Donald McQuinn – Die Mondtänzer (Moondark-Saga 4)

Zwei Kirchen im Post-Holocaust-Zeitalter

500 Jahre nach dem atomaren Holocaust und den Genkriegen, die den größten Teil der Weltbevölkerung vernichteten, wachen die letzten Überlebenden in einem Bunker auf. Die Welt hat sich grundlegend verändert, aber das Dutzend unterschiedlichster Charaktere muss es erst noch herausfinden – auf die harte Tour.

Der Nordwesten der ehemaligen Vereinigten Staaten in ferner Zukunft. Gan Moondark ist es gelungen, den Tyrannen König Altanar zu vertreiben und sein Volk zu einen, doch nach wie vor bedrohen die kriegerischen, wilden Bergmenschen den Frieden. Auch die Mondtänzer, ein sektenartiger Kult des Bösen, der sich gegen die Herrschaft der Kirche auflehnt, finden immer mehr Anhänger.

Die Rosenpriesterin Sylah erhofft sich die Lösung der Wirren vom Wissen der Lehrer. Vor langer Zeit verbot man diesen Mitgliedern der Kirche zu lehren, und deren althergebrachte Weisheit ist nun hinter der „Tür der Lehrer“ verborgen. Sylah begibt sich auf die Suche danach und damit auf eine Odyssee, die die Welt retten oder vernichten kann. Und so müssen die Rosenpriesterin und ihre Gefährten nicht nur vor den Mondtänzern auf der Hut sein, sondern auch vor ihrer eigenen Kirche, die ihre Suche mit allen Mitteln verhindern will. (Verlagsinfo)

Der Autor

Donald E. McQuinn war 20 Jahre lang bei den US-Marines, bevor er sich mit seine Frau im Nordwesten der USA niederließ, um Spionageromane zu schreiben. Die Fantasy-Trilogie um den Krieger Gan Moondark ist eine der besseren, was das Setting angeht, bietet aber nur wenig Anspruchsvolles, was die Story und die Charakterisierung anbelangt. Goldmann veröffentlichte insgesamt neun Bände.

1) Die Rosenpriesterin (Warrior 1)
2) Das Spiel des Kriegers (Warrior 2)
3) Die Geiseln des Königs (Warrior 3)

4) Die Mondtänzer (Wanderer 1)
5) Der dunkle Pfad (Wanderer 2)
6) Ort ohne Dunkelheit (Wanderer 3)

7) Die Verstoßene (Witch 1)
8) Hexengift (Witch 2)
9) Wolfsgesang (Witch 3)

Handlung

Eine Prophezeiung ist ausgesprochen worden, und ein Todesurteil wurde verhängt: Die Rosenpriesterin ist todgeweiht. Doch Sylah ahnt noch nichts von diesem kommenden Unheil, als sie in der Burg des gestürzten und verjagten Tyrannen Altanar sitzt und sinnend in die Flammen starrt. Gan Moondark hat Altanar verjagt, aber Sylahs Geliebten Clas als Feldherrn gegen die Bergmenschen geschickt.

Wider Erwarten platzt Clas in ihr düsteres Zimmer und schließt sie in seine Arme. Wie gern hört sie, dass sie ihm gehöre, so wie er ihr. Wie schade aber auch, dass er als Statthalter Gans zu den Bergvölkern aufbrechen soll. Sylah hat indessen einen anderen Plan: Sie will die „Tür der Lehrer“ öffnen, die seit langer Zeit von der (rein weiblichen) Kirche verschlossen wurde. Vor langer Zeit verbot man diesen Mitgliedern der Kirche zu lehren, und die althergebrachte Weisheit der Männer ist nun hinter der „Tür der Lehrer“ verborgen.

Opposition

Dieser Plan, kaum gerüchteweise bekannt geworden, ruft mächtige Gegnerinnen auf den Plan. Erst wird ihre Freundin Lanta, einer Seherin, zum Ausspionieren Sylahs genötigt, doch Lanta verrät ihr diesen Plan. Dann trifft die Erntemeisterin Odeel in Ola ein, um mit Sylah zu Sprecherin. Schon bei ihrer Ankunft kommt es zu einem Kampf zwischen ihrem Kapitän und Tate, der Kriegerin, die Sylahs Freundin ist. Bei dem Kampf wird Tate schwer verletzt und siegt bzw. überlebt nur dank der Hilfe eines Sklavenjungen, den sie adoptiert.

