Archiv der Kategorie: Rollenspiel

Graute, Oliver / Hoffmann, Oliver / Meyer, Kai / J., Ole – De Bello Britannico (Engel-RPG)

_Inhalt_

Wie die Geschichte beim „Engel“-Rollenspiel weitergeht, war nach den beiden Romanen der „Der Schwur des Sommerkönigs“-Reihe schon klar: Die Angelitische Kirche versucht, die ungläubigen der britischen Inseln zu bekehren oder zu töten. Damit nun die Ereignisse rund um die Eroberung der britischen Inseln auch in der heimischen „Engel“-Runde gespielt werden können, ist mit „De Bello Britannico“ der dazugehörige Quellenband erschienen.

Das Hauptaugenmerk dieses Quellenbandes ist sicherlich darauf gelegt, dem Spielleiter die Kultur der Briten und deren Gesellschaftsordnung näher zu bringen, um sie später glaubhaft darstellen zu können, denn diese ist nicht gerade einfach. Die kirchliche Macht liegt in der Hand der Dru, die den Kontakt und die Besänftigung der Geisterwelt (Traumsaat) übernehmen. Denen gegenüber stehen die Thanes, die die weltliche Herrschaft unter sich aufteilen. Insgesamt unterscheidet sich die Gesellschaftsordnung so extrem von der schon bekannten auf dem angelitischen Festland, dass eine Darstellung ohne diesen Quellenband kaum möglich scheint.

Selbstverständlich sind auch hier wieder die Geheimnisse, die hinter der Fassade stecken, das wirklich Interessante, und daher ist dieser Band abermals weniger für Spieler geeignet, da diese sich wohl selber den Spaß nehmen würden, wie übrigens bei fast jedem Band des „Engel“-Rollenspiels. Ich persönlich fände in diesem Zusammenhang eine Art „Spieler-Handbuch“ recht praktisch, aber ich schweife ab.

Der nächst wichtige Teil des Buches ist dem britannischen Krieg gewidmet (wen wundert’s, bei dem Titel). Hier wird nicht nur der gesamte Verlauf des Krieges chronologisch erzählt, sondern auch die verschiedenen Taktiken der Kontrahenten relativ detailliert beschrieben. Hieraus ergibt sich eine Fülle an verschiedenen Abenteuerideen und Plots für verschiedene Kampagnen rund um den Eroberungsfeldzug oder auch nach dessen Ende. Ergänzend hierzu ist natürlich auch wieder ein ausführliches „Dramatis Personae“ enthalten, das speziell für Freunde der Romane ein besonderes Schmankerl darstellt, da einige Personen der Romanreihe (z. B. der Sarielit Joel) darin vorkommen.

Des Weiteren werden nun auch die Sarieliten, die himmlischen Chöre, endlich näher vorgestellt und sind somit auch als Spielercharaktere verfügbar. Dass die flügellosen Engel jetzt aber nicht mehr nur für die musikalische Unterhaltung von Pontifex Maximus Petrus Secundus zuständig sind, sondern mittlerweile einem angelitischen Geheimdienst gleichen, macht die Sache im Kontext des Krieges zusätzlich interessant. Die Vorstellung des Ordens ist zwar nicht so ausführlich wie in den Ordensbüchern der anderen Engelsorden, aber trotzdem durchaus ausreichend, denn neben den verschiedenen Mächten (und die sind nicht ganz ohne!) werden auch die Strukturen (Fraktionen, Politik, Geheimnisse etc.) innerhalb des Ordens sehr plastisch erläutert, was auch eine tiefer gehende Spielweise ermöglicht.

_Mein Eindruck_

Mit „De Bello Britannico“ ist dem |Feder & Schwert|-Team wieder einmal eine interessante Erweiterung des „Engel“-Universums gelungen. Die Aufmachung des Bandes ist wie gewohnt sehr ansprechend, auch wenn er anders als die „Mater Ecclesia“ nur einen Softcover-Einband hat. Besonders hilfreich sind hier die sehr gelungenen Bilder der Dru, der Thanes und des mystischen Sommerkönigs, die die Vorstellung und die Darstellung derselben doch erheblich erleichtern.

Die wichtigste Frage ist natürlich: Wie wichtig und nützlich ist dieser Quellenband für eine „Engel“-Runde? Diese Frage ist sehr einfach zu beantworten: Wer den britannischen Krieg spielleiten möchte, für den ist dieser Band essenziell. Wer damit nichts zu tun haben möchte, kann sich die Anschaffung eigentlich sparen, allerdings muss er dann auch auf die Regeln für den Orden der Sarieliten verzichten, die aber momentan sowieso hauptsächlich in Britannien zum Einsatz kommen.

Der Krieg wird chronologisch aufgearbeitet, was es dem Spielleiter ermöglicht, selber zu entscheiden, in welcher Phase er seine Schar involvieren möchte. Dies könnte schon beim Bau des Superschlachtschiffes „Terra Nova“ sein, in der alles entscheidenden Schlacht, oder in einem Gefangenenlager für festgenommene Britonen. Auch rein gesellschaftliche Abenteuer, etwa zu Propagandazwecken, sind durchaus denkbar.

Selbstverständlich können auch menschliche Charaktere bei allerlei verschiedenen Einsätzen verkörpert werden, zum Beispiel in Begleitung eines sarielitischen Spiones. Hier gibt es noch unzählige Variationsmöglichkeiten mehr als bei einer gewöhnlichen Engelsschar, die ja aufgrund ihrer Flügel relativ limitiert ist. Natürlich wäre auch das Spielen eines britonischen Soldaten oder Freischärlers denkbar und durchaus sehr fordernd, sowohl für den Spielleiter als auch für die Spieler. Eine sehr schöne weitere Variante im „Engel“-Rollenspiel ergibt sich durch die Möglichkeit, einen Sarieliten zu spielen, da die „normalen“ Engel schon sehr festgelegt sind und natürlich leicht erkannt werden, was Geheimmissionen und Räuber-und-Gendarm-Abenteuer schon sehr schwer macht. Daher sind nun neue Variationsmöglichkeiten gegeben.

Die Geheimnisse, die hinter den Dru und dem Sommerkönig stecken, sind zudem sehr interessant gewählt und bilden so in etwa das Gegenstück zur angelitischen Kirche, auch wenn die Möglichkeiten natürlich um einiges beschränkter sind.

_Fazit_

„De Bello Britannico“ ist eine sehr gelungene Erweiterung der „Engel“-Reihe und für Spielleiter, die die Invasion der britannischen Inseln nacherzählen wollen, ein absoluter Pflichtkauf. Wer sich dafür nicht interessiert, braucht den Quellenband nicht unbedingt, wird aber trotzdem seine Freude an dem Orden der Sarieliten haben.

http://www.feder-und-schwert.com/

Ergänzend:

[Engel-Grundregelwerk 2.0 1876
[Mater Ecclesia 2046
[Terra Nova: Der Schwur des Sommerkönigs 1 1533
[Terra Incognita: Der Schwur des Sommerkönigs 2 2283

Hohlbein, Wolfgang / Finn, Thomas / Erdmann, Julia / Evers, Momo / Gill, Heiko / Heller, Frank / ua. – Hexer von Salem, Der (Grundregelwerk)

_Allgemein_

Das „Der Hexer von Salem“-Rollenspiel baut auf den gleichnamigen Romanen und Heften von Wolfgang Hohlbein auf. Diese befassen zwar ebenso wie die Geschichten von H.P. Lovecraft mit dem Cthulhu-Mythos, allerdings auf eine etwas actionlastigere Art und Weise. Und genau hier setzt das Hexer-Rollenspiel an, denn es ist nicht nur ein alternatives Setting des „Cthulhu-Rollenspiels“ sondern eine ganz eigene Art, den Mythos kennen zu lernen: „Pulp-Cthulhu“.

_Pulp_

Pulp ist der Begriff, der Heftromane mit richtigen, heroischen Helden beschreibt, die am Ende immer die Jungfrau vor dem Drachen retten oder Ähnliches (ihr wisst schon, was ich meine). Sie sind klischeeüberladen und haben eine klare Trennung von Gut und Böse. Daraus ergibt sich, dass man bei „Der Hexer von Salem“ im Gegensatz zum normalem „Cthulhu“ durchaus Möglichkeiten hat, den Schrecken auch zu bekämpfen, der einem droht. Was sich dabei am Spiel ändert? Eigentlich nicht viel, zumindest regeltechnisch. Die größte Neuerung ist sicherlich, dass man einen Hexer spielen kann, dem es möglich ist, Magie zu wirken, ohne dabei Stabilitätsverluste hinnehmen zu müssen. Die meisten Hexer haben zudem auch noch besondere Gaben und einen Fluch, der sie belastet.

Der eigentliche Pulp resultiert aber daraus, dass die Charaktere erheblich mehr Punkte für Fertigkeiten und dreimal so viele Lebenspunkte zur Verfügung haben als beim klassischen „Cthulhu“. Dies führt dann wiederum dahin, dass man deutlich robuster ist, um gegen etwaige Monster antreten zu können (allerdings ändert sich relativ weinig bezüglich der Stabilitätsverluste und dem Wahnsinn). Man spielt halt einen Helden und keinen Zuschauer.

„Der Hexer von Salem“ ist ein eigenes und eigenständiges Grundregelwerk. Das heißt, man braucht weder das |Cthulhu|-Spieler- noch das Spielleiterhandbuch, um in die Welt von Robert Craven (Hauptfigur der Romane) einzutauchen. Praktisch sind sie aber trotzdem, da zum Beispiel die Fertigkeiten und die beschriebenen Berufe deutlich „abgespeckt“ daherkommen. Allerdings wird man mit etwas Kreativität (die ich bei jedem Rollenspieler mal per se voraussetze) auch ohne gut zurecht kommen. Der Cthulhu-Mythos und seine Monster werden teilweise etwas anders dargestellt, um sie dem Hexer-Universum anzupassen und den Pulp-Gedanken zu fördern.

Genau das Gleiche wurde auch beim Kampfsystem gemacht, für das es eine neue Kampfrundeneinteilung gibt und das allgemein einfach actionreicher daherkommt. So können alle Angriffe kritische Treffer erzielen, und jeder Charakter beherrscht etwa die Fertigkeit „Handgemenge“ mit einer Anfangs-Grundchance von 50 Prozent!

Neben der Action gehören wie schon erwähnt auch die Klischees zum Pulp-Genre. Auch hier wird reichlich Kost geboten, denn die Abenteuer sind nicht nur so konzipiert, sie an der Seite von Robert Craven zu bestehen, sondern auch auf allerlei aus der Literatur bekannte Personen zu treffen. Beispiele herfür wären etwa: Dr. Mabuse, Dr. Frankenstein, H.P. Lovecraft, Kapitän Nemo oder Dr. Fu Manchu. Auch eine Reise in H.G. Wells Zeitmaschine ist alles andere als unmöglich. Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, inwieweit man in die Klischeekiste greifen oder als „Sidekick“ von Robert Craven rumlaufen will.

_Inhalt_

Neben den kompletten benötigten Regeln, den Kreaturen sowie den wichtigen Personen und Organisationen werden auf über 40 Seiten die bisherigen Geschichten von Hohlbein über Robert Craven zusammengefasst. Dies ermöglicht es auch Spielern oder Spielleiter, sich an dieses Rollenspiel zu wagen, die die Romane noch nicht gelesen haben. Auch gibt es hier Anregungen, wie man die Geschichten am besten als spielbare Abenteuer umbauen kann.

Darauf folgen einige ausgewählte wichtige Orte des Hexer-Universums sowie die Magieregeln und äußerst hilfreiche Tipps für angehende Spielleiter. Den krönenden Abschluss bildet ein für einen Regelband äußerst ausführliches und sehr gelungenes Abenteuer von Thomas Finn mit dem Namen „Das Erbe der Templer“. Besonderes Schmankerl hierbei ist ein gedruckter Auktionskatalog – richtig cool.

_Mein Eindruck_

„Der Hexer von Salem“-Grundregelwerk ist wieder einmal eine gelungene Erweiterung der cthuloiden Rollenspielwelt. Dieses Spiel ist deutlich actionreicher und zudem einfacher zu spielen als das klassische Cthulhu-Rollenspiel und daher auch für unerfahrene Gruppen geeignet, da die Stimmung nicht alleine das entscheidende Element ist. Zudem ist der Einstieg in den Cthulhu-Mythos hier deutlich einfacher. Warum das Rollenspiel für Freunde der Romanreihe ein guter Griff ist, brauche ich hier wohl nicht näher zu erläutern. Die Regeln wurden sinnvoll gestutzt und sind nun so ausführlich wie nötig und so kurz wie möglich gehalten.

Sonst ist eigentlich alles beim Alten: Der Band ist in für den |Pegasus|-Verlag typischer hoher Qualität gehalten und zudem äußerst ansprechend gestaltet. Hardcover, reichlich alte Fotos aus den Zwanzigern sowie das obligatorische Lesebändchen – perfekt. Besonders gut gefällt mir zudem das Abenteuer „Das Erbe der Templer“, das mit seinem Umfang, seiner tollen Story und dem beiliegenden Auktionskatalog viele Punkte sammelt.

Zudem hat sich der |Pegasus|-Verlag auch einen Onlinesupport einfallen lassen, denn mit der Onlinezeitschrift [„The Gillian“,]http://www.pegasus.de/828.html die alle zwei bis drei Wochen veröffentlicht wird und immer wieder Bezug auf Abenteuer hat, gibt’s öfter mal neue Anregungen – natürlich kostenlos.

_Fazit_

Tolles Regelwerk, klasse Aufmachung. Wer sich beim „Cthulhu-Rollenspiel“ nach mehr Action sehnt oder wem es einfach zu kompliziert ist, der ist hier richtig aufgehoben. Da sich das „Der Hexer von Salem“-Rollenspiel aber teilweise enorm vom normalen „Cthulhu“ unterscheidet, dürfte es auch genug Anreize für „altgediente“ Rollenspieler bereithalten. Daher ist es sowohl für Neulinge als auch für fortgeschrittene Rollenspieler uneingeschränkt zu empfehlen.

http://www.pegasus.de/cthulhu.html
http://www.cthuloide-welten.de/

[Cthulhu Spieler-Handbuch 1744
[Cthulhu Spielleiter-Handbuch 2016
[Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ 249

Luikart, T.S. / Sturrock, Ian – Warhammer: Das Bestiarium der Alten Welt

Ein entscheidender Faktor, der die „Warhammer“-Welt auszeichnet, sind die vielen merkwürdigen, größtenteils gefährlichen Monster und Wesenheiten, die sie bevölkern. Da es diese Ungeheuer teilweise aber nicht in anderen Rollenspielsystemen gibt und sie im [„Warhammer“-Grundbuch 2444 nur sehr unzureichend beschrieben werden, ist das „Bestiarium der Alten Welt“ eine wichtige Darstellungshilfe für den Spielleiter.

Im Allgemeinen haben viele Bestiarien oder Monsterhandbücher, oder wie immer man sie nennen möchte, ein Problem: Sie sind häufig entweder eine bloße Ansammlung von Werten, oder sie erzählen Geschichten über die Kreaturen. Daraus resultieren dann entweder eine geringe Lesefreude und eine bedingte Nutzungsfähigkeit für Spieler oder mangelnde Werte zum Verwenden im Spiel. Hier allerdings hat man das Problem äußerst zufrieden stellend gelöst, denn der Quellenband ist in zwei Teile untergliedert. Der erste Teil „Gefährliche Bestien: Eine Studie über Kreaturen von redlicher als auch garstiger Art“ kann sowohl von Spielern als auch vom Spielleiter genutzt werden. Hier werden die Kreaturen aus drei verschiedenen Sichtweisen beschrieben: „Allgemeine Sichtweise“, „Aus der Sicht des Gelehrten“, und „Mit unseren eigenen Worten“.

So kommen bei der „Allgemeinen Sichtweise“ allerlei Personen der Alten Welt zu Worte, die (meinen) etwas über die Bestien (zu) wissen oder einmal einer begegnet sind. Diese Aussagen können so als eine Art Spiegelbild der völkischen Meinung in der Alten Welt genutzt werden und stehen somit Pate für die Informationen, welche die Spieler vom Volk bekommen können. Selbstverständlich ist der Wahrheitsgehalt dieser Geschichten äußerst „schwammig“, was den Spielern die Selektion der Wahrheit deutlich erschwert.

Bei „Aus der Sicht des Gelehrten“ kommen dann natürlich (vermeintlich) fundiertere Kommentare, die zwar auch nicht immer stimmen, aber schon deutlich fachmännischer klingen. Sehr interessant sind die Abschnitte „Mit unseren eigenen Worten“, in denen die beschriebenen Kreaturen selber zu Wort kommen, sofern sie intelligent sind und sprechen können. Indem dort ihre Motivationen und Denkweisen dargelegt werden, erleichtert das die Darstellung derselben durch den Spielleiter ungemein.

Auch im darauf folgenden Spielleiterbereich werden nicht nur einfach alle Werte in tabellarischer Form hingeschmissen: Zuerst wird ein Herausforderungsgrad erklärt. Jedem Monster ist ein solcher zugeteilt, der sich an den Werten eines durchschnittlichen Soldaten orientiert und dessen Siegeschancen gegen ein solches Wesen beschreibt. Hier reicht die Skala von sehr leicht (z.B. Snotlinge) bis unmöglich (z.B. Drachen). Diese Einteilung ist vor allem für unerfahrene Spielleiter Gold wert. Hätte ich bei meinen Anfängen als Spielleiter solch eine Einstufung gehabt, hätten meine Abenteuer sicher nicht so oft mit dem Tod der Helden geendet.

Anschließend werden die Kreaturen noch richtig beschrieben und genau vorgestellt. Hier kommen dann auch die puren Werte ins Spiel. Den Abschluss bilden dann noch die Reittiere sowie „normale“ Tiere, wobei die aber nur allgemein in kleine und große Beutetiere unterteilt werden.

_Mein Eindruck_

„Das Bestiarium der Alten Welt“ ist durchweg gelungen. Hier wurde der Spagat zwischen dem Erhalt des Lesespaßes und der Vermittlung purer Fakten eindrucksvoll geschafft. Die Geschichten im ersten Teil des Quellenbandes sind teilweise lustig, teilweise gruselig, aber immer lesenswert, so dass das Schmökern richtig Spaß macht. Besonders gefällt mir hier, dass die Monster auch ihre eigene Sicht der Dinge darlegen können. Das erleichtert die Darstellung ungemein und lässt so auch die Spieler wissen, dass sie mehr vor sich haben als eindimensionales Gemüse.

Die Kreaturen an sich sind gut gewählt und fügen sich nicht immer in das altbekannte Fantasy-Schema, denn Drachenoger, Squigs oder Skaven kommen in anderen Fantasy-Rollenspielen eher selten vor. Zudem unterscheiden sich auch die „altbekannten“ Monster wie etwa die Oger eklatant von den Ogern andrer Publikationen, was die Sache auch für altgediente Rollenspieler interessant macht. Positiv ist zudem, dass nicht das ganze „Kleinvieh“ beschrieben wird, sondern nur ungewöhnliche Kreaturen, die es in Wirklichkeit (hoffentlich) nicht gibt. Eine Auswahl von zehn verschiedenen Schaf- und Ziegenarten würde auch einfach nicht wirklich zum „Warhammer“-Flair passen.

Die Aufmachung ist, genauso wie beim Grundregelwerk, herausragend: durchgehend farbig, mit vielen Abbildungen im typischen „Warhammer“-Stil, die einen guten ersten Eindruck der Monster ermöglichen – einfach vorbildlich.

_Fazit:_ „Das Bestiarium der Alten Welt“ lässt kaum Wünsche offen, denn es ist informativ, lesenswert und klasse gestaltet. Gerade für designierte „Warhammer“-Spieleiter ist der Quellenband eigentlich unverzichtbar und uneingeschränkt empfehlenswert.

http://www.feder-und-schwert.com/
[Warhammer Fantasy-Rollenspiel 2444

Pramas, Chris – Warhammer Fantasy-Rollenspiel

_Die „Warhammer“-Welt_

Das „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“ spielt in der so genannten „Alten Welt“, die geographisch grob an das irdische Europa erinnert. Das Hauptland dieses Settings ist das „Imperium“, welches aus zehn Kurfürstentümern besteht. Weitere Länder, die in diesem Grundregelwerk kurz beschrieben werden, sind Bretonia, Estalia, Tilea und Kislev. Allerdings wird davon ausgegangen, dass man zu Beginn einen Charakter aus dem Imperium spielt (obwohl es durchaus möglich ist, einen Ausländer zu spielen).

Das Imperium wird ständig von den Horden des Chaos bedroht, welche aus Tiermenschen, Kultisten des Chaos, Orks, Goblins und anderem Schrecken bestehen. Diese von den Chaosgöttern Geschaffenen oder Pervertierten wollen nichts anderes als die Menschheit (respektive Zwergen, Elfen, Halblinge) zu vernichten. Natürlich gibt es außerdem noch „normale“ Schurken, doch könnten das auch durchaus die Spieler sein.

Von der Entwicklung her ist das Imperium als eine Mischung aus Mittelalter und früher Neuzeit zu beschreiben. Zwar gibt es schon Schusswaffen, doch sind diese selten und vor allem teuer. Die politische Ordnung, in der die Kurfürsten den Imperator wählen, ist in etwa mit der im Deutschland der Frühen Neuzeit zu vergleichen.

An spielbaren Rassen bevölkern, neben den Menschen, Zwerge, Elfen und Halblinge die „Alte Welt“. Natürlich gibt es im „Warhammer Fantasy-Rollenspiel auch Magier, doch ist die Magie in diesem System ein zweischneidiges Schwert, denn sie ist nicht nur gefährlich (auch für den Anwender), sondern treibt die Zaubernden leider allzu oft in die Arme der Chaosgötter.

_Charaktererschaffung und System_

Zuerst steht bei der Charaktererschaffung die Auswahl der Rassen an, also Mensch, Halbling, Zwerg oder Elf. Jede dieser Rassen hat bestimmte Rassenmerkmale. So haben etwa Elfen, Zwerge und Halblinge Nachtsicht, Menschen nicht. Um dem Charakter anschließend etwas Fleisch auf die Knochen zu bringen, werden nun die Eigenschaftswerte bestimmt. Diese setzen sich immer aus einer Standardzahl und zwei Würfelwürfen mit einem zehnseitigen Würfel (W10) zusammen, da wären also etwa 10+2W10 / 20+2W10 / 30+2W10. Wie hoch die Standardzahl ist, hängt von der Rasse ab, so dass sich Halblinge etwa bei Kampfgeschick mit 10+2W10 begnügen müssen, während Zwerge mit 30+2W10 starten.

