Holdstock, Robert – The Horned Warrior (Berserker-Saga 3)

Berserker-Saga:

Band 1: „Odins Wolf“
Band 2: „Die Jägerinnen von Connacht
Band 3: „The Horned Warrior“ (nicht übersetzt)

Der Berserker vs. die Römer: Showdown in Stonehenge

Harald Schmetteraxt, ein junger Norweger, von Odin verflucht, wird zu einem wahnsinnigen Krieger, der Tausenden den Tod bringt. Wenn ihn der Kampfrausch überkommt, treibt er ganze Heere in die Flucht, und nicht einmal seine eigene Familie ist vor ihm sicher. Verzweifelt flieht er vor dem eigenen Schicksal, aber wohin er auch kommt, bringt er Tod und Verderben – er ist ein Berserker.

Nun sucht Harald Erlösung von dem Fluch, doch der Weg führt zurück an den Anfang, in sein Heimatdorf. Dort wird er getötet. Nun erwacht er wieder, denn sein Geist findet keine Ruhe. Nach seinen Abenteuern im Irland und Wales des 5. Jahrhunderts verschlägt ihn eine erneute Seelenwanderung ins erste Jahrhundert: Die Römer haben Britannien unterworfen.

Ganz Britannien? Nein, Mona, die heilige Insel der Druiden, hält den Invasoren noch stand. Und hier erhofft Harald das Geheimnis zu finden, wie er den Fluch Odins abschütteln kann …

Der Autor

Robert Paul Holdstock, geboren 1948, begann mit dem Schreiben schon 1968, machte sich aber erst 1976 als Schriftsteller selbständig und schrieb daraufhin eine ganze Menge Genre-Fantasy. Dabei entstanden wenig interessante Trilogien und Kollaborationen an „Sword and Sorcery“-Romanen, u. a. mit Angus Wells.

Erst 1983 und 1984 taucht das für die Ryhope-Sequenz wichtige Motiv des Vater-Sohn-Konflikts auf. Beide Seiten werden getrennt und müssen wieder vereinigt werden. Das Besondere an dieser emotional aufgeladenen Konstellation ist jedoch, dass die Bewegung, die dafür nötig ist, in einer Geisterwelt stattfindet: dem Ryhope-Forst.

In Holdstocks keltischer Fantasy befindet sich in diesem Urwald, der kollektiven Unbewussten C. G. Jungs entspricht, erstens ein Schacht, der mit weiterem Vordringen ins Innere immer weiter zurück in der Zeit führt. Eines der wichtigsten und furchtbarsten Ungeheuer, Urscumug, stammt beispielsweise aus der Steinzeit. Und zweitens finden bei diesen seelischen Nachtreisen durch die Epochen permanent Verwandlungen, Metamorphosen statt. So verwandelt sich die Hauptfigur Tallis in „Lavondyss“ schließlich in eine Dryade, einen Baumgeist. Das ist äußerst faszinierend geschildert.

Handlung

Im Jahr 55 erscheinen die römischen Invasoren über dem verborgenen Tal der Coritani. Der Stamm ist den Patrouillen bislang entgangen, weil ein magischer Bann die Sucher verwirrt hat. Dieser Bann wird von drei weisen Frauen, die zusammen die dreigestaltige MUTTER verkörpern, aufrechterhalten. Doch heute ist das Ende ihrer magischen Herrschaft gekommen.

Es ist der 14-jährige Caylen, in dem die verfluchte Seele von Harald Schmetteraxt wiedergeboren worden ist, nach König Arthur ihn in Stonehenge meuchlings tötete. Und in Harald schlummert weiterhin der wahnsinnige Bär, in dem sich der Fluchs Odins auf dem Berserker verkörpert. Caylen braucht nur einen begehrlichen Blick auf das angebotene Schwert des römischen Zenturios – eine Waffe aus viel besserem Stahl, als er je gesehen hat, um ihn dazu zu bewegen, das Versteck der drei Hexen zu verraten. Den Pfeilen der römischen Schützen, denen der Zenturio zu feuern befielt, entgeht er nur um Haaresbreite.

Als er die Höhle der Hexen erreicht, lebt nur noch eine von ihnen. Aber nicht, weil die Römer bereits hier waren, sondern weil die Frauen sich in ihrer ursprünglichen Gestalt als Krähe, die Todesbotin, und als Hase, die Erdmutter, bereits davongemacht haben. Nur Aithlen ist noch übrig, die Hoffnungsbringerin. Sie weiß bereits, was Caylen getan hat und welches Schicksal ihrem Volk droht. Sie stattet ihn mit drei Gaben aus: einem magischen Ring, um sie zu rufen; einen gehörnten Helm, den kein Stahl zu durchdringen vermag; und einen magischen Wind, der seine Feinde verwirren soll. Bevor sie von der Hand des Zenturios stirbt, werden Caylen und sein Bruder Bedivyg gefangengenommen.

In einer Arena in Süditalien treffen sie drei Jahre später wieder aufeinander. Der lokale Senator, der einen nordafrikanischen Provinzgouverneur mit Arenakämpfen zu unterhalten gedachte, sieht sich plötzlich den drohenden Schwerten von zwei unbesiegbaren Britonen gegenüber. Der Senator überlässt die Entscheidung dem begeisterten Publikum – und dies lässt die beiden Brüder hochleben!

Doch während es Bedivyg in den Rängen der römischen Armee zu einer glänzenden Laufbahn bringt, wird der unberechenbare Berserker Caylen in einen Käfig gesperrt. Der Garnisonskommandeur von Norfolk hält ihn als letzte Geheimwaffe zurück, und nun ist die Zeit gekommen, den Berserker einzusetzen: Königin Boudicca droht den aufrührerischen Stämmen der Iceni zu einem Aufstand gegen die römischen Besatzer zu führen, sollte ihr todkranker Gatte sterben.

Der Plan ist einfach. Sollte der Berserker seinen männlichen Hunger nach Frauenfleisch an ihrer älteren Tochter stillen und Boudicca von der Schändung ihrer Tochter erfahren (oder gar Zeugin werden), so steht nichts zwischen dem Zorn der Königin und der furchtbaren Kriegsaxt des Berserkers. Seinem blindwütigen Angriff würde selbst die im Schwertkampf erfahrene rote Königin nichts entgegensetzen können.

Soweit der Plan. Doch bereits der Ansatz misslingt den römischen Intriganten. Denn dass Boudiccas Tochter unter einem Liebeszauber steht, ist selbst für Caylen nur allzu offensichtlich. Wer möchte ihn hier austricksen? Er schiebt die Jungfrau beiseite. Da taucht die Königin in seinem Gemach auf, das Schwert in der Hand …

Mein Eindruck

Dies ist ohne Zweifel der gelungenste der drei Romane über den Berserker Harald Schmetteraxt. Der Autor Robert Holdstock, der hier unter dem Pseudonym „Chris Carlsen“ schreibt, legt eine diszipliniertere und wirkungsvollere Erzählweise an den Tag als in den Vorgängerromanen, die ich leider, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, nur aus den elenden deutschen Übersetzungen kenne.

Zeitreise

Der erste Roman „Shadow of the Wolf“ („Odins Wolf“) war ein dynamischer und hoffnungsvoller Action-Auftakt der Trilogie, gebrochen allerdings durch den Fluch Odins, der Harald dazu zwang, nach Erlösung zu suchen. Da seine Seele nach jedem Tod erneut mit dem Fluch wiedergeboren wird, beginnt die Suche erneut, allerdings in einer Zeit, die erheblich VOR der Epoche seines Ablebens liegt. Auf diese Weise begleitet der Leser den Helden auf seiner Rückwärts-Reise durch ein frühzeitliches Britannien:

1) die Wikingerinvasionen um das Jahr 1000 in „Odins Wolf / Shadow of the Wolf“;

2) die Sachseninvasionen und der Abwehrkrieg des christlich-römischen Feldherrn, der als Artus, Artorius oder Arthur bekannt ist, zwischen 455 und 490 n. Chr. (in „Die Jägerinnen von Connacht / The Bull Chief“);

3) die römische Invasionen des Claudius und Nero zwischen 50 und 60 n. Chr. sowie die Invasion der Insel Mona (= Anglesey) im Jahr 58 n. Chr.

War der zweite Roman eine Odyssee durch ein frühchristliches Britannien und ein – noch – heidnisches Irland, so bildet der dritte Band nun das tragische Finale der Trilogie: Wird Harald endlich die Erlösung vom Fluch Odins im Ring der Steine erlangen? Das darf hier nicht verraten werden. Aber der Ernst und die Zielstrebigkeit, mit der Caylen an diese Aufgabe herangeht, unterscheiden ihn von seinen Vorgängern.

Avalon?

Wer sich, wie ich, ein wenig mit der römischen Frühgeschichte Britanniens auskennt und die entsprechenden Artus-Romane von Stephen Lawhead gelesen hat, der dürfte sich wundern, warum in all diesen Romanen die Invasion der Römer auf die heilige Insel fehlt. Häufig wird sie mit dem mythischen Avalon gleichgesetzt. Nicht so bei Holdstock, der viel mehr Realismus an den Tag legt. Die Druiden sind ebenso reale Menschen wie ihre weiblichen Priesterinnen, und ihr Zorn auf die Römer ist ebenso greifbar wie die umfassende Stimmung drohenden Unheils, die über der Insel und dem Meeresarm liegt, der sie vom walisischen Festland trennt.

Unser Held bekommt es mit beiden, Druiden und Frauen, zu tun. Er hat Sex mit der schönen Witwe Edwynna, bevor er von Gryddan, ihrem Herrn, die Beschwörungsworte erfährt, mit denen sich der Ring der Steine öffnen lässt, in dem die Erlösung liegen soll. Seine Legitimation ist Aithlenns Ring mit dem Jadestein, eine magische Verbindung zu der toten Seherin.

Cernunnos

Allerdings ist dieser Realismus als Fundament notwendig, um eine weitere enorme übernatürliche Erscheinung vorzubereiten und plausibel erscheinen zu lassen. Seit Tagen erflehen die Druiden das Erscheinen von Cernunnos, dem Gott des Todes, um die Römer zu vernichten. Zu spät nun kommt er, um sie zu retten, rechtzeitig aber, um die nunmehr erschlagenen Druiden und ihre geschändeten und ermordeten Priesterinnen zu rächen. Ein dreimal mannshoher, mit einem Hirschgeweih gekrönter Gott erscheint ausgerechnet aus dem gehörnten Helm unseres Helden Caylen …

Die Mission

Caylen alias Berserker ist keineswegs eine Conan-Kopie oder Parodie, sondern ist ein eigenständiger Charakter. Eine Hälfte nur ist der unüberwindbare Krieger, doch die andere Hälfte ist ein mystischer Sucher – und ein weiterer Teil zeigt uns dreimal einen leidenschaftlichen Liebhaber der Frauen. Diese erotischen Szenen haben wohl das Erscheinen auf dem damaligen Buchmarkt 1979 verhindert.

Zurück zur Mission. Nach der Eroberung Monas zieht Caylen mit dem Druiden Gryddan und dessen Helferin Edwynna Richtung Stonehenge. Doch will Caylen seinen Fluch loswerden. Doch wie stellt man es eigentlich an, einen Gott loszuwerden, der sich im eigenen Inneren befindet? Gar nicht so einfach, wie sich herausstellt. Dies zwingt Caylen, die Dunklen zu kontaktieren, die in den Runenstein Stonehenges wohnen. Sie öffnen ihm das Tor in eine andere Dimension des Geistes.

Was nun folgt, ist eine der erstaunlichsten Passagen, die ich je in einem Fantasyroman gelesen habe. „Erdwind“ (siehe meinen Bericht) kam ja schon nahe heran, aber hier wird pure Science-Fiction geschildert: Die Dunklen waren ursprünglich ein Volk, das von den Sternen kam, die Cynegesa. Das war lange vor der Menschwerdung des Menschenaffen. Doch das Himmelsvolk hatte Probleme mit anderen Invasoren von den Sternen, den Wuuthani. Zu diesen gehört kein anderer als Wotan alias Odin, der ihr letzter Gefangener war – er entkam ihnen und besetzte die Seelen der aufkommenden Menschen.

Nun ist klar, auf welche Weise sich ein Wuuthani loswerden lässt. Ihn zu vernichten, werde Caylen nicht gelingen, erklärt ihm seine hübsche Führerin, die Illusionsschöpferin. Doch es gebe einen zweiten Weg, um den Wuuthani in ihm loszuwerden. Dazu müsse Caylen sich auf ein tödliches Duell einlassen, in dessen Verlauf Caylen selbst eine tödliche Wunde empfangen und dem Gegner eine ebensolche beibringen müsse. Runen würden für das Einsperren des Wuuthani und die Wiedergeburt Caylens sorgen.