Die herrische Ordensoberin befielt Sylah, von ihrem ketzerischen Plan abzulassen, und verlangt auch von Gan Moondark Willfährigkeit. Sie bekommt weder von der einen noch vom anderen Gehorsam und rauscht wütend wieder ab. Doch nicht endgültig…

Die Mondtänzer

Jones, der Priester, ist ein weiterer Überlebender des Holocausts. Er hat sich aber frühzeitig von den anderen, die aus dem Kälteschlaf erwacht sind, abgespalten und sich König Altanar angeschlossen. Das war ein Fehler, denn Altanar war von Gan und den anderen Erwachten besiegt worden und befindet sich nun auf der Flucht. Aber nicht für lange: Die kleine Reitergruppe gerät in einen Hinterhalt und der Krieger Fuchs nimmt Jones persönlich gefangen, um ihn zu foltern.

Die Folter verändert Jones‘ Geist nachhaltig. Liegt es daran, dass Sylah einst den Schwerverletzten einer Schädel- und Gehirnoperation unterzog, die ihm das Leben rettete? Oder hat die Macht des seherischen Traums ihm die Botschaft der Mondgöttin überbracht? Wie auch immer, die primitiven Menschen dieser Gegend, allen voran Fuchs, betrachten den überlebenden Jones mit Ehrfurcht. Die Mondgöttin verlangt nun nach zwei Dingen: Menschenopfer und Mondtänze. Viel davon …

Hinterhalt

Die Erntemeisterin kehrt zurück zu Sylah und gibt sich versöhnlich. Doch nach dem gemeinsamen Tee, den Sylah gern mit ihr eingenommen hat, fühlt sich Sylah auf einmal schwach und wackelig auf den Beinen. Sie hat keinen eigenen Willen mehr. In ihren offenen Verstand weiß die hinterlistige Hohepriesterin hypnotische Befehle zu pflanzen. Wie diese sich auswirken werden, wird die bevorstehende Reise an den „Ort ohne Dunkelheit“ erweisen. Dort soll die sagenumwobene „Tür der Lehrer“ zu finden sein.

Doch der Weg in den wilden Süden, auf dem Lanta, Tate und Conway sowie der Junge sie begleiten, ist voller Gefahren. Und kreuzt den Weg des Volkes der Mondtänzer…


Mein Eindruck

Wie wahrscheinlich oder plausibel es ist, dass die Welt untergeht und sich ein paar in Kälteschlaf befindliche Krieger 500 Jahre danach wieder aus ihrem künstlichen Grab befreien, sei mal dahingestellt. Diese Prämisse ist ebenso gut wie jede andere, die eine Art Zeitreise erlaubt. Dass es sich um Marines handelt, ist natürlich kein Zufall, denn als Ex-Marine kennt sich der Autor bestens mit dieser eingeschworenen Gemeinschaft aus. Und um Gemeinschaften geht es ständig.

Die Kirche

In diesem ersten Drittel des Gesamtromans formen sich zwei grundverschiedene Gruppen, die dann später wohl aufeinandertreffen werden. Die erste Gruppe erwirbt unsere Sympathie, obwohl Sylah und ihre Gefährten dabei sind, eine große Häresie zu begehen: Sie wollen einen Wissensschatz der Vergangenheit heben, zu dem der Zugang streng verboten ist.

Dennoch schafft es Sylah, die Loyalität von Tate, Conway (zweier Erwachter) und von Lanta zu erwerben. Spannend wird die Reise nicht nur durch viele Konflikte und Auseinandersetzungen, sondern auch durch die Sabotageversuche seitens der etablierten Kirche, der Sylah ja angehört. Als Joker ist der Junge Dodoy Teil der Expedition, und er scheint nichts Gutes im Sinn zu haben.

Die Mondtänzer

Die zweite Gemeinschaft ist ebenfalls eine religiöse: die Mondtänzer. Pater Jones stammt ebenfalls aus der Zeit vor 500 Jahren, als die Welt unterging. Daher verfügt er über ausgefeiltes technisches Wissen, das ihm am Schluss dieses Bandes sehr zupass kommen wird. Vorerst jedoch muss er bei den Bergmenschen dem für ihn vorgesehenen Tod entkommen.

Dass er den Tod besiegen kann und tödliche Klapperschlangen ihm dienen, macht ihn in den Augen der Primitiven bereits zu einem heiligen Mann. Doch er sagt, die Mondgöttin allein habe ihm seine Macht verliehen. Das macht ihn zum Propheten, zum Messias. Obwohl seine Krieger immer wieder an ihm zweifeln, schafft er es, mit Taktik und Strategie einen Sieg nach dem anderen einzuheimsen.

