James Hibberd – Feuer kann einen Drachen nicht töten. Game of Thrones und die offizielle, noch unbekannte Geschichte der epischen Serie

Der berühmteste Kaffeebecher der Welt

Sie war die unmöglichste Roman-Adaption der Geschichte: die Verfilmung von „Game of Thrones“. Sogar Autor George R.R. Martin war überzeugt, dass seine Fantasy-Saga zu komplex für den Bildschirm sei. Und doch machte HBO das Unmögliche möglich: Die ab 2011 ausgestrahlte Show wurde zum größten Serien-Phänomen aller Zeiten, gekrönt mit unzähligen Preisen (darunter 59 Emmys und damit mehr als jede andere Show der Geschichte) und zuletzt 44 Millionen Zuschauern pro Folge – und das allein in den USA.

Alles an der Serie unterlag höchster Geheimhaltung – doch einer hatte Zugang zu den hermetisch abgeriegelten Sets und interviewte exklusiv all jene Menschen, die zum überragenden Erfolg von „Game of Thrones“ beitrugen: der Journalist James Hibberd. In diesem Prachtband, gespickt mit bislang unveröffentlichten Bildern, erzählt er ihre Geschichten und lässt Stars, Showrunner und den Autor erzählen, über was sie vor Serienende mit niemandem sprechen durften: was hinter den Kulissen von „Game of Thrones“ wirklich passierte.

Der Autor

James Hibberd ist ein US-amerikanischer Journalist, der seit fast 20 Jahren am Puls von Hollywood recherchiert und tausende Geschichte zu Papier gebracht hat. Aktuell ist er Editor-at-large bei „Entertainment Weekly“. Zuvor arbeitete er als TV-Redakteur bei „The Hollywood Reporter“. Seine Artikel erschienen außerdem in „New York Times“, „Salon“, Cosmopolitan“, „Details“ und vielen mehr.

Um hautnah und exklusiv über die Erfolgsserie „Game of Thrones“ zu berichten, reiste er über Jahre für mehrere Wochen an die internationalen, streng abgeriegelten Sets und verbrachte dort mehr Zeit als jeder andere Journalist. Er lebt in Austin, Texas. (abgewandelte Verlagsinfo)

Inhalte

Vorbereitungen

George R.R. Martin hat zehn Jahre lang im TV-Geschäft als Autor geschuftet und dabei, sehr zu seiner Frustration, immer wieder Rückschläge hinnehmen müssen: Seine Skripte waren mal zu teuer in der Umsetzung, mal zu gewagt im Inhalt. Kinder und Tiere waren strengstens tabu, und Frauenfiguren mussten mit Samthandschuhen angefasst werden. Na, und Kerle durften natürlich nicht schwul sein. In seinen Romanen, nahm er sich vor, sollte alle diese dämlichen Regeln gebrochen werden. Und jeder, der auch nur davon träumte, sie zu verfilmen, würde sein blaues Wunder erleben.

Als Weiss und Benioff auf die verrückte Idee kamen, Martins Romane fürs Fernsehen zu realisieren, stießen sie überall auf taube Ohren. Denkbar war nur ein Bezahlsender, dessen Zuschauerschaft mindestens 16 Jahre alt sein musste. Selbst bei HBO, dem letzten Kandidaten, stand die Entscheidung, diese gewagte Serie zu machen, Spitz auf Knopf. „Ein Kind wird aus dem Fenster gestoßen?“, fragte sich die Produzentin besorgt. Und nicht nur das: Die Königin und ihr Bruder haben nicht nur Sex, sondern auch schon drei uneheliche Kinder in die Welt gesetzt. Ach ja: Die Hauptfigur wird am Ende der ersten Staffel geköpft. Autsch! Das kann eigentlich nur in die Hose gehen.

Staffel 1

Die ursprüngliche Pilotfolge ist mittlerweile ein Staatsgeheimnis, dessen Veröffentlichung mit der Todesstrafe plus Einäscherung plus ewiger Ächtung belegt ist. Es handelte sich offenbar 08/15-Fantasy, was die beiden Showrunner Weiss und Benioff da fabriziert haben. Sie mussten nochmal von vorne anfangen, mit einem anderen Regisseur, aber den gleichen handverlesenen Schauspielern. Allmählich verstehen, warum eigentlich niemand in Nordirland draußen drehen will: Es regnet fast ständig. Und Marokko? Schwamm drüber!

