Max Allan Collins – CSI Miami: In der Hitze der Nacht

In Miami tötet ein Unbekannter planmäßig prominente Gangleader und löst damit einen Bandenkrieg aus, den er durch weitere Morde immer wieder anheizt. Horatio Caine und die Spezialisten vom CSI-Team bemühen sich verzweifelt, die wenigen Indizien zu einer Spur zum Täter zusammenzusetzen. Erste Hinweise deuten auf einen Verräter in hohen Polizeikreisen, was die Arbeit zusätzlich gefährlich werden lässt … – Krimi nach der erfolgreichen TV-Serie „CSI Miami“: kein drittklassiger Drehbuch-Verschnitt, sondern ein eigenständiger ‚Fall‘, verfasst von einem Genreprofi, der den Ton des Originals trifft und seine Leser zu unterhalten vermag.

Das geschieht:

Standesgemäß und spektakulär kommt Kurt Wallace zu Tode: Aus einem fahrenden Auto erschießt man Miamis berüchtigten Bandenchef mit einem Sturmgewehr. Acht weiteren Menschen, meist Unbeteiligte, kostet der Anschlag das Leben. Droht ein Machtkampf unter organisierten Verbrechern in einen Bandenkrieg auszuarten? Das Gleichgewicht des Schreckens unter den Gangs der Stadt ist ohnehin labil. Ein Vorfall wie dieser könnte leicht die Lunte zu zünden. Die Polizei will dies unbedingt verhindern. Deshalb muss der Schuldige rasch gefunden werden.

Da dieser scheinbar keine Spuren am Tatort hinterlassen hat, geht das beste Team der Crime Scene Investigation, kurz CSI genannt, unter Lieutenant Horation Caine von der Miami Dade Police an seine schwierige Arbeit. Während Feuerwaffenexpertin Calleigh Duquesne zusammen mit ihren Kollegen Tim Speedle und Eric Delko mit modernster kriminalistischer Technik und Alexx Woods in der Pathologie Indizien sichern, sieht sich Caine rasch den üblichen Zuständigkeitsquerelen zwischen verschiedenen Bundesbehörden ausgesetzt. Da der Mord an acht Menschen von den Medien ausgeschlachtet wird, drängen sich außerdem Karrieristen und kommunale Politiker in die Ermittlungen, um sich als möglichst tatkräftige Volksvertreter zu profilieren.

Unter ihnen sticht der ehrgeizige Bezirksbundesanwalt Kenneth LaRussa hervor. Gleichzeitig gehört er zu den Verdächtigen: Die CSI-Gruppe findet heraus, dass die Tatwaffe eigentlich im Beweismitteldepot seiner Behörde liegen müsste, nachdem sie im Rahmen eines früheren Verbrechens konfisziert wurde. Dort findet man sich auch. Wie kam sie aus dem Depot und nach der Mordattacke wieder hinein? Ist etwa Korruption im Spiel? Der Verdacht erhärtet sich, als der unbekannte Mörder gezielt und immer wieder zuschlägt …

Vom Fernsehen ins Buch: Transfer gelungen

Seit 2002 jagte es für das Fernsehen im US-Sonnenstaat Florida mit Köpfchen, Reagenzglas & Superkleberdampf fast perfekte Mörder: das Team der „CSI Miami“, ein Spin-Off der ungemein erfolgreichen Serie „CSI Las Vegas“ (seit 2000), die noch weitere Ableger bekam. Das Konzept der Serien war grundsätzlich identisch: Mit modernstem Methoden der Ermittlungstechnik und der Gerichtsmedizin werden Verbrechen geklärt, die zunächst unter die Kategorie ‚unlösbar‘ fallen. Angelehnt an den aktuellen Stand der Wissenschaft (wobei dieser TV-gerecht angehoben bzw. auch ignoriert wird, wenn es der Story nützt), verpackt in schnelle, bunte Bilder und besetzt mit gut kooperierenden Darstellern, fanden die spannenden Storys lange ein begeistertes Publikum.

Dieses Potenzial wurde selbstverständlich für Zusatzgeschäfte genutzt. Es gab u. a. CSI-Games, CSI-Comics – und CSI-Romane. Diese „tie-ins“ weisen eine beachtliche Qualität auf. Normalerweise fabrizieren No-Name-Schreiberlinge möglichst billig „Bücher zum Film“, die als Verbrauchsware mit frühem Verfallsdatum gelten. Der CSI-Serien hat sich mit Max Allan Collins jedoch ein ungemein professioneller und mit eigenen Werken bekannt und erfolgreich gewordener Thrillerautor angenommen.

„CSI Miami: In der Hitze der Nacht“ ist zwar kein ‚guter‘ Krimi, aber eben auch kein TV-Abfallprodukt. Collins hat sich gut in die Materie eingearbeitet. Der gelungene Plot hält sich dicht an das oben skizzierte Konzept. Die aus dem Fernsehen bekannten Figuren erkennt man sofort wieder; ein wichtiger Aspekt für die Leser eines „tie-ins“. Mit ihren schnellen, aber nicht übertriebenen Sprüngen erinnert die rasante Handlung an den Schnittstil der TV-Vorlage. Man liest quasi eine nicht verfilmte „CSI Miami“-Episode und kann die Bilder sehr gut vor dem geistigen Auge selbst ablaufen lassen.

Gelesen wie gesehen: So soll es sein!

