Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter – Titanic darf nie ankommen, Die (Offenbarung 23, Folge 3)

_Rätsel hoch 2: Wer versenkte die |Titanic|?_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätsel wird gelöst.

Hat der Hacker Tron in geheimen Unterlagen der Versicherungsgesellschaft |Lloyd’s| brisante, aber unterschlagene Fakten zum Untergang der „Titanic“ gefunden? Hacker T-Rex nimmt die Spur auf und entdeckt Unglaubliches: Liegt am Ende gar nicht die „Titanic“ auf dem Grund des Atlantiks, sondern ihr havariertes Schwesterschiff „Olympic“, das „entsorgt“ werden sollte? Wer machte Profit beim Untergang des Luxusliners? Aber wie lässt man einen Ozeanriesen todsicher an einem Eisberg zerschellen? (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Über Jan Gaspard ist nichts bekannt, und es scheint sich um ein Pseudonym zu handeln (siehe Webseite von LPL records). Jedenfalls zeichnet er nach Angaben des Booklets für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich. Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. (Es dürfte auch eine Menge „Transpiration“ gegeben haben, wenn man Thomas A. Edison glauben darf.) Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern.

Andy Matern wird von zwei Spezialisten unterstützt. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney am Telefon.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex’ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Till Hagen spricht Ian G. und klingt wie Jonathan Pryce in „Fluch der Karibik“.
Lutz Riedel spricht LKA-Mann Wim Banner und klingt wie Timothy „James Bond“ Dalton.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“.
Benjamin Völz spricht Boris F. alias „Tron“.
Tilo Schmitz spricht den Ausguck der „Titanic“ und klingt wie Ving Rhames oder Michael Clarke Duncan.
Simon Jäger spricht Jay Owen Philipps.
Helmut Krauss ist der Erzähler und klingt verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

|PROLOG|: Mit mächtigen Rauschen fährt ein Ozeanriese vorüber. Dreimal darf man raten, welcher. Man hört von den unteren Decks der 3. Klasse irische Volksmusik herüberwehen. Da schreit der Ausguck: „Eisberg voraus!“ Metall kreischt, als es aufgerissen wird. Der Funker funkt, was die Morsetaste hergibt: „Save our souls!“ Und noch mehr. Viel mehr …

Es ist der 14. April 1912, und die Radionachrichtensprecherin (Dagmar Berghoff) gibt bekannt {auch wenn der Rundfunk erst ab 1920 langsam entwickelt wurde, Anm. d. Ed.}, dass sich 2322 Seelen an Bord des sinkenden Schiffes befänden und dass drei Schiffe, darunter die „Oceanic“, dem havarierten Schiff zu Hilfe eilen würden. Sie kommen leider etwas zu spät.

|Haupthandlung|

Samtag, 23:29: Georg Brand alias T-Rex sichtet zusammen mit seinem Kumpel Kai Schmittke den Mailaustausch zwischen Tron und Tupac aus dem Jahr 1997. Es geht um die „Titanic“, die bei der Versicherungsgesellschaft |Lloyd’s| in London versichert war. Tron stellte die Frage: Sollte die Identität der „Titanic“ vertuscht werden? Warum und wozu?

Vielleicht kann Tatjana Junk einen Hinweis liefern. Sie liegt in der Berliner Charité und T-Rex bewundert ihre sexy Antithrombosestrümpfe. Vielleicht auch etwas anderes. Jedenfalls weiß sie, dass Tron ein geheimes Raubvideo hatte, das Robert Ballard, der Entdecker des [Titanic-Wracks, 1094 heimlich bei der Vorpremiere von Camerons Film anno 1997 aufgenommen hat. Tron stellte es ins Netz, und der Download von 190 Minuten Video dauert ewig. Doch die Datei ist sauber – seltsam.

