.wikipedia.org/wiki/Sekte
http://de.wikipedia.org/wiki/Guru

William Shatner (mit Judith u. Garfield Reeves-Stevens) – Sternennacht (Star Trek)

Das geschieht:

Das Romulanische Reich ist in Aufruhr, seit der Klon Shinzon die gesamte Regierungsmannschaft umgebracht und die Macht an sich gerissen hatte. Der Usurpator konnte gestoppt werden, aber eine verhängnisvolle Lawine war in Gang gekommen: Romulus, der Zentralplanet des Reiches, besitzt einen bisher geheimen Nachbarn – Remus, einen unwirtlichen, düsteren Minenplaneten, auf dem die Remaner, das Brudervolk der Romulaner, Sklavenarbeit leisten müssen. Unter Shinzon begehrten die Unterdrückten auf. Auch nach dem Tod ihres Anführers fordern sie ihr Recht auf Mitsprache und dürsten nach Vergeltung. Auf Romulus und Remus liefern sich Separatisten, religiöse Eiferer, fanatische Neuerer und verbissene Wahrer alter Traditionen offene und heimliche Kämpfe.

In dieser Situation trifft Botschafter Spock auf Romulus ein. Der berühmte Diplomat träumt von einer Wiedervereinigung von Romulanern und Vulkaniern, Bei einem sorgfältig inszenierten Attentat ‚stirbt‘ er vor den Augen seines romulanischen Publikums, um so als Märtyrer seine Sache populär zu machen. William Shatner (mit Judith u. Garfield Reeves-Stevens) – Sternennacht (Star Trek) weiterlesen

Andrascz Jaromir Weigoni – Zur Sprache bringen …

Die Integration von Mesnchen mit Behinderung in die ’normale‘ Gesellschaft ist ein Prozess, der schon seit Jahren schleppend vorangeht, aber von vielen leider nicht wahrgenommen wird bzw. nicht die verdiente Aufmerksamkeit, welche diese Menschen verdient haben, bekommt. Sicherlich steckt hinter dieser Aussage eine recht negative Wertung, die ich mir an dieser Stelle aufgrund des direkten Bezuges – ich selber arbeite hauptberuflich mit körperlich und geistig behinderten Menschen zusammen – auch sicher erlauben darf.

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Tolkien, J. R. R. – Hobbit, Der

Tolkiens Bücher sind Klassiker und erlangten zu Recht Weltruhm, anders als beim Ringkrieg, besser bekannt als die |“Herr Der Ringe“|-Trilogie, welche aus einem Sammelsurium von zunächst unzusammenhängenden Kapiteln besteht, ist |“Der Hobbit“| eine Geschichte, die Tolkien in einem Rutsch schrieb. Von Anfang an war die Geschichte um Bilbo Beutlin als Kinderbuch geplant gewesen, allerdings mit dem Hintergrund der Fantasywelt Mittelerdes, deren Grundzüge Tolkien bereits kurz nach dem ersten Weltkrieg schuf.

Der Erfolg dieses Werkes kam für JRR recht unerwartet und dem ist es auch zu verdanken, dass Tolkien überhaupt in Erwägung zog, den heute wesentlich berühmteren |Herrn der Ringe| zu überarbeiten und als eigenständige Geschichte zu veröffentlichen – eigentlich waren die Geschichten rund um Mittelerde nur für ihn selbst bestimmt und fanden dementsprechend nur in der Phantasie seines Kopfes statt. Selbst nach seinem Tod wurde die Fackel weitergetragen: Sein Sohn Christopher – JRRs allererster und kritischster Rezensent – zeichnete nicht nur die Karten, die heute in allen Büchern zu finden sind, sondern trug auch unveröffentlichtes Material seines Vaters zusammen, was posthum in weiteren Publikationen gipfelte.

Das Berühmteste davon ist sicher [|“Das Silmarillion“|, 408 welches die Anfänge und die Schöpfungsgeschichte Mittelerdes behandelt. Eine Rohfassung der Historie von Mittelerde, wie sie das Silmarillion beschreibt, sind |“Die verlorenen Geschichten“| in zwei Bänden, die sich hauptsächlich um das Reich „Westernis“ (später besser bekannt als „Númenór“) kümmern. Somit stellt |“Der Hobbit“| bemerkenswerterweise das erste komplett fertiggestellte Buch und nicht den tatsächlichen Anfang der niedergeschriebnen Geschichten dar (wie man es bei „Fortsetzungen“ eigentlich erwarten könnte), sondern streng genommen ein Bindeglied mittendrin.

_Zur Story_

Hobbits sind die leicht kleinbürgerlichen Spießer von Mittelerde, die für alles, was sich außerhalb ihres geliebten, friedlichen Auenlands abspielt, nicht nur wenig Interesse, sondern vielmehr spöttische Verachtung übrig haben. Hobbits – oder auch „Halblinge“ genannt – leben in bequemen und gut ausgestatteten Erdhöhlen. Sie weisen einen kleinen Wuchs auf, selten werden sie größer, als 1 – 1,2 Meter, noch dazu ist ihre Statur eher gedrungen und rundlich um die Hüften. Wahrlich kein Volk, das dem Bild heldenhafter Abenteurer entspricht, die sich für gewöhnlich mit der Bekämpfung von Drachen beschäftigen. Solcherlei „Unfug“ überlässt der gemeine Auenländer lieber dem „Großen Volk“ (den Menschen) oder den geschäftstüchtigen Zwergen.

Doch ab und zu schlagen immer wieder mal Hobbits aus der Art und die zieht’s tatsächlich zu Abenteuern hin, das gilt vor allem für die Sippe des alten Tuck, zu welcher auch Bilbo Beutlin gehört. Bilbo ist bis dato ein bodenständiger Hobbit von 50 Jahren, als der Zauberer Gandalf eines schönen Tages an seine Tür klopft und die Geschichte ihren Lauf nimmt. Ehe Bilbo es sich versieht, steckt er als „Meisterdieb“ engagiert mitten in einer zwölfköpfigen Schar von Zwergen, die seine Dienste beim Zurückerobern eines Zwergenschatzes tief unten im „Einsamen Berg“ benötigen.

Das Dumme dabei ist, dass Bilbo eigentlich gar kein Meisterdieb ist, wenngleich eine Eigenschaft seines Volkes darin besteht, beinahe lautlos zu verschwinden, wenn sie es wünschen. Noch dazu wird der Schatz vom alten Drachen Smaug beschützt, der sicher nicht davon begeistert sein wird, wenn man Hand an „seine“ geraubten, unermesslich wertvollen Wertgegenstände legt. Smaug mag alt sein, doch gefährlich ist er dennoch. Und blöd ist er auch nicht.

Obwohl nun Hobbits alles andere als abenteuerlustig sind, riskiert Bilbo die beschwerliche Reise, wohl die Schicksalsschwere seiner Handlungen in weiter Zukunft unterbewusst ahnend. Der kleine Hobbit und seine Mitstreiter sollen auf ihrem Weg so mancher Gefahr trotzen. Dabei sind drei gefräßige Trolle erst der Anfang und so richtig zur Sache geht’s hernach, als man Bruchtal – die Heimstadt Elronds des Halbelben – in Richtung Nebelgebirge verlässt und in den dortigen Höhlen von Orks überfallen und gekidnappt wird. Hier in den finsteren Kavernen kommt es auch zu der schicksalshaften Begegnung mit dem Geschöpf Gollum, dem Bilbo den später so berühmten und heiß begehrten |Einen Ring| und sein blankes Leben mit einer List abringen kann.

Damit werden Ereignisse in Gang gesetzt, die später im Ringkrieg gipfeln sollen, doch noch ist der Ring einfach nur ein Zauberring, der Bilbo und seinen später wiedergefundenen Zwergen-Kameraden im Laufe dieser Odyssee noch häufiger die Haut retten soll. Dennoch ist der Schatten des Herrn von Mordor ebenfalls anzutreffen, wird aber nur am Rande erwähnt, als Gandalf die Gruppe zwischenzeitlich sich selbst überlässt, um den „Nekromanten“ aus dem Finsterwald zu vertreiben. (Richtig geraten, es ist Sauron.)

Unsere Helden schlagen jedoch einen anderen Weg ein, der sie nach weiteren gefahrvollen Momenten und Begegnungen in die Drachenhöhle unter dem Einsamen Berg führen soll. Hier muss Bilbo nun beweisen, dass er wirklich der Meisterdieb ist, für den die Zwerge ihn halten und „sein“ später so berühmter und gefürchteter Zauberring bekommt ordentlich zu tun.

_Meinung_

„Der Hobbit – oder: Hin und Zurück“ – Ich habe dieses Werk des Altmeisters der Fantasyliteratur bereits im zarten Alter von neun Jahren zum ersten Mal gelesen und war fasziniert. Damals hieß es noch: „Der |kleine| Hobbit“. Mittlerweile ist man zu einer akkurateren Übersetzung des Titels und des Inhalts übergegangen, wofür sich Wolfgang Krege verantwortlich zeigt. Das hat nicht überall Anklang gefunden, viele meinen, man hätte die deutsche Urfassung unangetastet lassen sollen. Ich mag beide Varianten. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Die Neuübersetzung ist moderner und flotter, während die alte etwas geschwollen-sperrig („very british“ sozusagen) und archaisch daherkommt. Besser ist es natürlich,wenn man direkt das englische Original liest.

Der Stil des Hobbits ist wesentlich einfacher gehalten als die anderen etwas ernsthafteren Bücher Tolkiens aus Mittelerde, immerhin handelt es sich dabei ja auch um ein Kinderbuch. Die angedachte jugendliche Leserschaft wird von JRR oft im Plural geduzt („Was würdet IHR machen?“) und somit direkt angesprochen bzw. mit einbezogen, hier gönnt Tolkien seinen Lesern zwischendurch die Gelegenheit, das Gelesene zu reflektieren. Diese Einschübe, wo er quasi zum Mitdenken auffordert, sind zudem willkommene kleine Pausen in der temporeichen Geschichte, die ich für Kinder ab acht bis zehn Jahren für geeignet halte.

Trotzdem weist „Der Hobbit“ viel Handlung und Querverweise auf, die es auch für erwachsene HdR-Fans nicht nur lesenswert, sondern immens wichtig machen, denn hier ist das Bindeglied zur Trilogie und den zeitlich früher handelnden Büchern. Viele Personen, Wesen, Orte und Gegebenheiten, die später von Bedeutung sind, hat JRR teils gut versteckt untergebracht, sodass sie den Fan ansprechen, jedoch auch den Neuling nicht vor den Kopf stoßen – Letztere werden vielleicht den einen oder anderen Satz einfach so überlesen, der einem Fan ein schiefes Grinsen abverlangt.