Die meisten Verfasser von „tie-in“-Romanen stören sich nicht an den Beschränkungen, die ihnen das Genre auferlegt: Sie sind in ihrer schriftstellerischen Freiheit deutlich eingeschränkt. Die Figuren müssen in Verhalten und Sprache ihrem Kino- oder TV-Pendant entsprechen. Abweichungen – zu denen auch eigene Einfälle zählen – führen leicht zu Irritationen. Ein weiteres Problem liegt in der Tatsache, dass Film und Buch zwei unterschiedliche Medien sind. Film rafft ein Geschehen, das im Buch beschrieben werden muss. Collins beherrscht die Kunst, Drehbuchlücken mit eigenen Inhalten zu füllen, ohne dass diese auf das CSI-typisch hohe Handlungstempo drücken.

Größer ist der Spielraum für die Charakterisierung von Nebenfiguren, wobei natürlich die Crux darin besteht, dass sich die Leser primär für das CSI-Team interessieren. Die bekannten Wesenszüge (und Macken) der einzelnen Hauptpersonen weiß Collins geschickt zu vertiefen, ohne das TV-Konzept (oder Korsett) zu sprengen. Horatio Caine wirkt sogar authentischer als im Fernsehen, weil Collins jenen Manierismus unberücksichtigt lässt, der den Schauspieler David Caruso penetrant zur Seite und ins Leere starren lässt, wenn er mit einem Verdächtigen spricht und bedeutungsschwanger wirken möchte.

Kein Wunder, dass Collins seine Helden am liebsten dort zeigt, wo sie auch die Fans gern sehen: bei der Arbeit. Leider wirken die oft verblüffenden (oder verblüffend gut erfundenen) Methoden der Spurensicherung in der Beschreibung nicht immer so überzeugend wie im Fernsehen. Collins kompensiert dies, indem er dosiert Hintergrundinfos zur jeweils eingesetzten Methode einfließen lässt. Auch das gelingt nicht immer harmonisch, d. h. wirkt manchmal aufgesetzt, aber in der Regel funktioniert es. Zudem beherzigt der Verfasser eine Fernseh-Grundregel: Gib‘ dem Spektakulären stets den Vorzug vor der Logik! Also trägt Calleigh Duquesne ein AK-47-Sturmgewehr in ein Schwimmbad, um es dort zu Testzwecken ins Wasser abzufeuern. So kennt man es, so will man es, so bekommt man es; keine Klagen seitens des Lesers. Den Schwarzen Peter darf man getrost jenem Unglückswurm zuschieben, der (oder die) den Einfall hatte, den Originaltitel „Heat Wave“ ausgerechnet mit „In der Hitze der Nacht“ zu ‚übersetzen‘.

Autor

Max Allan Collins wurde 1948 in Muscatine, US-Staat Iowa, geboren. Er entwickelte ein ausgeprägtes Interesse an Comics, entdeckte aber auch seine Liebe zur Populärkultur: zum Thriller, zur Musik, zum Fernsehen und für den Film. Collins beschloss schon früh, selbst schriftstellerisch aktiv werden. Sechs Romane verfasste der junge Mann während der High School; sie blieben alle unveröffentlicht.

In den ersten beiden Jahren als Student arbeitete Collins als Reporter. Ab 1971 unterrichtete er Englisch an einem College. 1977 gab er dies auf und etablierte sich als freier Schriftsteller. Sechs Jahre zuvor hatte er seinen ersten Roman verkauft: „Bait Money“ (dt. „Köder für Nolan“) wurde zugleich das Debüt seines ersten Serienhelden Nolan, der als professioneller Dieb ständig mit der Polizei wie mit der Unterwelt in Konflikt gerät. 1975 schuf Collins den Privatdetektiv Nathan Heller. Eigentlich als Held (nie realisierten) Comic-Serie geplant, erlebte Heller 1983 mit „True Detective“ (dt. „Chicago 1933“) seinen eindrucksvollen ersten Auftritt. Wie selten zuvor im Genre gelang Collins die Einbettung des klassischen Schnüfflers in das historische Umfeld der frühen 1930er Jahre.

Im Comic-Bereich feierte Collins erste Erfolge als Texter für den Klassiker „Dick Tracy“, der seit 1931 läuft. Collins führte die Serie an ihre Ursprünge zurück und zu neuem Ansehen. Er textete auch für „Batman“ und schuf mit dem Zeichner Terry Beatty die erfolgreiche Comic-Serie „Ms. Tree“ um eine weibliche Privatdetektivin.

Die Schaffenskraft des fleißigen Schriftstellers ist mit den beschriebenen Aktivitäten längst nicht erschöpft. Max Allan Collins schreibt und spielt seit den 1970er Jahren Rockmusik und gehörte verschiedenen Bands an, die (kleinere) Erfolge verzeichnen konnten. Im Film war er als Drehbuchautor („A Matter of Principa“, 2003), Produzent und Regisseur (u. a. für die Independant-B-Thriller „Mommy“, 1995, und die Fortsetzung „Mommy’s Day“, 1997) aktiv. Zu seinen Erfolgen gehört auch die Graphic Novel „The Road to Perdition“ (1998), die in das Drehbuch zum gleichnamigen Film einfloss.

Gebunden: 304 Seiten
Originaltitel: C.S.I. Miami: Heat Wave (New York : Pocket Books/Simon & Schuster, Inc. 2004)
Übersetzung: Frauke Meier u. Antje Görnig

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