Andreas Eschbach – Die schlafenden Hüter (Das Marsprojekt 5)

Dies ist das Ende einer Geschichte – und der Anfang einer hoffnungsvollen Zukunft für die Marssiedler. Seit das Mädchen Ellin auf dem Mars von einem unerklärlichen Leuchten auf Artefakte aufmerksam gemacht wurde, die sich schließlich als Schlüssel zu einer alten außerirdischen Station entpuppten, ist viel passiert. Ariana hat sich verliebt, Ellin, Carl und Urs sind durch einen der »Blauen Türme« auf die Erde gelangt und nun mit dem Milliardär und Erfinder des Fusionsreaktors unterwegs zurück zum Mars. Eine radikale Organisation, die »Heimwärtsbewegung«, schreckt selbst vor brutalen Anschlägen und Überfällen nicht zurück, um das Raumfahrtprogramm und vor allem das Marsprojekt zu stoppen.

Die Ereignisse und Interessengruppen bewegen sich in diesem Roman auf einen Höhepunkt zu, in dem das große Finale der Romanquintologie statt finden soll. Die Außerirdischen erwachen. Außerirdische! Bis zum vierten Band waren sie wenig mehr als Hirngespinste der kleinen Ellin, die sich von ihnen gerufen fühlte. Im vierten Band gibt es erstmals echte Beweise für ihre Existenz, und im finalen Roman erwachen sie. Der Titel legt nahe, dass alles gut ausgeht. Dem Leser wird ab einem gewissen Alter auffallen, dass die Gefahren für die Aliens und die Türme erstens nur ein schriftstellerischer Trick sind, der Spannung erzeugt und die Handlung bereichert, und zweitens für die Lösung des Knotens nötig sind, damit die Menschen wieder ungestört den Mars besiedeln können und nicht Hunderttausend heuschreckenähnliche Aliens auf der Plaza ihre Fiesta feiern. Den Wesen wird ein Ausweg geboten, den Menschen ihre technische Überlegenheit demonstriert und dadurch zu neuer Einheit und gemeinsamer Stärke verholfen. Das große Abenteuer für die Marskinder geht zu Ende, sie werden langsam erwachsen.

Andreas Eschbach steht inzwischen für extrem gute Unterhaltung. Jeder kann ihn lesen oder hören, ohne Kopfschmerzen zu bekommen, und trotzdem behandelt er bewegende Themen und geht auch ins Detail dabei. Man kann ihn auf verschiedene Weise lesen: Eine in eine packende Story verpackte mahnende Erinnerung an die Zukunft, einen Einblick in unbekannte Bereiche unserer Gesellschaft, einfach als entspannende und spannende Lektüre, als eine Studie genialer Stilentwicklung und meisterhafter Sprachgestaltung, und so weiter.

Die Leser der ersten Stunde wissen gerade seine Science-Fiction zu schätzen, und genau dadurch ist Andreas Eschbach ins Rampenlicht getreten. Zu ihrem Leidwesen verlagerte sich Eschbachs Schwerpunkt recht schnell – raus aus der Schublade, möglichst weit weg von Aliens, Raumschiffen und Laserkanonen. Der Qualität seiner Bücher tut das keinen Abbruch und die Allgemeinheit gewann ein begeisterndes Talent. Natürlich bleibt der SF-Fan trotzdem am Ball, immer auf der Suche nach dem Hauch von Eschbachs Visionen, der bisher jedem seiner Romane anhaftet. Außerdem: einmal Eschbach, immer Eschbach! Seine Schinken sind einfach gut.

Mit dem »Marsprojekt« tröstete Eschbach seine Leser über die SF-freie Durststrecke der »Erwachsenen-Bücher« hinweg und nutzte das Medium der Jugendromane für die Utopie. Die ist jedoch mit dem vorliegenden fünften Band der Reihe abgeschlossen. Und was jetzt? Erwartet uns eine düstere Zukunft ohne Eschbach’sche Zukunftsvisionen?

Auch beim »Marsprojekt« bewahrheitet sich die Erkenntnis über Fortsetzungen erfolgreicher Geschichten: War der erste Roman – später subtituliert mit »Das ferne Leuchten« – ein typischer, nicht zu übertreffender Wurf aus seiner Ideenkiste voll Charisma, sind die Fortsetzungen »nur noch« gute Unterhaltung und kreative Storyentwicklung, lassen aber dieses Eigenleben eines überragenden Romans vermissen. Mit »Die Schlafenden Hüter« hat Andreas Eschbach einen würdigen Abschluss des Abenteuers geschrieben und dabei ein echtes Ende geschaffen, eine dem Erzählten angemessene endgültige Situation. Zurück bleibt der Wunsch nach einem Roman ohne vorhersagbare Wendungen und mit diesem Offenbarungsgefühl, dem Erahnen großer Zusammenhänge und der Bedeutungslosigkeit des Menschen. Eschbach for SF, und wenn’s nur hin und wieder ist!

361 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-401-06061-3

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