Doch auch ohne den restlichen Mittelerde-Kontext findet sich der Leser zurecht, die eingestreuten Hinweise auf andere Handlungen sind zwar für den Kenner das Salz in der Suppe, benötigt man aber nicht, um diese Geschichte zu verstehen und zu mögen. Sie ist in sich schlüssig und kann für sich alleine stehen, ohne dass man den Rest kennt. Tolkiens oft gepflegter subtiler und feiner Humor findet sich auch im Hobbit wieder, doch denke ich, dass dieser wohl nur (fast) erwachsenen Lesern ins Auge fallen dürfte, auch deshalb ist es nicht nur ein Buch für Kinder, sondern für alle Generationen.

Jede Altersgruppe wird damit angesprochen und etwas für sich darin finden, man muss nur genau hinlesen. Eine gelungene Gratwanderung, die ihresgleichen sucht. Im Buch wird auch gewaltsam gestorben, wenngleich auch nicht so heftig und blumig-ausführlich beschrieben wie im HdR. Wird dort noch darüber referiert, wie schön aerodynamisch (Ork-)Köpfe rollen & fliegen, nimmt JRR hier nen Gang zurück und redet allenfalls von „erschlagen“, was zwar prinzipiell aufs Gleiche herauskommt, sich jedoch wesentlich weniger blutig anhört.

_Fazit_

Ein Must-Read-Buch für Kinder und Erwachsene gleichermaßen, die knapp 320 Seiten zu lesen und die darin enthaltenen Botschaften zu verstehen, fällt leicht. Wem es sprachlich möglich ist, sollte das Original lesen, denn dann erübrigt sich auch die Diskussion, welche der deutschen Übersetzungen die treffendere ist. Die Abenteuergeschichte ist zeitlos genial und kann auch losgelöst von seinem berühmten Nachfolger verstanden werden, es empfiehlt sich aber, den „Hobbit“ zu lesen, bevor man sich an HdR (Film oder Buch) wagt. Man ist über manche Zusammenhänge wesentlich besser im Bilde. Das Nicht-Kennen des Hobbits ist zudem eine echte Bildungslücke, obwohl er ja seit jeher im Schatten der Trilogie stand. Unverdient. Nicht nur HdR-Fans, die nur die Verfilmung von Peter Jackson kennen, und ein wenig tiefer in die Geschichte von Mittelerde eintauchen wollen, kommen auf ihre Kosten.

_Buchdaten:_

Originaltitel: „The Hobbit“
Ersterscheinungsjahr: 1937
Deutsche Übersetzung: Margaret Carroux oder Wolfgang Krege
ISBN: 3-608-93805-2 (1998 Neuübersetzung / Klett-Cotta)*
ISBN: 3-423-20277-7 (2001 „Klassische“ Übersetzung / dtv)*
ISBN: 0-261-10221-4 (2001 Englisches Original / HarperCollins)
Format: Broschiert oder Hardcover / um 320 Seiten
Extras: Kartenmaterial *
Preis: variiert je nach Ausgabe von 4,50 – 14,95 €

*) Die von mir rezensierte Version des Werkes ist eine Lizenz-Ausgabe (2001) aus dem |Club Bertelsmann|. Der dort erhältliche, leinengebundene Hardcover-Schmuckband hat herausnehmbare Karten Mittelerdes, Lesebändchen und einen Golddruck-Präge-Schutzumschlag. Inhaltlich ist das Buch jedoch mit dem Original aus dem |Klett-Cotta|-Verlag und der Taschenbuchausgabe von |dtv| identisch.

Ann C. Crispin – Alien: Die Wiedergeburt

Zwei Jahrhunderte nach ihrem Tod erwacht Ellen Ripley als Mensch-Alien-Hybrid und Gefangene jenes Konzerns, dessen Bemühen, einen Alien-Krieger zu züchten, sie stets durchkreuzt hat. Zusammen mit einer bunt zusammengewürfelten Schmuggler-Truppe kämpft sie sowohl gegen als auch für die Aliens, da sie sich ihrer Herkunft nicht mehr sicher ist … – Faktisch überflüssige, aber zumindest als Film spannende und gut gefilmte Fortsetzung der „Alien“-Saga. Die Autorin hangelt sich brav am Drehbuch entlang, füllt aber diverse Handlungslücken: typisches, immerhin verbraucherfreundliches (= lesbares) Merchandising-Produkt.
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Woodward, Bob – Bush at War

Wohl kaum etwas hat die Weltgemeinschaft im noch sehr jungen Jahrtausend so in helle Aufregung versetzt wie der Anschlag auf die „Twin Towers“ des |World Trade Center| am Nine-Eleven. Dies war der Auftakt zu einer Kampagne von Feld- oder sollte man besser sagen |Kreuz|zügen?, die uns Bewohner dieses durchgeknallten Planeten sicher noch viel länger beschäftigen wird, als uns allen lieb (und einigen bewusst) ist – ausgelöst durch die letzte verbliebene Supermacht und selbst ernannten Weltsheriffs, die nun endlich die Möglichkeit und Legitimation sahen, ganz mächtig – und entgegen dem geltenden Völkerrecht – loszuschlagen.

Da die „Beweise“ für einen muslimischen Terrorakt mittlerweile immer zweifelhafter erscheinen, brauchte man wohl ein wenig Propaganda, daher bedient sich die Machtzentrale wohl nun auch des berufenen Mundes Bob Woodwards (Pulitzer-Preisträger und zusammen mit seinem Kollegen Bernstein der journalistische Enthüller der Watergate-Affäre, die seinerzeit Richard Nixon zu Fall brachte). Woodward gilt als Number One unter den investigativen Vertretern der Journallie und auch sein deutscher Verlag (der ehrenwerte |SPIEGEL|-Buchverlag) spricht vom Namen her für ein kritisches Sachbuch über die ersten 100 Tage nach den Anschlägen – Wollen wir mal sehen, was davon zu halten ist …

_Worum geht’s? – Zum Inhalt_

Woodward ist seit jeher bei der angesehenen Tageszeitung „Washington Post“ beschäftigt und wird seit 1972 als |der| kritische Beobachter der amerikanischen Innenpolitik gefeiert (die oben erwähnte Watergate-Affäre). Ein richtiger Wadenbeißer möchte man meinen, vor dessen Feder die Mächtigen der USA zittern. Dennoch gelingt ihm der Coup, an die geheimen *hust* Protokolle des Sicherheitsrates zu gelangen, die Nine-Eleven und den anschließenden Afghanistan Feldzug beinhalten – beinahe freiwillig habe man sie (ausgerechnet ihm!) zugänglich gemacht und auch von Seiten der Behörden und sogar der Regierung (sic!) war man gern bereit, ihm für Interviews Rede und Antwort in dieser Sache zu stehen.

Der Junta-Chief himself kommt übrigens auch oft zu Wort und wird fleißig zitiert, komischerweise jedoch nicht seine bekannten markig-lächerlichen und sinnentleerten Sprüche, die uns auch aus seinen hochnotpeinlichen TV-Auftritten bestens bekannt sind, sondern allerhand extrem fragwürdiges pseudo-intelligentes Zeug, was er Woodward gegenüber in seinen Interviews zum Besten gegeben haben soll. Woodward rekapituliert diese hundert Tage, als wäre er förmlich bei den zum Teil hochgeheimen Treffen der US-Machtzentrale persönlich anwesend gewesen. Was er nachweislich ja nicht kann, ergo ist er auf das angewiesen, was ihm diejenigen, die dort teilnehmen durften/mussten, an Informationsbrocken vor die Nase setzen.

Die hauptsächlich handelnden Personen sind hierbei: Möchtegern-Präsi George Walker Bush, Sicherheitsbelaberin Condolezza Rice, Außenscherge Colin Powell, Pentagramm-Vorstand Donald Rumsfeld, Vize-Wäre-Gern-Präsi Richard „Dick“ Cheney, CIA-Chef-Terrorist Tenet und deren Vertreter. Ach ja. Ein paar vom Fußvolk des CIA dürfen in Afghanistan auch ein paar Warlords schmieren und sich an der Frontlinie irgendwie nützlich machen. Vor allem aber ein vor Pathos nur so triefendes Ende verursachen. God bless America! Oder so.

_Wer’s glaubt, wird selig – Meinung_

Was augenscheinlich wie der große journalistische Wurf anmutet, besteht schon im Vorwort keinen zweiten Blick, denn wie Woodward dort bereits andeutet, habe man zwar von offizieller Stelle sein Buchmanuskript durchgesehen und zum Teil auf „Irrtümer“ hingewiesen, es sei jedoch nicht zensiert worden. Da er von vorneherein so vehement auf diesen Umstand pocht, kommt mir automatisch der alte Sinnspruch in den Kopf, dass wer sich vorweg ungefragt, pauschal und ohne erkennbaren Anlass verteidigt, etwas im im Schilde führt. Es riecht also bereits auf den ersten Seiten bei der Lobhudelei auf die tolle, kooperative CIA verdächtig und ganz extrem nach Schwefel – Hier ist also buchstäblich schon irgendwas im Bush, dabei hat das Buch noch nicht mal richtig angefangen und mir sträuben sich bereits die Nackenhaare.

Auf den ersten 100 Seiten erfahren wir nun wer, wo, was, wann gesagt und getan haben soll, als das WTC attackiert wurde, hier hebt Woodward mindestens drei Mal hervor, dass der „gewählte“ Präsident dieses oder jenes zu einer bestimmten Zeit unternahm oder anordnete. Es ist nicht nötig extra zu erwähnen, dass ein Präsident gewählt wird, das ist in der Regel nun mal so (außer eben bei diesem), also wie soll man diese auffällige Hervorhebung dann interpretieren – Ironie seitens des Autors?

Ich könnte jetzt in nicht enden wollende Dauerlästerei verfallen und fast jede Seite mit Gegenargumenten und Quellen belegen, doch dann kann ich gleich selbst ein ganzes Buch schreiben – ich überlasse in diesem Fall mal der Presse das Wort und kommentiere anhand der drei auf dem Buchrücken abgedruckten Statements deutscher Pressestimmen:

|“Wer Woodward gelesen hat, wird glauben, bei Bush und den Seinen dabei gewesen zu sein.“ (DIE ZEIT)|

Kommentar: Na klar, |Glaube| trifft es ziemlich gut, Glaube ist der Mangel an Wissen und selbst heute glauben noch viele an die Unbefleckte Empfängnis und daran, dass Schokoriegel gesund sind. Lieber Kritiker von |DIE ZEIT|, es muss richtig heißen: „Wer Woodward gelesen hat, |soll| glauben, bei Bush und den Seinen dabei gewesen zu sein“ oder wie es der Sportsender DSF in seinem Werbeslogan so trefflich ausdrückt, ist es besser „mittendrin statt nur dabei“ zu sein. In diese Sitzungen hat man ihn (aus nachvollziehbaren Gründen) aber nicht vorgelassen und ihn stattdessen mit äußerst dubiosen Protokollen gefüttert, die meine Oma hätte ebenso verfassen können – und die arbeitet (zumindest meines Wissens nach) nicht für die CIA.

Der Autor versucht eine gewisse Nähe zwischen der Leserschaft und den Protagonisten zu schaffen, indem er den Handelnden Emotionen wie „sie oder er dachte“ oder „empfand dies und das“ zuordnet, nur fließt die Gedanken- und Gefühlswelt bekanntermaßen nicht dergestalt in Protokolle eines Sicherheitsrates ein und muss daher reine Spekulation bleiben. Nur selten verweist er auf von ihm oder anderen geführte Interviews, aus denen er die verwendeten Informationen bezieht (allerdings sind auch alle Zitate weitgehend ohne Quellenangabe, was den Autor nicht glaubwürdiger macht).

|“Um zu verstehen, wie die Bush-Administration ihre weltpolitische Bedeutung und ihre geopolitischen Möglichkeiten einschätzt, ist das Buch von fundamentaler Bedeutung.“ (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG)|

Kommentar: Hat fundamental nicht etwas mit fundamentalistisch zu tun? Na egal, da in dem Werk keinerlei Hinweise zu den massiv bestehenden Verknüpfungen der einzelnen Kabinettsmitgliedern zu wichtigen Firmen in der Kriegs- und Ölmaschinerie (nicht zu vergessen die innige Connection zwischen der bin-Laden-Familie und dem Bush-Clan) hergestellt werden, ist dies allenfalls ein unvollständiges und lückenhaftes Bild – um zu verstehen, was wirklich an unglaublicher Perfidität hinter den Machtinteressen der amerikanischen Führungs-Elite steckt, muss man wesentlich tiefer graben, als Woodward es gewagt hat (oder wagen durfte?) – Ein schwaches Bild für einen angeblichen Schnüffel-Journalisten, die solcherlei Angriffspunkte schon von Berufs wegen doch liebend gern weidlich ausschlachten.

Doch nichts davon wird auch nur ansatzweise aufgegriffen! Weder Haliburton noch Carlyle oder ähnlich dubiose von US-Politikern geführte bzw. mit ihnen verbundene Firmen werden auch nur mit einer Silbe erwähnt. Außerdem wird ziemlich schnell klar, dass Osama nicht das eigentliche Ziel der Vergeltungsschläge ist – zunächst wird dieser Eindruck zwar erweckt, doch schon bald ist vom angeblichen Schreckgespenst Al Qaida und dergleichen nichts mehr zu lesen, sondern nur noch von den Taliban, denen man auf deutsch gesagt um jeden Preis den Arsch aufreißen will. Natürlich spielen geopolitische Interessen eine Rolle, aber ganz andere, als hier geschildert – dass von Streubomben und ähnlichem Zeugs auch kein Sterbenswörtchen fällt, dürfte klar sein und spätestens jetzt niemanden mehr wundern … Die „Daisycutter“-Bomben werden zwar am Rande angerissen, aber derart, dass man glaubt, es wäre nur gerecht, sie zu abzuwerfen.

|“Woodward gelang ein Coup: Er konnte die Sitzungsprotokolle des Nationalen Sicherheitsrates an Land ziehen. Aus ihnen ergab sich die einzigartige Perspektive des Buches.“ (DER SPIEGEL)|

Kommentar: Oh, diese Formulierung ist geschickt und kann doppeldeutig gelesen werden, die Jungs und Mädels vom |SPIEGEL| sind nicht doof, man kann schon von einer einzigartigen Perspektive sprechen, ich würde das aber eher als ein|seitige| Sicht der Bush-Krieger bezeichnen, die Woodward brav nachbetet. Ob diese Protokolle vollständig (und wahrheitsgemäß) sind, darf anhand einiger fehlender Begebenheiten, die nachträglich öffentlich wurden, arg bezweifelt werden. So manche Passage aus dem Buch ist durch wirklich investigative Journalisten mittlerweile |ad absurdum| geführt und als Propaganda-Mär entlarvt worden.

Ebenso wie viele Äußerungen der amerikanischen Regierung zum Fall des WTC und des Afghanistan-Feldzugs. Insofern ist die Authentizität der ach-so-geheimen Protokolle doch stark anzuzweifeln, denn wenn sich viele Punkte als faustdicke Lüge herausstellen, darf man davon ausgehen, dass der Rest ebenso fragwürdig ist. Es handelt sich hierbei nämlich lediglich um die enttarnten Flunkereien – aber mit aller Wahrscheinlichkeit sind das noch längst nicht alle. Inwieweit die Protokolle den Tatsachen entsprechen, wird wohl nie ganz geklärt werden können, eines steht auf jeden Fall fest: Sie wurden massiv getürkt.

_I want to believe – Das Fazit_

Dies ist kein „Enthüllungs“-Buch, denn es leiert nur die Propaganda und Bettelei um Verständnis für den Einsatz in Afghanistan herunter. Dabei ist nicht einmal geklärt, ob die Selbstmordattentäter überhaupt welche waren. Zumindest bestehen in einigen wichtigen Punkten berechtigte Zweifel, ob nicht der Regierungsapparat selbt mit Hilfe des CIA und anderen ein wenig nachgeholfen hat, um die Legitimation, andere Staaten mit Krieg zu überziehen, zu erhalten. Wie dem auch sei, dieses Buch ist weder sachlich noch lesetechnisch auf der Höhe. Wenn ich statt Condoleeza (Rice) wiederholt „Condi“ lesen muss (die Anführungszeichen sind von mir, Woodward setzt dort keine!), keimt in mir der Verdacht auf, dass hier eine Verniedlichung und subtil eingefädelte Solidarisierung herbeigeführt werden soll – traurig, dass sich ein solches Urgestein offenbar so ohne Weiteres vor den Karren spannen ließ, diese Fabeln zu verbreiten.

Für einen ausgezeichneten Pulitzer-Reporter geht mir das kritische Hinterfragen vollkommen ab stattdessen dümpelt der Autor beim Weglassen des ganzen Firlefanzes tatsächlich nur an der Oberfläche. Die Intention dieses Buches mag falsch verstandener Patriotismus sein, oder ein weiteres denkbares Szenario wäre, dass Woodwards Arbeitgeber, die „Washington Post“ (wie übrigens auch der Nachrichtensender ABC) fest in der Hand des Bush-Clans ist. Ein Schuft, wer jetzt denkt, dass Woodward diese Hände nicht beißt, die ihn füttern. Ohne in Verschwörungstheorien abgleiten zu wollen, aber hier stimmt was nicht. Dennoch lassen sich zwischen den Zeilen einige Infos extrahieren, die interessant sind, wenngleich wohl nur ungewollt preisgegeben. Allerdings muss man sich dafür schon stark interessieren oder durch Zugriff auf andere Literatur quer lesen, damit man dem Puzzle einige weitere Stückchen hinzufügen kann. Man kann sich das Propaganda-Werk |just for show| mal geben, der Preis für die Restexemplare ist laut |amazon.de| mittlerweile auf 4,95 statt 25 Euro runtergegangen.

John Dickson Carr – Tod im Hexenwinkel

Das geschieht:

Student Tad Rampole, Sohn reicher Amerikaner und in diesem Jahr 1930 auf einer Bildungsreise durch das alte Europa, besucht in England den berühmten Privatgelehrten und Amateurdetektiv Dr. Gideon Fell. Dieser residiert in Chatterham, einem pittoresken Flecken in der Grafschaft Lincolnshire, wo die Uhren irgendwann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stehengeblieben zu sein scheinen.

Die ländliche Idylle wird seit jeher getrübt durch die unweit des Ortes dräuende Ruine des alten Gefängnisses, das seit 1837 leer steht. Der alte Anthony Starberth, ein bigotter, grausamer Mann, hatte es einst über dem alten Hinrichtungsplatz für Kapitalverbrecher und Hexen errichtet. Besonderes Grauen verbreitet der „Hexenwinkel“; dort stand der Galgen, und zu seinen Füßen ließ Anthony einen tiefen Brunnen graben, in den die Leichen der Gehängten geworfen wurden. Kein Wunder, dass es im Hexenwinkel umgehen soll! Anthony fühlte sich im Alter von den Geistern der von ihm Gemarterten verfolgt und endete mit gebrochenem Genick am Rande des verfluchten Brunnens. Seinen Sohn ereilte dasselbe Geschick, und seither starb kaum ein Starberth im Bett. John Dickson Carr – Tod im Hexenwinkel weiterlesen

Wisnewski, Gerhard – Mythos 9/11

Kritische Betrachtungsweisen zum 9/11 gibt es wie Sand am Meer. Kurioserweise schießen sie stets vor dem betreffenden Datum aus der Deckung hervor und zurück in die Köpfe der Gesellschaft. Gerhard Wisnewski legt nach seiner letzten Publikation [„Operation 9/11 – Angriff aus den Globus“ 678 mit „Mythos 9/11 – Der Wahrheit auf der Spur“ sein mittlerweile zweites Buch zum Thema vor, bei dem der Cover-Aufdruck „neue Enthüllungen“ verspricht. Unterstützt wird er bei der Publikation von Willy Brunner, mit welchem er schon die WDR-Dokumentation „Aktenzeichen 9/11 ungelöst“ produzierte, die 2003 einige Wellen schlug. Aufgrund eben jenes Beitrags wurden sie beim Westdeutschen Rundfunk geschasst und mit einem Beschäftigungsverbot beim öffentlich-rechtlichen TV belegt. Man kann nach der bewegten Vorgeschichte des Autors also davon ausgehen, im vorliegenden Werk auf einigen Zündstoff zu stoßen. Oder auch nicht?

_Offizielle contra Verschwörungstheorie_
In der öffentlichen Meinung wird der 11. September gerne kollektiv wie eine heilige Kuh behandelt. Obwohl an der offiziellen Version des Attentats so manches Teil nicht passt. Demzufolge entschied sich ein gewisser Herr Osama bin Laden, 19 Terrorpiloten auszusenden, um das Wirtschaftszentrum der Welt (das WTC), das Weiße Haus und das Pentagon empfindlich zu treffen. Vier gekaperte zivile Verkehrsmaschinen sollen die mutmaßlichen Entführer dafür in ihre Gewalt gebracht und als lebende Bomben in die betreffenden Ziele gelenkt haben. Im Falle von UA 93 ging es daneben, sie erreichte ihr Ziel (mit großer Wahrscheinlichkeit das Weiße Haus) in Washington nicht, sondern crashte vorgeblich bei Shanksville / Pennsylvenia in den Acker. Nebenbei eine „schöne“ Mär von Heldenmut und tapferen Passagieren.

Soweit die hinlänglich bekannte Version, welche über die Medien permanent verbreitet wurde und wird, in deren Konsequenz eine gefährliche Kettenreaktion ausgelöst wurde, die bis heute andauert: Der Afghanistan-Feldzug und in (bisher) letzter Instanz der Irak-Krieg. Die Anschläge mussten seither für eine Menge Repressalien und Einschränkungen in der Freiheit herhalten – alles mit dem Totschlagargument des „Kampfes gegen den Terrorismus“. Der beinahe in Nullzeit eingeführte „Patriot-Act“ ist nur ein einzelnes und prominentes Beispiel dafür, wie man sein Staatsvolk gängeln und die Verfassung aushebeln kann. Man gewinnt den Eindruck, dass genau ein solcher Fall von langer Hand vorbereitet wurde. Selbst hierzulande sind die Ausläufer des Innere-Sicherheit-Bebens mit Epizentrum in den USA spürbar. Unlängst knickt auch das alte Europa zunehmend ein. Mehr noch. Dank 9/11 schwelt es auf unserem Planeten nicht mehr, es brennt sogar schon lichterloh.

Auch wenn einige es immer noch nicht verstanden haben: Wir stehen mitten in einem weiteren Weltkrieg, ein Krieg, der jedoch auf subtilerer Ebene ausgefochten wird als seine beiden Vorgänger. Das macht ihn nicht weniger real oder vielleicht weniger tödlich für die Partizipanten, bekam aber das Label eines „gerechten“ Krieges. Dabei haben sich alle zur Rechtfertigung herangezogenen und vorgebrachten „Beweise“ für die militärischen Interventionen bislang als fadenscheinig, nicht haltbar und völkerrechtlich höchst bedenklich herausgestellt. Dass Dank des Schaffens von Fakten auch handfeste geopolitische und wirtschaftliche Interessen quasi im Handstreich durchgepeitscht wurden, wird gerne übersehen oder als „pietätlos“ wegzudiskutieren versucht. Das wirft vor diesem Hintergrund natürlich die Frage auf, was an der Geschichte des alles auslösenden Schlamassels denn nun wirklich wahr und was davon praktikable Dichtung ist.

Fest steht, dass die Ungereimtheiten des 9/11 unübersehbar sind und es allerorts mit viel Schlamperei, wenn nicht sogar Manipulation zuging. Aufklärung – so scheint es – wird nicht gewünscht; auch wenn so manche berechtigte Kritik geäußert wird, finden sich diejenigen, die sie vorgebracht haben, entweder als Terrorsympathisanten oder spinnerte Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt und ins Abseits gestellt wieder. Gruppenzwang auf amerikanisch – „Wer nicht unserer Meinung ist, kann nur ein Feind sein“. Dieser gefährlich pauschalisierte Automatismus ist unlängst in Gang gesetzt eine gern verwendete Waffe und probates Mittel, Kritiker kalt zu stellen und unangenehme Fragen zu unterbinden. Wie man an der Vielzahl von Websites und anderen Publikationen sieht, zieht diese Masche aber nicht überall.

_ Zum Buch_
Soweit also zur Ausgangslage, die auch dem Grundtenor des Buches entspricht. GW konzentriert sich aber nicht so sehr auf New York. Er verbeißt sich stattdessen verstärkt in die vermeintlichen Nebenkriegsschauplätze bei Shanksville und Washington, welche im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht ganz so präsent sind wie die bildtechnisch besser dokumentierten Vorgänge um den Einsturz der WTC-Tower. Das ist seiner Ansicht nach der Grund, warum an diesen beiden Orten, die nicht unter so vielen Zeugen getroffen wurden, auch keine Verkehrmaschinen einschlugen und es sich bei den Kratern nicht um Folgeschäden von Verkehrs-Linern, sondern um etwas anderes gehandelt haben kann/soll. Raketenbeschuss oder das Auftauchen eines Kampfflugzeugs vom Typ A-10 „Warthog“ bzw. einer mit Sprengstoff beladenen Drohne hält er für möglich, gestützt auf Augenzeugenberichte, Fotos und Filmaufnahmen direkt nach dem Desaster. Er kommt zu dem Schluss, dass es sich hier um eine lupenreine Inszenierung gehandelt hat – und eine schlampige noch dazu.

Anhaltspunkte für diese Theorie liefert ihm dabei nicht nur das, was man auf den Fotodokumenten und den vom FBI freigegebenen Bildern einer Überwachungskamera sieht, sondern auch das, was NICHT sichtbar ist: Flugzeugtrümmer nämlich, die zu den entführten Maschinen passen. Die offizielle Darstellung lautet: Sowohl die Boeing, die in das Pentagon einschlug, als auch jene, welche bei Shanksville den Boden umpflügte, seien vollständig „pulverisiert“ worden. Kurioserweise ist das einmalig in der Geschichte der Luftfahrt, da man bei ähnlichen Unfällen und Abstürzen doch bislang immer erkennbare Teile eines Flugzeugs dieser Größenordnung finden kann. Diese beiden Maschinen jedoch sind die Ausnahmen und das sogar an einem einzigen Tag. Zudem fehlen beim besagten Pentagon-Crash-Video urplötzlich elementare Passagen des Einschlags (erkennbar am Time-Stamp). Andere Videos von diversen Überwachungskameras wiederum sind hochoffiziell konfisziert und auf Nimmerwiedersehen im Orkus der Behörden verschwunden. Offizielle Begründung: „Nationale Sicherheit“ und „Pietät gegenüber den Angehörigen der Opfer“.

Dies sind aber nicht die einzigen Seltsamkeiten, die GW wirksam plakativ an den Leser bringt, es gibt durchaus noch mehr Aspekte, bei denen man staunend den Kopf schüttelt. Ferngesteuerte Drohnen, welche die „richtigen“ Maschinen ersetzten, sowie das unglaublich erscheinende Einstürzen gleich beider Tower in New York (was laut einiger Fachleute ziemlich unmöglich und unwahrscheinlich ist) sind nach seinem Dafürhalten keine Präzedensfälle. Sowohl Hollywood als auch schon vorherige Regierungen haben qua CIA und anderer Behörden ein solches Szenario mehr als einmal durchgekaut und in Betracht gezogen. Hinter vorgehaltener Hand natürlich. Bekannt wurde eine Aktion in den sechziger Jahren, die nach gängiger Meinung im Kennedy-Attentat gipfelte: „Operation Northwoods“ bzw. „Mongoose“. Hier sollten Kuba mit ganz ähnlichen Methoden wie heute der Islam diskreditiert und das amerikanische Volk mental auf eine Invasion vorbereitet werden. Somit wäre der Tenor der Bush-Administration „Wir haben das nicht gewusst/ahnen können“ äußerst scheinheilig. Das Drehbuch lag schon lange vor.

Gescholten werden auch die merkwürdigen Ermittlungsmethoden der US-Behörden und selbstverständlich die Journallie. Auch (und gerade) die deutsche. Logisch, denn mit dieser haben GW und WB auch hinreichend schlechte Erfahrungen gemacht und ihre Jobs beim WDR verloren. So nimmt es nicht wunder, dass die beiden Autoren hier keilen und Schienbeintritte verteilen. Im Fokus steht wieder einmal ganz besonders das Nachrichtenmagazin |“Der Spiegel“|, was für manch einen sicher einer glatten Majestätsbeleidigung gleichkommt. Das renommierte Hamburger Magazin muss sehr häufig stellvertretend als Buhmann für die ganze Zunft herhalten und sich wohl seinen Zorn zugezogen haben. Es wird ohnehin viel Werbung in eigener Sache gemacht und die Opferrolle anscheinend doch irgendwie genossen. Zwar mündet das nicht in absoluter Selbstbeweihräucherung oder -bemitleidung, jedoch ist es schon etwas auffällig, dass immer wieder von eben jenen kritischen Organisationen die Rede ist, in denen GW – zum Teil – führendes Mitglied ist.

Neu sind die Vorwürfe, dass am 9/11 ein Riesenschwindel stattgefunden hat, hingegen alle nicht. Die diversen Nutznießerschaften verschiedener neokonservativer Gruppen aus einem solchen Anschlag sind schon des Öfteren diskutiert worden – sowohl in den hier attackierten „konformen“ Medien, als auch in „konspirativen“ Kreisen. Über die möglichen Motive herrscht also weitgehend Einigkeit. Wer sich mit dem Thema etwas auseinander gesetzt hat, wird das alles irgendwie schon einmal gehört haben. Die Verbindungen der Saudis (speziell derer bin Ladens) zum Bush-Clan, die vollkommen dilettantisch-überdeutliche (und somit fragwürdige) Spurenlage, die ausgerechnet 19 nachweisliche Fliegerei-Nieten als Hauptschuldige darstellt. Die de facto nicht wirklich durchgeführten Untersuchungen der Behörden, das ausweichende Schweigen der Regierenden zu unangenehmen Fragen mit dem Universal-Argument „Nationale Sicherheit“, kurzum: all die „Schludrigkeiten“ und kalkuliert verbreitete Desinformation der Bush-Administration sind ja mittlerweile schon legendär.

_Fazit_
In der Hauptsache werden hier unlängst zuvor geäußerte Theorien und Spekulationen sowie die (großteils berechtigte) Kritik an unserer Medienlandschaft noch einmal aufgekocht. Dabei können weder die unscharfen Bilder, noch die scharfe Zunge Wisnewskis – übrigens ebenso wenig wie die offizielle Version – letztendlich zweifelsfrei beweisen, was am 11. September 2001 nun wirklich geschah. Was bleibt, ist die Frage nach der Motivation dieses Buches. Frust auf die Medien? Bitterkeit wegen des Rauswurfs beim WDR? Ich vermeine das zwischen den Zeilen und in bestimmten Formulierungen ein wenig herauszulesen, doch letztendlich weiß das nur der Autor selbst. Der Schreibstil jedenfalls ist gefällig und nicht frei von einem unterhaltsamen, ironisch-sarkastischen Unterton, was die ganze Sache süffig und flott lesbar macht. Mir entlockt der reißerische Aufdruck: „Neue Enthüllungen!“ trotzdem nur ein halbherziges Gähnen.

Ich zähle mich selbst zu den Zweiflern, stehe also dem Gedankengut per se nicht grundsätzlich negativ gegenüber, dass der 9/11 und das Drumherum ganz anders abgelaufen sind, als man uns von offizieller Seite und den Massenmedien her Glauben machen will. Wisnewski benutzt als Aufhänger bevorzugt den Pentagon- und Shanksville-Crash, leider sind gerade diese Fälle, wegen der spärlich verfügbaren und streckenweise dubiosen Informationsquellen, besonders schwer auf ihren Wahrheitsgehalt hin verifizierbar. Nichts Genaues weiß man nicht. Als Nachschlagewerk für gestandene Verschwörungstheoretiker bietet „Mythos 9/11“ sicherlich zu wenig Neues und für Neueinsteiger in die Materie nur einen (zu) kleinen Ausschnitt des Gesamtbildes, als dass man sie damit überzeugen könnte, dass die bisher verbreiteten Geschichten Mumpitz sind. Ohne Zusatzliteratur wird man als Laie in der Thematik schwerlich alles nachvollziehen können. |Summa summarum| eine unterhaltsame Lektüre, doch alles andere als eine Offenbarung.

Bibliographie des Autors:
Das RAF-Phantom (1992 als Co-Autor)
[Operation 9/11 678 (2003)
Mythos 9/11 (2004)

Weiterführende Informationen:
www.operation911.de (Website des Autors)
www.unansweredquestions.org (Website der Hinterbliebenen-Organisation)

Bitte beachtet zu dieser Thematik auch unseren Gastbeitrag von Mathias Bröckers:
[Fiktion & Wahrheit – Verschwörungstheorien als moderne Mythen.]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=24

Klempnauer, Günther – Hinter den Kulissen ist Gott nicht tabu

Unter dem verheißungsvollen Titel „Hinter den Kulissen ist Gott nicht tabu“ verbirgt sich der Journalist und Theologe Günther Klempnauer, der sich hier zur Aufgabe gemacht hat, Persönlichkeiten aus der Fernseh-, Film- und Musikwelt nach ihrem Bezug bzw. ihrem Verhältnis zu Gott zu befragen.

Dabei trifft er im Rahmen des 172 Seiten starken Buches nicht nur auf eher unbekannte Menschen wie Dietmar Schönherr und Gerhard Tötschinger, sondern auch auf die ganz großen Stars, sprich Johnny Cash (kurz vor dessen Tod), Thomas Gottschalk und Sir Cliff Richard. Interessant ist in dieser Hinsicht, dass Klempnauer seine Interviewpartner nicht immer zum selben Thema befragt. Stattdessen fängt er die jeweiligen Personen genau da auf, wo sie sich befinden, das heißt, er hat sich bereits im Vorfeld einige Gedanken gemacht, wer hinter dem befragten Menschen steht und geht dementsprechend recht individuell an die Sache heran.

Leider kann man das von seinen Gegenübern nur in den seltensten Fällen behaupten, denn nicht selten bekommt man den Eindruck, als würden diese dem Theologen nur nach der Nase reden, um sich selber so in ein besseres Licht zu stellen bzw. irgendetwas zu verkaufen, was im Hinblick auf die Überschrift einfach nicht ehrlich herüberkommt. Gerade bei Barbara Wussow und ihrem Lebensgefährten Albert Fortell und bei den Schlagersängerinnen Corinna May und Hanne Haller kommt man nicht von dem Gedanken ab, als würden sie hier bewusst übertriebene Selbstdarstellung betreiben. Dem entgegen bekommt man von den beiden Deutschrockern Udo Lindenberg und Peter Maffay nur recht allgemeine und oberflächliche Darstellungen über ihr Verhältnis zu Gott, die im Vergleich zu manch anderen Statements sowohl unvollständig als auch unzufriedenstellend erscheinen.

In diesem Sinne ist es erstaunlich, dass direkt der erste Interviewpartner, nämlich Thomas Gottschalk, die wohl ehrlichsten und auch tiefgründigsten Antworten liefert, gerade wo der „Wetten, dass …?“-Moderator ja das Image weghat, er würde mit jedem Schritt versuchen, Eigenpromotion zu betreiben. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall, und so bekommt man von Herrn Gottschalk einige Anregungen, über die es sich im Nachhinein tatsächlich nachzudenken lohnt. Weiterhin beeindruckend finde ich die Darstellungen von Dietmar Schönherr, der anhand eine Projektes zur Aufbauhilfe in Nicaragua seinen Gottglauben nach außen trägt.

Im Endeffekt wären es gerade solche Kommentare gewesen, die das Interesse an „Hinter den Kulissen ist Gott nicht tabu“ auch über die gesamte Seitenstärke aufrecht erhalten hätten, doch nachdem wirklich viele befragte Stars nie den Kern der gestellten Fragen treffen, fällt es einem zum Ende hin schwer, den Antworten solcher Künstler wie Johnny Cash etwas Positives abzugewinnen.

Das soll die Intention hinter diesem Unterfangen sicherlich nicht mindern, denn Herr Klempnauer löst seine Aufgabe sehr beachtlich, nur werden seine Gesprächspartner der Sache nur bedingt gerecht, was sicherlich sehr schade ist, denn die Idee und die Umsetzung des Autoren sind beileibe nicht schlecht.

Wisnewski, Gerhard – Operation 9/11 – Angriff auf den Globus

Was passierte am 11.September 2001? Jeder weiß es … oder glaubt es zu wissen. Zwei Flugzeuge schlagen in die Tower des World Trade Centers ein. Es ist gebannt auf unzähligen Aufnahmen. Das ist Fakt. Aber die gesamte restliche Geschichte verschwimmt, wohlwollend ausgedrückt, hinter einem Vorhang aus nationaler Sicherheit und geheim geführten Ermittlungen.
Durch die Beeinflussung der Medien wurde der Weltöffentlichkeit eine Geschichte aufgetischt, die irgendwie nicht ganz plausibel klingt. Wenn jeder mal ehrlich zu sich selbst ist fällt auf, dass niemand wirklich an genau diesen Ablauf jenes denkwürdigen Tages glaubt, der als offiziell gilt. Nur fehlte bisher eine Art Bündelung aller Zweifel. Viele kleine Hinweise, die letztlich etwas Handfestes bilden. Und eben dies ist das Buch „Operation 9/11 – Angriff auf den Globus“ von Gerhard Wisnewski. Es ist die erste ernst gemeinte, distanzierte, nüchterne Auseinandersetzung mit den Geschehnissen jenes Tages. {Ergänzung des Editors: Auch [„Fakten, Fälschungen und die unterdrückten Beweise des 11.9.“ 103 von Bröckers & Hauß darf in diese Kategorie gezählt werden.} Es ist ein „Hexenhammer des Guten“.

Natürlich lässt sich dieses Buch leicht als eine von vielen Verschwörungstheorie abtun, doch wer einen Blick hinein riskiert, der stellt fest, dass sich zwei Drittel des Buches lediglich mit der Widerlegung der als Tatsachen verkauften Behauptungen der US-Regierungsbehörden beschäftigen. Erst auf den letzten Zentimetern der Buchbreite wird eine Gegendarstellung gewagt.
Wisnewski sagt einen sehr schönen Satz in seinem Vorwort, der bezeichnend ist für die Art der Recherche seines Buches: „(Sein Buch) wirkt der Mutter aller Verschwörungstheorien entgegen, nämlich der abenteuerlichsten These, am 11. September 2001 sei es einer Handvoll Arabern gelungen, im Herzen der Militärmacht Nr. 1 das perfekte Verbrechen zu verüben.“

Danach beschäftigt man sich provokant sachlich mit jedem kleinen Detail, das den 11. September umgibt und ihn schon nach wenigen Seiten des Lesens als eine große Farce hinstellt. Und genau hier geht die Macht der Beurteilung zu Ende, denn was Wisnewski hier aufführt, sind einfach nur schlichte Fakten, garniert mit einigen Fingerzeigen, die lediglich die Schlussfolgerungen wiedergeben, die sich im Kopf des Lesers ohnehin längst ergeben haben.
Auffällig ist besonders, dass Wisnewski hauptsächlich mit allgemein gekannten Fakten arbeitet. Er hatte für seine Recherchen keinen Mittelsmann bei der CIA oder sonst irgendeiner Organisation, nein, er arbeitet hauptsächlich mit den Fakten, die über den Äther kamen, und fügt diese lediglich zusammen.

Aber was steht denn nun wirklich in diesem Buch?
Gerade darüber sollte man nicht zu viel sagen. Nicht, weil es da nichts zu sagen gäbe, sondern weil man sich in der Vielzahl der Details verliert. Zu fast jeder Begebenheit, die in Verbindung mit den Anschlägen steht, stellt das Buch eine zerstörerische Frage, hinterleucht die Idiotie der bisherigen Vermutungen und gibt einleuchtendere Lösungsansätze. Hier gilt allerdings die Regel: „Wenn der Inhalt nicht von dem Buch selbst erzählt wird, dann verliert er durch das Weglassen wichtiger Details seine Glaubwürdigkeit.“ Soll heißen: Man muss es einfach selbst gelesen haben!

Umso weiter man liest, umso mehr entsteht der Eindruck, als gehe der Autor immer risikoreicher vor. Das Buch schmeißt dem Leser nicht einfach alle Fakten und Argumente an den Kopf, sondern führt ihn vielmehr auf einen Weg der Mündigkeit. Denn um das Gegenteil glauben zu können, muss man zunächst den Glauben an die bisherige Version verlieren.

Um aber nicht gänzlich um den heißen Brei herum zu reden, möchte ich zumindest eines der eindruckvollsten Beispiele schildern, an denen das Buch beweist, dass alles anders ist, als man glaubt. Der Autor beschäftigt sich beispielsweise eingängig mit den Flugrouten der Maschinen. Dies sind Details, die hier in Deutschland nie aufgegriffen wurden, obwohl sie eine völlig neue Geschichte erzählen. So flogen die Flugzeuge, bevor sie zu ihrem phänomenalen Todesstoß ausholten, noch eine Weile lustig in der Gegend herum, weitab von irgendeinem vorgegebenen Kurs. Und dies führt schließlich zu einem der härtesten Argumente: So überraschend und genial es zunächst wirkte, Passagierflugzeuge als fliegende Bomben einzusetzen, so wenig überraschend ist doch die Situation vor den Einschlägen für die Luftfahrt der USA. Man hat lediglich ein paar Flugzeuge in der Luft, die fliegen, wie sie wollen und noch dazu keinen Funkkontakt mehr halten. In den USA sind in solchen Fällen innerhalb von drei Minuten Abfangjäger bei diesen Ausreißern. Nicht, weil sie eine Entführung vermuten, sondern weil diese ganz einfach eine Gefahr für den gesamten umliegenden Luftraum darstellen. Und dann will man uns verkaufen, dass gleich vier Maschinen mehr oder weniger gleichzeitig über eine halbe Stunde ausgerechnet auch noch teilweise über dem extrem dichten Flugraum von New York machen, was sie wollen, ohne überwacht zu werden?

Nach unendlich vielen weiteren einschlägigen Argumenten, die durch eine Vielzahl von Expertenaussagen gestützt werden, aber auch nur vermutend logischen Erkenntnissen folgen, der Teil „Hintergründe“. Leider gerät das Buch auf dieser Schlussgeraden dann doch zu einer Art Verschwörungstheorie-Doku. Wisnewski lehnt sich meiner Meinung nach zu weit aus dem Fenster, als er sogar Verbindungen zwischen Hollywood und der US Army zieht. Sicherlich ist diese immer bemüht, in Hollywood-Produktionen gut auszusehen, aber solch ausartende Verbindungen, wie sie hier gezogen werden, sind wohl übertrieben. Zwar ist der Rest der Antithese des Buches ganz akzeptabel, besonders der sehr aufschlussreiche Zusammenhang zwischen den Familien Bush und Bin Laden, doch hat Wisnewski uns gerade noch gelehrt, sich nicht von allem einwickeln zu lassen. Deshalb sollte man diese Theorien ebenso distanziert und kritisch sehen, wie das Buch die Ereignisse um den 11. September behandelt. Ganz großes Plus der Wisnewskischen Behauptungen ist allerdings eine geheime Akte namens „Operation Northwoods“. Diese wurde jahrelang auf höchster Geheimhaltungsstufe von der US-Regierung gebunkert. Und sie schildert auf erschreckende Art und Weise einen Bauplan des Terrors, der perfekt auf das Schema der Flugzeugentführungen vom 11. Semptember passt und sodann blutige, wahnsinnige Realität wurde. Damals sollte durch einen inszenierten Flugzeugabschuss ein Krieg gegen Kuba heraufbeschworen werden. Haarklein werden Flugzeugaustausch und Dronenflug beschrieben. Besonders alarmierend: welche Möglichkeiten der Technik können heute schon genutzt werden, wenn man damals bereits unbemannte, ferngesteuerte Flüge vornehmen konnte.

Vielleicht empfand es Wisnewski als Pflicht, wenn er schon alle Fakten außer Kraft setzt, auch eine plausible Gegendarstellung abliefern zu müssen, aber ich persönlich halte das nicht für nötig. Es ist völlig egal, mit welchen Gedanken man an dieses Buch herangeht, man wird geläutert werden. An was man anschließend glaubt, ist jedem selbst überlassen. Nur eines ist ganz sicher: Man glaubt nicht mehr, dass irgendwelche Hobby-Terroristen das Unmögliche geschafft haben. Man fühlt sich ein ganzes Stück mündiger in einer Welt aus medialem Trug und Halbwahrheiten. Zumindest zwei Drittel dieses Buches sollten als eines der wichtigsten Werke neo-historischer Aufklärungsschriften gelten, denn was sie darlegen, ist die Realität, in der wir leben, und die wir schon kaum noch sehen können.

Webseite des Autors: http://www.operation911.de/

Smedman, Lisa – Zerstörung (Der Krieg der Spinnenkönigin 4)

„Zerstörung“ von Lisa Smedman ist der vierte Band des sechsteiligen |AD&D|-Epos „Der Krieg der Spinnenkönigin“ (War of the Spider Queen), der in deutscher Übersetzung bei |Feder & Schwert| erscheint.

Im Zentrum des Zyklus steht eine Gruppe von Dunkelelfen, die aus ihrer unterirdischen Stadt Menzoberranzan aufgebrochen ist, um herauszufinden, warum ihre Göttin Lolth schweigt und den Priesterinnen ihre Magie versagt. Diese Schwäche machen sich die Feinde Menzoberranzans zunutze: Eine Allianz geknechteter Völker des Unterreichs sieht ihre Chance, den verhassten Dunkelelfen den Garaus zu machen. Eine Gruppe abtrünniger männlicher Drow unterstützt sie dabei nach Kräften, denn ein Umsturz der matriarchalisch geprägten Dunkelelfen-Gesellschaft wäre ganz in ihrem Sinne.

Die aus der Lolth-Hohepriesterin Quenthel, dem Draegloth Jeggred, dem Magier Pharaun, dem Waffenmeister Ryld Argith, dem Söldner Valas Hune und der aus der kürzlich verwüsteten Stadt Ched Nasad geflohenen Halisstra sowie ihrer Leibsklavin Danifae bestehende Gruppe hat schon einiges durchgemacht:

Bis in den Abyss selbst war man schon vorgestoßen, doch Lolth schweigt, und niemand weiß warum. Während Quenthel einen neuen Vorstoß in den Abyss plant, mit einem erzwungenen Umweg über ein in der See der Schatten treibendes Dämonenschiff, intrigieren die Mitglieder der Gruppe untereinander. Quenthel und Pharaun streiten sich nun nicht mehr nur mit Worten, sie machen ernst und stellen sich gegenseitig tödliche Fallen. Halisstra setzt sich unter fadenscheinigen Gründen ab und der in sie verliebte Ryld folgt ihr. Sie wendet sich endgültig von Lolth ab und Eilistraee, der Göttin der an der Oberfläche lebenden Drow, zu …

_Göttinnensuche die Vierte …_

Die auf sechs Bände ausgelegte Reihe ist der reinste Quell der Freude für AD&D- und Dunkelelfen-Fans: Das gesamte „Who is Who“ des Fantasybestiariums sowie ein geballtes Sortiment arkaner Beschwörungen wurden bisher präsentiert. Die dargebotene Vielfalt an fremdartigen Rassen sorgte für weitere Unterhaltung und Abwechslung, zumal einige Autoren profunde AD&D-Regelkenntnisse demonstrieren und in ihren Romanen umsetzen konnten.

Da jeder Band von einem anderen Autoren geschrieben wurde, gibt es jedoch einige Inkonsistenzen zu beklagen: Spielten anfangs Magier Pharaun sowie Ryld die erste Geige, wechselte dies später über Nebenfiguren bis nun hin zu Halisstra, die in diesem Band eine tragende Rolle spielt. Leider hatte jeder Autor eine geringfügig, aber dennoch unangenehm deutlich spürbar andere Vorstellung der Hauptfiguren. Dies fiel mir vor allem bei Quenthel und Pharaun auf.

Lisa Smedman, sonst eher durch ihre „Shadowrun“-Romane bekannt, hat in diesem Roman die Ehre, einen Knackpunkt der Handlung darzustellen, der sich bereits im dritten Band andeutete. Leider konnte mich der plötzliche Gesinnungswechsel Halisstras nicht überzeugen, noch weniger konnte ich nachvollziehen, warum der seit jeher für einen Drow recht sanfte und freundliche Ryld ihr auf einmal liebestrunken folgt. Dafür hat ihre per Bindungszauber an Halisstras Leben gebundene Leibsklavin Danifae keinerlei Probleme, ihre Herrin ziehen zu lassen – ihr wird schon nichts passieren …

Solche und ähnliche kleine bis ärgerliche Patzer und Wunderlichkeiten bietet diese Reihe leider zuhauf, allerdings kann Lisa Smedman in schreiberischer Hinsicht punkten: Sie kann wirklich einen spannenden Roman schreiben, nicht nur ein Sammelsurium an Monstern gemäß Regelwerk runterleiern und niedermetzeln lassen. Während sie ihre Regelkenntnisse nicht erkennbar wie einige Vorgänger demonstriert oder einfach unter den Scheffel stellt, kann sie die Figuren gut und nachvollziehbar charakterisieren, abgesehen von oben erwähnten Mängeln.

Abenteuer gibt es zuhauf, ein gewisser Eindruck, die ganze AD&D-Welt Faerûn müsse im Schnelldurchlauf abgearbeitet werden, kann ob des hohen Erzähltempos entstehen. So bleibt aber auch wenig Zeit zum Nörgeln, denn Abwechslung und Unterhaltung satt werden wirklich nonstop geboten. Ein Pluspunkt der Reihe ist die wunderschöne Präsentation: Die Cover sind durchweg in dunklen, blauschwarzen bis lila Tönen gehalten und zeigen Dunkelelfen-Motive, die zudem auch noch die Charaktere der Handlung darstellen – was durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Auch innen ist das Buch passend und stilsicher verziert, kleine Spinnensymbole trennen Absätze und Kapitel. Lektorat und Übersetzung sind tadellos, Übersetzer Ralph Sander von |Feder & Schwert| demonstriert Kenntnis der Materie und gab mir dem Eindruck, als wäre der Roman von Anfang an in Deutsch geschrieben worden.

_Fazit_

Für Rollenspieler und Dunkelelfen-Fans ist „Der Krieg der Spinnenkönigin“ einfach ein Muss. Die vorzügliche Präsentation und das insgesamt leicht überdurchschnittliche Niveau der unterhaltsamen Reihe macht dank der interessanten Storyline einige der Mängel wett, die eine von sechs verschiedenen Autoren geschriebene Serie mit sich bringt. Auch wenn Lisa Smedman nicht an den Autor des Anfangsbandes [„Zersetzung“, 183 Richard Lee Byers, herankommt, platziert sie sich knapp hinter ihm und setzt die Reihe spannend fort.

Wer noch nichts mit Dunkelelfen an Hut hatte, wird jedoch überfordert und unter Umständen wenig Freude an dem Roman finden, und sollte lieber mit den AD&D-Klassikern „Die Vergessenen Reiche“ (bitte nicht verwechseln mit den „Vergessenen Reichen“ von Margaret Weis und Tracy Hickman) oder der „Saga vom Dunkelelf“ einsteigen.

Homepage der Autorin:
http://www.lisasmedman.topcities.com/

Feder & Schwert
http://www.feder-und-schwert.com/

Kenneth Robeson – Doc Savage: Der Gespensterkönig

Robeson Savage36 Gespensterkönig Cover kleinDas geschieht:

Im sumpfigen Marschland von Holland County geht der Geist von Englands Ex-König John um. Er beschuldigt die erstaunten Anwohner, ihm 1216 Gift in den Wein geträufelt zu haben, und zieht ihnen rachsüchtig eins mit dem Schwert über. Während sich die Presse lustig macht, findet der Archäologe und Geologe William Harper „Johnny“ Littlejohn endlich ein Ventil für seine Langeweile. Er reist nach England, stellt Nachforschungen an, trifft prompt den unfreundlichen König, wird von diesem niedergeschlagen und entführt.

Das war keine gute Idee, denn Littlejohn gehört zum Team von Dr. Clark „Doc“ Savage, jr., dem übermenschlich klugen und starken Bronzemann, der unermüdlich das Böse auf dieser Welt jagt und züchtigt. Als Savage, der in England einige Vorträge halten soll, seinen Freund und Gefährten vermisst, setzen er sowie Andrew Blodgett „Monk“ Mayfair und Theodore Marley „Ham“ Brooks sich auf dessen Spur. Kenneth Robeson – Doc Savage: Der Gespensterkönig weiterlesen

Alan Dean Foster – Alien 3

Mit knapper Not sind Ellen Ripley, Corporal Hicks, die junge Newt sowie der Androide Bishop vom Alien-Planeten Acheron entkommen (vgl. Alan Dean Foster: Aliens – Die Rückkehr, Wilhelm Heyne Verlag, TB Nr. 01/6839). An Bord des Truppentransporters SULACO sind sie auf dem Weg zur Erde; die Reise verbringen sie schlafend in den Kältekammern des Raumschiffs.

Doch auf Acheron konnte sich eine Alien-Larve an Bord der SULACO schleichen. Bei seinem Versuch, die Menschen in ihren Schlafkabinen anzugreifen, beschädigt das Wesen die Steuerung des Schiffs. Die SULACO kommt vom Kurs ab und setzt zu einer automatischen Notlandung auf dem Planeten Fiorina an. Die Schäden erweisen sich als so groß, dass der Transporter abstürzt. Das Alien stirbt, aber auch Hicks und Newt überleben das Unglück nicht. Allein Ripley kommt mit dem Leben davon.

Alan Dean Foster – Alien 3 weiterlesen

Powers, Tim – Tore zu Anubis Reich, Die

„The Anubis Gates“ ist Tim Powers bis heute beliebtester und bekanntester Roman. Der Autor gewann mit diesem Werk auf Anhieb den Philip-K.-Dick-Award für die beste Taschenbucherstveröffentlichung des Jahres 1983 und mittlerweile wurde dieses Werk in alle Weltsprachen übersetzt. Im Deutschen erschien das Buch erstmals 1988 als |Heyne|-Taschenbuch 06/4473 und war somit die erste deutsche Übersetzung eines Werkes des Amerikaners.

Powers besuchte in Fullerton das College und die Universität, wo er K. W. Jeter und James P. Blaylock kennen lernte, beide mittlerweile selbst Autoren Phantastischer Literatur.

Vor allem mit Blaylock verstand Powers sich gut, und als Anfang der 70er Jahre in ihrer Schülerzeitung einige bedeutungsschwangere und grottenschlechte Gedichte erschienen, dachten sich die beiden, dass sie dieses Niveau noch mühelos würden unterbieten können. Deshalb schrieben sie, sich dabei zeilenweise abwechselnd, Werke, die düster und bedeutungsvoll klingen sollten, ohne wirklich etwas auszusagen. Als Pseudonym wählten sie den Namen William Ashbless und erzählten allen möglichen Leuten, dass dies ein verkrüppelter und schüchterner Freund von ihnen sei, der sich persönlich nicht an die Öffentlichkeit traue. So entstand ein Kunstfigur, die nicht nur Protagonist von Powers bekanntestem Werk ist, sondern auch in einem von Blaylocks Romanen auftritt (obwohl beide dies nicht abgesprochen hatten, sondern erst erfuhren, als sie zufällig zeitgleich ihre Manuskripte beim selben Verleger einreichten). Mittlerweile gibt es sogar ein Kochbuch, welches unter dem Namen des Dichters erschienen ist.

„Die Tore zu Anubis Reich“ beginnt mit einer Beschwörung des gleichnamigen Gottes, welche dessen Macht wieder herstellen soll, jedoch auf fatale Weise schief geht. Stattdessen werden Löcher in die Abschirmung des Zeitflusses geschlagen. Diese reichen vom Anfang des 19. Jahrhunderts (in dem die Beschwörung erfolgte) knapp 300 Jahre in beide Richtungen (also Vergangenheit und Zukunft).

Im Jahre 1983 (in diesem Jahr erschien Powers Roman) startet ein reicher Millionär, der ebenfalls die Abschirmungslöcher entdeckt hat, eine Zeitreiseexpedition ins Jahr 1810, um dem berühmten Dichter Samuel Taylor Coleridge bei einem Vortrag zu lauschen. Zur Finanzierung des teuren Unternehmens lädt er noch Gäste ein, die sich finanziell beteiligen müssen. Als Service engagiert er den Coleridge-Fachmann Brendan Doyle, der die Expedition begleiten soll. Nach dem Vortrag wird Doyle jedoch überraschend entführt und kann so nicht ins Jahr 1983 zurückkehren. Doch auch der Millionär hat längst andere Pläne, kann er doch im Jahre 1810 eine Form der Unsterblichkeit erlangen, die wohl jeden verlocken würde. Denn die Beschwörung der alten ägyptischen Götter hat auch die naturwissenschaftlichen Gesetze teilweise außer Kraft gesetzt, und so finden sich im London des Jahres 1810 mehr Magie und Zauberei, als es vor allem Brendan Doyle lieb ist.

Bald muss er um sein Leben kämpfen, droht ihm doch von vielen Seiten der Tod, und erst das von Doyle in anderer Form erwartete Auftauchen des zeitgenössischen Dichters William Ashbless, für dessen Werk der Zeitreisende zufällig auch noch Fachmann ist, bringt für den Literaturwissenschaftler die Lösung einiger seiner Probleme …

Wie Doyle sich aus einer Bredouille in die nächste windet, und vor allem auf welch verblüffende Weise er den „heute fast vergessenen englischen Dichter des frühen 19. Jahrhunderts William Ashbless“ kennen lernt, davon erzählt „Die Tore zu Anubis Reich“ äußerst unterhaltsam und spannend.

Was Powers im Laufe der knapp 600 Seiten des Buches dabei an Action, frappierenden Ideen und tollen, verzwickten Handlungssträngen entwickelt, ist einfach sensationell. Nie lässt den Leser die faszinierenden Geschichte aus ihrem Griff. Dabei wechselt der Autor klug Action mit ruhigeren Passagen, in denen sich die vielschichtige Handlung entwickeln kann, ohne dass der Rezipient den Überblick verliert.

Dabei ist „The Anubis Gates“ nicht nur ein packender und zudem intelligenter Roman, er jongliert auch mühelos verschiedene Subgenres der Literatur, vor allem der Phantastischen. Neben Horror- und Fantasyelementen hat die Geschichte zudem eine SF-Rahmenhandlung aufzuweisen, ist außerdem genauso Kriminalroman wie historische Erzählung.

Bisher hat es wohl weltweit noch kaum ein anderer Autor geschafft, diese Genres dermaßen virtuos zu mixen (einziges, dem Rezensenten bekanntes Beispiel für ein ähnlich gelungenes Werk erscheint Christopher Priests genialer Roman „Das Kabinett des Magiers“ zu sein, welcher aber erst zwölf Jahre nach Powers Meisterwerk erschien).

|Heyne| legt dieses nun in einer überarbeiteten Übersetzung in seiner Reihe „Meisterwerke der Fantasy“ wieder auf, wobei das Buch sicherlich nicht der üblichen Fantasy zugeschlagen werden darf, eigentlich besser unter der Rubrik „Phantastik“ eingeordnet werden sollte.

Denn „Die Tore zu Anubis Reich“ ist Phantastik im ureigenstem Sinne, Literatur zum Staunen und Wundern, welche den Kopf genauso anspricht wie den Bauch, und welche perfekt die Balance hält zwischen dem berühmten „Sense of Wonder“ einerseits und einer überzeugenden, niveauvollen Handlung, die in ihrer herrlichen Irrwitzigkeit ihres Gleichen sucht.

Sollte es dort draußen noch Leser geben, die Powers Meisterwerk bisher nicht kannten: Nun, hier ist die ultimative Gelegenheit! Wer jetzt nicht zuschlägt, ist selbst schuld!

_Gunther Barnewald_ © 2004
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung unseres Partnermagazins [Buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de veröffentlicht.|

William Shatner (mit Judith u. Garfield Reeves-Stevens) – Sternendämmerung (Star Trek)

Das geschieht:

James Tiberius Kirk, Raumschiff-Captain außer Dienst aber weiterhin als Retter des Universums tätig, möchte mit seinem neuen Freund Jean-Luc Picard einige Tage Abenteuerurlaub machen. Aus Gründen der Handlungsdramatik beschließen die beiden, dies auf dem Planeten Bajor und im Schatten der Raumstation „Deep Space Nine“ zu tun. Sie haben keine Ahnung, dass sie ihre Atmosphären-Gleitsprünge ausgerechnet über einem Wüstengebiet absolvieren, das vor dreißig Jahren Schauplatz einer merkwürdigen Episode des bajoranisch-cardassianischen Krieges war. In Bar‘trila, der verlorenen Stadt, wurde eines jener als „Tränen der Propheten“ bekannten Artefakte vermutet, die der im Wurmloch über Bajor hausenden Superintelligenz zugeschrieben werden und dem Finder quasi übernatürliche Macht verleihen. Damals konnten die Bajoraner die Cardassianer unter hohen Opfern von diesem Platz verjagen. Die Überlebenden beider Seiten haben den ungehobenen Schatz freilich nicht vergessen.

Unsere gleitenden Helden werden zum Absturz gebracht. Die Notlandung lässt sie in der glühenden Wüste stranden. Während sie dem feuchten Horizont zustreben, bleibt viel Zeit, sich über Vergangenes zu unterhalten. Das bedingt eine lange Kette primär Kirkscher Reminiszenzen an glorreiche „Enterprise“-Zeiten und die Einsamkeit des Captains, der in brenzliger Lage kurzentschlossene Entscheidungen treffen muss.

Die Handlung wird wieder aufgenommen, als Kirk und Picard in eine archäologische Ausgrabung stolpern. Die verlorene Stadt wurde gefunden: von den Bajoranern, aber wohl nicht nur von ihnen, denn just fiel Professor Nilan einem merkwürdigen Unfall zum Opfer. Der Tod weiterer Forscher zeigt eine feindliche Macht am Werk ist. Oder sind es religiöse Fundamentalisten, die es nicht dulden, eventuelle Artefakte als Objekte der Wissenschaft missbraucht zu sehen? Die Lage ist undurchsichtig und eskaliert, als auf Kirk und Picard ein Mordanschlag verübt wird, der Letzteren in einem See versinken lässt. Ist Picard tot? Mit der für ihn typischen Mischung aus Elan und Zorn geht Kirk auf Konfrontationskurs und stört den Gegner auf …

Alter Mann mit jugendlichem Ego

Der rasende Rentner macht erneut das All unsicher. „Sternendämmerung“ ist der furiose Auftakt einer weiteren „Star-Trek“-Kirk-Trilogie. Weil er trotz seines überlebensgroßen Egos kein Dummkopf ist, hat sich William Shatner wiederum der Unterstützung des schreibenden Ehepaars Judith und Garfield Reeves-Stevens versichert. Eine kluge Wahl, denn kaum jemand kennt sich so gut im „Star-Trek“-Universum aus und trifft vor allem den Ton, der uns seine Protagonisten seit vielen Jahren zu lieben und teuren Feierabend-Gästen im Fernsehzimmer macht.

Shatner möchte selbstverständlich „Star-Trek“-Luxus-Science-Fiction produzieren. Das meint er sich und seinem Publikum als der leibhaftige und einzige James T. Kirk schuldig zu sein. Der Leser honoriert und schätzt es, nicht zum x-ten Male mit einem Abenteuer der legendären Fünfjahresmission behelligt zu werden, die sich längst alle irgendwie ähneln. „Sternendämmerung“ gelingt darüber hinaus, was man in Kino und Fernsehen oft entbehren muss: die (überzeugende) Verklammerung von „Star-Trek“- Vergangenheit und -Gegenwart, zwischen denen die Handlung immer wieder springt.

Damit stellt sich „Sternendämmerung“ tapfer der quasi realen, Jahrhunderte umspannenden Fiktion, welche die „Star-Trek“-Saga heute darstellt. Das Autorentrio fürchtet nicht die faktenreiche Historie (oder ihre detailversessenen, pingeligen Kenner), sondern stellt sie in den Nutzen ihrer Geschichte. Noch in den Nebensätzen werden immer wieder Ereignisse aufgegriffen, an die sich womöglich nur der absolute Trekkie erinnert. Das lässt ein außerordentlich dichtes Hintergrundgewebe entstehen, auf dem der eigentliche Plot stabil ruht.

Aller Anfang ist – langsam

‚Ruht‘ ist der zutreffende Ausdruck, denn obwohl stets etwas geschieht, ist „Sternendämmerung“ sichtlich die Ouvertüre zu einem Spektakel, das sich über mindestens 1200 Druckseiten hinziehen wird. So reihen sich zunächst zwar spannend geschriebene aber zusammenhanglos wirkende Episoden aneinander, bis endlich ein roter Faden – der Kampf gegen die „Totalität“ – sichtbar wird. Wer barockes Breitwand-Fabulieren schätzt, wird mit „Sternendämmerung“ nur allmählich auf seine Kosten kommen.

Wer ist der beste „Enterprise“-Kapitän aller Zeiten? William Shatner kennt die Antwort auf diese Frage genau, und seit er ‚Schriftsteller‘ geworden ist, nutzt er jede Gelegenheit, die Trekkies auf seine Seite zu ziehen. Dieses Mal konnten ihn die Reeves-Stevens offenbar nicht so gut kontrollieren wie sonst. Das Ergebnis: ein durch Raum und Zeit kapriolender Kirk, den sein Freund Picard gnädig begleiten darf (wenn er denn Schritt halten kann).

Jean-Luc Picard ist in der Tat ein manchmal dröger Zeitgenosse, aber zum Steigbügelhalter des entfesselten Kirk degradiert zu werden, hat er ganz sicher nicht verdient! Auf der anderen Seite weiß Shatner anschaulich zu machen, dass die Sturm- und Drangzeit der Föderation Männer wie ihn – Tatmenschen – benötigte, die nach der Konsolidierung einer nüchterner forschenden Generation Platz machen konnten und mussten.

Picard ist in der Krise durchaus zu schnellen, die Regeln großzügig auslegenden Entscheidungen fähig. Kirk lebt allerdings in einer Welt, der jedem Moment eine potenzielle Ausnahmesituation entspringen kann. Das hat ihn geprägt und zu dem unberechenbaren Strategen werden lassen, der geachtet und gefürchtet (oder verflucht) wird.

Interessant sind Kirks Selbstreflexionen, die viel vom wahren William Shatner verraten. „Im Gegensatz zu den verlorenen Details standen die Gefühle der damaligen Zeit … Einen Traum verwirklicht zu haben, mit hoch angesehenen Profis und guten Freunden zusammenzuarbeiten … Er konnte immer noch auf jene Erinnerungen zurückgreifen, auch wenn manche von ihnen dunkler und schmerzhafter waren“ (S. 100). Diese Passage spiegelt womöglich Shatners lückenhafte und geschönte Erinnerung an seine „Star-Trek“-TV-Tage wider, die er nach Auskunft seiner erbosten Schauspieler-Kollegen weitgehend vergessen hat, um sie erst im Alter autobiografisch und lukrativ wieder zum Leben zu erwecken.

Autor/en

William Shatner wurde am 22. März 1931 im kanadischen Montreal geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften, wurde aber schon in jungen Jahren Schauspieler – zunächst beim Theater, wo er u. a. in zahlreichen Shakespeare-Stücken auftrat. 1956 ging Shatner nach New York zum Broadway. Parallel dazu spielte er in TV-Dramen, die damals noch live gesendet wurden. Zwei Jahre später tauchte Shatner in „The Brothers Karamazov“ (dt. „Die Brüder Karamasow“) an der Seite von Yul Brunner und Maria Schell im Kino auf.

Der echte Durchbruch blieb aus. In den nächsten Jahren spielte Shatner in zahlreichen aber schnell vergessenen Kinofilmen und TV-Shows mit. Darin lieferte er trotz seiner theatralischen bis pathetischen Darstellungsweise durchaus achtbare Leistungen ab, die ihm die Kritik bekanntlich gern abspricht. 1966 bis 1969 folgte die Hauptrolle in „Star Trek – The Original Series“, gefolgt von einer langen Durststrecke und den für Shatner typischen Rollen in B-Movies und Fernsehserien.

Aber Shatner blieb am Ball. Die Rückkehr als Captain Kirk in den „Star-Trek“-Kinofilmen brachte ihm endlich die Popularität, die er sich wünschte. Er nutzte sie geschickt, um in den 1980er und 90er Jahren eine parallele Karriere als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent in Gang zu bringen. Seine Aktivitäten als Schauspieler schränkte er keineswegs ein, versuchte sich als Sänger, wurde Pferdezüchter, gründete eine Firma für Spezialeffekte – und entwickelte schriftstellerische Ambitionen.

Von Anfang an sah sich Shatner primär als Lieferant von Plots und Ideen, die von Profischreibern in literarische Form gegossen wurden aber unter seinem zugkräftigen Namen erschienen. Als Ghostwriter für die „Tek-War“-Serie (ab 1994) fungierte SF- Veteran Ron Goulart. Da der Erfolg sich in Grenzen hielt, besann sich Shatner seines Alter Egos James T. Kirk, den er mit tatkräftiger Unterstützung der Reeves-Stevens (s. u.) ins Leben zurückkehren ließ.

Trotz seines Alters denkt Shatner nicht an den Ruhestand. In seiner Rolle als unwürdiger Greis besetzt er im Kulturleben der USA heute etwa dieselbe Nische wie hierzulande Dieter Bohlen oder Jürgen Drews und hat sich als Trash-Ikone und Amerikas liebster Toupet-Träger eine solide Alterskarriere aufgebaut. William Shatner ist in dritter Ehe verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Südkalifornien und Kentucky.

Website

Judith und Garfield Reeves-Stevens schreiben Romane und Drehbücher. Außerdem sind sie Produzenten für Kinofilme und Fernsehserien, Ideenlieferanten für SF- und Fantasy-Games und, und, und … Im „Star-Trek“- Universum zählen die Reeves-Stevens zu den Besten unter den Fließband-Literaten des Franchises. Garfield allein schrieb bisher fünf Thriller, die Elemente der Science Fiction mit der des Horrors verknüpfen.

Garfield und Judith sind kompetente „Star-Trek“-Chronisten, die über die verschiedenen Serien großformatige, sehr informative und unterhaltsame Sachbücher verfasst haben.

Taschenbuch: 404 Seiten
Originaltitel: Captain‘s Peril (New York : Pocket Books 2002)
Übersetzung: Andreas Brandhorst
http://www.randomhouse.de/heyne

eBook: 730 KB
ISBN-13: 978-3-641-11518-0
http://www.randomhouse.de/heyne

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Bernd Wedemeyer-Kolwe – Der neue Mensch. Körperkultur im Kaiserreich und in der Weimarer Republik

Zur Alternativkultur vor 100 Jahren, der sogenannten „Lebensreform“, gibt es für Interessenten eine Vielzahl von Titeln. Noch nie wurde bislang allerdings diesbezüglich eine Analyse des Bereiches der Sport-, Körper- und Kulturgeschichte aus diesem Zeitraum vorgelegt. Dabei war bis zur Naziergreifung 1933 diese Bewegung neben der Turn- und Sportbewegung in der breiten Bevölkerung sehr erfolgreich. Hunderttausende gehörten bereits zum Übergang ins 20. Jahrhundert zu dieser neuen Bewegung, die zu einem Zentralbegriff des modernen Zeitbewusstseins wurde. Sie war Teil der grundlegenden Lebensreform, die eine neue Welt aufzubauen versuchte, um die sozialen Fragen damit zu lösen. Intern selbst so weit gefächert wie alle anderen Reformbewegungen dieser Zeit, waren die Bezüge zu anderen Gruppierungen, welche den utopischen Gesellschaftsentwurf eines „neuen Menschen“ auf ihren Fahnen geschrieben hatten, ineinander gleitend.

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