Dana S. Elliot – „Die magische Schriftrolle“ (Taberna Libraria 1)

Taberna Libraria:

Band 1: „Die magische Schriftrolle“

Die Freundinnen Corrie und Silvana sind in das abgelegene Örtchen Woodmoore-by-the-sea gekommen, um sich Ladenräume anzusehen. Denn die beiden träumen davon, ihren eigenen Buchladen zu eröffnen. Schon bald zeigt sich jedoch, dass die beiden in dem zunächst so verschlafen wirkenden Nest weit mehr erwartet als das!

Eines muss man den beiden Autorinnen lassen: sie haben eine Menge Ideen. In der Umsetzung steckt aber noch Entwicklungspotential drin.

Da wäre zum einen die Charakterzeichnung.

Corrie ist temperamentvoll, extrem neugierig und unerschütterlicher Optimist. Wenn sie sich für etwas begeistert, was bei ihr recht schnell der Fall ist, kann niemand sie mehr bremsen. Infolgedessen kommt es gelegentlich zu turbulenten Unfällen.

Silvana scheint das genaue Gegenteil: sie betrachtet die Dinge zunächst eher mit Skepsis, ist wesentlich ängstlicher als Corrie und daher auch viel mehr für Aktionen wie Vorsicht oder Rückzug zu haben. Dennoch gelingt es Corrie immer wieder, sie mitzureißen.

Die beiden Hauptfiguren sind ziemlich gut ausgearbeitet. Leider kann man das von den Nebencharakteren nicht behaupten. Abgesehen von Donnald, der seinen blinden Bruder vor lauter Sorge am liebsten in Watte packen würde, zeigen die übrigen Akteure vor allem eine breite Palette an fantastischen Geschöpfen, dafür kaum persönliches Profil. Das fand ich ziemlich schade. Dass ein stummer Magier eine sprechende Dogge besitzt, ist zwar eine kleine Nettigkeit am Rande, kann die fehlende Tiefe der Figuren aber nicht ausgleichen.

Ähnliches lässt sich über die Welt jenseits des Portals sagen. Vor allem zu Beginn der Geschichte wird der Leser mit einer wahren Flut an Fremdartigkeit überschüttet, von der ein großer Teil für die weitere Handlung eigentlich völlig unwichtig ist. Das gilt vor allem für Corries ersten Ausflug in die anderweltliche Stadt, von dem ich mich leicht überfahren fühlte. In ihrem Bemühen, der Geschichte zu einer exotischen Grundstimmung zu verhelfen, haben die beiden Autorinnen es etwas zu gut gemeint. Quärker, Lynix, Botendrachen, Hippocampi und Warati ergaben ein buntes Potpourri an Ideen, sie blieben jedoch allesamt so oberflächlich, dass sie zwar den Eindruck von Vielfalt vermittelten, letztlich aber eher Verwirrung als Farbe in die Geschichte brachten. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Den Piraten gelang das nur wenig besser. Obwohl sie bei weitem wichtiger für die Geschichte sind, und die Autorinnen ihnen auch mehr Aufmerksamkeit geschenkt haben, sind Kapitän Blutschatten und Tjero nicht mehr als Statisten, lediglich Kushann mit seinen besonderen Fähigkeiten wirkt interessant. Er bringt es sogar auf einen Hauch Spitzbübigkeit, zu mehr hat es aber auch hier nicht gereicht.

Besonders lästig ist es, wenn zugunsten des Flairs der Handlungsverlauf ausgebremst wird, wie beim ersten Zusammentreffen der beiden Frauen mit Cryas. Flair ist unbestreitbar wichtig für Fantasy. Aber auch Flair kann sich nur dann ungehindert entwickeln, wenn ihm Raum zugestanden wird, nicht, wenn es als abgehackter Abschnitt mitten in eine fließende Szene gepackt wird. Der größte Buchladen Amaranthinas ist da ziemlich stiefmütterlich behandelt worden, genau wie das Gespräch.

