Interview mit Alfred Büngen, Geest-Verlag

Alfred Büngen gründete zusammen mit einem Freund 1989 in Ahlhorn den Geest-Verlag. Foto: HeinzelHerr Büngen, in Ihren Verlagsgrundsätzen steht: „Die von ihm (dem Geest-Verlag) verlegte Literatur muss ihren Inhalten nach Ziele verfolgen, die dem Leser eine Auseinandersetzung mit grundlegenden gesellschaftlichen und humanen Fragestellungen ermöglicht.“

Bedeutet dies, dass Sie kontroverse Literatur verlegen? Aber wie kontrovers kann ein Gedicht schon sein? Sind Ihre AutorInnen lauter Radikale?

Wenn Sie wollen, verlegen wir kontroverse Literatur. Literatur, die den gesellschaftlichen Alltag hinterfragt, aufbricht. Ein Gedicht kann nicht nur, sondern sollte eigentlich kontrovers sein.

Ihr Verlag engagiert sich intensiv für die Lesekultur in Europa. Welche Formen hat Ihr Engagement?

Das sind vielfältige Formen. Ich nenne einige: Lesungen, die möglichst nahe an die Menschen kommen, die einem Literaturbetrieb zumeist ferne stehen in vielfältigen Formen. B) Projekte mit Kindern, Jugendlichen und anderen Alters- und Sozialgruppen, in denen Menschen zu ihrer Sprache finden.

Wie wichtig sind für Sie Lesungen Ihrer AutorInnen in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen? Mit welchem Ziel?

Wichtiger als Lesungen, die natürlich wichtig sind, sind Projekte, in denen Kinder und Jugendliche die Wichtigkeit ihrer eigenen Sprache entdecken. Dabei können Autoren wesentliche Funktionen übernehmen.

Wie viele AutorInnen verlegt der Geest-Verlag in Deutschland, Österreich und der Schweiz? Es handelt sich offenbar um AutorInnen von Romanen, Erzählbänden und Lyrikbänden. Wie diese ausgewählt werden, haben Sie bereits in Antwort 2 gesagt.

Das kann ich nicht einmal genau sagen. Wenn wir die ganzen Anthologie etc. hinzuzählen, sind es sicherlich über tausend Autor*innen. Mit Einzelveröffentlichungen liegen wir im Bereich von 500 Autor*innen.

Legen Sie entsprechende Kleinauflagen auf?

Das ist sehr unterschiedlich. Gerade für Neuanfänger ist es natürlich wichtig, eine Kleinauflage gut verkauft zu bekommen. Das macht Mut zu weiteren Schritten. Bei bekannteren Autoren sind die Auflagenzahlen natürlich höher. Der Vorteil ist bei uns, dass wir jedes Buch selber drucken und damit also auch Kleinauflagen gut möglich sind.

Rufen Sie regelmäßig zu Anthologien und anderen Gemeinschaftswerken auf? Haben diese Anthologien vorgegebene Themen oder handelt es sich um Jahresbände?

Wir machen viele Anthologie zu bestimmten Themen oder mit besonderen Gruppen, so etwa zu Menschen mit Behinderung, einen Jugendliteraturpreis, zu soziale Fragen, zu regionalen Bücherwochen etc.

Nutzen Sie auch andere Medien als das Printbuch, nämlich E-Books und Podcast, vielleicht sogar YouTube und Newsletter? Wenn ja, warum, wozu und mit welchem Ergebnis?

Das nutzen wir nur sehr eingeschränkt, da wir eindeutig das Schwergewicht auf das gedruckte Buch setzen und die Autorenlesung. In Pandemiezeiten hat auch YouTube eine Rolle gespielt.

Welche Bedeutung hat für Ihren Verlag und die Region Ihr Sommerfest? Seit 2020 musste es ja ausfallen. Werden Sie es dieses Jahr erneut veranstalten?

Ja, dieses Jahr soll es wieder ein Fest geben. Die Bedeutung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, da es ein Treffen (Familientreffen) der Autoren untereinander ist, die sich sonst kaum sehen.

Wovon träumen Sie als Verleger des Nachts?

Im Regelfall ist man nach der Arbeit zu erschöpft, um zu träumen. Zudem träume ich weniger von Zielen, als das ich versuche, sie in die Realität umzusetzen.

Das Interview führte Michael Matzer.