Andreas Eschbach – Quest. SF-Roman

„Quest“ ist eine Space-Opera mit nur einem Thema: die Suche nach dem Planeten des Ursprungs, nach dem Schöpfergott des Universums, nach dem Sinn des Lebens. Man sieht: Das sind reichliche hohe und viele Themen für einen Abenteuerroman. Und so verwundert es nicht, dass sich der Anteil an Abenteuern stark in Grenzen hält. Aber dafür hat der Roman andere Qualitäten vorzuweisen, beispielsweise glaubwürdige Figuren und zwei gute Liebesgeschichten.

Handlung

Mehrere zehntausend Jahre in der Zukunft spielt dieses Abenteuer, und es dürfte sich um die gleiche Gegend handeln, wie wir sie auch in Eschbachs „Die Haarteppichknüpfer“ angetroffen haben, allerdings ist die Ära der dort angebrochenen Republik bereits wieder vorüber. Von Haarteppichknüpfern ist hier auch keine Rede mehr.

Um den Hauptplaneten Geerh hat sich eine Konföderation gebildet, deren politisches Zentrum zwar der so genannte „Pantap“ als oberster Herrscher bildet, deren geistig-kultureller Mittelpunkt jedoch das riesige Archiv des Pashkanariums darstellt. Dort, auf der Welt Pashkan, wird das Wissen des (bekannten) Universums von einem streng geführten Mönchorden gehütet, und der Junge Bailan ist ein Novize des Ordens. Wir folgen Bailans Abenteuern, und somit ist diese Space-Opera durchaus als Jugendbuch anzusehen. (Hier bestätigt sich die alte Lektorenweisheit, dass das ideale Lesealter für Science-Fiction bei zwölf Jahren liegt.)

Eines Tages sieht sich Bailan einer Invasion gegenüber, die doch tatsächlich dem Zweck dient, das riesige Archiv auszurauben, besonders einen bestimmten Bereich: Man sucht angeblich nach Hinweisen auf den „Planeten des Ursprungs“. Bailan darf sich den Räubern als Hüter dieser Schätze anschließen, was er gerne tut. Außerdem: Wenn er bliebe, würden ihm die Ordensoberen eine Strafe für seine Nachlässigkeit aufbrummen, die ihm nicht gefallen würde.

Die Räuber gehören zum Fernerkundungsraumschiff MEGATAO (so wird es durchgehend geschrieben), das unter dem Befehl von Kommandant Eftalan Quest steht. Angeblich handelt er auf Befehl des Pantaps, doch wie sich später zum Entsetzen der Offiziere herausstellt, unternimmt er all dies und noch viel mehr auf eigene Rechnung. Sein geheimes Ziel: Gott in den Hintern zu treten – das sagt er natürlich keinem. Außerdem scheint er vor der Invasion der Flotte des Sternenkaisers zu fliehen, die seine Heimatwelt Toyokan zerstört hat – um vielleicht eine Superwaffe zur Verteidigung zu finden? Keiner weiß Genaues. Quest, ein Renaissancemensch wie Orson Welles, spielt die Rolle des Käptn Ahab: Er kennt nur ein Ziel, koste es, was es wolle. Dumm nur, dass er unter einer tödlichen Krankheit leidet, deren Schmerzen nur seine Heilerin Vileena zu lindern vermag.

Auf der Schnitzeljagd nach dem „Planeten des Ursprungs“ erhalten Quest und seine Offiziere, die „Edlen“, Hinweise von Superwesen, den Yorsen. Unterwegs zur nächsten Welt sammelt die MEGATAO ein gestrandetes Kleinraumschiff auf, das neun Tote und nur einen Lebenden enthält: Smeeth. Er ist so eine Art geheimnisvoller Übermensch. Von den auf Standesunterschiede bedachten Edlen wird Smeeth aufgrund seiner republikanischen Ansichten schief angesehen, doch er hat ein paar gute Hinweise für Quest. Nachdem er durch seine Affäre mit Quests Heilerin Vileena an Bord Eifersüchteleien provoziert hat, kommt man Smeeth auf die Schliche: Er ist ein Unsterblicher! Daran haben etliche Leute heftig zu knabbern, nicht zuletzt Vileena, schließlich ist sie wohl nicht seine erste Geliebte …

Bailan hat unterdessen seine eigene Liebesaffäre, und zwar mit einer so genannten „Niederen“. Sie arbeitet als Putzfrau und hat nicht einmal einen offiziellen Namen, sondern nur eine Nummer: Tausendvier. So lernt Bailan quasi die Unterseite des Schiffes kennen, das eine Welt für sich bildet und ein Abbild seiner Gesellschaft en miniature ist. Leider geht es mit der Entzifferung der Archive über den Paneten des Ursprungs kaum voran. Da hilft es, einen weiteren Yorsa zu treffen, der ihnen von einem Volk erzählt, das noch älter ist als die Yorsen: Auf dem Planeten der Mem’taihi soll der Mittelpunkt des Universums liegen, doch eine Barriere ist zu überwinden. Nun wird’s richtig spannend. Seltsam, dass Smeeth dennoch reichlich desinteressiert wirkt …

Mein Eindruck

Jedes Jugendbuch sollte seine Helden und Heldinnen mit Wunderdingen konfrontieren, auf dass sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse bereichern. Diese Funktion erfüllt „Quest“ geradezu vorbildlich: Bailans Weltbild wird geradezu auf den Kopf gestellt. Und hinter jeder neuer Erkenntnis tauchen natürlich weitere Fragen auf, denn nichts ist gewöhnlich so wie es scheint – beispielsweise gestrandete Unsterbliche.

Allerdings packt Eschbach über diese an Jugendliche gerichtete Handlung noch zwei weitere hinein, die sicher mehr für Erwachsene interessant sind: die Suche nach dem „Planeten des Ursprungs“, sprich: Gott; und schließlich die dramatischen Ereignisse, die zu erheblichen Umwälzungen in der Kommandostruktur an Bord führen. Diese haben weder etwas mit der Suche noch mit Bailan zu tun, sondern mit Quest, Smeeth und Vileena. Jüngere Leser werden mit diesen Passagen wenig anzufangen wissen, ältere – sagen wir ab 25 – dafür umso mehr.

Kritik

Diese Vermischung der Handlungsebenen führt nicht nur zu partiellem Desinteresse: Was interessiert einen Erwachsenen, was Bailan unter Deck an sexuellen Erfahrungen macht – was interessiert einen 12-Jährigen, welche philosophischen Probleme Quest wälzt? Das eine kann einen Fan von „Star Trek“ interessieren, das andere einen Freund von „per Anhalter durch die Galaxis“, nur nicht so witzig.

Nein, das führt auch zu einer Vermischung von Tonlagen. In Bailans Augen erscheinen manche Verhaltensweisen der Erwachsenen, besonders der Offiziere, in ironischem Licht, nämlich irgendwie übertrieben und unangebracht. Humor ist ja willkommen, nur eben auf eine konsistente Weise. Denn schon wenig später erscheinen dem Autor die Probleme der Erwachsenen, insbesondere alles, was Smeeth betrifft, als furchtbar ernst und wichtig. Und so geht es weiter auf und ab. Wir sind schon froh über jede Gelegenheit, zu der wir auch über Bailans Abenteuer schmunzeln dürfen.

Unterm Strich

Für Actionfreunde bietet das Buch vor allem zu Beginn dramatische Szenen, danach fällt dieser Pegel schwer ab. Dafür kommen Freunde von Charakterentwicklung, dem Lüften von Geheimnissen und von seltsamen Fremdwesen auf ihre Kosten. Wer über genügend Geduld verfügt, dürfte „Quest“ also mit Vergnügen lesen. Doch anders als „Das Jesus-Video“ wird man es wohl nicht so bald verfilmen. Dafür hat das Buch einfach zu wenig Pfiff.

Taschenbuch: 528 Seiten
ISBN-13: 978-3453520950

https://www.heyne.de

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