Susan Cooper – Die Mächte des Lichts (Wintersonnenwende #5)

Kristallschwert und Fischerkönig

Will, einer der Uralten, und Bran, der Junge aus Wales, reisen durch Raum und Zeit. Sie sind auf der Suche nach dem Kristallschwert des Lichts. Nur mit dieser mächtigsten Waffe des Guten kann Bran das Erbe seines Vaters Artus antreten. Am Baum der Sommersonnenwende treffen alle Gefährten des Lichts zusammen, denn das Böse rüstet zur endgültigen Schlacht … (Verlagsinfo)

In Cornwall, wo die Mythen um König Artus wurzeln, schrecken die Kräfte der Finsternis vor nichts zurück, um die Mächte des Lichts für immer zu besiegen. Gemeinsam mit den Mächten des Lichts und ihren Gefährten Will und Bran nehmen die Geschwister Jane, Barney und Simon den Kampf gegen das Böse auf.

Will und Bran reisen durch Raum und Zeit auf der Suche nach dem Kristallschwert des Lichts. Nur mit ihm, der mächtigsten Waffe der Guten, kann Bran das Erbe seines Vaters Artus antreten. Am Baum der Sommersonnenwende treffen alle Gefährten des Lichts zusammen, denn das Böse rüstet zur endgültigen Schlacht … (verlagsinfo)

Das Buch ist ab 12 Jahren zu empfehlen. Die Verfilmung von Band zwei soll am 11. Oktober 2007 unter dem Titel „Wintersonnenwende“ in unsere Kinos kommen.

Die Autorin

Susan Cooper, geboren 1935, stammt aus der englischen Grafschaft Buckinghamshire und hat schon sehr früh mit dem Schreiben begonnen. Nach ihrem Studium in Oxford arbeitete sie als Redakteurin, brachte es zur ersten weiblichen Herausgeberin des Oxford University Newspaper und arbeitete dann sieben Jahre für die Sunday Times (wo ihr erster Chef der James-Bond-Erfinder Ian Fleming war). 1963 zog sie in die Vereinigten Staaten. Sie ist mit einem amerikanischen Wissenschaftler verheiratet, hat fünf Kinder (zwei eigene und drei Stiefkinder aus der ersten Ehe ihres Mannes) und lebt in der Nähe von Boston, Neuengland. Sie hat zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht.

Der Zyklus der Wintersonnenwende umfasst folgende Bücher:

1) Bevor die Flut kommt (1965)
2) Wintersonnenwende (1973)
3) Greenwitch (1974)
4) Der Graue König (1975)
5) Die Mächte des Lichts (1977)

Die Weissagung

Dies ist die Weissagung, an die sich Will erst nach Tagen erinnern wird und die er aus dem Buch Gramarye auswendig gelernt hat, bevor es zerstört wurde:

Am Tage der Toten, wenn auch das Jahr stirbt,
Muss der Jüngste die ältesten Berge öffnen,
Durch die Tür der Vögel, wo der Wind sich bricht.
Feuer wird flammen von dem Raben-Jungen,
Und die Silberaugen, die den Wind sehen,
Und das Licht wird finden die Harfe aus Gold.

Am freundlichen See liegen die Schläfer,
Auf Cadfans Weg, wo der Turmfalke ruft;
Wohl wirft grimmige Schatten der Graue König,
Doch singend wird sie die goldene Harfe leiten,
Sie weckt sie auf und heißt sie reiten.

Wenn Licht vom verlorenen Land erstrahlt,
Werden sechs Schläfer reiten, sechs Zeichen brennen,
Und dort, wo der hohe Mittsommerbaum wächst,
Wird die Finsternis fallen durch Pendragons Schwert.

Handlung

Will Stanton ist, obwohl erst zwölf Jahre alt, als einer der Uralten geboren worden, ein Hüter des Lichts gegen die Finsternis. In den letzten Monaten musste er zusammen mit seinem Mentor Merriman (auch bekannt als Merlin) und den drei Drew-Geschwistern Simon, Jane und Barney mehrere Kämpfe gegen die Finsternis bestehen. Die Mächte der Finsternis rüsten zum letzten Kampf gegen das Licht, doch Will hat die sechs Zeichen der Macht zusammentragen und sicher verstecken können.

Die Anzeichen mehren sich jedoch, dass die Finsternis zum letzten Schlag gegen die Uralten ausholt. Das Auftauchen von großen Iltissen, die aus purer Lust töten, in seiner Heimat ist eine ernste Warnung, das Auftreten von Rassismus unter den Menschen eine weitere. Merriman erscheint ihm und fordert ihn auf, die sechs Zeichen der Macht zu holen. Da die Uralten sich zwischen allen Zeiten mühelos fortbewegen können, sind die Zeichen schnell aus der Konstruktion eines britannischen Amphitheaters der Römer geholt.