Insgesamt gibt es zehn Eigenschaften: Kampfgeschick (KG), Ballistische Fertigkeit (BF), Stärke (ST), Widerstand (WI), Gewandtheit (GE), Intelligenz (IN), Willenskraft (WK) und Charisma (CH).

Um dem neuen „Warhammer“-Helden dann ein Gesicht zu geben, wird auf die Tabelle der Anfangskarrieren gewürfelt. Auch hier hängen die möglichen Karrieren von der Rasse ab, so dass etwa die Klasse des „Trollslayers“ nur Zwergen vorbehalten ist. Die Karriere bestimmt dann, welche Fertigkeiten und Talente der neue Charakter erhält. Außerdem wird so auch bestimmt, welche Folgekarieren in Zukunft möglich sind. So kann man etwa als Zauberlehrling beginnen und dann später zu einem Fahrenden Magier aufsteigen. Von diesem kann man dann zum Meistermagier werden, und so weiter.

Die Proben werden mit 2W10, also einem Prozent-Wurf abgelegt. Dieser geht dann entweder direkt auf eine Eigenschaft oder eine passende Fertigkeit. Da aber wiederum die Fertigkeiten alle einer Eigenschaft zugeteilt sind, werden eigentlich alle Proben auf die Eigenschaften abgelegt. Der Unterschied zwischen den Proben auf Eigenschaften und denen auf Fertigkeiten besteht darin, dass man, falls man eine Fertigkeit noch nicht erworben hat, auf den halben Eigenschaftswert würfeln muss.

_Mein Eindruck_

„Warhammer“ ist das abgefahrenste Fantasy-Rollenspiel, das mir bisher untergekommen ist. Die Stimmung ist düster, wahnsinnig und gewalttätig. Hübsche Feen, die durch einen von Rosenduft geschwängerten Wald schweben, passen definitiv nicht zum „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“. Wer sich die Charakterklassen wie Trollslayer, Riesenslayer, Dämonenslayer, Grabräuber oder Räuberhauptmann anschaut, kann sich sicher denken, was ich meine. Man kann den klassischen Helden spielen, man muss aber nicht.

Genauso ist auch das Kampfsystem: schnell, blutig und vor allem tödlich. Besonders gut kommt der Flair bei den Zeichnungen des toll aufgemachten Grundregelwerkes rüber, denn strahlende Ritter in blitzender Rüstung wird man hier eher nicht finden. Das „Warhammer“-Äquivalent dazu ist ein schmutziger, abgehalfterter Kämpe mit wahnsinnigem Blick. Wo wir gerade beim Wahnsinn sind: Jeder Charakter sammelt bei schweren Verletzungen oder schlimmen Erlebnissen so genannte Wahnsinnspunkte. Hat er hier eine bestimmte Grenze überschritten, kann es sein, dass er sich eine Geisteskrankheit zuzieht.

Auch die Magie ist nicht so wie in anderen Rollenspielen. Sie ist zwar durchaus mächtig, aber auch für den Anwender extrem gefährlich. Die magisch begabten Heldentypen fangen zu Beginn mit einem Magiewert von eins an, das heißt sie Würfeln beim Zaubern mit 1W10. Falls die Mehrzahl der Würfel eine Eins zeigt, ist der Zauber nicht nur misslungen, sondern der Charakter zieht sich zudem noch einen Wahnsinnspunkt zu. So ist es nicht verwunderlich, dass bei einer zehnprozentigen Chance pro Zauber, einen Wahnsinnspunkt zu erhalten, viele Magier relativ früh dem Chaos verfallen. Allerdings wird es mit zunehmender Stufe auch nicht besser, denn dann kann die Magier zusätzlich noch Tzeentchs Fluch treffen: Jedes Mal, wenn der Magier bei einem Zauberwurf einen Pasch würfelt, kommt es zu Chaosmanifestationen. Je mehr Würfel an dem Pasch beteiligt sind, desto schlimmer fallen diese aus. Da ist es doch nur ein schwacher Trost, dass ein Magier so oft wie er nur möchte zaubern kann.

So ansprechend ich das „Warhammer Fantasy Rollenspiel“ auch finde, Schwächen hat es trotzdem. Fangen wir bei der Fertigkeiten an: Dass eine Fertigkeit einer Eigenschaft zugeordnet ist, ist unglücklich. Dies ist gut sichtbar, wenn man sich die Fertigkeit „Klettern“ anschaut: Hier wird ein Wurf auf Stärke abgelegt. Wäre hier die Gewandtheit nicht die sinnvollere Alternative gewesen? Worauf ich hinauswill ist, dass solche Einteilungen immer ein fauler Kompromiss sind, ob jetzt bei diesem Rollenspiel oder bei so vielen anderen.

Richtig schlecht finde ich die Vorschrift, dass man nur in eine Folgekarriere wechseln kann, wenn man sich die vorgegebene Ausrüstung beschafft hat. Die Regel scheint zwar durchaus logisch zu sein, wird allerdings von den vorgegebenen Ausrüstungslisten ad absurdum geführt. So muss ich mir, wenn ich einen Spion spielen möchte, vorher vier Brieftauben kaufen (nicht drei, nicht fünf, nein vier an der Zahl!), sonst ist es mir nach den Regeln nicht gestattet, diese Karriere zu beginnen. Dies fördert eine Stereotypenbildung, zumal es echt blöd ist, wenn dann während des Spiels Sätze kommen wie: „Vorsicht, der hat vier Brieftauben, das ist sicher ein Spion!“. Sorry, diese Voraussetzungen sind einfach lächerlich!

Allerdings möchte ich betonen, dass diese Regelschwächen von jedem durchschnittlich begabten Spielleiter mit Hausregeln einfach behoben werden können und daher nicht wirklich schlimm sind.

_Fazit_

Alles in allem ist das „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“ durchaus sehr gelungen und eine willkommene Alternative zu den klassischen Fantasy-Rollenspielen wie „DSA“ oder „Midgard“. „Warhammer“ hat einfach ein cooles Flair und ist richtig abgefahren. Zudem sind die Regeln einfach und verständlich und daher sowohl für Einsteiger als auch für erfahrene Spieler geeignet. Als Tipp: Schaut euch einfach mal die Bilder im Regelwerk an, ob euch der Stil gefällt. Daraus lässt sich gut auf die Gesamtstimmung des „Warhammer Fantasy-Rollenspiels“ schließen.

http://www.feder-und-schwert.com

Franke, Jürgen E. – Midgard – Das Fantasy-Rollenspiel

_Allgemein_

„Midgard – Das Fantasy-Rollenspiel“ ist das älteste deutsche Rollenspiel. Das System ist so ausgelegt, dass es in jeder beliebigen Fantasywelt gespielt werden kann, so dass die Länderbeschreibung in diesem Grundregelwerk nur äußerst rudimentär behandelt wird. Die Beschreibung der verschiedenen Länder „Midgards“ wird in den verschiedenen Regionalbänden nachgeholt. Sollte jemandem aber die Midgard-Welt nicht gefallen, kann er jederzeit mit diesem Regelwerk in andere Fantasywelten „auswandern“.

Spielbare Rassen sind außer den obligatorischen wie Menschen, Elfen und Zwergen auch Halblinge und Gnome. Neben den Rassen spielt natürlich auch noch der Typus eine große Rolle. Hier gibt es eine mannigfaltige Auswahl verschiedener Professionen vom Krieger über den Söldner und den Barbaren bis hin zum Tiermeister, die bestimmen, auf welche Fähigkeiten und Talenten der Charakter bei seiner Erschaffung Zugriff hat. Es gibt auch einige magische Professionen, die allerdings im „Arkanum“ behandelt werden und daher im Grundregelwerk nicht vorkommen.

_Charaktererschaffung_

Die Eigenschaften wie etwa Stärke und Konstitution haben einen Wert zwischen 20 und 100 und werden mit einem Prozentwurf (2W10) ermittelt. Überhaupt baut das gesamte Charaktererschaffungssystem auf dem Würfelglück auf, denn ebenso wie die Eigenschaften werden der Stand, die Anzahl der Talente, die Ausdauer, die Lebenspunkte (die sich anschließend nie mehr ändern!) und die Ausrüstung von Monsieur Laplace bestimmt.

Nachdem man die Rasse des Helden bestimmt hat, muss man sich eine passende Profession aussuchen, die dann bestimmt, auf welche Fertigkeiten man Zugriff hat. Neben den Eigenschaften gibt es noch die abgeleiteten Eigenschaften, die einiges an Rechenarbeit vom Spieler erfordern.

_System_

Das System ist recht einfach. Falls Proben auf eine Eigenschaft abgelegt werden müssen, wird ein Prozentwurf fällig. Zeigt der Wurf kleiner/gleich den Eigenschaftswert, ist die Probe gelungen. Die Proben auf ein Talent werden anders gewürfelt, nämlich mit einem zwanzigseitigen Würfel (W20). Da man für gewöhnlich immer einen Talentwert zwischen null und achtzehn aufweist, muss man würfeln und das Ergebnis zum Talentwert hinzu addieren. Ist dieses Ergebnis größer als zwanzig, ist die Probe gelungen.

Beispiel: Der Halbling Frodo hat einen Schleichen-Wert von fünfzehn und will an einem eingedösten Ork vorbeischleichen. Sein Wurf mit dem W20 sollte daher mindestens eine Fünf zeigen.

Gemessen am Schaden, den die Waffen verursachen, ist die Lebensenergie der Charaktere relativ gering. Der anfängliche Wert für die Lebensenergie ändert sich auch im Verlauf des Spieles nicht mehr. Da man im Kampf bei jedem Treffer Ausdauerpunkte verliert, ob dieser nun Schaden anrichtet oder nicht, sollte selbst für höherstufige Helden eine direkte Konfrontation der letzte Ausweg sein. Ist nämlich die Ausdauer erst einmal aufgebraucht, nimmt der Charakter auf alle Aktionen nicht nur einen Malus von -4 auf sich, sondern kann auch keine Angriffe mehr abwehren.

_Mein Eindruck_

„Midgard“ ist ein sehr interessantes Grundregelwerk. Einerseits ist das Spielen in anderen Welten möglich, andererseits ist auch die offizielle „Midgard“-Welt durchaus reizvoll. Die grundlegenden Regeln sind einfach verständlich und schnell verinnerlicht.

Der einzig wirkliche negative Punkt ist die Charktererschaffung: Es ist wirklich alles dem Zufall überlassen. Kann ich das bei den Eigenschaften noch verstehen, ist das bei der Anzahl der Talente einfach nur unsinnig. So sind gleiche Voraussetzungen der Spieler eigentlich nur möglich, wenn alle gleich schummeln oder sich eine erfahrene Gruppe eigene Hausregeln bastelt.

Sehr positiv ist das schnelle und trotzdem realistische Kampfsystem. Durch die niedrige Anzahl an Lebenspunkten sowie den ständigen Verlust von Ausdauer wird das Kämpfen einerseits spannend und andererseits extrem tödlich. Spätestens nach dem dritten toten Charakter sollte selbst dem dümmsten Spieler klar werden, dass bei „Midgard“ mehr das Köpfchen als die Muckis gefordert wird.

Wegen der leichten Regeln bereitet das Spielen schon relativ schnell ziemliche Freude (lieben Dank von hier aus an meinen Spielleiter Thomas), da man sich sofort auf das eigentliche Darstellen seiner Rolle konzentrieren kann.

Ebenso überzeugend ist die Aufmachung: Schöner Hardcovereinband und klassischer Style lassen wenige Wünsche offen. Besonders praktisch: zwei Lesebändchen zum Markieren wichtiger Seiten, das ist top!

_Fazit_

„Midgard“ ist zu Recht seit Jahren eines der erfolgreichsten Fantasy-Rollenspiele Deutschlands. Die Regeln sind einfach und selbst für Anfänger schnell verständlich. Durch das gefährliche Kampfsystem ist „Midgard“ sowohl realistisch als auch für alte Hasen immer wieder motivierend. So kann ich „Midgard“ guten Gewissens uneingeschränkt weiterempfehlen.

http://www.midgard-online.de

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Don-Schauen, Florian / Römer, Thomas / Falkenhagen, Lena / u.a. – Zauberei & Hexenwerk (Das Schwarze Auge)

Magier, Scharlatane, Hexen und Elfen sind ein wichtiger Bestandteil eines jeden Fantasy-Rollenspiels. Sie verkörpern den wirklich fantastischen Aspekt unseres Hobbys.
Nachdem das Magiesystem in der [„Das Schwarze Auge – Basisbox“ 2110 nur sehr rudimentär behandelt wurde, ist ihm jetzt mit „Zauberei & Hexenwerk“ eine ganze Box gewidmet worden. Auch ohne diese Erweiterung ist es zwar möglich, magische Charaktere zu spielen, doch wenig sinnvoll, denn nur diese Box enthält sämtliche Regeln zum Umgang mit und der Erschaffung von magiebegabten Helden.

_System_

Das Magiesystem von „DSA4“ ist im Grunde recht simpel: Jede magiebegabte Person hat einen Wert, der sich „Astralpunkte“ nennt. Mit diesen Punkten speist er seine Zauber, Rituale etc., die alle verschiedene Kosten haben. Sind die Astralpunkte verbraucht, regeneriert der Held sie in Ruhephasen stückweise wieder.

Proben auf Zaubertalente werden genauso abgelegt wie Talentproben: Jede Zauberprobe besteht aus drei Eigenschaftsproben, die nacheinander gewürfelt werden. Steht beispielsweise hinter einem Zauber bei der Probe: KL/IN/KO, legt der Spieler jeweils eine Probe auf die Eigenschaften Klugheit, Intuition und Konstitution ab. Würfelt er mit einem W20 kleiner/gleich seinen Wert, ist die Probe geschafft. Würfelt er darüber, kann er die überzähligen Punkte mit seinen Talentpunkten ausgleichen. Reichen diese nicht, ist die Probe misslungen.

_Inhalt_

Neben den drei Quellenbänden „Aventurische Zauberer“, dem „Liber Cantiones“ sowie mit „Wissen und Willen“, auf die ich weiter unten genauer eingehen werde, enthält die Box:

„Glossar“ (vierseitig)
„Zauberdokumente“
Poster „Aventurische Zauberkundige“
„Archetypen“
„Die Magische Bibliothek“

Letzteres ist ein dünnes Heftchen, das alles Wissenswerte über Zauberbücher enthält: Das Lernen aus Zauberbüchern, das eigene Schreiben ebensolcher sowie eine große Liste arkaner Werke Aventuriens und deren Werte.

|“Mit Wissen und Willen“|:

Dieser Quellenband enthält das gesammelte theoretische Wissen aventurischen Magie, über das ein Spieler verfügen sollte (mal abgesehen von der Erschaffung von Artefakten, welche im Regelmodul „Stäbe, Ringe, Dschinnenlampen“ abgehandelt werden). Nach einer kleinen Einführung für Neulinge, in welcher der Ablauf von Zauberproben, der Begriff Astralenergie und deren Regeneration erklärt werden, geht es mit etwaigen Sonderfertigkeiten, den verschiedenen Repräsentationen der Magie (Elfen zaubern z. B. anders als Zauberer), dem Sammeln von Erfahrung und der Charaktersteigerung weiter. Ein großer Teil dieses Bandes ist aber den Ritualen der verschiedenen Repräsentationen gewidmet. Die Erläuterung und Beschreibung von Hexenflüchen, druidischen Ritualen, magischen Elfenliedern und die Verzauberungen von Zauberstäben füllen gut fünfzig Seiten.

Desweiteren geht der Band anschließend auf die so genannte „Höhere Magie“, sprich Sphären und Limbus, Elemente, zauberkundige und magische Wesen, die Zauberwerkstatt, auf die Welt der Magiergilden sowie Magie und Recht ein.

Zum Abschluss folgt mit „Meister der Magie“ eine kurze Aufzählung bekannter und wichtiger Magiekundiger Aventuriens, allerdings ohne dabei spielrelevante Werte zu liefern.

|“Aventurische Zauberer“|:

In Aventurien gibt es eine Vielzahl magisch begabter Charaktertypen, welche sich wie folgt einteilen lassen: Druiden, Elfen, Geoden, Hexen, Kristallomanten, Magiedilletanten, Magier, Scharlatane, Schelme, Zaubertänzer und Zibiljas. Der Band „Aventurische Zauberer“ befasst sich mit der Charaktererschaffung dieser Heldentypen. Er enthält neben ausführlichen Beschreibungen der verschiedenen magischen Professionen sowie deren Werten auch zwei Listen mit magischen Vor- und Nachteilen und Sonderfertigkeiten.

Dazu gibt es auch noch in den verschiedenen Professionen teilweise mehrere Unterteilungen. So werden zum Beispiel die Hexen in sieben verschiedene Schwesternschaften unterteilt.
Noch extremer ausgeprägt ist diese Vielzahl an Möglichkeiten bei den Magiern. Hier muss der Spieler nicht nur zwischen knapp vierzig (!) Magierakademien auswählen, sondern hat auch noch die Möglichkeit, sich einen persönlichen Lehrmeister auszusuchen bzw. selber auszudenken.

|“Liber Cantiones“|:

Das „Liber Cantiones“ ist ein Kompendium aventurischer Zaubersprüche und enthält knapp 300 magische Formeln. Durch die verschiedenen Modifikationen, die bei fast jedem Zauber möglich sind, ergibt sich aber ein Vielfaches an möglichen Zauberwirkungen. So kann etwa bei einem ‚Ingnifaxius Flammenstrahl‘ die Reichweite vergrößert oder dieser gleichzeitig auf mehrere Gegner gesprochen werden. Die Sprüche sind dieses Mal glücklicherweise alphabetisch geordnet, was das Nachschlagen erheblich erleichtert.

Die Zauber sind gegliedert in Probe, Merkmal, Technik, Zauberdauer, Wirkung, Kosten, Modifikationen und Wirkungsdauer. Ganz wichtig ist auch die Komplexität, die angibt, in welcher Spalte der Steigerungskostentabelle der Zauber gesteigert werden muss.

Auf die einzelnen Zauber möchte ich jetzt nicht näher eingehen, was bei dieser Masse an Zaubern wohl verständlich ist, doch kann ich versichern, dass es eigentlich für fast alle Situationen den passenden Spruch gibt.

_Mein Eindruck_

Stand ich bisher der vierten Edition von „DSA“ eher skeptisch gegenüber, muss ich sagen, dass mich die „Zauberei & Hexenwerk“-Box begeistert hat.
Zuallererst gibt es einige äußerst interessante neue Charaktertypen wie den Achaz(Echsenmenschen)-Kristallomanten, der nur mit Hilfe von Edelsteinen zaubern kann, die Gjalskerländer Tierkrieger (zählen zu den Magiedilletanten), die tierische Züge annehmen können, oder die norbardische Zibilja. Diese Neuerung bringt vor allem für „alte DSA-Hasen“ neue Motivation ins Spiel.

Es ist jetzt übrigens auch möglich, Zauber zu erzwingen, indem man zusätzliche Astralpunkte investiert. Deshalb ist die Titelwahl des Bandes „Mit Wissen und Willen“ wohl richtungsweisend. Auch die spontanen Zaubermodifikationen stechen positiv heraus. Wie oft habe ich mich beim alten Regelwerk darüber aufgeregt, dass mein Stufe-15-Magier nicht mal in der Lage ist, einen einfachen Zauber wie den ‚Flim Flam‘ (Lichtkugelzauber) in einer anderen Farbe leuchten zu lassen. Jetzt gibt es alleine bei diesem Zauber die Möglichkeit, zwölf verschiedene Modifikationen anzuwenden. Von einer anderen Farbe über eine variable Helligkeit bis zum Lichtblitz ist so einiges machbar.

Ein anderes Problem des alten Systems, das in dieser Edition behoben wurde, möchte ich anhand eines Beispieles erläutern: Ich spiele einen Halbelfen (Stufe 15) und möchte eigentlich demnächst den Zauber ‚Dschinn des …‘ erlernen. Wenn ich ihn jetzt also beigebracht bekomme, habe ich einen Startwert von -20 (ab einem Wert von -5 ist es möglich, einen Zauber zu sprechen). Da ich diesen Zauber aber nur um einen Punkt pro Stufe steigern kann, wäre es mir dann erst bei Stufe 30 möglich, ihn das erste Mal zu sprechen. Da aber Stufe 21 die höchste (offizielle) Stufe ist, kann ich mir das gleich schenken.

Da man nach den neuen Magieregeln Zauber, die man erlernt, immer mit einem positiven Wert erhält, ist dieses Problem passé. Sicher wird ein solcher Zauber wegen seiner Komplexität einiges an Erfahrungspunkten für die Aktivierung kosten, doch ist es wenigstens nicht von vornherein unmöglich.

Die gesteigerte Komplexität des Magiesystems ist durch die größere Individualität in der Charakererschaffung und dem Spiel allgemein zu erklären. Wie bei allen bisherigen „DSA4“- Publikationen, ist hier aber auch wieder das Baukastensystem zu finden. Wer möglichst einfache Regeln haben möchte, der hat dann aber auch weniger Gestaltungsmöglichkeiten, was ich für sehr sinnvoll erachte.

Zwei Dinge gibt es allerdings, die mir etwas negativ aufstoßen, aber nicht mit dem Magiesystem direkt zu tun haben. Zuerst nerven die ständigen Verweise auf andere Publikationen tierisch! Immer wieder stehen hier ein paar Sätze zu einem Thema, die dann mit einem Verweis auf andere Quellenbände oder Boxen enden. Eine eindeutige Trennung wäre hier sinnvoller gewesen. Dass die Schamanen in die „Götter & Dämonen“-Box abgeschoben wurden, ist zwar nicht besonders praktisch, aber verständlich, da sie ja eher Bezug auf die Götter und den Glauben nehmen, obwohl sie über Astralenergie verfügen.
Zum zweiten hat man leider das handliche und stylische Format des „Liber Cantiones“-Vorgängers nicht beibehalten, was ich sehr schade finde.

_Fazit_

Die meisten Fehler des „DSA“-Magiesystems sind sinnvoll behoben worden. Allerdings wurde dafür die Einfachheit des Vorgängers geopfert. Trotzdem ist dieses System das wohl stimmigste, abwechslungs- und umfangreichste unter den Fantasy-Rollenspielen. Es verlangt zwar etwas Zeit, um sich hineinzufinden, ist aber trotzdem ganz klar meine Nummer eins!