Vielleicht bringt der Zentralrechner von |Lloyd’s| mehr. Ian G, der die elektronischen Hinterlassenschaften von Tron verwaltet, gibt T-Rex das Passwort, aber nicht daheim geht ein Hacker online, sondern im Internet-Café. Na, so ein Zufall: Der Nebensitzer interessiert sich penetrant fürs T-Rex’ Einbruch in den |Lloyd’s|-Rechner. Und er ist ebenfalls drin! Gestatten: Jay Owen Philipps aus London, Student in Berlin und – welch’ Zufall – sein Opa war in den Skandal um den Untergang der Titanic verwickelt. Und des Opas Bruder war der Funker, der auf der Titanic sein letztes Morsezeichen absetzte …

Jay gibt ein paar Ungereimtheiten zum Besten, dass T-Rex die Spucke wegbleibt. So war etwa die Versicherungspolice für die nagelneue Titanic ebenso hoch wie für ihr havariertes Schwesterschiff, die Olympic. Doch den Schaden der Olympic bezahlte die Versicherung nicht, und die Reederei |White Star Line| musste selbst blechen. Was lag also näher, als die ebenfalls luxuriös ausgestattete Olympic als Titanic zu tarnen und quasi zu versenken, um mit der Versicherungssumme, immerhin eine Million Pfund, also hundert Mio. Dollar, den großen Reibach zu machen?

Das Problem ist nur: Wie stellt man es an, dass ein Ozeanriese mit Volldampf in ein gefährliches Eisbergfeld rauscht und dann auch noch zielsicher einen solchen rammt? Es gibt eine Methode, und sie ist einfach genial.

Um aber festzustellen, ob die Schiffe wirklich vertauscht wurden, erweist sich das Video als hilfreich. Denn Robert Ballard handelte offenbar im Auftrag von |Lloyd’s| und prüfte als allererstes die Bauteilenummern des Schiffes, das er auf dem Grund des Atlantiks vorfand.

Für Zahlen hat Nolo aber rein gar nichts übrig, als sie den Film anschaut, sondern nur, wie schön Leonardo DiCaprio im Film stirbt: „Muss Liebe schön sein!“ Die beiden Jungs, Georg und Kim, stöhnen unisono auf.

_Mein Eindruck_

Ist es natürlich, dass sich ein Hacker in ein Internet-Café setzt, um in einen Großrechner einzubrechen? Das will mir nicht ganz einleuchten, vor allem, wenn er dabei seinen eigenen Laptop benutzt. Noch einen Tick seltsamer ist es dann, wenn sich sein Nebensitzer (oder Hintermann oder was auch immer) als genau der optimale Stichwortgeber hinsichtlich eben dieses Großrechners und seiner Inhalte entpuppt.

Das kann natürlich kein Zufall sein, schon klar, und Jay Owen Philipps ist ja auch extra auf Georg Brand angesetzt worden. Aber es gibt ja auch Methoden, den Kontakt etwas diskreter herzustellen als am Tatort eines Verbrechens.

Da sind mir die Szenen mit der kessen Tatjana Junk doch wesentlich lieber. Sie trägt doch einiges zur Erschließung des Geheimnisses bei, indem sie das Raubvideo erwähnt. Zweitens scheint T-Rex, der einsame Reiter der Datenautobahn, endlich eine ebenso schlaue Gefährtin zu bekommen. Dass sie das Herz auf dem rechten Fleck hat, bewies sie bereits in den Folgen 1 und 2 und jetzt noch einmal während der Vorführung des „Titanic“-Films.

Das Geheimnis, das den Untergang der Titanic bis heute umgibt – es gibt dazu eine Reihe von Webseiten – erweist sich auch für T-Rex als schier unergründlich. Es gibt wie immer zahlreiche Verdächtige, eine Unmenge Hinweise auf Ungereimtheiten und folglich eine ganze Reihe von Verbindungen zwischen Verdächtigen und Fakten, die den Verdacht auf eine oder mehrere Verschwörungen nahe legen. Darauf bereitet den Hörer bereits einer der Prologe vor: „Die Wahrheit ist unsterblich“, aber offenbar gibt es jede Menge Geheimniskrämer, die sie uns vorenthalten wollen.

|Santa Paranoia|

Denn dies ist die Triebfeder aller Verschwörungstheorien: Vertraue niemandem und gib dich niemals mit dem bisschen zufrieden, das man dir offiziell aushändigt. Denn nichts ist so, wie es zunächst scheint. Und wenn man dir beweist, dass es keine Verschwörung gibt, dann ist das genau der Beweis, der noch nötig war, um zu erklären, wie raffiniert die Verschwörung doch ist und wie hoch sie reicht. Dass du paranoid bist, heißt ja noch nicht, dass sie nicht hinter dir her sind …

|Die Offenbarung der Seifenoper|

Nun ja, auch der Hacker kann schließlich eine Seifenoper genießen, nur darf es um Himmels willen nicht die „Lindenstraße“ sein, wo sich seine Phantasie austobt, sondern mindestens die Datenautobahn. Das höchste Mysterium in dieser Welt ist der Code. Je besser und kniffliger der Code, desto wertvoller das Geheimnis, das er hütet. T-Rex’ Suche gleicht der Queste nach dem Heiligen Gral: Je mehr Codes er knackt, desto höher die (erhoffte) Ebene der Erkenntnis.

Doch wo liegt die höchste Ebene? Ist das letzte Code-Wort bei Gott, wie uns der Evangelist Johannes in seiner „Offenbarung“ weismachen wollte? Oder ist der höchste Code bei Tron? Das zumindest will uns die „Offenbarung 23“ weismachen. Und jeder, der den Film „23“ gesehen hat, kann natürlich sofort etwas mit diesem Titel anfangen.

|Die Sprecher|

Es ist schon lustig, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Wesley Snipes, Ving Rhames, Johnny Depp und George Clooney. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus. Etwas Humor hat die Hörspielserie nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Diesmal gibt es auch einen Schuss Romantik, als sich Georg offensichtlich nicht nur in Tatjanas Beine verliebt.

|Geräusche und Musik|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend.

Die Musik fungiert meist als ein Pausenfüller: Rapmusik, fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Elektro-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren, weil ich mit Rap nur wenig anfangen kann.

_Unterm Strich_

Seit dem Mega-Erfolg von James Camerons „Titanic“-Film (dazu dürfte es wohl keine Fortsetzung geben …) ist das tragische Schicksal des Ozeanriesen im Bewusstsein eines jeden Kinogängers verankert. Aber war dieses Schicksal wirklich so tragisch? „Offenbarung 23“ legt uns nahe, dass die Eisbergkollision mit voller Absicht geschah. Wer dahinter steckt, wird haarklein auseinander klamüsert, und wer dabei ein klein wenig den Überblick verliert, muss die Geschichte eben noch einmal hören.

Ein Lichtblick ist jedoch, dass das im Hörspiel agierende Personal sehr eng begrenzt ist: etwa eine Handvoll Leute, die etwas Wesentliches zu sagen haben. Es gibt zwar eine Fülle von Fakten und Vermutungen, aber es wird immer wieder die Frage gestellt, was das im Endeffekt zu besagen hat. Sehr gut finde ich, dass T-Rex die Sache nicht am Ende auf sich beruhen lässt, sondern dass jemand – er selbst oder ein Kontakt – einem Geologen in den USA eine E-Mail mit dem entscheidenden Hinweis schickt. Ein Ende der Ermittlungen ist also vorerst nicht abzusehen – zugunsten der Wahrheit.

Das Hörspiel ist von |Lübbe| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und es gibt absolut nichts daran auszusetzen – wie schade. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der ansonsten etwas trivialen Handlung den Glamour des Abenteuers.

|65 Minuten auf 1 CD|