Die zweite Fassung der Pilotfolge haute die Zuschauer jedoch aus dem Sessel und zog ihnen die Schuhe aus: Das war astreine Spielfilmqualität im TV-Format! HBO gab grünes Licht für eine weitere Staffel.

Staffel 2

Neue Spieler, neues Glück! Nun sitzt der grausame König Joffrey auf dem Thron und triebt seine fiesen Spiele, wenigstens bis zu jenem verhängnisvollen Tag, an dem er das Zeitliche segnet und röchelnd seinen Halbonkel Tyrion des Mordes bezichtigt. Lady Olenna triumphiert klammheimlich. Dame Diana Rigg hat nie durchtriebener ausgesehen – oder zufriedener, denn Weiss & Benioff mussten beim Casting SIE besuchen, nicht umgekehrt.

Der Auftritt der zum „Ritter“ geschlagenen Schauspielerin ist ein Highlight dieser Staffel. „Die Schlacht in der Schwarzwasserbucht“ bedeutete jedoch den Showrunnern schlaflose Nächte. Eine Schlacht wie in der Serie „Rom“ einfach durch ein Symbol zu ersetzen, wäre lächerlich gewesen. Doch wer sollte ein derart komplexes Geschehen in Szene setzen? Es müsste Regisseur aus dem Fach „Action und Krieg“ sein. Die Wahl fiel auf Neil Marshall. Diese Wahl erwies sich als goldrichtig, denn der Spezialist kam auf Ideen, an die selbst George R.R. Martin als Ausführender Produzent und Drehbuchauto nicht gedacht hatte. So wurde die letzte Episode ein Triumph, herbeigezaubert mit einfachsten Mitteln.

Die einzige Unglückliche war Carice van Houten. Als Melisandre musste sie hauchdünne Gewänder in schneidender Kälte tragen. Da sie eh schon verfroren ist, regte sich in ihren Kollegen das Mitleid, und besonders Liam Cunningham als Ser Davos wusste ihr mit Decken und dergleichen zu helfen. Die Holländerin ist auch die einzige, die zugibt, sie habe ihre Rolle nicht verstanden oder genauer: die merkwürdige Beziehung zwischen Melisandre, der Zauberin, zu Stannis Baratheon (Stephen Dillard), der den „Humor einer Hummers“ aufweist. Das konnte ich vollständig nachvollziehen, denn bei dieser Beziehung haben die Autoren geschlampt. Die Details von Melisandres „Dämonengeburt“ möchte ich der geschätzten Leserin lieber ersparen.

Staffel 3

Nachdem auch das Finale von Staffel 2 auf Begeisterung gestoßen war, gab HBO grünes Licht für die 3. Staffel. Ab geht’s nach, äh, Island – als ob Nordirland noch nicht kalt genug gewesen wäre. Mitten in den Dreharbeiten bricht sich Hauptdarsteller Kit Harington vierfach den Fuß und muss fortan gedoubelt werden. Und Emilia Harris alias Daenerys erleidet eine Hirnblutung, mit der sie im OP landet. Als sie zurückkehrt, besteht die Gefahr, dass ihr Aneurysma platzt und sie erneut eine Hirnblutung erleidet, Tapfer arbeitet sie dennoch in den Daenerys-Szenen mit und räumt an der Sklavenküste auf.

Staffel 4

Hier kommen sich Brienne von Tarth und Jamie Lennister in einem Nacktbad sehr nahe. Wie die beiden Schauspieler darauf reagierten, wird hier recht einfühlsam und amüsant erzählt – von ihnen selbst.

Die Rote Hochzeit ist der absolute Schocker der gesamten Serien. War schon die Szene im BUCH für so manche Leserin zuviel des Guten (oder Schlechten), so wurde sie für manche Schauspieler, wie etwa Oona Chaplin, zu einer traumatischen Erfahrung. Danach beschlossen die Showrunner, nie wieder ein solches Finale als letzte Szene zu drehen, denn sonst müssten die traumatisierten Schauspieler mit ihrem Trauma zurück in die reale Welt, womöglich zu einer neuen Rolle (wie John Madden es erlebte).

Der Autor berichtet, wie die Showrunner die Buchvorlage änderten, um die maximale Wirkung auf Zuschauer und Mitwirkende zu entfalten. Und der Regisseur Nutter tat alles in seiner macht Stehende, um diesen hinterlistigen Pan aufgehen zu lassen. Als er nach der Bluthochzeit wieder nach Hause fuhr, war er mit sich selbst zufrieden. Doch im Internet entwickelte sich im Fandom der perfekte Sturm, der von wütendem Protestgeschrei bis zu überwältigter Begeisterung reichte.

Zwischendurch erzählt der Autor, welche Streiche die Showrunner den Schauspielern spielten. Dabei lief so mancher Effekt dem Plan zuwider – oder aus dem Ruder. Dann wird’s wieder ernst. Theon Graufreud wird „kastriert“ und gefoltert; glücklicherweise waren die beiden Darsteller Freunde und machten sich einen Spaß daraus.

Ganz anders verlief es für Peter Dinklage alias Tyrion Lennister: Er wird des Mordes an König Joffrey angeklagt und vor Gericht gestellt, wo ihn seine Freundin Shae verrät. Dinklage und Shae-Darstellerin Sibel Kekilli (aus Deutschland) kommen ausführlich zu Wort. Kekilli hatte Probleme mit ihrer Rolle als treulose Geliebte und weigerte sich, eine verräterische Zeile zu sagen. Das kommt nicht oft vor.

Tyrion besteht bekanntlich auf einem Gottesurteil durch einen Zweikampf. Pedro Pascal als Oberyn Martell musste sich ebenso fit machen wie sein Kontrahent, ein isländischer Riese von 2,10 m Grüße. Oberyn will sich ja an Clegane rächen, ihm aber vor dem Tod ein Geständnis für vergangene Missetaten abzwingen – ein verhängnisvoller Fehler. Ach ja: Die wichtigste Frage, die sich die Fangemeinde stellte: War die Jacht von BRUCE WILLIS wirklich im Hafen von Dubrovnik, als diese lange Szene gedreht wurde, oder nicht? Diese Frage wird zum Glück beantwortet.

Ebenfalls zu unsterblichem Ruhm gelangte eine Filmkatze, die partout nicht gehorchen wollte. Sie sollte König Tommen und seine geliebte Margaery im Bett überraschen und stören. Das klappte mit Ach und Krach. Später sollte sie dann von Cersei Lennister grausam getötet werden. Das klappte auch, ist aber nur in erweitertem Zusatzmaterial auf einer Deluxe-Edition zu sehen. So ergeht es eben allen, die auf den Eisernen Thron streben…

Zwischenstand

Nach dem Ende von Staffel 4 und erst recht nach Staffel 5 beherrscht „Game of Thrones“ die TV-Filmwelt. Das Fandom ist riesig – und gierig nach Kontakt und Beute. Das erfahren nicht nur sämtliche Hauptdarsteller, sondern vor allem die Produzenten. 2015 und 2017 gibt es üble Leaks und Hacks, ja, sogar einen Erpressungsversuch, den dann erst das FBI beenden konnte.

Weggabelung

Die Serie beginnt, sich von dem Handlungsverlauf der veröffentlichten Romane abzuspalten. Das war für beide Seiten in Ordnung, denn Autor Martin hatte Showrunner Benioff und Weiss sowie Ko-Ausführender Produzent Bryan Cogman verraten, wie sein Romanzyklus enden würde, und zwar für jede einzelne Hauptfigur. Allerdings mussten die Produzenten eine TV-Serie kreieren, keinen Romanzyklus, und das war etwas völlig anderes: Martin betrachtet sich Gärtner, die Produzenten als Architekten. Daher strichen sie ganze Handlungsstränge wie etwa Tyrions Reise durch Pentos. Plötzlich erkannte Martin, dass sie seinen Romanen voraus sein würden, weil er nicht schnell genug schrieb. Also gab er das Drehbuchschreiben auf und setzte sich an seine Romane, von denen zwei weitere geplant sind „The Winter of the World“ und „A Dream of Spring“. Er hat noch nicht einmal „Winter“ veröffentlicht, sondern stattdessen die Geschichte der Targaryens erzählt. Gut möglich, dass daraus eine Prequel-Serie zu GoT entsteht.

