Charlotte lebt in Schweden und ist eigentlich zu jung, um Witwe zu sein, zu jung, um ihren geliebten Mann verloren zu haben. Sie vergräbt sich in ihrer Arbeit, bis eine unerwartete Nachricht ihr Leben auf den Kopf stellt: Sie hat von einer entfernten Tante eine Buchhandlung in London geerbt.
Kurz entschlossen fliegt Charlotte nach England, um das Haus zu verkaufen. Doch schnell fühlt sie sich mit dem Laden eng verbunden – genauso wie mit den beiden warmherzigen Mitarbeiterinnen, dem Kater Tennyson und dem Schriftsteller William. Sie versucht, das fast bankrotte Geschäft zu retten. Dabei stößt sie auf Widersprüche und Rätsel: Warum hat sie ihre Tante Sara nie getroffen, warum hat ihre Mutter nie von ihrer Vergangenheit erzählt, und was ist das dunkle Geheimnis der beiden Schwestern? (Verlagsinfo)
Mein Eindruck:
Der Schreibstil, die Handlung und die Charaktere sind einfach nur perfekt: „Die kleine Buchhandlung an der Themse“ ist ein unterhaltsames Wohlfühlbuch, das viel Abwechslung bietet – auch an Tiefgang sowie Dramatik mangelt es nicht!
In der Gegenwart geht es um die Schwedin Charlotte, die in letzter Zeit einiges aushalten musste, weshalb sie eher still und traurig vor sich hin lebt. Sie reist nach London um sich ihrem Erbe zu widmen, ein kleines Wohnhaus samt Buchhandlung, wo die Mitarbeiter sowie Stammkunden sie schrittweise zurück ins Leben holen.
Dieser Handlungsstrang ist ungemein vielseitig, amüsant und spannend. Charlotte gewinnt an Lebensfreude, kommt einem schwerwiegenden Familiengeheimnis auf die Spur, außerdem kämpft sie darum, die Buchhandlung vor der Pleite zu retten.
Die Seele der Buchhandlung, Martinique, hat Probleme mit ihrer pubertierenden Tochter, außerdem lernt sie endlich Nein zu sagen, denn sie sieht ein, dass andere sie allzu leicht ausnutzen können.
Die einzelnen Phasen der Weiterentwicklung der Charaktere werden sehr eindringlich, sensibel, authentisch sowie psychologisch interessant dargestellt. Die Dynamik der zwischenmenschlichen Beziehungen ist äußerst packend und ergreifend, ohne gefühlsduselig zu sein!
Die Handlung in den 1980er Jahren ist wesentlich dramatischer: Charlottes Mutter und Tante sind jung, sie verlassen ihren gewalttätigen Vater sowie ihre Heimat Schweden. Sie ziehen völlig mittellos nach England, wo sie sich ein bescheidenes, aber gutes Leben aufbauen. Das innige Verhältnis der Schwestern leidet jedoch, als die Liebe zuschlägt, und endet schließlich mit einem endgültigen Zerwürfnis. Die verletzten Gefühle einer Schwester setzten schließlich etwas in Gang, dass das Leben mehrerer Menschen unwiederbringlich prägen wird….
Die Autorin
Frida Skybäck, geboren 1980 in Göteryd, ist eine schwedische Autorin. Sie zog von Skåne nach London und entdeckte dort ihre Leidenschaft für englische Literatur und große Gefühle. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Lund. Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse ist ihr erster Roman in deutscher Übersetzung. (Verlagsinfo)
Fazit:
Ich war überrascht von dem Ausmaß an Tragik, da ich einen typischen, eher leichten Wohlfühlroman erwartet hatte. Für ausgleichende Leichtigkeit und Humor sorgen die schrägen Nebenfiguren: Sam, die nonkonformistische, kreative Aushilfe, Tennyson, der eigenwillige Riesenkater – den Charlotte mitgeerbt hat sowie die schrulligen Stammkunden. Das Ende versöhnt tatsächlich mit dem Drama der Vergangenheit, auch wenn es eigentlich unverzeihlich erscheint…
Die Autorin beschreibt ALLES mit so viel Feingefühl, Weisheit, Authentizität, Charme, Witz sowie liebevollen Details, dass man liebend gerne in dieser gemütlichen Bücherwelt versinkt. Die Gedanken und Handlungen der Charaktere sind ausgesprochen mitreißend – ich habe jede Sekunde mitgefiebert!
Taschenbuch: 540 Seiten
Originaltitel: Bokhandeln på Riverside Drive
Aus dem Schwedischen von Hanna Granz
ISBN-13: 978-3458364405
www.suhrkamp.de
Der Autor vergibt: