Die abgeschiedene Insel Zanzibar ist eine wahre Goldgrube für gewiefte Händler. Die fünf Provinzen des Eilands beherbergen wertvolle Gewürze, mit denen sich bei entsprechender Raffinesse recht schnell ein üppiges Zubrot verdienen lässt. Pfeffer, Nelken, Ingwer, Zimt und Vanille warten quer verstreut darauf, von den Händlern entdeckt und produziert zu werden. Allerdings ist Eile geboten, denn auch die Mitspieler streben nach raschem Reichtum und zeitweiliger Vormachtstellung in den Provinzen. Somit ist jedem selber überlassen, mit welchem Erfolg er seine Aufträge abschließt bzw. wann er seine insgesamt zehn aufeinander folgenden Missionen abstößt. Denn nicht zwangsläufig derjenige gewinnt, der seine Aufgaben komplett bewältigt; stattdessen ist in „Zanzibar“ eine ausgewogene Mischung aus Planung, Schnelligkeit und Pflichtbewusstsein gefragt. Und nur derjenige, der hier die Schwerpunkte adäquat verteilt, wird Chancen haben, zum erfolgreichsten Händler der Insel zu werden.
_Spielmaterial_
• 1 Spielplan
• 30 Spielfiguren (je 6 Figuren in den 5 Spielfarben)
• 5 Zählsteine in den 5 Spielfarben
• 50 Auftragskarten (je 10 Aufträge in den 5 Spielfarben)
• 1 Spielregel
Das Spielmaterial zu „Zanzibar“ ist abgesehen von den schönen Holzfigürchen in seiner Aufmachung etwas dürftig geraten. Der Spielplan sieht auf den ersten Blick ganz nett aus, insbesondere die runde Zählleiste, jedoch stellt sich im Verlauf des Spiels heraus, dass er bei mehreren Mitspielern schnell für Verwirrung sorgt, weil einfach die entsprechende Übersichtlichkeit fehlt. Auch die Karten sind ein wenig lieblos aufgearbeitet, ganz zu schweigen vom lästigen Bekleben der unterschiedlich großen Spielfiguren. Eine authentische Atmosphäre will sich somit vorerst nicht einstellen, da die Spielmittel vorrangig zweckdienlich gestaltet wurden.
_Spielvorbereitung_
Vor der ersten Partie müssen zunächst die einzelnen Figuren beklebt werden. Dabei bekommt die größte Figur jeder Farbe den Wert ‚2‘, die kleinste schließlich den Wert ‚7‘. Diese Ziffern markieren, wie viele Felder die jeweiligen Figuren im Spiel später ziehen dürfen.
Anschließend erhält jeder Spieler die Händlerfiguren und Auftragskarten seiner Farbe. Die Händler werden nun auf die Provinzen des Spielplans verteilt, und zwar im Uhrzeigersinn und Stück für Stück. Dabei gilt es zu beachten, dass zwei Händler nicht einen Ort besetzen können und pro Provinz auch nur eine Figur pro Farbe erlaubt ist. Da man insgesamt sechs Händler besitzt (im Spiel ab vier Personen nur fünf), muss man einen Händler auf die inoffizielle sechste Provinz, den Meerweg, positionieren. Als Letztes mischt man nun seine Auftragskarten, legt sie verdeckt vor sich ab, zieht die obersten beiden auf die Hand und bestreite seine ersten Züge nun nach den Vorgaben dieser beiden Aufträge.
_Spielablauf_
Beginnend mit einem frei wählbaren Startspieler versetzen die Spieler nun ihre Händler zwischen den Provinzen und versuchen, die jeweilige Mission der Auftragskarten erfolgreich abzuschließen. Hier gilt es zum Beispiel, eine bestimmte Provinz mit möglichst vielen eigenen Händlern zu besetzen oder aber in Zanzibar die verteilten Felder bestimmter Gewürze einzunehmen. Je nachdem, wie viele Händler man nun im Rahmen dieser Aufgabe erfolgreich auf ein(e) solche(s) Feld/Provinz schiebt, bekommt man hier gestaffelt Punkte, die auf der Zählleiste festgehalten werden. Manchmal lohnt es sich allerdings nicht, Aufträge komplett auszuführen, da der Zeitaufwand einfach zu groß wäre. Das Spiel endet nämlich, sobald ein Spieler alle Aufträge ausgeführt bzw. abgelegt hat, also sollte man jedes Mal wieder abwägen, ob ein Auftrag tatsächlich so lukrativ ist, dass man auch einen längeren Einsatz dafür in Kauf nimmt. Prekär hierbei: Sollte man die Bedingungen der Aufträge nur teilweise erfüllen, können dabei auch Minuspunkte herausspringen.
Einmal (zweimal im Spiel mit vier oder fünf Spielern) im Spiel muss man indes einen Auftrag ohne Wertung abwerfen. Dies ist gerade günstig, wenn man derzeit eh schlecht positioniert ist und lieber einen neuen Auftrag nachzieht, aber auch als taktisches Mittel kurz vor Schluss nicht übel, um das Spiel noch einmal unerwartet zu beschleunigen.
Ein Spielzug besteht schließlich aus den Bewegungen von bis zu drei Händlerfiguren. Jeder Händler darf so weit gesetzt werden, wie es die Ziffer auf seinem Haupt angibt, muss jedoch nicht den vollen Wert ausnutzen. Allerdings dürfen die Händler niemals über größere (also langsamere) oder eigene Händler springen, das heißt, sie stellen natürlich Hindernisse dar. Anders herum wäre dies hingegen möglich. Dann nämlich verschieben die stärkeren Händler die de facto kleineren auf ein beliebiges Nachbarfeld und können sich so den Weg freiräumen. Sollte sogar kein Nachbarfeld mehr frei sein, darf man einen Händler sogar vertreiben und irgendwo auf dem Spielfeld wieder absetzen. Dies bietet allerdings auch die Möglichkeit des geschickten Bluffs, da man sich in gegebenen Situationen gerne in die Enge drängen lässt, um so schneller an einen entfernten Ort zu navigieren. Einen Sonderfall stellen gleichstarke Händler dar; sie dürfen sich nicht verschieben, können einander allerdings vertreiben, wenn der passive Händler in seinem Zuge auf keinen freien Nachbarort mehr ausweichen könnte.
Am Ende eines Spielzugs findet eventuell eine Wertung statt. Ob und wann dies der Fall ist, bestimmt jeder Spieler selbst. Wer sich für eine solche Wertung entscheidet, deckt nun seine Auftragskarte auf, streicht die erzielten Punkte ein (oder subtrahiert sie) und zieht eine weitere nach. So beginnt schließlich die Jagd nach den Gewürzen und der ständig wechselnde Kampf um den Machtanspruch in den Provinzen, der alsbald zum permanenten Gerangel avanciert.
_Spielende_
Sobald ein Spieler seinen letzten Auftrag ablegt oder wertet, dürfen alle anderen Spieler noch einen Zug durchführen. Danach endet das Spiel sofort. Derjenige, der auf der Zählleiste vorne steht, gewinnt die Hatz nach den Gewürzen und ist schließlich der erfolgreichste Händler auf ganz Zanzibar.
_Persönlicher Eindruck_
„Zanzibar“ ist nicht nur ein Spiel, das dem strategischen Qualitätsanspruch des |Winning Moves|-Verlags in jeglicher Hinsicht gerecht wird, sondern schlichtweg eine hervorragende Taktik-Simulation, deren Verlauf sich wirklich von Spiel zu Spiel radikal ändern kann. Erneut hat man den Schwerpunkt eines Titels ganz klar auf den taktischen Inhalt gesetzt und somit gezielt darauf hingearbeitet, dass die Optionen sowie die Geschicke beinahe gänzlich in den Händen des Spielers bleiben. Die Glücks-Komponente beschränkt sich lediglich darauf, welche Karten man wann nachzieht, was jedoch hinsichtlich des ausgeklügelten, in sich leicht verständlichen Mechanismus nur minimal ausschlaggebend ist. Dementsprechend sind die strategischen Möglichkeiten innerhalb des eigentlich recht simplen Spielverlaufs schier unbegrenzt. Ständig ist man gezwungen, seine Pläne umzuschmeißen, seine Risikobereitschaft zu revidieren oder auch einmal darüber nachzudenken, Karten zu werten, obwohl sie noch nicht optimal ausgereizt sind. Man kann es sich nämlich kaum leisten, jedes Mal auf die vollständige Erfüllung eines Auftrags zu pochen, da währenddessen die Konkurrenz mit höherer Geschwindigkeit vorbeizieht und das Spiel schließlich schneller zu Ende ist, als man es möchte.
Aus diesen Gründen darf man „Zanzibar“ als eines der leider wenigen guten Taktik-Spiele der laufenden Saison und der letzten Essener Messe ansehen und es als dicken Geheimtipp auch munter weiterempfehlen. Erfolgsautor Franz Benno Delonge hat ein leicht verständliches, im Hinblick auf die zunächst kaum vermutete Spieltiefe dennoch geniales Produkt konzipiert, welches trotz erster Befürchtungen bei der Materialbegutachtung voll und ganz überzeugt.
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