Robyn weiß genau, was sie will – beim Dating und im Leben. Nach ihrem Maschinenbaustudium wird sie die Karriereleiter erklimmen und sich nie wieder Sorgen um Geld machen müssen. Von diesem Plan wird sie sich durch nichts und niemanden abbringen lassen. Erst recht nicht durch Finn, ihren unverschämt gutaussehenden Kommilitonen, der sein Bad-Boy-Image mehr als verdient hat – und der ganz offensichtlich auf sie steht. Aber kann eine Beziehung mit dem reichen Schönling wirklich gutgehen? (Verlagsinfo)
Mein Eindruck:
In „Mit dir falle ich“ treffen Welten aufeinander, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Zum einen ist da Robyn, die Protagonistin, aus deren Sicht wir alles erleben. Sie ist eine große, taffe Frau mit einem tendenziell dauerhaft miesepetrigen Gesichtsausdruck, chronisch pleite und hat exakt eine Freundin. Finn hingegen – ebenfalls mit einem resting bitch face gesegnet – ist groß, gutaussehend, bei allen beliebt und verdammt reich. Es wirkt, als hätten die beiden – außer ihrem Studium – nichts gemeinsam und keine Grundlage für eine Beziehung. Doch so einfach ist es selten und das schildert Inka Lindberg, auch bekannt als „einfach inka“, sehr eindrucksvoll.
Ich war nie angetan von heterosexuellen Romanzen, doch Inkas Buch hat mich von Anfang an gefesselt. Und das begann schon bei dem Cover! Es ist wunderschön anzusehen und die ersten Minuten konnte ich mich davon kaum losreißen. Vom Inhalt abgesehen, ist es also auf jeden Fall ein Buch, das ich mir gerne in den Schrank stelle, um es immer wieder zu sehen.
Inhaltlich muss zunächst angemerkt werden, dass „Mit dir falle ich“ zwar eine Liebesgeschichte ist, aber darüber hinaus auch sehr ernste Themen anspricht. Aus diesem Grund ist auf der zweiten Seite eine Triggerwarnung abgedruckt. Wer also Erfahrungen mit emotionalem Missbrauch oder sexualisierten Übergriffen gemacht hat, sollte möglicherweise davon absehen, dieses Buch zu lesen. Im Übrigen ist es jedoch sehr zu empfehlen.
Was die Form angeht, war ich positiv überrascht von der Art, wie Textnachrichten abgebildet werden. Für gewöhnlich sind diese Teil des übrigen Textes und werden wie wörtliche Rede dargestellt. In diesem Werk jedoch sind sie tatsächlich als Bilder abgedruckt, inklusive Emojis und Uhrzeiten. Das Ganze wirkt sehr erfrischend und passt hervorragend zu den jungen Charakteren. Darüber hinaus fühlt sich der Leser umso mehr mit der Protagonistin verbunden. Das Buch ist in der Ich-Perspektive verfasst und so zielt es gerade darauf ab, dass sich der Leser mit Robyn Kaminski identifiziert. In dem Zusammenhang ist es wahnsinnig schön, dass die Sprüche und Gedichte, die Robyn schreibt, zu Beginn einiger Kapitel abgedruckt sind. Diese regen zum Nachdenken an und sorgen dafür, dass der Leser sie auf sein eigenes Leben zu beziehen versucht. Die Kapitel selbst haben mit fünf bis zehn Seiten die perfekte Länge, um „nur noch ein Kapitel“ zu lesen – und dann plötzlich mit dem Buch durch zu sein. Die Sätze sind ebenfalls nicht zu kurz, aber auch nicht zu verschachtelt, sodass der Lesefluss sehr angenehm ist.
