David Brin – Sternenflut. Ein Uplift-Roman

Im Uplift-Unversum: Leichen im Frachtraum

Woher stammt unser Bewusstsein? Wohin führt unser Weg? – Mittels Gentechnologie haben die Menschen intelligente Tierarten, unter anderem Delfine, zu gleichberechtigten Spezies weiterentwickelt. Ebenso hat jede Spezies, die im Universum den Aufbruch in den Weltraum geschafft hat, dafür Hilfe von einer höher entwickelten anderen Spezies bekommen. Doch wer half den Menschen? Eine waghalsige Expedition macht sich auf, um Licht in das Dunkel der menschlichen Evolution zu bringen … (Verlagsinfo)

Der Autor

Glen David Brin (* 6. Oktober 1950 in Glendale, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Science-Fiction-Autor.
Seine Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet – unter anderem erhielt er den Hugo, den Nebula und den Locus Award. Er lebt in Südkalifornien, studierte Astronomie am California Institute of Technology und erwarb einen Doktorgrad in Astrophysik an der University of California, San Diego.

Er war als NASA-Berater und Physik-Professor tätig. 1994 wurde der Asteroid (5748) Davebrin nach ihm benannt.

Der UPLIFT-Zyklus

Dies ist der zweite Roman des promovierten Physikers David Brin und zugleich der zweite Band in den zwei Trilogien des Uplift-Zyklus (siehe unten). Diese Space Opera in Brins Uplift-Universum gehört zu den wichtigsten Science-Fiction-Werken der 80er und 90er Jahre. „Sternenflut“ wurde mit den drei wichtigsten Preisen der Science Fiction-Literatur ausgezeichnet.

Den Uplift-Zyklus begann Brin 1980 mit seinem allerersten Roman „Sonnentaucher“ (dt. bei Heyne) und setzte ihn mit dem preisgekrönten Space-Opera-Roman „Sternenflut“ (1983 bei Knaur, 1993 bei Heyne) und dem dicken Schmöker „Der Entwicklungskrieg“ (1987, dt. bei Heyne) fort. Nach mehreren Solo-Romanen schrieb der Autor für den Zyklus noch eine weitere Trilogie. Zuletzt erschien von Brin „Kil’n People“ (dt. „Copy“, bei Heyne).

Die erste Uplift-Trilogie (Der Entwicklungs-Zyklus)

Vol. 1: Sundiver, 1980, dt. Sonnentaucher, Heyne 1995, ISBN 3-453-07982-5.

In der Sonne wird Leben entdeckt. Handelt es sich möglicherweise um die vermisste Patronatsrasse der Menschheit? Vom Merkur aus wird eine Expedition gestartet, um diese Frage zu klären.

Vol. 2: Startide Rising, 1983, dt. Sternenflut, Knaur 1985, ISBN 3-426-05794-8; Heyne 1993, ISBN 3-453-06613-8; Heyne 2000, ISBN 3-453-16416-4 (Hugo, Locus, Nebula).
Vol. 3: The Uplift War, 1987, dt. Entwicklungskrieg, Heyne 1990, ISBN 3-453-03896-7 (Hugo, Locus, Seiun).
Vol. 1–3: Earthclan, 1987 (Sammelband mit von Startide Rising und The Uplift War).

Die zweite Uplift-Trilogie (Das Uplift-Universum)

Vol. 1: Brightness Reef, 1995, dt. Sternenriff, Goldmann 1997, ISBN 3-442-24759-4, und Fremder der fünf Galaxien, Goldmann 1997, ISBN 3-442-24760-8.
Vol. 2: Infinity’s Shore, 1996, dt. Das Ufer der Unendlichkeit, Goldmann, 1998, ISBN 3-442-24761-6, und Die Botschaft der Delphine, Goldmann 1998, ISBN 3-442-24803-5.
Vol. 3: Heaven’s Reach, 1998, dt. Ring der Sonnen, Goldmann 1999, ISBN 3-442-24804-3, und Am Grenzpunkt der Ewigkeit, Goldmann 1999, ISBN 3-442-24805-1.

Es gibt außerdem einen „Uplift“-Zusatz zu dem Rollenspiel GURPS, der es Rollenspielern erlaubt, Abenteuer in dem Universum zu erleben, in dem diese Romane spielen. Dieser Zusatz wurde nicht von David Brin geschrieben, basiert aber auf seinem Werk. (Quelle: Wikipedia.de)

Hintergrund

Im Universum der Fünf Galaxien, so der Hintergrund von Brins Roman, haben vor Urzeiten die sogenannten „Progenitoren“ dafür gesorgt, dass sich mehrere Rassen – je eine pro Galaxie – sich zu Bewusstsein entwickeln konnte, um die Herrschaft über die jeweilige Galaxis anzutreten. Dies war das allererste Uplifting des Bewusstseins.

Der Autor hat ein Universum von fünf Galaxien entworfen, in denen die Rassen sich nach dem Maßstab der Intelligenz ausrichten. Intelligenz ist das Wichtigste, was eine Rasse haben kann, und je mehr Rassen eine Patronsrasse auf das Level der Sapienz, also des rationalen Denkens, emporheben kann, desto mehr Abhängige und Konsumenten hat sie vorzuweisen. Was nicht nur gut für die eigene Wirtschaft ist, sondern auch für den politischen Einfluss auf der Ebene der galaktischen Organisationen.

Die Debatte dreht sich nun darum, ob auch die Menschen davon betroffen waren oder ob sie sich selbst zur „Sapienz“ entwickelten. Wie auch immer: Die Progenitoren verschwanden, die Menschen uplifteten die Delphine und Schimpansen zur Sapienz. In ihrem Forschungsschiff „Streaker“ kamen den Progenitoren in „Sonnentaucher“ auf die Spur und entdecken in „Sternenflut“ noch weitere Artefakte sowie die Leiche eines uralten Wesens – möglicherweise einer der Progenitoren.

Handlung

Vor den Kriegsflotten verschiedener Alienrassen, die alle hinter der Leiche an Bord der „Streaker“ her sind, hat sich die Besatzung samt Schiff auf einem Wasserplaneten in Sicherheit gebracht. Das Schiff liegt auf dem Meeresboden, und die aus Menschen, Delphinen und Schimpansen gemischte Besatzung (letztere ebenfalls intelligent) müssen sich zusammenraufen, insbesondere angesichts der Gefahren, die auf dem Planeten Kithrup ebenso warten wie draußen im All.

Hier bietet sich dem Autor Gelegenheit zu ausgiebigen Verhaltensstudien und ironischen Seitenhieben auf die jeweils andere Spezies an Bord. Brin hat sich sogar eine neue Sprache für die Delphine ausgedacht, Trinär, das wie ein Haiku formuliert wird.

Währenddessen haben die Alien-Rassen nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig zu verkloppen. Die Erdlinge schlagen ihnen ein Schnippchen nach dem anderen, wohl als die moralisch Höhergestellten.

Mein Eindruck

Brin zeichnet zunächst ein geschlossenes, einheitliches Universum, wie man es in der Science-Fiction noch nicht „gesehen“ hat. Dann führt er glaubwürdige Charaktere ein und verwickelt sie in eine dramatisch sich steigernde Handlung. Brin überrascht den Leser mit immer neuen Haken, die die Handlung schlägt, so dass man nicht aufhören könnte, selbst wenn man wollte. Diese Handlung ist recht kriegerisch, wie schon erwähnt.

Relativität

Eine der wichtigsten Errungenschaften dieses Romans ist die Relativierung der Menschen. Waren sie in den 1930er Jahren in der Zukunftsliteratur (SF) noch die Könige und Eroberer mit moralischem Anspruch, so sind sie bei Brin nur noch eine Rasse unter vielen, wenn auch mit einem Bonus: Bildung, Erfahrung und vor allem – sie haben keinen Patron. Diese Besonderheit als Wölflinge hebt sie von allen anderen Rassen auf der Mischwelt Jijo ab. Sie waren es, die Jijo eine halbe Million Bücher brachten, Bildung und den Frieden.

Abenteuerliteratur

Einer der größten Vorteile der Menschen ist ihre Sprache. Dies ist nicht das alte Englisch der Bücher, sondern die weiterentwickelte Form des Englik. Nichtsdestoweniger ist die Jugend von Jijo total hingerissen von den alten Abenteuergeschichten, insbesondere von denen des 19. Jahrhunderts. In einem separaten Erzählstrang wird „Moby Dick“ und Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“ erzählt.

Die Abenteuergeschichten der Menschen haben in den Köpfen aller Rassen auf Jijo Denkmuster zementiert, die nicht auf Zusammenarbeit und Vermittlung ausgerichtet sind, sondern auf Konfrontation und Aggression. Die Weisen können sich dem nicht verschließen. Sie nennen die gelandeten Fremden „Piraten“ und Genräuber. Allerdings gelingt es den Weisen auch, die Fremden zu beschwindeln, hinters Licht zu führen – und sie wollen sie sogar erpressen. Ob dieser Schuss nicht nach hinten losgeht?

Der Autor übt hier nicht nur Kritik an der eigenen Literaturgattung des SF-Abenteuerromans, er nimmt auch dessen unausgesprochene Prämissen aufs Korn. Müssen Fremde automatisch gleich Feinde sein? Kann man nicht auch mit ihnen zusammenarbeiten, ohne sie übers Ohr zu hauen? Es werden noch viele weitere Fragen behandelt.

Unterm Strich

Diese Space Opera war zwar zu ihrer Zeit ein Hit in den USA und wurde mit Preisen überhäuft, dennoch bleibt bei mir ein zwiespältiger Eindruck zurück. Ein Szene- und Kultbuch eben, 1983 war es en vogue, 1985 erschien die deutsche Übersetzung bei Knaur, erst bei Heyne, also 1993, wurde das Buch in Deutschland zum Bestseller, leider zehn Jahre zu spät.

Taschenbuch: 653 Seiten
Originaltitel: Startide Rising, 1983
aus dem US-Englischen übertragen von Rainer Schmidt
ISBN-13: 978-3453066137

www.heyne.de

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