Ted Dekker, Frank Peretti – Das Haus

Jack und Stephanie, ein Schriftsteller und eine Countrysängerin, sind noch nicht lange verheiratet, doch der Unfalltod ihrer kleinen Tochter hat ihre Ehe zum Scheitern gebracht. Jack gibt seiner Noch-Frau die Schuld am Geschehen, was Stephanie ähnlich empfindet. Eine Eheberatung in Montgomery soll ihnen nochmal eine Chance geben. Auf dem Weg dorthin geraten sie mit dem Auto ins Hinterland von Alabama. Ein Sheriff bewegt sie zu einer Umleitung in eine einsame Gegend. Zu allem Überfluss geraten sie in eine Straßenfalle und haben eine Panne. Im nächstgelegenen Hotel, einem finsteren Gebäude namens „Wayside Inn“, suchen sie Zuflucht.

Dort begegnen sie zunächst einem weiteren Paar, das ebenfalls eine Panne erlitt. Randy und Leslie sind Geschäftspartner, offenbar aber auch privat verbandelt. Bald treffen sie auf ihre Gastgeber, das ältere Ehepaar Betty und Stewart mit ihrem Sohn Pete. Betty und Stewart sind mürrische und ruppige Personen, Pete dagegen ein geistig zurückgebliebenener junger Mann mit dem Körper eines Herkules, der Stephanie und vor allem Leslie penetrant belästigt.

In diese unangenehme Atmosphäre platzt die Nachricht des berüchtigten Barsidious White, einem Serienkiller, der bereits mehrere Familien in der Gegend ermordet hat. Bekleidet mit Trenchcoat und Maske, beobachtet der Killer von außen seine Opfer. Er sendet ihnen eine Nachricht mit der Aufforderung zu einem grausamen „Spiel“: Bis zum Morgengrauen verlangt er eine Leiche von ihnen, anderenfalls werden alle sterben. Zwischen den Gefangenen brechen Konflikte und Gewalttätigkeiten auf. Eine Flucht scheint unmöglich, denn auch das Haus führt ein unheimliches Eigenleben …

Frank Peretti ist bekannt dafür, Horror und Religion miteinander zu verknüpfen und auch diese gemeinsame Arbeit mit Ted Dekker setzt sich aus diesen beiden Themenkreisen zusammen.

Spannung bis zum Schluss

Sehr positiv sticht die Spannung hervor, die sich früh aufbaut und bis zum Ende durchgehalten wird. Der Anfang erinnert an Kings „Desperation“: Ein Ehepaar auf der Durchreise, ein Polizist, gespannte Atmosphäre. Bis darauf, dass der Polizist hier nicht seinen letzten Auftritt hatte, enden damit die Parallelen, trotzdem wird eine Roadmovie-typische Situation kreiert, die gerne für Horrrorwerke genommen wird. Das einsame Hotel mit seinen düsteren Besitzern ist ein weiteres Versatzstück, das versierten Lesern gut bekannt vorkommt, aber dennoch bleibt man gefesselt, da völlig unklar ist, welche Richtung die Handlung einschlagen wird.

Die Spannung funktioniert auf mehreren Ebenen. Da ist zum einen die private Krise zwischen Stephanie und Jack. Eigentlich auf dem Weg zu einer Paartherapie, geraten sie in eine Extremsituation, die ihnen alles abfordert. Schon die Übernachtung im Hotel und die Begegnung mit Randy und Leslie ist ihnen alles andere als angenehm, denn hier wird offensichtlich, wie zerrüttet ihre Beziehung mittlerweile ist. Beiden ist es kaum möglich, ihre Differenzen zu verbergen, was Randy und Leslie natürlich auffällt und für zusätzlichen Frust sorgt. Statt dass die Lage sie wieder zusammenschweißt, erleben die beiden eine echte Bewährungsprobe.