Wie eingangs erwähnt, ist Robyn die Protagonistin und chronisch pleite. Aus diesem Grund will sie sich mit Nachhilfestunden für andere Studenten über Wasser halten und begegnet so ihrem neuen Schüler Finn. Finn ist wahnsinnig gutaussehend – sich darüber aber auch im Klaren. Er ist ein sexistischer Macho, aber dennoch faszinierend, was wohl vor allem seinem Aussehen geschuldet ist. Ohne dieses wären viele seiner Aussagen schnell als eklig abgestempelt worden. Der Leser wird sich daher schnell die Frage stellen: Wie und wieso sollte sich Robyn in ihn verlieben? Doch möglicherweise greifen hier mal wieder Vorurteile. Diese kommen auch bei Robyn zum Tragen. Sie trägt zerschlissene, schwarze Kleidung, hat tätowierte Arme und stets ungebändigte dunkle Haare, womit der Leser automatisch ein gewisses Bild vor Augen hat. Allerdings gilt sie auch als ‚Streberin‘, weil sie viel lernt, um später gut zu verdienen. Diese beiden Umstände wirken zunächst wie Kontraste, aber eigentlich stellen sie nur Vorurteile dar. Auch an anderen Stellen wurden indirekte Vorurteile eingearbeitet. Das ist einerseits sehr realitätsnah, andererseits aber auch sehr schön, weil sie in den meisten Fällen von der Autorin entkräftet werden. Die Realität spiegelt sich auch darin wider, dass das Geschehen in Köln stattfindet und reale Orte erwähnt wurden. Außerdem sind Robyns Reaktionen sehr realistisch, ob nun in Notsituationen oder weil sie sich zu viele Gedanken macht.
Kommen wir zu einem weiteren Punkt: Sex. Natürlich gibt es den auch in diesem Buch, doch selbst hier im perfekten Maß. Inka beschreibt heiße Szenen zwischen Finn und Robyn, selbst wenn es nicht um Sex geht, sodass der Leser das Knistern in der Luft regelrecht zu spüren glaubt. Finn ist extrem dominant, doch Robyn gibt nicht einfach klein bei. Der Sex selbst wird nicht zu ausführlich geschildert, aber eben genug, sodass es heiß ist. Langeweile kommt dabei definitiv nicht auf!
Von Langeweile kann auch bei Finn nicht die Rede sein. Er ist ein Mann, der absolut undurchsichtig ist. Mal ist er super süß und beschützend, mal extrem eifersüchtig und impulsiv. Ich persönlich habe mich dauerhaft gefragt, was ich von Finn halten soll – doch nichts Anderes tut Robyn auch, sodass hier der Einfluss der Erzählweise deutlich wird.
Äußerst angenehm ist, dass es in diesem Buch nicht nur um die Beziehung zwischen Robyn und Finn geht. Natürlich steht diese im Vordergrund, aber auch die Beziehung von Robyns bester Freundin wird erwähnt. Darüber hinaus geht es um viele, hochaktuelle Themen – Sexualität, Labels, emotionaler Missbrauch, sexuelle Übergriffe, Geldsorgen und viel mehr. Da die Geschichte aus Robyns Sicht geschildert wird, wird auch deutlich, wie sich Frauen in gewissen Situationen fühlen. Hier spürt der Leser gerade auch Inkas Rolle und Erfahrungen im Bereich Female Empowerment.
Die Autorin:
Inka Lindberg, Jahrgang 1993, hat Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaften studiert und arbeitet heute als Moderatorin und Web-Video-Produzentin in Köln. Auf ihren Social-Media-Kanälen spricht die Autorin unter dem Namen »einfach inka« über Liebe, Sex und Dating und nimmt somit die Rolle der virtuellen besten Freundin für mehr als 180.000 Menschen ein. (Verlagsinfo)
Fazit:
„Mit dir falle ich“ ist ein Werk, das nicht nur der Unterhaltung dient, sondern darüber hinaus einige Botschaften parat hält. Ob es nun um Selbstliebe geht oder darum, zu sich selbst zu stehen, Inka schildert diese Botschaften nicht etwa als Vorwürfe, sondern als Robyns Eindrücke. Dadurch akzeptiert der Leser sie und fühlt sich vor allem mit Robyn verbunden. Der Verlauf der Geschichte ist stellenweise zwar eher unerwartet, aber dennoch super realistisch gehalten. Gerade diese Realitätsnähe kann ich nur als positiv hervorheben.
Wer eine 08/15-Liebesgeschichte erwartet, wird von diesem Buch möglicherweise enttäuscht werden. Doch gerade für Personen, die etwas mehr Tiefe erwarten oder kein „Friede-Freude-Eierkuchen“-Werk lesen wollen, ist „Mit dir falle ich“ absolut ans Herz zu legen. Als jemand, die selbst kein Fan von Liebesgeschichten ist, war ich positiv überrascht – und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Demnach ein absolutes Muss, selbst wenn der Leser „einfach Inka“ vielleicht nicht kennt. Die Youtuberin hat jedenfalls ein großartiges Buch-Debut hingelegt.
Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3-7335-5011-0
www.fischerverlage.de
Der Autor vergibt: