Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter / Sieper, Marc – Wissen der Menschheit, Das (Offenbarung 23, Folge 13)

_Mit dem Dudelsack zum Hermes-Gott_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Die Melodie eines Dudelsackpfeifers – wurde sie tatsächlich vom Berliner Hacker Tron in einer Datei verewigt? Und wozu ist diese seltsame Melodie eigentlich bestimmt? Die Spur führt nach Schottland, zur berühmten Roslyn-Kapelle, der alten Kirche der Tempelritter, welche die Familie Saint Clair erbaute. Doch welche Offenbarungen und Gefahren warten hier auf den Studenten Georg Brand, der doch nur das Rätsel um Trons Tod lösen will?

_Der Autor_

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

Mehr Infos auf http://www.offenbarung-23.de.

1. Staffel von „Offenbarung 23“:
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

2. Staffel:
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

3. Staffel:
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

4. Staffel:
13) Das Wissen der Menschheit
14) Durst!
15) Das Bernsteinzimmer
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“, und klingt wie Kirsten Dunst („Spider-Man“), Kate Beckinsale oder Natalie Portman .
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex’ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Lutz Mackensy spricht Saint Clair und klingt nach Al Pacino, Stanley Tucci oder Jonathan Price
Benjamin Völz spricht Tron alias Boris F. und klingt wie Keanu Reeves oder James Spader.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven oder Vincent Price.
Helmut Krauss ist der Erzähler und hört sich verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson an.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Georg Brands Kumpel Kim Schmittke bringt ein neues Fundstück des Hackers Tron alias Boris F. mit, der im Jahr 1998 unter mysteriösen Umständen starb. Bei dem Fundstück handelt es sich um eine Melodie, die auf einem Dudelsack gespielt wird. Es fand sich auf einer Website über Roslyn Chapel, die alte Templer- und Freimaurerkirche in Schottland. Sie soll irgendetwas mit dem Heiligen Gral zu tun haben (wie man u. a. aus Dan Browns Roman [„Sakrileg“ 1897 weiß). Georg und Kim beschließen hinzufliegen.

In einer Nachrichtensendung berichtet Dagmar Berghoff von der Plünderung des irakischen Nationalmuseums im Jahr 2003. Dabei wurden nicht nur Ausstellungsstücke, sondern auch der Katalog mitgenommen, denn offenbar waren hier Profis am Werk. Aber die US Army guckte bloß zu. Was hat aber dies mit Roslyn Chapel zu tun?

Georg und Kim werden Zeuge eines Gottesdienstes in Roslyn Chapel, aber danach kommt keiner der Teilnehmer heraus. Wohin sind sie verschwunden? Sie gehen hinein und Kim beginnt, in der leeren Kirche das Tron-Stück auf seiner Sackpfeife zu spielen. Das ruft einen alten Bekannten Georgs auf den Plan: Saint Clair, den er schon in Stonehenge kennen lernte.

Saint Clair führte sie aufs nahe Schloss seiner Vorfahren, die allesamt dem Templerorden angehörten. Roslyn Castle stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde offenbart nach der Zerschlagung des Ordens durch den Papst und den französischen König erbaut. Das Skriptorium beherbergt die uralte Bibliothek, von der St. Clair behauptet, diese bewahre das alte Wissen der Menschheit, zum Beispiel die Herkunft der Mathematik aus der sumerischen Beobachtung der Sterne im heutigen Irak.

Am nächsten Tag legt er Georg, den er für etwas Besonderes hält, die Tarot-Karten. Aber nicht mit irgendeinem Kartenspiel, sondern mit dem ältesten bekannten Spiel der Welt. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert. Er deckt sieben Karten auf, darunter eine Orakelkarte. Doch die achte Karte, die zweite Orakelkarte, enthält er Georg vor und wirft sie entsetzt ins Kaminfeuer. Sie zeigt das Symbol der Wandlung, des Wechsels, der Auferstehung.

Am nächsten Abend, einem Dienstag, vernehmen Kim und Georg merkwürdige Geräusche aus der Bibliothek. Sie schleichen sich klammheimlich in den Raum, wo bereits eine Gruppe von sechs Männern um St. Clair versammelt ist. Offenbar eine Séance. Der Tempelritter ruft den Gott der Alchemisten, Hermes Trismegistos, an. Zu St. Clairs Entzücken und Kims Verblüffung zeigt sich der Gott auch – in Gestalt Georgs!