Rezension zur Basisbox [Das Schwarze Auge 2110

Collins, Pamela / Dembski-Bowden, Aaron / McFarland, Jonathan – Antagonisten (WoD)

_Allgemein_

Antagonisten sind im Rollenspiel, aber auch in Filmen und Romanen, das Salz in der Suppe, denn was wäre ein James Bond ohne einen Doktor No? Ein Superman ohne Lex Luthor? Oder Homer Simpson ohne Nad Flanders? Richtig, stinklangweilig!

Der Quellenband „Antagonisten“ ist für alle Publikationen unter dem Banner „Die Welt der Dunkelheit“ geeignet, sprich „Vampire: Requiem“, „Werwolf: Paria“ und „Magus: Erwachen“, und stellt eine Art Monsterhandbuch dar. Hierbei beschäftigt es sich mit allem, was den Spielercharakteren so gefährlich werden kann, mal abgesehen von anderen Vampiren, Magiern oder Werwölfen.

_Inhalt_

Im ersten Kapitel: ‚Die lebenden Toten‘ werden Zombies, Seelenlose und Wiedergänger behandelt. Das klingt zwar alles gleich, doch bestehen einige Unterschiede bezüglich Erschaffung, Fähigkeiten und Aussehen, auf die ich hier jetzt nicht näher eingehen möchte.

In ‚Durst nach Rache‘ spielen solche Menschen die Hauptrolle, die sich der übernatürlichen Wesenheiten (also der Spieler) bewusst sind und gegen diese kämpfen. Stärken, Schwächen, Taktiken, Motivationen und Gepflogenheiten dieser Monsterjäger werden genauestens durchleuchtet.

Ebenfalls um hauptsächlich menschliche Gegner dreht es sich auch bei den Kulten und Sekten, die in Kapitel drei: ‚Die Gerechten und die Gottlosen‘ vorgestellt werden. Nicht nur die verschiedenen Arten von Sekten (Ufosekten, Todeskulte etc.) werden an dieser Stelle beschrieben, sondern auch auf die etwaigen Sorten von Gehrinwäschen, Anwerbetaktiken und Sektenstrukturen wird detailliert eingegangen.

Last but not least kommen die echten Monster noch zur Geltung. Schon einmal von einer Aswang, der Bestie von Bethlehem, einem Giftmoder oder den Grotnicks gehört? Diese vier Monsterrassen und noch sechs weitere werden hier vorgestellt, und diese sollten jede Spielergruppe ordentlich ins Schwitzen bringen.

_Mein Eindruck:_

Wer von einem Monsterhandbuch seitenlange Tabellen erwartet, sollte von den |Feder & Schwert|-„Antagonisten“ die Finger lassen. Natürlich werden auch Werte angegeben, doch liegt die Betonung ganz klar auf dem „auch“, denn diese sind bestenfalls als Richtlinien zur Gestaltung der Gegner zu sehen. In diesem Quellenband wird Wert auf allgemeine Beschreibungen der möglichen Feinde, zum Beispiel anhand von Geschichten, gelegt. Motive, Vorgehensweisen und Hintergründe sind hier schwerer gewichtet als schnöde Würfelzahlen.

Außerdem wurde dem Spielleiter mehr Freiraum bei der Gestaltung seiner Antagonisten gewährt, denn selbst wenn ein Spieler diesen Quellenband gelesen haben sollte, kann er sich nie wirklich sicher sein, womit er es zu tun hat. So gibt es verschiedene Sorten von Zombies sowie mehrere Entstehungsmöglichkeiten derselben. Etwa kann jemand durch virale Verseuchung zum Zombie werden (wie in „Resident Evil“), durch ein Vodoo- oder anderweitiges Ritual, oder durch eine Laune der Natur. Dies erhält einerseits die Spannung aufrecht und ermöglicht andererseits dem Spielleiter, sich durch einschlägige Filme und Bücher Anregungen en masse zu holen.

„Antagonisten“ ist so konzipiert, dass es hauptsächlich Ideen für Chroniken und Abenteuer bieten soll, und das ist voll gelungen. Allein schon die jeweiligen Beispielcharaktere bieten dem aufmerksamen Leser eine Vielzahl solcher Anregungen. Obwohl die Werte nur rudimentär preisgegeben werden, sollte Spieler lieber die Finger von diesem Quellenband lassen, da sie sich sonst selber einiger Überraschungen berauben.

Die Aufmachung ist wie für |Feder & Schwert| üblich nur als vorbildlich zu bezeichnen: Hardcover-Einband, tolle Grafiken und Bilder und ein einwandfreies Layout werden geboten. Einfach klasse ist auch der Anfangsprolog ‚Detroit Mystere‘, aus dem man eigentlich ein ganzes Buch machen sollte. So gesehen, hat sich der Kauf schon fast wegen dieses Prologes gelohnt, aber auch die anderen kurzen Geschichtchen, die dieser Band enthält, sind wirklich unterhaltsam.

_Fazit_

Dieser Quellenband ist eine wahre Fundgrube für Spielleiter, die ihrer Chronik etwas mehr Pep verleihen und mal etwas anderes als die ständigen Probleme mit anderen Vampiren oder Revierstreitigkeiten darstellen wollen. Spieler sollten es sich aber wirklich zweimal überlegen, „Antagonisten“ zu lesen, denn es kann einiges an Spaß rauben, zu viel zu wissen. Alles in allem ist dies aber ganz klar ein interessanter und lesenswerter Quellenband, der für alle „Welt der Dunkelheit“-Erweiterungen äußerst nützlich ist.

http://www.feder-und-schwert.com/

_Weiterführende Rezensionen bei |Buchwurm.info|:_

[„Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ 1607

[„Vampire: Requiem“ 1701
[„Riten des Drachen“ 1728
[„Lancea Sancta“ 2087

[„Werwolf: Paria“ 1970

Lynch, Greg / Harac, Ian / Ford, Richard – WARS: The Roleplaying Game – Grundregelwerk (D20)

|In den letzten Jahren des 24. Jahrhunderts wird unser Sonnensystem von einem Ereignis von kosmischen Größenordnungen erschüttert. Ein gewaltiger Riss im Raum öffnet sich zwischen dem Asteroidengürtel und Jupiter und ein Planet taucht daraus auf. Mit ihm dringen die zwei Alienrassen der Shi und Quay in den irdischen Raum ein. Ein Kampf um unser Sonnensystem entbrennt, ein Kampf, der an vielen Fronten geführt wird, denn auch die Menschheit selbst ist weit davon entfernt, geeint zu sein …|

_von Bernd Perplies
mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins http://www.ringbote.de _

Im Jahre 1995 brachte |Decipher| das „Star Wars“-Sammelkartenspiel heraus, das einen schicken Spielmechanismus hatte, cool designte Karten aufwies und auf einer starken Lizenz aufbaute. 2001 verlor Decipher diese Lizanz an die |Hasbro|-Tochter |Wizards of the Coast|, die seitdem ein eigenes „Star Wars“-TCG herausbringt. Um das Spielkonzept, das Zocker rund um den Globus begeistert hatte, weiterhin nutzen zu können, entwickelte Decipher daraufhin ein eigenes Universum, „WARS“, das im Sommer 2004 unter großem Multimedia-Aufwand gestartet wurde. Doch dem neuen Pferd im Stall war kein langes Leben vergönnt. Bereits im Mai 2005 wurde das Sammelkartenspiel „WARS“ nach nur zwei Spielsets erst einmal auf Eis gelegt. Stattdessen sprang |Mongoose Publishing| in die Bresche und seit kurzem existiert „WARS“ nun auch als Rollenspiel.

_Das Setting_

Am Ende des 24. Jahrhunderts hat die Menschheit unser Sonnensystem besiedelt. Der Mond, die Venus, der Mars, Ganymed, Titan und der Asteroidengürtel – sie alle sind Orte mehr oder minder erfolgreicher Kolonisationsversuche. Gewaltige Mega-Corporations sind die Antriebsfeder all dieser Bemühungen und bilden gleichzeitig das Rückgrat einer weitgehend vereinten Menschheit – weitgehend, denn auf Gongen, dem ehemaligen Mars, streben die Erben asiatischer Kolonisten ihre Unabhängigkeit an und im Außenrand widersetzen sich Freidenker, Glücksritter und Kriminelle jeder Verwaltung durch die Central Governance Corporation (CGC). Die Spannungen zwischen den technokratischen Earthern, den spirituellen Gongen und den individualistischen Mavericks drohen das Sonnensystem in einen offenen Krieg zu stürzen.

Das Jahr 2391 ändert alles. Ein gewaltiger Riss im Raum, der Mumon Rift, öffnet sich zwischen dem Asteroidengürtel jenseits des Mars und dem Jupiter und ein Planet, Seyal, taucht daraus auf. Mit ihm dringen zwei extrasolare Rassen in unser Sonnensystem ein: die aristokratischen Shi und die brutalen Quay, die seit Jahrhunderten ihren eigenen erbitterten Klassenkampf führen und diesen nun auf der Bühne der irdischen Einflussphäre auszutragen gedenken. Doch auch der Rift selbst verändert das Dasein der Menschheit. Seine Strahlung berührt Menschen und Aliens gleichermaßen und erweckt in einigen außergewöhnliche Kräfte, Kizen-Kräfte, wie sie fürderhin genannt werden. Diese Auserwählten, zu denen auch die Spieler gehören, werden einen deutlichen Vorteil haben in den unruhigen Zeiten, die auf die Menschheit zukommen.

„WARS“ besitzt ein äußerst spannendes Setting, das trotz seiner räumlichen Einschränkung auf unser Sonnensystem – ein interessantes Konzept, das mir bisher so noch nicht unter gekommen wäre – unglaublich viele Möglichkeiten eröffnet. Die militanten Erdenbewohner erinnern ein wenig an „Starship Troopers“, die asiatischen Gongen bringen fernöstliche Exotik und Tradition ins Spiel (ganz zu schweigen von abgefahrenen Kampfrobotern), die Mavericks scheinen mit ihren exzessiven Cyberimplantaten und zusammengestückelten Waffen und Schiffen die Shadowrunner des 24. Jahrhunderts zu sein. Derweil bieten die uralten, geheimnisvollen Shi reichlich Anlass, der hohen Kunst der Diplomatie, Intrige und des Krieges zu frönen, und die urtümlich gewalttätigen Quay beschwören Horror und Chaos herauf (grober Vergleich: Dunkelelfen versus Orks, nur dass die Shi schlangenartigen Wasserwesen ähneln und die Quay Höllenechsen). Und dank ein bisschen Jedi-, pardon Kizen-Magie, ist auch Raum für Esoterik gegeben.

Am besten gefällt mir persönlich das räumliche Setting. Viel zu selten spielt unser Sonnensystem eine Rolle in Sci-Fi-Rollenspielen. Meist heißt es nur „Erde gibt es auch“ und dann widmet man sich dem fernen Weltraum. Dadurch, dass sich „WARS“ auf tatsächlich denkbare Schauplätze für seine Abenteuer konzentriert – Kolonien auf dem Mond, dem Mars oder den Jupitermonden sind bis in 300 Jahren durchaus denkbar –, erhält es eine nette Verankerung in der Realität, so fantastisch seine sonstigen Elemente auch sein mögen. Für den Game Master ist das Sonnensystem auch insofern ein netter Spielplatz, als dass er viel Datenmaterial schlicht aus irdischen Astronomiebüchern ziehen kann.

_Die Regeln_

„WARS“ weist ein klassisches D20-Regelsystem auf, samt all den lieb gewonnenen Mechanismen wie Defense Value, Damage Reduction (durch Armour), Classes und Prestige Classes, Feats usw. Dank OGL handelt es sich bei dem Buch jedoch nicht um ein reines Campaign Setting, sondern um ein vollwertiges Spiel. Tatsächlich besteht das Grundregelwerk sogar im wahrsten Sinne des Wortes fast ausschließlich aus Regeln. Bis ins kleinste Detail und sehr einsteigerfreundlich durch zahlreiche Beispiele ergänzt, werden die Charaktererschaffung, der Kampf, die Heilung, Fahrzeug- und Raumkonflikte, die klassischen Hazards und der Charakteraufstieg beschrieben.

Dabei fällt auf, dass, obwohl D20, „WARS“ relativ arm an Classes und vor allem Prestige Classes ist. Am Anfang stehen den Spielern gerade mal sieben grobe Professionsrichtungen zur Verfügung: Diplomat, Engineer, Leader, Medic, Pilot, Scoundrel und Soldier. Gerade die „Diplomaten“-Class wird dabei ziemlich gestreckt, umfasst sie doch alle Berufe, die irgendwie mit dem ‚Überzeugen‘ von Personen zu tun hat, also auch Händler und Entertainer. Als Prestige Class gibt es sogar nur eine, den „Kizen Master“, also jemanden, der sich und sein Leben ganz dem mystischen Phänomen des Kizen gewidmet hat (im Prinzip also ein Magier oder Jedi-Meister).

Sehr interessant gestaltet sich der Raumkampf, der vor allem unter Großkampfschiffen durch eine Reihe von Manöverbefehlen geführt wird, die unterschiedliche Vor- und Nachteile auf den endgültigen Angriffswurf und Verteidigungswert bieten. Je nach Güteklasse von Captain und Crew stehen mehr oder weniger Befehle zur Verfügung, im Schnitt sind es jedoch drei: ein Offensivbefehl, ein Defensivbefehl und ein taktisches Manöver. Dabei wird das taktische Manöver zuerst ausgeführt, das heißt, die Kontrahenten bringen sich in Position. Dann wird der Defensivbefehl ausgeführt, danach der Offensivbefehl. Mannschaften mit höheren Fertigkeitswerten erhalten möglicherweise zusätzliche Aktionen, die sie als Reaktionen auf gegnerische Manöver oder als zweites taktisches Manöver zum Kampfrundeende verwenden können. Alle Manöver besitzen atmosphäresteigernde Titel, etwa „All Hands … Fire At Will!“ oder „Pull Back“ oder „I Only Need One More Shot“.

_Das Buch_

Man merkt dem Layout des vollfarbigen Hardcover-Grundregelwerks von „WARS“ an, dass |Decipher| seine Finger mit im Spiel hatte. Während ansonsten bei Produkten von |Mongoose Publishing| nicht selten qualitativ unbefriedigende Illustrationen oder Fotos den Wert des hervorragenden Textinhalts schmälern, ist dieses Buch zwar quantitativ nicht überbordend, aber qualitativ sehr cool bebildert. Man merkt den durchgehend rechteckigen Bildmotiven zwar vom Format her an, dass sie einst Sammelkartenillustrationen waren, aber das nehme ich gerne in Kauf, wenn dafür so stimmungsvolle optische Aufheller geboten werden. Einziger Wermutstropfen: In den Fahrzeug- und Raumschiffabschnitten befinden sich keine Bilder zu den beispielhaft angegebenen Vehikeln, auch wenn diese dank des Sammelkartenspiels sicher vorhanden gewesen wären.

Der Aufbau der Buches entspricht dem klassischen Grundregelwerk. Die 304 Seiten sind in elf Kapitel, die Charakterbögen, einen sehr ausführlichen Index und die Open Game Licence eingeteilt. Die beiden ersten Kapitel „Welcome to WARS“ und „Basic Rules“ sind rein einführenden Charakters und geben einen guten Überblick über das Setting und die Mechanismen des Spiels. Die drei folgenden Kapitel „Charakter Creation“, „Skills“ und „Feats & Standings“ widmen sich auf insgesamt ca. 90 Seiten der Erschaffung eines „WARS“-Charakters, wobei auch schon mal die einzelnen Fraktionen des Universums vorgestellt werden und im Rahmen der Skills einige Details etwa zu Computern, Medizin und derlei zu finden sind.

Das nächste Großkapitel „Kizen“ stellt auf ungefähr 80 Seiten die übernatürlichen Kräfte vor, welche die Menschen (oder zumindest eine gewisse Gruppe) nach dem Aufreißen des Mumon Rift in sich entdeckt. Vor allem die „Zauberspruchlisten“ sind dabei ausgesprochen umfangreich – man ahnt, dass sie für einige Spielzeit reichen sollen und es keinen Extra-Quellenband zu den „Kizen“ in absehbarer Zeit geben wird.

Nach dem Kapitel „Combat“, das den typischen D20-Regelkomplex enthält, werden in „The Tools of WARS“ all die Dinge beschrieben, die man für Creds kaufen kann. Hier blitzt für einen Moment die von |Mongoose Publishing| bekannte Liebe zum Detail auf, wenn (Ro)Bots, Waffen, Panzerung, sehr viele kybernetische Implantate, allgemeine Ausrüstung, Dienstleistungen, Fahrzeuge und Raumschiffe auf fast 40 Seiten feilgeboten werden.

Im Anschluss an den bereits oben erwähnten „Vehicle Combat“ werden die „Factions of WARS“ näher beleuchtet. Hier ist Kritik angebracht, denn ungefähr 20 Seiten sind einfach zu wenig, um einem Universum hinreichend Leben einzuhauchen. Das Kapitel bleibt ein (ordentlicher) Überblick, doch viele weiße Stellen müssen vom Spielleiter in Eigenregie gefüllt werden. Es gibt nicht einmal eine Karte unseres Sonnensystems mit allen Kolonien. Man fragt sich, ob |Decipher| hier den Riegel vor zu viel Details geschoben haben – womit sie ihrem Ziel, „WARS“ zu mehr Popularität zu verhelfen, eigentlich entgegengewirkt hätten –, oder ob Mongoose einfach nicht mehr Zeit und Manpower in die Entwicklung des Lizenzprodukts stecken wollte.

Den Abschluss bildet das obligatorische Kapitel zum „Game Mastering“, das erfreulicherweise ein paar sehr konkrete Fallen des Spielleitens aufführt und Tipps gibt, wie man selbige umgehen kann.

_Fazit_: Nach den Maßgaben einer bekannten Kinozeitschrift wäre es vermutlich ein Daumen schräg nach oben. „WARS“ kann für mich definitiv punkten mit seinem interessanten Setting, das Buch gefällt zudem durch sein wirklich komplett zu nennendes D20-Regelwerk und die schicken Illustrationen. Was mir ein bisschen fehlt, ist die Ausgestaltung des Spieluniversums. Weder unser Sonnensystem und seine Kolonien noch die einzelnen Fraktionen werden im Detail vorgestellt, die gebotenen Informationen bieten eher einen allgemeinen Überblick. So muss, wer in „WARS“ einsteigen will, noch einiges an Heimarbeit leisten, damit aus dem Bild, was uns geboten wird, ein bespielbarer Raum wird. Das Potenzial allerdings zu einem sehr coolen Sci-Fi-Spiel hat „WARS“ auf jeden Fall.

Wer mehr über „WARS“ wissen will, dem sei ein Besuch der alten [TCG-Website]http://warstcg.fanhq.com/ von |Decipher| empfohlen. Hier gibt es nicht nur zahlreiche Kurzgeschichten (etwa von Michael A. Stackpole!), sondern auch Wallpapers, Musik und Videoclips, die in die Atmosphäre des Spieluniversums einführen.

Müller, Karl-Georg & Patrick / Roth, Manfred / Franke, Jürgen E. – Cuanscadan – Tor nach Erainn (Midgard)

„Cuanscadan“ ist ein Quellenbuch zum Fantasy-Rollenspiel MIDGARD. Es beschreibt das Fürstentum und die Stadt Cuanscadan, die als Tor nach Erainn bezeichnet wird. Erainn, ein an der irischen Mythologie orientiertes Land, wird ebenfalls näher unter die Lupe genommen. Der Band schließt mit vier groben, aber ohne großen Aufwand vorzubereitenden Abenteuerskizzen und dem komplett ausgearbeiteten Abenteuer „Das Auge des Wüstengottes“.

Die Autoren Karl-Georg Müller und Manfred Roth haben sich im mit ca. 75 Seiten umfangreichsten Teil des Quellenbandes ganz dem Fürstentum Cuanscadan und dem gleichnamigen Fürstensitz gewidmet. Der Name Cuanscadan bedeutet „Hafen der Heringe“, und so ist es nicht erstaunlich, dass die Hafenstadt vor allem von Fischfang und Handel lebt.

Nach einem kurzen Überblick über die landschaftliche Lage des Fürstentums widmet man sich der bewegten Geschichte der Gegend. Die Ureinwohner, die Ffomor, vermischten sich immer wieder mit Einwanderern, seien es Valianer, Twyneddin oder sogar Exilhuatlani. Letztere haben einige kleine Siedlungen im Fürstentum gegründet. Seit ungefähr zwanzig Jahren lenkt Fürst Amhairgin die Geschicke der Stadt. Eine Veränderung, die nicht jeder gutheißt, wie man später anhand der Beschreibung mehrerer Geheimgesellschaften erkennen kann.

Kaum ein Mond vergeht in Cuanscadan ohne ein Fest oder einen Feiertag. So feiert man die Ankunft des ersten Lachses genauso gern und ausgiebig wie das erste Bier der letzten Ernte, das natürlich ausgiebig getestet wird. Der Erainner versteht eindeutig etwas vom Feiern.

Der kurze allgemeine Überblick über die Stadt Cuanscadan, der die wichtigsten Orte und Stadtviertel beschreibt, wurde leider ein wenig unübersichtlich gestaltet. Es fehlt hier eine Legende, mit deren Hilfe man auch aktiv nach einem Ort suchen könnte, ohne sich erneut den gesamten Text zu Gemüte zu führen. Der Gebäudeindex ist auf S. 85 versteckt, hilft jedoch nur bedingt, da die Einwohner nicht explizit irgendwelchen Gebäuden zugeordnet werden können.

Anschließend wendet man sich dem Kernstück des Quellenbuches zu: der Beschreibung ausgewählter Bewohner und Örtlichkeiten der Stadt. Diese Darstellung folgt dem aus „Corrinis – Stadt der Abenteuer“ bekannten Schema, d.h. es werden nur die wichtigsten Spieldaten der Bewohner angegeben, meist nur Abenteurerklasse und besondere Eigenschaften.

Bei den Beschreibungen der Stadtbewohner und Örtlichkeiten zeigt sich das Talent der Autoren, mit wenig Text viel auszusagen. Die Einwohner werden so plastisch dargestellt, dass man mehrfach meint, den Fischgeruch eines Händlers oder das Duftwasser der Parfümerie wahrnehmen zu können. Über das Verhalten gegenüber Abenteurern braucht man sich in den seltensten Fällen Gedanken zu machen, denn selbstverständlich wird das normale Gebaren der Bewohner beschrieben.

Hinter der Fassade vieler Einwohner lauern Geheimnisse, die ein Spielleiter problemlos in Abenteuer einfließen oder gar als Anregung für solche nutzen kann. Wirken einige Cuanscadaner auf den ersten Blick normal, offenbart sich in einem Nebensatz ein kleiner Abgrund. Als harmloseres Beispiel sei hier ein Fährmann genannt, dessen Frau ihn nur selten zu Gesicht bekommt, es sei denn, das Hochwasser macht ihn beschäftigungslos, „was meist im Herbst geschieht, weshalb seine Kinder in den Sommermonaten geboren wurden. Bis auf eines …“.

Dieser augenzwinkernde Humor zieht sich durch die gesamte Stadtbeschreibung. Deshalb macht schon das Lesen jede Menge Spaß. Wie muss das erst sein, wenn man diese Bewohner am Spieltisch zum Leben erweckt? Ich kenne so einige Stadtbeschreibungen, doch so lebendig wie Cuanscadan wurde bisher keine andere Stadt geschildert. Diese Darstellung passt wie die Faust aufs Auge zum lebenslustigen Volk der Erainner.

Die wichtigsten Gebäude der Stadt, u. a. der Garten Nathirs, die Wachen und die Verwaltung werden ausführlich beschrieben. Dabei wurden zahlreiche hübsche Karten in den Text integriert. Ein eigenes Kapitel befasst sich mit diversen Geheimgesellschaften Cuanscadans, die sich auch gegenseitig Konkurrenz machen. Auch hier sind jede Menge Abenteuerideen angerissen.

Dún Cloighteach, die Burg des Fürsten Amhairgin, wird in Form einer Reisebeschreibung näher unter die Lupe genommen. Man erfährt nicht nur, wer dort lebt und wie die Gebäude aussehen, sondern erhält auch einen tiefen Einblick in die politische Lage der Region, die alles andere als stabil ist. Dem Ränkespiel am Hof ist Tür und Tor geöffnet, was zu einem großen Teil auch an der Abstammung des Fürsten und seinen persönlichen Vorlieben liegt. Ein gefundenes Fressen für jeden Spielleiter.

Das Kapitel „Meine Ankunft in der Bardenschule“ vermittelt viel vom Flair dieser Ausbildungsstätte. Zum Schluss des ersten Teils des Quellenbandes wird der Silberne Turm des Erzmagiers Ultan ay’siochan ausführlich beschrieben. Dort könnte ein hervorragender Zauberer unter den Abenteurern eines Tages vom Erzmagier selbst unterrichtet werden.

Jürgen E. Franke gibt auf den nun folgenden 40 Seiten einen allgemeinen, aber doch detaillierten Überblick über das Land Erainn. Den wichtigsten Landschaften, Pflanzen, Tieren und Fabelwesen wird jeweils ein kleiner Absatz gewidmet. Einigen ungewöhnlichen Kreaturen, dem Weißfalken, einem Naturgeist namens Rutacorcach und dem Leprachán gönnt man eine ausführliche Darstellung. Letztere beherrschen zwei neue Zaubersprüche.

Der Bevölkerung Erainns, die sich aus diversen Bevölkerungsgruppen zusammensetzt, wurde ein umfangreiches Kapitel gewidmet, das sich mit ihrer Abstammung, Kleidung und Geschichte befasst. Ein wichtiges Kapitel sind die Aussprachehilfen für die unserer Zunge doch recht fremdartigen Namen.

Die Siedlungsformen und die wichtigsten Städte und Ortschaften des Landes werden zwar knapp, aber mit Informationen voll gepackt vorgestellt. Eine Übersichtskarte Erainns hilft bei der Planung von Reisen innerhalb des Landes. Die Gesellschaft der Erainner ist eher am Landbesitz als an der Abstammung orientiert, doch zeigt sich auch hier die Vielschichtigkeit des Landes. Den Kriegern der Schlange ist der Ehrbegriff sehr wichtig, was sich auch in der Kriegsführung bei Streitigkeiten untereinander auswirkt. So wurde manche Schlacht Erainns ohne einen einzigen Todesfall ausgefochten, weil die Anführer in einem Zweikampf über Sieg oder Niederlage entschieden.

Dass Erainner fast so viel Wert auf Gesetze zu legen scheinen wie Valianer, war mir neu. Erklärt wird dies mit der fast schon religiösen Bedeutung, die sie dem Recht beimessen. Dementsprechend ausführlich wird auf Recht und Gesetz eingegangen. Familien und Sippen, Wirtschaft und Unterhaltung sind Kapitel, die Erainn zusätzliches Leben einhauchen.

Der naturverbundene Glaube der Erainner und seine Beschäftigung mit der Grünen Magie, der Magie der Natur (Dweomer), werden ausführlich dargestellt. Leider wurde die Beschreibung des Glaubenszentrums Teámhair als Reisebericht dargestellt. Die erzählende Heilerin verzichtet bei fast all ihren Sätzen auf Verben, was das Lesen ihrer Beschreibungen sehr anstrengend macht. An dieser Stelle hätte ich mir eine blumigere Schreibweise wie die eines überschwänglichen Barden gewünscht. So wirkt das vermutlich faszinierende Teámhair leider sehr trocken.

Dass die Erainner ein sehr lebenslustiges Volk sind, wird durch die Beschreibung einiger Zaubertänze wieder einmal bestätigt. Die Tänze erschienen ursprünglich bereits im |Gildenbrief| 46, wurden allerdings an die vierte Auflage der Regeln angepasst. Außerdem ist es jetzt auch möglich, die Tanzschritte unabhängig von der Zauberwirkung des Tanzes zu lernen, was besonders bei den Gruppentänzen von Vorteil ist.

Für Abenteurer aus Erainn bietet das Quellenbuch die Rasse der Elfenmenschen an, eine recht häufig vorkommende Personengruppe, die sowohl von Elfen bzw. Coraniaid und Menschen abstammen. Die neue Charakterklasse der Fionnacórach (Rechtfinderin), eine magiebegabte Ermittlerin, verfügt über Zauber, die sich an Heilerinnen anlehnen, ergänzt um etliche Informationszauber. Es handelt sich dabei um eine durch die Wichtigkeit der Gesetze und der Heilerinnen gut in die Kultur integrierte neue Klasse.

Der dritte große Abschnitt des Quellenbuches bietet vier Abenteuerskizzen von Karl-Georg und Patrick Müller und ein Abenteuer von Ulf Zander & Andreas Mätzing. In „Noch eine Diebesbande“ dürfen die Abenteurer Dieben hinterherjagen und auch bei „Sport ist Mord“ ist der Titel Programm. Beides sind kurze Szenarien, die geschickt in die Stadt Cuanscadan einführen. Letzteres ist zwar kurz gehalten, aber einmal mehr verbirgt sich mehr hinter den Fassaden als nur einfacher Mord. Die Abenteuerskizzen „Freiheit für Ceallach an’ailgin“ und „Der Kult der Blauen Auster“ beschäftigen sich mit den ansässigen Geheimgesellschaften. Alle vier Abenteuerskizzen kann man sofort in Szene setzen, ohne viel Arbeit investieren zu müssen. Gleiches gilt für das bereits in |Spielwelt| 37 veröffentlichte, komplett überarbeitete Abenteuer „Das Auge des Wüstengottes“. Anders als die Abenteuerskizzen handelt es sich hierbei nicht um ein Stadtabenteuer, sondern eher um ein kleines Dungeon, das nicht zu unterschätzende Gefahren für die Abenteurer bereithält.

Ein kleines erainnisches Wörterbuch rundet dieses Quellenbuch ab. In einer Kartentasche am Ende des Bandes wurden ein großformatiger, schwarzweißer Stadtplan Cuanscadans und eine Farbkarte des Fürstentums untergebracht.

„Cuanscadan“, das Tor zu Erainn, der Hafen der Heringe ist ein absolut hervorragendes Quellenbuch. Die Lebendigkeit der Bewohner, ihre Abgründe, ihre Besonderheiten und nicht zuletzt die mitgelieferten Abenteuer laden zu sofortigem Spiel ein. Die Beschreibung des Landes Erainn gibt einen zwar kurz gefassten, aber dennoch gelungenen Überblick dieses bisher leider vernachlässigten Landstrichs. Hoffentlich löst Cuanscadan in Zukunft Corrinis als populärste Stadt Midgards ab.

© _Hornack Lingess_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|

Baker, Richard / Stout, Travis / Wyatt, James – Vergessene Reiche: Spieler-Handbuch Faerûn

|“Die Helden der Vergessenen Reiche sind so unterschiedlich und vielfältig wie die Regionen, aus denen sie stammen. Diese Sammlung faerûnischer Informationen und Geheimnisse erlaubt Ihnen, endlos viele verschiedene Charaktere zu generieren und auszurüsten, die alle gegen die Herausforderungen, die ihnen bevorstehen, wohlgefeit sind. Von Völkern über Talente, Zauber und Prestigeklassen bis hin zu magischen Gegenständen und vielem mehr bringt das SPIELER-HANDBUCH FAERÛN den Kampagnenhintergrund der Vergessenen Reiche auf den Stand der Edition 3.5, lässt einige alte Lieblingsinhalte der Versionen 1.0 und 2.0 wieder aufleben und enthält zudem ganz neues Material zur Charaktergenerierung.“| (Herstellerinformation)

Das SPIELER-HANDBUCH FAERÛN ist ein Hardcover im DIN-A4-Format mit 224 Seiten. Der Entwurf des Buches stammt von Richard Baker, Travis Stout und James Wyatt. Die Übersetzung ins Deutsche wurde von Stefan Kreksch und die Umschlagillustration von Adam Rex gefertigt. Das Buch ist ein Ergänzungsband für die Kampagnenwelt Vergessene Reiche der „Dungeons & Dragons“-Edition 3.5 und baut unter anderem auf folgende Quellen auf: KAMPAGNEN-SET: VERGESSENE REICHE, MONSTER FAERÛNS und MAGIE FAERÛNS.

Die ersten beiden Seiten nach dem ausführlichen Inhaltsverzeichnis widmen sich einer Einleitung, wie das Buch verwendet werden kann, es gibt eine Kapitelübersicht, Informationen darüber, welche Bücher man benötigt, um das Buch überhaupt nutzen zu können, und welche weiteren Bücher für die Kampagnenwelt der Vergessenen Reiche bereits erschienen sind.

Kapitel 1: „Regionen und Talente“ widmet sich dann den schon im Kampagnen-Set aufgeführten Regionen und damit verbundenen Starttalenten für die verschiedenen spielbaren Völker. Hierbei wurden einige Änderungen an den Vorgaben des Kampagnen-Sets vorgenommen. Es wurden unter anderem die bevorzugte Klasse für eine bestimmte Region weggelassen oder regionale Talente attraktiver gemacht, um einen Spieler für die Mühe, seinem Charakter eine Herkunft zu geben, zu belohnen. Insgesamt 45 Seiten widmen sich neuen Statistiken, den verschiedenen Völkern der Menschen, den Heimatregionen auch nichtmenschlicher Volksgruppen und den überarbeiteten Talenten für die Kampagnenwelt.

Kapitel 2: „Prestigeklassen“ stellt 20 Prestigeklassen für faerûnische Charaktere vor. Auf 33 Seiten werden dem Leser zum Großteil überarbeitete Prestigeklassen präsentiert. Die meisten Überarbeitungen fallen nicht schwer ins Gewicht, nur der ehemalige Harfner-Kundschafter und nun Harfneragent und die Hathran haben sich zum Teil drastisch verändert. Die Klassen Erzmagier, Hierophanten und Roter Magier sind nicht enthalten, da die überarbeiteten Versionen im SPIELLEITER-HANDBUCH zu finden sind.

Im Kapitel 3: „Domänen und Zauber“ werden auf 49 Seiten Klerikern spezielle Talente spendiert, die zusätzliche Klerikerzauber auf verschiedenen Graden ermöglichen und weitere Fähigkeiten verleihen; es gibt umfassende Zauberlisten, die alle (überarbeiteten) Zauber aus dem KAMPAGNEN-SET, MONSTER FAERÛNS, MAGIE FAERÛNS, VÖLKER FAERÛNS dem UNTERREICH, dem SPIELER-HANDBUCH und diesem Buch beinhalten. Abgeschlossen wird das Kapitel durch die Beschreibungen der Zauber aus diesem Buch.

Kapitel 4 widmet sich magischen Gegenständen. Es werden ergänzende besondere Eigenschaften für Waffen und Rüstungen beschrieben und auf insgesamt neun Seiten neue Artefakte aller Arten aufgeführt. Die Gegenstände sind auf die Kampagnenwelt abgestimmt und im Detail beschrieben.

Kapitel 5: „Epische Stufen in Faerûn“ befasst sich auf dreizehn Seiten mit den epischen Stufen von einigen der in Kapitel 2 vorgestellten Prestigeklassen und zwei weiteren: dem nesserischen Arkanisten und dem Zauberfeuer-Hierophanten. Dazu gibt es neue epische Talente und neue epische Zauber.

Kapitel 6: „Die Kosmologie Torils“ umfasst 30 Seiten, die sich dem Ebenenreisen, den Merkmalen der Ebenen und Ebenenbeschreibungen widmen. Die hier vorgestellten und beschriebenen Ebenen der Vergessenen Reiche unterscheiden sich im Aufbau von der Kosmologie, wie sie das SPIELLEITER-HANDBUCH vorgibt, und ergänzen das Material aus dem KAMPAGNEN-SET.

Kapitel 7: „Das Kampagnentagebuch“ besitzt sechs Seiten, auf denen dem Leser nahe gebracht wird, wie die offizielle Zeitlinie in die eigene Kampagne eingebaut werden kann und welche großen Ereignisse unlängst in dieser Linie geschehen sind. Daraus ergeben sich auch Ereignisse und Gerüchte, die knapp angerissen werden.

Im Anhang mit 20 Seiten geht es noch um Psioniker in Faerûn, ihr Verhältnis zum Gewebe, ihre Organisation und eine psionische Prestigeklasse, den Gedankendieb. Daran schließt sich Material aus dem Buch der widerwärtigen Finsternis (BOOK OF VILE DARKNESS) und dem Buch der löblichen Taten (BOOK OF EXALTED DEEDS), auf die Vergessenen Reiche abgestimmt, an. Zum Schluss gibt es noch eine Regelvariante für mächtige Völker mit Stufenentsprechung und wie man sie noch in das Spiel einbinden kann.

Wer diesen Ergänzungsband liest und bereits über andere Bände zu dieser Kampagnenwelt verfügt, wird auf gewohnte Kost stoßen. Möglichst knappe Abschnitte und Absätze mit möglichst viel Information. Sehr viele übersichtliche Tabellen, ein ausführliches Inhaltsverzeichnis in gewohnter und deshalb immer noch toller optischer Aufmachung.

Positiv sind die Kästen zu bewerten, in denen dem Leser immer wieder kurz erläutert wird, was und warum es sich geändert hat. Dem Leser wird so die Möglichkeit verschafft, die Arbeit der Autoren und Verlage besser nachzuvollziehen. Auch die Karten und die Illustrationen sind stimmungsvoll aufgemacht und unter dem Strich überdurchschnittlich gelungen.

Besonders nützlich sind Kapitel 1 und Kapitel 6. Die Angaben aus Kapitel 1 über die Völker der Menschen helfen dem Spieler, einem Charakter viel mehr Individualität und Atmosphäre zu verleihen und helfen auch Spielern, die sich den Kopf über das körperliche Aussehen ihres Charakters zerbrechen. Kapitel 6 ergänzt das Kapitel über die Götter und Ebenen im Kampagnen-Set und liefert viele Informationen, die ein Spielleiter für die Vergessenen Reiche bei Ebenenreisen einfach braucht. Kapitel 5 wird alle Spieler/leiter freuen, die sich in epischen Gefilden tummeln und nach der Erweiterung der Prestigeklassen und neuen Talenten wie Zauber hungern. Die Zusammenfassungen der Roman- bzw. der Abenteuerserien „Die Rückkehr der Erzmagier“ und „Der Krieg der Spinnenkönigin“ sind eine gelungene Hilfestellung für Spielleiter, die dieses Material verwenden wollen, besonders wenn man es nicht direkt kennt.

Was fehlt, sind ein Index und hier und dort ein zumindest stimmungsvoller Text aus den Reichen. Da es sich um ein maßgeschneidertes Produkt für eine Kampagnenwelt handelt und das Buch damit nicht dem Anspruch der universellen Verwendung gerecht werden muss, hätte es sich angeboten, zumindest mit kurzen Texten für atmosphärische Einschübe zu sorgen. So sind die Texte in dieser Form stellenweise zu trocken und das Buch lädt nicht zum Schmökern ein. So wäre es zum Beispiel vorteilhaft gewesen, wenn Kapitel 5 mehr als nur erweiterte Prestigeklassen, Talente und Zauber enthalten hätte; zum Beispiel Ideen zu einer epischen Kampagne, Stichpunkte zum täglichen Leben einer Legende in Faerûn – ungemein nützlich für Spielleiter, die sich damit herumschlagen. Auch ist die Vielzahl an Prestigeklassen nicht unbedingt nötig. Sicherlich ist es schön, so viele Möglichkeiten wie machbar abzudecken, auf der anderen Seite scheint man anzunehmen, die Grundklassen seien zu langweilig, um ohne eine Prestigeklasse einen interessanten Charakter ausmachen zu können. Und auch neue Zauber braucht es eigentlich kaum, wird ein Spieler dadurch nur noch mehr zum Suchen und Auswählen genötigt.

Als Fazit kann man das Buch einem Fan der Vergessenen Reiche unbedenklich empfehlen, schon allein, weil es die bisher auf deutsch erschienen Bücher der Edition 3.0 regeltechnisch auf den neusten Stand bringt. Handwerklich ist das Buch gute Qualität, aufgrund des speziellen Inhaltes nur eingeschränkt für andere Kampagnenwelten einsetzbar. Es fehlt vielleicht ein wenig an Atmosphäre in den Texten für den vollen Preis des Buches, aber wenn man in den Vergessenen Reichen spielt, ist es kein Fehlkauf.

© _Sebastian Hogrebe_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|

Wiesler, André u. a. – LodlanD – In den Tiefen des Meeres (Grundregelwerk)

_Allgemein_

„LodlanD“ spielt auf unserem Planeten, allerdings in der Zukunft. Das Weltklima ist so dramatisch abgekühlt (ähnlich wie bei dem Film „The Day After Tomorrow“), dass sich die Menschen ins Meer zurückziehen mussten, da die Erdoberfläche nicht mehr bewohnbar ist. Da die Technik auf einem überschaubar höheren Stand ist als unsere heutige, leben die Menschen in riesigen Kuppelstädten, tief auf dem Grund des Meeresbodens.

Selbstverständlich hat sich auch die Art der Fortbewegung radikal verändert. So werden jetzt U-Boote als reguläres Verkehrsmittel betrachtet. Diese werden dann auch genutzt, um zwischen den sieben bekannten Ländern Arbiträa, Stawa, LoD, Bund Freier Städte (BFS), Scientia, Kobe-Uppland und Union Nordischer Länder (UNL) zu verkehren. Organisiert sind diese Länder in einer Art Staatenbund, dem so genannten Rat der Länder (RDL).

Neben der technischen Seite haben sich auch die Menschen weiterentwickelt, denn etwa ein Prozent der Bewohner des RDL haben psionische Begabungen, sprich Kräfte wie Telepathie, Telekinese oder Ähnliches. Auch geklonte Menschen sind nichts wirklich Außergewöhnliches in „LodlanD“.

_System_

In „LodlanD“ wird ein System genutzt, das auf Prozentwürfe zurückgreift. Gewürfelt wird mit zwei zehnseitigen Würfeln (W10), einer gibt die Zehner- und der andere die Einerstelle an (zwei Nullen entsprechen einer Hundert). Wenn man bei einer Probe kleiner/gleich seinem Wert würfelt, hat man diese bestanden. Die Attribute haben zu Beginn einen Wert zwischen 20 und 80, sind allerdings im Laufe des Spiels bis zur 99 steigerbar. Auch die Talente und PSI-Kräfte haben einen Wert zwischen null und hundert, doch hat man bei den Talenten häufig eine gewisse Grundbegabung. So weist das Talent Menschenkenntnis bei jedem von Anfang an eine fünfundzwanzigprozentige Grundchance auf, auch wenn man kein Psychologe oder Ähnliches ist. Bei berufsspezifischen Talenten, wie Geologie zum Beispiel, hat man bei einer Grundchance von 0 % keine Möglichkeit, die Proben ungelernt zu bestehen. Da es bei „LodlanD“ keine vorgegeben Klasseneinteilungen oder Professionen gibt wie in vielen anderen Rollenspielen, bleibt es dem Spieler selbst überlassen, was sein Charakter kann oder nicht, solange er sich an die vorgegebene Punktezahl der Fertigkeiten hält.

Hat man eine Fertigkeit bis zu einem Wert von 60 % gesteigert, wird angenommen, dass man alles normal Wissenswerte über diese Fertigkeit kennt. Will man den Wert weiter erhöhen, muss man sich spezialisieren. So kann man etwa Schiffe steuern auf 60 % erhöhen, möchte man aber besser werden, muss man sich auf einen der verschiedenen Schiffstypen spezialisieren.

Die Attribute und die Fertigkeiten sind voneinander unabhängig. Doch bestimmen die Attribute unter anderem die Werte der Geistigen Ausdauer und der Lebensenergie.

Wenn PSI-Kräfte gewirkt werden oder man geschlagen wird, verliert der Charakter Geistige Ausdauer, bei richtigen Schäden verliert er Lebensenergie. Diese beiden Werte werden in je vier Teile gespalten. Sobald man durch Schaden vom ersten Viertel in das zweite rutscht, gibt’s einen Malus auf die weiteren Aktionen. Dieser Malus erhöht sich dann je nach erreichtem Viertel weiter.

_Mein Eindruck_

„LodlanD“ ist ein sehr gelungenes Regelwerk. Man merkt durchgehend, dass sich die Autoren und Mitarbeiter einige Gedanken über ihr System gemacht haben. Dieses bietet in einem sehr gut ausgewogenen Rahmen sowohl genügend Freiheiten für erfahrene Spieler als auch sinnvolle und einfache Grundregeln für einen Anfänger. So gibt es etwa für den Schiffskampf eine einfache Grundregel und eine optionale, differenzierte und realistischere Zweitregel für Fortgeschrittene.

