EXEMPLA-Jubiläum

|Die Baden-Württembergische Literaturzeitschrift „exempla“ feierte im Juni 2005 ihr dreißigjähriges Bestehen mit einer Doppelausgabe und einer Autorenlesung in Ludwigsburg. Unter der Herausgeberschaft von Ursula Jetter avancierte „exempla“ damit zur ältesten Literaturzeitschrift in Baden-Württemberg.|

Zur Jubiläumslesung in der Ludwigsburger Stadtbibliothek pilgerten nicht nur eine staatliche Anzahl Zuhörer, sondern auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit klangvollen und bekannten Namen, darunter der Lyriker Wolfgang Rappsilber und seine Nachfolgerin in der Herausgeberrolle, Ursula Jetter. Neben dem Cannstatter Urgestein Wolfgang Jenne lasen auch jüngere Autoren und Autorinnen. Dieses Netzwerk von Beiträgern bewies, wie lebendig die Literaturlandschaft in Baden-Württemberg ist und dass sie in der Lage ist, anhaltend Talente hervorzubringen und zu fördern, ohne die es keine Kontinuität gäbe.

|Der Werdegang der Zeitschrift: Katastrophen und Ehrungen|

Dass es die „exempla“ überhaupt noch gibt, grenzt beinahe schon an ein Wunder. Mehr als einmal stand sie vor dem Aus. Eine Studentengruppe um Peter Poertner, einem ehemaligen Mitherausgeber des Konkursbuches und heutigem Professor für Japanologie, und den Germanisten Ralf Roger Glöckler gründete die Zeitschrift 1974 in Tübingen.

Schwerpunkt des Konzepts war die Förderung junger literarischer Talente in den Bereichen Lyrik, Kurzgeschichte und Essay. Es entstanden auch Hefte mit thematischen Schwerpunkten, wie etwa über Südamerika, Ägypten oder zu Thaddäus Trolls 70. Geburtstag.

Nach dem Weggang der Gründungsmitglieder übernahm 1980 der Lyriker Wolfgang Rappsilber, ein Mitglied des Schriftstellerverbandes VS, die Herausgeberschaft der „exempla“, die fortan im AS-Verlag (|Ankenbauer & Spöhr|) erschien. Rappsilber konnte sich auf einen wachsenden Abonnentenkreis stützen. Als der Verlag jedoch in Schwierigkeiten geriet, schließlich 1987 liquidiert wurde und Rappsilber das Handtuch werfen wollte, schien das Ende der „exempla“ gekommen.

|Teamwork und internationale Ehren|

Doch die Krise konnte er gemeinsam mit der Möglinger Musiktherapeutin Dr. Ursula Jetter, ebenfalls einem VS-Mitglied, meistern. Ab 1990 war Jetter Mitherausgeberin, heute ist sie Alleinherausgeberin der „exempla“. Jetter wurde in den Internationalen P.E.N.-Club aufgenommen und erhielt dort 2001 für ihr literarisches Werk und ihr langjähriges Engagement als Herausgeberin einen Literaturpreis. Nunmehr erscheint die „exempla“ im Eigenverlag.

|Exitus interruptus|

Doch im Jahr 2002 drohte erneut das endgültige Aus für das Projekt. Als die finanzielle Unterstützung aus Mitteln des badenwürttembergischen Kunstministeriums Knall auf Fall gekündigt wurde, steckte die „exempla“ mitten im laufenden Produktionsprozess. Dieser musste ebenso eingestellt werden wie der aller anderen Literaturzeitschriften im so genannten Musterländle. Nur durch ein persönliches Vorsprechen beim Ministerpräsidenten Erwin Teufel selbst erreichte Jetter eine Einmalzahlung von jeweils 3000 Euro als Übergangsgeld. Danach blieb die Zeitschrift auf Gedeih und Verderb sich selbst überlassen. Aus diesem Grund sucht die Herausgeberin laufend Sponsoren, um das weitere Erscheinen abzusichern.

|Das heutige Aufgabenfeld|

Ursula Jetter organisiert laufend Lesungen, Ausstellungen, Workshops und Studientage. Regelmäßig hält sie Vorträge zu Autoren ihres Netzwerks. „Die ‚exempla‘ sieht ihre Aufgabe darin, Texte von unbekannten, förderungswürdigen Autoren zu veröffentlichen, aber auch arrivierte Schriftsteller aus ganz Europa zu präsentieren“, erläutert die Herausgeberin. „Literarisch befasst sich die Zeitschrift wie in ihren Anfängen mit den Formen Lyrik, Kurzgeschichte, Essay, druckt aber auch Ausschnitte unveröffentlichter Romane ab.“ Ferner fördert sie behinderte und verfolgte Schriftsteller.

In ihrer thematischen Vielfalt spiegle sich menschliches Sein im Kontext und der Auseinandersetzung mit einer pluralistischen, oft widersprüchlichen gesellschaftlichen Wirklichkeit, so Jetter. Das Motto der Jubiläumslesung lautete nicht von ungefähr: „Der Mensch, das noch nicht festgestellte Tier“. Das Zitat stammt von Friedrich Nietzsche (aus: „Zur Genealogie der Moral“). Die Ausgabe des Jahres 2000 beschäftigte sich mit dem Thema „Die Schuld- und Judenfrage“, ein Jahr später stand der 11. September im Mittelpunkt, und im Jahr 2002 lautete das Thema „Europa – Osteuropa“.

|Die aktuelle Ausgabe|

In der aktuellen Doppelausgabe sind weitere wichtige Namen versammelt, so etwa Peter Chotjewitz, Elisabeth Alexander, Norbert Sternmut, Rainer Wochele, Carmen Kotarski, Hartmut Steegmaier, Widmar Puhl, Regine Kress-Fricke und Reinhard Gröper. An dieser Stelle können aus Platzgründen leider nicht sämtliche Autoren aufgeführt werden.

|Bezugsquelle|

Die ‚exempla‘ erscheint 2004/2005 im 30. bzw. 31. Jahrgang. Dies ist eine Doppelnummer, doch normalerweise erscheint die illustrierte Zeitschrift einmal im Jahr im Taschenbuchformat zu einem Preis von 6,50 Euro. Wer die Zeitschrift abonnieren, eigene Texte zur Veröffentlichung anbieten oder eine Ausgabe grafisch gestalten möchte, wende sich bitte an folgende Adresse:

Ursula Jetter (Hg.), Teckstr. 56, 71696 Möglingen (bei Ludwigsburg), Tel. 07141 / 24 19 46. Eine Mailadresse hat Ursula Jetter leider nicht.

Die nächste Ausgabe der ‚exempla‘ erscheint erst 2006. Bis dahin hat die Herausgeberin viel Gelegenheit, die Einsendungen zu sichten und auszuwählen. Doch die nächste Lesung ist bereits fest geplant.

|Über die Abbildung:

Die Skultpur des Stuttgarter Künstlers THOMAS PUTZE trägt den Titel „Rosa Gorilla“ und schmückt die Jubiläumsausgabe der EXEMPLA, passend zum Motto: „Der Mensch, das nicht festgestellte Wesen“.|