Fünf Jahre ist es her, dass das Central Hotel in einem gewaltigen Flammenmeer bis auf die Grundmauern niederbrannte. Die Katastrophe forderte mehrere Tote, viele Gäste wurden verletzt, doch die Ermittlungen verliefen schnell im Sande. Nun fallen Inspector Rebus Hinweise auf Brandstiftung in die Hände, die nie in den Akten auftauchten. Die Tat trägt die Handschrift von „Big Ger“ Cafferty. Aber der hat einflussreiche Freunde – nicht zuletzt bei der Edinburgher Polizei … Gewinner des 2. Platzes des Deutschen Krimipreises 2003 (Sparte internationale Bücher). (Verlagsinfo)
Der Autor
Sir Ian Rankin gehört zu den wichtigsten Krimischriftstellern der britischen Inseln. Sein Inspektor Rebus macht die schottische Hauptstadt Edinburgh nun schon in zahlreichen Abenteuern sicherer – sofern man ihn lässt!
Für „Die Kinder des Todes“ wurde Rankin mit dem Deutschen Krimipreis 2005 ausgezeichnet. Die englische Königin verlieh ihm für seine Verdienste um die Literatur den „Order of the British Empire“. Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Edinburgh. Er schrieb auch andere Romane, u.a. unter dem Pseudonym Jack Harvey. Mehr Info: www.ianrankin.net .
Die John-Rebus-Romane
• 1987 Knots and Crosses
o Verborgene Muster, dt. von Ellen Schlootz, München: Goldmann 2000; ISBN 3-442-44607-4
• 1991 Hide and Seek
o Das zweite Zeichen, dt. von Ellen Schlootz, München: Goldmann 2001; ISBN 3-442-44608-2
• 1992 Tooth and Nail, auch als: Wolfman
o Wolfsmale, dt. von Ellen Schlootz, München: Goldmann 2001; ISBN 3-442-44609-0
• 1992 Strip Jack
o Ehrensache, dt. von Ellen Schlootz, München: Goldmann 2002; ISBN 3-442-45014-4
• 1993 The Black Book
o Verschlüsselte Wahrheit, dt. von Ellen Schlootz, München: Goldmann 2002; ISBN 3-442-45015-2
• 1993 Mortal Causes
o Blutschuld, dt. von Giovanni Bandini, München: Goldmann 2003; ISBN 3-442-45016-0
• 1995 Let it Bleed
o Ein eisiger Tod, dt. von Giovanni und Ditte Bandini, München: Goldmann 2004; ISBN 3-442-45428-X
• 1997 Black and Blue
o Das Souvenir des Mörders, dt. von Giovanni Bandini, München: Goldmann 2005; ISBN 3-442-44604-X
• 1998 The Hanging Garden
o Die Sünden der Väter, dt. von Giovanni Bandini, München: Goldmann 2006; ISBN 3-442-45429-8
• 1999 Dead Souls
o Die Seelen der Toten, dt. von Giovanni Bandini, München: Goldmann 2006; ISBN 3-442-44610-4
• 2000 Set in Darkness
o Der kalte Hauch der Nacht, dt. von Christian Quatmann, München: Goldmann 2001; ISBN 3-442-54521-8
• 2001 The Falls
o Puppenspiel, dt. von Christian Quatmann, München: Goldmann 2002; ISBN 3-442-45636-3
• 2002 Resurrection Men
o Die Tore der Finsternis, dt. von Claus Varrelmann und Annette von der Weppen, München: Goldmann 2003; ISBN 3-442-45833-1
• 2003 A Question of Blood
o Die Kinder des Todes, dt. von Claus Varrelmann, München: Goldmann 2004; ISBN 3-442-54550-1
• 2004 Fleshmarket Close
o So soll er sterben, dt. von Heike Steffen und Claus Varrelmann, München: Goldmann 2005; ISBN 3-442-54550-1
• 2006 The Naming of the Dead
o Im Namen der Toten, dt. von Juliane Gräbener-Müller, München: Goldmann 2007; ISBN 3-442-54606-0
• 2007 Exit Music
o Ein Rest von Schuld, dt. von Giovanni und Ditte Bandini, München: Manhattan 2008; ISBN 978-3-442-54639-8
• 2012 Standing in Another Man’s Grave
o Mädchengrab, dt. von Conny Lösch, München: Manhattan 2013; ISBN 978-3-442-54722-7.
• 2013 Saints of the Shadow Bible
o Schlafende Hunde, dt. von Conny Lösch, München: Manhattan 2014. ISBN 978-3-442-54723-4.
• 2015 Even Dogs in the Wild
o Das Gesetz des Sterbens, dt. von Conny Lösch, München: Manhattan 2016, ISBN 978-3-442-54772-2.
• 2017 Rather be the Devil
o Ein kalter Ort zum Sterben, dt. von Conny Lösch, München: Goldmann 2017, ISBN 978-3442314614
• 2018 In a House of Lies
o 2019 Ein Haus voller Lügen, dt. von Conny Lösch, München: Goldmann 2019, ISBN 978-3-442-31525-3
• 2020 A Song for the Dark Times
Die Jack-Harvey-Romane:
1) Blood Hunt
2) Witch Hunt
3) Bleeding Hearts
Andere Romane
1) Watchman
2) The Flood
3) Westwind
Handlung
Detective Inspector John Rebus hat in Edinburgh wieder alle Hände voll zu tun. Weil das alte Polizeirevier in der Great London Road abgebrannt ist, müssen sich die Kripo-Beamter nun das Ersatzquartier mit den Cops in der St. Leonard’s Road teilen. Die Räumlichkeiten sind, gelinde gesagt, beengt. Apropos Räumlichkeiten: Nachdem sein Bruder Michael aus der Haft entlassen worden ist, wendet der sich an John, um eine erschwingliche Unterkunft zu finden. John fällt auf die Schnelle nur seine eigene Wohnung ein, die er mit einer Studenten-WG teilt. Mikes Standard ist gesunken. Er ist mit einem Lagerraum zufrieden.
Auf einmal hat John auch wieder mehr Zeit für sich selbst: Seine Freundin Dr. Patience Ainsley will sich mehr ihren zwei Kindern widmen als sich mit einem Mann abzugeben, der nie da ist, wenn man ihn braucht – selbst wenn er einen Termin fest zugesagt hat. Kann er verstehen.
Holmes
DS Brian Holmes (Schotte) und DC Siobhan Clarke (trotz ihres gälischen Namens eine Engländerin) sind derzeit Rebus zugeteilt. Zusammen sollen sie den merkwürdigen Zwischenfall bei einem Metzger aufklären. Ein Mann kommt mit einem blutenden Stichwunde im Bauch in den Laden des Metzger. Es stellt sich heraus, dass dieser sein Cousin ist. Der Verletzte verschwindet genauso unangekündigt wie er gekommen ist. Und keiner findet das sonderbar?! Der Mann wird als Rory Kintoul identifiziert. Und wie wahrscheinlich ist es, dass ein schlichter Metzger einen Mercedes besitzt, fragt Clarke.
Brian Holmes wird kurz darauf nachts bewusstlos auf dem Parkplatz hinter der Kneipe „Heartbreak Café“ aufgefunden. Es war seine neue Lieblingskneipe und sie gehört dem Alki Eddie Ringan. Jemand hat ihn mit einem stumpfen Gegenstand niedergeschlagen. Gerüchteweise ist Eddie in eine Schutzgeldgeschichte verwickelt. Holmes‘ Exfreundin Nell Stapleton ist untröstlich und besucht ihn zusammen mit Rebus im Krankenhaus. Sie weist Rebus auf das schwarze Notizbuch hin, das Holmes bei sich führte. Wo es jetzt wohl sei? Es steckt in den Klamotten, die das Krankenhaus verwahrt hat. Es ist keineswegs ein Tagebuch, sondern enthält Aufzeichnungen in Holmes‘ privater Kurzschrift.
Gespenster
Der interessanteste Eintrag betrifft den Brand des Central Hotels. Der liegt schon fünf Jahre zurück. Das in der Nähe des Bahnhofs gelegene Hotel war zu einem Stundenhotel, einer Absteige und einem Drogenumschlagplatz verkommen. Nach dem Brand, dessen Urheber bis dato unbekannt ist, fanden Beamte die Leiche eines Mannes im Obergeschoss. Der Tote war schon vor dem Brand tot, wurde also dort versteckt. Er ist bis heute unidentifiziert, aber das Einschussloch in der Herzgegend lässt auf eine ziemlich unnatürliche Todesursache schließen. Bis Holmes auf Hinweise gestoßen: Zwei Gebrüder R waren am Brandabend ebenso dort wie ein gewisser El[vis]. Und diese Verbindung ist klar: Eddie Ringan ist Elvis.
Rebus lässt sich die Akten kommen und stößt darin auf einen weiteren bekannten Namen: Matthew Vanderhyde, den blinden „Hexer“. Der gibt bei einem Besuch zu, sich im Central Hotel mit dem Brauerei-Erben „Black“ Aengus Gibson getroffen zu haben. Merkwürdig, dass dessen Name ebenso nirgends in den Akten zu finden ist wie die von Ringan und den R-Brüdern. „Oh, die mächtigen Familien der Stadt haben ihre Mittel und Wege“, versichert Vanderhyde, „damit ihr guter Name nicht befleckt wird.“ Rebus fragt sich, welche Gespenster der Vergangenheit noch ihre Spur verwischt haben.
Operation Moneybags
Das findet wiederum sein Vorgesetzter Chief Superintendent Lauderdale bemerkenswert, denn er will in Kooperation mit der Abteilung „Trading Standards“ (quasi das Zollamt) den illegalen Geldverkehr mit Schutzgelderpressung, illegaler Geldverleihe und Zinswucher usw. bekämpfen. Rebus‘ Protest – wer würde sich wohl mit Unterweltbaron „Big Ger(ald) Cafferty“ anlegen? – wird notiert und abgeschmettert. Detective Inspector Alister Flower – Spitzname „Little Weed“ – sei Rebus in dieser „Operation Moneybags“ im Rang gleichgestellt. Wie gleich, demonstriert Lauderdale gleich mit einer Fünf-Pfund-Note, die er Flower für eine „Kollekte“ überreicht, Rebus aber nicht. Flower stellt zwei inkompetente Typen ab: Petrie geht der Film für seinen Fotoapparat aus und seine Kollegin beschwört die Vigilanten der Nachbarschaft heraus. Das gibt Haue.
Das wichtigste Observationsobjekt ist Davey Dougary, einer der Leutnants von Big Ger Cafferty. Rebus setzt Clarke auf ihn an, eine Frau, die ihm zunehmend mehr Furcht einflößt, denn sie verfügt nicht nur über Intelligenz, sondern ein geradezu übernatürliches Erinnerungsvermögen. Als die Operation am folgenden Montag beginnt, teilen sich Clarke und Rebus ein spärlich möbliertes Zimmer in einem angeblich verlassenen Haus mit den zwei Leuten von „Trading Standards“, um Foto von Dougarys Aktivitäten zu schießen.
Eine Warnung
Am Wochenende zuvor jedoch holt Rebus die Vergangenheit mehrfach ein: Seine Tante Ena, die nahe Aberdeen lebt, gibt ihm ein Foto, das seinen Vater zusammen mit dessen Bruder Jimmy einträchtig nebeneinander zeigt. Nur, dass sich die beiden seit einem Streit vor Jahrzehnten nichts mehr sagen wollen. Und weil er in Aberdeen ist (Clarke hat ihn gefahren) weilt, ist er nicht in der Wohnung, um seinen Bruder Michael vor drei Schlägern zu schützen. So kommt es, dass er mitten in der Nacht von einem Cop angerufen wird und zur Bridge über den Firth of Forth eilen muss. Von dieser Riesenkonstruktion hängt Michael an den Füßen aufgehängt…
Mein Eindruck
Es geht um Gespenster – Rückkehrer aus der Vergangenheit, mysteriöses Verschwinden diverser Bürger und zuweilen deren Wiederauferstehung. Da ist beispielsweise der Pädophile, der aus Kanada zurückkehrt – und sich in seiner neuen Mietwohnung einer Grundschule gegenübersieht. Doch seine Nemesis wartet bereits auf ihn. Ganz anders als auf die Teilnehmer eines illegalen Pokerspiels, das fünf Jahre zuvor im Central Hotel stattgefunden haben muss. Wie die Mächte so spielen: Von den fünf Teilnehmern ist einer tot, einer ist untergetaucht, einer ist zum Gutmenschen konvertiert, der Bösewicht übernimmt langsam die Stadt, doch der fünfte im Bunde schweigt wie ein Grab.
