Dela Cruz, Arthur – Kissing Chaos – Nonstop Beauty

Nach dem Erfolg des [ersten Teils 1817 der Miniserie „Kissing Chaos“ hat Arthur Dela Cruz kurze Zeit später bereits eine vierteilige Nachfolgereihe erschaffen, die jedoch den rätselhaften Inhalt dieser Comics noch mysteriöser erscheinen lässt. Dela Cruz hat nämlich keinen direkten Nachfolger erstellt, sondern lässt den Plot mit völlig neuen Charakteren aufleben, folgt dabei weiterhin den komplexen Strukturen des ersten Parts und schafft es, durch versteckte Hinweise schließlich, den Zusammenhang mit der ersten Serie herzustellen. Folglich ist „Kissing Chaos – Nonstop Beauty“ ebenfalls ganz heftige Kost und daher auch gar nicht so leicht zu erfassen. Das wird man auch beim Überblick über die Handlung feststellen:

_Story_

Ashley ist gerade dabei, die Kontrolle über ihr Leben vollends zu verlieren. Als sie eines Tages eine Mail von ihrer verschollenen Freundin Angela bekommt, deren Anhang sie jedoch nicht versteht, führt sie das über einen Chatroom zu einer Person namens Everett. Dieser Kerl ist ganz wild auf diese Datei und kann Ashley dazu überreden, sich mit ihm zu treffen. Doch dieses Treffen geht über den normalen Smalltalk zweier junger Erwachsener hinaus und endet im Chaos. Zwei Männer in dunklen Anzügen tauchen plötzlich auf und verfolgen Everett. Seine Begleiterin, noch ganz verblüfft und verständnislos wegen der seltsamen Flucht vor den Unbekannten, reagiert entsprechend sauer und will sich von Everett loseisen. Doch dann entdeckt sie, dass ihre gesamte Wohnung durchwühlt und die rätselhafte Datei Angelas‘ mitsamt dem Computer gestohlen wurde. Deshalb sieht sich widerwillig dazu gezwungen, Everett erstmal zu begleiten, obwohl sie den Geschichten über Verschwörungen und Geheimorganisationen nicht ganz folgen kann. Ashley selber gehört nämlich ebenfalls einer anarchistischen Geheimorganisation an, die gerade dabei ist, eine künstlerische Revolution bei einem Rockkonzert anzuzetteln. Schließlich weiß sie nicht mehr, wo ihr der Kopf steht, und die alles dominierende Frage lautet: Kann sie ihr plötzlich so turbulentes Leben in den Griff bekommen, oder wird sie von den Ereignissen überrollt?

Wie auch schon beim ersten Teil, so hat es auch hier eine ganze Weile gedauert, bis ich die Handlung überschauen konnte. Durch die ständigen Szenenwechsel hat Aerthur Dela Cruz nämlich eine noch kompliziertere Struktur festgelegt, und da die Geschehnisse bei der Revolution, das Treffen von Everett und Ashley sowie die Annäherungsversuche von Eric und Kim (ebenfalls Mitglieder der anarchistischen Künstlerbewegung unter der Führung des egozentrischen Jersey) quasi alle parallel erzählt werden, obwohl sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden, verliert man schon einmal schnell den Überblick. Hinzu kommt, dass der Autor fortlaufend mit versteckten Hinweisen zur vorangegangenen Serie arbeitet, die für die weitere Geschichte der „Kissing Chaos“-Comics noch von besonderer Bedeutung sein wird. Den Namen Angela kennt man ja bereits aus dem ersten Teil, ebenfalls den seltsamen Everett, der auch dort schon hinter einem jungen Mädchen her war. Auch über Ashley hat man damals schon kurze Hinweise gefunden, die dort aber noch nicht wichtig erschienen.

Wenn man all diese Fakten ordnet und gleichzeitig hinter den neuen Plot gestiegen ist, verweben sich die Fäden allmählich, auch wenn im Nachhinein noch so vieles unklar bleibt. Doch man begreift so langsam den Zusammenhang zwischen Angela und Ashley, die Rolle von Everett, den „Matrix“-ähnlichen Trenchcoat-Gestalten und der Person des Damien, den Everett in versteckten Beschreibungen ebenfalls ins Spiel bringt.

Um diesen großen Strang herum hat Dela Cruz aber erneut ein sehr großes Augenmerk auf die Emotionen und das Gefühlsleben der einzelnen Charaktere gelegt. Neben der zerstreuten und unsicheren Ashley beschreibt er hier hauptsächlich die Verbindung zwischen dem schüchternen Eric und der selbstbewussten Kim, die zwar mit dem Bandenführer Jersey zusammen ist, aber auch Gefühle für Eric hat. Der Zeichner und Autor konzentriert sich insgesamt sehr stark auf das Zwischenmenschliche in Extremsituationen, ähnlich wie beim ersten Teil. Das macht es für den Leser allerdings nicht einfacher, den gesamten Wert dieses Werkes zu begreifen. Um eine kleine Hilfestellung zu geben, hat Dela Cruz zum Ende hin die Geschichte noch mal kurz zusammengefasst und die einzelnen Verbindungen aufgelistet. Spätestens dort begreift man dann, welche Tragweite, vor allem aber welches Potenzial „Kissing Chaos“ hat. Dela Cruz könnte die Geschichte beliebig weit ausdehnen, ihm stehen in der Tat noch viele Möglichkeiten offen, und dennoch ist es dann wahrscheinlich, dass er nicht alle geöffneten Handlungsebenen wieder vollständig abschließen kann.

Nachdem mich bereits die erste Serie begeistern konnte, bin ich nun bei „Kissing Chaos – Nonstop Beauty“ vollkomen überwältigt. Arthur Dela Cruz hat eine Welt und insbesondere Charaktere erschaffen, deren Leben den Leser so schnell nicht wieder loslässt. Man kann nur sehnlichst hoffen, dass Dela Cruz sich noch viel Raum für die Fertigstellung dieser Gesamtreihe lässt, die er zunächst für 2005 angekündigt hatte. Bis dahin kann man sich aber auch noch den Kopf über die verschiedenen unklaren Nebenstorys zerbrechen. Daher auch mein Tipp: Die ersten beiden Bände sollte man aufmerksam und in Ruhe direkt hintereinander lesen, das erleichtert das Verständnis ungemein. Zum Schluss noch einmal eine ganz deutliche Empfehlung für einen Autor, der bereits wieder an neuen Projekten arbeitet.

Mehr Infos unter http://www.kissingchaos.com.