Cross, Donna W. – Päpstin, Die

Um es gleich vorwegzunehmen: Dieses Buch ist uneingeschränkt lesenswert. Es ist spannend geschrieben, und es handelt von einer Frau, die ihren Wunsch nach Bildung und selbstbestimmtem Berufsleben gegen alle Widerstände verwirklicht.

Aufgewachsen als missachtete Tochter des Dorfpriesters von Ingelheim und seiner ihrem Heidentum im Geheimen gegen alle Indoktrination anhängenden sächsischen Frau, lernt Johanna zunächst heimlich mit ihrem älteren Bruder. Später wird sie von einem Lehrer der Domschule in Dorstadt, der ihre Begabung erkennt, in Lesen und Schreiben, Latein und Griechisch, vor allem aber im Gebrauch ihres für die Logik so begabten Verstandes unterrichtet. Schlimm wird es, als dieser Lehrer wegen der Freiheit seines Denkens durch einen klassischen Kleingeist abgelöst wird. Ein Jahr lang hat Johanna keinen Unterricht und verliert beinahe jede Hoffnung, dass sie jemals ihre Ausbildung fortsetzen kann. Dass sie nach einigen Wirren dennoch als Schülerin der Domschule akzeptiert wird, grenzt an ein Wunder.

Doch die Schwierigkeiten werden nicht weniger. Es scheint unmöglich, als Frau ungehindert Bildung zu erlangen, zu lernen und zu lehren. Und so ergreift Johanna die Gelegenheit, als sie nach einem Überfall der Normannen als einzige der Anwesenden aus Dorstadt überlebt: Sie verkleidet sich als Mann und geht ins Kloster nach Fulda. Dort findet plötzlich alles Achtung und Anerkennung, was ihr zuvor Kritik eingebracht hat: ihre wissenschaftliche Qualifikation, ihre Fähigkeit zu logischem Denken und zum gelehrten Disput, sie wird zum Gelehrten und Heiler, dessen Fähigkeiten schier unermesslich scheinen. Beim Ausbruch der Pest jedoch, an der auch sie erkrankt, muss sie mit einer sie enttarnenden Untersuchung rechnen, und so flieht sie aus Fulda und gelangt auf Umwegen nach Rom, wo sie ihre Karriere zielsicher fortsetzt – bis hin zur Ausübung des Papstamtes.
Dies allein wäre schon spannend genug, doch man ahnt schon, es fehlt noch etwas. Denn da sind Gerold, ein Markgraf aus Dorstadt, bei dem Johanna als Domschülerin lebte, und die Liebe der beiden…

Bleibt die Frage: Gab es sie wirklich, die Päpstin? Donna W. Cross ist davon überzeugt und legt dies anhand einer Reihe von Argumenten dar. Wer sich näher für die Forschungsgeschichte über dieses Thema interessiert, dem sei der Band von Elisabeth Gössmann mit dem Titel „Mulier Papa – der Skandal eines weiblichen Papstes. Zur Rezeptionsgeschichte der Gestalt der Päpstin Johanna“ empfohlen. Er erschien 1994 als Band 5 der Reihe “Archiv für philosophie- und theologiegeschichtliche Frauenforschung“ im iudicium Verlag München.

Rezension von _Barbara Stühlmeyer_ aus Karfunkel Nr. 17, Seite 58
Abdruck auf dieser Seite (powermetal.de) mit freundlicher Genehmigung des _Karfunkel-Verlages_

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