Wohin jetzt? Wills Weg führt ihn nach Wales, wo er das Abenteuer gegen den Grauen König bestanden hat. Hier begrüßt er mit seinem rufenden Horn nicht nur die drei Drew-Geschwister, sondern auch Bran Davies, den Abkömmling König Arthurs, den Pendragon. Auch Bran kann zwischen den Zeiten reisen. Eine Weissagung führt die Sechs zu den richtigen Orten in Wales: „Die Berge singen und die Dame kommt“.

Doch unversehens pflegt das Böse zuzuschlagen. Jane kann sich gerade noch vor einem Urzeitwesen retten, das aus einem kleinen Bergteich emporschießt. Es will unbedingt wissen, was ihr die Dame gesagt hat, die ihr kurz zuvor erschienen ist. Doch Will und Bran bewahren die Nerven und bezwingen das Monster, das wieder verschwindet.

Die Berge sehen wieder friedlich aus, doch die Sechs wissen, dass der Schein trügt. Die Schlacht hat bereits begonnen, auch in Wales. Überall erhaschen sie Blicke auf Wiesel und Iltisse, genau wie in Wills Heimat. Als sie an die Küste gelangen, erblicken sie einen weiteren Teil der Weissagung: Das Verlorene Land. Hier verschwinden Bran und Will einfach auf einer Straße ins Licht, die sich sodann in Nichts auflöst. Na toll, und was sollen sie ohne die beiden anstellen?

Die Frage beantwortet sich von selbst, als im Hafen der nächsten Stadt ihr Großonkel Merriman auftaucht. Und wo Merriman ist, gibt es immer was zu tun. Unterdessen sind Will und Bran im Verlorenen Land unterwegs, um das mächtige Schwert des Lichts zu holen. Sie müssen nicht gegen den wachsenden Widerstand der Finsternis ankämpfen, sondern auch gegen den Hüter des Schwertes.

Mein Eindruck

„Wo der hohe Mittsommerbaum wächst, wird die Finsternis fallen durch Pendragons Schwert“, lautet die Prophezeiung. Doch erst einmal muss das Schwert in einer langwierigen Mission errungen werden. Und wer sagt denn, dass Bran überhaupt der Pendragon ist und das Recht hat, das Schwert zu führen? Und wo steht dieser Mittsommerbaum eigentlich? Alle diese Fragen müssen erst einmal beantwortet werden, bevor es zu einem guten Abschluss der Abenteuer von Will Stanton und der Drew-Kinder kommen kann.

Weil dies der letzte Band des Zyklus „Wintersonnenwende“ ist, muss die Autorin mehrere vorher aufgebaute Handlungsmotive miteinander verknüpfen, gleichzeitig aber auch neue einführen, damit sich der junge Leser nicht langweilt. Das Ergebnis ist eine Aneinanderreihung von recht unterschiedlichen, disparaten Szenen, die der Leser zueinander in Beziehung setzen muss.

Der oben skizzierte erste Teil ist sicherlich der einfachste, denn er bietet nur wenige Schauplätze und wenig Personal, dessen Namen man sich merken muss. Klar ist: Die Sechs sind beisammen, und irgendwo im Hintergrund zieht Merriman die Fäden. Die Entscheidungsschlacht mit der Finsternis ist nahe, und daher ist mit einigen ungewöhnlichen Phänomenen zu rechnen.

Doch wer verbirgt sich in der Alten Dame, die Jane erscheint und dann am Ende wieder als eine Art Schiedsrichterin fungiert? Sie ist eine Repräsentantin der Hohen Magie. Warum sich die Hohe von der Alten Magie unterscheiden sollte, hat sich mir leider nicht erschlossen. Die Alte Magie ist jedenfalls in den Uralten lebendig, was sich ja schon aus dem Namen ergibt. Nur die Uralten können die Alte Magie der sechs Zeichen sammeln, aktivieren und gegen die Finsternis einsetzen. Offensichtlich gebieten die Uralten über die älteste Magie überhaupt: über die vier Elemente und die körperliche Gestalt der Dinge. Wo bleibt denn da die so genannte Hohe Magie?

Am besten stellt man sich Vertreter der Hohen Magie als eine Art Elben vor, wie sie Tolkien erfand. Sie sind Verkörperungen von Ideen wie Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe und können mit magischen Mitteln ins Weltgeschehen eingreifen. So tun es die Elben ja auch im [„Herrn der Ringe“. 1330 Mit ihrem Abzug aus Mittelerde überlassen sie das Schlachtfeld, auf dem sich das Licht und die Finsternis begegnen, den Menschen. Genauso geschieht es auch bei Susan Sooper: Die finale Schlacht am Mittsommerbaum bedeutet das Abdanken der Hohen Magie und die Übergabe der Macht an die Menschen.

Deshalb setzt die Hohe Magie im Kampf des Lichts gegen die Finsternis einfache Sterbliche wie den Waliser Bauern John Rowlands zum Schiedsrichter ein. Der arme Kerl hat darüber zu richten, wie der Kampf ausgehen soll. Dazu macht ihm die Finsternis ein verlockendes Angebot: die Rückkehr seiner Frau, die offensichtlich eine Dienerin der Finsternis ist. Doch vielleicht ist Rowlands viel zu sehr bodenständiger Waliser, um diesem windigen Angebot zu trauen. Er lehnt dankend ab, was einer Vorentscheidung gleichkommt.

|Das Verlorene Land|

Ich weiß nicht, woher Susan Cooper die Vorstellung vom Verlorenen Land hat. In den keltisch-mittelalterlichen Geschichten des „Mabinogion“ kommt sie meines Wissens nicht vor. Aber der König Gwyddno dürfte Wagner-Liebhabern vertraut sein. Die Idee eines versunkenen Landes, das dem ständigen Ansturm des Meeres erlegen und nun nur noch für bestimmte Besucher zugänglich ist, erinnert an die versunkene Stadt Vineta an der Ostseeküste. Dass hier etliche Schätze und Wunder zu erwarten sind, versteht sich von selbst.

In dem umfangreichen Buchteil über Das Verlorene Land, der wie ein Monolith die Mitte des Romans bestimmt, stoßen Will und Bran auf der Suche nach dem Kristallschwert des Lichts auf eine ganze Stadt, auf den legendären Magier-Seher-Sänger Taliesin und schließlich, verfolgt von Vertretern der Finsternis, auf den König Gwyddno in seinem einsamen Turm aus Glas. Der König hat das Kristallschwert einst nicht nur hergestellt, sondern hütet es auch nun in seinem Turm. Allerdings hat er jede Hoffnung verlorenen und ist unwillig, das Kristallschwert herauszurücken. (Man stelle sich den besessenen König Théoden in Edoras vor, bevor Gandalf ihn vom Sarumans Bann befreit.) Das Bemühen, das Schwert zu erlangen, stellt sich als schwieriger heraus als gedacht – und auch als folgenreicher und gefährlicher.

Dieser homogen erzählte Buchteil erinnerte mich mit seinem märchenhaften Schauplatz, der einsamen Stadt und dem Glasturm an die orientalische Welt, die sich der amerikanische Fantasyautor Lloyd Alexander für seinen Roman [„Drei Leben für Lukas Kasha“ 3359 (1978) und für seine Westmark-Trilogie (ab 1981) ausgedacht hat.

|Der Fischerkönig|

Die Bezeichnung des Glasturms ist mir aus keltischen Legenden und den [Pendragon-Romanen 929 Stephen Lawheads vertraut. Ynys Wethrin ist die mythische Insel, die in Sir Thomas Malorys Variante der Artuslegende vorkommt. Die „gläserne Insel“ entspricht Caer Wydyr, dem Turm aus Glas, und hier wohnt kein anderer als der Fischerkönig.

Ohne nun auf den gleichnamigen Film mit Jeff Bridges und Robin Williams einzugehen, so möchte ich nur auf die Identität des Fischerkönigs mit dem kranken König Amfortas eingehen, der in der Burg Montsalvasch (Berg der Rettung) auf Heilung seiner selbst und seines ebenfalls kranken Landes wartet. Der künftige Gralsritter Parzival braucht drei Anläufe, bis er kapiert, was von ihm verlangt wird: Er soll dem König eine wichtige Frage stellen und das Schwert, das ihm angeboten wird, annehmen. Als wunderschöne Jungfrauen eine goldene Schale (den Gral) hereintragen, greift er nicht zu. Sein Nichtstun veranlasst den Spuk zum Verschwinden.

Erst als Parzival beim dritten Mal alles richtig macht, die richtige Frage „Was fehlt dir?“ stellt, das Schwert und den Kelch nimmt, wird sowohl der König erlöst als auch das Land, mit dem er identisch ist, geheilt. Die Legende vom Fischerkönig ist eine der wichtigsten frühchristlichen Legenden, denn sie zeigt den König als Menschenfischer, als den sich Jesus Christus im Neuen Testament vorstellt. Bei Tolkien entspricht Aragorn am ehesten dem Fischerkönig, denn er ist in der Lage, Gefährten und Gefolgsleute um sich zu scharen sowie selbst dann, wenn die Lage verzweifelt ist, Hoffnung zu bringen. Sein Elbenname ist daher Estlin Elessar.