Staffel 5

Der verblichene Oberyn Martell hat in seiner Heimat Dorne mehrere Bastardtöchter zurückgelassen, die Sandschlangen. Sie erhalten nun ihren eigenen Handlungsstrang, in dessen Zentrum der Star Indira Varma als Ellaria Sand steht. Sie ist Fans noch bestens aus der Serie „Rom“ bekannt. Da der ganze Handlungsstrang nur über Prinzessin Myrcella Baratheon angebunden ist, fragte sich so mancher Zuschauer, was er denn zu den Hauptsträngen beiträgt. Na, zumindest ein geballte Portion Frauen-Power.

Viel mehr Kopfzerbrechen bereitete den Produzenten da schon der „Walk of Shame“ von Königin Cersei. Um maximale Demütigung Ihrer Majestät zu erreichen, soll Cersei nackt von Baelors Kathedrale zu ihrem Palast gehen, beworfen mit Unflat und beschimpft vom Pöbel. Weil sich Cersei-Darstellerin Lena Headey weigerte, nackt aufzutreten, sondern nur in einem dünnen Hemd, brauchte man ein Body Double. Sofort bewarben sich tausend Frauen für diese „schändliche“ Rolle, und Rebecca machte schließlich das Rennen. Sie bzw. ihr Körper sah dem von Lena Headey sehr ähnlich. Und ihr Schamhaar war ein Toupet. Wie auch immer: Die Szene war ein voller Erfolg.

Dies war keineswegs die kontroverseste Szene der ganzen Serie. Diese zweifelhafte Ehre gebührt Sansas Hochzeitsnacht. Fans werden sich daran erinnern, dass Sansas psychopathischer Bräutigam Ramsay Bolton sie missbraucht und misshandelt. Das wäre für die mittelalterliche Verhältnisse, die GoT regelmäßig präsentiert, ja fast Routine gewesen, Nein, was die Feministinnen auf die Barrikaden trieb, war die Anwesenheit Theon Graufreuds alias Stinker: Er musste Sansas Vergewaltigung tatenlos zusehen (obwohl sie in Winterfell wie eine Schwester zu ihm war), damit auch er gedemütigt wird. Es ist sein „männlicher Blick“, der die Szene so inakzeptabel machte. Und das wiederum machte die Produzenten vorsichtig.

Die Staffel endet mit einer grandiosen Action-Szene: „Hartheim“. Eigentlich sollte Schlachten-Spezialist Neil Marshall, der Schöpfer der Schlacht an der Schwarzwasserbucht, diese eminent wichtige Folge inszenieren, doch er war anderweitig verpflichtet. Stattdessen musste der Neuling Miguel Sapochnik ran. Er wurde sozusagen ins eiskalte Wasser geworfen. Doch er machte seine Sache erstaunlich gut und änderte entscheidende Details für den Verlauf, um eindrucksvolle Effekte zu erzielen. Wie auch immer: Hier sieht man Riesen, Weiße Wanderer und den Nachtkönig auf die Scharen der Wildlinge und Nachtwachenkrieger prallen, die unter Jon Schnee kämpfen. Er zeigt, was er draufhat, und es wird klar, dass der finale „Shoot-out“ zwischen ihm und dem Nachtkönig stattfinden muss.

