Die drei ??? und das Gold der Wikinger (Folge 45)

„Das Gold der Wikinger“, welches in der originalen Vorlage von William Arden auf das Jahr 1986 zurückgeht und eigentlich viel treffender mit „The three Investigators in the Mystery of the Wrecker’s Rock“ (sinngemäß: Die drei Detektive und das Rätsel um den Schiffbruchfelsen) betitelt wurde, schaffte den Sprung über den großen Teich erst drei Jahre später. Bei |Franckh-Kosmos| bekam dieser Fall dann seinen an die deutsche Leserschaft angepassten Namen und noch im gleichen Jahr von |EUROPA| als Hörspiel die Nummer 45 zugewiesen. 2001 erfuhren alle bis dato erschienenen „alten“ Folgen nochmals eine Überarbeitung: Die Musik musste wegen Lizenzproblemen ausgetauscht werden. Inhaltlich ist die Neuabmischung jedoch identisch mit der Urfassung von 1989.

_Zur Story_

Für einen Artikel in der „Los Angeles Post“ braucht Bobs Vater gute Bilder – da derzeit chronische Ebbe in der Kasse des Detektivbüros herrscht, ist das ein lukratives Angebot für die drei Jungs. Die Veranstaltung, um die es geht und welche die in Rocky Beach ansässige Familie Ragnarson auf einer vorgelagerten Insel stattfinden lässt, geht traditionell über mehrere Tage. Die erinnert an die Ankunft ihres norwegischen Ahnen an der Küste Amerikas. Wobei ein Kanu des ortsansässigen Cumasch-Stammes eine wichtige Rolle spielte. Im Laufe der Zeit veränderte sich der friedliche Tenor der Geschichte, und seither veranstalten die verkleideten Ragnarsons sowie deren Freunde einen fingierten Showkampf Wikinger versus Indianer.

Den Jungs gelingen viele Schnappschüsse der Feierlichkeiten, doch etwas trübt noch auf dem Meer die gute Laune. Ein verlassenes Boot treibt auf ihr eigenes zu – als sie sich darin umsehen, finden sie Blutspuren und stellen fest, dass sowohl Angler nebst Teile der Ausrüstung fehlen. Zurück an der Pier, treffen sie Kommissar Reynolds mit der verzweifelten Frau eines vermissten Anglers an. Offenbar ist es sein Boot, welches die drei bei „Ragnarson Rock“ ins Schlepp nahmen. Mrs. Manning ist absolut überzeugt davon, dass ihr Mann nicht mehr am Leben sei, besonders im Hinblick auf die blutigen Spuren im Boot und die gefundene Kleidung. Kurz darauf werden die Detektive von einem Wikinger, der sich ihnen als Sam Ragnarson vorstellt, angesprochen.

Er bietet eine Menge Geld für die Filme, doch Bob weist ihn höflich darauf hin, dass sein Vater die Exklusiv-Rechte daran hätte. Er könne jedoch gerne, nachdem dieser sich die Bilder, die er benötigt, herausgenommen habe, ein paar Abzüge erhalten. Sam lehnt diesen Vorschlag barsch ab, er wolle die Bilder jetzt und sofort. Der Tonfall wird drohend. Kommissar Reynolds taucht zufällig auf, und Sam macht sich aus dem Staub, noch bevor die Situation um Bobs Bilder noch weiter eskalieren kann. Dass die Sache längst nicht ausgestanden ist, zeigt sich am nächsten Tag, als ein Pick-up Bob verfolgt, ihn von der Straße drängt und er um die Negative erleichtert wird.

Richtig mysteriös wird der beginnende Fall dann, als der Schuldirektor der Jungs – ebenfalls ein Ragnarson – auf dem Schrottplatz auftaucht und sie um Hilfe bittet. Als ihr Schulleiter ist er natürlich über die detektivischen Ambitionen der drei Fragezeichen informiert. Die diesjährigen Festlichkeiten der Familie laufen nämlich ganz und gar nicht, wie sie sollen: Des Nächtens brandet schauerliches Wolfsgeheul und irres Gelächter auf, vorzugsweise im Nebel, und die ersten Gäste wollen schon die Flucht ergreifen. Und was hat ein seit über einem Jahrhundert toter, doch nun scheinbar munter herumspukender Kapitän eines mit Gold beladenen Schiffes damit zu tun?

_Eindrücke_

Die Romanvorlage William Ardens ist intelligent und spannend, doch seine vielen Handlungsstränge in ein 47 minütiges Hörspiel zu packen, muss zwangsläufig ein wenig daneben wirken. An und für sich ist die Story nicht übel: Ein verschwundener Angler, eine Verfolgungsjagd, ein toter Kapitän, der scheinbar wieder unter den Lebenden wandelt, das berühmte schwarze Schaf einer angesehenen Familie, geheimnisvolles Wolfsgeheul im Nebel, ein Goldschatz und ein Versicherungsbetrug – letztendlich ist das zu viel des Guten; obwohl die Pace der Erzählung dadurch oben gehalten wird, endet das Ganze doch recht konfus und unübersichtlich.

Trotz des Nebels, der häufig gute Folgen der Serie kennzeichnet, gerät diese hier eher zu einem unmotivierten Stochern in Selbigem. Vorherzusehen ist der Handlungsverlauf dennoch nicht; klar, dass auf den Bildern irgendein verräterischer Sachverhalt sichtbar sein muss, doch in welchem Kontext diese (übrigens viel zu spät von Justus gefundene) Information steht, wird an den Haaren herbeidiktiert. Apropos Justus: Diesmal kombiniert der erste Detektiv nicht nur im Alleingang, sondern auch verhältnismäßig langsam, während wir Hörer schon einen gutes Stück weiter sind und uns zu Recht fragen: „Wann kommt er endlich auf den richtigen Trichter?“ Das relativ überraschende Ende reißt da auch nichts mehr raus.

Die Sprecher sind soweit okay, auch wenn Horst Frank als Sprecher von Kommissar Reynolds schmerzlich fehlt. Wolfgang Draeger kann ihn irgendwie nicht so treffend rüberbringen wie der leider zu früh verstorbene Schauspieler. Etwas lustlos scheint auch die Figur des Sam Ragnarson (Marco Kröger) zu sein, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen: Da wäre mehr drin gewesen, um die Figur interessanter zu gestalten. Kleinere Fehler unterliefen auch bei der Dialogregie; so liegt manche Betonung und insbesondere die inkonsequente Aussprache von „Ragnarson“ (mal – korrekt – deutsch/skandinavisch, dann wieder englisch – „Räggnäss’n“ – angehaucht) daneben und einmal antwortet Justus gar auf eine Zeile von Peter mit „[…], Bob“.

Sound-Effekte und Musik sind nicht der Brüller und ordnen sich der irgendwie hastig zusammengeschustert wirkenden Geschichte unter, zwar macht sich das nicht wirklich störend bemerkbar, doch ein wenig mehr Pep hätte es dann doch sein dürfen – so jedenfalls kann man die Geräuschkulisse eher als langweilig einstufen. Irgendwie will speziell der Funke der ausgelassen feiernden Familie nicht so recht überspringen, und auch das kurzzeitige Wolfsjagd-Flair bei Nacht & Nebel verfliegt rasch, zumal bereits im Vorfeld klar ist, dass auf der Insel überhaupt keine Wölfe anzutreffen sind und folglich irgendein technischer Trick angewendet wird, um das Geheul zu erzeugen.

_Fazit_

Eine Folge, die gewollt, aber nicht gekonnt wirkt. Das Hörspiel ist dank der Kürzungen gegenüber der Vorlage zu wirr. Zu viele Handlungsstränge, Personen und Rätsel tauchen auf einmal auf, welche gegen Ende zusammengeklöppelt werden müssen, was man im Buch gut rüberbringen kann, im zeitlich begrenzten Rahmen dieses Hörspiels jedoch zwangsläufig scheitern muss. Die Sprecherqualität und die Soundkulisse gehen so weit in Ordnung, waren allerdings auch schon besser. Hörbar ist das Ganze immerhin und nicht gar so grottenschlecht, wie es jetzt den Anschein haben mag. Dennoch: Wieder einmal ist das Buch deutlich stimmiger.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel : „Die drei ??? und das Gold der Wikinger“ – Folge 45
Autor: William Arden (Franckh-Kosmos 1989)
EUROPA / Sony BMG, 1989
Lauflänge: ca. 47 Minuten
Drehbuch: H. G. Francis
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Jan Friedrich Conrad
Cover-Illustration: Aiga Rasch

Die Figuren und ihre Sprecher:

Erzähler – Alfred Hitchcock: Peter Pasetti
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Tante Mathilda Jonas: Karin Lieneweg
Mr. Andrews: Manfred Bendixen
Mrs. Andrews: Renate Pichler
Ingmar Ragnarson: Rolf E. Schenker
Karl Ragnarson: Utz Richter
Sam Ragnarson: Marco Kröger
Mr. Manning: Achim Schülke
Mrs. Manning: Julia Mahnkopf
Hauptkommissar Reynolds: Wolfgang Draeger

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