Auch die Trennung der Attribute von den Fertigkeiten ist sinnvoll, denn dadurch hat der Spieler zum einen die maximale Gestaltungsfreiheit bezüglich des Könnens seines Charakters. Zum anderen ist eine solche Zuordnung (fast) immer ein fauler Kompromiss, da meistens einfach mehrere Attribute zutreffen. Wer will denn etwa entscheiden, ob die Fertigkeit Waffenloser Kampf auf die Stärke, die Geschicklichkeit oder die Konstitution geht?

Obwohl „LodlanD“ in der Zukunft spielt, hat es mit den bekannten Dark-Future-Rollenspielen wenig gemein. So sind zum Beispiel Schusswaffen in der RDL wirklich eine Besonderheit und sehr selten. Wenn man mal kurz darüber nachdenkt, wird einem sicherlich schnell klar, was ein Fehlschuss für kathastrophale Folgen haben könnte. Daraus ergibt sich, dass die Spieler ihre Köpfe anstrengen müssen, und nicht einfach nach Schema F: „Erst schießen, dann fragen!“ vorgehen dürfen. Hier sind Ideen und gutes Rollenspiel gefragt.

Die Psi-Kräfte hingegen machen den fantastischen Aspekt bei „LodlanD“ aus. Es ist aber nicht so, dass diese Kräfte das Spielgleichgewicht durcheinander bringen würden. Diese sind zwar ziemlich nützlich, allerdings nicht wirklich mächtig. Desweiteren ist es durchaus möglich, komplett auf diese Kräfte zu verzichten, wenn man auf diesen Aspekt keine Lust hat, denn es wird extra betont, dass kein offizielles „LodlanD“-Abenteuer so aufgebaut sein wird, dass es ohne Psi-Kräfte nicht gelöst werden könnte.

Ein großes Plus dieses Rollenspiels ist die wissenschaftliche Fundiertheit. Man merkt einfach an fast jeder Stelle, dass es wirklich so oder so ähnlich sein könnte, wenn bei uns einmal die Erde abkühlen sollte. Angefangen von der Beschreibung der Ernährung und Lebensweise eines Lodländers über die originalgetreuen Seekarten bis hin zur Zeichnung der (U)-Boote. Auch die lange Liste der Danksagungen an etwaige Wissenschaftler für deren Rat ist beeindruckend. Um es in der Seemannssprache auszudrücken: Hier wird kein Seemansgarn gesponnen! Dieser enorme Aufwand ist es auf jeden Fall wert, belohnt zu werden.

Kommen wir nun zu meinem einzigen, kleinen Kritikpunkt: Die Namensgebung. Ich meine, ein Staat namens Scientia, in dem hauptsächlich Wissenschaftler leben bzw. an der Macht sind, und der eine Hauptstadt namens Logika hat, ist beileibe nicht der Höhepunkt kreativer Ergüsse! Allerdings ist das eher lustig als störend, denn ansonsten sind die Länder sehr interessant gestaltet.

So ist LoD eine Freihandelzone, in der fast alles verkehrt, vom reichen Händler bis zum letzten Abschaum, am BFS hätte George Orwell („1984“) seine wahre Freude gehabt, und die Piratenjägernation Arbiträa ist allemal für etliche Abenteuer zu gebrauchen. In fast jedem Land gibt es entweder soziale oder ethische Probleme, die ein anspruchsvolles Rollenspiel ermöglichen. Sehr positiv sind auch die „weißen Flecken“. Diese sind zum Teil Lokalitäten oder Personen in „LodlanD“, die in keiner folgenden Publikation beschrieben werden und so dem Spielleiter völlig zu freien Entfaltung zur Verfügung stehen.

Die Aufmachung ist gut, wenn auch nicht gerade überragend. Äußerst vorbildlich ist auch der Online-Support der „LodlanD“-Crew. Jedes Grundregelwerk enthält einen Code, mit dem man sich unter http://www.lodland.de als Spielleiter registrieren und somit das umfassende, kostenlose Downloadangebot (Abenteuer, Regelergänzungen, Charakterbögen etc.) nutzen kann. Die Homepage ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

_Fazit:_ Starkes neuartiges Rollenspiel, das mit wissenschaftlicher Fundiertheit und originellen Ideen glänzt. Für Anfänger und Fortgeschrittenen gleichermaßen geeignet. Wer mal etwas jenseits der typischen Fantasy-Rollenspiele ausprobieren möchte, dem ist „LodlanD“ wärmstens zu empfehlen.

Don-Schauen, Florian / Herz, Britta / Hlawatsch, Ralf / Römer, Thomas – Schwarze Auge, Das (Basis-Box; DSA4)

_Allgemein_

„Das Schwarze Auge“, kurz DSA, ist das wohl erfolgreichste Pen&Paper-Rollenspiel Deutschlands und spielt in einer klassischen Fantasywelt namens Aventurien. Ganz genau gesehen, ist Aventurien nur ein Kontinent, aber das ist hier nicht weiter von Belang (ich spiele jetzt schon einige Jahre DSA und war noch auf keinem anderen Kontinent). In dieser „Das Schwarze Auge 4“-Basisbox sind die Grundregeln enthalten. Daher ist sie für das Spielen unverzichtbar.

Neben verschiedenen Menschenvölkern kann der Spieler sich auch entscheiden, Elfen oder Zwerge und mit der Erweiterungsbox „Schwerter und Helden“ auch Orks, Goblins und Echsenmenschen (Achaz) zu spielen. Natürlich gibt es auch verschiedene Professionen. Neben den klassischen wie Magier, Krieger, Söldner und Hexe warten auch noch eine Reihe anderer Berufe auf die Helden.

Aber Aventurien ist auch eine gefährliche Welt, in der Oger, Drachen, Untote und noch einiges Schlimmeres lauert. In vielen Jahren Arbeit, sowohl von Autoren als auch Fans, wurde Aventurien immer detaillierter beschrieben und genauer ausgearbeitet, was dazu führte, dass es mittlerweile nur noch wenige „weiße Flecken“ auf der Karte gibt.

Dies ist einerseits von Vorteil, da es eine genaue Beschreibung und rollenspielerische Tiefe ermöglicht. Der Nachteil ist natürlich, dass so dem Spielleiter weniger Handlungsspielraum bleibt, wenn er eine erfahrene Rollenspielergruppe vor sich hat.
Dadurch, dass aber alle zwei Monate der „Aventurische Bote“ (eine Zeitschrift über DSA, die sich mit den neuesten Ereignissen in dieser Welt beschäftigt) erscheint, entwickelt sich Aventurien sowohl politisch als auch geographisch immer weiter, was wiederum eine Menge Anreiz auch für alte DSA-Hasen bietet.

So, das war DSA und Aventurien in groben Zügen. Kommen wir zum Boxeninhalt.

_Inhalt_

– „Das Schwarze Auge: Die Basisregeln“
– „Der Weg ins Abenteuer“
– „DSA die Vierte“
– „Archetypen“
– Gebrauchsanleitung
– Poster: „Kulturschaffende Aventuriens“
– Weltkarte „Aventurien“
– Heldendokumente
– Glossar auf vier (gleichen) Karten
– Fünf Würfel (3W20 und 2W6)

Neben einigen Gimiks, wie den Würfeln, dem Glossar, einer Aventurienkarte sowie dem Poster, sind vor allem „Das Schwarze Auge: Die Basisregeln“, „Der Weg ins Abenteuer“ und „DSA die Vierte“ für eine nähere Betrachtung interessant.

|1. „Das Schwarze Auge: Die Basisregeln“|

Hier sind die Grundregeln enthalten. Nach einer grundsätzlichen Einführung in das Thema Rollenspiel, einer knappen Beschreibung Aventuriens und einer Kurzerläuterung der Regeln wird schnell zur Heldengenerierung übergegangen.

Denn anders als beim Vorgänger bekommt der Spieler so genannte Generierungspunkte und muss sich mit diesen seinen Helden zusammenkaufen. Es müssen die Rasse, die Kultur und die Profession bezahlt werden. Diese kosten dann, je nachdem, welche Vorteile und Talente sie bringen, unterschiedlich viele Generierungspunkte. Von den verbleibenden Generierungspunkten können dann noch die Eigenschaften (Attribute), Vorteile und Talentpunkte erworben werden. Schlechte Eigenschaften und Nachteile geben hier aber auch wieder Generierungspunkte zurück.

Leider sind in diesem Grundregelwerk wirklich nur die grundlegendsten Rassen, Kulturen und Professionen enthalten. Wer etwas mehr als einen 08/15-Helden spielen möchte, muss sich auf jeden Fall noch die weiterführenden Boxen wie „Schwerter und Helden“ sowie „Zauberei und Hexenwerk“ anschaffen. Auf die Charaktererschaffung folgen dann noch die ausführlichen Regeln, eine Zusammenfassung der Magie sowie Tipps für Spieler und Spielleiter.

Die Zusammenfassung der Magie ist aber wirklich nur als rudimentär zu bezeichnen. Hier ist Vorsicht geboten, denn für tiefgründigere Magieregeln wird einige Male auf die Box „Götter und Dämonen“ verwiesen. Diese befinden sich aber in „Zauberei und Hexenwerk“.

|2. „Der Weg ins Abenteuer“|

„Der Weg ins Abenteuer“ ist ein Abenteuerband, der sowohl das vierteilige Einsteigerabenteuer „Efferdors Fluch“ als auch ein Soloabenteuer namens „Auf Leben und Tod“ enthält. „Efferdors Fluch“ ist speziell für Einsteiger gedacht und kann dank der Regelerklärung innerhalb des Textes ohne vorheriges Studium des Grundregelwerkes sofort gespielt werden. Dafür sind auch die in der Box enthaltenen „Archetypen“ gedacht. Erfahrene DSA-Spieler müssen halt so gut es geht über die Erklärungen hinweglesen, denn die Story ist herrlich märchenhaft.

|3. „DSA die Vierte“|

In diesem achtseitigen Heftchen sind für Spieler der Vorgängerversionen grob die Regeländerungen zusammengefasst.

So gibt es jetzt als Eigenschaft/Attribut die Konstitution (Ko). Auch der Sozialstatus (So), der den meisten schon aus der Box „Fürsten, Händler, Intriganten“ ein Begriff sein sollte, wurde fest integriert, also nicht mehr nur optional, und ist nun sozusagen zur Pflicht geworden. Die schlechten Eigenschaften gibt es jetzt nicht mehr automatisch, sondern nur noch, wenn man sie als Nachteil erwirbt.

Die Talente haben sich dergestalt verändert, dass man nur noch die Basistalente grundsätzlich beherrscht und die anderen Talente, wie etwa Töpfern oder Zweihänder, von der Profession aus vorgegeben werden oder teuer erkauft werden müssen.

Auch beim Kampf ist einiges geändert worden. Zuallererst hat sich die Regelung der Lebensenergie deutlich verändert. Sie ist von Anfang an viel geringer angesetzt und auch nur noch bis zu einem bestimmten Maximallevel zu erhöhen. Endlich gibt es auch eine richtige Initiativeregel, diese berechnet sich nämlich aus einem Initiative-Grundwert (ähnlich dem Attacke- oder Paradegrundwert), einem Modifikator für die Waffe und einem Würfelwurf. Besonders interessant sind die Sonderfertigkeiten, wie Rüstungsgewöhnung oder Schildkampf, die mit Abenteuerpunkten gekauft werden können. Aber auch hier ist der Boxeninhalt sehr beschränkt und es wird auf „Schwerter und Helden“ verwiesen.

Eine grundlegende Änderung ist die der Steigerung. Die Stufen gibt es zwar immer noch, doch erhält man nicht mehr wie früher beim Erreichen einer Stufe automatisch Lebenspunkte, Attributpunkte etc. hinzu. Diese Dinge muss man sich jetzt mit seinen teuer erkämpften Abenteuerpunkten erkaufen, deren Kosten man in der Steigerungskosten-Tabelle ablesen kann.

Auch eine Konvertierungsanleitung ist enthalten, doch ist diese leider sehr kurz.

_Mein Eindruck_

Mit der Einführung der Generierungspunkte ist DSA deutlich gerechter geworden. Zu viel hing in der Vorgängerversion schon bei der Charaktererschaffung vom (Würfel-)Glück ab. Auch ist die Charaktererschaffung deutlich individueller geworden. Nach den alten Regeln waren sich alle Stufe-1-Helden der gleichen Profession ähnlich. Dadurch, dass man sich zwischen verschiedenen Boni bei der Wahl einer Profession entscheiden kann, und durch die Einführung der Basistalente wurde dem Spieler viel mehr Freiraum bei der Gestaltung seines Helden gewährt.

Die Regelung mit den Basistalenten ist meiner Meinung nach allgemein sehr sinnvoll denn was will mein Krieger mit einem Töpfern-Talent oder mein Zwerg mit einem Talent Zweihänder? Mal ganz davon abgesehen, dass man früher auch die Talentproben mit einem negativen Wert relativ leicht geschafft hat. Nicht so bei DSA 4: Wer ein Talent nicht hat, kann auch keine Probe darauf ablegen.

Auch die Realitätsnähe hat deutlich zugenommen. Wichtigster Faktor ist hier sicherlich die Reduzierung der Lebensenergie sowie deren Begrenzung. Ich meine, jedem sollte doch klar sein, dass ein Held, welcher Stufe er auch sein mag, niemals so viele Lebenspunkte haben wird wie zum Beispiel ein Elefant oder ein Drache (und da sind mir auf Rollenspielconventions schon so einige untergekommen), zumal es auffällig viele Spieler gab, die bei 19 von 20 Steigerungen der Lebensenergie (angeblich) eine sechs gewürfelt haben, so dass sich Laplace eigentlich hätte im Grabe umdrehen müssen.

Es gibt aber auch einige Nachteile an der neuen Edition. Zuerst einmal ist DSA deutlich komplizierter geworden. Alleine die Charakterschaffung dauert jetzt ein Vielfaches länger als vorher, von den Zusatzregeln und Sonderfertigkeiten innerhalb des Spieles ganz zu schweigen. Es kommt mir ebenfalls so vor, als habe DSA ein wenig seinen eigentümlichen Charme eingebüsst. So ist es nicht verwunderlich, dass sich DSA 4 auf Conventions noch nicht richtig gegen die alte Version durchgesetzt hat. Vielen altgedienten Spielern ist DSA zu sehr in die Nähe von „Shadowrun“ gerutscht, was die Attitüde betrifft.

_Fazit_

Für Neueinsteiger ist die „Das Schwarze Auge 4“-Basisbox und damit DSA allgemein wirklich sehr empfehlenswert, jedoch bietet sie, bis auf die unverzichtbaren neuen Grundregeln, wenig bis gar nichts Neues für die Spieler der alten Edition. Für die wird es dann erst in den Boxen „Schwerter und Helden“ sowie „Zauberei und Hexenwerk“ richtig interessant. Alles in allem ist die vierte Edition ein deutlicher Schritt nach vorne und DSA nach wie vor führend unter den deutschen Rollenspielen.

http://www.fanpro.de

Heitz, Markus – dritte Expedition, Die

„Die Dritte Expedition“ von Markus Heitz ist ein Abenteuer-Spielbuch im Stile der erfolgreichen englischen Solospielbücher der 80er Jahre. Es spielt im „Geborgenen Land“, wie die erfolgreichen Romane „Die Zwerge“, „Krieg der Zwerge“ und „Die Rache der Zwerge“.

_Inhalt_

„Die Dritte Expedition“ bewegt sich chronologisch im ersten Band der Zwergen-Saga, nämlich an der Stelle, wo die zwei Gruppen von Tungdil und Gandogar aufbrechen, um die Axt Feuerklinge zu erschaffen. Da man selbstverständlich einen Zwerg spielt, setzt man alle Hebel in Bewegung, um einen der beiden Kontrahenten zu begleiten. Doch zunächst ohne Chance, denn entweder ist man nicht stark genug, nicht trinkfest genug oder schlicht und einfach nicht gut genug (zumindest war das bei meinen bisherigen Versuchen so).

Doch da die Zwerge bekanntermaßen überaus beharrlich und dickköpfig sind, lässt man sich von solchen Widrigkeiten natürlich nicht abschrecken und startet seine eigene Expedition, und zwar, wen wird es wundern, „Die dritte Expedition“, um die Zwergenreiche vor dem bösen Magier Nod`onn zu retten.

_Wie spielt man ein Solospielbuch? _

Erfahrene Rollenspieler, die die so genannten Soloabenteuer schon aus Publikationen des „CTHULHU-Rollenspiels“ oder von „Das Schwarze Auge“ kennen, können diesen Abschnitt getrost überspringen. Doch da „Die dritte Expedition“, laut Markus Heitz, auch dazu gedacht ist, Spieler an das Rollenspiel heranzuführen (siehe unser Interview), die noch gänzlich unerfahren sind, halte ich es hier für wichtig, zu erklären, worum es sich bei einem Solospielbuch eigentlich handelt und wie man damit umgeht.

Neben den relativ einfachen Regeln ist „Die dritte Expedition“ in 408 nummerierte Abschnitte unterteilt. Mit der Eins wird selbstverständlich angefangen.

Am Ende eines jeden Abschnittes stehen dann Verweise auf einen oder meistens mehrere andere Abschnitte. So kann man beispielsweise von Abschnitt Nummer 1 entweder weiter zur Nummer 114 (wenn man Gandogar begleiten will) oder zur 63 (wenn man Tungdil begleiten will). Die Geschichte nimmt also mit jeder getroffenen Entscheidung eine andere Wendung. Allerdings hat man nicht immer die freie Wahl, denn ab und an werden auch Würfelwürfe gefordert. Wer keinen sechsseitigen Würfel besitzt, kann auch sechs Münzen werfen oder das Würfelblatt auf der letzten Seite benutzen. Bei diesen Würfeln entscheidet dann der Ausgang des Wurfes, wie es weitergeht.

Ob man das Abenteuer bestehen wird oder nicht, hängt von den getroffenen Entscheidungen ab sowie von etwas Würfelglück. Wer aber denkt, er könne schummeln, der sei gewarnt, denn es sind einige Schummlerfallen eingebaut!

_Mein Eindruck_

Eigentlich bin ich kein Freund von Soloabenteuern, da sie meistens nur dazu dienen, einen Charakter „aufzupowern“, sprich ihn auf eine höhere Stufe zu bringen und einen Haufen Heiltränke und magische Artefakte zu bekommen. Bei „Die dritte Expedition“ ist das anders, da dieses Solospielbuch ja nicht in ein richtiges Rollenspiel eingebettet ist, sondern für sich alleine steht. Auch was den Umfang betrifft, überragt dieses Spiel alle, die mir bisher in die Hände gefallen sind. Flacht meine Aufmerksamkeitspanne bei normalen Soloabenteuern schnell ab, ist das bei „Die dritte Expedition“ nicht der Fall. Zum einen, weil der Schreibstil des Autors sehr unterhaltsam zu lesen ist und es für Fans der Romane einfach toll ist, in dieser Welt zu spielen, und zum anderen, weil die über 400 Abschnitte ein großes Maß an Abwechslung bereithalten. Ich habe das Spiel jetzt schon dreimal durchgespielt und muss sagen, ich habe immer wieder etwas Neues entdeckt, mich nicht einmal gelangweilt und dabei drei völlig unterschiedliche Endergebnisse erzielt. Daher hat „Die dritte Expedition“ eine für solche Publikationen völlig untypische „Langzeitmotivation“, die durch die noch zu erwartenden weiteren Solospielbücher noch erhöht wird. Da sich dieses Solospielbuch in mehreren Komponenten deutlich positiv von der Masse abhebt, kann man es nur als sehr gelungen bezeichnen.

_Ein kleiner Fehlerteufel_

Beim Durchlesen der Regeln für „Die dritte Expedition“ ist mir aufgefallen, dass bei der normalen Regelerklärung der Tragkraft diese mit Konstitution (Ko) minus 3 angegeben ist. Bei der Regelzusammenfassung allerdings mit Ko/2, was bei einer Mindestkonstitution von fünfzehn ein gehöriger Unterschied ist.

Auf Nachfrage beim Autor wurde mir gesagt, dass die Regel mit Ko-3 die richtige ist. Doch der gewitzte Spieler kann diesen Fehler positiv für sich nutzen. Indem er die nicht reguläre Vorgabe benutzt, kann der Spieler die Schwierigkeit beträchtlich erhöhen und sich so das Spiel interessanter machen. Hier hat der |Pegasus|-Verlag also unabsichtlich zwei Schwierigkeitsstufen eingebaut.

_Fazit:_ „Die Dritte Expedition“ ist ein sehr gelungenes Solospielbuch mit „Langzeitmotivation“, das Zwergen-Fans hilft, das „Geborgene Land“ noch plastischer zu erleben.

|Mehr von Markus Heitz bei Buchwurm.info:|

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[Die Rache der Zwerge 1958
[Schatten über Ulldart 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[Trügerischer Friede 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[05:58 1056 (Shadowrun)

Boyle, Rob (Hrsg.) – Shadowrun 4.01D

_Alte Bekannte_

Das Jahr 2005 war eindeutig das Jahr der alten Bekanntschaften im Bereich der Rollenspiele. White Wolf legte seine komplette |World of Darkness|-Reihe neu auf, von Green Ronin und Black Industries wurde uns eine exzellente Neuauflage des |Warhammer|-Fantasy-Rollenspiels geschenkt und eine Reihe von anderen, mehr oder weniger unbekannten Rollenspielen zierten mit ihren Regelbüchern in neuen Gewändern die Bücherregale.

Besonders interessant war es jedoch, wenn der Blick, den man durch die Regale schweifen ließ, auf ein Buch mit grünem Einband fiel. Interessant vor allem deswegen, weil auf dem Buchrücken in schönster Blockschrift stand: „Shadowrun 4.01 D“. Kaum ein Rollenspiel hat wohl im Laufe des Jahres 2005 einen derartigen Aufruhr verursacht wie dieses lang ersehnte Werk, was schon alleine dadurch zu beweisen ist, dass bereits eine Woche nach dem Erscheinen der englischen Originalausgabe diese als vergriffen galt und neu aufgelegt werden musste.

Auffällig ist hierbei auf den ersten Blick, dass das Buch zum ersten Mal in der Geschichte des Shadowrun-Rollenspiels keinen Einband in Schwarz aufwies. Man mag nun durchaus zu viel in derartige Trivialitäten hineininterpretieren, jedoch wird recht schnell beim Durchblättern der Seiten gewahr, dass die Version 4.01 D eindeutig eine neue Ära in dieser Rollenspielreihe einläuten soll. Man kann den Wechsel der Einbandfarbe einfach als das erste Signal werten, das eben diesen Wechsel ankündigen soll.

_Konzept und Prinzip_

Doch worin besteht nun der Unterschied zwischen dieser Version von Shadowrun und allen vorherigen?

Diese Frage zu beantworten, bedarf es natürlich einer eingehenden Betrachtung des vorliegenden Grundregelwerks. Aber wie schon erwähnt, ist bereits ein schnelles Durchblättern des Buchs für jeden Kenner des Spiels ein Augenöffner, teils in positiver Hinsicht, teils in negativer.

Nur die Inhaltsangabe des Buchs betrachtend, wird man keinerlei Auffälligkeiten feststellen, denn die Struktur wie auch die generelle Aufmachung sind erhalten geblieben.

Wir starten bei der üblichen Kurzgeschichte, die auch für den Shadowrun-Anfänger eine Einführung darstellen soll und auf einigen kurzweilig geschriebenen Seiten die Mission eines Shadowrunner-Teams beschreibt.

Direkt aus diesen kurzen Seiten ist eine Menge für den unbedarften Neuling zu erfahren, sie lesen sich sehr flüssig und sind recht interessant geschrieben. Man erfährt, was Shadowrunner eigentlich sind, nämlich der Abschaum der Gesellschaft, der für Geld die Aufträge erledigt, die anderen Leuten zu dreckig und kriminell sind.

Und hierum geht es bei Shadowrun, man spielt einen so genannten Runner, der in den Schatten – also dem kriminellen Untergrund – der Metropolen der Zukunft die Drecksarbeit für kriminelle Organisationen, reiche Geschäftsleute oder auch riesige Mega-Konzerne durchführt. Es obliegt alleine dem Shadowrunner, also dem Spieler, zu entscheiden wo er selbst seine moralisch bedingte Grenze zieht. Macht er zum Beispiel bei einer Entführung mit? Ist er ein Detektiv, der einfach nur Informationen sammelt, oder Leibwächter? Würde er einen Menschen für Geld töten? Diese Fragen machen einen essenziellen Teil des Charakters aus, insbesondere die Einstellung zum Töten ist wichtig für das Konzept der Charaktererschaffung. Da die Spieler-Charaktere grundsätzlich nur die dreckigen und scheinbar unmöglichen Aufträge zugeteilt bekommen – sie gelten immerhin als Spezialisten für derartige Problemfälle –, sollten sie immer damit rechnen, auf einige schwer bewaffnete Wachleute zu treffen. Wählen sie hierbei den einfachen Weg und töten sie leichtfertig, geraten sie damit aber schnell auf die Abschussliste von Konzernen, Sicherheitsdiensten und der Polizei. Wählen sie hingegen die schwierigere Methode, also heimlich vorzugehen und nur im Notfall zu schießen und selbst dann mit Betäubungsmunition, die weniger effektiv ist, so entsteht dabei aber auch ein wesentlich professionellerer Ruf des Teams.

Insofern hat sich also nichts an dem eigentlichen Konzept von Shadowrun geändert. Die Charaktere sind nachwievor die oben umschriebenen Spezialisten für schwierige Probleme.

Auch die Fortführung der Zeitleiste und der Ereignisse in Shadowrun war immerhin zu erwarten, denn wie in jeder neuen Version ist die Zeit etwas weiter geflossen und wir befinden uns nun im Jahr 2069, wobei, wie auch sonst üblich, alle bisherigen Ereignisse im Grundbuch auf zwölf Seiten zusammengefasst werden. Wer hierbei allerdings tiefer greifende Informationen benötigt, wird nicht umhin kommen, etwas Zeit dem Studium der einzelnen Teile der Romanreihe, die zu diesem Spiel erschienen ist, zu widmen. So wird nur der Leser, der z. B. die Drachenherz-Triologie gelesen hat, wissen, warum Dunkelzahn, Drache und ehemaliger Präsident der United Canadian and American States (der Norden der ehemaligen USA zusammen mit Kanada; ja, genau, die USA gibt es nicht mehr, aber schon seit der ersten Edition, und Drachen gibt es auch in Shadowrun, dazu später mehr), ermordet wurde. Der bloße Rollenspieler, der die Romane nicht kennt, wird aber nicht so schnell bei einigen Ereignissen durchblicken, die sich im Laufe der Zeit ereignet haben.

Die Neulinge werden schnell die einmalige Kombination aus Fantasy- und Cyberpunk-Elementen bei Shadowrun feststellen, denn in der Vorgeschichte wird schön beschrieben, wie es dazu kam, dass wieder Elfen und Zwerge, Orks und Trolle und diverse andere Fabelwesen auf Erden wandeln; und auch die Magie ist zurückgekehrt. Es gibt also auch wieder Zauberer und Shamanen, die wohl im Laufe der Zeit zu einem wichtigen Bestandteil des Alltags geworden sind.

Die Schwierigkeit beim Überblicken der Vorkommnisse ist aber, so denke ich zumindest, gewollt, denn viele von ihnen sind durch diverse Intrigen, sowohl zwischen Konzernen als auch Regierungen, bewirkt worden. Der alte Veteran des Spiels wird sicher nur einen interessierten Blick auf die letzten Ereignisse werfen, da wohl jeder gerne wissen möchte, wie die Konzernkriege in Version 3 und die durch Dunkelzahns Ermordung ausgelösten Ereignisse die Welt verändert haben.

_Vom Decker zum Hacker_

Da die bisherigen Elemente des Grundregelwerks keineswegs ein wirkliches Novum darstellen, wollen wir nun aber auf die wesentlich interessanteren Änderungen eingehen. Die Welt von Shadowrun bzw. die Autoren des Spiels haben sich eindeutig an die technischen Begebenheiten in unserer heutigen Welt angepasst, und das ist eine der wirklichen Neuerungen. Gewiss war es bisher auch immer so, dass in diesem Spiel immer der aktuelle technische Stand der Dinge, wie man so schön sagt, beachtet wurde, aber dieses Mal haben die rasanten Entwicklungen im Bereich von Internet, Netzwerktechnik, Autoindustrie und Nanotechnologie der letzten paar Jahre dazu geführt, dass einige der Konzepte in Shadowrun komplett neu gestaltet wurden. Die Matrix, wie wir sie kannten, existiert nur noch bedingt. Sie ist nach wie vor eine „Virtuelle Realität“ und der Nachfolger des Internets, aber das Konzept wurde um einige Details erweitert. So gibt es weder Rigger noch Decker in der Version 4, beides wird nun unter dem Begriff Hacker zusammengefasst. Mittlerweile ist alles mit Schnittstellen zur so genannten AR – Augmented Reality – ausgestattet, angefangen vom Auto und dem Handy bis hin zum Sicherheitssystem einer Bank und sogar dem Jackett, das man am Leib trägt, wie auch dem neustem Cyberauge, das man sich transplantieren ließ. Da außerdem die Matrix in ihrere neuen Version 2.0 nun komplett wireless ist, um diese technischen Anglizismus des Jahres zu benutzen, und jeder Gegenstand, der ein AR-Modul besitzt, auch gleichzeitig in der Realität wie auch in der Matrix vertreten ist und persönliche Daten hinausfunkt, bieten sich hier komplett neue Möglichkeiten für den Hacker von Morgen.

Sicher ist es jedem Menschen möglich, die AR-Stufen zu regulieren, doch unter bestimmten Umständen ist es sinnvoll, einen so genannten offenen oder privaten Modus dem versteckten vorzuziehen. Zwar ist man da in der Matrix sichtbar, genießt aber auch einige Vorteile, so kann z. B. das Team ständig Daten über Position und Befinden austauschen.

Diese Offenheit stellt natürlich auch eine Möglichkeit für Matrixangriffe durch einen Hacker dar; der kann somit ein Auto übernehmen und steuern – und das besser als ein Normalsterblicher, da er immerhin das Auto über Gedanken kontrolliert, sofern er direkt in die Matrix eingestöpselt ist, und dadurch über eine wesentlich genauerer Kontrolle über den Wagen und über schnelle Reflexe verfügt. Der Hacker kann theoretisch sogar den Cyberarm eines Gegners übernehmen oder das Sicherheitssystem eines Gebäudes, und das, während er gerade mit dem restlichen Team unterwegs ist. Das alte Problem, dass ein Decker, der in einer Gruppe gespielt wird, eigentlich die Hälfte der Zeit herumsitzt, weil er nicht interagieren kann und immer an die Matrix angeschlossen ist, somit also nur schwer seine Position wechseln kann, fällt weg. Die neuen Hacker nämlich sind mobil, die Matrix ist schließlich drahtlos.

Durch die ständige Möglichkeit, die interaktiven Eigenheiten der Umgebung bis ins Kleinste ausnutzen zu können, wird aus dem sonst so schwerfälligen Decker ein Hacker, den man durchaus auch Technomagier nennen könnte – um diesen durchaus gängigen Neologismus zu nutzen –, denn einige Tricks, die man nun durch die Matrix bewirken kann, müssen für Außenstehende wirklich eher wie Magie wirken.

_Building of a Character_

Auch die Charaktererschaffung an sich wurde radikal geändert. Zunächst merkt man, dass man an das Aufbaupunkte-System angeknüpft hat, das bisher immer in den SR-Kompendien der jeweiligen vorhergegangenen Versionen vorzufinden war. Man musste also früher ein extra Regelwerk kaufen, andernfalls war man gezwungen, das sogenannte Prioritätensystem zu benutzen, was stark einschränkend war, da man nur 4 bzw. 5 Werte vergeben konnte, um Startkapital, Rasse, Fertigkeiten, Attribute und Magie zu bestimmen. Daraus ergaben sich erst Punkte zum Verteilen.

Dies fällt nun komplett weg. Die Punkte werden direkt von Anfang an festgelegt und können direkt verteilt werden, was eine wesentlich flexiblere Generierung der Charaktere ermöglicht.

Die üblichen Modifikationen der Attribute, abhängig von der gewählten Rasse, bleiben bestehen, werden nun aber einfach als die jeweiligen Startwerte der Attribute angegeben anstatt als Bonusmodifikatoren.

Die Rassen sind geblieben wie bisher. Es gibt also Menschen, Elfen, Zwerge, Trolle und Orks, die man spielen kann, alle mit ihren Stärken und Schwächen.

Auch die Einteilung von Fertigkeiten bleibt wie gehabt. Es gibt Aktions- und Wissensfertigkeiten sowie Sprachen, wobei eine Aktionsfertigkeit ebenso der Umgang mit einer Pistole und das Heranschleichen an einen Gegner sein kann wie auch das Hacken in der Matrix oder der Umgang mit elektronischen Spielereien. Wissensfertigkeiten wiederum repräsentieren üblicherweise die theoretische Ergänzung zu den Aktionsfertigkeiten, können aber auch einfach Fähigkeiten widerspiegeln, die man durch ein Hobby erlernt hat. Damit es keine Überschneidungen gibt, sind die Aktionsfertigkeiten genauestens in einer Tabelle definiert. Die meisten Wissensfertigkeiten kann man sich hingegen selber ausdenken, sie sollen den Charakter vornehmlich lebendiger gestalten und somit sind sie im Detail eher den Spielern überlassen.

Auch die Freunde aller Spieler und Spielleiter sind nun endlich direkt im Grundbuch vorzufinden; immerhin hat es drei Editionen gedauert, aber nun gibt es Gaben und Handicaps direkt hier verzeichnet, anstatt in einem extra Quellenband. Auch die Möglichkeit, ein paar nette Boni herauszuschlagen oder den Charakter etwas lebendiger zu gestalten, ist gegeben. Beispielsweise, indem man sich gegen ein paar Punkte einen Feind zulegt oder auch eine Allergie, aber auch Charakterstärken und Schwächen wie Mut und Feigheit sind zu kaufen. Wer im Übrigen einen Magier oder einen Adepten spielen will, der wird nun einfach eine entsprechende Gabe auswählen können. Dies fügt sich nun auch logisch in das Konzept von Gaben und Handicaps ein, denn was ist die Fähigkeit Magie zu wirken anderes als eine spezielle Gabe.

_Und noch mehr Neuheiten_

Den wirklichen Schock für altgediente Spieler von Shadowrun wird wohl das Regelsystem an sich darstellen. Ist bei der Charaktererschaffung das vorherrschende Prinzip jenem, das wir aus den Kompendien kennen, doch sehr ähnlich, so reicht ein Blick auf das Charakterblatt, um diesen Eindruck des Altbekannten nahezu vollkommen zu vernichten.

Einige Attribute haben sich geändert, es gibt nun Logik und Intuition anstatt Intelligenz. Reaktion wird nicht mehr errechnet, sondern gilt als eigenständiges Attribut. Ansonsten bestehen die Attribute aus einer durchaus übliche Zusammenstellung von körperlichen (Konstitution, Geschick, Stärke und Reaktion) sowie eher geistigen (Willenskraft, Logik, Intuition, Charisma) Eigenschaften.

Ein Konzept, das mitunter wohl durch Shadowrun bereits von Anfang an in der Rollenspielwelt eingeführt wurde, ist uns erhalten geblieben, auch wenn der Name sich leicht verändert hat. Das Attribut „Edge“ stellt eine Fähigkeit dar, wie wir sie mittlerweile auch von Warhammer, einigen D20-Derivaten, Fading Suns usw. unter anderem Namen kennen. Doch bei Shadowrun nahm alles seinen Anfang. Damals noch Karma genannt, dienen die Würfel, die Edge zur Verfügung stellt, dazu, den Charakter besonders heldenhafte Aktionen durchführen zu lassen. Zusätzliche Erfolge oder zusätzliche Würfel können erworben werden, um Aktionen besonders spektakulär zu machen, beziehungsweise den Charakteren, die ja nun mal die Helden sein sollen, zu ermöglichen, immer aus der Menge herauszuragen. Edge stellt theoretisch ein Konzept dar, das es erlauben soll zu simulieren, dass das Schicksal den Spielern – in ihrer Rolle als Protagonisten der Story – immer etwas gewogener ist als den Antagonisten.

Um eine Fertigkeitsprobe abzulegen, wird grundsätzlich immer in der Kombination von einer Fertigkeit und dem zugehörigen, gerade für die Situation angemessenen Attribut gewürfelt. So würfelt ein Spieler zum Treffen des Gegners mit einer Pistole einfach sein Geschick + Fertigkeitswert von Pistolen und erhält somit einen nutzbaren Würfelpool. Auch dies ist also neu. In alten Versionen wurde nur die Fertigkeit oder das Attribut genommen, niemals aber beides.

Desweiteren fällt ein altes Problem unter den Tisch, was bisher oft zu hitzigen Diskussionen zwischen Spielern und Spielleiter führte. Von nun an ist die Schwierigkeit immer fest definiert. Jeder Würfel, der eine 5 oder 6 zeigt, ist ein Erfolg, man würfelt dabei mit den handelsüblichen und von Shadowrun seit jeher gewohnten sechsseitigen Würfeln. Die Schwierigkeit, eine Aktion durchzuführen, wird also nicht durch den üblichen Mindestwurf bestimmt, sondern durch die nötige Anzahl an zu erzielenden Erfolgen. So muss bei sehr einfachen Aktionen nur ein Würfel eine 5+ zeigen. Je schwieriger der Vorgang aber ist, umso mehr Würfel müssen Erfolge sein. Das Konzept sieht im Übrigen verdächtig nach dem neuen WoD-System von White Wolf aus. Allerdings: Bei der Masse an Rollenspielen und Büchern ist es eigentlich kein Wunder, dass sich irgendwann alles einmal ähnlich sieht.

Hat man erst einmal Rasse, Fertigkeiten, Attribute und den Rest festgelegt, bleibt vor allem nur noch eines: Man kann sich Ausrüstung zulegen. Für Nicht-Magier ergibt sich die Möglichkeit, das Fehlen jeglicher übernatürlicher Fähigkeiten mittels Cyberware, Bioware sowie Nanotechnologie zu kompensieren, ein Magier erhält dazu die Chance, sich seine Zauber zu erwählen, ein Adept seine besonderen magischen Kräfte.

Die Mischung aus eben dieser Ausrüstung und den Fertigkeiten macht den Unterschied in der Ausrichtung der einzelnen Charaktere aus. So wird ein Straßensamurai oder ein Söldner vollgepumpt sein mit Cyberware, die seine Reflexe, Körperkraft und Schadenstoleranz erhöht. Ein Hacker wird, je nach seiner Ausrichtung, eher Implantate besitzen, die seine Intelligenz erhöhen, seine Reflexe in der Matrix oder beim Eindringen in ein Fahrzeug bzw. Sicherheitssystem steigern und dergleichen. Adepten wiederum können durch ihre magischen Fertigkeiten zu Ninjas oder Kung-Fu-Kämpfern werden, wie man sie sonst nur aus recht übertriebenen Eastern kennt. Auf Magier muss ich wohl nicht näher eingehen, denn jeder Rollenspieler oder generell jeder Fantasy-Freund kann sich wohl die Fähigkeiten eines solchen „Zauberschleuderers“ vorstellen.

_Fazit_

Als Fazit lässt sich also festhalten, dass das Regelwerk gut strukturiert und sehr übersichtlich gestaltet ist. Besonders gut gefallen konnten hierbei die detaillierten Beschreibungen des Alltagsleben, die Zusammenfassung der Geschichte der Zukunft und die Beschreibung der Matrix. Das Regelsystem ist gewöhnungsbedürftig; ich kenne wie bereits erwähnt das neue WoD-System und war bereits von diesem nicht so wirklich überzeugt. Man mag dazu stehen, wie man will; offensichtlich unterliege ich einer Prägung der alten Schule, aus Zeiten, als man noch selber den Mindestwurf festlegte und durch eine vorbestimmte Mindest-Anzahl an Erfolgen eine zusätzliche Komplexität eingefordert wurde.

Für Neulinge mag das Grundbuch ausreichend sein, um sich in Shadowrun einzufinden, doch diejenigen, die mit dem Spiel bereits länger vertraut sind, werden wahrscheinlich, so wie ich, einen bitteren Beigeschmack verspüren, wenn sie den Umfang des Buchs betrachten. Niemand kann natürlich mehr verlangen als 350 Seiten, die das Regelbuch ausmachen, doch irgendwie schleicht sich eine unterschwellige Frustration ein. Allerdings sind aus vielen der alten Quellenbücher aus der vorherigen Version 3.0 zusätzliche Gedanken eingeflossen, die der Ausführlichkeit diverser Themen dienlich sind; so werden im Kapitel „Magie“ Initiaten besprochen, in der Ausrüstung finden wir auch Bioware vor und unter Fahrzeuge und Matrix sind viele zusätzliche Materialien zu verzeichnen, die wir normalerweise nur in Zusatzbüchern finden. Es fällt hierbei aber auf, dass alles sehr knapp bemessen und vor allem unvollständig ist. Das Schlimmste ist hierbei aber der Systemwechsel. War es bisher immer möglich, alte Materialien zu nutzen und schnell zu konvertieren, wird man hier wohl längere Zeit warten müssen, bis man die nötigen neuen Regelwerke hat, da die Version 3 zu Version 4 inkompatibel ist. Für diejenigen, die schon länger Shadowrun spielen und wissen, was alles möglich ist und was man alles noch z. B. mit Magie erreichen kann, ist das wohl enttäuschend. Cyberware kann man natürlich provisorisch konvertieren, doch auch hier sieht man schnell, dass diverse Kleinigkeiten, angefangen von den Kosten, sich stark geändert haben. So kostet ein neuer Arm nur noch ein Zehntel von dem, was einmal üblich war.

Jedoch alleine für sich betrachtet, ist dies ein Werk, das man durchaus würdigen muss. Übersichtlich und mit genügend Details angefüllt, um ein paar erste Spiele wagen zu können, ist es auf jeden Fall. Und die neue Matrix und die Regeln für die Augmented Reality machen schon alleine Lust darauf, einmal eine Runde Shadowrun 4 zu wagen. Die Phantasie wird definitiv beflügelt.

http://www.fanpro.com

[Shadowrun 4.01D Erata]http://www.fanpro.com/sr/material/Shadowrun4__01D__Errata1__0.pdf
[Shadowrun 4.01D Konvertierungsregeln]http://www.fanpro.com/sr/material/SR4__Charakterkonvertierung.pdf
(Beides wird den neuen Auslieferungen ausgedruckt beigelegt.)

Alexander, Alan / Blackwell, Kraig / Feldstein, Travis-Jason / Hindmarch, Will / Klünder, Jacob ua – Lancea Sancta

|Als die Soldaten sahen, daß Christus tot war,
brachen sie ihm nicht die Beine.

Einer der Soldaten jedoch stach ihm einen Speer in die Seite,
und Blut und Wasser quollen hervor.

Ein Tropfen des Blutes Christi fiel auf des
Soldaten Lippen,
und er wischte es weg mit seiner Hand.

Doch am nächsten Tag verschlief er den Sonnenaufgang und erwachte erst bei Anbruch der Nacht aus seinem Schlummer.
Und nachdem er Christi Blut gekostet hatte,
Dürstete ihn nach mehr.

Ich weiß es.
Ich weiß es, weil ich jener Soldat bin.|

(aus dem „Testament des Longinus“ und aus der „Lancea Sancta“)

_Allgemein_

Die „Lancea Sancta“ ist zusammen mit dem „Zirkel der Mutter“ und dem „Ordo Dracul“ einer der mysteriösesten Bünde der vampirischen Gesellschaft in „Vampire: Requiem“. Dieser Bund wird im gleichnamigen Quellenband vorgestellt.

Doch glaubt der „Ordo Dracul“ von Vlad Tepes/Dracula abzustammen, beziehen sich die so genannten Heiligen auf Longinus. Für alle, die sich nicht so gut mit christlicher Mythologie auskennen: Longinus soll der römische Zenturio gewesen sein, der Jesus mit dem Speer des Schicksals in die Seite stach und ihn so tötete (siehe oben). Darauf soll er dann von Gott zu einem Leben als Vampir verfluch worden sein.

Seine Aufgabe ist, die Menschen zu quälen und sie so daran zu erinnern, welche Strafe Gottes es war, dass sie das Paradies verlassen mussten. Doch dies solle er unauffällig tun, um die Angst der Menschen zu schüren.

Seine Lehren schrieb er im Testament des Longinus nieder, auf das sich die „Lancea Sancta“ beruft. Die höchste, aber leider auch verschollene Reliquie ist jener sagenumwobene Speer der Schicksals, von dem der Bund auch seinen Namen hat („Lancea Sancta“: lat. heiliger Speer/Lanze).

_Inhalt_

Nach einem, auch gestaltungstechnisch, sehr ansprechenden Prolog und einer Einleitung beginnt das eigentliche Quellenbuch mit einer Zusammenfassung der Geschichte der „Lancea Sancta“. Mag sie zu Beginn, bei dem Teil, der Longinus direkt betrifft, noch interessant sein, wird sie doch gegen Ende ziemlich zähflüssig. Zwar sind die Fakten aus der Vergangenheit des Bundes durchaus wissenswert, was allerdings nichts daran ändert, dass dieser Teil ausnehmend langweilig ist.

Doch zum Glück wird es schon beim nächsten Kapitel deutlich interessanter, denn dieser widmet sich dem „Unleben in der Lancea Sancta“ in all seinen Facetten. Die Dogmen werden hier genauso erläutert wie die verschiedenen Konfessionen, Untersekten, Titel und Ämter, die Rolle der verschiedenen Clans in der „Lancea Sancta“ und natürlich auch die verschiedenen Riten und Feste des Bundes. Man also getrost sagen, dass dieser Teil den Mittelpunkt des Quellenbandes darstellt.

In Kapitel drei wird dann auf die heutigen und alltäglichen Machenschaften der „Lancea Sancta“ eingegangen, sprich die Rekrutierung oder Bekehrung von Vampiren, egal ob jung oder alt, und deren anschließende Rolle im Bund. Auch das Verhältnis von Neugeborenen zu Ancillae oder Ahnen wird gründlich beschrieben. Der interessanteste Teil in diesem Kapitel dürfte aber zweifellos die Beziehung der „Lancea Sancta“ zu den anderen Bünden, den Werwölfen und den Magi, sein. Und ob ihr es glaubt oder nicht, es kommt sogar gelegentlich zu Zusammenarbeiten der „Lancea Sancta“ mit dem ketzerischen „Zirkel der Mutter“ …

Desweiteren werden auch wieder drei Blutlinien vorgestellt sowie einige Fraktionen und deren politische und religiöse Ziele. Natürlich folgen auch noch die besonderen Disziplinen dieser Blutlinien sowie die gewohnten Beispielcharaktere und Antagonisten.

_Mein Eindruck_

Als ich „Vampire: Requiem“ das erste Mal durchlas, erschien mir die „Lancea Sancta“ wenig reizvoll. Ich meine, was soll mich daran reizen, einen religiös verblendeten Vampir zu spielen, wo ich doch jeden Tag im Fernsehen genug bescheuerte religiös verblendete Mensche und deren Taten sehe!

Doch muss ich hier meinen ersten Eindruck revidieren. Zum einen ist die Mythologie äußerst ansprechend dargestellt und zum anderen wird in diesem Quellenband deutlich, dass ein großer Teil der „Lancea Sancta“ nicht radikal ist. Aufgrund der Konfessionen, Fraktionen und Sekten gestalten sich die Heiligen durchaus vielfältig und abwechslungsreich. Den Stereotypen wird deutlich vorgebeugt.

Nicht jedes Mitglied der „Lancea Sancta“ ist gleich ein Priester oder Ähnliches. Meistens reicht es, wenn ein Vampir sich zum Glauben bekennt und einmal in der Woche zur Mitternachtsmesse erscheint.
Auch die Auslegung der Traditionen in Bezug auf das „Testament des Longinus“ ist sehr stimmig und athmosphärisch gelungen.

Also ist der Grundrahmen für ein stimmungsvolles Rollenspiel innerhalb der „Lancea Sancta“ durchaus gegeben. Was der einzelne Spielleiter dann daraus macht ist, wie immer, Privatvergnügen.

Die Aufmachung ist wieder äußerst vorbildlich. Das Hardcover ist – mit einem Vampir mit einem blutigen Kreuz auf der Brust – ebenso stylisch wie robust.
Der Prolog von Greg Stolze ist mit seinem mittelalter-frühneuzeitlichen „Outfit“ ein echter Augenschmaus und auch durchaus lesenswert.

_Fazit_

Ich habe durchaus schon spannendere Quellenbände gelesen. Doch ist die „Lancea Sancta“ ein durchweg ordentlicher und für diejenigen, die in diesem Bund spielen oder spielleiten wollen, fast unverzichtbarer Quellenband, denn die Informationen in „Vampire: Requiem“ über die „Lancea Sancta“ reichen unmöglich aus, um diesen Bund auch nur annähernd adäquat darzustellen.

|Weiterführende Rezensionen bei Buchwurm.info:|

[Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk 1607
[Vampire: Requiem 1701
[Riten des Drachen 1728
[Werwolf: Paria 1970

Günther, Christian / Djurdjevic, Marko – Degenesis

|Die Gasmaske: Ein Symbol für die moderne Idee der Apokalypse. Dahinter schlummert der Schrecken eines alles verheerenden Weltenbrandes, so erlebt in zwei Weltkriegen. Kaum verwunderlich, dass die Gasmaske zu einer Ikone des Endzeit-Genres wurde. Das Endzeit-Rollenspiel „Degenesis“ macht da keine Ausnahme.|

Gasmasken wurden zum ersten Mal im Ersten Weltkrieg eingesetzt. Seitdem hat sich dieses Schutzinstrument zu einem ästhetischen Symbol fern seiner kriegstechnischen Bedeutung entwickelt. Als künstlerisches Mittel transportiert die Gasmaske Eindrücke von Hoffnungslosigkeit, Tod und Zerstörung. Ein Mensch, der eine Gasmaske trägt, wirkt entstellt und unmenschlich. Jeder ahnt: Das Ende ist nah. Hinter dem Symbol schlummern die Angst und der Schrecken eines alles verheerenden Weltenbrandes, so erlebt im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Beinahe mischt sich der Gasmaske eine religiöse Bedeutung bei. Humoristisch könnte das Gerät allenfalls von Monty Python eingesetzt werden. Die Gasmaske taugt als Symbol für die moderne Idee der Apokalypse. Kaum verwunderlich, dass sie zu einer Ikone des Endzeit-Genres wurde. Das Endzeit-Rollenspiel Degenesis bildet da keine Ausnahme. Die Welt hinter der Gasmaske – könnte ein Untertitel lauten.

Degenesis spielt in einer fünfhundert Jahre entfernten Zukunft. Weder Glaskuppeln noch Magnetschwebebahnen prägen die Landschaft. Kein hohes politisches Gremium sorgt für Frieden und Wohlstand auf der Welt. Die Zivilisation ist am Ende. Besser: Sie war am Ende. Sie ersteht gerade wieder neu aus der Asche des Weltenbrandes. Eine Reihe von Asteroiden schlug auf der Erde ein, seitdem herrschte Dunkelheit. Die neue Welt im 26. Jahrhundert gleicht einem Kaleidoskop menschlichen Elends. Die meisten Trümmer des Urvolks sind längst zu Staub zerfallen. Zwar versucht der Kult der Chronisten, die Vergangenheit anhand alter Artefakte zu rekonstruieren, doch ihr Bemühen gleicht einer Farce. Angesichts des täglichen Überlebenskampfes streiten sich die Kulte und Kulturen Europas lieber um die Tage, die da kommen werden, als um ihre Vergangenheit. Gekämpft wird mit rauen Methoden, es gilt das Recht des Stärkeren. Am Rande von Eis, Kratern und Urwäldern glänzt jenseits des Mittelmeeres das Reich Africa. Scheu klopft dort die Zivilisation wieder an die Pforten der Menschheit, erste neue Städte und Regierungen haben sich gebildet. Über all dem schwebt, bedrohlich und mysteriös, der Homo degenesis, eine kollektive Lebensform, die sich über Europa ausbreiten und alles in ihren Bann ziehen will.

Die _Entwicklung_ von Degenesis begann vor über sechs Jahren. In der Schublade von Christian Günther lagen die ersten Entwürfe für ein apokalyptisches Rollenspiel. Dunkel und skurril, glaubhaft und gut spielbar sollte es sein. Unter dem Titel „Endzeit-Europa“ waren erste Eindrücke im Internet zu bestaunen. Im Jahre 2001 gelang „Degenesis“ dann der Sprung in die Profi-Arena. Aus dem Fan-Projekt war ein erstes gedrucktes und im Fachhandel erhältliches Produkt geworden: Der Einsteigerband „Ein Stern wird fallen“ enthielt Kurzregeln und eine kleine Kampagne. Die Basis für eine Weiterentwicklung war gelegt. 2004 erschien schließlich das Grundregelwerk unter der Federführung von Christian Günther und Marko Djurdjevic. Optisch wie inhaltlich konnte das neue Spielsystem überzeugen. Inzwischen präsentiert der eigens gegründete Verlag |Sighpress| die zweite Auflage des Grundregelwerks von „Degenesis“. Im Jahr 2005 erschien das Quellenbuch „Justitian“. Weitere Hintergrundbände und Szenarien sind geplant.

Der _Aufbau_ des umfangreichen Grundbuches gliedert sich in vier große Kapitel. Unter „Primal Punk“ erlebt der Leser eine lebendige Einführung in die Welt von „Degenesis“. Er erfährt in groben Zügen, worum es geht und welche Völker (Kulturen) und Professionen (Kulte) es gibt. Dass an dieser Stelle noch nicht alle Geheimnisse gelüftet werden, ist ein Pluspunkt und fördert das Lesevergnügen. In dem zweiten Kapitel „KatharSys“ geht es etwas trockener zur Sache. Hier werden die grundsätzlichen Spielmechanismen erklärt: Charaktererschaffung, Würfelproben, Kampf, Charakterentwicklung und Heilung. Das dritte Kapitel „Almanach“ beschäftigt sich mit der verfügbaren Hardware: Drogen, Waffen, Munition und Fahrzeuge. Die Geheimnisse der Welt verbergen sich im vierten Kapitel „Sperrzone“. Hinzu kommen Informationen über Gegner, Psychonauten und Tipps für die Gestaltung eines Spielabends.

Die _Regeln_ von „Degenesis“ basieren auf zehnseitigen Würfeln (W10). Die Charaktererschaffung ist unkompliziert und dauert nicht länger als 30 Minuten. In einem Kaufsystem entscheidet der Spieler, welche angeborenen Attribute seiner Figur er fördern und welche erlernten Kenntnisse er steigern will. Hinzu kommen einige Daten zu Waffen, Rüstungen und Spezialisierungen. Damit ist der Charakter auch schon fertig und einsatzbereit. Besonders schön: Mit der regeltechnischen Entwicklung einer Figur geht auch die inhaltliche Ausarbeitung einher. So genannte Prinzipien (z. B. Einzelgänger, Gier oder Stolz) geben Richtlinien für das Rollenspiel der Figur an.

Die _Gestaltung_ von „Degenesis“ verdient besondere Erwähnung. Der schwarzweiße Band präsentiert detaillierte Darstellungen von Figuren und Gegenständen. Außerdem werden die Seiten immer wieder von archaischen Zeichen, Tintenklecksen und Brandspuren unterbrochen. Inhalt und Layout ergänzen sich so wechselseitig und verdichten die Atmosphäre beim Lesen.

„Degenesis“ beeindruckt mit Vielfalt, simplen Regeln und einer komplexen Welt, die auf mehreren Ebenen funktioniert. Das Grundbuch ist gleichermaßen ein spannendes Lesevergnügen als auch ein solides Rollenspiel. Die Autoren beweisen, dass das Endzeit-Genre unzählige mögliche Zugänge erlaubt und nicht so starr und einseitig ist, wie gemeinhin angenommen wird. Die Wahl fällt schwer, ob man seine Spielgruppe aus einem unterirdischen Bunker ans Tageslicht führen will, ob man sie bei einer Reise durch Europa auf die Psychonauten stoßen lässt oder ob man sie im Rahmen einer einzelnen Kultur in Abenteuer verstrickt. Wer ein Fantasy-Setting vermutet, das lediglich von rostigen Pistolen und Gasmasken durchdrungen ist, liegt falsch. Bei „Degenesis“ herrscht ein tolles Gleichgewicht zwischen archaischer Barbarei und Science-Fiction. Die durchgedrehten Ideen, die hinter den Psychonauten, den Sporen und den Erden-Chakren schlummern, bieten auch Rollenspiel-Veteranen Neues. Also: Gasmaske anlegen und los!

http://www.degenesis.de

Johan Christiansen, Thomas Plischke, Verena Stöcklein – Mater Ecclesia (Engel RPG)

_Allgemeines_

Selbstverständlich hat die Angelitische Kirche im [„Engel“-Rollenspiel 1876 einen, wenn nicht |den| zentralen Posten inne. Doch ist es nicht so einfach, die „Mater Ecclesia“, die Mutter Kirche, zu verstehen oder glaubwürdig darzustellen, da die Strukturen und Namen relativ verworren und kompliziert sind.
Die Kirchendiener sind zahlreich und deren Aufgabengebiete ebenso. Zwar werden die grundlegenden Titel, Posten und Begrifflichkeiten im „Engel-Grundregelwerk“ kurz behandelt, doch wird nur recht oberflächlich an der Materie gekratzt. Die „Mater Ecclesia“ geht hier tiefer und gewährt mannigfaltigen Einblick in die Strukturen, Dogmen und Arbeitsweisen der Angelitischen Kirche.

_Inhalt_

Grundsätzlich ist der Quellenband in fünf Kapitel unterteilt:

1. |Credulitas et Dogma|

Diese Kapitel widmet sich besonderem Maße den Dogmen der Angelitischen Kirche. Oberflächlich betrachtet, mögen diese zwar der katholischen Kirche der Mittelalters ähneln, doch gibt es einige wichtige und grundlegende Unterschiede. Als Beispiel kann man hier die Kindesverehrung anführen, die es untersagt, ein Kind zu bestrafen, doch auch in Angelegenheiten des Zölibats unterscheiden sich die beiden Institutionen wesentlich. Zusätzlich wird hier auch auf die komplizierten Hierachien der heiligen Mutter Kirche eingegangen.

2. |Clerus|

Hier geht es um die Kleriker der fünf Engelsorden. Einen Großteil des Klerus bilden die Monachen und Beginen, doch gibt es auch weitaus spezialisiertere Kleriker innerhalb der „Mater Ecclesia“, von denen ein Normalsterblicher im 27. Jahrhundert noch nie etwas gehört hat, wie zum Beispiel die Peccati, die sich mit verbotener Technik befassen. Auch die Auswirkungen der Angelitischen Dogmen auf die Baukunst werden hier mit einem Kirchenplan anschaulich erläutert.

3. |Ordinibus Templorum|

Ohne die Templer wäre die Kirche nicht nur ihrer größten militärischen Macht beraubt, sondern gar fast verteidigungslos. In diesem Kapitel werden die Sitten und Gebräuche der Templer behandelt sowie der Aufbau ihrer Armaturen (Einheiten). Fortführend wird auf die regional- und ordenstypischen Stärken und Schwächen der Templer eingegangen sowie deren eigene Dogmen und den Glauben an das innere Licht.

4. |Sevitores Profani Domini|

Die Angelitische Kirche hat nicht nur geweihte Diener. Alle, die für die Kirche arbeiten, aber nicht Teil dieser sind, werden hier vorgestellt. Seien es nun die Beutereiter, die Zugvögel (Söldner) oder die großen Handelshäuser unter der Kontrolle der Kirche.

5. |Dramatis Personae|

Hier ist natürlich das „Who is Who?“ des 27. Jahrhunderts vertreten. Neben den Beratern des Pontifex Maximus, den Konsistorialkardinälen, wird darin auch noch eine Reihe von nichtkirchlichen Persönlichkeiten aufgeführt, die jedem Spielleiter genug Anreize für eine Chronik bieten sollte. Die meisten dieser Figuren im Dramatis Personae sind voll ausgearbeitet und sofort einsatzfähig.

Im Appendix gibt es noch einen Abschnitt, der |Machinationes| heißt. In diesem werden die Regeln für das Spielen eines menschlichen Charakters in der Welt von „Engel“ kurz dargelegt, allerdings hauptsächlich auf das W20-System bezogen. Doch wer in der Lage ist, nach dem Arcana-System zu spielen, ist auch fähig, diese Informationen richtig zu interpretieren, daher ist das kein wirklicher Mangel.

_Aufmachung_

Die Aufmachung ist genauso vorbildlich wie beim „Engel-Grundregelwerk“. Besonders erwähnenswert, weil besonders wertvoll, finde ich die bildliche Darstellung der Monachen, Beginen und Templer, da jeweils eine Auswahl jedes Ordens mit Kleidung und eventueller Bewaffnung dargestellt wird. Das ist daher so hilfreich, weil die Kleider und das Aussehen dieser Kirchendiener sich grundlegend von denen heutiger Klerikaler etc. unterscheidet. Durch diese Bilder erhält man einen guten Eindruck in die Welt und die Leute, die im „Engel“-Rollenspiel leben und vorkommen. Daher erleichtert dies die Visualisierung sowohl für den Spielleiter (schließlich muss er sie ja beschreiben) und Spieler enorm.

_Mein Eindruck_

Die „Mater Ecclesia“ ist der wohl wichtigste Quellenband für „Engel“. Zum einen wird die Angelitische Kirche in fast jeder Chronik im Mittelpunkt stehen oder zumindest am Rande vorkommen; zum anderen ermöglicht dieses Buch endlich das Spielen eines menschlichen Protagonisten. Dies ist daher so wichtig, weil die Auswahlmöglichkeiten bisher auf Engel der fünf Orden beschränkt waren und das Spielen menschlicher Personen anhand von mangelnder Information seitens des „Engel“-Grundregelwerks nicht sinnvoll möglich war. Durch die „Mater Ecclesia“ ist es nun möglich, dies zu tun, was auf einen weitaus größeren Handlungsspielraum innerhalb des Spieles hinausläuft. Auch sind im Quellenband passende Arcana-Charakterbögen zum Herauskopieren enthalten.

Zudem ist die „Mater Ecclesia“, obwohl sie voll von Dogmatik und Kirchenhierachie ist, durchaus für sich genommen lesenswert, da die Geschichten und Information sehr plastisch, teilweise witzig (hier empfehle ich vor allem den Heiligen der Michaeliten namens Desian von Reinmeer) und durchweg anschaulich geschrieben sind.

_Fazit:_ „Mater Ecclesia“ ist ein Top-Quellenband, der für Spielleiter (fast) unverzichtbar ist, aber wegen der vielen geheimen Informationen nicht in neugierige Spielerhände gehört.

|Ergänzende Rezension:| [Engel – Grundregelwerk 2.0 1876

Petersen, Sandy / Willis, Lynn / Heller, Frank / Johanus, Marcus uvm. – CTHULHU Spielleiter-Handbuch

|Es ist nicht tot,
was ewig liegt,
bis dass die Zeit
den Tod besiegt.|
(Auszug aus dem „Necronomicon“ und dem „CTHULHU Spielleiter-Handbuch“

_Allgemein_

Der gewöhnliche Rollenspieler ist ein Mensch, der bereit ist, viel Zeit und Geld in sein Hobby zu investieren. Doch riecht er Geldmacherei, rümpft er pikiert die Nase. Daher stehen Grundegelwerke, die in Spieler- und Spielleiterhandbuch aufgeteilt sind, stets unter sehr genauer Beobachtung mit der abschließenden Frage: „Wollen die uns nur abzocken, oder ist die Trennung wirklich sinnvoll?“ In Bezug auf das „CTHULHU Spielleiter-Handbuch“ lautet meine Antwort: Wenn es bei irgend einem Rollenspiel sinnvoll ist, dann beim „CTHULHU-Rollenspiel“.

Nicht nur, dass es anhand der Masse von Informationen schon sinnvoll ist, die Bände zu trennen, sondern vor allem verliert es einfach seinen großen Reiz, wenn die Spieler den Schrecken kennen, der da gerade um die Ecke schlurft. Da es bei „CTHULHU“ hauptsächlich um die Atmosphäre geht und nicht so sehr auf Action ankommt, würde zu viel Spielerwissen die ganze Spielrunde torpedieren.

Das hat bei der früheren einbändigen Ausgabe dazu geführt, dass die Spieler keine Möglichkeit hatten, sich einzulesen, weil der Spielleiter das Regelwerk unter Verschluss gehalten hat.

Übrigens ist auch der Umfang des nunmehr getrennten „CTHULHU Spielleiter-Handbuchs“ mit knapp 400 Seiten der eines ganzen Romans.

_Inhalt_

Selten habe ich erlebt, dass in einem Regelwerk auf den ersten fünfzig Seiten nur erklärt wird, wie man die Rollenspielrunde am besten leitet. Da diese Tipps durchaus anschaulich und teilweise ziemlich unterhaltsam dargestellt werden, sind sie aber mitnichten langweilig. Ob es nun der Aufbau von Kampagnen ist, das Regeln von Actionsequenzen oder das Erzeugen von typischer „CTHULHU-Atmosphäre“ – alles wird so erläutert, dass selbst erfahrene Rollenspieler noch etwas lernen können.

Nach einer Komplettübersicht aller bisher erschienen deutschen „CTHULHU-Publikationen“ werden eine Übersicht über den „CTHULHU-Mythos“, dessen Auswirkungen auf die irdische Prähistorie sowie eine Auswahl von geheimen Kulten und mysteriösen Orte geboten.

Auch auf das sagenhafte „Necronomicon“ sowie andere okkulte Bücher (wobei ich zu meinem Erstaunen bemerkte, dass sich sogar eines davon in meinem Bücherschrank verbirgt – zum Glück aber ohne psychischen Stabilitätsverlust!) wird eingegangen und auch Howard Phillips Lovecraft wird mit einer vierseitigen Kurzbiographie geehrt.

Einen großen Teil nehmen natürlich auch die Monster, Götter und die Magie des „CTHULHU-Mythos“ ein. Mit dieser Auswahl an Monstern, sowie einer Liste von über hundert Zaubern, ist wohl der Grundstein dafür gelegt, dass die Abenteuer einer Spielrunde über die nächsten Jahre nicht eintönig werden dürften.

