Die schmutzige Vergangenheit der Regierungspartei
Ihr jüngster Einsatz führt Malcolm Fox und sein Team von der »Abteilung für interne Ermittlungen« auf die Halbinsel Fife in das Küstenstädtchen Kirkcaldy. Dort wurde gerade der Polizist Paul Carter der Korruption schuldig gesprochen. Eine Routineuntersuchung soll nun den Ruf seiner Dienststelle wieder herstellen – ein Drahtseilakt für die internen Ermittler, die sich auf fremdem Terrain bewegen.
Und dann wird der Mann, der das Verfahren gegen Paul Carter ins Rollen brachte, tot aufgefunden. Es ist Carters eigener Onkel. Als sich sein Freitod als Mord entpuppt, verübt mit einer Waffe, die es gar nicht geben dürfte, nimmt der Fall eine dramatische Wendung. Und plötzlich steht weit mehr auf dem Spiel als bloß der Ruf der Polizei… (dt. Verlagsinfo)
Der Autor
Sir Ian Rankin gehört zu den wichtigsten Krimischriftstellern der britischen Insel. Sein Inspektor Rebus macht die schottische Hauptstadt Edinburgh nun schon in zahlreichen Abenteuern sicherer – soweit man ihn lässt!
Für „Die Kinder des Todes“ wurde Rankin mit dem Deutschen Krimipreis 2005 ausgezeichnet. Die englische Königin verlieh ihm für seine Verdienste um die Literatur den „Order of the British Empire“. Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Edinburgh. Er schrieb auch andere Romane, u.a. unter dem Pseudonym Jack Harvey. Mehr Info: www.ianrankin.net.
Malcolm Fox
1) Ein reines Gewissen (The Complaints, 2009)
2) Die Sünden der Gerechten (The Impossible Dead, 2011)
Der Sprecher
Boris Aljinovic, geboren 1967 in Berlin, war nach dem Schauspielstudium an der Hochschule „Ernst Busch“ am Berliner Renaissance-Theater und am Staatstheater Schwerin engagiert. Es folgten zahlreiche Rollen in Film und Fernsehen, so etwa 1999 in „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ und 2004 in Otto Waalkes’ Filmerfolg „Sieben Zwerge – Männer allein im Wald“. Seit 2001 spielt er den Kommissar Felix Stark an der Seiten von Dominic Raacke im Berliner „Tatort“. Der Schauspieler lebt in Berlin. Er liest eine gekürzte Fassung.
Die Macher
Regie führte Oliver Versch, die Tonaufnahme erfolgte durch Gerhard Ruhs von Soundmaster, Berlin. Den Schnitt besorgte David Braun von den Spotting Image Studios in Köln.
Handlung
Malcolm Fox, Tony Kaye und Joe Naysmith sind die Edinburgher Abteilung für interne Ermittlungen, die früher als „The Complaints and Conduct“ bekannt war, jetzt aber Professional Standards“ heißt. Ihr Boss, Bob McEwan, bekommt ein Amtshilfeersuchen aus der Nachbarstadt Kirkcaldy. Als neutrale Dritte soll Fox‘ Team gegen den Polizisten Paul Carter ermitteln, der gerade von einem Gericht der sexuellen Belästigung, wenn nicht sogar der Vergewaltigung einer Frau schuldig gesprochen wurde. Angezeigt wurde Carter seinem Onkel Alan, und Teresa Collins, das Opfer, ist als Zeugin der Anklage aufgetreten.
Auf Abwegen
Doch die Dinge entwickeln sich wider Erwarten zunehmend ungünstig. In Kirkcaldy will sie keiner hier haben, und zu Fox‘ Konsternation kommt Paul Carter bereits am nächsten Tag auf freien Fuß. Fox sieht ihn mit seinem Kumpel Scholes auf seinem Anwesen. Als sie das Opfer, Teresa Collins, besuchen, die irgendwie aufgedreht erscheint. Ist sie auf Droge, fragt sich Fox gerade, als Naysmith mit der Neuigkeit herausplatz, dass ihr Peiniger Paul Carter auf freiem Fuß ist. Sie dreht durch und schreit aus dem Fenster im Hilfe. Sie treten den strategischen Rückzug an und geraten in eine feindselige Menge Jugendlicher, die keinerlei Anstalten machen Teresa zu Hilfe zu eilen. Stattdessen haben sie Kayes Wagen zugemüllt. Wütend ziehen sie vom Ort des Geschehens ab.
Im Anschluss stattet Fox Alan Carter, Pauls Onkel, einen Besuch ab. Carter lebt mit seinem Hund auf einer kleinen Farm oben auf einem Hügel. Der rüstige 66-Jährige leitet eine Sicherheitsfirma und scheint völlig mit sich im Reinen zu sein. Er hat mit seinem Job als ehemaliger Polizist abgeschlossen und scheint sich als Hobby-Historiker zu betätigen. Eine alte Zeitung vom 29. April 1985 liegt in seinen ordentlich sortierten Unterlagen.
Beinahe-Selbstmord
Doch der Fall Teresa Collins ist nicht ausgestanden. Kaum in Kirkcaldy, klagt ihn die lokale Revierleiterin der Beihilfe zum Selbstmord an – Collins hat sich die Pulsadern aufgeschnitten und ist von einer Ambulanz ins Krankenhaus gebracht worden. Sollen sie sich Vorwürfe machen, fragen sich Fox und seine Teammitglieder. Eher nicht. Fox schafft es, eine alte Flamme zu reaktivieren. Evelyn Mills, längst verheiratet und als Polizistin Fife tätig, soll ihm die Lizenz verschaffen, Carters Kontakte abzuhören.
Er besucht gerade die bewusstlose Teresa Collins im Krankenhaus, als ihn ein neugieriger Journalist namens Jamieson und die Nachtschwester darauf aufmerksam machen, dass schon wieder ein blutender Mensch eingeliefert wird. Aus Jamiesons Gesprächsfetzen schließt Fox, dass es sich um Alan Carter handeln muss. In dessen Hütte wartet bereits Scholes höhnisch mit einem fiesen Spruch auf den Lippen. Aber das stört Fox nicht, sondern vielmehr die Unordnung im Wohnzimmer – und der Revolver, mit dem sich Carter angeblich die Kugel gegeben hat.
Der tote Ermittler
Fox‘ Zweifel an dieser Theorie werden bestätigt, als Scholes die telefonische Nachricht erhält, dass Alan Carter gestorben sei und dass dessen Nachbar Teddy Fraser ausgesagt habe, Carter hätte sich nie selbst getötet, außer ihm Falle eines Tumorbefundes. Also wird der Todesfall jetzt als Mord behandelt – und Scholes hat zugelassen, dass jedermann ohne Schutzkleidung diesen Tatort betreten konnte. Hoffentlich reißen ihm die Spurensicherer den Kopf ab, denkt Fox, als die Spusi eintrifft und Scholes von seinem Komplizen Michaelson abgeholt wird. Fox folgt ihnen unauffällig, doch der alarmierte Reporter Jamieson entdeckt ihn dennoch.
Teddy Fraser erklärt Fox, dass Alan Carter nie eine Waffe besessen habe. Wie also konnte der Revolver an den Tatort gelangen? Wenig später stellt sich heraus, dass es die Waffe eigentlich gar nicht geben dürfte: Sie hätte in den achtziger Jahren verschrottet werden müssen. Doch jemand hat sie abgezweigt und für unbekannte Zwecke verwendet. Teddy Fraser fragt Fox, ob er wisse, wer Francis Vernal gewesen sei. Über dessen Tod sei nämlich in der Zeitung vom 29.4.85 berichtet worden. Fox muss zu seinem Bedauern verneinen. Fraser sticht mit dem Finger auf Fox‘ Brust und drängt ihn, sich doch mal darüber aufzuklären. Sprach’s und verschwand.
Das Internet ist eine wunderbare Sache, findet Fox, und sucht Infos über Francis Vernal. Dieser war Anfang der achtziger Jahre ein Demagoge, der die Schotten zuerst zum Sozialismus, dann zum Nationalismus bekehren wollte. So brachte er die mittlerweile regierende Scottish Nationalist Party (SNP) richtig gut voran. Auf einem der Fotos entdeckt Fox, was er nicht für möglich gehalten hätte: seinen Cousin Chris Fox, der bei einem Motorradunglück umgekommen sei, wie Dad sagte. Chris muss ebenfalls in den Bann dieses Redners gekommen sein. Aber warum recherchierte Alan Carter über dessen Tod?
Die Antwort liefert die Visitenkarte eines Anwalts in Edinburgh: Charles Mangold ist zudem der Freund von Vernals Witwe Imogen, wie Fox feststellt. Mangold bittet ihn zu seiner Überraschung, dort weiterzumachen, wo Alan Carter, den er bislang bezahlt hatte, aufhören musste. Als Fox nicht nein sagt, bekommt er flugs zwei Kisten mit Unterlagen, darunter die Obduktionsunterlagen der schlampig ausgeführten Untersuchung des Todesfalls.
Die Unterlagen führen ihn in eine wilde Zeit zurück. Mitte der achtziger Jahre verübten Anarchisten, Nationalisten und andere Systemgegner regelmäßig Raubüberfälle, um Aktionen zu bezahlen, die die Cops weit unter die Gürtellinie trafen. Man sammelte Anthrax-Proben von der verbotenen Insel Gruinard (die aus jeder Landkarte gelöscht worden war) und verschickte die giftigen Sporen an Londoner Regierungsbeamte und sogar an die Queen. Das scheuchte die Geheimdienstler und Cops gehörig auf. Doch wie der Revolver beweist, muss es auch korrupte Cops gegeben haben, die mit der SNP sympathisierten, und die solche heiße Ware vor der Verschrottung bewahrten.
Eine weitere Entdeckung
Inzwischen häufen sich Meldungen über Bombenexplosionen in den Wäldern rund um Edinburgh. Sind die Anarchisten wieder im Vormarsch? DCI Jackson will Fox sprechen und lässt erkennen, dass er vom Special Branch des Inlandsgeheimdienstes MI5 ist und sich für Fox‘ Ermittlung zu Francis Vernal interessiert. Fox fragt Jackson nach dem Grund, doch der weicht aus. Stattdessen reißt die Kripo und DI Cash die Ermittlung von Alan Carters Tod an sich: Der ist inzwischen offiziell als Mord anerkannt (nach ein paar kleinen unbedeutenden Hinweisen von Fox). Hauptverdächtiger ist zu niemandes Überraschung dessen Neffe Paul Carter.
Neugierig geworden fährt Fox zusammen mit Naysmith zum Hügel, auf dem Carter wohnte. Als niemand auf ihn achtet, schnappt er sich ein Schlüsselbund aus der Küche und marschiert ungeniert hinter die Farmhütte. Dort steht ein verriegelter Schuppen. Nachdem er das Vorhängeschloss mit dem Schlüssel geöffnet hat, erkundet Fox mit Naysmith das Innere. Unter einer Plane steht ein uraltes Autowrack. Es ist nicht irgendein Auto, sondern jenes, in dem kein anderer als der SNP-Demagoge Francis Vernal seinen letzten Atemzug tat…
Mein Eindruck
Eigentlich liegt der Fall Alan Carter ja gar nicht in Fox‘ Zuständigkeit, denn sein Job ist die Ermittlung gegen Polizisten, die sich nicht pflichtgemäß verhalten haben. Er darf nicht einmal gegen Paul Carter selbst ermitteln, sondern nur gegen dessen drei Kripo-Kollegen Scholes, Haldane und Michaelson. Doch sowohl Alan Carter als auch dessen verstorbener Mentor Gillis waren mal Cops. Wie sich nun herausstellt, hatten sie einiges auf dem Kerbholz, so etwa den Handel mit gestohlenen Militärrevolvern. Die Soldaten, die im Falklandkrieg anno 82/83 dienten, gaben ihre Dienstwaffen einfach nicht zurück, sondern verscherbelten sie auf dem freien Markt. So kam es, dass sie in den Händen der SNP-Aktivisten landeten.
Etwas hat überlebt
Die Wirtschaftskrise von 2008/09 war das Thema des ersten Romans mit Malcolm Fox. „The Impossible Dead“ beschäftigt sich mit den wilden Achtzigern und den Anfängen der inzwischen regierenden SNP-Partei. Wer waren diese Leute, fragt der Autor, und sollte sich die SNP ihrer schämen oder rühmen? Wie das Denkmal von „Braveheart“ Wallace Fox vor Augen führt, lassen sich Legenden leichter stricken (und gewinnbringend vermarkten), wenn man die Schattenseiten der Wahrheit unter den Teppich kehrt. In Deutschland redet man ja auch nicht mehr über die krummen Dinger, die Franz Josef Strauß, Konrad Adenauer und Ludwig Erhard seinerzeit gedreht haben.
Wenn sich der Autor also mit den Anfängen der SNP befasst und richtig fiese Schweinereien aufdeckt, dann rührt er in einer Wunde, wo es richtig wehtut. Das Dark Harvest Commando (DHC), das die giftigen Anthrax-Sporen an die Queen und den Premierminister verschickte, wurde direkt von Francis Vernal, dem SNP-Demagogen, bezahlt. Doch wo ist sein Kleingeld geblieben? Er muss es im Wagen versteckt haben, den Fox gerade aufgespürt hat. Alles, was Fox an brisantem material entdeckt, ist eine Liste von gelieferten Waffen – brisant genug, wenn er die Empfänger entlarven kann.
Alte Fotos
Doch das wichtigste Hilfsmittel, dessen sich Fox in seiner völlig privaten Ermittlung – DI Cash hat ihn nach seinem jüngsten Stunt aus Kirkcaldy verbannt – bedient, sind alte Fotos. Da ist Francis Vernal neben einer jungen Frau und einem schnauzbärtigen bebrillten Typen vom DHC. Von einem Professor erhält Fox nicht nur dieses Foto, sondern auch Namen: Alice Watts und „Hawkeye“. Zu Fox‘ Überraschung hat es beide Identitäten nie gegeben. Aber die Studentin Alice Watts war die Geliebte des verheirateten Anwalts Vernal – und ihr galt seine letzte Ausfahrt. Fox muss sie unbedingt finden. Und der Zufall greift ihm unter die Arme, als er im Fernsehen das Bild der Polizeipräsidentin von Zentralschottland erblickt. Alice Watts = Alison Watson: Kann das Zufall sein?
Brisante Seilschaften
DCI Jacksons Auftreten an Alison Watsons Seite ist alles andere als Zufall. Der Antiterrorismusexperte unterstützt sie im Kampf gegen die terroristischen Bombenbastler in den schottischen Wäldern. Fox kommt sich wie in die achtziger Jahre zurückversetzt – und zieht einen verwegenen Schluss: Könnte es sein, dass die kleine Studentin schon damals für Jackson und den MI5 arbeitete? Dann hätte sie die SNP-Aktivisten von Anfang ausspioniert, die sich nach Vernals Tod – er hatte ein fatales Loch in der Stirn – in alle Winde zerstreuten bzw. in den Untergrund gingen.
Fatal
Als er dieser Spur folgt und wie üblich DCC Watson mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, sticht er in ein Wespennest. Hier stehen Reputationen, Karrieren und Ämterpfründe auf dem Spiel. Schon wenige Tage später stellt Fox fest, dass bei ihm eingebrochen und sein Laptop gestohlen wurde, sondern dass man selbst Millionäre nicht unterschätzen sollte, die Maserati fahren – besonders dann nicht, wenn sie eine Pistole auf einen richten…
Der Sprecher
Dass Boris Aljinovic einen „Tatort“-Kommissar gespielt hat, gereicht ihm in vielerlei Hinsicht zum Vorteil. Die Aufgabe, die verschiedenen Figuren stimmlich und sprachlich auf erkennbare Weise zu charakterisieren, bewältigt der Sprecher mit Bravour – ohne sich jedoch zu Karikaturen hinreißen zu lassen. Altgediente Cops sprechen immer knapp und mit tiefer Stimme, wodurch sie sich von Fox‘ ausgefeilter Ausdrucksweise deutlich abheben. Der alte Paul Carter ist ebenfalls ein echter Charakter, den der Sprecher gut zu gestalten weiß. Man merkt gleich, dass er einiges vor Fox‘ Neugier verbirgt. Mitch Fox, Malcolms Vater im Seniorenheim, klingt fast wie Paul Carter, drückt sich aber weitaus weniger gewählt aus.
Die Frauengestalten „sprechen“ stets mit höherer Stimmlage, was irgendwie naheliegt. Doch die nörgelnde Judith klingt völlig anders als etwa Evelyn Mills, mit der Fox mal einen One night Stand hatte. Und Mills klingt ganz anders als die durchgeknallte, hysterisch werdende Theresa Collins, die angesichts der Nachricht, ihr Peiniger Alan Carter sei wieder auf freiem Fuß, lauthals um Hilfe schreit.
Man merkt aber nach einer Weile, dass ihm die Einzelfiguren nicht so sehr liegen wie das Kollektiv des Ermittlungsteams. Ich bewundere, wie es ihm gelingt, die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten und stets die gleiche Ausdrucksweise für die jeweilige Figur zu finden.
Auffällig sind die extrem abrupten Schnitte zwischen den Sätzen und die nahezu nahtlosen Übergänge zwischen zwei völlig verschiedenen Szenen. Angesichts dieser auf Kürzungen zurückzuführenden Eile muss man schon die Ohren spitzen. Langeweile kam jedenfalls keine auf.
Unterm Strich
Malcolm Fox‘ Ein-Mann-Feldzug, unterstützt von Tony Kaye und Joe Naysmith, ist etwa so, als würde es ein kleiner Cop aus der Dienstaufsicht mit dem BKA, dem Verfassungsschutz sowie der Polizeibehörde von Berlin gleichzeitig aufnehmen. Doch Kirkcaldy ist nicht Berlin. Alles scheint sich im kleineren Rahmen zu bewegen, selbst dann wenn es um die Regierungspartei SNP geht.
Und außerdem verfügt Fox über eine unwiderstehliche Superkraft: seinen Dienstausweis. Diese „Warrant Card“ öffnet ihm Tür und Tor, verjagt neugierige Lakaien und beschafft Humanressourcen. Wenn auch das nicht mehr hilft, tarnt sich Fox als Journalist. So gelangt er in Alison Watsons Pressekonferenz und stellt ihr eine hinterhältige Frage…
Wie immer stellt der Autor mit großer Sachkenntnis und unerschrockenem Furor die Doppelmoral der Politiker und Besitzenden bloß, die dem Volk vorschreiben wollen, was es zu tun, zu lassen und vor allem zu denken hat. Dass er sich diesmal die Regierungspartei vornimmt, indem er sie mit ihrer schmutzigen Vergangenheit konfrontiert, ist vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitsbestrebungen Schottlands, das ja unbedingt in der EU bleiben will, umso brisanter.
Die schmutzige Vergangenheit hat die versprengten Überreste der SNP-Aktivisten – heute würde man sie „Terroristen“ schimpfen – nicht daran gehindert, sich emporzuarbeiten und beim Klassenfeind, den Kapitalisten, eine vorbildliche Karriere hinzulegen. Bei Alison Watts, der MI5-Spionin, ist das wohl nicht gerade verwunderlich. Allerdings ist sie keineswegs erpicht darauf, dass ein Foto, das sie neben zwei der damaligen Streiter zeigt, Verbreitung findet. So etwas ist der Polizeikarriere eindeutig abträglich, besonders dann, wenn man selbst „Terroristen“ verfolgen will. Über das, was aus „Hawkeye“ wurde, darf hier leider nichts verraten werden.
Der Krimi ist viel besser geschrieben als sein Vorgänger „The Complaints“: geradlinig, dynamisch, zunehmend kritisch und wendungsreich. Dass Fox seine Familie nicht vernachlässigt, grenzt an ein Wunder, und es dauert nicht lange, bis ihm seine Schwester Judith („Jude“) ordentlich die Leviten liest. Es gibt eben Verbrechen, die nicht im Gesetzbuch stehen…
Sprach-Niveau
Der Leser sollte sich auf ein Niveau von gehobenem Schwierigkeitsgrad einstellen und in englischen Krimis bewandert sein sowie die Ränge der Cops kennen. Auch die Kenntnis dessen, was ein „Procurator Fiscal“ – den es nur in Schottland gibt – so macht, ist von Vorteil (er ist eine Art Generalstaatsanwalt, aber nicht, wie in USA, der Justizminister). Mehr zu diesem wichtigen Amt weiß die Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Procurator_fiscal.
Das Hörbuch
Stimmungen sind in einem Hörbuch leider schwer herzustellen. Die fehlende Musik unterstreicht dies nur. Deshalb steht die ereignisreiche Ermittlungsarbeit im Vordergrund, Man muss genau mit verfolgen, welche Figuren und Details der Sprecher in seiner aufs Wesentliche eingedampften Version vorträgt. So ist etwa die Zeitung mit dem Datum vom 29.4.1985 von großer Bedeutung, und entsprechend früh wird sie eingeführt. Die Ermittlung des Fox-Trios ist, wie gesagt, wendungsreich und endet mit einem fesselnden Finale.
CD: 6h 53 min. Laufzeit
Originaltitel: The Impossible Dead, 2011.
Aus dem Englischen von Conny Lösch.
ISBN-13: 9783844519877
www.hoerverlag.de
Der Autor vergibt: