Archiv der Kategorie: Thriller & Krimis

Huston, Charlie – Ein gefährlicher Mann

Anfangs war der sympathische Verlierertyp Hank Thompson noch [„Der Prügelknabe“. 1469 Durch Zufall und weil er ein so netter Kerl ist, der nichts Böses ahnt, gerät er in einer Auseinandersetzung unter Gangstern zwischen die Fronten. Doch Hank hat eine gehörige Portion Glück und so gelingt ihm die Flucht – im Gepäck viereinhalb Millionen Dollar, die nicht wirklich ihm gehören.

Und so wird aus dem Prügelknaben [„Der Gejagte“. 1518 Hank setzt sich nach Mexiko ab und lebt ein gemütliches Leben zwischen Bungalow und Strandbar. Das geht aber nur so lange gut, bis in Hanks geliebter Strandbar ein Typ mit russischem Akzent auftaucht. Hanks geheimes Leben in Mexiko droht aufzufliegen und so tritt er erneut die Flucht nach vorn an. Zurück in den USA, zieht Hank schon bald wieder eine Spur der Verwüstung hinter sich her, doch so sehr Hank auch zu entkommen versucht, am Ende hat David Dolokhov, ein russischer Gangsterboss, Hank in der Hand. Und Hank hat nicht einmal mehr die viereinhalb Millionen Dollar parat, um sich freizukaufen.

Hank hat keine andere Wahl als in den Dienst von David zu treten, und so wird er „Ein gefährlicher Mann“. Mit David ist vereinbart, dass Hank für ihn als Schläger und Killer arbeitet und David im Gegenzug das Leben von Hanks Eltern verschont. Hank macht, was von ihm verlangt wird, aber er selbst geht dabei vor die Hunde. Er verliert jeglichen Lebensmut und übersteht die meisten Tage nur zugedröhnt mit Tabletten.

David bleibt die schlechte Verfassung seines geheimen Schützlings nicht verborgen, und so setzt er Hank bald auf einen neuen Auftrag an, der etwas weniger düster ist: Hank soll den aufstrebenden Baseballstar Miguel Arenas als Bodyguard beschützen. Arenas hat aufgrund seiner Spielsucht einen riesigen Berg Schulden bei David. Davids Plan ist es, Miguel von sich abhängig zu machen. Unter Hanks Aufsicht soll Miguel weiter Schulden aufhäufen, damit er als Profibaseballer manipulierbar wird.

Doch nebenbei hat Hank noch andere Sorgen. Davids Schwägerin Anna (deren Sohn Mickey in Mexiko von Hank umgebracht wurde) schwört Rache und will Hank aufspüren und notfalls mit Hilfe ihrer beiden skrupellosen, russischen Neffen ermorden. Es kommt zum Showdown in New York, wo sich schon bald die Ereignisse überschlagen …

Bereits mit den ersten beiden Teilen seiner Trilogie um den sympathischen Verlierertypen Hank Thompson hat Charlie Huston, von Haus aus Drehbuchautor, bewiesen, dass er sein Handwerk versteht. Ein Buch der schnellen Schnitte – hart, lakonisch und temporeich erzählt. Die Geschichte ist für eine Verfilmung prädestiniert und so verwundert es nicht, dass die Filmrechte bereits nach Hollywood verkauft wurden. Für „Der Gejagte“ wurde Charlie Huston obendrein mit dem Edgar Award, dem wichtigsten amerikanischen Krimipreis, belohnt.

Huston versteht es, einen actiongeladenen Plot mit rabenschwarzem Humor zu verquicken und hat mit Hank Thompson eine Hauptfigur erschaffen, der man viele Sympathien entgegenbringen kann. Hank schliddert im ersten Band der Reihe so unverhofft in die Geschichte, wie es jeden Menschen treffen könnte. Seine Hilfsbereitschaft wird damit belohnt, dass er zwischen die Fronten einer Auseinandersetzung unter Gangstern gerät. Für Hank geht es dabei ums nackte Überleben, und um mit heiler Haut aus der Sache rauszukommen, muss er schon bald Gewalt anwenden.

Dadurch verliert er im Laufe der Reihe natürlich ein paar Sympathiepunkte. Hanks Weg durch die Geschichte ist gepflastert mit Leichen, dennoch bleibt er durchaus sympathisch. Hank versucht mit allem, was er tut, das Leben seiner Eltern zu schützen, das der Gangsterboss David Dolokhov quasi als Pfand für Hanks Loyalität missbraucht. Die eingebüßten Sympathiepunkte erobert Hank Thompson sich dabei zum Ende der Geschichte wieder zurück. Huston beendet die Geschichte so, dass Hank einem wieder so sympathisch ist wie ganz am Anfang – und das durchaus glaubwürdig.

Auch ganz grundsätzlich betrachtet, ist „Ein gefährlicher Mann“ ein stimmiger Schlusspunkt der Trilogie. Huston führt die Geschichte gelungen und glaubwürdig zu Ende und rundet die Geschichte damit auf gelungene Weise ab. Zwar wirkt der letzte Teil nicht mehr ganz so spritzig und humorvoll, wie es gerade beim zweiten Teil „Der Gejagte“ der Fall ist, dennoch führt Huston die Geschichte auf stimmige Weise fort. Der Humor konzentriert sich in diesem Band vor allem auf den Starkult, den die „Fans“ von Hank Thompson um den meistgesuchten Mann Amerikas in Internet zelebrieren. Letztendlich fällt der letzte Teil gerade anfangs um einiges düsterer aus. Hank ist drauf und dran, den Lebensmut völlig zu verlieren. Ohne Tabletten läuft eigentlich nichts mehr und sein Dasein ist dermaßen trostlos, dass die humorvolle Note des Vorgängerbandes zwangsläufig weniger ausgeprägt ist.

Seinem Stil bleibt sich Huston ansonsten treu. Schnelle Schnitte, wie in einem Actionfilm, harte, ungeschönte Beschreibungen, die auch mit Brutalität nicht geizen, und Dialoge mit vielen F-Wörtern. Charlie Huston lässt sich innerhalb des Krimigenres eben eher der Hard-Boiled-Ecke zuordnen.

Für Quereinsteiger ist „Ein gefährlicher Mann“ übrigens absolut ungeeignet. Wer nicht weiß, was vorher alles schon passiert ist, der wird kaum folgen können. Da sich die Bücher von Charlie Huston aber ohnehin in Rekordzeit durchlesen lassen, da sie äußerst locker und flott geschrieben sind, kann das eigentlich niemanden stören.

Bleibt unterm Strich festzuhalten, dass Charlie Huston mit „Ein gefährlicher Mann“ einen stimmigen Schlusspunkt für seine Hank-Thompson-Trilogie geschaffen hat. Wer schon die Vorgängerbände mochte, der wird auch an diesem Band seine wahre Freude haben. Hank Thompson bleibt ein Sympathieträger in einem temporeichen und mitunter ziemlich blutigen Plot. Actionreiches, rasantes und mitunter schwarzhumoriges Kopfkino, das über alle drei Teile der Reihe zu überzeugen weiß. Das gelungene Finale rundet die Reihe stimmig ab und unterstreicht den guten Eindruck, den Charlie Huston mit den ersten beiden Bänden hinterlassen hat.

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Thomas Harris – Hannibal Rising

Thomas Harris‘ Hannibal-Trilogie (mittlerweile muss man wohl Quatrologie sagen) schlug im Thriller-Genre ein wie eine Bombe. Hannibal Lecter ist der Prototyp des wahnsinnigen und intelligenten Bösewichts, der grausamer ist als viele seiner „Kollegen“ und oft kopiert, aber bislang selten (gar nicht?) erreicht wurde. Auch die Verfilmungen der drei Romane waren erfolgreich wie kaum andere Thrilleradaptionen, der Film zum zweiten Teil [„Das Schweigen der Lämmer“ 354 wurde nicht zu Unrecht als bester Film ausgezeichnet und hat in diesem Genre Maßstäbe gesetzt, die natürlich auch auf dem Erfolg des gelungenen Buches fußen.

Wie so oft, wollen Autoren ihre erfolgreichen Reihen fortsetzen, solange sich damit noch Geld machen lässt, doch leider können diese Fortsetzungen oder auch Sequels/Prequels oft genug nicht adäquat an die Erfolge der Vorgängerromane anknüpfen. Dies ist leider auch bei „Hannibal Rising“ der Fall. Doch beginnen wir am Anfang:

Zur Zeit des zweiten Weltkrieges leben der junge Hannibal Lecter und seine kleine Schwester Mischa zusammen mit ihren Eltern in der Burg Lecter in Litauen. Der einstige Reichtum der traditionsreichen Familie Lecter ist bereits vergangen, die Gemälde und Schätze der Burg Lecter wurden gestohlen und werden Hannibal zu späteren Zeiten erneut begegnen. Nazis treiben ihr Unwesen in der Gegend, und nachdem Hannibals Eltern ums Leben kamen, sind Hannibal und die kleine Mischa auf sich alleine gestellt. Als sich einige Deserteure bei den Lecters einquartieren, erlebt Hannibal die bislang schlimmste Zeit seines Lebens. Seine Schwester und er werden von den Deserteuren gequält, doch schließlich kann Hannibal entkommen.

Als man den inzwischen stummen und verstörten Jugendlichen findet, bringt man ihn in ein Waisenheim, wo Hannibal von schweren Albträumen heimgesucht wird. Seine Schwester Mischa dagegen ist verschwunden und Hannibal kann sich an nichts erinnern. Nachts quälen ihn böse Gedanken, die ihn zurück in eine düstere Scheune und zurück zu seiner Schwester führen. Doch tagsüber lässt Hannibal diese Gedanken nicht zu, aus Angst, mit ihnen nicht fertig werden zu können.

Hannibals Onkel und seine schöne japanische Frau, die Lady Murasaki, nehmen den Jungen zu sich nach Frankreich, wo Hannibal endlich wieder im Kreise seiner Familie leben kann. Hannibal fühlt sich immer mehr zu Lady Murasaki hingezogen und rächt die japanische Dame auf grausame Weise, als diese empfindlich beleidigt wird. Der Junge überspringt einige Jahre in der Schule und beginnt in jungen Jahren sein Medizinstudium, in dem er seine besonderen Talente in der Anatomie entdeckt. Nachdem er sich durch eine Wahrheitsdroge an die Dinge erinnern kann, die seiner geliebten Schwester angetan wurden, sinnt Hannibel auf Rache und wird zu dem uns bekannten Kannibalen …

Thomas Harris‘ Ansinnen, uns Hannibal Lecters Wandlung zum Kannibalen zu erklären, ist gar nicht so verkehrt. Natürlich interessiert es den Fan der vergangenen drei Bände, wie Hannibal Lecter zu dem brutalen und berechnenden Monster werden konnte, als das wir ihn ab dem „Roten Drachen“ antreffen. Doch leider verpackt uns Thomas Harris diese spannenden Informationen in einem Roman, der jeglichen Spannungsbogen vermissen lässt und mir schier endlos vorkam. Stilistisch fällt „Hannibal Rising“ damit völlig aus dem Rahmen und will sich so gar nicht in die Hannibal-Reihe einfügen. Harris bemüht sich in diesem Prequel, uns Hannibal als kleinen noch unschuldigen Jungen zu präsentieren, der glücklich in seiner Familie aufwächst und einen Narren an seiner kleinen Schwester gefressen hat. Doch diese menschliche Seite ist es gar nicht, die man uns noch vorstellen muss, da wir diese durchaus kennen. Immerhin hat Hannibal gegenüber Clarice Starling schon oft genug Sympathie und menschliche Gefühle gezeigt.

Hannibals schlimme Kindheit breitet uns Thomas Harris in nahezu epischer Breite aus, ohne dabei aber auf den Punkt zu kommen. Immer wieder deutet Harris an, dass Mischa etwas Schreckliches passiert sein muss, doch kann man als Leser natürlich bereits ahnen, was die Deserteure mit ihr angestellt haben müssen, um Hannibals Wandlung zu einem Kannibalen zu erklären. Die stärksten Szenen im Buch sind meiner Meinung nach diejenigen, als wir den kleinen Hannibal als verstörten und stummen Jungen im Waisenheim treffen, der von Alpträumen geplagt wird und sich ständig fragt, was bloß aus seiner Schwester geworden ist, die auf mysteriöse Weise verschwand. In manchen Situationen blitzt bereits Hannibals aggressiver Charakter hervor, doch dominiert hier noch Hannibals verletzliche Seite, die schlussendlich zu seiner grausamen Wandlung führt.

Leider häufen sich im weiteren Verlauf des Buches die Ungereimtheiten, die uns kaum oder gar nicht erklärt werden. Mir ist beispielsweise Hannibals merkwürdige Liebe zu Lady Murasaki, die scheinbar auch noch erwidert wird, nicht wirklich klar geworden. Wieso die glücklich verheiratete Lady Murasaki sich zu einem Jugendlichen hingezogen fühlt, von dem sie weiß, dass er mindestens ein Menschenleben auf dem Gewissen hat, lässt Thomas Harris weitgehend im Dunkeln.

Insgesamt zieht sich der Plot zäh wie Kaugummi und mag nicht so recht mitreißen. Hannibals spätere Seelenqualen lassen uns bei der Lektüre ziemlich kalt, seine Charakterzeichnung fand ich in allen drei anderen Romanen weitaus faszinierender und authentischer. Wie Hannibal zum Kannibalen werden konnte, lässt sich praktisch in einem Satz zusammenfassen, doch nimmt Thomas Harris sich 345 Seiten lang Zeit, um uns dies in allen Einzelheiten darzulegen. Mich konnte diese Vorgehensweise nicht überzeugen, zumal ich den Stilbruch nicht gelungen fand. Von Thomas Harris und von Hannibal Lecter erwarte ich packende und gruselige Spannung, da erwarte ich einen Roman, der mich von der ersten Seite an mitreißt und mir kalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Nichts davon ist bei „Hannibal Rising“ eingetreten. Schade, aber ich fand Thomas Harris‘ Versuch, uns Hannibal Lecters Vergangenheit näher zu bringen, ziemlich misslungen und hoffe nun eher auf eine Fortsetzung, die sich wieder Hannibals Zukunft widmet.

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Clasen, Carola – Wildflug

_Eine Kommissarin im Abseits: Carola Clasen wartet mit einem atmosphärischen Eifelkrimi auf._

Ein neuer Roman der 1950 in Köln geborenen Autorin Carola Clasen führt den Leser erneut in die Eifel. Mittelpunkt des Geschehens von „Wildflug“ ist die Ermittlerin Sonja Senger, bereits bekannt aus dem erfolgreichen Kriminalroman „Auszeit“ aus dem |KBV|-Verlag in Hillesheim.

Doch scheint das Leben der Sonja Senger, die vor mehreren Jahren von Trier in ein Forsthaus nahe Wolfgarten zog, von Trauer und Wut geprägt. Ihr Lebensgefährte Jerome hat sie im Stich gelassen, und die Kommissarin bewältigt ihren Schmerz nicht. Einen neuen Job in einem Kölner Kriminalkommissariat tritt sie nicht an, betrinkt sich lieber regelmäßig und riskiert einen Rausschmiss und den Verlust ihrer Pensionsansprüche.

An ihr geht dennoch nicht vorbei, dass die Eifeler Presse in Aufruhr ist, da der Sohn des Emirs von Abu Dhabi die Greifvogelstation Hellenthal besuchen wird und seinen geliebten Falken Amir mitbringt.

Ausgerechnet Sonja Senger entdeckt Tage später bei einem Waldspaziergang einen verletzten Raubvogel. Es ist Amir, der Falke des hochherrschaftlichen Sohnes Karim bin Tayed Al Nahyan, der sich angeblich wieder in seinem Heimatland befindet. Doch allen Beteiligten, mit denen Sonja Senger spricht, ist klar, dass der junge Sohn des Emirs das Land nie ohne seinen Lieblingsfalken verlassen hätte. Die Kommissarin steigt in den Fall ein.

Der Autorin Carola Clasen ist es gelungen, einen atmosphärischen Roman zu schreiben, der gleich aus mehreren Gründen gefällt. Sie beherrscht das Eifeler Lokalkolorit, ohne sich in Klischees über die Bewohner des Landstriches zu verzetteln. Und zudem ist die Idee des Romans ausgefallen und gut ausgearbeitet, so dass dem Leser viel Spannung gegeben wird. Richtig brillant ist der Roman zudem durch die Lebenssituation der Sonja Senger. Die ersten Kapitel sind geprägt von der durch die Trennung vom Partner desolaten Situation der Kommissarin. Carola Clasen weiß den Leser tief in die Seele der wechselweise wütenden und traurigen Kommissarin schauen zu lassen.

Der aktuelle Roman „Wildflug“, der bei |KBV| erschien, ist vielleicht der bisher beste Krimi der Autorin. Die Mischung aus Spannung und angenehmem Schreibstil gefällt, auch die Persönlichkeit Sonja Sengers als Titelheldin überzeugt eben dadurch, dass sie Schwächen hat, die den Leser auch emotional ansprechen.

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Sheldon Rusch – Rabenmord

Das geschieht:

Ihr aktueller Fall führt Elizabeth Hewitt, Special Agent der Illinois State Police, in den winterlichen Chain-O-Lakes-Nationalpark. Dort haben Spaziergänger einen Frauenschädel gefunden. Er wurde an einen Baum genagelt, aus einer Augenhöhle hängt an einem Band die Nachbildung eines Käfers. Die literarisch vorgebildete Hewitt erkennt, wen der unbekannte Schöpfer dieser Szene hier nachahmt: Edgar Allan Poe, der berühmte Schriftsteller, verfasste 1843 die Kurzgeschichte „Der Goldkäfer“, in der besagtes Insekt den Hinweis auf einen vergrabenen Schatz gab.

In diesem Fall findet man im Boden unter dem Käfer allerdings die sorgsam zerteilte Leiche der seit sechs Wochen verschwundenen Brandi Kaczmarek, der auch der Schädel am Baum gehört. Der „Rabe“, wie die begeisterten Medien den unbekannten Mörder umgehend nennen, hat schon eine weitere Poe-Geschichte nachgestellt: „Die schwarze Katze“, entstanden ebenfalls 1843, beschreibt das schreckliche Ende einer Frau, die mit einem einäugigen Katzentier in ihrem Haus eingemauert wird. Genevieve Bohannon, der dieses Schicksal beschert wurde, kann nur noch tot geborgen werden. Sheldon Rusch – Rabenmord weiterlesen

Ian Smith – Der innere Zirkel

Das geschieht:

Wieder einmal wird Professor William Bledsoe, Naturwissenschaftler und Dozent am Dartmouth College zu Hanover im US-Staat New Hampshire, mit einem hohen Preis ausgezeichnet. Der bescheidene Mann schätzt das Rampenlicht wenig. So stiehlt er sich früh davon, als er gefeiert werden soll, und fährt zu seinem einsam gelegenen Haus im Wald, wo seine Frau auf ihn wartet. Kurz vor dem Ziel, fällt Bledsoe ein am Straßenrand liegengebliebener Wagen auf. Er bietet seine Hilfe an – und erkennt zu spät, dass er in eine Falle geraten ist: Rednecks wollen ihn entführen. Bledsoe kann fliehen, wird jedoch gestellt und umgebracht.

In New York wird Sterling Bledsoe vom Verschwinden seines Bruders informiert. Der FBI-Agent bricht sofort in den Norden auf, um sich in die Ermittlungen der örtlichen Polizei einzuschalten. Als wenig später Williams Leiche gefunden wird, scheint alles auf eine rassistisch begründete Bluttat hinzuweisen: Die Bledsoes sind Afro-Amerikaner, und eine entsprechende Verunglimpfung wurde der Leiche tief in die Brust geschnitten. Ian Smith – Der innere Zirkel weiterlesen

Venn, Hubert vom – Väter unser …

_Hubert vom Venn präsentiert den zweiten Fall eines chaotischen Eifeler Journalisten_

Aktuell im Rhein-Mosel-Verlag erschienen, präsentiert der Kabarettist und Theaterleiter Hubert vom Venn seinen zweiten Krimi mit dem Journalisten Nusselein. Der Autor bedient sich seiner Heimat, vor allem der Region um Monschau.

Charly Nusselein wird vom Kripobeamten Zimmermann auf Trab gebracht. Er braucht die Hilfe und die Spürnase des Journalisten, denn eine Provinzgröße wurde ermordet und nackt an ein Andreaskreuz gehängt. Schmiereien an einer Wand und die verschlüsselte Botschaft

SATOR
AREPO
TENET
OPERA
ROTAS

verwirren die Kripo und auch die Presse. Das Rätsel bleibt ungelüftet. Ein zweiter Mord geschieht, und wieder sind es die sonderbaren Buchstaben, die Nusselein und Zimmermann beschäftigen. Zudem findet sich die gesprühte Botschaft „Bande de Nivelles“. Erste Vermutungen reichen dahin, dass es einen Zusammenhang zu besonders brutalen Überfällen der 80er Jahre auf belgische Supermärkte in der Wallonie geben könnte. Auch vor bereits Toten schreckt der unbekannte Mörder nicht zurück. Ein Grab wird geschändet, und zufällig finden Nusselein und Zimmermann heraus, dass alle Toten einem Monschauer Stammtisch angehörten.

Hubert vom Venn wurde 1953 geboren und ist gelernter Journalist. Ein knappes Jahrzehnt arbeitete er für Tageszeitung und ist seit 1983 freischaffend. Unter anderem arbeitete er für Musiksendungen und für den Sender Radio Luxemburg. Der Leiter der Theater Monschau und Roetgen geht zudem reglemäßig mit Jupp Hammerschmidt auf Kabarett-Tournee.

