Heidrun Jänchen, Christian Savoy, Andrea Tillmanns – Der eiserne Thron

Ernst Wurdack, der Begründer und Inhaber des Wurdack-Verlags, initialisierte vor einigen Jahren einen Wettbewerb für Amateurautoren der Phantastik, den er auch immer noch durchführt. Unter http://www.storyolympiade.de findet man im Internet die Ausschreibungen der mittlerweile zweijährig stattfindenden Olympiade, die von ihren Teilnehmern stets ein breites Thema in origineller Weise bearbeiten lässt. Und den Gewinnern winken ansehnliche Preise: Jeder Autor, dessen Geschichte in der Wettbewerbsanthologie veröffentlicht wird, erhält ein Belegexemplar des Buches; die drei Erstplatzierten erhalten die Möglichkeit, einen Roman zu schreiben. Ursprünglich sollten diese Romane im Fantasy-Universum des Rollenspiels „Demonwright“ angesiedelt sein, und aus dieser Zeit resultiert der Roman „Der eiserne Thron“.

Herzog Rogvald, dessen Onkel König der Südermark und damit Inhaber des Eisernen Throns ist, fühlt sich abgeschoben auf der in entlegenen Sümpfen trotzenden Burg Kalderstein. Im letzten Scharmützel gegen die Goblins ist er als Held hervorgegangen und kann seinen jetzigen Status nicht verstehen.

Bei einem Besuch der Stadt Isenborg, Sitz der königlichen Feste, tötet er den südermarkschen Prinzen im Streit um eine Frau – nur seinem Freund Frett ist es zu verdanken, dass Rogvald nicht gefasst wird. Nun kommt ein Stein ins Rollen: Rogvald wird auf der Totenfeier von dem neuen Thronerben beleidigt und sinnt auf dessen Tod, um selbst auf den Thron zu gelangen. Mit Fretts Hilfe lockt er den jungen Prinzen bei widrigem Winterwetter in ein Moor, wo er vor einem soldatischen Zeugen versinkt. Rogvald kann nichts nachgewiesen werden, aber die Schwester der Prinzen ist misstrauisch.

Bald schon verunglückt der König tödlich auf der Jagd, und Rogvald sieht sich seinem Ziel nahe. In einem letzten Aufbäumen spinnt die Prinzessin Walrike eine Intrige, der Rogvald zum Opfer fallen soll. Doch sie fliegt auf, und damit stellt sich das Volk hinter Rogvald. Walrike flüchtet. Als Rogvald sich auf den Thron setzt, blickt ihm sein eigenes Gesicht entgegen, das spöttisch sagt: „Du hast es geschafft.“

Im zweiten Teil erfährt die zwergische Heilerin Thania von dem Unheil, das über die Stadt Isenborg hereingebrochen ist, und von dem dunklen Geheimnis, das den König Rogvald umgibt. Auf der Suche nach Prinzessin Walrike findet sie in einem Kobold einen treuen Freund, der ihr vor ihren Häschern hilft und sie aus der Südermark herausführt.

Ein Soldat der südermarkschen Garde greift selbst nach dem Thron, denn mit seiner vorgeblichen Tochter, die er unterdrückt und benutzt, hat er einen nicht zu unterschätzenden Trumpf in der Hand: Sie ist eine Wandlerin. In Gestalt einer Goblinführerin führt sie das dunkle Volk nach Isenborg, doch sucht sie nach einem Weg, sich gegen ihren Vater aufzulehnen. Der Kampf um den Thron ist noch nicht zu Ende …

Der Roman ist dreigeteilt: Im ersten Teil schildert Heidrun Jänchen mit hintergründigem Humor und Raffinesse den Weg Rogvalds nach Isenborg. Sie vermeidet so gut es geht blutige Schlachten und Tote, allerdings kommt sie um die tragenden Morde an der Königsfamilie nicht herum. Das Problem löst sie elegant, so dass man wie in einem guten Film nie die grausige Tat an sich „sehen“ kann. Andrea Tillmanns lässt ihre Heilerin alles tun, damit niemand zu Schaden kommt. Nur um den Tod der Zwergin abzuwenden, muss ein – zugegeben mordlustiger – Soldat sein Leben lassen. Christian Savoy ist da kaltblütiger. „Seine“ Orks, Goblins und Menschen zeigen sich von ihrer rauhesten Seite. Wo es Konflikte gibt, hält Yakh, der Gott des Todes, reiche Ernte.

In ihrer sprachlichen Gewandtheit nehmen sich die drei Autoren nichts und müssen sich auch hinter „Profis“ nicht verstecken. Stilistisch einwandfrei entführen sie den Leser in das karg anmutende Land der Südermark und bieten ihm ein unterhaltsames Schauspiel höfischer Ränke und grausamer Hinterlist. Nur der offenherzigen Zwergin sind das Töten und Kämpfen und das Heldentum zuwider, sie nimmt uns lieber mit auf eine Wanderung in das wundersame Reich der Kobolde, die in ihren Bäumen weit entfernt von Hirnlosigkeit und Primitivität sind, sondern mit ausgeklügelten Systemen überraschen.

Andrea Tillmanns und Christian Savoy bringen solide Arbeit ohne große Überraschungen, aber spannend und unterhaltsam geschrieben. Der Weg der Zwergin Thania ist vorgezeichnet, kann nur im Erfolg münden, der allerdings der Zwergin nicht völlig zusagt: Sie bekämpft nur das größere Übel. Savoys Protagonist Belrador ist schnell zu erkennen als tragische Figur, der ihre eigene Hinterlist zum Verhängnis zu werden droht. Trotzdem findet man Zugang zu ihm und weiß nicht so recht, ob man ihm den Sieg nicht doch gönnen könnte, denn auch Walrike macht keinen sympathischen Eindruck. Allerdings fällt hier im letzten Teil ein kleiner Schwachpunkt auf: Savoy wechselt sehr oft und unvermittelt, oft auch mitten im Absatz, die Perspektive, springt von einer Person zur nächsten und offenbart ihre Gedanken.

Heidrun Jänchen ist es gelungen, ihr Kapitel mit einer Überraschung abzuschließen. Schließlich haben wir ihren Held Rogvald und dessen Freund Frett über neunzig Seiten gebannt begleitet, nicht unbedingt wohlwollend, aber seiner Tragik des Genötigten doch bewusst, und seine Handlungen führten stets auf irgendeine Weise zum Erfolg, so dass die Begegnung mit seinem Doppelgänger äußerst unerwartet kam. Immerhin wissen wir jetzt, wie Yakh aussieht.

„Der eiserne Thron“ ist ein spannendes, hintergründiges, unterhaltsames Buch, das man in Nullkommanichts durchliest. Seine Platzierung beim Deutschen Phantastik Preis – 3. Platz in der Kategorie Roman-Debüt-National – spiegelt das hohe Niveau der jungen Autoren wider, die hier ihr Romandebüt gaben. Für 2006 hat der Wurdack-Verlag einen Folgeroman von Jänchen angekündigt, in dem es auch für einige der Protagonisten aus dem „Thron“ heißt: Nach Norden!

ISSN 1612-0566 Band 1
Erhältlich über den Wurdackverlag!

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