Drei Bücher
Wenn da bloß die titelgebenden schwarzen Bücher nicht wären. Das erste ist das Notizbuch von Brian Holmes und setzt Rebus auf eine parallele Ermittlung, die mache Elemente in der glorreichen Edinburgher Polizeitruppe gerne gestoppt sähen. Das zwei Notizbuch gehört Big Ger Cafferty selbst, und jeder Cop in der Stadt weiß davon. Doch, ach!, die Einträge sind so trickreich verschlüsselt! Offenbar beißen sich selbst die Codeknacker die Zähne daran aus. Tja, und dann muss es noch ein drittes Buch geben: Es gehört dem Mörder jenes Mannes, dessen Leiche im abgebrannten Hotel entdeckt wurde.
Es ist klar, dass niemand dieses Tagebuch jemals zu Gesicht bekommen wird, bevor nicht dessen Autor ausreichend in Panik versetzt worden ist. Und genau diesen Prozess setzt Rebus nun in Gang. Er verwendet das Netz von Spitzeln, das Big Ger Cafferty über die Stadt und das Umland gelegt hat. Erstaunlich, wie Rebus, unterstützt von Clarke und dem „wiederauferstandenen“ Holmes, einfach überall sein kann. Zwar bekommt er viele Hinweise, aber kein zusammenhängendes Bild – und schon gar keine Beweise.
Aus dem Hinterhalt
Zwischenzeitlich dank seiner Feinde bei „Trading Standards“ vom Dienst suspendiert, gelingt es ihm doch, ein Räderwerk der Gerüchte in Gang zu setzen, das erstaunlich dramatische Ereignisse hervorbringt: Wiederauferstehungen, vorzeitige Abgänge und ein in flagranti vor laufender Kamera begangenes Verbrechen. Erfolg auf ganzer Linie – und das außer Dienst.
Bleibt eigentlich nur noch ein Rätsel zu lösen: Wer hatte den armen Holmes auf dem Gewissen? Er hatte doch keinem was zu Leide getan, oder?
Unterm Strich
Ich habe diesen Rebus-Krimi in nur wenigen Tagen gelesen, denn ich habe schnell gemerkt, dass man angesichts der großen Anzahl von Figuren mit vielen schottischen Namen dranbleiben muss, um sie sich merken zu können. Diese Strategie kann ich nur jedem Leser empfehlen. Der Lohn: ein sich fein zusammenziehendes Netz, das Rebus wie eine Spinne gewoben hat, um eine sehr große Beute zu fangen: Big Ger Cafferty höchstselbst. Und damit zugleich das Rätsel um den Hotelbrand fünf Jahre zuvor zu lösen. Wird Rebus wirklich soviel Glück haben, wenn ihm doch die Gejagten über den Umweg über seine Vorgesetzten ständig Knüppel zwischen die Beine werfen.
Kritik
Die kritische Botschaft, die der Autor auf verschiedenen Wegen an den Leser schickt, ist nicht schwer zu entschlüsseln: je mehr die zwielichtigen Ehrenmänner einer Stadt ihren Dreck unter den Teppich kehren wollen, umso leichteres Spiel haben die neureichen Ganoven, die genau die wesentlichen Geheimnisse dieser Ehrenmänner kennen, um sie erpressen zu können – Big Ger nennt es „einen Gefallen tun“. Wie Big Ger mit Social Engineering arbeitet, arbeitet der Autor detailliert heraus. Und wenn Rebus den Big Man auf dessen eigenem Territorium besucht und zu einem „kurzen Lauf den Hügel hoch“ eingeladen wird, dann dürfte sich rasch zeigen, wer die bessere Kondition hat: Räuber oder Gendarm…
Humor
Ich habe die Übersetzung gemieden, denn sie kann nie den sprachlichen Reichtum und die schottischen Eigentümlichkeiten des Originals einfangen. Fast in jeder Zeile, zumindest in jedem Absatz blitzt der spezielle, schwarze Humor des Autors durch. Was sind „coffin-sized loudpeakers“, mag sich der Leser beispielsweise fragen. Nun, ein „coffin“ ist ein Sarg, und insofern von beträchtlichen Abmessungen. Aber diese Lautsprecher sind nicht bloß lächerlich überdimensional, sondern werden durch die Assoziation mit Särgen auch zu etwas Unheimlichem, das mit dem Tod verknüpft ist. genau diese Verbindung soll der leser herstellen, wenn Rebus das Elvis-mäßig eingerichtete Apartment des angeblich verblichenen Eddie Ringan betritt… Jedenfalls habe ich selten in einem Krimi so häufig gelacht.
Taschenbuch: 340 Seiten
Originaltitel: The Black Book, 1993; 8. Auflage 1999
ISBN-13: 9781857974133
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Der Autor vergibt: