Seit ungezählten Wanderungen ziehen die Pferde der Windherden über ihr Land. Doch dann geschehen merkwürdige Dinge. Herden verschwinden und über dem Horizont erscheinen dunkle Schatten. Aber da werden in der Herde des Hengstes Telor zwei Fohlen geboren, die vom Wind eine Botschaft empfangen. Sie müssen in ihrem Leben eine gewaltige Aufgabe erfüllen, von der das Schicksal aller Pferde abhängt … (Verlagsinfo)
Inhalt und Eindrücke:
Zwillingsgeburten sind bei Pferden selten (ca. 1 von 100 Geburten) und entsprechend besonders. Als die Stute Zoki, die zuvor schon vielen Fohlen das Leben schenkte, bemerkt, dass sie dieses Mal tatsächlich zwei kleine Geschöpfe zur Welt gebracht hat, ist sie zwar erschöpft, aber glücklich. Der kleine Hengst und seine Schwester sind offenbar gesund und pferdetypisch schnell wohlauf und auch die anderen Pferde in Zokis Herde erleichtert. Unter dem schwarzen Hengst Telor und der erfahrenen Leitstute Anga wandert die Herde ziemlich bald nach der Geburt der zwei neuen Herdenmitglieder über das Land. Neben Mutterstute Zoki kümmern sich mit Ques und Jinea auch andere Stuten der Herde um die kleinen Zwillinge, denen Zoki die Namen Kaschak und Sudee gegeben hat. Eine ganze Menge gibt es für die Beiden in der aufregenden Welt zu entdecken und spielerisch lernen sie den Pferdealltag in einer Herde auf Wanderschaft kennen. Wenn sie nach neuen Abenteuern bei Mutterstute Zoki trinken, ist diese glücklich über ihre Kinder, aber auch erschöpft.
Als würden die Fohlen ihre Kraft rauben, fühlt sie sich zunehmend schwächer. Hinzu kommen mysteriöse Botschaften des Windes, einer Art Codesprache, die die Wildpferde in unterschiedlicher Intensität empfangen können. Gilt es noch, diese zu entschlüsseln und (richtig) zu interpretieren: was sind das für merkwürdige dunkle Schatten über der Herde? Auf der anderen Seite aber auch Licht und Helligkeit über dem Zwillingspärchen Sudee und Kaschak. Nicht nur Zoki hat diese Botschaften wahrgenommen und teilt sie mit der Leitstute Anga. Auch Hengst Telor scheint verändert und spürt Veränderungen, die sich offenbar auf diese Weise ankündigen. Allen Herdenmitgliedern fällt zumindest auf, dass Telor es eiliger als gewöhnlich hat, seine Herde voran zu treiben. Die Wanderung führt sie von kargem Land in ungewöhnlich tiefe Wälder und eine erste Begegnung mit einer fremden Herde ist für alle Mitglieder sehr aufregend. Deren Hengst Graman und Leitstute Sashe sind zwar für die älteren Pferde keine Unbekannten.
Schließlich stammt sogar Jinea, eine Stute in ihren Reihen, ursprünglich aus Gramans Gruppe und viele der Stuten haben bereits Begegnungen mit ihnen erlebt. Für die Zwillinge und die übrigen Jungpferde der Herde ist dieses Treffen allerdings doch besonders, da sie noch keinerlei Kenntnisse von der Existenz anderer Herden in ihrem Umfeld hatten. Es kommt zu einem kurzen Austausch zwischen den Hengsten Telor und Graman: Jedenfalls sind sie sich einig darüber, dass in diesem Sommer etwas vollständig anders ist als sonst. Die Zeichen stehen auf Veränderung. Hat es auch mit Zokis überraschender Zwillingsgeburt zu tun? Wenn sie die Worte des Windes doch nur richtig deuten könnten!
Die Geschichte ist in kurze Kapitel untergliedert, die jeweils mit Überschriften versehen sind. Eine Erklärung der zunächst fremd wirkenden Begriffe wie „Kaltland“ und „Kurzfellzeit“ erfolgt am Anfang des Buches, hier finden sich auch eine namentliche Nennung aller auftauchenden Herdenmitglieder sowie eine handgezeichnete Karte des Gebietes, durch das die Pferdeherden in diesem Buch ziehen. Den Umschlag zieren die Silhouetten zweier sich bewegender Pferde, der Himmel ist abwechselnd weiß-blau-gelb und sieht nach Bewegung (Wind?) aus.
Mein Fazit:
Windworte hat mich ziemlich überrascht: eine Genre-Einordnung dieses Buches fällt mir regelrecht schwer – Fantasy? Pferdebuch? So richtig kann ich mich dazu nicht entscheiden. Alles in allem ist es zunächst eine interessant erzählte Geschichte, die aber auf wundersame Weise irgendwie auch zu berühren versteht. Sicher, die Sprache der Pferde ist anders, muss schließlich anders funktionieren als die der Menschen, das ist offensichtlich. Dass nun ausgerechnet der Wind, der Pferde gemeinhin „wuschig“ macht und ihnen offenkundig sogar Angst einzujagen vermag, den Fluchttieren etwas Höheres, etwas von Sinn geprägtes einzuflüstern vermag – nun ja, hier liegt wohl die künstlerische Freiheit des Autors. Vielleicht bin ich auch nur zu sehr Realist und logisch denkender Mensch: Das Pferd jedenfalls hört mit seinen trichterförmigen Ohren bei Wind eher wirbelnde Geräuschen und kann andere Geräusche nicht ausreichend wahrnehmen (vergleichbar vielleicht mit Meeresrauschen).
Als Leser fiebert man dennoch mit und freut sich über die Zwillinge Sudee und Kaschak, die ihre (Herden-) Welt erkunden. Dialoge unter den Pferden bringen Auflockerung und es ist schon faszinierend, wie Autor Nickel hier versucht hat, sich in die Strukturen und Gegebenheiten einer Pferdeherde hineinzudenken. Eine wirklich emotionale Geschichte wird hier erzählt und zwischendrin muss man sich fast daran erinnern, dass es um Pferde geht – natürlich werden auch menschliche Eigenschaften und Eigenarten eingesponnen. Leider habe ich trotzdem auch mit einigen Längen im Buch zu kämpfen gehabt und war dadurch nicht ununterbrochen fasziniert vom Plot. Auch die Gestaltung des Umschlages wirkte mir persönlich eine Spur zu esoterisch, aber das ist natürlich Geschmackssache.
Dennoch ist diese über Selfpublishing verlegte Geschichte irgendwie mutig und „mal etwas anderes“. Ich bin gespannt, ob Autor Jens Nickel noch von sich hören lässt und ein „Zweites Buch der Pferde“ veröffentlichen wird.
Taschenbuch: 312 Seiten
ISBN-13: 978-3743945425
www.tredition.de
Der Autor vergibt: