Erik Kellen – SeelenZauber: Die Wahrheit

Band 1: GezeitenZauber – Die Bestimmung“
Band 2: „Seelenzauber – Die Wahrheit“

Fürs Erste ist es Liran gelungen, Nilah vor ihren Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Doch der Preis, den er dafür gezahlt hat, ist hoch, und wie er nur zu bald feststellen muss, hat Nilah die Ereignisse im Völkerkundemuseum nicht schadlos überstanden …

Empfand ich nach der Lektüre des ersten Bandes den Punkt, den der Autor als Ende gewählt hat, noch als verfrüht, zeigte sich im Laufe der Fortsetzung jedoch, dass es insgesamt gesehen die beste Stelle war. Denn nach den Ereignissen im Völkerkundemuseum und der rasanten Flucht verändert sich die Geschichte massiv.

Zum einen verlagert sich der Schwerpunkt hin zu Nilah. Zwar taucht auch Liran in regelmäßigen Abständen auf, und es wird dann auch teilweise aus seiner Sicht erzählt, wesentlich öfter jedoch werden die Ereignisse aus Nilahs Sicht geschildert. Vor allem aber spielt ein ganz erheblicher Teil an einem Ort, an den Liran nicht gelangen kann: in Nilahs Seele.

Diesen Teil der Handlung könnte man schon fast als psychologielastig empfinden, hätte der Autor ihn nicht durch seine intensive Sprache und seinen Ideenreichtum so lebendig und eindringlich ausgestaltet, dass er regelrecht leuchtet. Dennoch ist Nilahs Innenleben nicht leicht zu lesen. Die Vergangenheit, die hier bewältigt wird, erklärt eine Menge Eigenarten Nilahs, diese ist sich allerdings nicht sicher, ob sie so manche ihrer Fragen wirklich beantwortet haben will. Statt dessen scheut sie immer wieder zurück. Eine mühsame Angelegenheit.

Der Zusammenhang, in dem Nilahs Innenleben zum Rest der Ereignisse steht, lässt eine Unterbrechung der Handlung danach kaum noch zu, zumal nach Nilahs erstem Aufenthalt innerhalb ihres Selbst auch außerhalb das Erzähltempo wieder anzieht.

Allerdings kommt an dieser Stelle der Punkt, wo die Geschichte dann vielleicht doch ein wenig zu viel will. Denn Liran verlangt von Nilah, sich endlich ihrem Schicksal zu stellen. Nur kann der Autor sich offensichtlich nicht so recht entscheiden, was das denn sein soll. Zum einen ist da Oma Eddas Botschaft, die Atticus Finch endlich entschlüsselt hat. Zum anderen ist da A’kir Sunabru. Letztlich muß Nilah es mit beidem aufnehmen.

Das wäre nicht mal unbedingt ein Problem gewesen. Tatsächlich sorgt die Tatsache, dass beide Aspekte aufeinander zutreiben, nur um sich ausgerechnet am Höhepunkt zu treffen, für einige Spannung. Aber eben auch für einen Knacks. Liran weiß schließlich, dass Sunabru Nilah im Genick sitzt. Mit einer solchen Bedrohung an den Hacken einen geheimen Ort aufzusuchen, ist im Grunde sträflicher Leichtsinn! Zumal die Ereignisse, die daraus resultieren, zu einem weiteren Knacks geführt haben. Denn im Grunde macht eben dieses Resultat ein weiteres Beschützen der Schöpferseele völlig überflüssig! Tatsächlich hätte ich sogar noch wesentlich weitreichendere Konsequenzen in Bezug auf die weitere Existenz der Welt erwartet.

Der eigentliche Showdown war dann durchaus beeindruckend. Schade fand ich nur, dass entgegen meiner Hoffnung der Bösewicht etwas stiefmütterlich behandelt wurde. Zwar erfährt der Leser, was der Auslöser für Sunabrus Entwicklung war, die Beschreibung erfolgt jedoch nicht aus seiner eigenen Sicht, sondern von außen. Die Gedanken und Gefühle des Antagonisten bleiben dadurch komplett außen vor. Außerdem nimmt dieser Passus gerade mal drei Seiten in Anspruch. Nicht annähernd genug, um dem Charakter auch nur ansatzweise dieselbe Tiefe und Intensität zu verleihen wie Nilah und Liran.

Unterm Strich muss ich zugeben, dass ich mich mit dem zweiten Teil der Geschichte schwerer getan habe als mit dem ersten. Das lag vor allem an Nilahs kompromisslosem Idealismus, der hier vermehrt in den Vordergrund tritt. Im Grunde gilt Leuten, die sich für eine bessere Welt einsetzen, meine Bewunderung. Nilah jedoch neigt dazu, gelegentlich die Mitglieder einer Gruppe alle über einen Kamm zu scheren, und so was stört mich.

Trotzdem hat mir die Geschichte gefallen. Der Autor verfügt nicht nur über eine immense Vorstellungskraft, sondern auch über eine ausgeprägte Empfindsamkeit für die Schönheit der Natur. Seine ausdrucksstarke Sprache gibt diese Vorstellungen und Eindrücke auf beeindruckende Weise an den Leser weiter. Das macht die beiden Bücher auf jeden Fall zu einer sehr lesenswerten Lektüre.

Erik Kellen lebt in Hamburg und hat schon eine ganze Reihe Jobs hinter sich. „Gezeitenzauber“ war sein Romandebut, das mit „Seelenzauber“ zu Ende geführt wurde. Außerdem schreibt er an einem weiteren Zyklus, The Empire of Stones, der inzwischen ebenfalls zwei Bände umfasst.

Taschenbuch 420 Seiten
ISBN-13: 978-1494243265

http://www.erik-kellen.de

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