Hohlbein, Wolfgang – Auf der Spur des Hexers (Hörbuch)

Wolfgang Hohlbein, der selbsternannte Chronist Robert Cravens, liest „Auf der Spur des Hexers“. In dieser Erzählung, welche die Vorgeschichte seiner phantastischen |Hexer|-Saga schildert, dreht sich das Geschehen um Robert Cravens Vater, Roderick Andara.

_Überblick_

Wir schreiben den 9. Juli anno 1862. Seit mehr als zehn Jahren ist Roderick Andara schon auf der Flucht vor den grauenvollen Geschöpfen, die jenseits der Realität, in Nachtmahren und im Wahnsinn hausen – den |GROßEN ALTEN|.

Nun führt ihn sein Weg nach Colorado, in das verschlafene Nest Walnut Falls, um seinen dreijährigen Sohn einer Frau anzuvertrauen, die er nur aus ihren Briefen kennt. Nicht um ihn – wie sie glaubt – aus dem Weg zu haben, sondern um ihm das Leben zu ersparen, zu dem er, Roderick Andara, verdammt ist. Er klammert sich an die Hoffnung, seine Widersacher könnten dem Jungen hier nichts anhaben – viel zu spät erkennt er seinen Irrtum. Robert wird entführt …

Im weiteren Geschehen lernt Roderick Andara einen Mann kennen, der sich ihm als H. P. vorstellt – kein Geringerer als Howard Phillips Lovecraft höchstpersönlich. Doch das erste Zusammentreffen der beiden zukünftigen Kampfgefährten verläuft nicht so harmonisch, wie man es sich vielleicht vorstellen mag. Das Abenteuer, welches die beiden zusammen bestehen müssen, bringt Andara so nahe an seine Feinde heran, wie wohl noch nie einen Menschen zuvor – er kämpft den Kampf seines Lebens; doch kann er ihn auch gewinnen?

_Die Hörbuchserie_

Nachdem vor mittlerweile über 13 Jahren die beiden Hörspiele „Der Hexer von Salem“ (1990) und „Neues vom Hexer von Salem“ (1991) auf den Markt kamen, haben sich Wolfgang Hohlbein und Albert Böhne letztes Jahr dazu entschlossen, eine |Hexer|-Hörbuch-Serie in Angriff zu nehmen. Anlass dafür bot die Hexer-Sammler-Edition im |Weltbild|-Verlag, bei der erstmalig, zum zwanzigjährigen Jubiläum der Hexer-Reihe, alle Hexer-Heftromane komplett in der Originalfassung und von Wolfgang Hohlbein chronologisch geordnet als Hardcover veröffentlicht werden. Geplant ist, zu jedem Buch der Sammler-Edition ein Hörbuch herauszugeben.

Der erste Teil dieser Hörbuch-Reihe ist seit Anfang 2004 auch bei |Lübbe Audio| erhältlich. Wolfgang Hohlbein liest persönlich seinen 1990 erschienen Roman „Auf der Spur des Hexers – Wie der Horror begann“, welcher ursprünglich nicht aus der Heftroman-Serie stammt. Der Vollständigkeit halber erscheint er trotzdem in der Sammler-Edition als erster Band.
Leider gestehen Hohlbein und Böhne den Hörbüchern nur einen Umfang von drei Audio-CDs zu, was gewisse Kürzungen und Bearbeitungen voraussetzt. Sehen wir mal, was daraus geworden ist …

_Bearbeitung und Kürzungen_

Die überarbeitete Fassung beinhaltet zum Glück keinerlei Kürzungen, die dem Gesamtbild der Geschichte großartigen Schaden zufügen, allerdings gehen ein paar schöne Anspielungen auf H. P. Lovecrafts Originalwerke verloren, durch welche den belesenen Lovecraft-Kenner einige Vorahnungen ereilen könnten. Zudem wurde etwa in der Mitte der Geschichte ein kompletter Abschnitt mitsamt den daraus resultierenden Folgeszenen herausgestrichen. Dieser durchaus atmosphärische Teil ist zwar nicht lebensnotwendig für die Erzählung, erklärt aber zu einem Teil Andaras Gemütszustand gen Ende der Geschichte.

Einige Passagen sind, wie ich finde, sinnvoll gekürzt oder um ein paar erläuternde oder der Atmosphäre zuträgliche Sätze erweitert worden, so dass sich der Lesefluss dort durchaus verbessert hat. Glücklicherweise sind auch einige Fehlerteufelchen dem Korrekturstift zum Opfer gefallen, was zum Beispiel den zeitlichen Ablauf der Geschichte im Hörbuch durchaus ein wenig glaubwürdiger erscheinen lässt.