_Mein Eindruck_

Kim und Georg wandeln auf den Spuren von Dan Browns Professor Robert Langdon, nur dass die beiden keine Symbolkundler sind, sondern sich als Hacker im besten Sinne verstehen. Aber es ist schon ein wenig erstaunlich, dass Kim auf einmal in der Lage ist, ein astreines Dudelsacksolo hinzulegen. Wo und wann hat er das gelernt? Wir erfahren es nicht.

Dass der Tempelritter Saint Clair dafür ein Symbolkundler erster Klasse ist, leuchtet schon wesentlich mehr ein, denn schon in der gelungenen „Stonehenge“-Episode (Folge 7) outete er sich als Altertumsforscher. Dafür hat er aber auch keinen einzigen PC in seiner Skriptoriums-Bibliothek stehen. Das könnte die beiden Hacker geradezu auf Netz-Entzug setzen.

Ansonsten besteht die Episode aus sehr viel Gelaber, das hauptsächlich von Saint Clair als Oberlehrer bestritten wird. Die metaphysischen Zusammenhänge, die er anführt, um Georg Brand zum verheißenen Messias der Alchemisten (und der Mithras-Jünger unter Ian G) zu stilisieren, sind belesenen Zeitgenossen recht gut bekannt, aber die junge Generation könnte hier noch einiges esoterische Gedankengut aufschnappen.

Dass Georg sich als Hermes Trismegistos hinstellt, ist natürlich der Knalleffekt der gesamten Episode, aber was er da vom Stapel lässt, strapaziert die Gutgläubigkeit eines jeden gutmütigen Fantasylesers. Mehr soll nicht verraten werden. Nun mag man sich fragen, was das alles denn überhaupt soll? Bislang war in der Serie zwar schon oft von esoterischer Metaphysik die Rede (Episode 7 usw.), aber diesmal wird das Thema wirklich exzessiv beackert.

Wie die folgenden Episoden der vierten Staffel mir gezeigt haben, werden später die Früchte dessen geerntet, was in Episode 13 gesät wird. Dazu gehört zum Beispiel der gesamte Komplex um diverse Lichtgötter wie Mithras, Apoll und den keltischen Lugh sowie den Gegensatz zwischen Orient und Okzident, der sich in den Konflikten Russland und Iran vs. NATO und USA widerspiegelt. Wer also genügend Geduld und Aufmerksamkeit aufzubringen in der Lage ist, wird herausfinden, dass er den Monologen Saint Clairs nicht ganz umsonst gelauscht hat.

|Die Sprecher/Die Inszenierung|

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus, und Kim Schmittke sekundiert, wenn Georg über die Stränge schlägt. Etwas Humor hatte die Hörspielserie bislang nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Und der Oberlehrer Saint Clair strapaziert unsere Geduld zusätzlich.

|Geräusche und Musik|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend. Eine Ausnahme von dieser Regel habe ich nur in Episode 16 gefunden, aber bis dahin ist es noch eine Weile.

Die Musik fungiert meist ein Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Schmuse-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren. Diesmal kommt natürlich auch die Sackpfeife hinzu, die Ian McLeod ganz hervorragend spielt. Der Klang ist kristallklar – und auch ziemlich laut.

_Unterm Strich_

Diese Episode hat eigentlich keinen Plot, sondern dient vor allem der Aneignung von esoterischem Wissen, welches die beiden Berliner Studenten in der Tempelritterbibliothek offeriert bekommen – von keinem Geringeren als einem echten Templer namens Saint Clair. Dass Georg Brand per Orakel seine Zukunft kennen lernt, mag zwar ganz nett sein, aber dass er auch in Zungen redet und Göttersprüche vom Stapel lässt, strapaziert unsere Gutgläubigkeit doch über Gebühr. Immerhin werden die Lehren St. Clairs später wieder aufgegriffen, sind also nicht bloß geistige Selbstbefriedigung.

Das 78 Minuten lange Hörspiel hat mich auf weite Strecken nicht besonders gut unterhalten, bis auf den Knalleffekt mit Gott Hermes und dem Dudelsacksolo. Es ist von |Lübbe| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt trivialen Handlung etwas Filmglamour.

|78 Minuten auf 1 CD|
http://www.lpl.de
http://www.offenbarung-23.de
http://www.luebbe-audio.de