Archiv der Kategorie: Philosophie und Religion und Spiritualität

Eschner, Michael D. – Leben wie der Phönix – Der Weg zur Unsterblichkeit

Es war vor etwa 10 Jahren, als ich auf einem Sommerfest der damaligen ‚Ethos Gemeinschaft Thelema‘, die auch die Internetcommunity ‚New Äon‘ betrieb, ein kleines Büchlein erstand, welches, wie ich heute wohlwissend feststellen kann, mein Leben grundlegend änderte. Meine Leidenschaft waren seit jeher neben Phantastischer Literatur auch Mythen, Magie und alles Okkulte und Paranormale.

„Der magische Weg zu Wissen, Liebe, Leben, Freiheit“ war der damalige Untertitel zu „Leben wie der Phönix“, damals erschienen bei Peyn und Schulze.
Die Neuauflage in einem anderen Format sprach mich gleich an. Das Motiv des ‚Rising Phoenix‘ auf schwarzem Grund kommt sehr wirkungsvoll zur Geltung. Ebenso die durchgängig farbigen Bildmotive, die jedes Kapitel stilvoll einleiten, im Gegensatz zu den damaligen s/w-Zeichnungen.

Neben dem damaligen Vorwort von Michael Eschner ist die Neuausgabe um ein zweites Vorwort erweitert, welches Knut Gierdahl verfasste und einen Einblick in das Werk, seinen Stil und Thematik gibt, die auch die neuäonische Bewegung „Thelema“ einschließt. Das Vorwort ist sehr pragmatisch und verständlich für solch eine ‚abgehobene‘ Thematik wie Unsterblichkeit.

Die folgenden zehn Kapitel sind sehr detailliert untergliedert und die Aufmachung gleicht einem ‚Lehrbuch‘. Neben kurzen, sinnvollen und prägnanten Kernaussagen, die am Seitenrand platziert sind, gibt es immer wieder grau unterlegte Textkästchen mit praktischen Anweisungen u. ä. Dabei wendet sich der Autor stets selbstbewusst an den Leser, redet von Unsterblichkeit, als sei es das selbstverständlichste der Welt. Es wird in den ersten Kapiteln auf die Situation von Unsterblichen, ihre Herkunft und ihr Leben als Unsterbliche eingegangen. Es werden ausreichend Argumente genannt den Weg des Immortalisten (so werde Menschen genannt, die eine ‚Selbstvergottung‘ anstreben) zu gehen. Sowohl Ernährung, Energie wie Weltbild spielen dabei eine Rolle. Es wird klar der Unterschied aufgezeigt, warum es dem Immortalisten geht, der nicht ‚langlebig‘ ist und dessen ‚Seele‘ nicht wandert. Und die Praxis der Unsterblichkeit ist älter als viele schamanische Traditionen.

Wichtige Bedingungen und die Komponenten werden in Kapitel acht aufgezeigt, wo die sogenannte KLEE-Methode dargestellt wird. Dabei geht es um die Entwicklung bestimmter Kenntnisse, Fertig- und Fähigkeiten, wie Erlangung von Komplexität, Einpunktigkeit und Extase, sowie die Lösung des Astralleibes vom materiellen Körper. Es wird verdeutlicht, warum Selbsterkenntnis letztendlich nur dem Immortalisten möglich. Kritisieren muss ich aber, dass bei diesem Kapitel die unter KLEE genannten Komponenten nicht in dieser Reihenfolge abgehandelt werden, wo ansonsten das Werk durch eine gut durchdachte Struktur glänzt.

Hervorheben möchte ich auch einen anschaulichen Prosatext mit Kapitel neun „Ein Stern geht auf“, der in einer illustren Geschichte verdeutlicht, wie verankert doch der Tod in unser aller Leben ist und klarmacht, dass die meisten Menschen nur ‚funktionieren‘ und nicht leben.

Das zehnte Kapitel beschreibt in einigen kurzen Beiträgen metaphysische Begriffe wie Aura, Seele oder Astralleib oder auch Intuition, Identität, Wahrer Wille, das Ich etc. Eschners Gedanken sind nicht neu und er verweist auch auf viele philosophische und soziologische Denker wie Karl O. Apel, Charles S. Peirce oder Niklas Luhman. Dem kundigen Leser werden auch Bezüge zur Kabbala und anderen Systemen wie des OTO auffallen.

Gänzlich neu in diesem Buch ist ein Leserbrief, der einst in dem damaligen AHA – Magazin, einem Fachblatt für magische und spirituelle Entwicklung, Kritik an Eschners Aufsatz „Reinkarnation – wie geht das?“ übte. An diesem Beispiel erläutert Eschner z. B. Unterschiede zwischen Inkarnation und Weckung der Kundalini, deren es zur Unsterblichkeit bedarf. Interessant auch die Ausführungen in diesem Zusammenhang bei Tieren, Astralen oder Dämonen.

Letztendlich werden mit diesem Buch dem Leser nicht nur Hintergründe, Bedingungen und Methoden zur Erlangung der Unsterblichkeit an die Hand gegeben, sondern auch auf eine praktische Gruppe hingewiesen, wo diese erlernt werden kann, und der Michael Eschner viele Jahre als Berater zur Verfügung stand, bis er 2007 seinen materiellen Leib verließ, um unter Göttern zu weilen.

|Taschenbuch: 116 Seiten
ISBN: 978-3-942736-00-8|
[www.multiwelt-verlag.de]http://www.multiwelt-verlag.de

_Martin Dembowsky_

Musashi, Miyamoto – Buch der fünf Ringe, Das

_Kampfkunst ist Lebenskunst: Musashis berühmte Lehren_

Er war und ist wohl der berühmteste Schwertkämpfer und Samurai aller Zeiten: Miyamoto Musashi. Berühmt gemacht hat ihn Eiji Yoshikawa mit seinem Roman „Musashi“. Etliche japanische Filme gründen auf Musashis Leben. Sein „Buch der fünf Ringe“, in welchem er seinen außerordentlichen Stil präsentiert, findet man hier mit seiner kurzen Biografie. Esgibt ausführlichere Ausgaben, so etwa von RaBaKa-Publishing.

Das „Buch der fünf Ringe“ diktierte Musashi 1643-1645 am Ende seines aufregenden Lebens an seinen Schüler, dem er es widmete. Hierin befasst er sich vor allem mit der Neuartigkeit seines Stils der Schwertkampfkunst (kendo), der im wesentlichen so beschrieben werden kann, dass Musashi jede Art von Stil deshalb ablehnt, weil Stile die Freiheit des Kämpfers und der Kunst des Schwertkampfes einschränken. Das „Gorin no Sho“ gilt auch heute noch unter Schülern der Kampfkunst als Lehrbuch der Geistes- und Körperhaltung und der Anwendung der verschiedenen Waffen. (Quelle: Amazon.de)

_Der Autor_

Miyamoto Musashi (geboren 1584 in Miyamoto; gestorben 13. Juni 1645 in der Höhle Reigand?, in Kumamoto), war ein japanischer Samurai und Begründer der Niten Ichiry?-Schule des Schwertkampfes.

Miyamoto Musashi wurde im Jahre 1584 in einem Dorf namens Miyamoto in der Provinz Mimasaka als Shinmen Musashi No Kami Fujiwara No Genshin (kurz Shinmen Musashi) geboren. Während seiner Jugendzeit trug er den Spitznamen Bennosuke. Sein Vater war der Samurai Hirata Munisai, der in erster Ehe mit Omasa verheiratet war, einer Frau aus dem Clan der Shinmen; ihm wurde erlaubt, den Clansnamen zu führen, so dass sich sein Name von Hirata Munisai in Shinmen Munisai änderte. Er tötete seinen ersten Gegner, als er (je nach Quelle) zwölf oder 13 Jahre alt war, den Zweiten mit 16 Jahren.

Im Alter von etwa sechzehn Jahren verließ er seine Heimat, um sich auf „Kriegerwallfahrt“ zu begeben – eine Reise, die ihn quer durch das alte Japan führte. Er nannte sich von jetzt an Musashi Miyamoto. Nachdem er an sechs Kriegen teilgenommen (u. a. in der berühmten Schlacht von Sekigahara am 21. Oktober 1600), etliche Kämpfe ausgetragen, und angeblich 60 Duelle für sich entschieden hatte, legte er mit Ende 20 seine Schwerter nieder und widmete sich der Suche nach einer tieferen Bedeutung seiner Schwertkampfkunst. Unter anderem wendete er sich nun vermehrt der Religion zu, aus der er schon früher Kraft geschöpft hatte.

In den meisten Erzählungen und Berichten über Musashi findet sein für die damalige Zeit unorthodoxer Kampfstil besondere Erwähnung: Im Gegensatz zu seinen Gegnern kämpfte Musashi häufig mit zwei Schwertern. „Niten Ichiry“ bedeutet Schule der zwei Himmel, d. h. der zwei Schwerter, die über den Kopf gehoben werden.

Später betätigte Musashi sich auch als Künstler und Handwerker. Seine Arbeiten werden in Japan als Meisterwerke eingeschätzt. Er bemalte Wandschirme und war ein Meister der Schreibkunst (Kalligraphie), er stellte Metallarbeiten her und begründete eine Schule der Stichblatthersteller (jap. Tsuba), die ihre Stücke nach ihm mit „Niten“ signieren.

Musashis Leben endete am 13. Juni 1645 in der Höhle Reigand?. Er hatte sich dorthin zurückgezogen, um sein „Gorin no Sho“ zu schreiben, welches er einige Wochen vor seinem Tode seinem Schüler Terao Magonojo übergab. Das „Gorin no Sho“ erreicht auch heute noch viele Leser in aller Welt. (Quelle: Wikipedia)

_Inhalte_

Um das „Buch der fünf Ringe“ verstehen zu können, muss man den Autor in seiner jeweiligen Epoche kennen und verstehen. Deshalb führen mehrere kurze Texte in diese Themen ein. Musashi lebte in der turbulentesten Zeit Japans, nämlich zwischen dem Ende der Herrschaft der Fürsten (Daimyos) und dem Beginn des Shogunats (von 1623 bis 1865), das eine Abschottung Japans einleitete. Tatsächlich stand er in der Schlacht von Sekigahara auf der Seite der Verlierer und konnte von Glück sagen, dass er das Massaker an 70.000 Soldaten üb erlebte!

Für einen Soldaten und Samurai ist Kendo, der Schwertkampf, von elementarer Bedeutung, und Musashi brachte es darin zu überragender Meisterschaft: Er schlug alle, die sich ihm stellten, bis er 30 war. Dann überlegte er, was er tun sollte. Er war zu unabhängig, um sich in den Dienst eines Fürsten zu stellen, und wurde Ronin, ein wandernder Samurai. Doch die Fürsten fühlten sich geehrt, ihn zum Lehrer zu haben. So hatte er Gelegenheit, sein Leben zu vervollkommnen, was im Hinblick auf die Lehren im „Buch der 5 Ringe“ bedeutsam wurde.

Ein weiterer Vorspann widmet sich dem Zusammenhang zwischen Kendo und Zen. Ein zentraler Bestandteil von Musashis Weg fußt, neben der Shinto-Religion und Konfuzianismus, auf dem Zen-Buddhismus. Dieser kennt weder Priester noch Kirche noch zentrale Lehre. Das spiegelt sich in Musashis Weg wider, so etwa im fünften Buch, dem „Buch der Leere“.

Der letzte Vorspann schildert in einem kurzen Abriss Musashis Leben – siehe oben. Sehr schön sind dabei die zahlreichen Abbildungen, die ihn selbst darstellen, aber auch seine Werke, so etwa Tuschezeichnungen und Skulpturen. Seine Lieder und Gedichte sind verschollen.

_DAS BUCH DER FÜNF RINGE_

Das Buch ist in fünf Teile gegliedert, die aufeinander aufbauen. Es gibt sehr lange Teile wie Teil 3 und sehr kurze Teile wie Teil 5, der nur 1,5 Seiten hat.

|Buch 1: Das Buch der Erde|

Die Erde ist das Fundament. Deshalb findet man hier lediglich grundlegende Aussagen zum Kriegerhandwerk (Heiho), zum Weg des Kriegers (Bushi-do) und zum Schwertkampf (Ken-do). Etwas verblüffend ist der Vergleich des Schwertkämpfers mit einem Baumeister / Zimmermann. So wie der Zimmermann mit optimalem Material, mit geeigneten Werkzeugen und nach einem Plan arbeitet, so sollte auch der Schwertkämpfer vorgehen. Allerdings darf man die Sache mit dem Plan nicht zu eng sehen. Musashi lehnt Pläne generell ab.

Er empfiehlt dringend, alle Waffen auszuprobieren und die geeignete zu wählen. Dabei sind auch Gewehre zu prüfen, die von den Portugiesen ins Land gebracht worden waren. Der Rhythmus ist beim Kampf wie im Leben und im Bauen von elementarer Bedeutung. Und wie stets mahnt der Autor: Wer nur studiert, wir nichts begreifen. Lernen und Beherrschung folgt nur aus der Anwendung seiner Lehren. Schon hier geht er auf seine Niten-Ichiryu-Schule ein, die der zwei Schwerter, die jeder Samurai tragen durfte: Lang- und Kurz- bzw. Seitschwert (Katana bzw. Tachi und Wakizashi; vgl. dazu die Wikipedia).

|Buch 2: Das Buch des Wassers|

Die Niten-Schule lehrt, dem Lauf des Wassers zu folgen, um mit dem Langschwert den Sieg zu erringen. Das heißt, man passe sich der jeweiligen Situation an. Der Kämpfer ist stets voll Gleichmut, ohne Anspannung, doch stets bereit zu sterben. Außerdem sollte der Kämpfer eins mit seinem Schwert sein, denn es ist seine Seele. Diese innere Haltung des Kriegers drückt sich in der körperlichen Haltung aus. Die Kampfhaltung entspricht der im Alltag und umgekehrt: Entspannt, aber nicht schlaff, sondern kampfbereit.

Dieses Buch lehrt die fünf Kampfhaltungen und fünf Angriffstaktiken, bevor die zahlreichen Hiebe, Streiche vorgestellt und beurteilt werden. Dieser Teil ist recht umfangreich, nur für Kämpfer interessant und wird wie stets von einem Epilog abgeschlossen.

|Buch 3: Das Buch des Feuers|

Musashi hält nichts von Banalitäten wie dem Ausbilden von Händen, der Fächerkampfkunst und dem Anlegen einer prächtigen Rüstung. Das Einzige, das für ihn am Erlernen des Schwertkampfes sinnvoll erscheint, ist die Ausübung dieser Kunst und der Wille, den Gegner zu besiegen und dies in die Tat umzusetzen. Um dies zu tun, gibt es zahlreiche Wege, die er alle aufführt.

Dabei macht er keinen Unterschied zwischen Einzelkampf und einer Schlacht. Wer einen Gegner bezwingt, kann auch zehn bezwingen, und mit zehn mann hundert bezwingen und so weiter. Man merkt, dass Musashi die große Schlacht von Sekigahara, die den Shogun Tokugawa für sich entschied, hautnah miterlebt hat.

Für Manager ist dieser Teil des Buches der nützlichste, denn darin werden die verschiedenen Vorgehensweisen konzis beschrieben, um bestimmte Ziele zu erreichen. Dies ist also die praktische Anwendung des in Buch 1 und 2 Gesagten.

|Buch 4: Das Buch des Windes|

Das Schriftzeichen für Wind entspricht dem für Stil. Dementsprechend vergleicht Musashi seinen Stil mit den zahlreichen anderen in Japan gelehrten Kampfstilen, angewendet auf Aspekte der Niten-Schule. Deren Tugenden sollen nämlich angesichts der Mängel der anderen Stile aufscheinen. Das ist also Marketing.

|Buch 5: Das Buch der Leere|

Die Leere ist nicht das Nichts im Sinne des Nihilismus, sondern konkret der Raum zwischen Himmel und Erde, ideal aber das Nicht-Existierende: „Die Leere ist das, in dem nichts existiert. Sie ist das, was dem Menschen zu wissen unmöglich ist.“ Allerdings grenzt Musashi die Leere von Täuschungen und Illusionen ab. Nur weil man zu dumm oder überheblich ist, heißt das nicht, dass etwas nicht existiert oder gemacht oder gedacht werden kann.

Der wahre Weg beinhaltet Offenheit und Wachsamkeit, Gleichmut und Ausgewogenheit. Schließlich werde man erkennen: „Die Leere, das ist der Weg und der Weg, das ist die Leere. Die Leere hat Gutes, nicht Böses. Es gibt Weisheit, Verstand und den Weg und es gibt die Leere.“

_Unterm Strich_

Man merkt also auch als Laie, dass hier ein Meister und Lehrer seine Erkenntnisse nicht bloß an die nächste Generationen (seinen Schüler) weitergibt, sondern sie auch zugleich bewirbt. Wer kein Schwertkämpfer ist oder einer werden will, aber dennoch als Manager dieses Buch empfohlen bekommen hat (beispielsweise Anfang der achtziger Jahre, als viele solcher Bücher erschienen), der kann sich auf den dritten und den fünften Teil beschränken.

Hier werden die Strategien für die Schlacht und den Einzelkampf geschildert und mit der Lehre von der Leere konterkariert. Wer nicht kapiert, was das Wesen der Leere ausmacht, der dürfte selbst mit angewandter Weisheit nicht weit kommen. Es geht also um die rechte Balance nach dem Motto: Ich weiß, dass ich nicht alles weiß, aber was ich ganz genau weiß, das ist der Weg. Jeder gehe also seinen eigenen Weg. Hauptsache, er geht ihn überhaupt und dann konsequent.

Außerdem lehrt Musashi den Weg des Wassers (Teil 2), so dass man seine Strategie und Kampftechnik nicht nur dem Gegner, den äußeren Bedingungen und den vorhandenen Waffen anpasst, sondern auch der eigenen Verfassung und Ausrüstung. Wer ein Dogma sucht, wird also bei Musashi keines finden.

Äußere Vervollkommnung bedingt innere und umgekehrt: Kendo und Kenjutsu erfordern Zen, also Meditation und (wie beim japanischen Adel) auch die Kunst, beispielsweise Kalligraphie, Teezeremonie, Malen, Dichten usw. Wer also nur mit dem Schwert rumfuchteln will, um seine Gegner einzuschüchtern, braucht dieses Buch nicht. Vielmehr sollte man um diesen Idioten Angst haben, dass er sich verletzen könnte.

|Diese Ausgabe|

Diese Taschenbuchausgabe des Knaur-Verlags aus dem Jahr 1984 folgt der Übersetzung des Econ-Verlags von Victor Harris‘ Übersetzung des Originals. Von Harris stammt die gesamte Einleitung. Geprüft und evtl. ergänzt wurde seine Übersetzung des japanischen Originals durch den Fachmann Siegfried Schaarschmidt.

Auch wenn der Musashi-Text vertrauenswürdig ist, so brauchte ich doch die Einleitungen und die ausführlichen Fußnoten, um ihn überhaupt verstehen zu können. Wer sich also eine andere Ausgabe zulegt, sollte darauf achten, dass die Einleitungen, die Musashi in seinen historischen Kontext stellen. Musashi darf die Kenntnis seiner Epoche ebenso voraussetzen wie Kenntnisse über Zen, Shinto, Konfuzius und vieles mehr.

Wer also bei ihm Erkenntnis sucht, muss sie eigentlich schon mitbringen. Der Schwertmeister kann einen bloß lehren, einen Gegner auf vielerlei Weise zu besiegen. Wie man richtig lebt, das kann er nur zu einem bestimmten Grad. Den Rest muss man, wie in jeder Kunst, selbst mit äußerster Entschlossenheit „und strengem Bemühen“ vollbringen.

So gesehen, ist die Lektüre dieses berühmten Buches nur ein erster Schritt. Man sollte seine Aussagen möglichst mit Fachleuten besprechen und mit dem ebenso berühmten Buch „Hagakure“ aus dem 18. Jahrhundert (deutsch bei Piper) sowie mit der Lehre von Sun Tzu ergänzen. Um ein Zen-Manhänger zu werden, braucht man das Buch nicht. Denn Zen kann man nur leben. Leonard Cohen weiß ein Lied davon zu singen.

|Taschenbuch: 140 Seiten
Originaltitel: A Book of Five Rings, von Victor Harris (1974)
Aus dem US-Englischen von Jürgen Bode und Siegfried Schaarschmidt
ISBN-13: 978-3426041291|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de/home

Hellmann, Brigitte (Hrsg.) – Mit Nietzsche auf der Gartenbank

_Die Herausgeberin_

Briigitte Hellmann, man liest nichts von ihr selbst, weder ein Vor- noch ein Nachwort. Die Münchner Lektorin und Herausgeberin verschiedener Anthologien beschränkt sich darauf, einen allwissenden Blick über die Literatur schweifen zu lassen und mit kundiger Hand auszuwählen. „Mit Platon unter Palmen“, „Mit Sokrates im Liegestuhl“, „Mit Buddha unterm Sonnenschirm“ oder mit „Kant am Strand“ sind Titel ihrer Lesebücher, die sich dem lesemüden Publikum im erfolgsträchtigen Gewand der |Strandkorbliteratur| nähern, also so wenig mühsam sein sollen, dass reiner Genuss so nebenhin möglich ist.

_Mit Nietzsche auf der Gartenbank_

Dort tummeln sich nun neben der Herausgeberin nicht weniger als 24 Denker, Physiker und Literaten, aus denen Friedrich Nietzsche herausragt, denn von den 27 Versatzstücken gehören drei ihm. Dabei hätte er sicher einige seitwärts heruntergeschubst, die da mit versammelt sind, denn dem Khalil Gibran hätte er das Herz geneidet, Herder für einen Schwätzer gehalten und Kant für einen philiströsen Haarspalter. Dank der Herausgeberin kommen aber auch sie und alle 24 zu Wort.

Im Strandkorb gönnt man sich nicht einfach ein Sammelsurium von Ansichten, die natürlich nicht auf Europa beschränkt, sondern bis in den Fernen Osten reichen, sondern die Gedanken schweifen eine Bahn, die mit dem Zweifel am Wert der Philosophie und geläufigen Wahrheitsbegriffen beginnt, wo Nietzsche der ersteren Ahistorizität vorzuwerfen hat. Es wurde ihm schwer, bei so viel Fertigem vor der Nase, noch neue Akzente zu setzen, verlegt sich auf die „unscheinbaren Wahrheiten“ und hofft, dass „der geistreiche Blick jetzt mehr gelten darf, als der schönste Gliederbau und das erhabenste Bauwerk“.

|Die Physiker|

Die kundige Hand wählte hier den britischen Erfolgs-Wissenschaftsautor Marcus Chown, der die Aufmerksamkeit auf die Zunahme des Informationsgehaltes des Universums seit dem Urknall lenkt, die er mit 10^86 beziffern kann, indem er die anfänglich 1000 Zellen des Uruniversums mit der Zahl der heutigen Lichtteilchen vergleicht, die in zwei Zuständen existieren können. Das sei auf die Quantentheorie zurückzuführen. Dass diese allerdings erst durch die Wahrnehmung als vorhanden anzusehen sind, was ebenfalls eine Konsequenz der Quantentheorie ist, die das Vorhandensein einer Realität ja in Frage stellt, entgeht ihm dabei. Leider fehlt es den Physikern, außer vielleicht Heinz Pagels, immer noch an poetischer Kraft, der das so schön als „ein Tischleindeckdich“ beschrieb.

|Die Weisen|

„Selbst der Weiseste von uns beugt sich unter der schweren Bürde der Liebe; doch in Wahrheit ist die Liebe so leicht wie die muntere Brise des Libanons“, entspannt Khalil Gibran die Situation, bevor uns der britische Astronom Martin Rees auf der vergeblichen Suche nach Außerirdischen vorrechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass alle durch einen Asteroiden umkommen, nicht größer ist als die Berechtigung der Flugangst jedes Einzelnen. Aber all das ist klein gegen den Atomtod, der immer noch droht und dessen Wahrscheinlichkeit er mit einem Drittel veranschlagt. Da kann man dann schon mal Descartes und Aristoteles in unabhängigen Versatzstücken streiten lassen, ob man und wer eine Seele besitzt. Im Untergangsszenario zwinkert uns Heine zu: „Holde Frauenblumen, welche/ Kaum erschlossen ihre Kelche/ Den geliebten Sonnenküssen,/ Hat der Tod schon fortgerissen“.

|Die Menschlichen|

Wer sie mag, dem geben Fromm und Herder noch ein paar Worte über Menschliches. Wer lieber schmunzelt, zieht sich Tucholsky im gedachten Strandkorb ein. Man kann auch Kant wieder einmal nicht ganz verstehen, wenn er uns den Ursprung des Bösen erklärt. Das wird aber gut durch Schopenhauer pariert, der uns entdeckt, dass Mitleiden ein besseres Regulativ ist als alle Gesetze oder auch Religionen, denn „der gänzliche Mangel an diesem ist es also, der den Menschen der Ruchlosigkeit überführt“.

|Die Abschließenden|

Hier kann man Rilke, nicht ganz so verdichtet, in einem Märchen erleben, wo er die Eigenwilligkeit der Hände Gottes beschreibt und damit eine kindergeplagte Nachbarin unterhält. Nietzsche lässt für den, ders noch nicht kennt, seinen Zarathustra noch mal den Papst trösten, der wegen Todesfalls den Einzigen über sich verloren hat. Hanna Johansen verrennt sich in einem an sich vergnüglichen Versatzstück ein wenig in der Vielköpfigkeit gedachter Erdenbewohner. In einem längeren Poem bescheidet Gottfried Keller die Neunmalweisen mit den Versen „Bau ich aus Blütendüften/ Und Mondschein mir ein Schloss,/ Drin biet ich allen Trutz/ Und eurem Schülertross!“

_Fazit_

Wir lehnen uns nach der Kurzweil im Strandkorb zurück, einen Gran klüger, und glauben, dass die anderen es im Grunde auch nicht viel besser wissen.

|Taschenbuch: 160 Seiten
ISBN-13: 978-3423346801|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

_Christian Rempel_

Hammesfahr, Michaela F. – Dein Blut für ewig

_Inhalt_

Anne ist in den Semesterferien bei ihren Eltern und freut sich darauf, ein bisschen Zeit mit ihrer alten Freundin Nina zu verbringen. Die beiden Mädchen finden schnell in ihren alten Rhythmus aus ausgehen, tanzen, tuscheln zurück und genießen gerade ihre Freizeit, als Anne den rätselhaften Kilian kennen lernt.

Nina kennt den attraktiven, blassen jungen Mann vom Sehen und findet ihn distanziert und wenig höflich. Umso größer ist ihre Überraschung, als er offenbar total in Annes Bann gezogen wird. Anne selbst ist nicht minder überrascht: Sie kann sich nicht erklären, was ein solcher Traumtyp von ihr wollen könnte. Und doch kann sie es nicht verhindern, dass ihr Herz beim Gedanken an ihn bedeutend schneller schlägt, als es eigentlich sollte. Für sie ist Kilian aufregend. Für ihn allerdings ist sie mehr als das: Kilian sieht zwar aus wie ein Mensch, doch er ist etwas ganz anderes. Und in seiner Rasse gibt es Gesetze, die die Beziehung mit Menschen unter schwere Strafen stellen. Sein eigener Bruder ist einer jener Wächter, die die Einhaltung jener Regeln scharf überwachen.

Außerdem gibt es bereits eine Frau, mit der Kilians Familie ihn gern zusammen sähe: Mona. Sie haben es bereits versucht, waren ein Paar, doch Kilian kann Mona nichts abgewinnen, während sie ihn bis zur Verzweiflung liebt und ihn als den Vater ihrer Kinder sehen will. Egal wie viele Argumente es gegen die Menschenfrau Anne gibt: Kilian kann nicht von ihr lassen. Ihr freundliches, offenes, argloses Wesen rührt ihn tiefer, als es Monas makellose Kühle je vermocht hat, und ihr Geruch bringt ihn vollkommen um den Verstand.

Es ist dünnes Eis, auf dem Kilian sich bewegt, aber es ist nicht die einzige Bedrohung des so sorgsam gehüteten Geheimnisses der menschenähnlichen Blutsauger: In dem Labor, das Kilians Vater betreibt, gibt es einige wache Augen und Ohren, und die dazugehörigen Gehirne beginnen, einige Dinge zu hinterfragen. Eines dieser Gehirne gehört ausgerechnet Nina, Annes Freundin. Doch auch viel finsterere Gestalten reimen sich einiges zusammen und schmieden perfide Pläne …

_Kritik_

Oha, ein weiterer Vampirroman! So in etwa mag der erste Gedanke lauten, wenn man sich den Klappentext des Romans durchliest. So einfach macht es die Autorin ihren Lesern aber nicht. Michaela Hammesfahr hat Biologie studiert und für ihren Erstlingsroman eine interessante neue Rasse entwickelt, die sich der verbreiteten Vampirgeschichten gern bedient, da sie von der Wahrheit ablenken. So weit, so außergewöhnlich. Die kleinen Bruchstücke, mit denen man beim Lesen gefüttert wird, erhalten die Spannung und sorgen dafür, dass man dringend wissen möchte, wie es weiter geht.

Leider hält die Entwicklung der Charaktere in vielen Fällen bei diesem inhaltlich hohen Niveau nicht mit. Die Protagonistin erscheint etwas blass und langweilig, der Held zu einfach gestrickt. Tatsächlich glaubwürdig, tragisch und ansprechend ist eine kurze Nebenlinie der Handlung, während das Hauptdarstellerpaar sich auszeichnet durch sehnsuchtsvolle Gedanken, plötzliche Entscheidungsfindungen, die binnen Minuten wieder rückgängig gemacht werden, großartiges Gefühlswirrwarr und die große Liebe nach zwei Wochen Bekanntschaft. Das ist ein bisschen flach geraten, was ärgerlich ist, denn eigentlich steckt in der Geschichte jede Menge Potential.

„Dein Blut für ewig“ ist das erste Buch Michaela F. Hammesfahrs. Sollte sie die Geschichte von Anne und Kilian in weiteren Büchern fortzuführen gedenken, würde das etwas versöhnen mit der Tatsache, dass am Ende dieses Romans überraschend viele Fäden unverknüpft bleiben. Es bleibt abzuwarten, wie die Neuautorin sich weiterentwickeln wird.

_Fazit_

„Dein Blut für ewig“ ist ein Romantic-Fantasy-Roman mit einem sehr originellen Plot und mäßigen Charakteren. Michaela Hammesfahr hat gute Ideen, aber bei der Umsetzung hat sie die Meisterschaft ihrer Mutter Petra Hammesfahr noch lange, lange nicht erreicht. Andererseits: Was nicht ist, kann ja noch werden. Und allein für die Entwicklung einer neuen Rasse gebührt der Jungautorin Anerkennung. Vielleicht lohnt es sich, sie im Auge zu behalten.

Eine Leseprobe bietet der Verlag unter [dieser Adresse]http://www.rowohlt.de/fm/131/Hammesfahr_Dein_Blut.pdf an.

|Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3499254956|
[www.rowohlt.de]http://www.rowohlt.de

Hammesfahr, Michaela F. – Dein Blut für ewig

Der charismatische Kilian Ravenstein und die junge Pädagogik-Studentin Anne begegnen sich das erste Mal auf einer Party. Kilian, der seit Kurzem von Mona getrennt ist, was bei seinen Eltern auf massives Unverständnis stößt, ist wie berauscht von Annes Duft und will sie daher kennenlernen.

Auch Anne ist Kilian nicht abgeneigt. Was sie allerdings nicht weiß, Kilian ist kein Mensch, sondern ein Sanguisorbier, ein menschenähnlicher Parasit, der sich von menschlichem Blut ernährt.

Langsam lernen Anne und Kilian sich kennen und auf beiden Seiten macht sich das Gefühl der Verliebtheit breit. Eine Beziehung zu Anne ist Kilian allerdings per Gesetz des Rates der Sanguisorbier verboten, da nur Ehen und Beziehungen innerhalb der Rasse zugelassen sind. Ebenfalls darf Kilian keinesfalls das Blut eines weiblichen Menschen trinken, ein Sanguisorbier darf nur das Blut eines gleichgeschlechtlichen Menschen zu sich nehmen, da der Sanguisorbier sowie der Mensch sonst Schäden davon tragen könnten.

Auch Mona wacht eifersüchtig über Kilian, auch wenn sie vor ihm so tut, als sei sie seiner Meinung und das Ende der Beziehung das einzig Sinnvolle, so ist sie doch insgeheim sehr verliebt und hofft, dass Kilian zu ihr zurückkehrt. Da ihre Primärspenderin unglücklicherweise verstorben ist und so die Möglichkeit ein Baby zu bekommen in weite Ferne gerückt ist. setzt sie darauf, dass die Zeit Kilian zurück in ihre Arme treibt.

Trotz aller Verbote und Gefahren vertieft sich die Beziehung zwischen Anne und Kilian und Kilian bricht eines der wichtigsten Gesetze und trinkt Annes Blut. Was Kilian nicht ahnen konnte, der Genuss von Annes Blut macht ihn abhängig und das allein bringt die beiden in höchste Gefahr. Zudem Anne von der Existenz der Sanguisorbier nichts ahnt und kaum begreift was passiert.

Doch nicht nur die Beziehung zwischen Anne und Kilian birgt Gefahren, auch aus anderen Richtungen droht Gefahr.

Ist eine Zukunft zischen Anne und Kilian überhaupt möglich?

_Kritik_

Mit ihrem Debütroman „Dein Blut für ewig“ hat die Autorin Michaela F. Hammesfahr einen außergewöhnlichen Roman der Romantic-Fantasy geschrieben.