Das Duell

Es folgt ein ebenso erstaunliches Duell. Caylen muss es mit seinem Bruder Bedivyg ausfechten. Der Unterschied zu den CONAN-Romanen ist nirgendwo deutlicher als hier. Denn hier muss sich der Held zwischen der eigenen Freiheit und der Ehre seines geliebten Bruders entscheiden. Das eine ist so schwer zu erringen wie das andere. Die moralische Zwickmühle wird noch dadurch erschwert, dass Caylen nicht nur seinen Bruder bekämpft, sondern auch den Gott in seinem Verstand überlisten muss. Es gibt nicht viele Konflikte, die derart kompliziert sind.

Hinweis

Der Autor gibt in einer vorangestellten Liste Hinweise darauf, wo sich die Siedlungsgebiete der im Text erwähnten Stämme um 60 n.Chr. befanden, also bevor einige davon von den Römern vollständig vernichtet wurden. Wo sich die großen Orte, wie etwa die Garnison Venta in Norfolk, befanden, erfahren wir nicht aus dem Text. Dazu muss man schon eine Enzyklopädie bemühen. Wer sich also mit den Römern in Britannien auskennt, ist deutlich im Vorteil.

Unterm Strich

Der Abschluss der Berserker-Trilogie bietet noch einmal einige unerwartete Höhepunkte. Neben der obligatorischen Action spielt in der Mitte die Eroberung der Insel Mona (= Anglesey) und die Vernichtung des dortigen Heiligtums inklusive sämtlichen Personals eine zentrale Rolle. Es ist ein Wendepunkt – im Roman wie auch in der Frühgeschichte Britanniens, denn es bedeutete die Ausrottung der alten (keltischen) Religion.

Das doppelte Finale bietet erstaunliche Szenen. In Stonehenge dringt der Held auf eine andere Bewusstseinsebene vor, die sehr viel Inventar aus Science-Fiction-Romanen bietet. Eine Stadt im Himmel, ätherische Wesen von den Sternen, unbegreifliche Technologie, die wie Magie anmutet – und dann einvernehmlichen Sex. Tatsächlich ist es die Beste von drei Sexszenen, die aufeinander aufbauen, nur das diesmal eine Menge Humor eine Rolle spielt. Wohl die einzige Stelle, an der Caylen wirklich was zu lachen hat.

Das abschließende Finale dient der Anwendung des Wissens, das Caylen bei den Himmelswesen erworben hat. Wird es ihm im Duell mit seinem Bruder gelingen, sowohl den Gott in sich zu überlisten, Bedivyg zu täuschen und schließlich eine Art Wiederauferstehung zu erlangen. Ein volles Programm, dessen Umsetzung überaus komplex ist. Ob Caylen dies alles gelingt, darf nicht verraten werden.

Die Trilogie

Die Berserker-Saga nimmt schon viele Motive und Besonderheiten vorweg, mit denen sich Holdstock ab 1984 besonders in der Mythenwald-Serie auszeichnete, so etwa das innige Verständnis für die frühen Kulturen Britanniens und Irlands, die Beschäftigung mit ihren religiösen und moralischen Konflikten, aber auch die zentrale Rolle der Frauen für die jeweiligen Helden.

Für Caylen etwa spielt die Seherein Aithlenn die Rolle der Mutter, doch Liebende findet er immer wieder, wenn auch nicht die Liebe seines Lebens, wie es Steven Utley in „Mythenwald“ tut. Steven liebt eine Inkarnation der Kriegerkönigin Guinvere – und das tut auch Niall in Band 2 der Berserker-Trilogie. Gut möglich, dass Robert Holdstock hier aus eigener Erfahrung mit seiner Ehefrau erzählte.

Ich finde es schade, dass man sich in der deutschen Fantasy kaum mit Britannien beschäftigt. Dafür tun dies die Briten selbst sehr intensiv, und Holdstock war in dieser Disziplin einer der besten. In den deutschen Verlagsprogrammen ist er seit ca. 2012 leider gar nicht mehr präsent. Seine Titel wurden hierzulande nur von 1980 bis 1987 verlegt. Dabei gäbe es noch so viel von diesem einfallsreichen, vielseitigen und warmherzigen Erzähler zu entdecken.

Taschenbuch: 172 Seiten
Sprache: Englisch
ISBN-13: 978-0722146330

http://www.littlebrown.co.uk/About/Imprints/Sphere (ohne gewährt)

_Robert Holdstock bei |Buchwurm.info|:_
[„Gate of Ivory“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1422
[„The Bone Forest (Mythago Wood 3)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4088
[„Mythenwald“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4139
[„The Hollowing“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4161
[„Tallis im Mythenwald“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4211
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[„Erdwind“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4558

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