Womit wir bei den Dialogen wären. Die klingen manchmal etwas gekünstelt. Vor allem, wenn es um Informationen geht, die die Autorinnen eigentlich noch gar nicht preisgeben wollen. So zieht sich zum Beispiel das erste Gespräch zwischen Corrie, Silvana und Yazeem wie Kaugummi. Wenn Yazeems Mitteilung wirklich so dringend ist, wie er sagt, warum wird er seine Informationen dann nicht einfach los, sondern lässt sich von Krimskrams ablenken, bis es fast zu spät ist? Als Versuch, Spannung zu erzeugen, hat das nicht viel getaugt. Ich fand es eher nervig.

So kommt es, dass die Geschichte stellenweise recht holperig geraten ist. Dazu tragen auch nachträglich eingeschobene Erklärungen bei, die immer gerade passend auftauchen, wenn sie gebraucht werden. Dass Silvana magisch begabt ist, ist von Anfang an klar, aber Corries Gabe kommt dann doch etwas überraschend und klingt auch ein wenig weit hergeholt. Manchmal ergaben sich durch solche nachträglichen Erklärungen auch logische Brüche: Die Piraten sind Corrie, Silvana, Veron und Talisienn entgegengegangen? Die vier kamen doch auf einem nicht geplanten Umweg zurück! Eigentlich müssten die beiden Gruppen sich verpasst haben!

Trotz all dieser kleinen Haken und Ösen wurde das Buch in der zweiten Hälfte zunehmend interessant und spannend, da das Hauptaugenmerk sich zu diesem Zeitpunkt vermehrt auf den eigentlichen Plot richtet, nämlich die Bücher von Angwil. Zwar finden sich auch hier noch kleine Weitschweifigkeiten, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Tarot, allerdings in geringerem Maße, sodass sie nicht mehr so störend wirken. Auch der vorläufige Showdown im geheimen Keller ist recht gut geraten. Aber natürlich ist es damit nicht getan. Schließlich gibt es mehr als nur zwei Bücher von Angwil …

Insgesamt fand ich die Geschichte vielversprechend. Der eigentliche Plot, der dem Buch zugrunde liegt, ist gar nicht schlecht, obwohl der Leser fast bis zur Mitte des Buches lesen muss, um zu erfahren, worin der besteht. Außerdem haben die beiden Damen eine blühende Fantasie, die sich nicht allein auf bereits allseits bekannte Elemente verlässt. Besonders gern mochte ich die Wasserspeier und die Leseratten. Als weniger gelungen empfand ich den Aufbau. Die vielen Unterbrechungen, vor allem am Anfang, wirkten hektisch und überstürzt und behinderten die Entwicklung der Handlung und des Flairs gleichermaßen. Beides etwas mehr zu trennen und letzteres vorzugsweise in die ruhigeren Passagen zu verlegen, wäre vielleicht keine schlechte Idee. Außerdem würde ich der oberfllächlich eingestreuten Flut von Ideen eine geringere Anzahl von exotischen Details mit ersatzweise mehr Tiefe vorziehen. Das gilt ganz besonders auch für die Charaktere. Da sich zumindest einige meiner Kritikpunkte jedoch bereits im Verlauf dieses ersten Bandes gebessert haben, hoffe ich einfach mal, dass die Autorinnen diesen Kurs im nächsten Band fortsetzen.

Dana S. Elliot ist ein Pseudonym. Sandra Dageroth und Diana Kruhl stammen beide aus Ostwestfahlen und kennen sich seit fast zwanzig Jahren. In dieser Zeit ist nicht nur „Die magische Schriftrolle“, der erste Band von Taberna Libraria, entstanden, sondern auch noch weitere Romane in den Bereichen Fantasy und Science-Fiction, die allerdings bisher nicht veröffentlicht wurden. Der „magischen Schriftrolle“ sollen noch drei weitere Bände folgen.

Taschenbuch: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-51438-2
www.magischeschriftrolle.com
www.droemer-knaur.de

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