Der packende Schreibstil der Autorin lässt sich sehr flüssig lesen und schafft es, die Leser zu fesseln. Auch die völlig neue Rasse der Sanguisorbier hat die Autorin wohl durchdacht und perfekt entwickelt.

Das Buch beginnt mit einem Prolog und einer Handlung, die neugierig macht, aber erst im Laufe der Geschichte aufgeklärt wird. Die dort vorkommenden Protagonisten sind Nebendarsteller mit einer Geschichte, die auch für Anne und Kilian wichtig ist und die die Eigenarten der Rasse erklärt.

Wenn nach dem Prolog die Geschichte um Anne und Kilian beginnt, wird der Leser erst ratlos dastehen da der Prolog erst einmal nicht viel mit der Geschichte um Anne und Kilian zu tun hat, aber dies wird im Laufe der Handlung klar und die Autorin löst dieses auf.

Die Autorin versteht es, sich an Ihren Plot zu halten und mit den Geschichten, neben der von Anne und Kilian, das Leben und die Regeln der Sanguisorbier dem Leser nahezubringen.

Die in die spannende Handlung eingewobene Romanze zwischen Kilian und Anne ist der Autorin sehr gut gelungen, diese gerät nicht zu kitschig und lässt ausreichend Raum für die übrigen Begebenheiten und Entwicklungen.

Den Spannungsbogen baut Michaela F. Hammesfahr geschickt auf und steigert diesen gekonnt bis zum Finale. Leider bleiben dann am Schluss noch etliche Fragen offen und auch manche Protagonisten scheinen ihrer Strafe zu entgehen. Da bleibt zu hoffen, dass noch ein weiterer Teil um die Sanguisorbier erscheint, um auch hier zu einem befriedigenden Schluss zu kommen.

Der Roman wird aus der Perspektive eines um die Sanguisorbier wissenden Beobachters erzählt, so ist der Leser Anne immer etwas voraus und erwartet gespannt darauf, was passiert, wenn auch Anne von dieser Lebensform erfährt.

Die Figuren ihrer Geschichte hat die Autorin liebevoll und lebendig konzipiert. Jeder Charakter zeichnet sich durch eigene Stärken und Schwächen aus und trägt zum Gelingen der Geschichte bei. Der Leser lernt in aller Ruhe alle wichtigen Personen wie Anne, Kilian, deren Familien und Freunde kennen. Nebenbei wird viel Wissen um die neue Rasse der Blutsauger eingestreut, was zum Verständnis der Charaktere beiträgt. Die 20 Jahre junge Anne wirkt teilweise sehr naiv, was einer jungen Frau dieses Alters aber durchaus zusteht. Sehr authentisch entwickelt sich diese Protagonistin im Verlauf der Geschichte und zeigt auch, dass sie bereit ist, um ihre Liebe zu kämpfen, allen Hindernissen zum Trotz.

Kilian scheint sehr unter dem Pantoffel seiner Familie zu stehen, hält aber trotzdem an seinen Entscheidungen fest und vertritt diese. Er ist sehr willensstark und bleibt trotzdem feinfühlig in seiner Art. Eine große Rolle steht auch Kilians Ex-Freundin Mona zu. Diese lernt der Leser auch mit ihren vielen Facetten kennen. Aber auch wenn ihre Gefühle nachvollziehbar sind, fällt es schwer, ihr Sympathien entgegenzubringen, Mona wirkt zu unnahbar, und wirkliche Gefühle scheinen ihr fremd zu sein. Eher ist dieser Charakter auf den eigenen Vorteil aus. Die weiteren Charaktere passen ebenfalls sehr gut in ihre Rollen und tragen zu einem lebendigen Gesamtbild bei.

In einem Anhang werden artspezifische Begriffe und Erklärungen zu der Rasse der Sanguisorbier erläutert. Dort werden Begriffe wie „Sanguisorbier“, „die Fortpflanzung“, „Primärspenderin“ und weitere erklärt.

_Fazit_

Mit dem Roman „Dein Blut für ewig“ hat die Autorin Michaela F. Hammesfahr ein Debüt vorgelegt, das sich erfreulicherweise von der breiten Masse abhebt.

Sehr gelungen fand ich, dass die Rasse der Sanguisorbier weder übermächtig noch unsterblich ist, trotz einer sehr langen Lebenserwartung von ca. 250 Jahren lauern aus dieser neuen Rasse heraus einige Gefahren und sie wirken trotz ihrer Eigenarten durchaus menschlich.

Ausgerichtet ist dieser Roman auf die weiblichen Leser der Fantasy, besonders der Romantic-Fantasy. Dieser Zielgruppe kann ich den Roman „Dein Blut für ewig“ wirklich nahelegen.

_Autorin_

Michaela F. Hammesfahr wurde 1969 in der Nähe von Köln geboren. Die Tochter von Petra Hammesfahr unterhielt schon als Kind die Familie mit ihren Fantasiegeschichten. Später zog es sie vom Rhein an die Elbe und von der Fantasie in die Wissenschaft. Sie studierte Biologie im Hamburg und arbeitete dort mehrere Jahre als Produktmanagerin im Medizinischen Marketing. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes folgte sie dem Beispiel ihrer Mutter und begann zu schreiben. In ihrem ersten Roman verknüpft sie ihre beiden Leidenschaften, die Fantasie und die Wissenschaft (sie hat dafür unter anderem eine komplette Vampir-Biologie entwickelt). Heute lebt sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern in einer Kleinstadt bei Hamburg. (Verlaginfo)

Eine Leseprobe bietet der Verlag unter [dieser Adresse]http://www.rowohlt.de/fm/131/Hammesfahr_Dein_Blut.pdf an.

|Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3499254956|
[www.rowohlt.de]http://www.rowohlt.de

Englisch, Andreas – Wenn Gott spricht

_Prophezeiungen gibt es_ seit Anbeginn der Menschheit in ihren Mythen, Legenden und Religionen. Erinnern wir uns an die biblische Prophezeiung: Ein Messias – der Sohn Gottes – würde uns am Tag des jüngsten Gerichts besuchen. Oder Moses, der den Pharao (wahrscheinlich) Ramses vor dem Zorn Gottes warnt. Die Prophezeiungen aus dem alten Testament sind uns wohlbekannt, daneben gibt es noch unzählige andere Seher und Deuter, die manchmal in versteckten und verschlüsselten Botschaften zu uns sprechen. Manche erklären, dass sie das Wort Gottes verkünden, andere hingegen plappern vielleicht nur von kommenden Situationen, deren logische Konsequenz aus der Gegenwart resultiert.

Prophezeiungen sind tief in uns gläubigen oder auch ungläubigen Menschen verwurzelt. Genauso wie die Religion, bewegen sie sich zwischen Wahrheit und Fiktion, und der Zwischenraum ist ausgefüllt mit den Hoffnungen und Ängsten der Menschen, die aus reinem Optimismus daran glauben möchten.

Die Vergangenheit kann man nicht ändern, die Gegenwart beeinflussen und die Zukunft …? Nun ja, die Zukunft ist nicht greifbar und ändert sich mit jedem Tag. Sieht man allerdings die Prophezeiungen aus einer religiösen Perspektive, so spricht man von der Botschaft Gottes durch einen Propheten, einen heiligen Mann. Es können aber genauso arme Hirtenjungen und Mädchen sein. Gott scheint nicht besonders wählerisch zu sein, manchmal taucht auch die „Mutter“ Gottes auf und weist uns Wege und (oder) Auswege, gegebenenfalls warnt sie die Menschheit auch. Die Wissenschaft, der oftmals so betitelte „Erzfeind“ der Religion, belächelt eher müde diese Thesen oder verhält sich mathematisch eher logisch und rational.

Andres Englisch, der seit 1987 Vatikan-Korrespondent in Rom ist und engen Kontakt zum Jahrtausend-Papst Johannes Paul II. und auch zu dem deutschen Papst Benedikt XVI. pflegt(e), interpretiert die Worte und die Taten der „heiligen“ Männer als Gottes Botschaft. Waren oder sind einzelne tief gläubige Menschen oder gar Diener der katholischen Kirche Botschafter Gottes – spricht Gott bis heute so mit seinen Schäflein und hatte dies schon Auswirkungen auf historische Ereignisse?

_Kritik _

Andreas Englisch, der Autor des Buches, ist an erster Stelle Journalist. Mit seinem intensiven Wissen rund um die Interna des Vatikans, der Millionen von Menschen fasziniert, gehört er zu den wenigen mit der kirchlichen Kurie Vertrauten.

In seinem vorliegenden Buch gibt es eine Menge Wundergeschichten rund um Jonhannes Paul II. und das amtierende Oberhaupt der katholischen Kirche, Benedikt XVI. Zwar betont Andreas Englisch immer wieder, dass man die Prophezeiungen entweder aus der Perspektive eines gläubigen Christen sehen kann oder als Realist diese Vorhersehungen logisch rational erklärbar sieht. Zwar gibt sich der Autor Mühe, dies neutral zu sehen, doch merkt man nach wenigen Seiten, dass Andreas Englisch überzeugt ist, dass Gott durch den Menschen seine Botschaften sendet. Andererseits kritisiert er die oftmals konservative Politik des Heiligen Stuhls und berichtet von einigem Insiderwissen, was sich durchaus kritisch liest.

„Wenn Gott spricht“ von Andreas Englisch hat mich aber insgesamt nicht überzeugen können. Vielleicht liegt es daran, dass ich zwar gläubig, aber nicht naiv bin, dass ich durchaus differenzieren kann, aufgrund logischer Konsequenzen aus Handlungen heraus Situationen interpretieren und Details erkennen, dass es sich hier um keine Prophezeiung handeln kann, sondern nur um menschliche Schlussfolgerungen.

Die Leserschaft wird das Buch sehr konträr sehen. Die einen werden sagen: „Das ist keine Vorhersehung, sondern nur das Resultat von Ereignissen“, andere hingegen, wirklich gläubige Menschen, werden sich in ihren Gedanken sicherlich dort wiederfinden, wohin die Botschaften auch gelangen sollen.

Mit hohem Respekt, und da pflichte ich dem Autor bei, spricht er von den Entscheidungen und politischen Einflussnahmen von Papst Johannes Paul II., denn das katholische Oberhaupt war zugleich auch politischer Monarch seines Kirchenstaates und verstand es, Religion manipulierend einzusetzen.

Viel interessanter geht es im Buch zu, wenn der Autor über die Abläufe und Prozesse innerhalb der vatikanischen Mauern spricht. Sicherlich gibt es zu diesem Thema noch viel mehr Literatur, aber Andreas Englisch hat durchaus Talent darin, dies auch unterhaltsam für den Leser aufzuarbeiten.

_Fazit_

„Wenn Gott spricht“ ist nur bedingt empfehlbar. Wer sich mit dem Thema „Botschaften durch Gott“ oder Prophezeiungen beschäftigen möchte, dem sei von diesem Buch abzuraten. Vielmehr handelt das Buch vom Leben der beiden Päpste und sekundär erst von irgendwelchen Vorhersehungen, die man logisch erklären und deuten kann.

Wer allerdings viel darüber wissen möchte, wie es in Kirchenkreisen zugeht, der wird an dem Buch Gefallen finden, denn hierin liegt das große Wissen des Autors und dort kann er wirklich eindrucksvoll und mit Bravour erzählen.

_Autor_

Andreas Englisch, geboren 1964 in Werl, lebt seit 1987 als Vatikan-Korrespondent in Rom. Er hatte engen Kontakt zu Papst Johannes Paul II. und gehört zu den sechs Journalisten, die Benedikt XVI. auf allen Reisen begleiten dürfen. Er ist Autor der Bestseller „Johannes Paul II.“, „Habemus Papam“ und „Die Wunder der katholischen Kirche“.

_Andreas Englisch auf |Buchwurm.info|:_
[„Habemus Papam – Von Johannes Paul II. zu Benedikt XVI.“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2447

Graeff, Alexander – Dazwischen: Eine kurios-philosophische Suche nach dem Gottmenschen

_Die Rückführung des Menschen zu sich selbst_

Das 2009 im |Phänomen|-Verlag erschienene Buch „Dazwischen“ von Alexander Graeff widmet sich der philosophischen Suche nach dem Gottmenschen. Der Autor, der sich Erzählungen wie kunstwissenschaftlichen Werken gleichermaßen verschrieben hat, legt mit „Dazwischen“ nun eine Synthese seiner Beschäftigungsfelder vor.

Graeff bemüht sich weder um Dogmen noch um streng wissenschaftliche Definitionen, auch nicht um ein konkretes Ziel. Nein, es geht ihm um Sinnstiftung und Erklärung. Erklärung einer Position des individuellen Subjekts in der Welt, und um Erklärung seiner Möglichkeiten und Potentiale, die in ihm ruhen, und nicht zuletzt um Sinnstiftung an Plätzen, die in einer rein rationalistischen und funktionalistischen Welt verkümmern und einem „multidimensionalen“ Menschen nicht gerecht werden. Hierfür ist Philosophie nötig, die sich nicht auf einen Themenkomplex beschränkt. Der strebende Mensch soll an seinen Grundfesten gepackt werden. Dabei wird sich einerseits an vielseitiger Praxis orientiert und andererseits bei wohl erklärter Metaphorik bedient. Dadurch nähert sich Graeff in tiefgründiger Wortwahl der Beschreibung eines Dazwischens an, weiß eine Fülle an Assoziationen beim Leser zu wecken und erinnert bei jedem neuen Kapitel – sei es das über Gott, über Liebe, über Okkultismus, über Religion oder über Wissenschaft – an die Komplexität des Themas, ohne den logischen Aufbau aus dem Blick zu verlieren.

Bezwungen wird der schwierige und sicher vorurteilsbeladene Begriff des Gottmenschen unideologisch und durch eine an den Anfang gestellte, persönliche Erklärung des Autors untermauert. „Dazwischen“ ist also ein implizites Werk. Es lässt nicht so sehr einblicken als vielmehr ausblicken, was es in seinem lebenspraktischen Wert enorm befördert.

Graeff schreibt: |“Die Gedanken, die Werk geworden sind […] Sie kommen zurück zu mir.“| Wenn sich Graeff da mal nicht irrt! Denn mit Hilfe seines Mediums der Schrift hat er einen Zeit überdauernden und vor allem facettenreichen Gedankenkomplex erschaffen, der seine Gedanken geradewegs in den Geist vieler Leser treibt, durchaus das Potential hat, viele Horizonte zu erweitern, und mit exakter Treffsicherheit zur so wichtigen Bewusstmachung der Strebensziele des individuellen Menschen beiträgt.

|148 Seiten
ISBN-13: 978-3933321749|
http://www.alexander-graeff.de
http://www.phaenomen-verlag.de

_Gregor Feller_

Dreyer, Sven-André / Witt, Joachim – Freizeichen: Lyrik und Kurzprosa

_Inhalt:_

Pressestimmen:

|“Dreyers Texte sind ganz wie ein guter Popsong, der einen noch lange bewegt, obwohl die Melodie längst verklungen ist.“| – Dr. Michael Wenzel, Rheinische Post

|“Ob es sich um den alltäglichen Gang zur Pommesbude handelt, darum, wie wir uns in der Großstadt verlieren, um das Zerplatzen eines Traums oder um die wehmütige Erinnerung an die Kindheit: Mit den Bildern, die Dreyer in ‚Freizeichen‘ entwirft, ist ihm eine Zusammenschau von Werken gelungen, die sich einem Jeden von uns öffnet.“| – Sarah Sillius, campus-web.de

|“Danke, Dreyer, für dieses Buch. Danke!“| – Heike Hartmann-Heesch, www.papiersinfonie.de, www.verstärker-online.de.

_Meinung:_

Es ist immer schwer, über ein Buch in begrenzter Seitenzahl mit kurzen Texte etwas zu sagen, ohne zu viel zu verraten. Kein Geringerer als Joachim Witt trifft es in seinem Vorwort genau, wenn er die Texte des Autors als scharf gezeichnete Abbilder seiner Erlebniswelt bezeichnet.

Sven-André Dreyer beherrscht eine schnörkellose Sprache, die es auf den Punkt bringt. Gesellschaftskritisch blickt er hinter die Fassaden – auf und von Vorstadtbalkonen, deckt die Spießigkeit und wachsendes Konsumdenken auf, die Einsamkeit in der Großstadtanonymität, den alltäglichen Geschlechterkampf und pocht vehement auf alte und neue Wertigkeiten – das alles mit einem Augenzwinkern und in humorigen Schlenkern, dass man den kleinen Band in einem Rutsch wegliest, ohne ihn aus den Hand zu legen.

Das Highlight sind dabei eindeutig die „Am Rande gerafft“-Texte. Man möchte mehr von Rosco und seinem Leben lesen, wenn dieser feststellt, dass „Stutenbeißen ein Frauending sei“ und „Punk heute schon lange nicht mehr das sei, was es früher mal war“ und dass „Angst was für Mädchen und Heulsusen sei“.

Man merkt dem Projekt von Seiten des Autors und des Verlages das Engagement an, daher sieht man bereitwillig über die Satzfehler (Hammellücken) hinweg. Das kleine Taschenbuch zeichnet sich durch ein tolles Glanzcover sowie gutes Papier aus, und auch Druck und Bindung durch den Schaltungsdienst Lange Berlin sind wie gewohnt erstklassig.

Sven-André Dreyers Texte sind wach und munter, lebhaft und aufsässig – alles was der Mensch braucht für einen kleinen erfrischenden Lesesnack zwischendurch.

_Fazit:_

Schnörkellose Sprache, die es auf den Punkt bringt, dabei unterhält, ohne an Tiefe zu verlieren. Empfehlenswert.

|Taschenbuch: 108 Seiten
Titelfoto von Rosco Leiden
Titelgestaltung von Nina Kresse
ISBN-13: 9783941134300|
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Mai, Klaus-Rüdiger – Vatikan, Der. Geschichte einer Weltmacht im Zwielicht

Rom ist nicht nur die Hauptstadt Italiens und gehört mit seinen Sehenswürdigkeiten zum Weltkulturerbe, es ist zugleich Sitz des Vatikanstaates, doch in dieser unabhängigen Form erst seit 1929.

Der Vatikanstaat ist eine kleine Enklave inmitten der ewigen Stadt und mit einer Fläche von nur 0,44 km² und ca. 932 Einwohnern (davon nur 552 Staatsbürger) der kleinste Staat auf unserem Planeten. Zu diesem Staat gehören der Petersdom, der Petersplatz und die berühmte Sixtinische Kapelle, ebenso diverse Nebengebäude sowie die vatikanischen Gärten.

Oberhaupt dieser kleinen Gemeinde, die im Grunde eine Monarchie darstellt, ist der von Kardinälen gewählte Papst, der sogenannte Stellvertreter Gottes auf Erden. Er vertritt den Vatikan auf internationaler Ebene, nicht nur im Glauben, sondern mit allen souveränen Rechtsmitteln und Gesetzen, Pflichten und Mitspracherechten in den Gremien und politischen Vereinigungen.

Touristen, die die schöne Stadt Rom besuchen, werden zwangsläufig auch den Vatikan aufsuchen wollen. Die Vatikanischen Museen – die größte Sammlung in Europa -, der Petersdom und -platz sowie die Sixtinische Kapelle sind einmalig und sehenswert und stecken voller Geheimnisse.

So geographisch winzig der Vatikan wirkt, ist er dennoch eine Weltmacht und verfügt ebenso wie Russland oder die USA über eine Art von Armee. Zwar keine militärisch ausgebildeten Heere, aber doch Divisionen tiefgläubiger Menschen, deren Anzahl übermächtig erscheint. Der Vatikan ist und bleibt einer der mächtigsten und undurchsichtigsten Staaten auf unserem blauen Planeten. Er ist ein Symbol, nicht nur für den katholischen Glauben, und seine politische Macht und sein indirekter Einfluss wirken auf das Leben von Milliarden Menschen.

Entgegen allen Versuchen, die Kirche zu unterdrücken oder gar ihre Päpste zu töten, um ein etwaiges politisches Ringen zu gewinnen, haben der Glauben und auch die Institution Kirche überlebt. Sie wusste sich immer zu wehren, intrigierte mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen, und es gab so manches düsteres Kapitel in ihrer Biographie. Auch ihre Finanzmacht ist noch immer beispiellos und völlig undurchsichtig, selbst für anerkannte Experten. Seit jeher übt der Vatikan eine Faszination auf die Menschen aus, seine Geheimnisse und Mythen und die symbolische Nähe zu Gott wirken mystisch und anziehend.

Aus unserer Geschichte ist der Vatikan nicht mehr wegzudenken, und ebenso wenig aus unserer Gegenwart. Doch die Kirche ist alles andere als unfehlbar: Vergessen wir nicht die Inquisition, die es noch bis zum 20. Jahrhundert gab, oder das Verhalten der Kirche zu den Staaten während der beiden Weltkriege. Wenn wir in der Geschichte noch weiter zurückgehen, so begegnet uns ein wahres Register der Sünden: Hexenverbrennungen, Auftragsmorde, Vetternwirtschaft und Fälschungen, Inzest und gar Sodomie, um nur einige wenige hier zu nennen. Der Biograph des amtierenden Papstes Benedikt XVI. und Autor des internationalen Bestsellers „Geheimbünde“, Dr. Klaus-Rüdiger Mai, hat in seinem gerade erschienen Buch „Der Vatikan“ dem Kirchenstaat einen Spiegel vorgehalten.

In diesem Buch durchleuchtet er kritisch und kompetent, aber unerwartet unabhängig den in seiner Geschichte einzigartigen Staat. Dessen sichtbaren und unsichtbaren Machtmittel und Strukturen werden hier durch die gesamte Zeit seiner Existenz, von den Anfängen bis in die aktuelle Gegenwart analysiert und interpretiert.

_Inhalt_

Schon kurz nach der Kreuzigung und dem Tod Christus‘ zogen seine Jünger, allen voran Petrus, durch die Regionen bis nach Rom; selbst der ungläubige Thomas pilgerte nach Indien, um dort Jesus‘ Lehren zu verbreiten.

Petrus kam um das Jahr 62 nach Rom, und diese Metropole galt zu jener Zeit als Mittelpunkt der zivilisierten Welt. Kulte und Religionen aus allen Teilen des Römischen Reiches wurden in der Stadt praktiziert, wenn auch nicht immer offiziell, sondern still und verschwiegen geduldet. Neben den römischen Göttern gab es dort vornehmlich noch griechische und ägyptische. Die verschiedenen Kulte wurden schnell gemischt und in eine Beziehung zu den römischen Reichsgöttern gesetzt, die es zu ehren galt. Petrus fand bereits einige christliche Gemeinden vor; meistens bestanden diese aus freigelassen Sklaven und ärmeren Römern oder feinfühligen Römerinnen, die dem Adel angehörten.

Der Glaube an nur einen Gott war in den Augen des römischen Senats unerklärlich und man fürchtete zugleich das Wachstum dieses neuen Glaubens und seiner Gemeinschaft – eine Gefahr für das gesamte Römische Reich. Als Rom zwei Jahre später brannte, machte Kaiser Nero die christliche Gemeinschaft hierfür verantwortlich, und Tausende wurden durch Kreuzigung, Zerfleischung durch wilde Tiere und ähnlich grausame Methoden ermordet. Dies verstärkte den Glauben jedoch nur noch und die christliche Gemeinde wuchs und wuchs. Petrus wurde Oberhaupt dieser kleinen Gemeinde, schließlich war er ein persönlicher Zeitzeuge und kannte Jesus persönlich.

Die Römer versuchten, seiner habhaft zu werden und ihn als Aufwiegler hinzurichten; der Legende nach bekehrte er seine Verfolger und floh erneut, aber auf seiner Flucht begegnete er diesem Mythos nach Jesus, der auf dem Weg war, sich ein zweites Mal kreuzigen lassen. Petrus erkannte seine Berufung und stelle sich schließlich diesem Schicksal. Auch er wurde gekreuzigt, allerdings kpüfüber.

Die Leiche Petrus‘ wurde auf dem Vatikanischen Hügel in einem einfachen, namenlosen Grab beigesetzt. Diese Stelle des Grabes wurde zu einem Mysterium und von Generation zu Generation weitergegeben. Mit seinem Tod schuf Petrus ein Fundament für die Ewigkeit, genauso, wie es laut Matthäus vom Herrn verheißen worden war.

Über die Jahrhunderte wurde der Einfluss der Kirche auf die größten Nationen und Staaten immer mächtiger. Es grenzt an ein Wunder, dass alle Nachfolger Petrus‘ – die Päpste – ihrer Kirche zu dem Machtzentrum verhalfen, das sie zurzeit noch immer ist.

„Der Vatikan“ erzählt von den Taten und geschichtlichen Ereignisse einer jeden Epoche der Kirchenhistorie. Neutral und sachlich schildert Klaus-Rüdiger Mai den Einfluss der Stellvertreter Gottes auf die unruhige politische Lage im Mittelalter, in dem es kaum Jahre des Friedens gab und jeder Herrscher oder König sein eigenes Reich begründen wollte. Doch auch die Kirchenfürsten sind nur Menschen und viele strebten selbst nach persönlicher Macht und Einfluss. Das Königreich des Himmels bestand für viele von ihnen bereits in der Monarchie des Papsttums und seiner weltlichen Macht auf Erden.

Glaubenskriege erschütterten Europa über Jahrhunderte hinweg. Für die Kirche kämpften im Heiligen Land während der Kreuzzüge die Tempelritter, und viele europäische Adlige befreiten dabei nicht etwa Jerusalem oder das Grab Christ, sondern fanden zu Tausenden ihren Tod. Letztlich wurden die legendären Tempelritter für die Kirche geopfert, nicht wegen ihres Glaubens, sondern wegen ihrer Schätze. Ebenso erging es in französischen Landen den Katharern, die fast ausgerottet wurden.

Ebensolch ein dunkles Kapitel waren die Hexenverfolgung und die Inquisition, und auch hier spielten Besitz, Einfluss und Geld die Hauptrolle, und nicht der Glaube. Von Jahrhundert zu Jahrhundert wandert der Autor zusammen mit den Päpsten durch die historischen Ereignisse und bildet solcherart letztlich eine überragende und gut strukturiere Biographie der Kirche heraus. Dunkle Kapitel der Neuzeit wie die Judenverfolgung im Dritten Reich werden hier realistisch und weniger düster und anklagend geschildert und spiegeln eine weniger negative Charakterisierung wider.

In den letzten Kapiteln geht der Autor auf Johannes Paul II. und seinen Kampf gegen den Kommunismus ein, ebenso erscheint die kirchliche Organisation Opus Dei in einem erklärenden Licht, wirtschaftliche Aspekte werden ebenso geschildert wie die schmale Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Religion oder die Suche nach dem personifizierten Bösen, um dem Teufel ein Gesicht geben zu können.

Am Ende gestattet sich der Autor einen Ausblick auf die Zukunft des Vatikans aus heutiger gesellschaftlicher und politischer Sicht. Im Anhang wird das Geflecht der christlichen Kirche in einen Schaubild aufgeschlüsselt und auch die anderen großen christlichen Glaubensrichtungen werden dem Leser erklärt. Eine Liste der Päpste und Ergänzungen an Literatur zu diesem Thema runden das Buch gekonnt ab.

_Kritik_

Das Geheimnisvolle am Vatikan sind wohl die Legenden und zugleich die Unantastbarkeit dieses kleinen Staates, der zu einer Weltmacht geworden ist. Was verbirgt sich in den Geheimarchiven und Bibliotheken des Kirchenstaates? Zu vielen Kammern und Räumen hat nur der Papst Zutritt – welche Geheimnisse bewahrt das Oberhaupt der Katholischen Kirche? Zumindest unbezahlbare Kulturgüter und Schätze kann man als Besucher in den Vatikanischen Museen bestaunen – nicht alle Exponate darunter sind wohl legal in die Räumlichkeiten gelangt. Und die Sixtinische Kapelle, in der die Kardinäle das Oberhaupt unter Ihresgleichen wählen, ist wahrlich ein Augenöffner für jeden Kunstliebhaber.

Klaus-Rüdiger Mai hat ein umfassendes geschichtliches Werk über den Vatikan verfasst. Wo Licht in dieser Historie erstrahlt, wirft der Autor punktgenaue Schatten, und möglichst neutral beurteilt er die Entscheidungen der historischen Kirchenfürsten im Detail. Das Buch ist mit Sicherheit kein umfassendes Werk – diese Aufarbeitung könnte man nur schwerlich in Buchform fassen; die wichtigsten, konkretesten Ereignisse werden jedoch angerissen und in komprimierter Erzählung wiedergegeben. Dies ist keine Anklageschrift, keine Auflistung eines katholischen Sündenregisters; der Autor hält sich an Fakten, und nur an diese. Trotzdem unterlässt er es ab und an nicht, durch kritische Untertöne seinen Worten noch mehr Gewicht zu verleihen. Er nimmt andererseits die Kirche durchaus auch in Schutz oder erklärt, aus welchen Zwängen heraus die Päpste in manchen Situation so handeln mussten. Doch auch die Kirche selbst ist durchaus selbstkritisch und nicht so arrogant, ihre eigenen Versäumnisse und Fehler nicht einzugestehen. Darwin sagte einmal, dass die Wissenschaft Gott nicht ausschließe; es hat lange gedauert, bis auch die Priester dies offen akzeptieren konnten, ohne zugleich selbst als Ketzer zu gelten.

Wer sich für Kirchgeschichte interessiert und die Entscheidungen der Päpste vergangener Zeit, für ihr Wirken in guten wie auch schlechten Zeiten, der ist mit dem Buch „Der Vatikan“ gut beraten. Wer allerdings erwartet, dass Mysterien erklärt und Geheimnisse aufgedeckt werden, könnte enttäuscht sein. An keinem anderen Ort der Welt wird ein derart geballtes Schriftwissen über die Jahrhunderte hinweg der Öffentlichkeit vorenthalten, und das sicherlich manches Mal völlig berechtigt. Doch leider gewährt uns auch Herr Mai keinen klärenden Blick auf diese verborgenen Archive.

Kritisch sei zu anzumerken, dass Themen wie beispielsweise der Sinn des Zölibates oder die Rolle der Frau in der von Männern dominierten Kirche in diesem Werk völlig untergehen, wobei dies aufgrund der inhaltlichen Trennung von Vatikanstaat und Katholischer Kirche nachvollziehbar ist. Der Autor konzentrierte sich neben der Entstehung und der Entwicklung des katholischen Glaubens nur auf die Päpste, ihren Stand und ihre Wirkung auf politische Entscheidungen.

Das Buch endet in unserer Gegenwart mit dem jetzigen Papst, der den Weg Johannes Paul II. weitergehen wird – ein offener, diplomatischer Weg, um die Kirche auch in diesem Jahrhundert weiter zu stabilisieren. Die Kirche wird sich immer auch ihren Schäfchen anpassen müssen, um nicht vom Strom der Zeit hinfortgerissen zu werden.

_Fazit_

„Der Vatikan“ ist vor allem ein umfassendes Werk über das Leben und Wirken der Päpste, angefangen von Petrus bis zu unserem heutigen Papst Benedikt. Geheimnisse bleiben jedoch auch hier Geheimnisse; es gibt andere Bücher und Romane, die sich mit Verschwörungstheorien und Mysterien rund um Kirche und Vatikan beschäftigen.

Doch auch die Geschichte dieses winzigen Staates, der doch die Rechte und auch Verpflichtungen einer Weltmacht innehat, ist nicht weniger spannend zu lesen. Die Vergangenheit wurde durch die Kirche in erheblichem Maße geschrieben, die Gegenwart wird von ihr beeinflusst. Hier erfährt der Leser vieles über dieses Wirken.

_Der Autor_

Klaus-Rüdiger Mai studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Halle-Wittenberg und arbeitete als Regisseur und Autor für das Theater. Über viele Jahre war er als Drehbuchautor, Dramaturg und Produzent für das Fernsehen tätig. Im Gustav Lübbe Verlag erschien von ihm „Benedikt XVI. Joseph Ratzinger: Sein Leben – Seine Ziele“ (2005) und „Geheimbünde – Mythos, Macht und Wirklichkeit“ (2006). Zu einer ARD-Dokumentation über Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 schrieb er das Drehbuch.

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Dawkins, Richard – Gotteswahn, Der

Seit Menschengedenken glaubt der Großteil der Weltbevölkerung an ein höheres Wesen, das die Welt erschaffen hat und über uns wacht und unsere Geschicke, unser Leben, unser Schicksal lenkt oder zumindest gelegentlich eingreift.

Die angenommene Existenz eines Gottes hat zumindest immer etwas mit Glauben zu tun, und damit beschreitet man ideologisch den schmalen Grat zwischen Religion und Naturwissenschaft, zwischen Physik mit Raum und Zeit und einem Glauben an eine körperliche oder geistige Gestalt, die Wunder vollbringen kann und allmächtig ist. Im Namen der Religionen wurden Kriege geführt, es wurde gemordet, gefoltert, gestohlen, gelogen, und immer wurde der Mensch durch Kirchenfürsten manipuliert. Es gab Zeiten, da wurde man für seinen Glauben direkt verfolgt und getötet – und im Laufe der Epochen hat sich wirklich nicht allzu viel geändert. Es gibt unzählige Beispiele, die nicht zuletzt zum 11.9.2001 reichen.

„Religion ist irrational, fortschrittsfeindlich und zerstörerisch“, so lautet eine These von Richard Dawkins, der wohl zu den einflussreichsten intellektuellen Größen unserer Zeit zu rechnen ist. Der Glaube an Gott kann seiner Betrachtungsweise nicht standhalten, und seine Thesen und Theorien werden mit scharfem Verstand. aber auch zynisch begründet.

Das vorliegende Buch beginnt ganz harmlos: |“Stellen wir uns doch mal eine Welt vor, in der es keine Religion gibt – keine Selbstmordattentäter, keinen 11. September, keine Anschläge auf die Londoner U-Bahn, keine Kreuzzüge, keine Hexenverfolgung, keine Aufteilung Indiens, keinen Krieg zwischen Israelis und Palästinensern, kein Blutbad unter Serben/Kroaten/Muslimen, keine Verfolgung von Juden als ‚Christusmörder‘, keine ‚Ehrenmorde‘, keine pomadigen Fernseh-Evangelisten im Glitzeranzug, die leichtgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche ziehen. Stellen wir uns vor: keine Zerstörung antiker Statuen durch die Taliban, keine öffentlichen Enthauptungen von Ketzern, keine Prügel für das Verbrechen, zwei Zentimeter nackte Haut zu zeigen …“|

Schon mit dem Vorwort seines jüngsten Werkes „Der Gotteswahn“ treibt Richard Dawkins Fundamentalisten aller Religionen auf die Barrikaden. Der Biologieprofessor aus Oxford hat offenkundig Spaß an der Polemik. Sein 500-Seiten-Opus stand in Großbritannien, Kanada und den USA wochenlang an der Spitze der Bestsellerlisten. Vor 30 Jahren machte der junge Wissenschaftler mit dem Buch „Das egoistische Gen“ zum ersten Mal Furore, als er Charles Darwins Theorie der Evolution auf die Spitze trieb.

Richard Dawkins ist von Beruf Evolutionsbiologe, und nach seinem epochalen Werk „Das egoistische Gen“ bringt er nun mit „Gotteswahn“ ein imponierendes und kritisch-aggressives Buch heraus. Ist Religion nur ein Machtmittel, um Menschen bewusst zu manipulieren und zum eigenen Nutzen einzusetzen? Genau hierin liegt nämlich die Gefahr der Religion, und an diesem Punkt setzt das Verständnis für Religionsgegner und Atheisten an.

Richard Dawkins‘ Plädoyer gegen die Religion ist recht einseitig orientiert und erzürnt so manches Gemüt: Was passiert eigentlich, wenn wir Religionen angreifen und zum Tabu erklären?

_Kritik_

Richard Dawkins verfügt über eine ungemein präzise Art, seinen Standpunkt klarzumachen. Sein bissiger und zynischer Humor ist allerdings gewöhnungsbedürftig. Dawkins philosophiert nicht lange über die Religiosität oder reitet auf den Irrungen und Wirrungen der verschiedenen Religionen herum. Dies würde auch nichts bringen, sondern wäre nur prosaisches Futter für oder gegen die verschiedenen Glaubensrichtungen – eine Pro/kontra-Affäre.

Dafür erzürnt er seine Fachkollegen gleichermaßen. Der Autor provoziert immer und immer wieder und bewegt sich dabei auf recht einseitigem Terrain. Eigentlich beabsichtigt er eine Konvertierung des Lesers vom Gläubigen zum Atheisten, das allerdings mit einer viel zu aggressiven Methodik.

Die Kirche, so ätzt der Professor, habe den Wechsel vom Polytheismus der griechischen und römischen Götter zum Monotheismus als Fortschritt verkauft. Aber bei den Katholiken sei „der Dauerflirt mit dem Polytheismus in eine galoppierende Inflation gemündet“, und genüsslich zählt er auf: „Die Dreifaltigkeit wird (oder werden sie?) durch Maria erweitert, die „Himmelskönigin“, die in allem außer ihrem Namen eine Göttin ist und als Ziel der Gebete nur ganz knapp hinter Gott an zweiter Stelle steht.“ Weiter aufgeblasen werde das Pantheon durch eine Armee von 5.120 Heiligen, zuständig für Waffenhändler, Schmiede, Bombentechniker, für Bauchschmerzen, Magersucht oder Darmerkrankungen. Schritt für Schritt geht Dawkins weiter, von den verschiedenen Gottesgestalten der Bibel zum allgemeinen Gottesbegriff, der sich in Stoßseufzern und Gebeten manifestiert.

Gern zitiert Dawkins auch Einstein, den großen Physiker unserer Zeit, der Gott aus wissenschaftlicher Sicht ganz eigen interpretiert hat. Trotz bekannter Aussprüche wie „Gott würfelt nicht“ oder „Gott ist raffiniert, aber boshaft ist er nicht“ benutze der große Physiker den Begriff „Gott“ in einem rein metaphorischen Sinn. „Das Wissen um die Existenz des für uns Undurchdringlichen, der Manifestationen tiefster Vernunft und leuchtendster Schönheit, die unserer Vernunft nur in ihren primitivsten Formen zugänglich sind“, so Einstein, „dies Wissen und Fühlen macht wahre Religiosität aus“.

Dawkins geht es darum, dass der Fundamentalismus nichts Religiöses oder gar Göttliches, sondern lediglich etwas allzu Menschliches ist, und das im negativen Sinne. Zugleich wirkt dieser Ansatzpunkt aber paradox, denn Dawkins – als Autor, der ja schließlich auch mit seinem Werk eine Verantwortung eingeht – handelt und argumentiert fundamentalistisch, und das sehr radikal.

Seine Botschaft interpretiere ich eher solcherart, dass es in Dawkins‘ Umfeld von Wissenschaft, Physik und dazugehörigen Naturgesetzen eine Gottgestalt einfach nicht geben darf. Wir Menschen wissen potenziell halt alles und sind gotterhaben. Wir sind nur uns selbst verantwortlich und unseren modernen Wertmaßstäben, alles andere wäre ein ideologisches Desaster.

Gilt der Atheismus als fortschrittlich oder möchte er zumindest solchermaßen angesehen sein? Möchte er den Menschen befreien, der sonst als abhängig und gefesselt anzusehen ist? Die religionsgeschichtliche Vergangenheit mag hier der ausschlaggebende Punkt sein. Sicherlich war die Entwicklung und Auswirkung der Religion oftmals negativ, aber es gab auch positive Aspekte der Religionsbestrebungen, und gerade diese kommen überhaupt nicht zur Sprache. Was genau ist denn Religion? Nur der Glaube an ein höheres Wesen oder auch der Glaube an eine Ideologie, an einen Lebenswert?

Dawkins kann nicht beweisen, dass es keinen Gott gibt. Die Religion hat die Menschen wesentlich geprägt, entwickelt und zu dem gemacht, was sie jetzt sind. Menschen sind nicht perfekt, aber kann oder muss es ein Gott sein, der es zulässt, dass wir so viel Leid zu ertragen haben? Zahllose Menschen sind für ihren Glauben gestorben, haben Großes vollbracht. Was ist mit den kirchlichen Einrichtungen, den Krankenhäusern, Heimen, kirchlichen Hilfsorganisationen? Was ist mit den Menschen, die aus ihrem Glauben Kraft gewinnen? Hat das alles nichts zu bedeuten? War das alles nur religiöser Wahn?

_Fazit_

Und die Bibel hat doch Recht? Vielleicht – wir werden es eines Tages begreifen können oder vielleicht nicht. Das letzte und womöglich wichtigste Element menschlicher Erfahrung wird ein jeder für sich selbst vielleicht irgendwann einmal begreifen können. Richard Dawkins hat sein Buch und seine Thesen sehr eindringlich verfasst, doch auf wessen Kosten? Gott ist für jeden Menschen anders fassbar oder gar messbar. Er ist immer da, und er wird es auch weiterhin sein, selbst wenn „Der Gotteswahn“ nicht mehr auf den Bestsellerlisten stehen wird …

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Armstrong, Karen – Achsenzeit, Die : Vom Ursprung der Weltreligionen

Die englische Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong befasst sich in diesem Buch mit der kulturhistorischen Epoche der sogenannten „Achsenzeit“, in deren Verlauf sich die Wurzeln der heutigen Weltreligionen herausbildeten. Für Armstrong markiert die „Achsenzeit“ in den jeweils betreffenden Nationen den Höhepunkt der Rationalität, dessen man sich auch in der komplizierten Gegenwart des 21. Jahrhunderts erinnern sollte, wenn es darum geht, die gravierenden tagesaktuellen Probleme und Konflikte zu lösen. Die „Achsenzeit“ lässt sich grob auf die Jahre zwischen 900 und 200 v. Chr. datieren, wobei die Epoche natürlich nicht in jedem Teil der Welt zeitgleich eintrat. Als „Achsenzeit“ bezeichnet Armstrong die Zeit der Entstehung des Konfuzianismus und Daoismus in China, des Hinduismus und Buddhismus in Indien, des Monotheismus in Israel und des Rationalismus in Griechenland.

Armstrongs zentrale Intention bei diesem Buch ist es, die „Achsenzeit“ für die Gegenwart nutzbar zu machen und gleichzeitig aufzuzeigen, worin die Charakteristika jener Epoche lagen, die sie so bedeutsam machen. Es ist natürlich unstrittig, dass die besagten Epochen in ihren jeweiligen Kulturen einen bedeutenden geistesgeschichtlichen Durchbruch brachten und gewissermaßen die heutigen Weltreligionen begründeten. Die zentrale Schwäche in Armstrongs Argumentation scheint allerdings darin zu bestehen, dass sie davon ausgeht, seit der „Achsenzeit“ habe es keine wirklich neuen Ideen gegeben, die sich nicht an der „Achsenzeit“ orientierten. Gewiss ist eine neue Erkenntnis oder Theorie stets in gewisser Weise mit älteren Ideen verwoben und daher lässt sich auch theoretisch eine sehr lange chronologisch rückwärtsgerichtete Verwandtschaftskette zwischen verschiedenen Philosophien erzeugen. Dabei lässt Armstrong allerdings auf sträfliche Weise diverse geistesgeschichtliche Neuschöpfungen, wie u. a. die Ideen von Kant, Descartes, Nietzsche und Marx außer Acht, die nun wirklich nicht nur als „verwässerte“ Nachahmung der Philosophen der Achsenzeit gewertet werden können. Alles in allem wirkt Armstrongs Ansatz daher ein wenig konstruiert. Es hat den Anschein, als wolle die Autorin unbedingt ihre These belegen, wodurch sie offensichtlich die gebotene Objektivität vernachlässigt.

Trotz dieses Kritikpunktes handelt es sich bei ihrer „Achsenzeit“ um eine spannenden und kurzweilige Lektüre, die dem philosophisch und theologisch interessierten Leser sehr zu empfehlen ist. Man sollte allerdings gewahr sein, dass Armstrong in diesem Buch vor allem ihre eigene gewachsene Theorie präsentiert, ohne dabei auf etwaig anderslautende Interpretationen einzugehen. Dennoch ist dieses stilistisch ansprechend geschriebene Buch aufgrund der überaus interessanten Ausführungen der fachkundigen Autorin absolut lesenwert.

|624 Seiten, 21 Karten, 3 Stammbäume
22,7 × 15 cm|
http://www.randomhouse.de/siedler/

Evers, Michael / Moritzen, Reinhart – Mysterium am Ende der Moderne, Das. Schriften zur Verteidigung der Kunst. No. I-XX

_Spirituelle Aufklärung und Kunsttransformation_

„Im Großen gesehen kommt es darauf an, zwischen westlicher Aufklärung und Metaphysik die Synthese zu finden, also den Begriff der Aufklärung spirituell zu verstehen – was er tatsächlich ursprünglich war, bevor er materialistisch reduziert wurde.“ (Michael Evers)

Ist schon ein spannender Ansatz, den Michael Evers in seinem Aufsatz „An der Wellenfront: Neoplatonischer Idealismus und Alchemie“ vorstellt; zumal es recht wenige aktuelle Schriften über Kunst und ihre spirituellen Wurzeln gibt. Für Evers kann eine ästhetische Betrachtung westlich-europäischer Kunst ohne eine Bezugnahme auf die hermetische Philosophie, den Neuplatonismus und den Spiritualismus nicht stattfinden. Glaubt man Evers, sei eine kunsthistorische und kunsttheoretische Betrachtung, welche derartige Bezüge ausklammert, nur ein unvollständiger Abriss.

Neben einem absolut-idealistischen Agens, den Evers in der wahren Kunst erkennen will, stellt er durchaus auch konstruktive Überlegungen zu einer neuen spirituellen Kunst an. Für ihn besteht kein Zweifel, dass es an der Zeit ist, nicht nur reflektierte Rückbesinnungsarbeit zu leisten, sondern Kunst auch in einem organisch-ganzheitlichen Gestaltungsprozess zu begreifen. Ganzheitlich bedeutet für Evers, dass an dem Prozess des Kunstschaffens gleichsam emotionale und kognitive Anteile beteiligt sind. Dem Künstler müsse dies bewusst werden, damit eine transformatorische Synthese und spirituelle Kunstidentität entstehen könne.

Evers Aufsatz bewegt sich gekonnt an den Wurzeln spiritueller Philosophien, übt Kritik an einer philosophiearmen Kunst und vermag interessante Dimensionen abendländischer Kulturgeschichte aufzuzeigen; etwa dann, wenn Evers die Aufklärung als im Kern spirituell beschreibt.

Michael Evers erhält lyrische Rückendeckung von Reinhart Moritzen, der mit seinem Beitrag „Europa und ihr Kind“ den Band „Das Mysterium am Ende der Moderne“ vervollständigt.

Evers Aufsatz und Moritzens Lyrik sind in der Reihe „Schriften zur Verteidigung der Kunst“ in der |AQUINarte Presse| Kassel erschienen. Die Reihe befasst sich literarisch und kunsttheoretisch mit dem Phänomen der Moderne und ihrer spirituellen Einflüsse. Die Frage nach alchemistischen Einflüssen auf die europäische Kunst ist ein Schwerpunktthema. Die Bände beinhalten jeweils einen theoretischen Aufsatz und einen lyrischen Beitrag.

http://www.aquinarte.de/

Braun, Bernhard – Feuer des Eros, Das

_Ein ganzes Universum der Liebe_

Der Eros, heute zu einem kitschigen Abbild eines kleinen Engels mit Pfeil und Bogen verkommen, kann während des Lesens von Bernhard Brauns Buch „Das Feuer des Eros“ im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Erleuchtung führen. Ein ganzes „Universum des Eros“ eröffnet sich bei der Lektüre dieses Buches.

Ich habe selten ein Buch gelesen, das auf solch grandiose Art und Weise Philosophie und essayistisch-lebensweltliche Beschreibung zu verbinden weiß. Braun gelingt es, in prosaischer, ungetrübter Sprache Mythos und Logos zu versöhnen. Er spart auch nicht mit polarisierten Vergleichen zwischen dem „asozialen Herumlümmeln vor dem TV-Gerät“ und den Lobreden bei einem gepflegten Becher Wein – Braun bringt es auf den Punkt!

Er zeichnet die Reden in Platons Symposion nach, um sich der mythologischen, mystischen und philosophischen Idee des Eros zu nähern. Sehr reizvoll ist der Sachverhalt, dass Braun den antiken Eros als spiritualistischen und mystischen Prozess beschreibt: der des Zum-Menschen-Kommen Gottes und des Gottwerdens des Menschen.

Der Eros kann nach Braun als Schnittstelle zwischen den olympischen Aspekten des Gottes in der menschlichen Seele und der materiellen Welt betrachtet werden. Eros verbinde die Einzelseele mit der Weltseele und die Gottheit mit dem Menschen.

„Das Feuer des Eros“ trägt den Untertitel „Platon zur Einführung“, was nicht übertrieben ist. Neben Brauns Beschreibungen des Eros werden Platons Ideen, seine Philosophie und sein literarischer Stil vorgestellt, und – im Gegensatz zu vielen anderen Büchern über Platon – verständlich gemacht.

Das Buch ist ein echter Geheimtipp! Ich habe es in einem der hinteren Regale einer Bibliothek gefunden. Dort stand es, leider etwas abseits der vielen Standardwerke. Man müsste es ganz nach vorne holen, zu den Werken, die Klassiker genannt werden. Dieses Buch schafft es nämlich, die (versiegelten) Türen des akademischen Elfenbeinturms zu öffnen und dem Laien, wie der Philosoph „die Anderen“ bezeichnet, einen Zugang zur Philosophie aufzuzeigen.

Irtenkauf, Dominik – Teufel in der Tasche, Der. Ein Reisebegleiter in seine Welt

Nicht nur die Wege des Herrn sind unergründlich … auch eine Reise in die literarischen Welten des Teufels, wie sie Dominik Irtenkauf in seinem Reisebegleiter versucht, dem Leser näher zu bringen, scheint Verwirrung stiften zu können. Das Buch ist eine Mischung aus Sachtext und fiktiver Prosa. Ein Lesebuch, das die Textformen derart mischt, dass man sich beim Lesen häufiger fragt: „Ist das jetzt wirklich passiert oder nur Fiktion?“ Ein herrliches Wirrsal!

Der Teufel selbst kommt auch zu Wort, gegen Ende des Buches offenbart er die Autorschaft eines kleinen Aufsatzes über seine teuflische Telephonie. Er betont, dass alles, was die Menschen über ihn geschrieben haben (Irtenkauf führt einen wahren Werkkanon des Teufels an: Namen wie Dvorak, Freud, Baudelaire, LaVey, Byron usw. dürfen da nicht fehlen), doch nur unzureichende Beschreibungen dessen waren, was er wirklich sei. In Irtenkaufs Buch wird in der Tat ein facettenreiches Bild des Teufels gezeichnet: Mal ist er der kleine Kinimod, mal der galante Musketier, dann wieder ein Neurotiker, der seiner Mutter Briefe schreibt. Das vielfältige Bild des Teufels wird durch die Figuren deutlich, seine nichtduale Verkörperung, die Irtenkauf betont, allerdings nicht immer. Dies kritisiert des Teufels Mutter selbst: Ihr geliebter Sohn suche zwar, die Dualität aufzulösen, denke aber selbst in dualen Schablonen.

Ich will nicht kleinlich erscheinen, aber Irtenkauf versieht den Teufel mit einem maskulinen Gestus, und dies obgleich er ihn inhaltlich zwiegespaltenen Geschlechtes einführt. Die besagte Mutter räumt mit dieser kleinen Unzulänglichkeit zwar auf („Ohne uns Frauen seid ihr nur halb so viel wert.“), das Bild, welches die unterschiedlichen Texte jedoch hinterlassen, ist zu stark geprägt von einer Reduzierung des Weiblichen auf Äußerlichkeit und mangelnde Rhetorik. (Und dies, obgleich das Buch Eva, dem Prototyp der Frau, gewidmet wurde.) Der Einsatz der weiblichen Figuren bestärkt diese Behauptung: Die Frau tritt größtenteils als Hure, Mutter oder schutzbedürftiges Fräulein auf.

Hiervon einmal abgesehen, stellt „Der Teufel in der Tasche“ ein empfehlenswertes Lesebuch zum Kulturphänomen des Teufels dar. Irtenkauf gelingt es mit seiner ganz persönlichen Art und Weise, einem Thema, wie es umfassender nicht sein könnte, eine literarisch spannende Plattform zu verschaffen.

Den Leser erwarten: die Erzählung „Aus Satans Retorte“, der herausragende Essay und Selbstbekenntnis des Autors „Was ich vom Teufel halte?“, die Erzählung „Der Teufel steckt im Punkt!“, ein Adressbuch des Teufels, welches im Vergleich zu den anderen Texten inhaltlich und formal etwas hinterherhinkt, sowie der Briefzyklus „Briefe an meine Mutter“, eine sehr gelungene Anklage des Teufels gegen festgefahrenes Denken, gegen Dualismus und Stagnation. Nichts und niemand kommt ungeschoren davon – ein Rundumschlag, wie wir es vom Teufel ja gewohnt sind.

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Voenix / Vömel, Thomas – Fahrten des Thor, Die

_Handlung_

Ein fahrender Skalde taucht in einem Dorf auf und bittet in einer Herberge um eine Mahlzeit. Nachdem er sein karges Mahl verzehrt hat, beginnt er als Gegenleistung Geschichten zu erzählen, in denen der germanische Donnergott Thor (Donar) immer mehr oder weniger die Hauptrolle spielt.

|Der verspätete Brautlauf|

Freyr, der Liebes- und Frühlingsgott, erblickt die wunderschöne Riesin Gerda und verliebt sich sofort unsterblich in sie. Als Brautpreis fordert deren habgieriger Vater, der Bergriese Gymir, Freyrs selbst kämpfendes Schwert. Allerdings hat der Brautvater nicht vor, sich an die Hochzeitsvereinbarung zu halten: Er will zwar das Schwert bekommen, nicht aber seine hübsche Tochter hergeben. So schickt er Freyr den Frostriesen Fyhrnir entgegen, der den Frühlingsgott in einen Eisblock verwandelt und die magische Waffe raubt. Schon bald bekommt der listenreiche Loki von den Vorgängen Wind und macht sich zusammen mit Thor auf den Weg, ihren Mitgott aus dessen misslicher Lage zu befreien. Doch das erweist sich schwieriger als zu Beginn gedacht …

|Die Insel der Berserkerweiber|

Thor und die beiden ihm überlassenen Kinder Thjalfi und Röskwa machen sich auf den Weg über das Meer. Doch mit ihrem kleinen Ruderboot treffen sie auf drei Meereshexen, gegen die der Donnergott fast machtlos ist. Sie stranden schließlich auf einer scheinbar verlassenen Insel, die allerdings von einem Stamm männermordender Riesinnen bewohnt wird. Eigentlich kein Problem für einen Riesentöter, sollte man meinen, doch hat Thor leider seinen treuen Streithammer Mjöllnir nicht dabei …

|Schweinekram|

Der hungrige Donnergott kommt nach einigen Tagen entbehrungsreicher Wanderschaft an einen Bauernhof und hofft dort Unterschlupf und vor allem etwas zu Essen zu bekommen. Doch zu früh gefreut: Leider hat eine Horde von Riesen die gesamten Schweine des Bauern gestohlen. Zwar wird Thors Hunger mit einer deftigen Zwiebelsuppe kurzfristig gelindert, doch verspricht er dem Bauern – auch aus Wut darüber, um das vermeindliche Festmahl geprellt worden zu sein -, die Riesen zu stellen und die Schweine zurückzubringen. Also nimmt er am nächsten Morgen die Spuren der Unholde auf und wird schon bald in einen wahrhaft schweinischen Wettkampf verwickelt …

|Thors Fahrt ins Totenreich|

Die Riesin Modgud, Tochter einer Baumhexe, hat die Gabe, das Totenreich zu betreten. Zudem ist sie in den stattlichen Donnergott verliebt, ohne diesen jemals vorher zu Gesicht bekommen zu haben. Also ersinnt sie einen Plan, um ihren Geliebten zu sich zu locken: Sie raubt Thors Tochter Thrud und will so den Gott ins Totenreich locken, wo dessen Kräfte nicht wirken, und die beiden austauschen. So begibt sich Thor also zum Gjöllstrom, der Midgard von Hels Schattenreich trennt, um so ins Totenreich zu gelangen. Unterstützt wird der tapfere Recken von göttlicher Magie, und auch das Schicksal hat ein Wörtchen mitzureden …

|Riesenlust|

Nachdem der listige Loki Thors Eheweib Sif das Kopfhaar raubte, ist der Ofen aus im Ehebett der beiden Götter. Sehr zur Unzufriedenheit des Donnergottes, dem die lange Enthaltsamkeit langsam aufs Gemüt schlägt. Als er sich in seiner Wut Loki schnappt, bietet dieser Thor eine Wiedergutmachung an: Er bietet dem Erzürnten an, ein Schäferstündchen mit einer wunderschönen Riesin zu organisieren. Doch selbstverständlich hat der Listereiche nicht Gutes im Sinne, denn er will dem Donnergott eine Lektion erteilen.

_Der Autor_

Voenix alias Thomas Vömel ist Autor und Maler und arbeitet als freischaffender Künstler. Neben seinem großen Interesse an germanischer Mythologie beschäftigt er sich seit Jahren mit Themen des Okkulten. Sein Tätigkeitsfeld reicht von der Buch- und Kartenillustration über Comics, Poster und Plattencover bis hin zu großformatigen Wandgemälden. Geschrieben hat er bisher unter anderem „Auf Wotans Pfaden“, „Der germanische Götterhimmel“, „Im Liebeshain der Freyja“ und „In Lokis Feuerschmiede“.

_Mein Eindruck_

Ich würde „Die Fahrten des Thor“ am ehesten als ein Buch germanischer Märchen bezeichnen. Allerdings muss hier erwähnt werden, dass die enthaltenen Geschichten nur teilweise Bezug zur „Edda“ aufweisen. Doch befassen sich die fünf Stücke natürlich alle mit der germanischen Mythologie im Allgemeinen und mit dem Donnergott Thor im Speziellen, auch wenn sie sich sprachlich in lesefreundlicheren Gefilden bewegen als die altisländische Spruchsammlung. Im Gegensatz zu „Auf Wotans Pfaden“ ist der namengebende Gott auch tatsächlich die Hauptperson. So nimmt Voenix den Leser auf eine unterhaltsame und vergnügliche Reise durch die Stärken und Schwächen des Donnergottes mit, die in den Geschichten ausführlich beleuchtet werden.

Der recht einfache, teilweise derbe Schreibstil erzeugt ein Gefühl der Nähe zur damaligen Zeit und zu Thor im Speziellen. Doch dürfte das beileibe nicht jedermanns Sache sein: „Die Fahrten des Thor“ ist keine religionswissenschaftliche Abhandlung, sondern einfach ein nettes Lesevergnügen für zwischendurch, das es allerdings famos vermag, das Wesen des Donnergottes plastisch darzustellen. Dass die Thor zugeordneten Aspekte nicht nur durchgehend positiv sind, macht die Sache erst richtig interessant, denn einerseits glänzt er mit außerordentlicher Stärke und Mut, andererseits mit ziemlicher Einfältigkeit und Naivität. Desweiteren ist die Fleischeslust bei einem Gott, der für Fruchtbarkeit steht, auch nicht wegzudenken, was durch einen Schuss roher Erotik dokumentiert wird. So sind die Handlungen des Donnergottes natürlich relativ leicht vorherzusehen. Das heißt aber nicht, dass das Lesen dadurch langweilig werden würde, denn durch so manch witzige Stelle wird das Ganze gehörig aufgelockert. Dazu tragen natürlich auch Thors listigere Götterkollegen Odin und Loki bei. Vor allem in „Der verspätete Brautlauf“ glänzen Thor und Loki als „Duo Infernale“; der Autor zeigt somit besonders gut den einfältigen Charme des Kraftmeiers auf.

Da die Geschichten teilweise wie klassische Märchen angelegt sind, halten sie dem Leser durchaus auch in übertriebener Weise den Spiegel vor und stimmen nachdenklich. Auch ist so manch philosophischer Grundsatz enthalten. Besonders interessant fand ich, dass der Riese in der ersten Geschichte fast eins-zu-eins Machiavelli zitiert … Ein wichtiger Bestandteil von Voenix‘ Büchern sind immer auch die tollen Illustrationen. Man merkt stets deutlich, dass Autor und Illustrator die gleiche Person sind, denn die Bilder passen perfekt zum Charme der Geschichten und umgekehrt. Ob dies so reibungslos möglich wäre, wenn zwei verschiedene Personen am Werke wären, wage ich zu bezweifeln. Die Illustrationen sind daher durchgehend passend und stimmungsvoll.

Fazit: Wer die germanischen Götter in einem märchenhaften Kontext kennen lernen will und vor derbem Witz und einer Prise Erotik nicht zurückschreckt, sollte sich „Die Fahrten des Thors“ auf jeden Fall anschaffen. Das Buch setzt nur relativ geringes Vorwissen des germanischen Götterglaubens voraus und ist so besonders auch für „Einsteiger“ zu empfehlen.

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Englisch, Andreas – Habemus Papam – Von Johannes Paul II. zu Benedikt XVI

„Habemus Papam“ heißt es am 13. April 2005 um 17.43 Uhr auf dem Petersplatz. Die Welt hält den Atem an – und aus Kardinal Joseph Ratzinger wird Benedikt XVI., Nachfolger des am 2. April verstorbenen Johannes Paul II.

Für den Journalisten Andreas Englisch ist diese Wahl von besonderer Bedeutung. Mehr als fünfzehn Jahre lang war er regelmäßiger Begleiter von Johannes Paul II. und kam ihm so nah wie kaum ein anderer Reporter zuvor. So wie er stellen sich Millionen anderer Menschen gleichermaßen die Frage: Was wird sich unter dem neuen Papst alles ändern? Welchen Kurs wird Benedikt XVI einschlagen, was bedeutet seine Wahl für die Kirche und die Gläubigen?

In 39 Kapiteln zeichnet Englisch einen kurzen, übersichtlichen Abriss über die letzten Tage im Leben des alten Papstes, über seinen Tod und die Zeit des Konklave bis hin zur Erwählung Benedikt XVI. und einem Ausblick auf die neue Ära.

Andreas Englisch erinnert sich an seine ersten Begegnungen mit Johannes Paul II. und an die ersten gemeinsamen Reisen und Interviews. Er zieht Vergleiche zwischen dem robusten Karol Wojtyla und dem kranken, alten Mann, der die letzten Jahre vor seinem Tod nur mit Mühe sein Amt ausfüllen konnte. Der Leser erfährt Hintergründe über das System der katholischen Kirche im Allgemeinen und die Arbeit der Päpste im Besonderen. Es werden sowohl herausragende Erfolge von Johannes Paul II. als auch Schattenseiten des Vatikans (Opus Dei) angesprochen.

Dazwischen kommen immer wieder Querverweise zum neuen Papst Benedikt XVI. Andreas Englisch berichtet von seinen Eindrücken zu Kardinal Ratzinger, zu dessen Verhältnis zu Johannes Paul II. und spekuliert darüber, was er von seinem Vorgänger übernehmen und was er eventuell ändern wird. Ergänzend hinzu kommen noch Informationen zu anderen wichtigen Gestalten der katholischen Kirche, etwa andere deutsche Kardinäle, Favoriten für das Papstamt, markante Persönlichkeiten aus früheren Zeiten und das engste Umfeld des Papstes. Im Anhang befindet sich eine Zeittafel, auf der parallel zueinander die wichtigsten Daten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. aufgelistet werden.

Neben allen fachlichen Informationen nehmen auch viele persönliche Anekdoten ihren Raum ein. Andreas Englisch gewährt dem Leser Einblick in das Leben eines Vatikan-Reporters und berichtet von den schönen und traurigen, den frustrierenden und aufregenden Momenten im Leben eines Journalisten, der dem Oberhaupt der katholischen Kirche so nah kam wie kaum ein anderer Mensch.

Schnell musste es gehen, nach dem 19. April. Schließlich durfte man die Öffentlichkeit nicht lange warten lassen auf Informationen über den neuen Papst. „Wir sind Papst“ titelte BILD, die Hauszeitschrift des Autors Andreas Englisch, voller Begeisterung. Aber wenn wir Papst sind, wer sind wir dann? – Kein Wunder also, dass die Bücher über Joseph Ratzinger bzw Benedikt XVI. so rasch wie möglich in die Auslagen der Buchhandlungen gelangen mussten.

Leider kommt man nicht umhin, diesen Zeitdruck auch inhaltlich zu bemerken. „Habemus Papam“ bietet einen kurzen Einblick in das Leben im Vatikan und einen übersichtlichen Abriss des Wirkens von Johannes Paul II. Als Einstieg in Hintergrundlektüre über die katholische Kirche und zur groben Beurteilung ist das Werk gut geeignet. Wer sich jedoch detallierte Informationen erhofft, wird vermutlich eher enttäuscht sein. Ebenso wenig bildet es ein Ersatz für richtige Biographien über die beiden Päpste. Stattdessen ist es als Reaktion auf ein Zeitgeschehen zu verstehen, das viele Menschen auf der ganzen Welt interessiert und bewegt hat, als komprimierte Reflektion einer vergangenen und einer anbrechenen Epoche.

|Päpstlicher Humor|

Ein Buch über den Papst und die Kirche muss nicht zwangsläufig in feierlichem Ernst gehalten sein. Stattdessen lässt Andreas Englisch immer wieder amüsante Anekdoten einfließen, die ihm in seiner Karriere als Vatikankorrespondent unterliefen.

Am witzigsten ist ein missverständlicher Ausdruck, der zu regelmäßigen Zwistigkeiten zwischen ihm und Redaktionskollegen führte: Die auserwählten Journalisten, die bei päpstlichen Veranstaltungen anwesend sein dürfen, werden als „Pool“ bezeichnet. Da währenddessen die Handys abgeschaltet sein müssen, meldete Englisch sich zuvor bei der Redaktion mit den Worten „Ich hab keine Zeit, ich muss gleich zum Pool“ ab – mit verheerenden Folgen: „Zum Pool?“ entgegnete manch ein entgeisterter Kollege und schimpfte wutentbrannt darüber, dass sich Englisch offenbar in die Sonne legt, während in der Redaktion schwitzend seine Layouts vorbereitet werden.

Aber auch in den direkten Begegnungen mit Johannes Paul II. gibt es Erlebnisse, die im Nachhinein ein Lächeln auf die Lippen zaubern: An einem Abend im Jahr 1999 stand ein Rückflug mit dem Helikopter von Zamosc nach Warschau auf dem Programm. Für den Papst stand ein weißer, für Englisch und einen befreundeten Fotographen-Kollegen ein dunkler Helikopter bereit. Am Himmel tobte jedoch ein so starkes Unwetter, dass der Pilot sich zunächst weigerte, zu fliegen. Der eilige Papst lässt aber keine Widerrede gelten. Während des abenteuerlichen Fluges klammern sich die beiden Journalisten aneinander, beten ein Ave Maria nach dem anderen und fürchten, ihr letztes Stündlein habe geschlagen, ehe sie endlich wider Erwarten wohlbehalten in Warschau landen. Mit wackligen Knien entsteigen sie dem Helikopter und ein fröhlich lachender Johannes Paul II. fährt aufmunternd winkend an ihnen vorbei – ganz im Sinne eines Gottesmannes, der weder Tod noch Teufel fürchtet.

|Der Marathon-Papst|

Die soeben erwähnte Szene ist eine von vielen, die verdeutlicht, wie Johannes Paul II. zu seinem internen Spitznamen kam. Wer nur die letzten Jahre seines Lebens verfolgt hat, kennt vermutlich nur das Bild eines schwerkranken Mannes, den nur sein eiserner Wille am Leben gehalten zu haben schien. Als Karol Wojtyla jedoch 1978 zum Papst gewählt wurde, war er erst 58 Jahre alt, ein vor Kraft strotzender Mann, dem es nie schnell genug gehen konnte und der schon mal im Spaß die leicht angetrunkenen Reporter, die auf einem Rückflug übermütig „Take off the cross, boss“ sagen, mit einem Augenzwinkern zurechtwies. Wenn man Englischs Erlebnisse mit diesem agilen Papst liest, dämmert es einem, was für eine zusätzlich psychische Qual die letzten Jahre im Leben Johannes Paul II. gewesen sein mussten.

|Licht und Schatten im Vatikan|

Kaum jemand ist so naiv zu glauben, im Vatikan seien die heiligsten und frommsten aller Menschen versammelt. Und so erzählt Andreas Englisch auch kaum etwas Neues, wenn er sagt, dass es selbst im engsten Gefolge eines Papstes stets von Intriganten und Missgünstlingen wimmelt. Trotzdem ist es immer wieder interessant, aus versierter Quelle Details zu den Macht- und Ränkespielen hinter den heiligen Mauern zu erhalten. Unter anderem erfährt man, wer unter den Vatikanleuten zu den engsten Freunden des verstorbenen Papstes gehörte und wer sich schon lange zuvor nach einem Nachfolger sehnte.

Als einer von mehreren Belegen für die Scheinheiligkeit vieler hoher Kirchenleute dient das Beispiel eines anonymen Schreibens, das im August 2003 bei der Redaktion der Jesuitenzeitschrift „Jesus“ eintraf. In dem Brief steckte ein kircheninternes Diskussionspapier, das nahezu alle Errungenschaften Johannes Pauls II. in Frage stellte und reformieren wollte. Aus dem Schreiben ging hervor, dass die Verfasser engste Vatikanvertraute sein mussten. Doch trotz aller Nachforschungen konnten die Urheber nie eindeutig identifiziert werden – was bleibt, ist einer von vielen Beweisen, dass Missgunst und Machtspiele auch oder gerade vor Kirchenmauern keinen Halt machen.

|Der Nachfolger|

Insgesamt nehmen die Kapitel zum Leben und Wirken von Johannes Paul II. einen deutlich größeren Rahmen ein als der Text über Benedikt XVI. bzw Kardinal Ratzinger. Englisch schildert eine kurze Zusammenfassung seiner biographischen Daten und stellt ihn als einen der getreuesten Freunde des verstorbenen Papstes vor. Gleichzeitig geht er auf die Unterschiede ein. War Johannes Paul II. ein Mann der Gesten, so erscheint Benedikt XVI. als Mann der Worte. Während sein Vorgänger sich medial zu zelebrieren wusste, gilt er als zurückhaltend. Seine ersten Auftritte sind für seine Verhältnisse überraschend volksnah und gespannt warten Gläubige und Medienleute in aller Welt, ob sein Pontifikat auch zukünftig an diesen Stil anknüpfen kann. Englisch ist davon überzeugt, dass kein anderer Papst jemals zuvor so viel geleistet hat wie Johannes Paul II. Er hinterlässt zahlreiche Anknüpfungspunkte in Themenfragen wie Verhütung, Armut und Ökumene, mit denen sich sein Nachfolger auseinander setzen muss. Interessant ist dabei vor allem, dass trotz der jahrelangen engsten Zusammenarbeit von Kardinal Ratzinger und Johannes Paul II. diese beiden großen Kirchenmänner längst nicht auf allen Gebieten einer Meinung waren. Davon zeugt unter anderem eine Zugfahrt mit dem Papst und Vertretern anderer Religionen, die im Zeichen der Aussöhnung der verschiedenen Glaubensrichtungen stand. Als Englisch Ratzinger nach seiner Meinung dazu befragte, erhielt er die symbolträchtige Antwort: „Sie sehen ja: Ich fahre mit. Aber ich sitze entgegen der Fahrtrichtung.“

|Einführung – ja, tiefgehende Analyse – nein|

Zum Abschluss stellt sich die Frage, an wen sich das Buch vorwiegend wendet: Überzeugte Katholiken, Heiden, Agnostiker, Atheisten? Ich selber bin einerseits zwar katholisch, hatte ein Jahr lang Privat-Unterricht bei einem mit Kardinal Ratzinger gut bekannten Monsignore und habe Katholische Religion als viertes Abiturfach mit Bestnote abgeschlossen. Auf der anderen Seite stehe ich der Insititution Kirche bereits seit fast zehn Jahren kritisch gegenüber und besuche keine Messe mehr, wiewohl mein Glaube mir über all die Zeit wichtig war und ist – heute vielleicht noch mehr als früher. Für mich als distanzierter Christin bietet die Lektüre einen interessanten, manchmal desillusionerenden und manchmal überraschenden Blick hinter die Kulissen des Vatikans. Je weiter ich gelesen habe, desto größer wurde aber meine Überzeugung, dass ein Kirchengegner in dem Werk wenig ansprechende Worte findet. Zwar scheut sich Englisch nicht, einzelne Personen und Taten der katholischen Kirche negativ zu beurteilen, doch unterm Strich ist es in erster Linie ein massentaugliches Werk und die Kritik bleibt verhalten. Delikate Themen wie die radikale Vereinigung Opus Dei werden nur oberflächlich behandelt. Sehr schade ist außerdem, dass das Buch kein einziges Foto enthält.

Eine Stärke des Buches, die persönliche Beziehung des Autors zu Johannes Paul II., ist gleichzeitig auch eine Schwäche. Andreas Englisch macht keinen Hehl daraus, dass er – nach anfänglicher Skepsis bis hin zur Ablehnung – ein Bewunderer des verstorbenen Papstes ist und seine Reisen mit ihm mehr als nur seinen Lebensverdienst bedeuteten. Bereits mit seiner 2003 erschienenen Biographie setzte er Johannes Paul II. ein Denkmal und entschuldigte sich gleichsam für seine frühere Kritik, als er, nach eigener Ansicht, den Papst noch falsch einschätzte. Wie nah er sich dem Verstorbenen fühlt, wird deutlich, als er unmittelbar nach der Todesnachricht einem israelischen Kollegen in die Arme fällt mit den Worten: „Wir beide wussten vielleicht besser als irgendwer sonst, was dieser Papst geleistet hatte“. An anderer Stelle bekennt Englisch, dass er das Medienspektakel kurz vor und nach dem Ableben von Johannes Paul II. verabscheut: „… und ich würde lügen, wenn ich von mir behauptete, dieses Spiel nicht selbst manchmal mitzuspielen, aber an diesem Abend kotzte es mich an.“

Überhaupt finden sich zusätzlich viele persönliche Anekdoten, die nicht konkret mit dem Vatikan zu tun haben. Das bringt dem Leser den Autoren Andreas Englisch näher, macht ihn sympathisch und zu einer greifbaren Gestalt. Auf der anderen Seite aber bestätigt es das Gefühl, einen alten Vertrauten von Johannes Paul II. vor sich zu haben, der, erst Recht nach dessen Tod, mit seinem Buch keine Wunden aufreißen, sondern eine versöhnliche Basis schaffen will. Für Kirchenkritiker ist dieses Anliegen vielleicht nicht genug und wird dieses Buch daher nicht recht befriedigen. Andererseits ist eine „versöhnliche Basis“ ein guter und solider Ausgangspunkt. Der katholischen Kirche und dem Pontifikat von Benedikt XVI. ist zu wünschen, dass sie genau daran anknüpfen.

_Unterm Strich_ bietet „Habemus Papam“ eine kompakte Zusammenfassung über das Pontifikat von Johannes Paul II., zu seinem Tod und der Wahl des Nachfolgers Benedikt XVI. Der Autor legt eine besondere Gewichtung auf persönliche Anekdoten aus seiner fast zwanzig Jahre lang währenden Zusammenarbeit mit dem verstorbenen Papst. Nicht zuletzt wegen dieser engen Bindung fällt das Werk insgesamt unkritisch aus und bietet keine tiefer gehende Analyse. Daher ist es vor allem als grober Einstieg für Vatikan-Interessierte zu empfehlen.

_Der Autor_ Andreas Englisch wurde 1963 geboren. Er studierte Literaturwissenschaften und Journalistik und arbeitet seit 1987 in Rom, wo er unter anderem das italienische Korrespondenzbüro des Axel-Springer-Verlages leitete. Seit 1995 begleitete er Papst Johannes Paul II. auf allen Auslandsreisen. Bis heute gilt er als einer der Journalisten, die dem vorherigen Papst am nächsten kamen. Weitere Werke sind „Johannes Paul II.“, „Der stille Gott der Wölfe“ und „Die Petrus-Akte“.

Matthews, John – Celtic Totem (Eine Reise zu den keltischen Totemtieren)

Schamanen und ihre Krafttiere umwittern seit je her fantastische Geschichten, Sagen und Märchen, die bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben. Während die Totemtiere in früheren Zeiten zum alltäglichen Leben gehörten, haben wir sie heutzutage weitestgehend aus unserer Welt verbannt. John Matthews öffnet mit seinem Buch „Celtic Totem“ das Tor zu unseren germanischen Wurzeln und schildert auf eindrückliche Weise, welchen Stellenwert die Tiere als Wegbegleiter, Ratgeber und Verbündete für unsere Vorfahren hatten.

_Über den Autor_

John Matthews lebt in Oxford und verdient seinen Lebensunterhalt als freischaffender Autor. Der frühere Bibliothekar hat einige herausragende Bücher über |König Artus|, den |Heiligen Gral| und die |keltische Mythologie| verfasst.

Seit vier Dekaden ergründet er die weltweite Geschichte des Schamanismus in Theorie und Praxis und gilt als internationaler Experte auf den Gebieten keltische Tradition und Schamanismus. Sein offener Umgang mit den verschiedensten Ausprägungen – seien es die Lehren des |Don Juan Matus| oder der Inuit, sibirische Schamanen oder die vorchristlichen Priester der Britischen Inseln – eröffnete ihm neben einem großen Wissensschatz auch interessante spirituelle Erkenntnisse. 1992 gründete er zusammen mit Felicity Wombwell und seiner Frau Caitlín die |Foundation for Inspirational and Oracular Studies| [(FiOS),]http://www.hallowquest.org.uk/fiosframe.htm die sich der Wiederbelebung der alten Traditionen verschrieben hat.

_Einführung, Geschichten und Praxis_

Der [Arun-Verlag]http://www.arun-verlag.de/ verwöhnt den geneigten Leser mit einem kleinen Schamanismus-Set, in dem neben dem Buch auch eine |Trommel-CD| und 20 |Tier-Karten| enthalten sind. So kann jeder, der sich von diesem Buch inspiriert fühlt, sogleich ans Werk gehen und seine eigene schamanische Reise antreten.

Im ersten Teil des Buches entführt John Matthews den Leser in vergangene Zeiten, und schlägt einen Bogen von den Tierhelfern, die sich in den Namen zahlreicher Stämme wiederfinden, über die „Gestaltwandlung“ der Schamanen bis hin zur sinnbildlichen Wiedergeburt und Seelenwanderung. Er stellt Geschichte und Religion unserer keltischen Vorfahren vor und führt den Leser behutsam an das Thema heran. Seine differenzierte Sichtweise und der strukturierte Aufbau lassen kaum einen Zweifel am historischen Wahrheitsgehalt seiner Ausführungen. Zudem bereichert Matthews seine Einführung mit einigen Textauszügen aus althergebrachten Geschichten.

Der zweite Teil des Buches beherbergt neun klassische keltische Erzählungen. John Matthews sieht sich in der Tradition der alten keltischen Barden und ist bemüht, den Leser mittels dieser Geschichten eigene Erfahrungen mit der Welt der keltischen Totem-Tieren machen zu lassen. Er hat sie aus den wenigen Fragmenten der alten Überlieferungen zusammengestellt und sie in eine der heutigen Zeit entsprechende Sprache übertragen, ohne die mythische, balladeske Stimmung der Erzählungen aus den Augen zu verlieren. Unter anderem finden sich dort |“Die Geschichte des Taliesin“|, in der sich der walisische Seher Taliesin mittels unterschiedlicher Verwandlungen der Verfolgung durch die Göttin Ceridwen zu entziehen sucht, wie auch |“Die Suche nach Mabon“|, eine der wohl ältesten überlieferten Geschichten aus dem Sagenkreis um König Artus. Einige der Geschichten hat Matthews um Fragmente anderer überlieferter Erzählungen erweitert, um dem Leser zum einen Sachverhalte zu verdeutlichen und andererseits Verwirrungen zu ersparen. Am Ende einer jeden Geschichte geht der Autor noch einmal kurz auf die zentralen Elemente ein und belegt etwaige Veränderungen in den Geschichten mit den dazugehörigen Quellenverweisen.

Das Buch endet mit einem kleinen Praxis-Kapitel und einer eingehenden Erläuterung der einzelnen Totem-Tiere. In diesem letzten Teil eröffnet John Matthews seinen Lesern den Weg zur eigenen schamanischen Reise, um auch in der heutigen Zeit die Kraft und das Wissen der Totem-Tiere spüren und nutzen zu können. Neben einigen Wegweisern und Tipps für eine solche Trance-Reise ist noch genug Platz für eine kurze Einführung in die Handhabung der Tier-Orakel-Karten.

_Die Trommel als Reisebegleiter_

Dem Buch liegt die CD „Schamanisches Trommeln“ von John und Caitlín Matthews bei. Sie enthält drei Trommelsequenzen (Single & Double Drumming), die den Reisenden in eine leichte Trance singen und ihn so in die Anderswelt, das eigene Unbewusste, geleiten. Die Stücke wurden mit einer |Double-headed Sea Drum| und einer |irischen Bodhran| eingespielt. Diese CD hält auch dem Vergleich mit Michael Harners „Shamanic Drumming“, dem Standardwerk für schamanische Reisen, stand.

Track 1: Einzelne Trommel (20 min)
Track 2: Zwei Trommeln (20 min)
Track 3: Einzelne Trommel (30 min)

_Auf dem Pfad des Schamanen_

John Matthews zeigt in seinem Buch, dass Schamanismus nicht immer exotisch und fern ab unserer westlichen Kultur angesiedelt sein muss. Auch in der heutigen Zeit können wir etwas von der Magie der Totemtiere in unseren Alltag einfließen lassen. „Celtic Totem“ ist weit mehr als eine der unzähligen esoterischen Veröffentlichungen zum Thema Schamanismus, es ist ein gelungener Einstieg in den |keltischen Schamanismus| und macht Lust auf mehr. Ich wünsche allen Neugierigen eine gute Reise.

|Originaltitel: Celtic Totem Animals
144 Seiten, zahlreiche Abbildungen, mit CD und 20 Orakelkarten
Format: 17,0 x 24,0 cm|

Lohner, Alexander – Jesustuch, Das

Der Zweifel an Festgelegtem und Bestehendem ist momentan eines der Kernthemen der modernen Literatur. Vor allem die Geschichte des Neuen Testaments wird derzeit in Form verschiedener Verschwörungstheorien angegriffen und angezweifelt. Illuminaten, Katharer und andere mysteriöse Gruppen sind die Helden der aktuellen Bestseller-Autoren, und es ist noch kein Ende dieser Entwicklung in Sicht. Alexander Lohner schlägt in seinem Roman „Das Jesustuch“ jedoch einen etwas traditionelleren Weg ein, der aufgrund der anhaltenden Religions- und Glaubenskriege nach wie vor auf dem aktuellen Stand ist. Hier thematisiert er die von Vorurteilen behaftete Kritik an fremden Glaubensrichtungen und wandert dafür zurück ins 13. Jahrhundert zur Zeit der Kreuzzüge. Nun sind gerade die Kriege aus dieser Ära ein sehr populäre literarisches Gebiet, das auch immer mal wieder gerne erkundet wird. Und eigentlich arbeitet Lohner in „Das Jesustuch“ auch keine grundlegend neuen Erkenntnise heraus. Aber dennoch ist dieser Roman ein echtes Goldstück, bei dem Historisches wunderbar in einen fiktiven Plot eingeflochten wurde, ohne in irgendeine klischeebesetzte Schublade hineinzurutschen. Hut ab, kann man da bereits einleitend sagen!

_Story_

Wir schreiben das Jahr 1270, als König Ludwig IX. zum siebten Kreuzzug aufruft, dem zahllose ehrfürchtige junge Menschen folgen. Unter ihnen ist auch der adelige Jüngling Jean-Pierre, der ein Stück der verloren gegangenen Familienehre durch seinem Einsatz im Krieg wieder gutmachen möchte. Gegen den Willen seiner Angehörigen macht er sich auf den Weg nach Tunis, von wo aus die Befreiung der heiligen christlichen Stätten losgetreten werden soll.

Doch schon auf der Überfahrt gerät der junge Franzose in Schwierigkeiten, als sein Schiff durch einen Sturm von der restlichen Flotte getrennt und schließlich von Piraten erobert wird. Die gesamte Mannschaft wird von den Gefolgsleuten des Emirs in Gefangenschaft genommen und als Druckmittel benutzt, um den Rückzug des französischen Heeres zu erwirken. Jean-Pierre kommt durch seinen gehobenen Stand eine Schlüsselrolle zu, die ihm jedoch auch gewisse Freiheiten ermöglicht. Vom Status her eine Geisel, genießt er im Palast des Emirs immer mehr Freiheiten. Infolgedessen lernt er auch den Prinzen Khalid näher kennen, mit dem er fortan einige sehr philosophische Diskussionen über die Unterschiede und Motivationen ihres Glaubens führt. Die beiden werden schließlich zu sehr guten Freunden und vergessen dabei gänzlich die Umstände, unter denen Jean-Pierre in die ‚Obhut‘ des muslimischen Herrschers geraten ist. Besonders Jean-Pierre bekommt, nach wie vor von den Vorurteilen des Christentums beherrscht, bald eine ganze andere Meinung vom islamischen Glauben und lernt, ihn zu akzeptieren, denn in gewissem Sinne verfolgen sowohl die Christen als auch die Muslime die gleichen Ziele.

Über Khalid lernt Jean-Pierre dann auch Nathanael kennen, mit dem er nach Jerusalem aufbricht, um die legendären heiligen Orte zu erkunden, die er einst befreien sollte. Durch weitere Gespräche und neue Meinungen erlangt der französische Christ letztendlich ein komplett anderes Bild vom Islam als jenes, das man ihm vor den Kreuzzügen auferlegt hatte. Doch dies hat seinen Preis: Jean-Pierre wird von seiner Religion als Ketzer und Verräter am eigenen Glauben angeklagt!

_Meine Meinung_

Intoleranz, Starrsinn und blinde Gefolgschaft – die Attribute, die der Autor den Vertretern des christlichen Glaubens im 13. Jahrhundert auferlegt, sind keineswegs erstrebenswert, aber dennoch in ihrer Darstellung sehr realistisch. Dabei ist „Das Jesustuch“ beileibe keine grundlegende Kritik gegen das Christentum, geschweige denn eine direkte Anklage gegen das kriegerische Volk, das aus Unwissenheit und fehlender Bereitschaft zur Akzeptanz einer weiteren Religion wahllos Menschen umgebracht hat. So etwas hätte man schließlich auch auf 200 Seiten abhandeln können, ohne dabei zu sehr in bereits erprobte, klischeetriefende Fußstapfen zu treten.

Stattdessen nähert sich Lohner dem Thema auf eine eher zurückhaltende, unterschwellig auch spirituelle Art, die besonders durch die sehr tiefgreifenden Diskussionen zwischen Jean-Pierre und Khalid sowie später auch Nathanael geprägt wird. Natürlich sind derweil die Kreuzzüge in vollem Gange und die Kriegshandlungen werden in diesem Roman sicher nicht minder umfassend behandelt wie die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Glauben, doch das Buch ist insgesamt von einer sehr angenehmen Ruhe durchwirkt, von der man sich gerne anstecken lässt.

Der Autor beweist hierbei allerdings auch sein ausführliches Hintergrundwissen, durch das es ihm ziemlich leicht fällt, seine Darstellungen der verschiedenen Religionen bzw. das Pro und Kontra mit schlagkräftigen Argumenten zu belegen. Es wäre ein Leichtes gewesen, das Interesse für den Islam und später für das Judentum durch eine klug inszenierte Verschwörung gegen das ‚böse‘ Christentum zu wecken und die in Europa verbreitete Glaubensrichtung an den Pranger zu stellen, indem lediglich die von ihr erzeugten Missstände verurteilt werden, aber eine solche Herangehensweise liegt Alexander Lohner fern.

In seinem Buch stehen nämlich immer noch die fiktiven Charaktere und somit auch die erzählte Geschichte im Vordergrund, und erst danach folgen die historische Einarbeitung sowie die sehr frei gestaltete Diskussion, bei der allerdings auch die Eigenschaften der Hauptfiguren und deren derzeitige Stellung eine bedeutende Rolle spielen.

Dadurch, dass sich Lohner im Verlauf der Geschichte zahllose Möglichkeiten zur weiteren Entwicklung offen lässt, gelingt es ihm zudem, von einem Spannungshöhepunkt zum nächsten zu gelangen. Wichtig ist diesbezüglich, dass die befürchteten Ausschweifungen der Gespräche, von denen ich denke, dass sie durch die Inhaltsangabe in ihrem Umfang überschätzt werden, gänzlich ausbleiben. Sie sind der Kern der Entwicklung von „Das Jesustuch“, beeinträchtigen aber nicht die sich fortlaufend wandelnde Erzählung.

Und dennoch ist es im Endeffekt nicht die Handlung als solche, sondern verstärkt die aus ihr resultierende Botschaft, die einem in Erinnerung bleibt, die man gleichzeitig als moralischen Aufruf verstehen darf, nicht mit blinder Fahrlässigkeit gegen Unbekanntes, in diesem Falle Religionen, zu wettern, wenn man die wahren Hintergründe nicht aus erster Hand kennt. Es hat etwas von dieser „erst denken, dann handeln“-Mentalität, allerdings viel schöner verpackt und facettenreich inszeniert.

Es ist auf jeden Fall überaus interessant, welche Einzelheiten der Autor der Historie entlockt und wie er sie in das Gerüst seiner Erzählung integriert. „Das Jesustuch“ ist demzufolge auch ein sehr empfehlenswertes Buch, das in einer Zeit, in der Djihad auf einem ganz anderen, bedrohlicheren Level ausgeführt wird, aktueller denn je ist. Und außerdem wird hier bewiesen, dass die Beschäftigung mit diesem Thema nicht immer gleich zur innerlichen Verkrampfung führen muss; die Grundstimmung dieses Romans ist nämlich trotz der weit reichenden Thematik so entspannt, dass man mit Freuden darin eintauchen kann.

Frankfurt, Harry G. – Bullshit

In dem Buch mit dem sehr prägnanten Titel „Bullshit“ befasst sich der Autor Harry G. Frankfurt, seines Zeichens Professor für Philosophie an der Universität von Princeton, mit dem Phänomen des „Bullshits“. „Bullshit“ meint in diesem Kontext, vereinfacht formuliert, Gerede von äußerst fragwürdiger oder völlig fehlender inhaltlicher Substanz. Um sich dem Begriff des „Bullshits“ zu nähern, zitiert er im Laufe der insgesamt 65 Seiten dieses Büchleins diverse Auszüge aus dem Oxford English Dictionary sowie eine Anekdote über Wittgenstein und auch eine Passage aus dem Werk „Die Lüge“ von Augustinus, um nur die bekanntesten Namen zu nennen.

In zumindest augenscheinlich wissenschaftlicher Weise geht der Autor daran, den „Bullshit“ genauer zu bestimmen. Dies tut er vor allem anhand sprachwissenschaftlicher Überlegungen. Im Zuge dessen grenzt er beispielsweise den „Bullshit“ vom „Humbug“ und der ordinären Lüge ab. Wenngleich es nur etwa eine Stunde dauern dürfte, dieses Buch zu lesen, so erscheint es dennoch überwiegend langatmig. Die wenigen originellen Lichtblicke werden sogleich wieder von jenem Schwadronieren überdeckt, welches sich leider in vielen philosophischen Auseinandersetzungen finden lässt. Dieses Buch als Philosophie zu beschreiben, wäre jedoch wesentlich zu hoch gegriffen. Es erscheint vielmehr als ein Gedankenspiel über ein Thema, dessen Signifikanz für die Philosophie eindeutig in Frage gestellt werden muss. An der Qualifikation und Reputation des Autors ist indes keineswegs zu zweifeln, allerdings muss man sich vor Augen führen, was dieses Buch ist oder vielmehr sein soll. Es ist ein einzelner Gedanke, der sehr weitschweifig ausgeführt wird und dessen Bedeutsamkeit, wie erwähnt, höchst strittig ist. „Bullshit“ ist ein Essay, über das man sich zumindest an einigen wenigen Stellen amüsieren kann, insofern man diese Form des Humors teilt.

„Ist der Bullshitter seinem Wesen nach ein geistloser Banause? Ist sein Produkt in jedem Fall grob und unsauber gearbeitet? Das Wort |shit| verweist natürlich darauf. Exkremente sind niemals in besonderer Weise gestaltet und gearbeitet.“ „Während |heiße Luft| ein von jeglichem Informationsgehalt entleertes Reden darstellt, sind Exkremente Stoffe, denen jeglicher Nährstoffgehalt entzogen worden ist.“

Angesichts solcher Textstellen darf man sich doch fragen, ob es wirklich eines Professors für Philosophie bedarf, um solche Vergleiche anzustellen. Ebenso lässt sich hieran besonders deutlich veranschaulichen, wie gering der Grad an Wissenschaftlichkeit ist, der von Seiten des Autors an den Tag gelegt wird. Dies hat allerdings Methode, wie man annehmen kann. Zunächst möchte ich dem potenziellen Leser dieses Buches eine verschwendete Stunde und die Vergeudung von 8 € ersparen. Das Büchlein hat im Endeffekt nur zwei Kernaussagen, die ich aus besagten Gründen an dieser Stelle zitieren möchte:

1. „Bullshit ist immer dann unvermeidlich, wenn die Umstände Menschen dazu zwingen, über Dinge zu reden, von denen sie nichts verstehen.“
2. „In Wirklichkeit sind wir Menschen schwer zu packende Wesen. Unsere Natur ist notorisch instabiler und weniger eingewurzelt als die Natur anderer Dinge. Und angesichts dieser Tatsache ist Aufrichtigkeit selbst Bullshit.“

Das zweite Zitat stellt übrigens gleichzeitig den Abschluss von „Bullshit“ dar. 65 Seiten Wortklauberei kulminieren also in diesen drei Sätzen, die inhaltlich weder neu noch besonders originell sind. Für einen Leser, der sich noch nie mit Philosophie befasst hat, mag das eine bemerkenswerte Schlussfolgerung des Autors sein, allerdings kann ich nachdrücklich versichern, dass dem, objektiv betrachtet, nicht so ist. Jeder Philosophiestudent im Grundstudium wäre in der Lage, eine solche These aufzustellen. Zudem ist die Frage, ob ein Mensch überhaupt zu gesicherter Kenntnis über sich oder seine Umwelt gelangen kann, grundlegender Bestandteil jeglicher erkenntnistheoretischer Philosophie. Wer sich allerdings für das Thema der Erkenntnis und des Irrens interessiert, dem kann ich als Einstieg nur René Descartes’ „Meditationen“ wärmstens ans Herz legen. Allerdings ist dies nur eines der vielen Bücher zum Thema, die allesamt gehaltvoller und faszinierender sind als „Bullshit“.

Natürlich wird dem Leser des Buches nicht entgehen, dass der Autor sich ein offenkundig triviales Thema gesucht hat und dieses mit großem Aufwand bespricht. Der „Clou“ des Buches soll offensichtlich darin bestehen, dass gesicherte Aussagen durch die instabile Beschaffenheit des eigenen Ichs in äußerstem Maße schwierig erscheinen. Dies bedeutet, wenn man den Gedanken auf die Spitze treibt, dass der Autor seinen Leser am Ende des Buches mit dem Eindruck zurücklässt, die soeben gelesenen 65 Seiten seien in der schlussendlichen Konsequenz ebenfalls „Bullshit“. Und zumindest in diesem Punkt stimme ich eindeutig mit dem Autor überein. Somit scheint der alte Satz „Nomen est omen!“ für das Buch „Bullshit“ durchaus zutreffend zu sein.

Llull, Ramon – Buch über die heilige Maria, Das

Mallorca war mehr als drei Jahrhunderte islamisch bevölkert mit einer jüdischen Minderheit, die aber friedlich zusammenlebten, bis 1229 Jakob I., König von Aragón, unter christlicher Flagge die Insel eroberte und die ganze Inselgruppe zu einem „Königreich Mallorca“ zusammenfasste. Bis dahin gab es keine christlichen Gemeinden auf der Insel. Die Christen waren gegenüber den vorhandenen Religionen nicht mehr so tolerant, wie es zuvor umgekehrt der Fall war. Die Muslime, deren Kapitulationsangebot abgelehnt wurde, wurden unterdrückt. Sie konnten sich nicht wie die Juden in eigenen Stadtvierteln zusammentun und auch ihre Gottesdienste waren fortan verboten. Die gesamte Bevölkerung wurde zu Leibeigenen. Die Juden dagegen wurden zunächst noch einige Zeit toleriert (bis ca. 1300). Es herrschte also eine sehr interreligiöse Landschaft, die aber nicht friedlich miteinander zusammenlebte.

In dieses Klima kam Ramon Llull, der nach einer Kreuzesvision und folgender Pilgerschaft nach Santiago de Compostella vorhatte, die Muslime zu bekehren, und dabei auch auf große jüdische wissenschaftliche Gelehrte in den Künsten der Kabbalah, Astrologie und Kartographie traf. Seine Missionsarbeit scheiterte im Kern allerdings an dem noch heute hinderlichen Problem der christlichen Trinität. Die Welt dreifaltig zu erklären, gelang ihm aber auf recht einfache Weise, und diesen Ansatz konnte er dann auf die gemeinsamen göttlichen Eigenschaften der abrahamitischen Religionen aufsetzen. Er stellte aber die beständige Aktivität des Göttlichen als wesentlich in den Vordergrund, was sehr passend zu seiner Auslegung der Dreifaltigkeit war. Wie Augustinus machte er diese an der menschlichen Liebe deutlich, denn eine echte, tätige Liebe setzt einen Liebenden, einen Geliebten und die Liebe voraus, die sie verbindet. Mit dieser Idee versuchte er die Ungläubigen zu bekehren.

Die Fleischwerdung Gottes – also den Übergang von der aktiven göttlichen Struktur zu den Geschöpfen – lehrte er durch die Eigenschaften der vier Elemente, die ein Spiegel des dreifaltigen Wirkens sind. Mit Christus als Abbild des „Vaters“ entwickelte sich aber sehr schnell eine mariologische Lehre. Maria bekam eine herausragende Stellung in seiner Dreifaltigkeitslehre und der Fleischwerdung. Ihre Position als Mutter Gottes macht sie zur Herrin und Mutter aller Geschöpfe. Er ändert damit die ganzen Erbsünde-Geschichten von Adam und Eva, und mit dieser Fleischwerdung Gottes entwickelt er eine komplett neue „Wiedererschaffungs-Theorie der Schöpfung“. Alles Gute in der Welt kommt von nun an nur durch Maria. Mit ihr hatte er auch ein gutes Werkzeug für seine Missionierungsversuche in der Hand, denn diese wird auch im Islam verehrt. Er vergleicht sie mit dem Morgenlicht, die die neue Schöpfung ankündigt und vollbringt. Die Morgenröte, die Licht in der Dunkelheit spendet, gilt im Koran als „das Zeichen unter den größten Zeichen“ und die Seele der Welt, die sich in der mystischen islamischen Tradition, speziell im schiitischen Islam, in der Figur Fatimas, der Tochter des Propheten manifestiert.

Über die Argumentationskette Maria-Fatima-Jungfrau-Mutter hatte er die Bezüge, die er brauchte. Maria ist die Quelle der göttlichen Materie, die Mutter des Unendlichen in der Materie und als Maria-Morgenröte das Glied zwischen Geschöpf und Schöpfer, zwischen dem Freund und dem Geliebten, so wie das Erwachen in der Morgenröte, das Tod ist und Leben. Bei Llull ist Maria der absolute Bezugspunkt seines ganzen Systems, das sich um die Seele, die Jungfrau und Mutter ist und fähig, Gott in sich zu gebären, dreht. Das beeinflusste die Frauenmystik des 13. Jahrhunderts und wird noch später im Werk Meister Eckharts erscheinen. Zur Zeit Llulls war sein Marien-Denken allerdings noch völlig unüblich in scholastischen Kreisen. Sein Buch über die heilige Maria, das nach dreißig Prinzipien strukturiert ist, richtete sich ausdrücklich an Frauen. Es handelt von einem Eremiten und seiner Auseinandersetzung mit drei Frauen, die ihn belehren.

Zum ersten Mal liegt eine deutsche Übersetzung zusammen mit dem vergriffenen katalanischen Urtext des wichtigen Marien-Buches von Lllull vor, das später die Gedanken von Nikolaus von Kues, Giovanni Pico della Mirandola, Meister Eckhart, Gottfried Wilhelm Leibnitz und vielen anderen so sehr beeinflusste.

http://de.wikipedia.org/wiki/Ramon__Llull