Was ich aber einfach nicht verstehen kann, ist, warum Roderick Andaras Frau im Hörbuch |Victoria| Price heißt, während ihr Name in meiner Ausgabe des Romans |Jennifer| Price lautet. Nicht, dass sie in der Geschichte auch nur einmal in persona aufträte, verstarb sie doch zwei Jahre zuvor, aber das macht das Ganze nicht weniger rätselhaft.

Es sei noch erwähnt, dass die letzten Seiten des Romans – Roberts kurzes Scharmützel mit drei abtrünnigen Templern – aus rein chronologischen Gründen unter den Tisch fallen mussten. Das lässt sich aber auch einigermaßen leicht begründen: Ursprünglich ist dieser Roman zwischen dem zweiten und dritten Hexer-TB erschienen, also zu einer Zeit, als die Hexer-Saga schon dementsprechend weit vorangeschritten war. Nun erscheint er als Vorgeschichte im allerersten Band der Sammler-Edition und von daher scheint es ratsam, die paar Seiten, die im Grunde nichts mit den eigentlichen Geschehnissen zu tun haben, entfallen zu lassen.

_Wenn der Autor selbst erzählt_

Zum Auftakt der Hexer-Hörbücher ließ Wolfgang Hohlbein es sich nicht nehmen, den Part des Erzählers persönlich zu übernehmen. Leider bringt das neben den klaren Vorteilen auch einige Nachteile mit sich. Sicherlich weiß er selbst am besten, welche Stimmungen er erzeugen und wie er die Geschichte gelesen bzw. verstanden wissen will, doch leider wirkt die Umsetzung anfangs eher holprig. Im Laufe der Erzählung wird die Akzentuierung der wörtlichen Rede wie auch der zu erzählenden Passagen immer besser, bis sich die Erzählung am Ende zu einem Hochgenuss steigert. Das Gesamtbild betrachtend, reichen seine Künste leider dennoch nicht an die eines Profis, wie zum Beispiel Joachim Kerzel, heran. Wirklich auffallend ist dies bei zwei Passagen im mittleren Teil der Geschichte – die |Traum-Sequenz| glänzt mit einer prächtig gelungenen sphärischen Hintergrundmusik, doch Hohlbeins kaum veränderte Stimme torpediert die musikalisch wunderbar aufgebaute Atmosphäre; beim Kampf mit dem |Tiefen Wesen| ist es allerdings am schlimmsten, denn da wirken sich sowohl die unpassenden Gitarrenriffs im Hintergrund als auch Hohlbeins Erzählstil sehr schädigend auf die Atmosphäre aus.

Ich muss leider noch etwas Unerfreuliches zur Sprache bringen, denn die Kapitelansagen, die alle zehn bis fünfzehn Minuten von Jürgen Hoppe beigesteuert werden, stören den Hörgenuss in ziemlich hohem Maße.

Neben diesen zum Teil weniger erfreulichen Begebenheiten gibt es aber noch etwas, das ich positiv hervorheben möchte – Roderick Andaras suggestiv verstärkte Befehle werden zweistimmig vorgetragen, dabei scheint die zweite Stimme stark verfremdet und wirkt somit düster und beschwörend. Ein wirklich gelungenes Stück tontechnischer Bearbeitung.

Einen kleinen Brückenschlag zu den alten Hörspielen vollführt Böhne mit Dirk Vogeley, der bereits 1991 dem Erzähler auf „Neues vom Hexer von Salem“ seine Stimme lieh. Auf dem vorliegenden Hörbuch übernimmt er die Stimme aus dem Kristall, die eine Botschaft aus der Vergangenheit zu verkünden weiß.

_Der Ton macht die Musik_

Für die musikalische und klangtechnische Verfeinerung des Hörbuches sorgen Albert Böhne und sein |ANDARA Project|. Die musikalische Begleitung ist im Gegensatz zu den früheren Hexer-Hörspielen zumeist rockig und wird nur in der Traumsequenz und der Botschaft aus der Vergangenheit durch düstere Sphärenklänge stilgerecht unterbrochen. Zudem bietet die CD zwei erstklassige Leckerbissen, aber dazu später.

Betrachten wir zunächst den Titelsong „Warlock“, der den Liebhabern der alten Hexer-Hörspiele im ersten Moment sehr wohl vertraut vorkommen dürfte. Das altbekannte |Hexer-Thema| erklingt genau einmal – auf den Saiten einer E-Gitarre – um dann auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung zu verschwinden. Der Song gleitet in ein orchestrales Thema mit akustischer Gitarre, Cello und Englisch-Horn-Klängen über, wird jedoch plötzlich von rockigen Gitarren und einem Schlagzeug dominiert. Alleine damit sollte allen altgedienten Hexer-Hörern klar sein, dass hier etwas gänzlich Neues seinen Anfang nimmt.

Sieht man einmal von den peinlichen Gitarrenriffs bei der oben erwähnten Kampfszene ab, trifft die musikalisch Untermalung allerorten den richtigen Ton und sorgt während der dramatischen Szenen für eine angenehm unbehagliche Atmosphäre.

Kommen wir nun zum ersten musikalischen Highlight. Für den Gesangspart von „Necron’s Song: Run!“ konnte Albert Böhne den Frontmann von |Accept| und |U.D.O.| verpflichten. Ja, liebe Freunde schwermetallischer Klänge, ihr lest richtig: Udo Dirkschneider bereichert mit seiner unvergleichbaren Stimme „Die Spur des Hexers“. Den Text zu [„Necron’s Song: Run!“]http://www.hohlbein.de/autor/audio/run.txt habe ich euch mal herausgesucht.

Bevor ich euch den zweiten Gaststar vorstelle, möchte ich noch ein paar Worte zur klanglichen Umsetzung des |Cthulhu|-Rituals verlieren. Hier hat sich Albert Böhne selbst übertroffen – durch den Einsatz vieler echter Trommeln und der stark verfremdeten Stimmen, mit denen die Beschwörungsformel zelebriert wird, kommt zum Ende des Hörbuches noch einmal richtige Gänsehaut-Stimmung auf.

|:Cthulhu – Fthagn – Ngai – R’Lyeh!:
Yog – Sothoth – Shudde – Mell
Nyarla – Tothep – Shubb – Niggurath
Azatoth – Glaaki – Wendigo – Hastur
Cthuga – Shodagoi – Dagon – ChoCho
Tsa – Thoggua – Yib – Tsstl
:Cthulhu – Fthagn – Ngai – R’Lyeh!:
R’Lyeh!
R’Lyeh!|

Dieser Part hat mir ehrlich gesagt am besten gefallen, zumal ich jetzt auch endlich weiß, wie all ihre Namen ausgesprochen werden.
|“Sie – das waren die, DEREN NAMEN MAN NICHT AUSSPRECHEN SOLL, will man nicht Gefahr laufen, sie zu rufen und den Preis für ihr Kommen zu zahlen, der schrecklich ist.“|

Zu guter Letzt kommen wir zum zweiten musikalischen Höhepunkt, dem Schlusssong „The Age of Damnation“. Niemand anderer als Steve Whalley, der Sänger der altgedienten Hardrock-Formation SLADE, bringt den glorreichen Abschluss dieser drei CDs.

_Mitwirkende_

|Sprecher:|
Wolfgang Hohlbein – Erzähler
Dirk Vogeley – Stimme aus dem Kristall
Jürgen Hoppe – Einleitung und Kapitelansagen

|Gesang:|
Udo Dirkschneider – „Necron’s Song: Run!“
Steve Whalley – „The Age of Damnation“
Albert Böhne – „Ritual“

|Musiker:|
Albert Böhne – Klavier, Keyboards, Background Vocals
Bernie Adamkewitz – Gitarre
Stefan Kaufmann – Gitarre
Michael Dötsch – Gitarre
Ian Stewart – Bass
Karl Övermann – Schlagzeug, Percussion

|3 CDs, Spielzeit 222 Minuten|

_Schlusswort_

Und nun noch ein paar abschließende Worte zum ersten Teil der neuen Hörbuch-Reihe aus dem Hause Hohlbein. Ich muss leider sagen, dass diese Umsetzung meines Erachtens nicht mehr als befriedigend ausfällt. Es lässt sich zwar nicht leugnen, dass ich am Ende dieses Werkes ein gutes Gefühl verspürt habe, aber das Gesamtbild reflektierend, kann ich diverse Unstimmigkeiten einfach nicht ignorieren. Ich würde mich freuen, wenn Wolfgang Hohlbein auch die anderen Hörbücher dieser Reihe erzählt, aber bitte mit der erzählerischen Finesse der letzteren Szenen. Ich kann eigentlich nur empfehlen, sich die Taschenbücher oder die Sammler-Edition zu besorgen und zu lesen – dieses Hörbuch ist dann sicherlich eine Bereicherung, aber ersetzen kann es das geschrieben Wort Hohlbeins nicht.

Wer jetzt Lust bekommen hat, sich näher mit H. P. Lovecrafts |Cthulhu|-Mythos oder Wolfgang Hohlbeins Hexer-Saga zu beschäftigen, dem seinen zwei meiner Rezensionen ans Herz gelegt:
[„Der Schatten über Innsmouth“ 424 sowie
[„Der Hexer von Salem“. 249