Besonders witzig verbindet Hubert vom Venn Krimi und Humor. Der Leser kann entscheiden, ob es eine kriminelle Komödie oder doch eher ein komödiantischer Krimi ist, wenn er „Väter unser …“ liest. Stilistisch ist der Roman brillant, zudem besticht er durch gute Spannung und eine doppelte Prise Witz, wie dies ganz besonders Hubert vom Venn beherrscht. Als Komödiant, der auch regelmäßig auf Tour ist, mag es zum Naturel des Autors gehören, einen Krimi mit ausgesprochenen spaßigen und spritzigen Dialogen zu verbinden. Auf 200 Seiten jedenfalls wird „Väter unser …“ nie langweilig.

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Hammesfahr, Petra – Schatten, Der

Einst war Stella Helling eine glückliche Frau: Als Filmproduzentin feierte sie große Erfolge und mit dem Polizeikommissar Heiner heiratete sie ihre große Liebe. Doch wenige Jahre später wendet sich das Schicksal. Stella kommt nicht mit ihrer dominanten Schwiegermutter aus, die mit dem Ehepaar zusammenlebt, die Quoten sinken, ihre Sendungen werden der Reihe nach abgesetzt und Stella verfällt mehr und mehr dem Alkohol. Zu allem Überfluss kommt das ersehnte Kind schwerbehindert auf die Welt. Stella ist völlig überfordert und wird zum menschlichen Wrack. Ihr einziger Halt ist ihr Mann Heiner, dem es jedoch auch immer schwerer fällt, zu seiner Frau zu stehen.

Eines Nachts ist Heiner mal wieder im Dienst und Stella allein zuhause mit Schwiegermutter Therese und der kleinen Tochter Johanna. Im Fernsehen wird Stellas größter Erfolg wiederholt, „Der Schatten mit den Mörderaugen“. Mit viel Mühe versorgt Stella notdürftig ihr Kind und schläft wie so oft betrunken auf der Couch ein. Sie erwacht durch einen lauten Schrei und sieht die Schattengestalt aus dem Film vor sich. Am nächsten Morgen ist das Haus verwüstet, Therese wird erschlagen im Badezimmer aufgefunden und von dem Baby fehlt jede Spur.

Niemand will Stella glauben, dass der Schatten mit den leuchtend grünen Augen leibhaftig vor ihr stand. Stattdessen gerät sie in Verdacht, Therese und ihr Kind ermordet zu haben. Auch ihr Mann Heiner scheint Probleme zu haben, seiner Frau zu glauben. Kommissar Arno Klinkhammer stößt bei seinen Nachforschungen in Stellas Vergangenheit auf einige interessante Details und eine gemeinsame Bekannte. Gabi Lutz ist nicht nur seit Jahren mit Stella verfeindet, sondern lieferte auch die Romanvorlage für den Schatten-Film. Einige Leute sagen ihr übersinnliche Fähigkeiten nach, mit denen sie schon andere Menschen ruiniert haben soll. Hat sie Anteil an der Tragödie? Oder ist Stella tatsächlich die Täterin? Welche Rolle spielt ihr Mann Heiner in dem Drama? Wurde das Baby entführt oder ist es bereits tot? Klinkhammer steht vor einer Reihe von Rätseln, die weit in Stellas Vergangenheit zurückführen …

Eines kann man Petra Hammesfahr gewiss nicht vorwerfen, nämlich Vorhersehbarkeit der Handlung ihrer Romane. Die Autorin, die sich in Interviews gerne als „gemein“ bezeichnet, neigt dazu, fast jede ihrer Figuren als verdächtig erscheinen zu lassen und verschmäht auch keine offenen Enden, die den Leser grübeln lassen. Es gibt keine Garantie, dass die Hauptperson sich als unschuldig entpuppt, und jeder läuft Gefahr, im Verlauf der Handlung ebenfalls zu sterben.

|Verwirrung durch Zeitsprünge|

In diesen Merkmalen, die Hammesfahr von Durchschnittsthrillerautoren abheben, liegt jedoch auch die Schwäche, die auch diesen Roman kennzeichnet. Das Ausgangsszenario ist spannend und wirft viele Fragen auf, doch anstatt ein solides Grundgerüst zu errichten, verwirrend sich die Fäden im weiteren Verlauf immer mehr. Dabei besitzen die zahlreichen Rückblicke einen nicht unerheblichen Anteil. Immer wieder führen Kapitel zurück in Stellas Vergangenheit, zunächst in ihre frühe Kindheit, später in die Zeit ihrer Erfolge, ihres Kennenlernens mit Gaby und ihrer Ehe mit Heiner. Natürlich sind diese Stationen wichtig für die Entwicklung der Geschichte, aber es das Hin- und Herspringen reißt den Leser immer wieder aus dem Lesefluss heraus. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Rückblicke auch intensiv um Gabis Vergangenheit kümmern. Die kleingewachsene Frau mit dem Elvis-Faible und dem Hexenruf wird zu einer der wichtigsten Personen im Buch, die man als Leser recht intensiv kennen lernt. Allerdings ist auch ihre Vergangenheit kompliziert angelegt und es braucht eine gewisse Konzentration, um den notwendigen Überblick über alle Parallelen im Kopf zu behalten. Je weiter man in die Handlung vorstößt, desto tiefer verweben sich die einzelnen Schicksale miteinander. Kommissar Klinkhammer – übrigens in [„Die Mutter“ 1419 als Ermittler tätig -, Therese, Heiner, Gabi, Stella, Stellas Kollegen, sie alle gehören auf die eine oder andere Art zueinander, und dass diese Verhältnisse oft zwiespältiger Natur sind, macht es nicht einfacher.

Schwierigkeiten bringen auch die mitunter zu ausführlichen Schilderungen mit sich. Wenn die Polizeibeamten versuchen, den Tathergang in Stellas Haus zu rekonstruieren, ziehen sich diese Überlegungen schon mal über mehrere Seiten, in denen es fast nur um Fuß- und Fingerabdrücke, Spurensuche und zeitliche Abfolgen geht. Diese Gedankengänge mögen der Autorin authentisch gelungen sein, passen aber eher in einen Polizeibericht als in einen Roman, wo sie auf Dauer ermüden und einen Spannungsabfall verursachen.

|Licht und Schatten bei den Charakteren|

Auf der Habenseite stehen ein interessanter Ausgangspunkt mit der nötigen Dramatik, schließlich kommen genug Verdächtige für den Mord in Frage und lange Zeit ahnt man nicht, was mit dem verschwundenen Baby geschehen ist. Die Zeit drängt, als sich herausstellt, dass entgegen der Theorie, dass Therese das Kind vor ihrem Tod bei jemandem unterbrachte, sich niemand aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis meldet und man über einen weiteren Mord oder eine Entführung spekulieren muss. Zugute halten muss man Petra Hammesfahr die psychologische Tiefe, die sie in den Roman einbringt. Keiner der Charaktere handelt willkürlich, sie alle haben ihre Traumata erlebt, die sie zu ihren Handlungen treiben. Stellas Wandlung von der ehrgeizigen Karrierefrau kommt schleichend, aber nachvollziehbar und ist bereits in ihrem familiären Hintergrund angelegt. Heiner vermittelt ihr Rückhalt und repräsentiert als Polizeikommissar besondere Stärke und Souveränität, gleichzeitig aber wird er von Therese bemuttert und lebt noch als verheirateter Familienvater mit ihr unter einem Dach. Auch die resolute und als Gemeindeschwester sich aufopfernd engagierende Therese ist keine eindimensionale Figur, sondern offenbart eine leichtlebige Einstellung zu Männern, die sie später noch einholen wird. Ebenfalls lange Zeit unklar bleibt, wie man Gabi einzuschätzen hat. Das zierliche Persönchen mit dem frechen Auftreten, dem enormen Arbeitspensum, einem schweren persönlichen Verlust, der zu einem Selbstmordversuch führte, und den angeblich telekinetischen Fähigkeiten ist ebenfalls eine vielschichtige Figur, die man gleichzeitig als unsympathisch und beeindruckend zielstrebig erlebt. Auf der Strecke geblieben ist leider die Sympathie für Stella, für die man zwar gegen Ende ein gewisses Mitleid empfindet, aber zu wenig und zu spät, als dass man intensiv um sie bangen und fiebern würde. Wie üblich entpuppt sich ein scheinbares Dorfidyll als Wespennest. Hammesfahr desillusioniert und das offenbar mit Vergnügen. Nichts ist, wie es scheint, und das wäre gut so, wenn sie es nicht mit den nebulösen Verwirrungstaktiken übertrieben hätte.

Positiv ist dagegen, dass sie sich mit den offenen Fragen diesmal angenehm zurückgehalten hat. Zwar bleibt ein wenig Raum für Spekulationen, aber das Ende befriedigt, wird sogar mehr erläutert als notwendig und das abschließende Grübeln, das man von anderen Werken kennt, bleibt aus.

_Zum Schluss_ kommt man leider zum Fazit, dass „Der Schatten“ kein Highlight unter den Hammesfahr-Romanen ist, trotz des eigentlich Spannung verheißenden Themas. Die Hauptfigur erweckt zu wenig Mitgefühl, die Zeitsprünge und vielen falschen Fährten verwirren und entnerven den Leser, bestimmte Szenen werden unnötig in die Länge gezogen. Erfreulich ist, dass nicht so viele offene Fragen wie bei anderen Werken der Autorin bleiben und sie sich wie üblich um psychologische Tiefe und Vielschichtigkeit bemüht.

_Petra Hammesfahr_ wurde 1951 geboren. Bereits mit 17 Jahren begann sie zu schreiben, doch anstatt zu veröffentlichen, arbeitete sie zunächst als Einzelhandelskauffrau. 1991 erschien ihr erster Roman, weitere Kriminalromane folgten. Ab Mitte der Neunziger schrieb sie u. a. auch Drehbücher fürs Fernsehen. Weitere Werke sind u. a.: „Das Geheimnis der Puppe“ (1991), „Merkels Tochter“ (1993), „Der stille Herr Genardy“ (1993), „Die Sünderin“ (1999), „Der Puppengräber“ (1999), „Die Mutter“ (2000), „Lukkas Erbe“ (2000), „Meineid“ (2001), „Das letzte Opfer“ (2002) und [„Die Lüge“ 2278 (2003).

Kramp, Ralf – Ein kaltes Haus

_Idealer Stoff für ein Drehbuch_

Die Flut an Eifelkrimis hat vermutlich ganz Deutschland im Griff. Auch in Österreich und in der Schweiz findet man sie in vielen Buchhandlungen. Erfolgreichster Autor mag Jacques Berndorf mit seiner Kultfigur Siggi Baumeister sein. Ralf Kramp gehört jedoch zu den ebenfalls erfolgreichen Autoren von Romanan mit Eifeler Flair.

_Autor_

Ralf Kramp wird wohl nicht unbegründet als „Tausendsassa“ tituliert, denn er ist Autor, Verleger, Theaterregisseur und Karikaturist in einer Person. Mit der Übernahme des |KBV|-Verlags ist er auch seiner eigener Herausgeber und bietet ein breites Spektrum an Romanen anderer Autoren.

Geboren wurde er 1961 in Euskirchen, lebt und arbeitet mittlerweile in der Vulkaneifel.

_Story_

Nicht in der Eifel, sondern im australischen Sydney beginnt die Geschichte, denn Fried Söntgens feiert seinen 68. Geburtstag. Der Eifelstämmige hat es zu einem guten Leben gebracht und überlegt, sich bald geschäftlich zurückzuziehen. Während seiner Feier in einem renommierten Restaurant klingelt sein Handy. Michael, ein junger Mann aus der Eifel, ruft an und ist zutiefst verbittert. Als das Gespräch abreißt, fackelt Fried nicht lange und trommelt sein Jugendfreunde Clara und Gregor zusammen, die vor 40 Jahren schworen, sich um den damals kleinen Michael finanziell zu kümmern. Michael war noch ein Baby, als seine Eltern – enge Freunde von Fried, Clara und Gregor – durch ein dummes Wettrennen auf Eifelstraßen tödlich verunglückten.

Fried, Clara und Gregor unterstützten Michael finanziell, und nun treffen sich die Senioren in Köln im Hauptbahnhof, um in dem kleinen Dorf an der Ahr nach dem Rechten zu schauen. Clara ist im Begriff, in ein Seniorenheim umzuziehen, Gregor ist ein nicht sehr erfolgreicher und homosexueller Schauspieler, der sich mit Jobs in der Werbung über Wasser hält.

Wieder vereint, nehmen sie den Zug Richtung Eifel und lassen sich zu dem kleinen Hotel fahren, das Michael gehört und dank der Finanzspritzen von Fried, Clara und Gregor florieren sollte. Doch sie entdecken nur ein eher heruntergekommenes Gemäuer statt ein erwartetes Waldhotel mit Eifeler Flair.

Ratlos verschaffen sie sich Zugang und entdecken Michael im ersten Stock. In Zimmer 11 liegt er tot in der Badewanne und hat seinem Leben ein Ende gesetzt. Der Suizid, dies heruntergekommene Hotel und die Unwissenheit, was Michael zu diesem Schritt getrieben hat, lässt Fried, Clara und Gregor nicht ruhen. Die Polizei schließt den Fall klar als Suizid ab.

Sie erfahren bald, dass sich Michaels Frau Ellen von ihm getrennt hatte und mit dem kleinen Sohn Thommy zu ihrer Familie zurückgezogen sei.

Schulden und Kasinobesuche zeigen bald, dass im Leben von Michael einiges schiefgelaufen ist und auch die Ehe mit Ellen Risse zeigte.

Geschockt aber sind Fried, Clara und Gregor, als sie im Garten Reste einer erloschenen Feuerstelle entdecken. Clara stochert darin herum und entdeckt Reste von Porno-Magazinen, wo Männer mit kleinen Jungen sexuell verkehren. Fragen tauchen auf, ob Michael solch eine Neigung hatte. Im Keller finden sie ferner Fotokopien von Zeitungsberichten über den Missbrauch kleiner Jungen in der näheren Eifeler Umgebung, aber auch ein Foto, das Michael in einer anscheinend norddeutschen Landschaft zeigt.

Alles lässt vermuten, dass Michael pädophil sein könnte, aber tief in ihrer Seele ahnen Fried, Clara und Gregor, dass an der Sache etwas nicht stimmt …

_Eindrücke_

Kurz und knapp: Lieber Gott, lass‘ jemanden so clever sein und ein Drehbuch zu dieser spannenden Geschichte schreiben.

Die Geschichte ist bedrückend und sicher von einem schrecklichen Thema bestimmt, denn Kindesmissbrauch ist das Schäbigste, was man sich vorstellen kann. Dass ein Vater in den Verdacht kommt, selbst ein solcher Täter zu sein, ist besonders bedrückend, zumal wir ja seit Marc Dutroux‘ grausige Taten in Belgien wissen, dass so etwas sehr wohl geschehen kann. Dieser Verbrecher hatte schließlich selbst drei Kinder, entführte aber andere Kinder, um sie zu missbrauchen.

Die Story von „Ein kaltes Haus“ wäre zu simpel, wenn dies auch hier der Fall wäre. Umso erschreckender ist das Komplott, das dahintersteckt und einen Menschen sogar in den Selbstmord treibt. Die Geschichte ist zu gut konstruiert, um durch zu ausufernde Einzelheiten an der Spannung zu rütteln, die sich Seite für Seite mehr und mehr aufbaut.

Dieses Buch glänzt ferner durch drei Hauptdarsteller, die als nahezu 70-jährige sehr untypisch Mittelpunkt eines Krimis sind. Wer aber glaubt, nur drahtige und junge „Typen“ seien in der Lage, souverän Spannung aufzubauen, irrt sich absolut.

Mehr noch: Dem Autor gelingt es, den Leser bis zum nahenden Ende vollkommen im Dunkeln tappen und ihn bestenfalls falsche Vermutungen anstellen zu lassen. Nichts ist unlogisch, nichts ist langatmig, nichts ist überzogen oder unrealistisch konstruiert.

Zudem – von der tollen Spannung abgesehen – ist der Schreibstil von Ralf Kramp sehr einladend. Dieser Roman ist einer der fesselndsten Krimis auf dem deutschen Büchermarkt.

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Peter May – Das rote Zeichen

Ein Serienmörder betäubt und köpft in Chinas Hauptstadt Peking nur scheinbar unschuldige Zeitgenossen; ein ehrgeiziger Kommissar und eine amerikanische Pathologin werden in die Ereignisse verwickelt und kommen einem Verbrechen aus der Zeit der chinesischen Kulturrevolution auf die Spur … – Nicht wirklich inspirierter, immerhin sorgfältig recherchierter, solider Thriller, der von seiner exotischen Kulisse als von der Story oder den Figuren profitiert.
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John Connolly – Die weiße Straße [Charlie Parker 4]

Im Süden der USA wecken Rassisten die Geister der Vergangenheit, die Sühne für einen vor langer Zeit begangenen Lynchmord fordern. Zwischen allen Fronten versucht Privatdetektiv Charlie Parker, den aktuellen Tod eines Mädchens zu klären – und dabei am Leben zu bleiben … – Ungemein spannender, mit drastischen Gewaltszenen nicht sparender, atmosphärisch intensiver Thriller, in den sich Elemente des Phantastischen mischen. Wo es funktioniert, entsteht eine ebenso unheimliche wie poetische Zwischenwelt, in der die Lebenden und die Toten Seite an Seite existieren.
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Ahle, Anke – Pole Position

_Anke Ahle und die Unkenntnis der Formel-1-Regeln_

Die Fachwelt der Formel 1 ist nicht unbedingt überrascht, dass der französische Nachwuchsfahrer Jean-Luc Dalesasse 1996 einen Formel-1-Vertrag bei dem britischen Williams-Team unterschreibt. Deren Topfahrer und Vorjahres-Weltmeister Joe Cheap war zu Ferrari gewechselt.

Dalesasse kommt mit dem raubeinigen technischen Leiter John nicht gut klar, reklamiert bei ihm viele Schwächen des Fahrzeugs, doch der Ingenieur will davon nichts hören. Auf Dauer muss er sich aber sehr wohl mit den technischen Aussagen von Dalesasse auseinandersetzen, spätestens nachdem der Rennfahrer in seinem ersten Grand Prix gleich den vierten Platz einfährt!

Es dauert nicht sehr lange, bis Jean-Luc seinen ersten Formel-1-Sieg feiert und zum Jäger des in der WM erneut führenden Joe Cheap wird.

Auch beim Grand Prix von Monte Carlo läuft alles prima: Dalesasse startet von ganz vorne und fährt einen grandiosen Sieg ein. Der Fürst von Monaco gratuliert ihm, doch direkt danach muss der Racer nebst Teamchef zur Rennleitung. Ihnen wird eröffnet, dass die Benzinprobe des Williams verbotene Zusatzstoffe beinhalte. Der Sieg und die 10 WM-Punkte werden Jean-Luc gestrichen.

Jean-Luc wittert Sabotage und fühlt sich ein Rennen später, beim Grand Prix von Spanien, bestätigt: Wieder auf die Pole Position gefahren, reicht ihm eine Frau Augentropfen, die jedoch zu einer mittelfristigen Sehstörung führen. Die Frau sagt nur, er dürfe wegen Sabotage nicht starten und gibt sich später als die – man höre und staune – Pressesprecherin des Konkurrenzteams Ferrari aus. Tatsächlich kann Jean-Luc nicht starten, und stattdessen springt ein Testfahrer für ihn ein und startet an dessen Stelle von Startplatz 1 (hierzu später mehr: dies ist in der Formel 1 überhaupt nicht möglich). Wie die Unbekannte prophezeite, verunglückt der Ersatzfahrer durch eine defekte Bremsscheibe und verliert sein Leben.

Sue, so heißt sie, ist die Tochter eines englischen Bremsanlagenherstellers, der Großteile der Formel 1 belieferte. Ein Jahr zuvor verunglückte bereits ein Fahrer tödlich durch einen Bremsdefekt. Sues Vater wurde als jener hingestellt, der dies ggf. zu verantworten hat, so dass dieser sich aus dem Rennsport zurückzog. Sue indes ist der Meinung, dass der 1995 verunglückte Fahrer nur deshalb aus dem Weg geräumt werden sollte, damit man ihn loswerde: Bei einer Kündigung im ersten Jahr hätten 20 Millionen Sponsorengelder zurückgezahlt werden müssen, bei „Tod“ gab es keine Klausel. Und man wollte einen Top-Piloten!

Warum aber soll dann auch plötzlich Top-As Jean-Luc Dalesasse durch eine Sabotage aus dem Rennzirkus wieder verschwinden? Gemeinsam mit Sue recherchiert er und fährt trotz der Angst vor Sabotage weitere Rennen, stets den WM-Titel ehrgeizig vor Augen …

Anke Ahle ist als Autorin bislang wenig bekannt. Das Buch verrät über sie, dass sie 1969 in Gummersbach geboren wurde und aus einer motorsportbegeisterten Familie stammt. Bisher veröffentlichte sie mehrere wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Archäologie, lebt aktuell in Köln und betreibt mit ihrem Ehemann einen Online-Versandhandel für Bücher und CDs.

_Schlechter Eindruck_

Fangen wir mit dem unschönsten Teil des Buches an, der Unkenntnis von Regeln der Formel 1: ich verweise auf die Situation, dass Jean-Luc Dalesasse beim GP von Spanien auf Startplatz 1 steht, er kurz vor dem Rennen quasi „ausfällt“ weil er Sehstörungen durch manipulierte Augentropfen hat. Statt seiner sitzt plötzlich ein Ersatzfahrer des Teams im Auto, zudem auf dem Startplatz 1. Schlimm genug, dass er dann bei einem Unfall stirbt. Leider verdirbt Anke Ahle kurzzeitig den Lesespaß durch diese an den Haaren herbeigezogene Situation, insbesondere bei der Berücksichtigung des Formel-1-Reglements anno 1996:

a) Ein Rennfahrer kann laut Reglement nicht kurz vor Startbeginn „ersetzt“ werden.

b) Ein Ersatzfahrer oder „dritter Fahrer“ (siehe z. B. Alexander Wurz oder Anthony Davidson …) müsste wie z. B. 2005 oder 2006 Rennrunden zur Qualifikation drehen. Dies war 1996 in der Form nicht vorgesehen, und wenn, dann dürfte er höchstens von seinem erfahrenen Startplatz starten, nicht aber ersatzweise die Pole Position einnehmen. Aber 1996 durften zudem nur zwei Autos je Team starten, und selbst Fahrer zwei behält seine Startposition und rückt nicht auf.

Wer sich nicht sonderlich für Rennsport interessiert, wird diesen fatalen Schnitzer überlesen, wer aber in unserem Schumi-Land Formel 1 kennt und versteht, stolpert sofort über diesen Fauxpas, der zunächst den Spaß am Weiterlesen leicht hemmt. Anke Ahle hätte es sich viel einfacher machen können: Testfahrten in xyz; wie auch immer konstruiert, wird Dalesasse nicht im Monoposto sitzen und an seiner Stelle der „Testfahrer“, der dann in der Tat durch die genannte „Sabotage“ tödlich verunglückt. Das wäre logisch, das wäre glaubhafter.

_Eindrücke_

Trotz der harschen Worte zu dieser Problemstelle, die das Lesen zunächst mehr in dann bald verfliegenden Ärger umschlagen lässt, bleiben der Roman und der Hintergrund, warum Dalesasse auch durch Sabotagen gefährdet ist, hochinteressant. Zumindest das … In jedem Fall, und das Wort passt, ist der Roman von Anke Ahle sehr intelligent konstruiert! Auch hier ein „zumindest DAS …“.

Auffällig ist auch ihr flüssiger, angenehmer Schreibstil. Leider sind viele Situationen aber zu nüchtern beschrieben bzw. es schwankt: Zum Ambiente von Monte Carlo fallen ihr prägnante Worte ein, bei den anderen Rennstrecken geht sie staubtrocken zur Story über. Alle Szenarien sind oberflächlich und leider schwach an Eindrücken.

Ein Motorsportfreund wird daher in vielen Lesepassagen die typische Rennatmosphäre gänzlich missen. Andererseits: Anke Ahle verzettelt sich nicht in breiten Umschreibungen der Rennszenerie, so dass sich auch ein in Sachen Motorsport Unbedarfter angesprochen und zum Lesen animiert fühlen kann. Es ist diese Wie-man-es-macht-macht-man-es-verkehrt-Situation.

Klar ist, dass der Roman weniger für einen Motorsportfan geeignet ist, auch wenn – abgesehen von dem beschriebenen Patzer – Anke Ahle durchaus allgemeine Motorsportkenntnisse besitzt und diese auch umsetzt. Aber die Darsteller bleiben ein wenig uncharismatisch, da ist für den rennsportbegeisterten Leser „kein echter Benzingeruch in der Luft“. Wer indes unvoreingenommen und an Motorsport wenig interessiert ist, wird ganz klar eine solide, intelligent konstruierte und spannende Geschichte auf 223 Seiten entdecken. Kenner der Szene werden sich indes die Haare raufen.

_Fazit_

Was macht diesen Roman aus? Er spricht Motorsportfans alleine durch den Titel an.

Und dann die Enttäuschung: Die Darsteller sind farblos, die Story erinnert eher an eine zusammengezimmerte Chronologie. Das reicht im Grunde bereits, den Roman nicht mit Freude zu lesen.

Aber dann kommt noch die Unkenntnis der Autorin Anke Ahle hinzu: In einem Kapitel beschreibt sie, dass der Star der Formel 1 unmittelbar vor dem Start durch manipulierte Augentropfen nicht starten kann und dann „hopplahopp“ der Testfahrer in den Wagen springt und auch noch von der Pole Position startet. DAS gibt es im Motorsport nicht, es ist schlicht an jedem Reglement vorbei zusammenphantasiert und verärgert den kompetenten Leser.

Wer sich trotz solcher Schnitzer durch das Buch weiterquält, wird eine intelligente, aber schlecht realisierte Story entdecken. Das nenne ich Geldverschwendung, und ich wäge sorgfältig ab, bevor ich ein Buch unterm Strich schlicht miserabel nenne …

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Kramp, Ralf – Totentänzer

_Erneut ermittelt der sympathische Sonderling Herbie Feldmann auf eigene Faust_

Ein neuer Krimi von Ralf Kramp namens „Totentänzer“ erschien im Frühjahr 2006 im Hillesheimer |KBV|. Zum vierten Mal ermittelt Kramps Figur Herbie Feldmann, ein netter „Spinner“, der Stimmen hört und stets von dem vorlauten und für andere unsichtbaren Julius begleitet wird. Wen wundert es also, wenn Herbies vermeintliche Selbstgespräche ihm den Titel eines komischen Kauzes einbrachten.

In seinem aktuellen Abenteuer hat Herbie Feldmann einen Aushilfsjob als Pizzabote angenommen. Schließlich will er seiner Tante Hettie, die als Vormund sein Vermögen nach seiner Psychose in Jugendtagen verwaltet und zu ihrem eigenen Luxus nutzt, beweisen, dass er mehr als ein Nichtsnutz ist.

Seine Tante liegt im Krankenhaus. Herbie Feldmann begegnet dort derer alten Schulfreundin Finchen Doppelfeld. Ganz Gentleman, fährt er die alte Dame zu ihrem verwahrlosten Haus zurück. Doch genau diese Seniorin wird unmittelbar danach ermordet. Herbie scheint der Letzte zu sein, der Finchen Doppelfeld lebend sah, und fürchtet, zum Verdächtigen zu werden. Er recherchiert also auf eigene Faust.

Dann taucht auch sein schrulliger Onkel Erwin auf und behauptet, Russen wollten ihm einen wertvollen Dolch abknöpfen. Sein Versteck bei Herbie bleibt nicht unbeobachtet und tatsächlich nehmen zwei Russen zunächst Herbie in die Mangel. Dieser verspricht, den Dolch zu besorgen, beschließt aber, von seinem Kumpel Köbes eine Fälschung anfertigen zu lassen. Ausgerechnet von Schnapsnase Köbes, der als Automechaniker nicht einmal mit einem Lackstift umgehen kann, wie man schon in früheren Abenteuern aus der Feldmann-Serie erfahren durfte.

Auf der Suche nach Finchen Doppelfelds Mörder stößt Herbie Feldmann auf einen Hinweis, dass sie extrem tiervernarrt war. Sollte jemand die alte Dame ermordet haben, weil sie ihr Testament auf einen Tierschutzverein umschreiben wollte, oder steckt da noch viel mehr dahinter? Wie zu erwarten, bleibt es nicht bei einem Mord. Kein Wunder, dass Herbie Feldmann alle Hände voll zu tun hat und zumindest als Pizza-Bote kläglich versagt. Genau so, wie sein steter Schatten Julius es frech und vollmundig ankündigte.

In dem spannenden Krimi von Ralf Kramp, der 1963 in Euskirchen geboren wurde und als Verleger, Karikaturist und Autor arbeitet, entdeckt der Leser vertraute Darsteller wie den stets angetrunkenen Automechaniker Köbes und jene Tante Hettie, die ihren Neffen seit mehreren Abenteuern als Laufburschen und gleichfalls als „Blitzableiter“ ihrer üblen Launen benutzt. Daran hat sich auch in „Totentänzer“ nichts geändert.

Kramp bevorzugt in seinem Romanen den Tatort Eifel, sei es in Feldmann-Krimis oder auch in historischen Romanen wie „… denn sterben muss David“. Seine sehr zahlreichen Romane wurden unter anderem bei KBV veröffentlicht und von |Technisat Digital Division Radioropa Hörbuch| vertont.

Bekanntes Strickmuster – und umso erstaunlicher ist es, wie es Ralf Kramp gelingt, die Abenteuer von Herbie Feldmann und dessen unsichtbaren Schatten Julius seit vielen Jahren auf gleich hohem Spannungsniveau zu halten. Neben spannenden Eifelgeschichten des sonderbaren Duos besticht Ralf Kramp durch den brillanten Humor, den er vor allem Julius in den Mund legt. Die Dialoge zwischen Herbie und Julius sind witzig, manchmal gewollt einfältig und vor allem eine sympathische Attacke auf die Lachmuskeln. Spritzige Dialoge, ähnlich jener der kultigen Kölschen „Tünnes und Schäl“, beweisen, dass ein spannender Kriminalroman durchaus auf Witz und Humor setzen darf. Diese Kombination beherrscht der Autor Ralf Kramp genial.

Dieser ohne Schwächen auf 251 Seiten geschriebene Roman ist ein würdiger Nachfolger bisheriger Abenteuer von Herbie Feldmann, zum Beispiel in den Krimis „Rabenschwarz“ oder „Der neunte Tod“. Wie gewohnt ist das Cover von Ralf Kramp selbst gestaltet worden.

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Koontz, Dean – Anbetung, Die

|Ich bin keine Berühmtheit […] Im Grunde genommen bin ich nach den Maßstäben unserer Kultur ein solchen Nichts, dass eine Zeitschrift wie „People“ nicht nur nie einen Artikel über mich bringen wird, sondern man womöglich sogar meinen Versuch zurückweisen würde, sie zu abonnieren, weil die Schwerkraft meiner Nichtberühmtheit ein schwarzes Loch darstellt, das mächtig genug ist, ein gesamtes Verlagshaus in den Abgrund zu saugen.| (Odd Thomas)

_Handlung_

Odd Thomas ist der Koch eines Grillrestaurants im kalifornischen Wüstenkaff Pico Mundo. Sein Leben wäre sehr einfach, wenn er nicht die Geister der Toten sehen würde und dadurch so manch ungeklärtes Verbrechen aufklärte. Doch auch das ist noch nicht alles, denn er sieht nicht nur die Verstorbenen, sondern auch böse Geister: die Bodachs. Diese ernähren sich vom Leid anderer und tauchen immer dort auf, wo ein schlimmer Unfall oder ein grausiges Verbrechen geschehen wird.

So ist Odd schockiert, als ein unsympathischer Kerl im Pico Mundo zu Mittag isst, der von zwei Dutzend Bodachs begleitet wird. Ihm ist sofort klar, dass seinem Städtchen ein Massaker von unglaublichen Ausmaßen bevorsteht und nur er es verhindern kann. Also macht er nicht nur die Polizei auf den Massenmörder in spe aufmerksam, sondern nimmt zusätzlich dessen Verfolgung auf. Was er aber im Haus des unheimlichen Fremden findet, ist schockierend …

_Der Autor_

Dean Koontz wurde 1945 in Pennsylvania geboren und lebt heute mit seiner Frau in Kalifornien. Seine zahlreichen Romane – Thriller und Horrorromane – wurden sämtlich zu internationalen Bestsellern und in über 30 Sprachen übersetzt. Weltweit hat er bislang über 250 Millionen Exemplare verkauft. Seine letzten Veröffentlichungen waren „Der Wächter“, die „Frankenstein“-Reihe und „Die Anbetung“.

_Mein Eindruck_

Als ausgesprochener „Koontz-Vielleser“ habe ich mich bereits seit geraumer Zeit auf das Erscheinen seines neuen Romans „Die Anbetung“ gefreut, und ich muss sagen, meine hohen Ansprüche sind nicht enttäuscht worden. Koontz bedient sich diesmal einer Ich-Perspektive, in welcher der Protagonist Odd Thomas auf die zurückliegenden Ereignisse zurückblickt und seine Handlungen teilweise sehr ironisch kommentiert. Durch seine skurrilen, aber immer irgendwie treffenden Vergleiche erreicht der Autor, dass wirklich der Eindruck entsteht, man würde in einer Art Tagebuch eines zwar intelligenten aber sehr uninteressierten Grillkochs lesen.

Das mag zwar relativ wenig spannend klingen, aber Koontz wäre nicht so erfolgreich, wenn er das Ganze nicht aufpeppen würde. Zum einen trägt der amüsante Schreibstil enorm zum Lesevergnügen bei, woran auch die bereits erwähnten Vergleiche einen großen Anteil haben. Dazu erschafft Koontz eine kaum auszuhaltende Spannung, obwohl man ja eigentlich weiß, dass Odd überleben muss, da er ja das Buch schreibt. Trotzdem fiebert man Seite für Seite mit dem sympathisch verschrobenen Grillkoch auf seiner Mission mit.

Stichwort verschroben: Überhaupt kommt es einem beim Lesen so vor, als würden in Pico Mundo ausschließlich Verrückte wohnen. Neben Odd gibt es da auch noch seine Vermieterin, die Angst davor hat, unsichtbar zu werden, weil sie den Tod ihrer Familie nicht verkraftet hat, die bei den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 ums Leben kamen. Des Weiteren gibt es einen 200-Kilo-Literaten namens Little Ozzy, der sechs Finger an einer Hand hat, Odds Chefin kennt jeden Tag im Leben von Elvis Presley auswendig, und der King hat seinen Aufenthaltsort nach seinem Ableben ebenfalls nach Pico Mundo verlegt und freut sich, wenn seine Musik aus dem Radio tönt. Klingt alles ein bisschen überladen? Ist es auch, aber das wirkt sich nicht negativ auf den Lesespaß aus, sondern gibt dem Ganzen eine zusätzliche Würze. Nur: Sollte ich jemals durch Kalifornien fahren und das Schild Pico Mundo sehen, werde ich mir überlegen, ob ich nicht lieber umdrehen sollte … Gut, die Charaktere sind zwar schon sehr verschroben, doch macht sie das auch überdurchschnittlich liebenswert und gibt ihnen einen Hohen Wiedererkennungswert. Man merkt durchgehend, dass sich der Autor nicht mit 08/15-Figuren zufrieden gibt.

Das Einzige, was mich etwas stört, ist, dass recht häufig von den Anschlägen auf das World Trade Center die Rede ist. Da wird Mohammed Atta mit der „Bruderschaft des Bösen“ in Verbindung gebracht und in eine Reihe mit Timothy McVeigh (Oklahoma-City-Bomber) und Charles Manson gestellt. Hier scheint mir eine doch sehr patriotische Sicht der Dinge deutlich durchzudringen, ohne dass vorher differenziert wird. Man könnte fast meinen, man höre George W. Bush über „Die Axe des Bösen“ referieren. Allerdings kann man hier Koontz zugute halten, dass der Text ja in der Ich-Form eines Erzählers geschrieben ist und dieser also die Geschehnisse betrachtet. Mal ganz davon abgesehen, kann man diese Sicht den Amerikanern wohl auch einfach mal zugestehen, da die Anschläge die amerikanische Gesellschaft nachweislich stark traumatisiert haben.

Auch an den für Koontz-Romane typischen unerwarteten Wendungen mangelt es diesem Roman nicht. Ungefähr bei der Hälfte des Buches kommt es zu einem so unerwarteten Break, dass ich völlig entgeistert war. Dass Koontz so etwas auch in seinem zigsten Roman noch erreicht, zeugt von seiner Klasse.

Das setzt sich dann auch fort bis zum Schluss, der mich so aufgewühlt hat, wie es zuvor noch nie ein Buch bewirkt hatte – ganz große Kunst. Noch ein Wort zur Aufmachung des Bandes: Ich weiß zwar nicht, was das Cover zeigen soll und wie das nach Kalifornien passt, aber die Qualität des Einbandes und des Papiers der gebundenen Ausgabe sind gut bis sehr gut und somit sehr zufriedenstellend.

_Fazit_: Solche Bücher kann nur Dean Koontz schreiben: verschrobene Charaktere, große Spannung, unerwartete Wendungen – bei „Die Anbetung“ passt einfach alles. Unbedingte Kaufempfehlung.

http://www.heyne.de

Rick Boyer – Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra

boyer-holmes-riesenratte-cover-2006-kleinIm London des Jahres 1894 treibt eine Riesenratte ihr mörderisches Unwesen. Dahinter verbirgt sich ein kapitales Verbrechen, das zu erkennen und zu vereiteln nur dem großen Sherlock Holmes möglich ist … – In Plot, Figurenzeichnung und Tonfall trifft dieses Pastiche sehr präzise das Vorbild Arthur Conan Doyle; die bekannten Elemente einer typischen Holmes & Watson-Geschichte fließen geschickt variiert in die gleichermaßen spannende wie nostalgische Handlung ein, ohne aufgesetzt zu wirken, und runden einen Roman ab, der uneingeschränkt empfohlen werden kann.
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Hesse, Andree – andere Blut, Das

Der deutsche Autor Andree Hesse hält mit seinem zweiten Kriminalroman „Das andere Blut“ die Fahne deutscher Kriminalautoren hoch und braucht sich auch mit dem zweiten Teil seiner Arno-Hennings-Reihe nicht vor der internationalen Konkurrenz zu verstecken. Noch eins vorweg: Auch wenn sich das ganze Buch um Pferde dreht und nebenbei ein Pferderipper gesucht wird, lässt sich „Das andere Blut“ auch dann hervorragend lesen, wenn man keine Pferde mag und früher nicht die „Wendy“ abonniert hatte. Ich mag keine Pferde und fand das vorliegende Buch trotzdem spannend, gut konstruiert, unterhaltsam und sehr gelungen!

_Hoppe, hoppe Reiter_

In der kleinen niedersächsischen Stadt Celle geht ein Pferderipper um, der Pferde absichtlich quält. Auch die Stute Gypsy der jungen Schülerin Kira von Helsen ist Opfer des Pferderippers geworden, der ihr einen Ast in die Vagina gebohrt und sie dadurch innerlich aufgerissen hat. Kira ist erschüttert und will den Pferderipper auf eigene Faust stellen. Doch überlebt sie die einsame Nacht auf der Pferdekoppel nicht.

Arno Hennings und seine polnische Freundin Aglaja, die sich nach ihrem schrecklichen Fahrradunfall in Celle von ihren Verletzungen erholt, verbringen den Abend bei Arnos Kollegen Karsten Müller, der die Einweihungsparty in seinem neuen (unfertigen) Haus feiern möchte. Doch Arno ist gar nicht nach feiern zumute, denn nachdem Aglaja ihm eröffnet hat, dass sie vielleicht ein Kind von ihm erwartet, ärgert Arno sich immer noch über seine verhaltene Reaktion und wundert sich gleichzeitig darüber, dass er sich darüber freuen würde, wenn Aglaja tatsächlich schwanger wäre. Auf der Party erhält Arno einen Anruf von einem ehemaligen ungeliebten Klassenkameraden, der nun auch bei der Celler Polizei arbeitet. Auf einer Pferdekoppel wurde eine merkwürdige Opferstätte entdeckt, die Arno sich nun ansehen soll. Dort angekommen, stöbert seine Hündin Basta allerdings etwas viel Schrecklicheres auf, nämlich die Leiche Kira von Helsens, die kopfüber in einem wassergefüllten Graben liegt.

Kurz nach dem Leichenfund verdichten sich die Verdachtsmomente gegen Kiras Klassenkameraden Simon Funke, der vor der Polizei flüchtet und spurlos verschwindet, aber auch Simons Bruder Manuel, der beim Celler Landgestüt arbeitet, scheint etwas zu verbergen zu haben. Als kurz darauf ein totes Pony auftaucht und jemand Selbstmord begeht und mit einem dubiosen Abschiedsbrief gefunden wird, suchen Hennings und seine Kollegen Verbindungen zwischen den Verbrechen und entdecken dabei immer mehr Hinweise, die zum Celler Landgestüt führen und weit in die Vergangenheit reichen …

_Im (Schweins-)Galopp durchs Buch_

Mit „Das andere Blut“ ist Andree Hesse ein packender und gut durchkonstruierter Kriminalroman gelungen, der den Leser von der ersten Seite an fesselt. Seinem Buch vorangestellt ist ein Prolog, der über einen mutmaßlichen Unfall (oder war es doch ein Verbrechen?) von der berühmten Hengstparade berichtet, bei dem der beliebte Ringo ums Leben kommt. Dort lernen wir auch Jürgen Schmohl kennen, dem offensichtlich ebenfalls einiges Ungemach droht und der das vorliegende Buch nicht überleben wird.

18 Jahre später trifft die 18-jährige Kira von Helsen auf einer Pferdekoppel ihren Mörder, der sie bewusstlos schlägt und kopfüber im Wasser liegen lässt, bis Kira schließlich ertrinkt. Schnell entdeckt Arno Hennings eine Spur, die zu einem von Kiras Freunden führt, der Hals über Kopf vor der Polizei flüchtet, als diese ihn stellen will. Simon wird dadurch zu einem dringenden Tatverdächtigen, sodass andere Spuren zunächst in den Hintergrund treten.

Doch Andree Hesse hält noch einige weitere Überraschungen für uns parat, denn der Fall ist nicht so eindimensional und simpel, wie wir anfangs vermuten könnten. Alle auftauchenden Personen spielen eine entscheidende Rolle in diesem Spiel, und schlussendlich wird uns offenbart, dass bereits zig Jahre vor Kiras Ermordung die Weichen gestellt wurden, für alles, was noch folgen würde. Hesse schafft es dabei, uns ganz allmählich mit den Figuren bekannt zu machen, die in das Verbrechen verwickelt sind. Nach und nach spielt er uns Hinweise zu, die uns zum Miträtseln animieren und dafür sorgen, dass wir immer neue Vermutungen anstellen und selbst einen Täter erraten können.

