ANDREA CREMER – Die Wächter (Nightshade 1)

Richelle Meads „Vampire Academy“-Serie mag zu Ende sein, aber Egmont-Lyx hat mit der „Nightshade“-Serie von Andrea Cremer eine Reihe begonnen, die Fans von Rose Hathaway ebenfalls begeistern dürfte. Die Hauptfigur in „Die Wächter“ jedenfalls ist ähnlich sympathisch.

Calla Tor ist eine Wächterin. Sie kann sich jederzeit in einen Wolf verwandeln und ihre Passion ist das Kämpfen. Die Wächter sind den Hütern unterstellt, die weitreichende Befugnisse haben. So können sie beispielsweise beschließen, wann sich ein neuer Clan gründet und wer wen heiratet.

Auch Calla ist bereits versprochen. Sie soll Ren Laroche ehelichen, den Sohn des Alphawolfs des verfeindeten Bane-Rudels. Sie stellt ihre Zukunft nicht in Frage, obwohl Ren ein ziemlicher Macho ist. Doch als sie den gut aussehenden Shay vor einem Bärenangriff rettet, gerät ihr Weltbild ins Wanken. Auf einmal ist sie sich nicht mehr so sicher, ob sie Ren überhaupt heiraten möchte, denn auch von Shay, der wenig später neu auf ihre Schule kommt, fühlt sie sich angezogen.

Zudem hat der neue Mitschüler einen wachen Geist und hinterfragt die Dinge, die Calla nie anrühren würde. Er recherchiert über das Verhältnis zwischen Wächtern, Hütern und deren gemeinsamen Feinden, den Suchern. Dabei kommt er einem Geheimnis auf die Spur, dass nicht nur Calla in Gefahr bringt …

„Die Wächter“ hat all das, was ein gutes Jugendbuch ausmacht: eine starke Hauptfigur, eine Handlung voller Rätsel und Geheimnisse und einen mitreißenden Schreibstil. Mit Calla hat Andrea Cremer eine interessante Frauenfigur geschaffen, die zwischen zwei Jungen und alten Konventionen gefangen ist. Calla ist eine starke Frau, die mit der Zeit allerdings Unsicherheiten zeigt, vor allem in Bezug auf Shay und Ren. Die Autorin stellt Callas Liebeskonflikt zwar sehr ausführlich und anschaulich dar, driftet aber nie zu sehr ins Kitschige ab. Zudem vermeidet sie es, in die „Twilight“-Falle zu tappen und Calla als willenlosen Spielball zweier potenzieller Liebhaber zu zeichnen. Das Mädchen behält ihre Eigenständigkeit bis zum Ende der Geschichte und ist auch deshalb jemand, mit dem sich junge Leserinnen leicht identifizieren dürften.

Die Handlung ist geradlinig und löst und bildet Rätsel immer an den richtigen Stellen. Im Mittelpunkt steht das Verhältnis zwischen Wächtern und Hütern. Am Anfang erklärt Cremer nur wenig dazu. Vieles reimt man sich selbst zusammen, das Übrige erläutert sie zu einem strategisch geschickten Zeitpunkt. Diese offenen Fragen tragen zu der Spannung bei, die bis zur letzten Seite anhält. Großartige Wendungen und Überraschungen darf man zwar nicht erwarten, die Autorin baut ihre Geschichte aber geschickt auf und lässt sie in einem Cliffhanger enden, der Lust auf die Folgebände der Serie macht.

Geschrieben ist „Die Wächter“ aus der Ich-Perspektive. Das erleichtert es, sich in die Geschichte hineinzufinden. Andrea Cremer wählt einen leicht verständlichen, aber nicht umgangssprachlichen Wortschatz, der sich leicht lesen lässt. Sie schreibt flott und nüchtern, verzichtet auf unnötigen Ballast und auch auf den Humor, der in diesem Genre häufig eingesetzt wird. Das ist aber kein Nachteil. Die Ernsthaftigkeit steht dem Buch sehr gut.

Mit „Die Wächter“ startet Cremers „Nightshade“-Serie vielversprechend. Der Roman ist handwerklich sehr gut gemacht, lässt sich gut lesen und ist spannend. Sicherlich weist das Buch nicht unbedingt viel Tiefgang auf, aber wer ähnlich gut unterhalten werden möchte wie von „Vampire Academy“ ist hiermit gut beraten.

Broschiert: 375 Seiten
Originaltitel: Nightshade
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3802583810

http://www.egmont-lyx.de
http://www.andreacremer.com

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