Seine größte Prüfung liegt noch vor ihm. Ein gewisser Katallon hat eine Vielzahl von Stämmen der Ödlande, die der Holocaust geschaffen und hinterlassen hat, unterworfen und zieht mit diesem heterogenen Volk Richtung Pazifikküste. Der Haken an Katallons Volk für Jones nun der, dass Katallons Mondpriester ein Monopol auf die Interpretation des Willens der Mondgöttin beansprucht. Diese Deutungshoheit ist für eine Kirche von zentraler Bedeutung: Nur wenn sie innehat, darf sich auch Kirchenoberhaupt nennen und über Herrscher bestimmen. So erging es beispielsweise gewissen deutschen Kaisern, die den „Gang nach Canossa“ zum Papst antreten mussten.

Einer der beiden Höhepunkte, die dieser Band bietet, besteht nun in dem Duell der beiden Priester, also dem von Katallon mit diesem dahergelaufenen Wilden namens Jones. An dieser Stelle darf nicht verraten werden, wer dieses Duell der magischen Tricks für sich entscheidet, aber Jones setzt einen sehr bemerkenswerten Apparat ein, den ihm Zimmerleute und Schmiede zusammengebaut haben. Was dieser seltsame Apparat, dessen Beschreibung allein schon kompliziert genug ist, leistet, muss man selbst gelesen haben.

Die Übersetzung

Andreas Helweg, der Übersetzer, ist den meisten Fantasylesern als Übersetzer der Romane von Terry Goodkind, „Game of Thrones“ und „Shannara“ ein Begriff. Er ist seit über 20 Jahren quasi der Hausübersetzer von Blanvalet / Goldmann. Dementsprechend hohe Qualität im Ausdruck kann er vorweisen. Aber auch ihm sind Flüchtigkeitsfehler unterlaufen.

S. 142: „Wenn du nur gesund genug warst“. Statt „warst“ muss hier der Konjunktiv „wärst“ stehen.

S. 155: „Beladen mit (…), [so]gar ganzen Bäumen…“ Das „so“ fehlt.

S. 171: „Bürde eines nächt[l]ichen Ritts…“ Das L fehlt.

S. 243: „Die Hitze erhöhte die Duktilität des Kupfers.“ Der DUDEN besagt, es bedeute die Dehn- und Verformbarkeit von Metall. Das passt.

S. 315: (Der Kleine) kam mit der Behändigkeit [s]eines Tieres wieder auf die Beine.“ Das S ist überflüssig.

Unterm Strich

Der Auftaktband zum zweiten Roman „Wanderer“ der Moondark-Trilogie bereitet erst einmal das Feld, auf dem sich die zweigeteilte Handlung entfalten kann. Die Versuche der Kirche, Sylahs Suche nach verbotenem Wissen, zu vereiteln, machen schon dieses Vorspiel spannend. Auch Anschläge auf Tate und Conway lassen Schlimmes erwarten. Sie bereiten den Leser darauf vor, welche Hindernisse, Konflikte und Auseinandersetzungen es für Sylahs Gemeinschaft zu bewältigen geben wird.

Die zweite Gemeinschaft schart sich um einen weiteren Überlebenden des Holocaust. Jones wird erst Heiliger, dann Prophet, schließlich Hohepriester eines Volkes, das er um sich schart. Seine Kämpfe sind listig, seine Duelle voller Überraschungen. Wer erwartet, dass ein Mensch der Neuzeit keine Mühe hätte, mit seinem technischen Wissen die „Primitiven“ zu überzeugen und um sich zu scharen, sieht sich bald eines Besseren belehrt. Psychologie zählt weitaus mehr als Waffen und Technik.

Da die beiden Handlungsstränge blockweise parallel zueinander verlaufen, laden sie den Leser dazu ein, die psychologischen und sozialen Mechanismen zu vergleichen, mit deren Hilfe sich eine Gemeinschaft formen kann. Sylah erzeugt Loyalität und Treue, Jones erzeugt durch Glauben Unterwürfigkeit und Gefolgschaft. Ob das schon Religionskritik ist, wage ich zu bezweifeln. Auf jeden Fall ist Jones‘ Entwicklung ebenso interessant gestaltet wie Sylahs Reise.

Der Verlag hat leider jeden Roman in drei Teile aufgedröselt, so dass der Käufer richtig gut draufzahlt.

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Broschiert: 348 Seiten
Originaltitel: The Wanderer, Book One, 1993
Aus dem US-Englischen von Andreas Helweg
ISBN-13: 978-3442248391

www.randomhouse.de/blanvalet