Clive Barker – Das fünfte Buch des Blutes. Horror-Erzählungen

Das Grauen irdischer Götter

Im „Fünften Buch des Blutes“ treten irdische Götter auf, die Verkörperungen von Ideen und Prinzipien sind, wie etwa dem der Sünde. Mit seinen sechs „Büchern des Blutes“ hat der britische Superstar des Horrors, Clive Barker, moderne Klassiker des Unheimlichen geschaffen. Am besten bekannt bei uns ist er für seine „Hellraiser“-Filme. Einige der Erzählungen aus den „Büchern des Blutes“ wurden ebenfalls verfilmt.

Die in diesem Band enthaltenen Erzählungen sind:

1. Das Verbotene
2. Die Madonna
3. Babels Kinder
4. Leibhaftig

Der Autor

Clive Barker, 1952 in Liverpool geboren, ist der Autor von bislang 18 Büchern, darunter die sechs „Bücher des Blutes“. Sein erstes Buch für Kinder trägt den Titel „The Thief of Always“ (Das Haus der verschwundenen Jahre). Er ist darüber hinaus ein bekannter bildender Künstler, Filmproduzent und -regisseur („Hellraiser 1“) sowie Computerspiel-Designer. Er lebt in Beverly Hills, Kalifornien, mit seinem Lebenspartner, dem Fotografen David Armstrong, und ihrer Tochter Nicole.

Literarische Werke (Quelle: Wikipedia.de)

Books of Blood, Volume I, Sphere 1984, ISBN 0-7221-1412-5
Das erste Buch des Blutes, Droemer Knaur 1987, ISBN 3-426-19185-7
Books of Blood, Volume II, Sphere 1984, ISBN 0-7221-1413-3
Das zweite Buch des Blutes, Droemer Knaur 1987, ISBN 3-426-19208-X
Books of Blood, Volume III, Sphere 1984, ISBN 0-7221-1414-1
Das dritte Buch des Blutes, Droemer Knaur 1988, Übersetzer Peter Kobbe, ISBN 3-426-19229-2
Books of Blood, Volume IV, Sphere 1985, ISBN 0-7221-1373-0
Das Vierte Buch des Blutes, Droemer Knaur 1991, Übersetzer Peter Kobbe, ISBN 3-426-01849-7
Books of Blood, Volume V, Sphere 1985, ISBN 0-7221-1374-9
Das Fünfte Buch des Blutes, Droemer Knaur 1991, Übersetzer Peter Kobbe, ISBN 3-426-01850-0
Books of Blood, Volume VI, Sphere 1985, ISBN 0-7221-1375-7
Das Sechste Buch des Blutes, Droemer Knaur 1991, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 3-426-01851-9

The Damnation Game, Weidenfeld & Nicolson 1985, ISBN 0-297-78789-6
Spiel des Verderbens, Droemer Knaur 1987, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 3-426-01800-4

Weaveworld, Collins 1987, ISBN 0-00-223254-5
Gyre, Heyne 1992, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 3-453-05337-0

Cabal, Poseidon Press 1988, ISBN 0-671-62688-4
Cabal, Heyne 1989, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 3-453-03626-3

The Great and Secret Show: The First Book of „The Art“, Collins 1989, ISBN 0-00-223453-X
Jenseits des Bösen, Heyne 1990, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 3-453-04231-X

The Fifth Dominion, HarperCollins 1991, ISBN 0-06-017922-8
Imagica, Heyne 1994, Übersetzer Andreas Brandhorst, ISBN 3-453-08206-0

The Hellbound Heart, Fontana 1991, ISBN 0-00-647065-3
Das Tor zur Hölle : „Hellraiser“, Heyne 1992, Übersetzerin Ute Thiemann, ISBN 3-453-05291-9

The Thief of Always, HarperCollins 1992, ISBN 0-06-017724-1
Das Haus der verschwundenen Jahre, Heyne 1995, Übersetzerin Eva L. Wahser, ISBN 3-453-08699-6

Everville: The Second Book of „The Art“, HarperCollins (UK) 1994, ISBN 0-00-223985-X
Stadt des Bösen, Heyne 1995, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 3-453-08914-6

Incarnations – Three Plays by Clive Barker, HarperPrism 1995, ISBN 0-06-105244-2
Offenbarungen

Sacrament, HarperCollins 1996, ISBN 0-06-017949-X
Das Sakrament, Heyne 1999, Übersetzer Thomas Hag, ISBN 3-453-13698-5

Forms of Heaven – Three Plays by Clive Barker, HarperPrism 1996, ISBN 0-06-105270-1
Galilee – A Romance, HarperCollins (UK) 1998, ISBN 0-00-223560-9
Galileo, Heyne 2000, Übersetzerin Waltraud Götting, ISBN 3-453-17425-9

The Essential Clive Barker: Selected Fiction, HarperCollins (UK) 1999, ISBN 0-00-224725-9
Coldheart Canyon – A Hollywood Ghost Story, HarperCollins 2001, ISBN 0-06-018297-0
Coldheart Canyon, Heyne 2004, Übersetzer Peter Robert, ISBN 978-3-453-87959-1