Die Verstrickungen, die uns Andree Hesse zu präsentieren hat, sind nicht ganz leicht zu durchschauen, sodass man schon genau lesen und mitdenken muss, um am Ende mit einem Aha-Erlebnis belohnt zu werden, bei dem schließlich alles seinen Sinn ergibt. Andree Hesse gelingt es dabei ganz wunderbar, seine Leser bei Stange zu halten und immer nur so viel zu offenbaren, dass die Spannung stetig zunimmt und man unweigerlich so schnell wie möglich weiter lesen will. Dadurch wird „Das andere Blut“ zu einem unterhaltsamen und packenden Lesevergnügen, das auch bei seiner Auflösung am Ende zu überzeugen weiß – denn nichts ist so, wie es scheint …

_Tierisch gute Charaktere_

Auch in seiner Charakterzeichnung beweist Andree Hesse viel Fingerspitzengefühl. Wir lernen Arno Hennings noch besser kennen und erleben mit, wie seine Freundin Aglaja von ihrer Vermutung erzählt, dass sie schwanger sein könnte. Wir leiden mit, wenn er Aglaja durch sein Verhalten wieder einmal vor den Kopf stößt und auch dann, wenn Arno mit einem ungeliebten ehemaligen Schulkameraden konfrontiert wird, der seine Fehler auf andere abwälzen und damit Arno Hennings schaden will. Arno Hennings weist dabei einige Charakterzüge auf, die wir auch von Mankells Wallander kennen, dennoch grenzt Hesse seinen Krimihelden gut genug von seinem schwedischen Vorbild ab, sodass die Parallelen nicht zu offensichtlich werden. Auch Hennings ist nicht perfekt, er leidet unter Beziehungsproblemen und ab und an auch unter seiner Familie. Aber gerade diese kleinen Fehler sind es, die Hennings menschlich und sympathisch wirken lassen.

Ein weiterer Sympathieträger ist Hennings‘ Kollege Müller, der Arno Hennings meist bei seinen Ermittlungen begleitet und sich dabei als kompetent, nett und hilfsbereit erweist. Bei Müller ist jedoch nicht alles eitel Sonnenschein; kurz nach der Einweihungsparty steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür, woraufhin Müllers Frau und Kinder ausziehen und Müller auf seinem Schuldenberg alleine sitzen lassen.

Eventuell könnte man Hesse vorwerfen, dass er uns zu viele Figuren vorstellt, die alle irgendwie miteinander zusammenhängen. Das mag an mancher Stelle etwas unglaubwürdig wirken, aber es gehört zu Hesses Konstruktion dazu und sorgt schlussendlich auch für einige Überraschungen.

_Aufs richtige Pferd gesetzt_

Obwohl ich kein sonderlich gutes Verhältnis zu Pferden habe, hat mir „Das andere Blut“ ausgesprochen gut gefallen. Die Informationen über Pferde, Reiten und die berühmte Hengstparade hielten sich glücklicherweise in Grenzen, sodass auch ich gut unterhalten wurde. Was es mit dem Buchtitel auf sich hat, erklärt uns Andree Hesse erst so spät im Buch, dass ich darüber nichts verraten möchte.

Pluspunkte sammelt Hesse in seiner sympathischen Charakterzeichnung und vor allem durch seinen gelungenen Spannungsaufbau, der von Beginn an einsetzt und keine Langeweile aufkommen lässt. Hesses zweiter Kriminalroman ist klug inszeniert und wartet am Ende mit ein paar Überraschungen auf, mit denen man wahrscheinlich nicht gerechnet hatte. Insgesamt gefiel mir Andree Hesses zweiter Kriminalroman sogar noch besser als der vielversprechende Erstling, sodass ich mich schon sehr auf den nächsten Celle-Krimi freue!

|Ergänzend: [„Der Judaslohn“ 1213 |
http://www.rowohlt.de

Klönne, Gisa – Unter dem Eis

Nach ihrem hochgelobten Debüt [„Der Wald ist Schweigen“ 1879 veröffentlicht Gisa Klönne mit „Unter dem Eis“ ihren zweiten Kriminalroman.

Auch dieses Mal begegnen wir der Kölner Hauptkommissarin Judith Krieger, der Frau mit den roten Locken, den selbstgedrehten Zigaretten und dem leichten Retrotick. Allerdings steht sie nicht wirklich im Vordergrund des Falls, bei dem im Hochsommer ein Junge mit seinem Rauhhaardackel einfach so verschwindet. Sie ist gerade damit beschäftigt, ihren Urlaub in Kanada zu verbringen – aber nicht, um Waschbären bei der Arbeit zu beobachten, sondern um das Verschwinden einer ehemaligen Klassenkameradin aufzuklären. Dabei gerät sie selbst in Gefahr, denn der Mann, auf den sie sich in dem kleinen Kaff Cozy Harbour einlässt, scheint nicht unbeteiligt am Verschwinden Charlottes zu sein.

Gleichzeitig erlebt Köln den heißesten Sommer seit langem, und Manni Korzilius, der nach dem letzten Einsatz mit Judith Krieger zur Fahndung zurückversetzt wurde, wird von seinem Chef zu einem Fall hinzugezogen, bei dem der vierzehnjährige Jonathan zusammen mit seinem Dackel Dr. D aus einem Indianercamp verschwunden ist. Es gibt verschiedene Ansätze, was passiert sein könnte, aber vor allem steht Jonnys Stiefvater Frank Stadler unter Verdacht. Dieser Verdacht erhärtet sich, als Dr. D gequält und getötet gefunden wird, denn Frank hat den Dackel immer gehasst.

Gleichzeitig benehmen sich aber auch einige andere Menschen im Umfeld dieses Verbrechens sehr merkwürdig, doch erst, als Judith Krieger zurückkehrt, entdecken sie, dass es hier nicht nur um einen verschwundenen Jungen geht, sondern um etwas viel Größeres …

Es muss schon an irgendetwas liegen, dass man nach der Mitte des Buches selbiges erschrocken zuschlägt, mit einem überraschten Blick auf die Uhr feststellt, wie schnell der Nachmittag doch umgegangen ist, und dann wundert man sich erneut, wenn man sieht, wie weit man gekommen ist. Und dann denkt man sich: Ein Kapitel geht noch …

„Unter dem Eis“ ist ein Pageturner erster Güte. Dabei ist das Buch an und für sich nicht besonders auffällig. Seine Thematik ist nicht neu, ein Ermittlergespann aus Männlein und Weiblein auch nicht, und dass jemand sterben wird, war von vornherein klar. Wie schafft Klönne es also, den Leser derartig zu fesseln?

Der Aufbau des Buches trägt dazu bei, dass das Seitenblättern unglaublich viel Spaß macht. Eine Fülle von Perspektiven, die zumeist nicht besonders lang ausgeführt sind, schüren den Hunger auf mehr. Man kann gar nicht anders, als eine Perspektive nach der anderen in sich aufzunehmen, denn man möchte unbedingt wissen, wie es an dieser oder einer anderen Stelle weitergeht. Insgesamt fügen sich all diese Perspektiven zu einer stringenten, spannenden Story zusammenfügen, die das übliche Krimischema meidet.

Hand in Hand mit den spannenden Perspektivabschnitten und ihrer sauberen Ausarbeitung in Bezug auf Gedanken, Gefühle und äußere Details gehen die Charaktere. Sie überzeugen durch Authentizität und ihre sorgfältige Gestaltung.

Besonders gut gelingen Klönne die Kommissare Krieger und Korzilius. Abseits jeglicher Klischees präsentiert sie uns zwei Menschen wie du und ich. Unauffällig und natürlich wirkt Judith Krieger, auch wenn sie immer wieder als Superermittlerin bezeichnet wird. Allerdings prahlt sie nicht mit dieser Eigenschaft, was sie sehr sympathisch macht, genau wie ihre leichte Unaufgeräumtheit und ihre beständigen Gedanken an die Vergangenheit und ihr eigenes Versagen in gewissen Situationen.

Korzilius dagegen, gutaussehend, um die dreißig und trotzdem mit nur mäßigem Erfolg bei den Frauen, muss sich weniger mit der Vergangenheit als mit der Gegenwart auseinandersetzen. Während er, der immer noch an der Versetzung zur Fahndung knabbert, den Mörder von Jonny jagt, muss er sich auch noch mit seinen Eltern herumschlagen. Der Vater, der mit der Berufswahl des Sohnes nie einverstanden war, liegt im Sterben. Doch Manni kann sich nicht dazu durchringen, sich mit seinem Vater, der einst die Familie mit Schlägen tyrannisierte, auf dem Totenbett zu versöhnen und schiebt lieber ständig seine Arbeit als Ausrede vor.

Neben dem Handlungsaufbau und den Personen ist noch eine dritte Komponente daran beteiligt, dass „Unter dem Eis“ so ein Genuss geworden ist: Klönnes Schreibstil. Er ist ebenso unauffällig und ruhig, wie ihre Charaktere oder die Handlung es sind, und gerade dadurch gewinnt er dermaßen an Fahrt. Klönne kocht auch nur mit Wasser. Sie reiht Satz an Satz, ohne großartig auf rhetorische Mittel zurückzugreifen, doch ihre Wortwahl und ihr ganzes Ambiente sind so gelungen, dass die erwähnten positiven Effekte auftreten.

Gibt es denn auch negative Punkte an diesem Überwerk?, fragt man sich. Tja nun. Tatsache ist, dass Klönne definitiv auf sehr hohem Niveau schreibt. Dies zu toppen, fällt schwer, doch wer immer auf der Jagd nach Innovation ist, wird enttäuscht, denn viel Neues hat die Autorin nicht zu bieten. Dafür aber sehr viel Gutes. Und das ist heutzutage schwer genug zu finden.

Bleibt als Fazit also: ein Pageturner erster Güte.

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Richard Stark – Ein Job für Parker [Parker 4]

stark parker 04 job cover kleinAls Profigauner Parker für einen Kunstraub angeheuert wird, kommt er einem Konkurrenten in die Quere, was ihn die Beute und fast das Leben kostet; Rachelust lässt ihn schnell wieder auf die Beine kommen und zu einer gewaltreichen Verfolgung ansetzen … – Schnörkelloser, rasanter Krimi, der ausschließlich im Gangstermilieu spielt und diese als düstere Parallelwelt schildert, in der es ausschließlich um Vorteil und Verrat geht: ein schmutziger kleiner Klassiker des Genres, den die Jahrzehnte nur reifen aber nicht altern ließen. Richard Stark – Ein Job für Parker [Parker 4] weiterlesen

David Morrell – Creepers

Das geschieht:

Sie nennen sich „Creepers“: Männer und Frauen, die es lieben, sich in möglichst alte, lange verlassene Tunnel, Gebäude und andere Großbauwerke einzuschleichen, wo sie zwischen bröckelnden Mauern nach Relikten vergangener Zeiten suchen. Robert Conklin, unorthodoxer Professor für Geschichte, ist der Anführer dieser Gruppe, die aus seinen Studenten Vincent Vanelli, Cora und Rick Magill besteht.

