Sherlock Holmes – Im Schatten des Rippers (Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs 1)

London, Ende des 19. Jahrhunderts: In Viertel Whitechapel geschehen unheimliche Morde an Prostituierten. Der Täter wird „Jack the Ripper“ genannt und bleibt trotz aller Ermittlungen unauffindbar. Inspector Abberline vom Scotland Yard bittet schließlich Sherlock Holmes um Hilfe, den berühmten Detektiv aus der Baker Street.

Sherlock Holmes legt allerdings gerade eine Pause ein und hat kein Interesse an Fällen, erst recht nicht an so einem unappetitlichen Fall wie den Jack-the-Ripper-Morden. Das ändert sich aber, als der Inspector Dr. Watson als Zeugen und eventuell sogar Tatverdächtigen sprechen möchte. Holmes ehemaliger Wohnungsgenosse, Freund und Partner bei Ermittlungen hat vor wenigen Monaten geheiratet, sich anscheinend aber bereits wieder von seiner Frau getrennt.

Zuletzt wurde er in Whitechapel gesehen und zwar ausgerechnet im Gespräch mit der kurz darauf ermordeten Hure Annie Chapman. Da der Mörder offenbar über gute anatomische Kenntnisse verfügt, weil er die Opfer in kürzester Zeit geschickt ausweiden kann, ist Dr. Watson als Mediziner unter großem Verdacht. Holmes macht sich auf, seinen Freund zu finden …

_Und wieder eine Ripper-Jagd …_

Sherlock-Holmes-Hörspiele sind nicht neu im Repertoire von Titania Medien, schon innerhalb der Krimi-Klassiker-Reihe gab es mehrere Adaptionen. Diese neue Holmes-Reihe widmet sich aber nicht den bekannten Vorlagen von Arthur Conan Doyle, sondern kreiert völlig Geschichten aus der Feder von Marc Gruppe, die sich grundsätzlich am Stil der Originalwerke orientieren, unter dem Siegel der „geheimen Fälle des Meisterdetektivs“.

|Hohe Erwartungen, nur zum Teil erfüllt|

Das Label Titania Medien genießt vor allem dank der Reihe „Gruselkabinett“, das sich gruseligen Klassikern widmet, einen sehr guten Ruf auf dem Hörspielsektor. Da sind die Erwartungen an eine neue Serie dementsprechend hoch, sowohl was Handlung, Geräuschkulisse, Covergestaltung als auch Sprecherbesetzung angeht. Dass sich die erste Folge um Jack the Ripper dreht, ist grundsätzlich keine schlechte Idee, schließlich fasziniert der Ripper-Fall noch heute, über hundert Jahre nach seinem Geschehen, die Gemüter. Aber auch wenn man der Folge einen Debüt-Bonus zugesteht, muss man sagen, dass noch reichlich Luft noch oben ist. Das liegt zum einen an der etwas atypischen Darstellung des Meisterdetektivs: Holmes hat überhaupt kein Interesse am Jack-the-Ripper-Fall und befasst sich schließlich nur damit, um seinen Freund Dr. Watson vom Verdacht zu befreien. Dieser unwillige Holmes, bei dem Inspector Abberline anfangs komplett auf Granit beißt und der sich ausgerechnet den faszinierenden Ripper-Fall entgehen lässt, irritiert den Hörer ein wenig. Was der Handlung insgesamt abgeht, sind typische Holmes-Momente, in denen seine Genialität aufblitzt. Es gibt zwar ein paar Szenen, in denen man sich an den klassischen Holmes erinnert fühlt, etwa das erste Wiedersehen zwischen Holmes und Watson in dieser Folge – aber insgesamt bleiben beide Herren doch recht blass und gerade Holmes wirkt ein bisschen zu austauschbar für den eigentlich doch sehr markanten Charakter, der er ist. Bei Dr. Watson ist es durchaus interessant, dass der Autor eine Trennung von seiner Frau einbaut, schon wenige Wochen nach der Hochzeit kommt das aber etwas früh. Einer der größten Kritikpunkte ist sicherlich das Ende, auch wenn es Geschmackssache ist: Da Jack the Rippers Identität bis heute ungeklärt ist, ist man natürlich bei jeder Adaption dieses Stoffes gespannt, welche Lösung die Geschichte präsentiert: Ob er gefasst wird, ob er stirbt, ob es einer der üblichen Verdächtigen ist, die noch heute als mögliche Täter in Betracht gezogen werden oder eine ganz fremde Figur. Die Lösung, die für das Hörspiel hier gewählt wird, ist aber schlicht ziemlich phantasielos und etwas enttäuschend.

|Souveräne Sprecherleistungen|

Bei den Hauptsprechern wurde auf die gleiche Besetzung zurückgegriffen, die schon in den Krimi-Klassikern eingesetzt wurde. Joachim Tennstedt, deutsche Stimme von John Malkovich, spricht Sherlock Holmes und Detlef Bierstedt, vor allem bekannt als deutsche Stimme von George Clooney, spricht Dr. Watson. Wie erwartet machen sie ihre Sache sehr souverän, brillante Momente fehlen aber. Regina Lemnitz, deren ausdrucksstarke Stimme man als deutsche Version von Kathy Bates oder Whoopie Goldberg kennt, spricht wie bereits schon in „Das Zeichen der Vier“ die Haushälterin Mrs. Hudson, resolut-energisch, leider nur in einer kleinen Rolle. Polonca Olszak verleiht der Hure Mary Jane Kelly ein Gesicht und zeigt ihre Gesangskünste. Die Geräusch- und Musikkulisse ist wie üblich sehr gut gelungen mit dezenter Musikuntermalung, Hufgetrappel und typischen Kneipen- oder Straßengeräuschen.

_Als Fazit_ bleibt eine knappe Empfehlung für die erste Folge der neuen Sherlock-Holmes-Reihe. Das Thema ist interessant, die Sprecher sind gut, aber von Titania Medien ist man doch besseres gewohnt. Vor allem die Handlung und das Ende sind nicht optimal und entsprechen nicht ganz dem üblichen hohen Standard. Aber man darf durchaus optimistisch sein, dass sich die Serie im weiteren Verlauf noch steigern wird.

_Sprecher:_

Sherlock Holmes – Joachim Tennstedt
Dr. John H. Watson – Detlef Bierstedt
Mrs. Hudson – Regina Lemnitz
Inspektor Abberline – Christian Stark
Annie Chapman – Marianne Groß
Elizabeth Stride – Eva Michaelis
Mary Jane Kelly – Polonca Olszak
Ripper – Axel Lutter

_Der Autor_ Marc Gruppe ist bei Titania Medien für Regie und Drehbücher zuständig. Zuvor schrieb er bereits zahlreiche Theaterfassungen bekannter Kinderbücher und Märchen. Aus seiner Feder stammen die neuen Sherlock-Holmes-Folgen.

Audio CD mit 75 Min. Spieldauer
ISBN 978-3-7857-4524-3
www.titania-medien.de