Leider bekommt Jon Schnee von seinen ehrenwerten Kollegen von der Nachtwache die Quittung für die Rettung der Wildlinge: Er wird wie weiland Julius Caesar ermordet. – Jon Schnee, der Star der Serie, tot?! Harington war ebenso genickt wie seine Fans, doch nachdem ihm die Showrunner verraten hatten, dass er bzw. Jon Schnee wiederbelebt werden würde, hatte er ein großes Problem: Er musste alle – außer Rosie, seiner Freundin – anlügen, sogar seine eigene „Grabrede“ halten…

Staffel 6

Dies ist eine Staffel voller Siege: Arya, Cersei, Bran, Jon Schnee, Daenerys und Sansa. Höhepunkt ist die mittlerweile bereits legendäre „Schlacht der Bastarde“, die mit mehr Emmys ausgezeichnet wurde als jede andere Folge in der Geschichte des Fernsehens, nämlich mit ganzen sechs. Diese Schlacht steht im Mittelpunkt dieser Kapitel, denn sie war eigentlich ganz anders geplant gewesen, ebenso der Tod von Ramsay Bolton. Die Beschreibung der grotesken Umstände bei den Dreharbeiten ist sehr erheiternd. „Ser Davos“ weigerte sich, eine bestimmte Szene zu drehen. Hut ab vor soviel Courage.

Vor der Realisierung von Staffel 7 und 8 mussten die beiden Showrunner dem CEO von HBO beibringen, dass sie nicht gewillt waren, die Serie, die sehr erfolgreich war, über Staffel 7 hinaus fortzuführen. In der Verhandlung einigten sie sich mit ihm, noch zweimal sieben Folgen zu drehen, dann wär’s aber gut. Nach dem Motto: „Besser aufhören, wenn die Sache gut läuft, als sie endlos auszuwalzen, bis sie keiner mehr sehen will.“ So war es schon einigen Serien passiert, etwa „Two and a Half Men“.

Staffel 7

Statt zehn waren nun also „nur“ noch sechs Folgen pro Staffel zu drehen. Das bedeutete, dass man pro Folge mehr Zeit hatte. Das wiederum zog nach sich, dass jede Folge intensiver geplant und gehaltvoller gedreht werden musste: Das Stress-Niveau blieb also genauso hoch wie zuvor.

Es gibt zwei Action-Höhepunkte. Jenseits der MAUER versuchen Jon Schnee und seine Gefährten, einen Weißen Wanderer einzufangen, um mit diesem Demonstrationsobjekt die Menschheit, d.h. Daenerys und Cersei, davon zu überzeugen, dass alle zusammen gegen diese ultimative Bedrohung kämpfen müssten. Währenddessen hat sich Euron Graufreud, der Onkel von Theon und Asha, zu einem Piraten gemausert, der sich in Königin Cerseis Dienst stellt. Pilou Asbaek hat diese Figur selbst geformt wie einen sexy Rockstar. In einer epischen Seeschlacht besiegt Euron die Flotte von Daenerys, nimmt Asha gefangen und tötet bzw. verschleppt die „Sandschlangen“ aus Dorne. Theon entschlüpft ihm. Der Nachtkönig fängt sich einen von Daenerys‘ Drachen, Viserion.

Nun ist alles bereitet für das Durchbrechen der MAUER und die Invasion der Lande der Lebenden. Doch zuvor gibt es noch zwei sehr schöne Liebesszenen zu bewundern…

Staffel 8

Nur die wenigsten Macher der Serie ahnten, was auf alle Mitwirkenden zukam, als sie für das Finale zwei Schlachten parallel planten, um sie nacheinander zu inszenieren: die Schlacht um Winterfell und die um Königsmund. Der Drehort für „Winterfell“ befand sich teils in einem riesigen Set, das die Burg darstellte, teils im Freien und drittens in einer riesigen Halle, die für Motion-Capture-Aufnahmen reserviert war. Für die Folge „Die lange Nacht“ waren happige 55 Drehtage vorgesehen – in der Nacht.

Regisseur Miguel Sapochnik („Hartheim“, „Schlacht der Bastarde“) hatte zwar die Darsteller vorgewarnt, aber es stellte sich für die meisten Darsteller*innen heraus, dass sie bis an ihre physischen und emotionalen Grenzen mussten, um das geforderte abrufen zu können. Für die Crew war es noch schlimmer: Manche von ihnen bekamen überhaupt keinen Schlaf und arbeiteten bis zum Zusammenbruch. Das galt später auch die zwei (!) Teams, die für die Visuellen Effekte sorgten. Es war nicht hilfreich, dass in der MoCo-Halle auch noch die Grippe ausbrach…

Die Schlacht um Königsmund ist bei den Fans noch umstrittener als „Die lange Nacht“. Warum muss Daenerys Königsmund abfackeln und kurzen Prozess machen? Warum muss Jaime aus dem Bett von Brienne hüpfen und direkt in die Arme seiner todgeweihten Schwester Cersei galoppieren, nur um zusammen mit ihr umkommen? Tja, und schließlich gibt es einige Opfer in der Riege liebgewordener Figuren zu beklagen: Missandei, Ser Varys (sein Gegenspieler Ser Baelish wurde schon in Staffel 7 ins Jenseits befördert) – und schließlich die Mutter der Drachen höchstselbst! Diese Szene sorgte für so viel Aufruhr, dass die Darsteller Angst hatten, sich aufs Podium des Comic-Con San Diego 2019 zu wagen. Der Autor, der beim ComiCon als Moderator fungieren musste, müht sich redlich, ein paar einigermaßen plausible Erklärungen zu liefern. Auf dem Comic-Con gab es übrigens Jubel und Applaus.

Der im Winterfell-Set vergessenen Kaffeebecher, der deutlich im Bild zu sehen ist, konnte allerdings auch er nicht wegdiskutieren. Der Kaffeebecher, in Windeseile weltweit in den sozialen Netzwerk geteilt, ist für die Ewigkeit. Na, wenigstens besser als eine Armbanduhr in „Spartacus“ oder ein Dampfer in „Der rote Korsar“ und und und…

Schluss

Den Abschluss bilden jede Menge Abschiede, sowie sehr interessante Resümees von allen wichtigen Darstellern und den Produzenten und Regisseuren. Die Frage, die die zweimal fast verstorbene Emilia Clarke stellt, bleibt bis heute unbeantwortet: „WAS ist Daenerys?“ Wir wissen aber wenigstens, was „Game of Thrones“ ist: ein Phänomen, das es so nicht noch einmal geben kann und das man sich, wie Peter Dinklage anregte, in zehn Jahren nochmal ansehen sollte.

Stichwortregister

Um bestimmte Figuren, Orte und Dinge schnell wiederfinden zu können, leistet das Register unschätzbare Hilfe. Seine Details reichen bis in einzelne Momente.

Die Farbfotos

Der Band enthält zwei farbige Fotostrecken, jeweils für die Staffeln 1-4 und 5-8. Es dürfte sich um etwa 30-40 Fotos handeln. Manche Motive zeigen recht entspannende Krieger in einer Drehpause oder manche der imposanten Kulissen, auf jeden Fall aber ikonische Szenen aus den 72 Folgen.

Das Poster

Der Buchumschlag enthält bzw. IST auf der Kehrseite ein exklusives POSTER vom Eisernen Thron, versehen mit einem passenden Zitat von Cersei Lennister. Außerdem sind mehrere farbige Szenenfotos abgedruckt.

Die Übersetzung

Der sprachliche Stil der Übersetzung durch Andreas Helweg, den Westeros-Experten, ist durchweg nicht nur korrekt, sondern vor allem auf der Höhe der aktuellen Epoche. Da kann er schon mal ein wenig schnoddrig und flapsig werden und Fäkalausdrücke verwenden, genau wie es die Interviewpartner Hibberds ja auch tun. Eine Flut von Sternchen anstelle von Kraftausdrücken wäre jedenfalls unglaubwürdig gewesen. Einen dicken Pluspunkt bekommt der Übersetzung für das Gendern. Helweg schreibt durchweg „Schauspieler*innen“ (aber nie Produzent*innen).

Obwohl das Buch so umfangreich ist, finden sich bemerkenswert wenige Druckfehler.

S. 270: „Cerseis ganz[er] Körper“: Eine Silbe fehlt (es geht um den „walk of shame“).

S. 289: „Wir haben schon in anderen Serie[n] Hauptdarsteller sterben lassen.“ Das N fehlt.

S. 325: „Serien… verlangten von den Produzenten, nicht nur einzelne Folgen, sondern [bei] ganze Staffeln im Voraus zu planen…“ Das Wörtchen „bei“ ist überflüssig.