Zu ihrer aktuellen Tour hat Conklin den Reporter Frank Balenger eingeladen, denn sie gilt einem ganz besonderen Ziel: Ashbury Park, einst eine blühende Kleinstadt im US-Staat New Jersey, ist schon lange eine Ruinenstätte, über der sich wie eine antike Maya-Pyramide das Paragon-Hotel erhebt. 1901 hat es der exzentrische Millionär Morgan Carlisle entworfen und errichten lassen. Siebzig Jahre hat er das Penthouse des Hotels nicht verlassen, bis er in der letzten Nacht seines 92-jährigen Lebens daraus geflohen ist und sich umgebracht hat. David Morrell – Creepers weiterlesen

Reginald Hill – Welch langen Weg die Toten gehen

Das geschieht:

Im leer stehenden „Moscow House“, dem alten Stammsitz der Macivers, schießt sich Palinurus, das Oberhaupt der Familie, mit einer Ladung Schrot den Schädel weg. Er will damit ein Signal setzen und seine verhasste Stiefmutter Kay Kafka in Verruf bringen, die er für den Tod seines Vaters und das Ende der einst selbstständigen Maschinenfabrik Maciver verantwortlich macht. Vor zehn Jahren hatte Palinurus senior seinem Leben auf dieselbe Weise ein Ende gesetzt wie jetzt der Sohn, nachdem ihn Kay als Ehefrau betrogen und ein US-Konzern mit ihrer Unterstützung seine Firma übernommen hatte.

Damals war Palinurus junior bei der Kriminalpolizei von Mid-Yorkshire vorstellig geworden. Der unorthodoxe Detective Superintendent Andrew Dalziel hatte seine Aussage damals aufgenommen, sie jedoch nicht für relevant gehalten, sodass zur Verbitterung des Juniors keine weiteren Schritte erfolgt waren. Auch dieses Mal will Dalziel die Sache offensichtlich unter den Teppich kehren. Detective Chief Inspector Peter Pascoe würde freilich gern weitere Ermittlungen anstellen. Die Macivers sind definitiv keine Musterfamilie. Ist womöglich etwas dran an Kay Kafkas üblem Ruf? Palinurus‘ Schwester Cressida und seine Witwe Sue-Lynn hassen die Stief- bzw. Schwiegermutter ebenso inbrünstig wie der Verstorbene. Helen, die deutlich jüngere Schwestern, liebt sie dagegen wie eine echte Mutter. Wie passt das zusammen? Reginald Hill – Welch langen Weg die Toten gehen weiterlesen

Geagley, Brad – Jahr der Hyänen, Das

Ägypten im 12. Jahrhundert v. Chr., zur Zeit von Ramses III: Die Einwohner Thebens feiern das Osiris-Fest, bei dem sie den Verstorbenen gedenken. Die alte und nahezu blinde Priesterin Hetephras wird auf dem Weg zum Tempel ermordet, ein kleiner Junge entdeckt die Leiche bald darauf im Schilf. Eine tote Priesterin verheißt Unglück und das Verbrechen soll daher so schnell wie möglich geklärt werden, zumal die Verstorbene in enger Bindung zur Königin stand. Dabei stellen sich jedoch Probleme in den Weg: Theben wird in Osten und Westen von zwei verschiedenen Bürgermeistern, Paser und Pawero, regiert; die Tote gehörte dem einen Bezirk an, wurde jedoch im anderen gefunden. Die Feindschaft der Regierenden sorgt für zusätzliche Spannungen, jeder der beiden beansprucht den Fall für sich.

Überraschend erhält der Detektiv Semerchet den Auftrag, den Mord zu klären. Semerchet ist zwar ein scharfsinniger Ermittler, doch sein Ruf dagegen miserabel. Erst vor kurzem wurde er von seiner Frau Naia verlassen, die obendrein ein Kind von einem anderen Mann erwartet. Seitdem ist Semerchet, der zu cholerischen Anfällen neigt, dem Alkohol verfallen – doch dieser hochbrisante Fall weckt wieder den Lebenswillen in ihm.

Mit der Unterstützung seines Bruders Nenri, Oberster Schreiber des Bürgermeisters Paser, der ihn dem Großwesir als Ermittler empfahl, stürzt sich Semerchet auf seine Aufgabe, die sich als äußerst knifflig erweist. Er ahnt sehr bald, dass der Mord größere Bedeutung hat als zunächst angenommen – und dass er den Auftrag gerade wegen seiner Trunkenheit erhielt, in der Hoffnung, keinen Erfolg zu haben. Semerchet fühlt sich herausgefordert und entsagt dem Alkohol. Die Dorfbewohner verweigern die Mitarbeit, mysteriöse Reichtümer tauchen auf und die Grabwächter leiden seit geraumer Zeit an einer unerklärlichen Müdigkeit und Albträumen. Semerchet wird klar, dass alle Vorkommnisse zusammengehören. Mehr noch: Der Mordfall ist Teil einer viel größeren Verschwörung, die sich gegen Pharao Ramses III richtet und Semerchet in höchste Gefahr bringt …

An Detektivromanen herrscht kein Mangel auf dem Buchmarkt. Aus aller Herren Länder treten die Privatermittler hervor und auch Historienkrimis sind nichts Neues, man denke beispielsweise an die Serienhelden von Paul Harding oder Ellis Peters, die im mittelalterlichen England ihre Fälle aufklären. Das Ägypten zur Zeit der Pharaonen ist jedoch ein orgineller Schauplatz, sodass selbst eingefleischte Krimifans hier auf abwechslungsreiche Kosten kommen.

|Hardboiled-Detektiv im Lendenschurz|

Im Zentrum steht die Gestalt des ungewöhnlichen Detektivs Semerchet, eigentlich eher ein Antiheld mit seinem Hang zum Alkoholismus und seiner oft unleidlichen, sturen Art. Die Handlung spielt zwar vor tausenden von Jahren, doch Semerchet verkörpert ein menschliches Schicksal, das sich genauso gut zur heutigen Zeit ereignen könnte. Der Leser lernt ihn während eines verzweifelten Versuches kennen, seine Ex-Frau zurückzugewinnen. In seiner Not schwört er ihr, von nun abstinent zu leben, was die traurige Naia nicht mehr ernst nehmen kann, woraufhin er sie kurzzeitig sogar mit einem Messer bedroht. Mit seiner kaputten Psyche erinnert Semerchet nicht selten an die Protagonisten der Hardboiled-Schule, nur dass sein Revier nicht in der verregenten Großstadt, sondern am sonnigen Nil liegt und er statt staubigem Trenchcoat einen Lendenschurz trägt.

|Humor und Faktentreue|

Sehr positiv fällt auf, dass sich das Buch als ausgewogene Mischung zwischen Historienroman und Krimi präsentiert. Autor Brad Geagly ist ein Experte auf seinem Gebiet, nicht zuletzt durch seinen Einsatz als zentraler Berater beim Hollywood-Klassiker „Cleopatra“ mit Liz Taylor in der Titelrolle. Auch wenn der Roman ins Reich der Fiktion gehört, stützt sich die Handlung auf historische Fakten, nämlich auf die ältesten bekannten Gerichtsakten und nicht nur Pharao Ramses III. – der tatsächlich beinahe einer Verschwörung zum Opfer fiel -, sondern auch weitere Figuren wie sein Großwesir To beruhen auf realen Personen. Ägyptenkenner werden sich am Detailwissen des Autors erfreuen, der viele historische Fakten einfließen lässt, angenehmerweise ohne dabei je trocken zu werden oder ins Dozieren zu verfallen. Im Gegenteil gelingt es ihm sogar, dem Roman einen humorvollen Unterton zur Seite zu stellen, etwa wenn der wütende To mit Wendungen wie „Bei den Eiern des Horus“ um sich wirft oder der volltrunkene Semerchet in den Lotusteich seiner entsetzten Schwägerin uriniert, woraufhin alle Fische das Zeitliche segnen.

|Kleine Schwächen|

Wenn man vom Schauplatz der Geschichte absieht, ist der Aufbau der Handlung allerdings sehr konventionell geraten. Wie in zahlreichen anderen Krimis auch wird hier das beliebte Schema verwendet, in dem sich ein anfangs nebensächlich erscheinender Mord zu einer gewaltigen Verschwörung ausweitet und ein unscheinbarer Ermittler, dem niemand viel zuzutrauen scheint, letztlich einen großen Erfolg landet. Auch dass höchste Regierungskreise in das Verbrechen verwickelt sind, ist eine altbewährte Idee, inklusive der Korruption und der Beteiligung von Charakteren, die im Privatleben des Ermittlers eine Rolle spielen – wie in diesem Fall seine Ex-Frau Naia, deren neuer Mann Nacht keine unwichtige Figur in der Angelegenheit ist.

Und auch wenn der Autor eine kurze Einleitung in die geschichtlichen Umstände liefert, können Leser, denen das pharaonenregierte Ägypten kein gewohntes Terrain ist, vom Detailreichtum zeitweise überfordert werden. Das Buch besitzt zwar eine doppelseitige Landkarte, in der die wichtigsten Orte verzeichnet sind, aber es fehlt dringend an einem Glossar mit Namens- und Worterklärungsverzeichnis. Allein die Personennamen können am Anfang verwirren, schließlich klingen „Naia“, „Nenri“ und „Nacht“ nicht unähnlich, zumal es nicht leicht ist, den ungewohnten Namen auf Anhieb einen weiblichen oder männlichen Träger zuzuordnen. Ebenso verhält es sich mit ägytptischen Bezeichnungen, die nicht unbedingt jedem Leser geläufig sind, vor allem Götternamen, die sicher jeder schonmal gehört hat, aber bei denen es möglicherweise am Hintergrundwissen hapert. Von diesen kleinen Mängeln abgesehen, ist Geagley jedoch ein unterhaltsamer Roman gelungen, dem zu wünschen ist, dass ihm noch einige Nachfolgebände folgen – der zweite Krimi um Semerchet ist in den USA bereits erschienen.

_Fazit:_ Ein Krimi aus dem alten Ägypten mit einem Antihelden als Privatdetektiv, der mit einem scheinbar unwichtigen Mord beginnt und in eine große Verschwörung mündet, die bis in die Kreise des Pharaos reicht. Die Handlung ist eher konventionell gehalten, der Schauplatz dagegen originell und fundiert aufbereitet, sodass vor allem Historienfans auf ihre Kosten kommen. Für weniger geschichtsversierte Leser fehlt leider ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen, das die Lektüre erleichtern würde.

_Der Autor_ Brad Geagley ist seit vielen Jahren ein Experte für das Alte Ägypten und zugleich als Produzent und Drehbuchautor in Hollywood tätig. „Das Jahr der Hyänen“ ist sein erster Roman, der Nachfolger „Day of the false king“ ist in den USA bereits erschienen. Heute lebt er in Palm Springs, Kalifornien.
Mehr Informationen über den Autor und seine Werke findet man auf seiner Homepage: http://www.yearofthehyenas.com/

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