Christian White – Das andere Mädchen

Inhalt

Kim Leamy, Fotografin aus Melbourne, wird aus heiterem Himmel von einem Fremden angesprochen, der Unglaubliches erzählt: Er behauptet, ihr wirklicher Name sei Sammy Went und sie sei vor 28 Jahren in einer Kleinstadt in Kentucky entführt worden. Kim hält das für einen schlechten Scherz oder eine Verwechslung, hat sie doch hier in Australien eine geborgene Kindheit verbracht. Und doch bleiben Zweifel. Zweifel, die Kim schließlich in Sammys kleine Heimatstadt in den USA führen: in eine beklemmende Welt von religiösem Fanatismus und dunklen Geheimnissen. Die Wahrheit, die Kim dort findet, ist verstörend – und tödlich … (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Aufgrund des flüssigen, unterhaltsamen Schreibstils war ich sofort in der Geschichte drin. Der Autor versteht es die Eigentümlichkeiten der Charaktere atmosphärisch in das Geschehen einzuflechten. Darüber hinaus entwickelt die ausgeklügelte Dramaturgie eine regelrechte Sogwirkung, denn Kims Recherchen in der Gegenwart und die Ereignisse um das Verschwinden der zweijährigen Sammy in der Vergangenheit, laufen quasi symmetrisch ab. Das, sich sukzessive andeutende Gesamtbild, macht „Das andere Mädchen“ spätestens ab der zweiten Hälfte zum absoluten Pageturner!

Die Kapitel finden abwechselnd heute und damals statt, zudem gibt es zwei Blickwinkel: Die Ich-Perspektive der Protagonistin in der Gegenwart sowie die des allwissenden Erzählers in der Vergangenheit. Zu Beginn lernen die Leser*innen Kim und Familie in Australien kennen. Später lernt Kim ihre Familie in Kentucky kennen und zum Ende hin prallt die Verbindung zwischen beiden, in einer erschütternden Mischung aus Zufall, Pech, Glück, Grausamkeit sowie Gnade, aufeinander – die Bestandteile von Sammys Schicksal…

In der amerikanischen Heimatstadt von Sammy, in den 1980er Jahren, geht es ziemlich trostlos zu: Religiöse Fundamentalisten, demoralisierte Kleinkriminelle und frustrierte Teenager geben den Ton an. Doch dann wendet sich das Blatt unversehens: der gesunde Menschenverstand bricht sich Bahn, Liebe und Mut entfachen eine enorme Risikobereitschaft, außerdem entpuppt sich ein lange gehegtes Schuldgefühl als Problem und Lösung gleichermaßen.

Der Autor führt mit durchdringender Menschenkenntnis und herrlich sarkastischem Humor in das Innenleben der interessanten Protagonistin. Kim ist hart im Nehmen und verletzlich zugleich. Bei ihren Nachforschungen in Sammys Heimatort muss sie viele frustrierende bis unerträgliche Wahrheiten aushalten, die sich auf ihre geistige sowie körperliche Verfassung auswirken. Sie taucht jedoch ohne Rücksicht auf Verluste, fast zwanghaft, immer tiefer in den Abgrund aus religiösem Wahn, frommer Boshaftigkeit und tödlichem Fanatismus.

Der Autor

Der gebürtige Engländer Christian White ist ein international ausgezeichneter Drehbuchautor. Sein Romandebüt »Das andere Mädchen« wurde in seiner australischen Wahlheimat zum Überraschungsbestseller, die Film- und Übersetzungsrechte wurden über Nacht verkauft. Christian lebt mit seiner Frau in Melbourne. (Verlagsinfo)

Fazit:

„Das andere Mädchen“ ist ein komplexer, raffiniert konstruierter Psychothriller mit authentischen Charakteren, geschickt verteilten Cliffhangern sowie ergreifenden Überraschungen. Christian Whites Schreibstil ist grandios: locker leicht, geistreich, nuanciert und eindringlich. Dieses Debüt überzeugt mich auf ganzer Linie – eine eindeutige Empfehlung für Fans von Spannungsromanen!

Klappenbroschur: 448 Seiten
Originaltitel: The Nowhere Child
Aus dem australischen Englisch von Conny Lösch
ISBN-13: 978-3-442-48792-9

www.randomhouse.de

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