Robin Hobb – Der goldene Narr (Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher II)

„Der goldene Narr“ ist der Mittelband der zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher; Robin Hobbs Nachfolgezyklus der „Weitseher“-Trilogie verbindet diese mit der Handlung im „Zauberschiffe“-Zyklus.

Es ist nicht nötig, diese Zyklen zu kennen, es empfiehlt sich jedoch, mit dem ersten Band der Trilogie, „Der lohfarbene Mann“ zu beginnen, da dieser einige für Neueinsteiger wichtige Informationen enthält.

Nach langen Jahren im selbstgewählten Exil ist Fitz an den Hof von Bocksburg zurückgekehrt und hat Prinz Pflichtgetreu aus den Fängen der „Gescheckten“ gerettet. Der Verlobung Pflichtgetreus mit Narcheska Elliana, einer Prinzessin der Outislander, dem ehemals größten Feind der Sechs Provinzen, steht nichts mehr im Wege. Chade und Fitz sind unterdessen besorgt, denn mindestens ein Spion der Gescheckten befindet sich in der Burg. Chade drängt Fitz, Pflichtgetreu, ihn selbst und den geistig etwas zurückgebliebenen Dick in der Gabe der Weitseher zu unterweisen, was sich als problematisch erweist, da Dick sich gegenüber Fitz feindselig verhält und Chade so versessen darauf ist, auch die Gabe zu erlernen, was ihm lange verwehrt war, dass er unvorsichtig vorgeht und so alle in Gefahr bringt.

Neben einigen Anschlägen der Gescheckten hat Fitz zudem noch Probleme mit seinem Ziehsohn Harm, der sich unglücklich verliebt hat. Beunruhigender sind die Entdeckungen, die Fitz bei der Delegation der Outislander macht: Die Narcheska und ihr Beschützer Peottre scheinen von ihrer Magd herumkommandiert zu werden. Auch der Narr macht Fitz Kummer, seit der Ankunft einer Handelsdelegation aus Bingtown im Süden versteckt er sich in seinen Gemächern. Weitere unheimliche Details über die Narcheska verunsichern ihn: Die kleine Statuette, die Pflichtgetreu am Strand des Gabenpfeilers in „Der lohfarbene Mann“ fand, zeigt eindeutig eine erwachsene Elliana… während der Narr auf seinem Rücken dieselben Seeschlangentätowierungen wie der Narcheska aufweist. Diese verlangt von Königin Kettricken kategorisch, den Bingtownern und ihrem – angeblichen letzten lebenden – Drachen Tintaglia keinerlei Hilfe im Kampf gegen Chalced zu gewähren. Stattdessen verlangt sie von Pflichtgetreu als Beweis seiner Wertschätzung, den mythischen Drachen Eisfeuer auf der Insel Aslevjal zu töten und ihr seinen Kopf zu bringen. Pflichtgetreu nimmt zu aller Entsetzen an, verlangt aber, von ihr begleitet zu werden, denn aller Wahrscheinlichkeit handelt es sich wirklich nur um einen Mythos, und es soll nicht heißen, er hätte es nicht versucht.

Chade und Fitz machen sich missmutig an die Vorbereitung der Expedition, während Kettricken Erfolge bei ihren Verhandlungen mit den Zwiehaften erzielt: Man beschließt, einige Zwiehafte offiziell am Hof aufzunehmen und einige „Normale“ bei den Zwiehaften aufwachsen zu lassen.

Fitz‘ Sorgen werden jedoch immer größer: Er ist nach einem Zusammenstoß mit Gescheckten schwer verwundet, und nur mittels der Gabe kann er geheilt werden – eine Kordiale aus Chade, dem Narren, Pflichtgetreu und dem einfältigen Dick hat ihm das Leben gerettet.

Er nimmt der Königin das Versprechen ab, dass seine Tochter Nessel, die ebenfalls die Gabe geerbt hat, nicht an den Hof wie alle anderen Gabenkundigen des Reiches kommen soll – er will sie so beschützen. Bald kommen ihm Zweifel, ob das klug war, denn in seine Träume, die er über eine Gabenverbindung mit Nessel teilt, mischt sich wiederholt ein nichtmenschliches Wesen ein, dessen letzte Worte Fitz mit Grauen erfüllen: „Jetzt kenne ich dich“.

„Der goldene Narr“ schließt nahtlos an den ersten Band an und legt von Beginn ein hohes Erzähltempo vor – wobei er jedoch nichts abschließt, für den zweiten Band einer Trilogie typisch werden dafür sehr viele Geheimnisse und neue Handlungsstränge erschaffen. Besonders die Verknüpfung mit den Bingtownern und ihren „Zauberschiffen“ gefiel mir gut und gibt der Welt fantastische Qualitäten, die in der „Weitseher“-Trilogie  erst spät zum Tragen kamen. Man kann spekulieren über Verbindungen und Interessenkonflikte zwischen Bingtown und den Outislandern, etwas, das ich in der sehr linearen Weitseher-Trilogie ein wenig vermisst habe. Die Thematik ist auch fantastischer und von wesentlich mehr Magie geprägt. Die Charaktere werden genauso fabelhaft aus der Ich-Perspektive von Fitz geschildert wie in den Vorgängern, dieses Mal leidet jedoch nicht das Tempo der Handlung darunter.

Es werden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, aber „Der goldene Narr“ schafft so viele neue Handlungsstränge, dass man sich auf einen vermutlich grandiosen Abschlussband (Übersetzung im Laufe des Jahres 2004) freuen darf.

Taschenbuch: 893 Seiten
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