Hyung, Min-Woo – Priest – Band 1

Zombie-Horror im Wilden Westen; verkaufte Seelen, Banditen, düstere Gestalten und noch finstere Geheimnisse – dies sind die Themen der neuen Manhwa-Serie „Priest“ von Min-Woo Hyung, der hier sowohl das Skript als auch die Zeichnungen beigesteuert hat. Hyung outete sich bereits vorzeitig als großer Fan des klassischen Italo-Western und hat dessen coole Charaktere auch mit in seine neue Story einfließen lassen. Dazu fügt er die üblichen Elemente des Gothic-Horror, dies aber in einer intelligent inszenierten Geschichte mit zahlreichen Wendungen und einigen Überraschungen. Die Hauptfiguren von „Priest“ sind dabei alle an ein Schicksal gebunden, bei dem durchaus Parallelen zu erkennen sind. So hat es sich der junge Priester Ivan Isaacs, gleichzeitig der Hauptdarsteller dieser Reihe, zur Aufgabe gemacht, den Tod seiner Freundin Gena zu rächen. Zu diesem Zweck hat er seine Seele dem Dämonen Belial verkauft, um so die Chance auf ein zweites Leben zu bekommen.

Ihm entgegen stehen der mächtige Priester Temozarela und sein Scherge Jarbilong. Letzterer tritt unter dem Deckmantel der Kirche als Dämon in Menschengestalt auf und setzt alles daran, die Wiederkehr seines Meisters auf der Erde vorzubereiten und Ivan Isaacs ein für allemal aus dem Weg zu räumen.

Irgendwo dazwischen steht die junge Lizzy, ihrerseits Anführerin der Angel-Rebellen, die nach dem Tod ihres Vaters diese Rolle übernommen und noch ein reines Gewissen hat – bis zu dem Tag, als sie Ivan Isaacs trifft und eine schreckliche Begegnung macht …

Im ersten Band wird die Geschichte mitsamt ihrer Charaktere direkt in einem actiongeladenen Szenario eingeleitet. Die gefürchtete Anführerin der Angel-Rebellen, Lizzy, wurde von den Marshalls gefangen genommen und wird auf einem Zug festgehalten. Ihre Bandenmitglieder wollen sie auf dem Weg ins Zuchthaus befreien, was ihnen auch mühelos gelingt. Dann jedoch taucht eine mysteriöse Gestalt auf, die sämtliche Insassen des Zugs ums Leben bringt und brutal abschlachtet. Sämtliche Gegenwehr, selbst die Maschinengewehrsalven, prasselt an der Oberfläche des monströsen Dämonen ab, und die Angel-Gang sitzt in der Falle. Dann taucht der junge Priester Ivan Isaacs auf und stellt sich der Bestie in den Weg, bleibt dabei aber zum Erstaunen der anderen unversehrt. Es beginnt ein wilder Kampf, in den neben dem eigentlichen Monster auch die Zugpassagiere eingreifen, jetzt aber als Zombies, deren einziger Sinn darin besteht, das restliche Leben auszulöschen. Ein wilder Fight um Leben und Tod beginnt, und Lizzy kann noch gar nicht fassen, was sich da in so kurzer Zeit vor ihrem Auge abgespielt hat und noch abspielen wird …

Die Mischung aus Western- und Horror-Elementen ist wirklich interessant und wurde in der Storyline von Min-Woo Hyung auch sehr gut und vielseitig umgesetzt. So findet man einerseits diese coolen Gestalten aus dem Western-Bereich, auf der anderen Seite dann die finsteren Dämonen und Untoten, die hier das Böse charakterisieren. Mich erinnert das Ganze dabei sehr stark an den Klassiker „Hellsing“, vor allem aufgrund des Zeichenstils, der wirklich ziemlich eckig und im Gesamten auch sehr, sehr düster ist. Dementsprechend ist auch die Geschichte gehalten; trotz der hitzigen Atmosphäre einer Wüstenstadt regiert hier das Böse, wird jedoch vom Zeichner und Autor nicht genau definiert. Dadurch, dass man die beiden Parteien Gut und Böse hier noch nicht auseinanderhalten kann und nicht weiß, wer nun den Titelhelden abgeben soll – sofern es einen solchen bei „Priest“ überhaupt gibt – ist auch kaum vorhersehbar, in welche Richtung sich die Story weiterentwickeln wird. Hyung hält hier direkt zu Beginn einige Türen auf, gibt vereinzelte Hinweise auf die oftmals dramatische Vergangenheit der Hauptakteure und setzt ziemlich viele Fragezeichen in den Raum, die es in insgesamt 14 folgenden Bänden aufzuklären gilt.

Sowohl die Rolle von Ivan Isacs als auch die der Verbrecherin Lizzy ist nicht offensichtlich, man spürt aber schon, dass hier eine enge Verbindung besteht, gerade zum Ende hin, wo Lizzy dem mysteriösen Priester folgt. Und trotzdem weiß man noch nicht, was man nun von den einzelnen Personen halten soll.

Dies macht dann auch die Spannung bei „Priest“ aus; trotz hohem Erzähltempo stiftet Hyung hier einiges an Verwirrung, die jedoch in diesem Moment willkommen ist, weil man so auch viel mehr auf die einzelnen Details in den Zeichnungen schaut. Schade nur, dass diese in den Kampfszenen etwas verschwommen und undeutlich werden, gerade wenn sie nur in kleinen Bildausschnitten ilustriert wurden. Dies habe ich an „Priest“ dann neben der übertriebenen Darstellung der Nebengeräusche (zum Beispiel beim Nachladen der Waffen) zu bemängeln. Doch sieht man mal über diverse Unschärfen hinweg, macht der erste Band direkt eine ganze Menge Spaß und schnell Lust auf mehr. Zum Glück muss der Leser in diesem Fall aber nicht warten, denn Hyung hat bereits die ersten fünf Bücher auf den deutschen Markt gebracht. Und wer auf gut gemachten Manga-Horror abfährt und „Hellsing“ zu seinen Favoriten zählt, der wird mit dieser neuen Serie wirklich auch sehr gut bedient und sollte sich diesen einleitenden Band mal zu Gemüte fühen.