Als Geschichtsfan und -student haben es mir besonders die Spielhilfen angetan. Ein so genannter ewiger Kalender ermöglicht das Rückrechnen eines Datums auf den Tag genau, was äußerst praktisch ist, wenn man nicht gerade aus dem Stehgreif die Frage beantworten kann: „Was war denn der 23. Februar 1924 für ein Wochentag?“

Mein Lieblingsteil der Spielhilfen sind aber die drei Ereigniskalender. Sie gelten alle für den Zeitraum von 1890 bis 2003. Im ersten werden alle okkulten, kriminellen und futuristischen Ereignisse dieses Zeitraums erwähnt (wie zum Beispiel 1925: ein in Kalifornien angeschwemmtes Seemonster; oder 2002: Eine Sekte gibt bekannt, sie habe den ersten Menschen geklont. Wer erinnert sich?).
Im zweiten wird von den wichtigen Ereignissen und Kuriositäten des Zeitraums berichtet. Von der Prohibition (1920) über die Ermordung Ghandis (1948) bis hin zum amerikanisch-britischen Angriff auf den Irak (2003) wird alles aufgeführt, was auch nur im Entferntesten für eine Kampagne inspirierend wirken könnte.
Im letzen Kalender werden die Katastrophen, ob von Menschen geschaffen oder nicht, aufgeführt. Der Untergang der Titanic (1912), etwaige Naturkatastrophen oder der erste Anschlag auf das World Trade Center (1993) sind hier die passenden Beispiele.

Ganz zum Schluss gibt es noch einmal ein dramatis personae mit Romanfiguren Lovecrafts sowie fünf Abenteuer für das „CTHULHU-Rollenspiel“.

_Mein Eindruck_

Das „CTHULHU Spielleiter-Handbuch“ ist der wohl gehaltvollste Regelband, der mir je untergekommen ist. Die vierhundert Seiten liefern so viele Informationen, dass sie einen fast erschlagen. Doch durch die Vernetzung mit kurzen Geschichten bleibt es stets lesenswert und kurzweilig. Auch die Gestaltung des Bandes ist vorbildlich: Edel aufgemachter Hardcover-Einband, integriertes Lesezeichen, verstörende Photos und detaillierte Zeichnungen lassen hier keine Wünsche offen.

Hier möchte ich noch nachdrücklich erwähnen, dass das „CTHULHU Spielleiter-Handbuch“ nicht die Grundregeln enthält, diese sind bereits im [„CTHULHU Spieler-Handbuch“ 1744 enthalten. So wäre zwar das Spielen ohne das Spielleiter-Handbuch theoretisch möglich, faktisch aber wegen des fehlenden Hintergrundwissens kaum zu empfehlen. Und selbst diejenigen, die das „CTHULHU Spielleiter-Handbuch“ durchgelesen haben, sollten sich auf jeden Fall einige Kurzgeschichten Lovecrafts zu Gemüte führen. (Empfehlungen dazu sowie Informationen über Lovecraft findet ihr in der Rezension zum Spieler-Handbuch nebst angehängter Linkliste.)

_Mein Fazit_

„CTHULHU“ ist ein recht schwieriges und daher nur für erfahrene Spieler geeignetes Rollenspiel. Doch was die Aufmachung und die Hintergründe betrifft, kann kein Horror-Rollenspiel „CTHULHU“ das Wasser reichen. Aber wer auf Action-Horror steht, ist hier an der falschen Adresse. Atmosphärisches und stimmungsvolles Rollenspiel steht hier klar im Vordergrund. Wer sich also auf das „CTHULHU-Rollenspiel“ einlässt, den wird einige Vorbereitungsarbeit erwarten, für die er aber angemessen belohnt werden wird.

http://www.pegasus-spiele.de/cthulhu.html

Baxter, Rob / Fitch, Bob / Johnson, Luke u. a. – World of Warcraft – The Roleplaying Game (Grundregelwerk)

|Nach dem bahnbrechenden Erfolg des Online-Rollenspiels war es nur eine Frage der Zeit, bis die D20-Ausgabe eine Neuauflage erfahren würde.|

_von Dominik Cenia
mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins http://www.ringbote.de/ _

Das alte „Warcraft“-D20-Buch war nicht mehr als ein Setting, ohne wirklichen Regelanteil. Man benötigte also die entsprechenden D20-Regelbücher, um in die Welt von Azeroth einzutauchen. Die übrigen Informationen waren über weitere Quellenbücher verteilt. Eine Reihe von weniger gelungenen Illustrationen und die manchmal etwas merkwürdige Verteilung des Quellenmaterials machten aus „Warcraft“-D20 einen Exoten, der irgendwie nicht so richtig ankommen wollte.

Diese Fehler hat man sich zu Herzen genommen und dem Regelwerk eine komplette Frischzellenkur verpasst. Auf fast 400 vollfarbigen Seiten im Hardcover präsentieren sich die neuen Regeln für „World of Warcraft“. Das Besondere: Das Buch enthält alle Grundregeln, die für D20 notwendig sind. Damit hat man mit dem Buch quasi ein komplettes, eigenes D20-Rollenspiel und nicht einfach nur eines von vielen Settings.

Die neuen Regeln sind jedoch trotz einiger Änderungen weiterhin mit den alten Quellenbücher kompatibel. Gerade das alte „Manual of Monsters“ oder das „Alliance & Horde Compendium“ sind zum Beispiel weiterhin zu gebrauchen (wobei |Blizzard| hier bereits zwei neue Bücher angekündigt hat). Inhaltlich orientiert sich das Buch aber stärker an dem MMORPG von |Blizzard|. Namen, Skills, Feats und Charakterklassen lehnen sich vom Begriff her eher an das Computerspiel als an den üblichen D20-Terminologien an.

Die alten Regeln des „Warcraft“-Rollenspiels hatten das Problem, dass die Rassen von der Stärke her unausgeglichen waren. Ein Taure mit Lvl. 10 war einfach stärker als ein Mensch auf dem gleichen Level. Unabhäng von der Klassen waren einfach die allgemeinen Startbedingen und Grundboni zu unausgeglichen verteilt. Das neue Regelwerk hat genau dieses Problem in Angriff genommen. Ab sofort ist es möglich, so genannte „Racial Levels“ aufzusteigen, also quasi Stufen innerhalb einer Rasse. Dies stellt die innere Stärke und Einigkeit dar, die ein Charakter gegenüber seines Volk hat. Ein Taure taucht damit tiefer in die spirituelle Welt seiner Ahnen ein, während ein Mensch mehr und mehr anfängt, sich mit den Werten der Allianz zu identifizieren. Dies bringt weitere Vorteile mit sich und sorgt dafür, dass die einzelnen Rassen deutlich ausgeglichener sind.

Der „Arcanist“ und der „Healer“ sind zwei neue Charakterklassen, die sich wiederum in die bekannten Schulen wie etwa „Mage“, „Warlock“, „Necromancer“ respektive „Druid“, „Shaman“ und „Priest“ unterteilen. Wer jetzt jedoch Bedenken hat, dass es nur die Charakterklassen aus dem Online-Spiel gibt, kann beruhigt sein. Auch andere Klassen wie der „Barbarian“, „Scout“ und „Tinker“ haben es in das Buch geschafft – nicht zu vergessen eine ganze Reihe von Prestige-Klassen.

Es gibt Regeln für den Einsatz von Hero Points, und die Regeln für Verwundungen und das Ableben von Charakteren wurden ein wenig überarbeitet. Da die WoW-Welt eher für ein heroisches Spiel gedacht ist, starten die Spieler schon zu Beginn mit recht mächtigen Charakteren. Auch bei der Magie wurde Hand angelegt. Durch das neue „Slot-System“ können die Spieler nun wesentlich flexibler ihre Zauber aussuchen und für jeden Tag neu festlegen.

Das wären auch schon alle Änderungen. Der Rest besteht aus einzelnen Verfeinerungen und Umformulierungen. Das etwas komplizierte Kapitel über „Technological Devices“ wurde jedoch nicht überarbeitet.

Man kann so ziemlich alle Rassen übernehmen, die für das Schicksal der Welt von Azeroth eine Rolle spielen. Nacht- und Hochelfen, Menschen, Goblins, Gnome, Zwerge, Tauren, Orks, Trolle und die „verlassenen“ Untoten stehen zur Auswahl. Natürlich bietet es sich an, vor dem Spiel festzulegen, ob man lieber auf der Seite der Horde oder der Allianz spielt. Gerade der Konflikt zwischen den beiden Gruppen macht einen Großteil des Spiels aus. Gemischte Gruppe sind zwar auch möglich, doch stellt sich dann immer die Frage, was beispielsweise ein Mensch und ein Verlassener zusammen mit einem Gnom und einem Ork vor den Toren von Stormwind machen wollen.

Neben den Regeln zur Charaktererschaffung, zur Magie, zum Kampf, zu den Skills, zur Ausrüstung und zu den Feats, bietet das Buch einen umfangreichen Regionalteil, der sich mit der Geschichte von Azeroth und den Reichen Kalimdor, Lordaeron, Khaz Modan und Azeroth beschäftigt. Kenner des Online-Rollenspiels werden sich sofort wie zu Hause fühlen, denn die Beschreibungen der einzelnen Länder decken sich 1:1 mit denen aus dem Computerspiel. Leider hat man bei der Karte und den Beschreibungen auf einen Maßstab verzichtet. Schade, denn dadurch hat man nur den relativ kleinen Maßstab aus dem MMORPG im Kopf. Nur leider passt das überhaupt nicht zu einem Pen&Paper-Rollenspiel. Denn wie soll man eine ausführliche Reise etwa durch Schnee, Eis und Kälte ausspielen, wenn man auch einfach mit dem Greif von Stormwind nach Ironforge in nur wenigen Minuten fliegen kann? Hier müssen die Macher noch ein paar Dinge ausbessern, weil das Rollenspiel sonst leicht zu einer Karrikatur des MMORPGs von |Blizzard| verkommen kann.

Gut gelungen ist das Kapitel über Alignment, Affiliation und Faiths. In der „World of Warcraft“ gibt es weder Gut noch Böse. Beide Seiten, sowohl die Horde als auch die Allianz, haben ihre Gründe, einen ständigen Kampf ums Überleben zu führen, sehen ihren Gegner aber jeweils als „Böse“ an. So können also „gute“ Charaktere von beiden Seiten sich gegenseitig bekämpfen, in dem Glauben, dass ihr Gegner das absolut Böse darstellt. Ein Paladin kann also sein äquivalentes Gegenstück, zum Beispiel einen Ork-Schamanen, ruhigen Gewissens angreifen, obwohl eigentlich beide den fast gleichen moralischen Kodex haben.

In der „World of Warcraft“ gibt es nur wenige Götter. Die so genannten „Alten“, das heilige Licht, Naturgeister und die Mondgöttin „Elune“ bilden die wenigen spirituellen Kräfte der Welt. Gerade die Orks oder die Nachtelfen ziehen ihre Religion vor allem aus der Verehrung ihrer Urahnen oder Vorfahren. Die Menschen haben eine weit philosophischere Sicht der Dinge, und die Tauren glauben daran, dass alle Elemente und Dinge der Welt einen eigenen Geist besitzen (woran die Verlassen jetzt so glauben, ist nicht genauer erklärt). Auch die „brennende Legion“ kommt nicht zu kurz, darf die meiste Zeit aber als nur als „der böse Feind“ herhalten, auf den sowohl die Horde als auch die Allianz mit Freuden einschlagen dürfen.

Das phantastische neue Layout und die Tatsache, dass es sich bei dem Buch um ein komplett spielbares Regelwerk und nicht nur ein Setting handelt, täuschen nicht über die Tatsache hinweg, dass es sich trotzdem nur um eine „verbesserte“ Neuauflage des Spiels handelt. Besitzer des alten Rollenspiels sind also nicht wirklich genötigt, das neue Regelwerk zu kaufen. Die meisten Änderungen sind natürlich sinnvoll und ausgereifter. Wer jedoch mit den bisherigen Regeln gut zurechtgekommen ist, wird auf die neuen Ideen auch nicht unbedingt angewiesen sein. Hinzu kommen ein paar versteckte Fehler im Layout. So wurden etwa einige Überschriften in der falschen Schrift platziert, was einfach unschön aussieht.

_Fazit:_ Das Buch stellt einen guten Einstieg in die Welt der Rollenspiele dar. Die Illustrationen stammen beispielsweise direkt aus dem Online-Rollenspiel, sodass vor allem Quereinsteiger, die Azeroth bisher nur vom Monitor her kennen, schnell einen Zugang zu dem System finden können. Bleibt nur die Frage, ob wir in Zukunft die gleichen „spannenden“ Quests des Computerspiels erleben dürfen. Mir persönlich graut es schon vor solchen Abenteuern wie „Fliegt mit dem Greif von Ironforge in den Wald von Elwyn und bringt mir zehn Defias-Kopftücher“. Um „World of Warcraft“-D20 richtig spielen zu können, muss man also die Abläufe des Computerspiels aus seinem Hirn verbannen. Für alte Hasen kein Problem, doch für Neueinsteiger wohl schwer zu vollziehen. Vielleicht fördert das Spiel dadurch in den falschen Händen ein wenig zu sehr das sogenannte „Powergaming“. Wobei ich das natürlich nicht hoffen will …

http://www.warcraftrpg.com/

Armor, Bryan / Bates, Andrew / Blackwelder, Kraig / Grabowski, Geoffrey C. / Habecker, Dana u.a. – Hohen, Die (Exalted – Zeit der Tränen)

|Ehe es eine Welt der Dunkelheit gab, gab es ein Zeitalter der tollkühnen Abenteuer.

Das Reich der Drachenblütigen erhebt sich auf den Ruinen des Ersten Zeitalters – ein unbesiegbarer Koloß.

Jahrtausende hielt die Scharlachrote Kaiserin die Welt in ihrem eisernen Griff.

Nun, da die Kaiserin nicht mehr ist, treibt das Reich jeden Tag tiefer ins Chaos und einem Bürgerkrieg entgegen.

In dieser Zeit des Haderns erscheinen die Hohen der Sonne, legendäre Helden, wiedergeboren in einer Zeit der Wehklagen.

Künden diese fleischgewordenen Legenden von der Rückkehr eines neuen goldenen Zeitalters oder vom Ende der Schöpfung?

Welche Legenden werden von ihren Taten berichten?|
(Auszug aus dem Regelwerk)

„Die Hohen“ ist das Grundregelwerk zur „Zeit der Tränen“ vom |Feder & Schwert|-Verlag. Die Grundstruktur ist geprägt von einer Beeinflussung durch die japanischen Mangas und Animes.

_Zum Hintergrund:_

Einst herrschten die Hohen der Sonne über das Reich. Doch über die Jahrhunderte hinweg wurden sie dekadent und ihre Magie verzehrte ihre Herzen von innen heraus.

So wurden ihre Diener, die Hohen der Erde, wütend und rotteten sich gegen die zahlenmäßig deutlich unterlegenen Herrscher zusammen und tilgten die Hohen der Sonne vom Angesicht der Erde. Doch die Macht der Hohen der Sonne war so enorm, dass sie nicht mit ihnen starb, sondern sich immer einmal wieder in anderen Menschen manifestierte und diese erhöhte.

Die Drachenblütigen (wie die Hohen der Erde auch genannt werden) wurden von der Scharlachroten Kaiserin beherrscht, die die anderen Hohen in der „Wylden Jagd“ jagen und fast ausrotten ließ. Diese Jagd galt besonders den wiedergeborenen Hohen der Sonne, bevor sie ihre Kräfte richtig entwickeln konnten.

Nun ist die Kaiserin verschwunden. Im Reich regieren Chaos und Aufruhr, so dass die „Wylde Jagd“ vernachlässigt wurde. Damit ist die Chance für die Hohen der Sonne gekommen!

Ihr Charakter ist eine der Personen, die zu einem Hohen der Sonne erhoben wurden. Sie sind eine Legendengestalt, mächtig wie ein Halbgott und schlau wie ein Fuchs …

_Grundsätzliches_

Es ist vorgesehen, einen Hohen der Sonne zu spielen. Es gibt allerdings noch andere Arten von Hohen und natürlich normale Sterbliche.

So gibt es auch die Hohen der Erde; sie sind die einzigen Hohen, die ihre Macht vererben können, deshalb ist ihre Anzahl groß. Sie sind Herren über die Kräfte der Elementardrachen und werden daher auch Drachenblütige genannt. Diese Hohen sind die größten Feinde der Hohen der Sonne, weil sie sie unerbittlich jagen und vernichten.

Hinzu kommen die Hohen der Sterne (Seher und Sterndeuter), die Hohen des Mondes (Gestaltwandler) und die Hohen des Abgrunds (Nekromanten).

Wie bereits erwähnt, ist „Die Hohen“ darauf ausgelegt, einen Hohen der Sonne zu verkörpern. Die Quellenbücher, die nötig sind, um die anderen Hohen zu spielen, werden leider nicht in die deutsche Sprache übersetzt. Wer allerdings unbedingt etwas anderes spielen will, kann sich ja das englische Original besorgen und kann sich dann auf der [Feder&Schwert-Homepage]http://www.feder-und-schwert.de ein englisch/deutsches „Exalted“ (Originaltitel von „Die Hohen“) kostenlos herunterladen. Für den Spielleiter sind diese Quellenbücher nicht von Nöten, da sowohl im Regelwerk als auch im „Die Hohen – Kompendium für Erzähler“ ausreichend auf die anderen Hohen eingegangen wird, um sie als Nicht-Spieler-Charaktere (NSC) einbauen und verkörpern zu können.

_Regeln_

Das Regelwerk, das bei „Die Hohen“ verwendet wird, ist eine Mischung aus dem alten „White Wolf“-System (z. B. „Vampire: Die Maskerade“) und dem neuen, das im [„Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk“ 1607 verwendet wird.

Zum einen ist die Grundschwierigkeit für Würfe immer eine sieben (gewürfelt wird mit zehnseitigen Würfeln). Nur die Anzahl der zu erzielenden Erfolge ändert sich, nicht aber die Augenzahl, die gewürfelt werden muss. Beispiel: Beim alten „White Wolf“-System musste man je nach Schwierigkeit manchmal gegen sechs oder höher (bis zehn) würfeln. Ein Erfolg hat dann aber gereicht. Jetzt bleibt die zu würfelnde Zahl gleich, allerdings braucht man ab und an mehrere Erfolge. Jede zehn zählt doppelt.

Auch die Schadensregelung ist geändert worden. Der Spieler würfelt nun seinen Angriff, jeder Erfolg wird gezählt. Hinzu kommt nun der Grundschaden der Waffe. Von diesem Schadenspool werden dann der Absorptionswert des Gegners (meist seine Widerstandsfähigkeit) und dessen Rüstung abgezogen. Der Rest, der noch übrig bleibt, ist der Schaden, den der Gegner einsteckt. Man muss den Schaden also nicht noch mal extra auswürfeln.

Die Hohen verfügen über zwei verschiedene Sorten von Magie:

Zum einen die Charismen. Dies sind übermenschliche Kräfte, die auf Fähigkeiten aufbauen. Es gibt für jede Fähigkeit mehrer Charismen, die jeweils eine Art Stammbaum bilden. Alle hier aufzählen zu wollen, würde allerdings den Rahmen dieser Besprechung sprengen. Denn bei 25 Fähigkeiten und jeweils mehreren Charismen verwundert es nur wenig, dass sie alleine über 60 Seiten des Regelwerkes einnehmen. Es gibt diese Kräfte in den verschiedensten Formen. Klangvolle Namen wie „Technik der angreifenden Kobra“ oder „Seele des darbenden Einsiedlers“ machen noch mal die Verbundenheit mit den japanischen Animes und Mangas deutlich.

Die zweite Form der Magie, die Hexerei, wird nur sehr kurz im Regelwerk angeschnitten. Diese wird aber ausführlich im Quellenband „Das Buch der drei Kreise“ behandelt.

Besonders erwähnenswert finde ich noch, dass man sich durch besonders interessante Aktionen, den so genannten Stunts, Bonuswürfel verdienen kann. So ist eine cineastische und interessante Aktionsbeschreibung nicht nur für die Stimmung und den Flair gut, sondern macht sich auch im Spiel für den Spieler bezahlt. Bei ganz besonderen Stunts sind so bis zu drei Bonuswürfel möglich. Daraus resultiert, dass „abgefahrene“ Aktionen eher Erfolg haben als ein: „Ich hau ihn halt mit dem Streitkolben“.

_Mein Eindruck_

„Die Hohen“ ist mal etwas anderes. Durch sein Flair und die Grafik besticht das Regelwerk schon beim ersten Durchblättern. Durch die cineastischen Kampfmöglichkeiten, die es bei den meisten Rollenspielen nicht gibt, und den Manga-Stil hebt sich „Die Hohen“ deutlich von anderen Fantasy-Rollenspielen ab.

Aber genau an dieser Stelle haben es die Autoren etwas übertrieben. Die oben erwähnten Charismen lassen sich zu Superaktionen, den Combos, vereinen. Nicht nur, dass sie unglaublich machtvoll sind, die Regeln dafür sind fast genau so kompliziert wie ein Buch über angewandte Kernphysik! Allerdings muss ich sagen, dass das wirklich der einzige Stein im Schuh ist, der mich bei „Die Hohen“ drückt.

Die Welt, in der das Spiel angesiedelt wurde, ist auch äußerst ansprechend gestaltet. Der Kontinent ist riesig und relativ spärlich beschrieben. Es gibt jede auf der Erde vorkommende Klimazone. Das bedeutet für den Spielleiter optimale Entfaltungsmöglichkeit von Abenteuerideen. Auch die anderen übernatürlichen Wesen wie das Lichte Volk (meist böse Feen), Geister, Elementare und Barbaren sind so gestaltet, dass fast nichts unmöglich ist. Endlich mal ein Spiel, bei dem man sich als Spielleiter richtig austoben kann und obendrein noch Spielercharaktere hat, die einiges aushalten können.

_Fazit_

„Die Hohen“ ist toll! Es unterscheidet sich so dermaßen von anderen Rollenspielen wie „Dungeons & Dragons“ oder „Das schwarze Auge“, obwohl es auch ein Fantasy-Rollenspiel ist. Die beiden eben genannten Rollenspiele sind sich so ähnlich, dass kaum Motivation besteht, beide zu spielen. Das ist bei „Die Hohen“ anders.

Der Faktor eines so genannten Erzählspiels ist durch die vergütete Beschreibung der Aktionen relativ hoch und daher auch für erfahrene „Recken“ allemal noch eine Herausforderung. Also: Wer schon immer mal seine Lieblinge aus Mangas und Anime-Filmen in ein Rollenspiel übertragen wollte, hat nun die Gelegenheit dazu.