Dass der Fischerkönig ausgerechnet in Susan Coopers Fantasyroman auftaucht, erhöht einerseits die Qualität und den Bedeutungsgehalt des Romans. Andererseits rückt er ihren gesamten Zyklus in die Nähe eines nicht näher festgelegten Christentums, wie es auch der Katholik Tolkien in seinen „Herrn der Ringe“ einfließen ließ. Das Kristallschwert verkörpert innerhalb dieses Bezugsrahmen die Kraft eines starken Glaubens, die letzte Waffe der Hohen Magie, bevor das Zeitalter der Herrschaft der Menschen anbricht.

Die Übersetzung

Die Übersetzung von Karin Polz hat mir an manchen Stellen nicht behagt und mitunter sogar Kopfzerbrechen bereitet, etwas, was eigentlich bei einer guten Übersetzung nicht der Fall sein sollte. Ich zähle die wichtigsten Fehler einfach der Übersicht halber auf.

Seite 176: „Bran nickte mit dem Kopf“ – mit was denn sonst?

Seite 212: „Sie webten Wandteppiche“ statt „Sie woben Wandteppiche“ – anscheinend kommen unregelmäßige Verben stark außer Mode.

Seite 283/284: Auf Seite 283 stellt sich ein Barde als „Iob Goch“ vor. Eine Seite später heißt er dann „Iolo Goch“. Welcher Version soll der Leser glauben?

Seite 329: „Gestalten der Kreises“. Der Leser darf nun rätseln, ob es richtig „Gestalten des Kreises“ oder doch „Gestalten der Kreise“ heißen müsste.

Ich hoffe, dass solche Fehler in der kommenden Zyklus-Gesamtausgabe „Lichtjäger“ nicht mehr enthalten sind. Das können die Leser dann ja nachprüfen.

Unterm Strich

Obwohl der Leser die verschiedenartigen Buchteile erst zusammensetzen muss, kommt doch am Ende eine plausible und einleuchtende Aussage des Bedeutungsgehalts des Buches heraus. Die Autorin führt hier nichts anderes durch als eine Ablösung des Mythos durch den vom Glauben gestärkten Verstand. Dem Mythos verhaftet sich die Alte Magie, welche die Uralten handhaben, sowie die Hohe Magie, die die Verkörperungen der Ideen, wie die Alte Dame, handhaben. Sie danken zugunsten einer Herrschaft der freien Menschen ab.

Doch der Glaube, symbolisiert im Kristallschwert des Fischerkönigs, ist nicht nur eine unerlässliche Waffe in der Hand der Menschen, die mit dem freien Willen ausgestattet sind. Der Glaube ist auch ihre wichtigste Stütze im Kampf gegen die Versuchungen der Finsternis und soll sie daher vor Schaden bewahren. Wenn solche treu zueinander stehenden Kämpfer wie die Sechs sich in den Dienst der Sache des Lichts stellen, dann haben die Menschen nichts zu befürchten.

Dass ein Mensch über das Schicksal der Welt in freiem Willen entscheidet, fand ich einen sehr guten Einfall. Denn in Tolkiens „Herr der Ringe“ und [„Der kleine Hobbit“ 481 findet die finale Rettung weniger durch die Protagonisten selbst statt – obwohl der Ring der Macht vernichtet wird – als vielmehr durch durch die Adler. Im „Hobbit“ greifen sie quasi als Kavallerie der höheren Mächte ein, um das Blatt zu wenden, und im „Herrn der Ringe“ als Lufttaxi für Gandalf, als Kavallerie gegen Saurons Truppen am Schwarzen Tor und schließlich als Ambulanz für Frodo und Sam. Auf diese externe Himmels-Macht verzichtet Cooper völlig, und das macht sie mir als christliche Autorin wesentlich sympathischer als den Professor aus Oxford.

Die Übersetzung hätte deutlich besser sein können. Dass ein Leser über diverse Druck- und Stilfehler stolpert, kann wohl nicht ganz im Sinne der Autorin sein. Auch die Kenntnis der Vorgängerbände wird vorausgesetzt, da es keine Zusammenfassung der Vorgängerbände gibt.

Taschenbuch: 351 Seiten
Originaltitel: Silver on the Tree, 1977
Aus dem US-Englischen von Karin Polz
www.penguinrandomhouse.de

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)