S. 425: „Issac Hempstead Wright“ statt „Isaac Hempstead Wright“ (Darsteller des Bran Stark).

S. 437: „Allerdings haben sie ein unglaubliches Testament hinterlassen“, sagt ein HBO-Manager. Er meint allerdings nicht ein Testament, sondern ein Vermächtnis. Der Übersetzung verwendet später den Begriff „Erbe“ dafür.

S. 445 (Danksagung): „Mein Dank gilt …Benioff und …Weiss, die mir Zugang zu ihren streng geheimen Sets gewährten und mir (!) Hunderte neugieriger Fragen stellen ließen.“ Das „mir“ ist der falsche Kasus, nämlich der Dativ. Benötigt wird der Akkusativ, also „mich“. Nobody’s perfect.

Unterm Strich

Ich habe das umfangreiche Buch, das doch knapp 450 Seiten plus Fotostrecken plus Register umfasst, in wenigen Wochen gelesen. Der Anfang ist besonders spannend, denn allein schon der Gedanke und das Vorhaben, eine als unverfilmbar konzipierte Romanserie ins Fernsehen zu bringen, grenzt schon an Überheblichkeit. Erst einmal musste der Autor sein OK geben und alle seine Geheimnisse verraten: Welche Figur wird sterben, welche überleben, und was soll das Ganze überhaupt? Die Umsetzung bei HBO wäre denn auch fast gescheitert, aber das Budget war begrenzt und der erste Pilotfilm wurde in den Sand gesetzt. Der Rest ist Geschichte.

Ich konnte die Kapitel nur staffelweise bewältigen, denn es gibt zu Anfang sehr viele unbekannte Namen zu merken. Es ist auch nicht gerade unterhaltsam, haufenweise Zitate vorgesetzt zu bekommen. Diese muss – besonders der Einsteiger – mühsam jedem einzelnen Mitwirkenden zuordnen. Glücklicher steht bei jedem Realnamen auch der zugehörige Figurenname oder die Managerposition. Auf diese Weise hält sich die Mühe sehr in Grenzen.

Die markantesten Zitate stammen von Peter Dinklage, dessen Sarkasmus immer durchscheint, von Emilia Clarke und von Kit Harington (Jon Schnee). Es gibt auch Hinweise, dass Emilia Clarke und Iain Glen ein Geheimnis haben, das sie offenbar mit ins Grab zu nehmen gedenken: Was sagte Daenerys dem sterbenden Ser Jorah, als er auf dem Schlachtfeld lag? Es gibt allerdings auch Darsteller, die eindeutig zu kurz kommen, so etwa Alfie Allen (Theon Graufreud) und natürlich Dame Diana Rigg, die leider schon in den Ewigen Jagdgründen der „Avengers“ weilt.

Was mir neben der unglaublichen Detailfülle, Informationsgehalt und den lebendigen Szenenbeschreibungen am besten gefiel, ist der ironische Humor. Er ist ziemlich angelsächsische und daher nur für solche Leser auszumachen, die damit vertraut sind. Und das dürften durch die sozialen Netzwerke schon ziemlich viele Leser sein. Wenn man das Buch nur häppchenweise liest (wie ich), kann man sich auch viel ehr die Muße gönnen, solche kleinen Seitenhiebe und Untertöne genauer auszuloten.

Anders als die Primärquellen wie „Feuer & Blut“ von GRR Martin oder das WESTEROS-Buch bietet dieser Band vor allem den Fans (oder Feinden) der Serie gehaltvolles Lesefutter. Sammler werden auch das Poster zu schätzen wissen. Unter diesen Aspekten ist der stolze Preis von happigen 28 Euronen vielleicht womöglich doch gerechtfertigt: Fans bekommt praktisch zu den Superduper-deluxe-Ausgaben ein Making-of geboten, das sie mit noch nie zuvor veröffentlichten Geheimnissen versorgt. Tja, und Serieneinsteiger wissen endlich, wo sie nach dem berühmtesten Kaffeebecher der Welt fahnden können.

Hardcover & Poster: 464 Seiten
Originaltitel: Fire Cannot Kill A Dragon. Game of Thrones and the Official Untold Story of the Epic Series, 2020
Aus dem Englischen von Andreas Helweg
ISBN-13: 9783764532543

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