Abarat, HarperCollins (UK) 2002, 0-00-225952-4
Abarat, Heyne 2004, Übersetzer Karsten Singelmann, ISBN 978-3-453-00092-6

Abarat: Days of Magic, Nights of War, HarperCollins (UK) 2004, ISBN 0-00-710045-0
Abarat – Tage der Wunder, Nächte des Zorns, Heyne 2005, Übersetzer Karsten Singelmann, ISBN 978-3-453-00127-5

Visions of Heaven and Hell, Rizzoli New York 2005, ISBN 0-8478-2737-2 (Artbook)
The Adventures of Mr Maximillian Bacchus and His Travelling Circus, Bad Moon Books 2009, ISBN 978-0-9821546-1-8
Mister B. Gone, Harper Voyager (UK) 2007, ISBN 978-0-00-726261-8
Fahr zur Hölle, Mister B., Festa 2014, Übersetzer Joachim Körber, ISBN 978-3-86552-295-5

Abarat: Absolute Midnight, Joanna Cotler Books / HarperCollins 2011, ISBN 978-0-06-029171-6
Abarat – In der Tiefe der Nacht, Heyne 2011, Übersetzer Falk Behr, ISBN 978-3-453-00128-2

The Painter, the Creature, and the Father of Lies, Earthling Publications 2011, ISBN 978-0-9795054-4-7 (Sammlung von nicht-fiktionalen Prosatexten Barkers, z. B. Vorworte für diverse Bücher)

The Scarlet Gospels, St. Martin’s Press 2015, ISBN 978-1-250-05580-4
Das scharlachrote Evangelium, Festa 2015, Übersetzerin Claudia Rapp, ISBN 978-3-86552-379-2

Filmografie (Auswahl)

Regie

1973: Salomé (Kurzfilm)
1978: Forbidden (Kurzfilm)
1987: Hellraiser – Das Tor zur Hölle (Hellraiser)
1990: Cabal – Die Brut der Nacht (Nightbreed)
1995: Lord of Illusions

Drehbuch

1973: Salomé (Kurzfilm)
1978: Forbidden (Kurzfilm)
1985: Underworld
1986: Rawhead Rex
1987: Hellraiser – Das Tor zur Hölle (Hellraiser)
1987: Geschichten aus der Schattenwelt (Tales from the Darkside, Fernsehserie, Episode: The Yattering and Jack)
1988: Hellraiser II – Hellbound (auch Executive Producer)
1990: Cabal – Die Brut der Nacht (Nightbreed)
1992: Candyman’s Fluch (Candyman, auch Executive Producer)
1995: Candyman 2 – Die Blutrache (Candyman: Farewell to the Flesh, auch Executive Producer)
1997: Quicksilver Highway (Stephen King’s Quicksilver Highway, eine Episode)
2002: Saint Sinner (Clive Barker’s Saint Sinner, Fernsehfilm, auch Executive Producer)
2006: Masters of Horror (Fernsehserie, Episoden Valerie on the Stairs und Haeckel’s Tale)
2008: The Midnight Meat Train (auch Produzent)

Produktion

1992: Hellraiser III (Executive Producer)
1996: Hellraiser IV – Bloodline (Executive Producer)
2006: Clive Barkers Die Seuche (The Plague)
2008: Clive Barker’s Book of Blood (Book of Blood)
2009: Dread

Die Erzählungen

Die vorletzte Ausgabe der „Bücher des Blutes“ enthält vier längere Erzählungen. Eröffnet wird der Reigen mit dem Gewinner des British Fantasy Awards 1986, „Das Verbotene“ (The Forbidden). Die Story wurde verfilmt.

1) Das Verbotene

Von den Bewohnern der Betonsilos der Spector Street hört die Soziologiestudentin Helen von den blutrünstigen Verbrechen in einer heruntergekommenen Trabantenstadt. Sie stößt auf Wandmalereien, die einen furchtbaren Gott zu verehren und darzustellen scheinen. Er ist den Einwohnern hier als „Candyman“ bekannt, ein Mann mit einem Haken anstelle einer Hand. Rätselhafte Morde könnten mit ihm zusammenhängen.

Immer faszinierter geht Helen dem Geheimnis nach, denn keiner ihrer Freunde glaubt ihren Erzählungen von ihren unheimlichen Erlebnissen und Begegnungen. Sie dringt in die verstockten, verängstigten Bewohner, die ihnen auch bereitwillig alle möglichen Stories auftischen – so erscheinen sie wichtig. Da Helen am Candyman zweifelt, stellt er ihr seine Existenz unter Beweis – sie wird selbst zum Ziel des Hakens. Anders als in der Filmversion lässt sich Helen jedoch widerstandslos von diesem irdischen Gott festhalten, als zu Ehren von Guy Fawkes die Bewohner einen großen Holzstoß anzünden, indem sie sich befindet. Ihre letzten Blicke gelten ihrem Freund, der sie sucht, obwohl er ihr nie geglaubt hatte.

2) Die Madonna

Was für ein Wesen haust im verlassenen, baufälligen Schwimmbad in der Londoner Leopold Road? Unheimliches geht dort vor, als ein skrupelloser Geschäftsmann den Bau unter die Lupe nehmen will, während sein Führer, ein Kleinganove, sich im Labyrinth der Gänge verirrt: Der Geschäftsmann, eine Art Bau-Mafioso, wird von nackten Mädchen immer weiter in die Mitte der spiralförmig angelegten Korridore gelockt, bis er eine schicksalhafte Begegnung hat, die ihn verändert: Eine amöbenhafte Urmutter, die „Madonna“, setzt ihre übersinnlichen Kräfte ein, um die beiden Pechvögel auf unvorhersehbare Weise zu verwandeln.

Doch während sich der kleine Gauner mit seiner Geschlechtsumwandlung zufriedengibt (zum Entsetzen seiner Freundin), so kann doch der Mafioso und Weiberheld seinem Frausein durchaus nichts Positives abgewinnen und bringt sich lieber um.

3) Babels Kinder

„Babels Kinder“ ist keine Horrorstory, sondern eine leichte Farce, mit unheimlichem Aspekt. Wie konnte der globale Holocaust seit Jahrzehnten vermieden werden? Barker hat für seine Leser eine überraschende Antwort parat. In der Abgeschiedenheit der griechischen Ägäis wacht seit 1962, also seit der Kuba-Krise, eine geistige und moralische Elite von 13 mehr oder weniger „hellen Köpfen“ über die Welt. Diese treffen die Entscheidungen, die die scheinbar Herrschenden, die mit ihrer persönlichen Machtentfaltung überbeschäftigt sind, ausführen.

Doch jedes System baut ab, und diese Dreizehn vergreisen zunehmend. Und so veranstalten sie Froschrennen, um über Wohl und Wehe der Nationen zu entscheiden. Als Vanessa den übriggebliebenen Weltlenkern zur Flucht verhilft, kommt es zu einer Weltkrise. Was tun? Die Geflohenen sind mit ihrem Auto von der Klippe gestürzt und alle, bis auf Vanessa, ertrunken – ein schöner Tod. Doch wer springt für sie ein?

4) Leibhaftig

„Leibhaftig“ (In the Flesh) ist die eindrucksvollste Novelle dieses Quartetts und mit über 50 Seiten auch die längste. Als der Häftling Cleveland Smith, ein Kleinganove, den schmächtigen Billy Tait als Zellengenossen und Schützling zugewiesen erhält, ist der ihm gleich nicht ganz geheuer, erkundigt er sich doch nach dem Grab von Cleves Großvater, der vor 60 Jahren hier gehängt worden war.

Als ihn seine Träume in die Totenstadt der Mörder versetzen, wo er Tait senior begegnet, beginnt Cleve zu begreifen, wie der Kreislauf des Bösen die Übeltäter immer wieder auf die Welt loslässt, und welche Gefahr Billy droht: Der Senior will sein Leben zurückhaben, und er will das von Billy. Doch wie kann man gegen Traumwesen, mögen sie auch noch so real sein, bestehen? Eine wahrhaft grauenhafte Nacht folgt dieser Erkenntnis.

Unterm Strich

Klar charakterisierte Personen, eine abgeschlossene, in sich plausibel aufbauende Handlung, ein folgerichtiger und doch überraschender Schluss, schnörkellos auf den Punkt geschrieben, aufrüttelnd, provokant – das sind die Kennzeichen von Barkers Kurzgeschichten.

Anders als in den blutigeren zwei ersten Bänden entfaltet hier Barkers Kunst ihren Horror-Kitzel erst allmählich und subtiler. Es ist der Schauder, den Betonhochburgen und Gefängniszellen erzeugen. Der urbane Horror dieser irdischen Götter ist in den düsteren Ecken zu Hause, wohin das Licht der Öffentlichkeit nicht fällt – in der Vernachlässigung, am Rande, im Vergessen, in der Verdrängung: in verfallenden Wohnblöcken und Schwimmanstalten, auf abgelegenen Ägäis-Inseln, in den Zellen der Gefängnisse.

Die irdischen Götter: Das sind Verkörperungen der Urmutter und des Ozeans („Die Madonna“), das sind senile Weltenlenker („Babels Kinder“), das sind die Geister des Bösen bzw. Verkörperungen der Sünde („Leibhaftig“) und schließlich der ganz moderne, weit verbreitete Gott: die Fiktion. Denn Fiktion, die Geschichte, das ist die Grundlage, das Lebensblut für die Medien, die Sensationspresse. Erst als ein Mord im Wohnblock des Candyman geschieht, kommt Leben in die Bude und interessieren sich die Medien dafür. Die Fiktion erschafft auch den Glauben an den Candyman – doch wer seine Existenz bezweifelt, muss sterben. – Das sollte uns einiges sagen über unsere Zeit.

Taschenbuch: 272 Seiten
Originaltitel: Books of Blood Vol V, 1985.
Aus dem Englischen von Peter Kobbe.
ISBN-13: 9783426018507

www.droemer-knaur.de

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)