Hillerman, Tony – Dunkle Kanäle

„Dunkle Kanäle“ ist das aktuellste Buch aus der Feder des Erfolgsautors Tony Hillerman, der mich in der Vergangenheit bereits mit einigen Büchern begeistern konnte. Daran sollte sich mit dem neuesten Taschenbuchroman natürlich nichts ändern, auch wenn es dieses Mal etwas länger gedauert hat, bis ich mich mit dem Inhalt anfreunden konnte, weil Hillerman seinen Erzählstil und die gesamten Rahmenbedingungen schon ein wenig an die Moderne angepasst hat. Der Spannung schadet das aber natürlich nicht, wenngleich man dieses Mal ungewöhnlich schnell hinter die kriminellen Machenschaften blickt, die den etatmäßigen Cops Manuelito, Leaphorn und Chee das Leben schwer machen.

_Story:_

Ganze 176 Milliarden Dollar Abgaben für indianische Bodenschätze sind spurlos verschwunden, und keiner hat auch nur leiseste Ahnung davon, wie das für einen Treuhandfonds vorgesehene Geld abhanden kommen konnte. Die CIA setzt deshalb einen Agenten unter falschem Namen auf den Vorfall an, und der scheint auch schnell erste Erfolge bei seinen Ermittlungen zu erzielen – bis er kurz darauf von zwei Unbekannten aus dem Weg geräumt wird.

Das ruft den zur Border Patrol gewechselten weiblichen Officer Manuelito auf den Plan, auch wenn sie erst einmal in ganz anderer Sache ermittelt. Sie entdeckt nämlich, dass auf einem abgesperrten Gebiet, auf dem unter anderem nicht mehr verwendete Pipelines verlaufen, plötzlich wieder Aufbauarbeiten beginnen, kann sich aber erst nicht den genauen Zweck hinter dieser seltsamen Angelegenheit ausmalen. Und einen Zusammenhang zum Fund der Leiche des Agenten sieht Officer Manuelito auch nicht, bis sie dann Kontakt zu ihren ehemaligen Kollegen Jim Chee und Joe Leaphorn aufnimmt, die ebenfalls von den mysteriösen Vorfällen erfahren haben und sich infolgedessen auf den Weg ins Grenzgebiet machen.

Inzwischen nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Bernie sieht sich mit einigen recht seltsamen Kontrollen seitens ihres Chefs konfrontiert, Chee gerät in Sorge, weil eine Schmugglerbande in Mexiko ein Foto von Bernie Manuelito bekommen hat, und während die Polizisten sich noch die Köpfe zerbrechen, was auf der abgesperrten Tuttle Ranch passiert, plant eine einflussreiche Gangsterbande einen riesigen Coup …

_Bewertung:_

Hillerman hat auch in diesem Buch an seinem recht verzwickten Stil festgehalten und lässt wiederum mehrere Handlungsstränge parallel und zunächst unabhängig voneinander ablaufen. So erzählt er von den Ereignissen an der mexikanischen Grenze, gibt einen Einblick in korrupte Staatsgeschäfte, beschreibt das innige Verhältnis zwischen Chee und Manuelito, auch wenn die beiden nicht in der Lage sind, ihre Gefühle füreinander auszusprechen, und lässt nebenbei auch wieder den schon länger berenteten Kommissar Leaphorn zu alter Form auflaufen. Gut gemacht, keine Frage, und dennoch ist die Geschichte dieses Mal schon weit im Voraus vorhersehbar oder zumindets in groben Zügen erahnbar, auch wenn Hillerman sich bis zum Ende noch einige vollkommen unerwartete Überraschungen aufgespart hat.

Das Glänzende an diesem Buch sind aber einmal mehr die drei Hauptdarsteller, auch wenn Joe Leaphorn hier nicht mehr ganz so zum Zuge kommt wie in vorangegangenen Geschichten. Mir gefällt vor allem die Rolle des dickköpfigen Cops Jim Chee, vielleicht aber auch, weil ich hier durchaus eigene Charakterzüge wiederentdecke. Auch die herzliche, stellenweise aber auch etwas tollpatschige Bernie Manuelito ist prima dargestellt, mit sämtlichen Stärken und Schwächen, die man auch einem Cop zugestehen muss. Besonders zum Schluss brilliert sie noch mit einem fabelhaften Charakterzug, zu dem ich aber an dieser Stelle nichts verraten möchte.

Zur Gesamtgeschichte sollte noch einmal kurz der etwas modernere Touch der Handlung erläutert werden. Der 11. September ist beispielsweise an manchen Stellen präsent, das neue Medienzeitalter blickt auch manchmal durch, aber auch die Wortwahl von Tony Hillerman tendiert sehr oft ins 21. Jahrhundert. Das soll aber nicht als Abschreckung verstanden werden, denn stilistisch hat sich im Grunde genommen nichts verändert, „Dunkle Kanäle“ ist also auch ein „echter Hillerman“.

Mit den Hillerman-Storys Vertraute sind übrigens klar im Vorteil, denn nicht selten gewährt der Autor Rückblicke in vergangene Bücher, wobei der davor erschienene Roman [„Das goldene Kalb“ 1429 speziell im Bezug auf die Beziehung zwischen Manuelito und Chee immer wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Voraussetzung für das Verständnis der Handlung sind diese Geschichten aber dennoch nicht.

_Fazit:_

Zweifellos ist es Tony Hillerman wieder gelungen, eine packende und spannende Geschichte zu erzählen, in der er zeigt, dass er trotz seiner langjährigen Erfahrung als Schriftsteller mit der Zeit geht und vor modernen Elementen nicht Halt macht. Das macht ihn einerseits unberechenbarer, zweitens aber auch sympathischer, als Letztes und Wichtigstes aber auch glaubhafter in seinen Ausführungen. Nicht zuletzt deswegen kann ich „Dunkle Kanäle“ daher auch wieder nur weiterempfehlen. Oder anders gesagt: Der Meister des Ethno-Thrillers hat wieder zugeschlagen.