Weiterhin darf bis zum Schluss gerätselt werden, wer von den Charakteren diese Hölle überlebt und ob tatsächlich einer von ihnen die Forderung nach einem Mord erfüllt. Schnell zeigt sich, dass Betty und Stewart samt ihrem unberechenbaren Sohn Pete gefährliche Zeitgenossen sind, denen die Gäste nicht trauen können. Um dem geheimnisvollen Killer zu entgehen, scheint vor allem Stewart zu allem bereit. Doch auch als es Tote gibt, besitzt der Leser noch keinen klaren Durchblick, denn in „Wayside Inn“ ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.

In bester Spukhaus-Tradition besitzt das Hotel ein unheimliches Eigenleben. Die Zimmer und Gänge ändern sich, eine Flucht aus dem Haus ist unmöglich und ein gruseliges Stöhnen erfüllt die Mauern. Jack, Stephanie, Randy und Leslie wissen bald nicht mehr, inwieweit sie ihren Wahrnehmungen trauen dürfen. Für zusätzliche Verwirrung sorgt das Auftauchen der zwölfjährigen Susan, offenbar ebenfalls eine Gefangenen im Haus. Doch der Killer scheint ein besonderes Interesse an dem Mädchen zu haben, das wiederum mehr Wissen über ihn und das Haus besitzt als alle anderen zusammen. Jack, der sich durch Susan an seine verstorbene Tochter erinnert fühlt, besteht darauf, sie ebenfalls zu retten – doch die anderen fürchten, dass das Mädchen bloß eine weitere Falle bedeutet …

Religiöser Pathos

Der christlich orientierte Verlag veranlasst bereits vor der Lektüre zu der Vermutung, dass Religion eine große Rolle spielen wird. Damit liegt man nicht falsch, doch die göttliche Komponente kommt erst relativ spät und in gemäßigter Dosis ins Spiel. Für am Christentum desinteressierte Menschen dürften die gegen Ende doch recht pathetische Sprache und die Verwendung von Schlagwörtern wie Sündenvergeltung und Buße sowie das Hadern einzelner Charaktere mit Gott und Glaube zu starker Tobak sein. Trotzdem muss man nicht befürchten, von religiöser Thematik erschlagen zu werden. Die Autoren drängen keine Weltsicht auf und schließlich ist die Einbringung solcher Inhalte nichts Abwegiges im Horror-Genre.

Gestaltung der Charaktere

Ein wenig mehr Sorgfalt hätte auf die Gestaltung der einzelnen Charaktere verwendet werden können. Das Spannungsverhältnis zwischen Stephanie und Jack birgt mehr Potenzial in sich als ausgeschöpft wird. Zu schnell entfernen sich die beiden voneinander, dabei wäre realistischer gewesen, dass die außergewöhnliche Situation sie stärker zusammenschweißt. Unpassend ist auch Stephanies Reaktion, die mitten in einem Streitgespräch mit einem Countrysong beginnt, um Pete zu beruhigen. Ebenfalls eine Schwäche steckt in den Beschreibungen der Actionsszenen, die mitunter ausufern und den Leser verwirren. Zu oft rennen die Charaktere durch das Haus, werden getrennt und ihre Handlungsstränge parallel verfolgt. Zusammen mit der Tatsache, dass auch noch Doppelgänger auftauchen und die Räumlichkeiten sich von alleine verändern, sorgt das für viele turbulente Szenen, die über das Ziel hinausschießen.

Unterm Strich bleibt ein unterhaltsamer Horror-Thriller, der sich vor allem an Leser mit Interesse an vielen mystischen Elementen richtet. Die Spannung wird bis zum Ende aufrecht gehalten. Allerdings fordert der religiöse Einschlag auch ein Grundinteresse an christlicher Thematik ab.

Die US-Autoren Ted Dekker und Frank Peretti haben bereits Erfahrung im Spannungsgenre. Von Peretti stammen unter anderem die Romane „Die Finsternis dieser Welt“ und „Der Gesandte des Lichts“, von Dekker, der in Indonesien aufwuchs und danach als Marketingdirektor arbeitete, „Kind des Himmels“. Beide Autoren sind vor allem bekannt dafür, christliche Themen mit Horror und Thrill zu verbinden.

Gebundene Ausgabe: 340 Seiten
www.gerth.de