Wolfgang Jeschke (Hrsg.) – Planetoidenfänger. SF-Erzählungen

Alles ist relativ: Von Planetoiden und Jetpiloten

Diese Storyauswahl präsentiert SF-Erzählungen aus dem SF-Magazin ANALOG, dem Nachfolger von John W. Campbells ASTOUNDING. Der SF-Freund findet hier:

– Die Story eines Überschallflugzeugs im Ersten Weltkrieg;
– Die Titel-Story von den Menschen, die im Asteroidengürtel leben und arbeiten;
– Und die Story von der Befreier GmbH und ihren schärfsten Konkurrenten.

Das Magazin

ANALOG gewann achtmal den begehrten HUGO Award als bestes (US-) Sciencefiction-Magazin. Zusammen mit seinem Vorgänger ASTOUNDING blickte es anno 1983 auf eine rund 50-jährige Geschichte zurück, in der zahlreiche SF-Klassiker erstmals veröffentlicht wurden. Viele berühmte Autoren des Genres begannen auf seinen Seiten ihre Karriere, so etwa Isaac Asimov, Robert A. Heinlein, Theodore Sturgeon und A. E. van Vogt.

Der Herausgeber

Wolfgang Jeschke, geboren 1936 in Tetschen, Tschechei, wuchs in Asperg bei Ludwigsburg auf und studierte Anglistik, Germanistik sowie Philosophie in München. Nach Verlagsredaktionsjobs wurde er 1969-1971 Herausgeber der Reihe „Science Fiction für Kenner“ im Lichtenberg Verlag, ab 1973 Mitherausgeber und ab 1977 alleiniger Herausgeber der bis 2001 einflussreichsten deutschen Sciencefiction-Reihe Deutschlands beim Heyne Verlag, München. Von 1977 bis 2001/02 gab er regelmäßig Anthologien – insgesamt über 400 – heraus, darunter die einzigen mit gesamteuropäischen Autoren.

Seit 1955 veröffentlicht er eigene Arbeiten, die in ganz Europa übersetzt und z. T. für den Rundfunk bearbeitet wurden. Er schrieb mehrere Hörspiele, darunter „Sibyllen im Herkules oder Instant Biester“ (1986). Seine erster Roman ist „Der letzte Tag der Schöpfung“ (1981) befasst sich wie viele seiner Erzählungen mit Zeitreise und der Möglichkeit eines alternativen Geschichtsverlaufs. Sehr empfehlenswert ist auch die Novelle „Osiris Land“ (1982 und 1986). Eine seiner Storysammlungen trägt den Titel „Schlechte Nachrichten aus dem Vatikan“.

Die Erzählungen

1) Jonathan Blake MacKenzie: „Planetoidenfänger“ („Anchorite“, 1962)

Im Asteroidengürtel, der sich zwischen den Bahnen des Mars und des Jupiter erstreckt, haben sich Menschen angesiedelt. Aus den Felsbrocken gewinnen sie Erze und seltene Erden, aber auch den stets knappen Sauerstoff. Allerdings muss man die ergiebigen Planetoiden erst einmal finden und dann zu den Steinschmelzen schleppen. Captain St. Simon ist solch ein Prospektor. An Bord der „Nancy Bell“ ist er auf ein ergiebiges Silikat-Exemplar gestoßen und mit Hilfe seines Maats Jules Christian befestigt er einen Anker und einen Peilsender am Nordpol des Riesenfelsen. Dort kann ein Schlepper später sein Schleppseil einklinken, um das Riesenei seiner Bestimmung zuzuschleppen. St. Simon geht erstmal nach Pallas, um seinen Fund zu feiern.

Pallas ist eine der Hauptwelten des Asteroidengürtels, neben Eros und Vesta. Sie hat sogar einen Gouverneur. Der Freund von Gouverneur Larry, Georges Alhamid ist der Vertreter der Wirtschaftsunternehmen im Asteroidenbergbau. Heute hat Alhamid einen neugierigen Gst zu Besuch, Edway Tarnhorst, einen Vertreter der UNO auf der Erde. Begleitet von Peter Danley, einem Experten für den Weltraum, drückt der UNO-Abgesandte seine Besorgnis der Erdregierung über die zugenommenen Unfälle aus, die aus dem Gürtel gemeldet werden. Die Regierung könnte daran denken, den ganzen Laden dichtzumachen, wenn das nicht aufhört – das deutet er zumindest durch die Blume an. Alhamid beruhigt ihn, beteuert seine völlige Bedeutungslosigkeit in Regierungsbelangen.

Nachdem Tarnhorst seinen Fachmann wieder mitgenommen hat, redet Alhamid mit Larry. Der hält ihn dringend darum an, die Sache abzubiegen, bevor die Erde tatsächlich beschließt, jede Unterstützung des Gürtels zu kappen. Keine leichte Aufgabe, wie sich zeitigt, aber Alhamid ist gewitzt. Und wenn er Erfolg hat, kann Captain St. Simon weiterhin hinausfliegen, um Planetoiden zu fangen …

Mein Eindruck

Die Story dreht sich nicht darum, ob Planetoidenfangen wirklich gefährlich ist oder nicht. Es geht auch nicht um Erdpolitik. Vielmehr handelt es sich im Grunde um die Darstellung zweier gegensätzlicher Verhaltens- und Kulturformen. Sie sind auch auf der Erde vorzufinden, und deshalb ist die Aussage des Autors auch für heutige Leser noch von Interesse.

Auf der Erde, so formuliert es Peter Danley, verlässt sich mittlerweile jeder Mensch auf sein Team, wenn es darauf ankommt. Jeder ist Teamspieler und glaubt, das Team werde im Fall der Fälle schon einen Weg wissen, wie man wieder aus der Patsche kommt. So als verfüge das Team über eine Art übergeordnete Magie. Aber das ist natürlich nicht der Fall: Das Team ist nur so gut wie die Summe seiner Mitglieder. Oder wie die programmierten Computer.

Ganz anders hingegen die Bewohner des Asteroidengürtels. Die Planetoidenfänger und Ankersetzer müssen Individualisten sein, sonst könnten sie ihren Job nicht erledigen. Dafür ist nämlich ist nämlich Verstand nötig. Selbst wenn Ausrüstung und Computer versagen, kann immer noch der gesunde Menschenverstand helfen, einem Ankersetzer das Leben zu retten. Das hat Danley von St. Simons Kollegen Kpt. Brand erfahren. Danleys Denkfehler, Mechanisierung des Jobs könnte vielleicht helfen, wird von Alhamid und St. Simon sofort erkannt und beiseitegefegt.

Und was Danley überhaupt nicht gesehen hat (Betriebsblindheit?) ist der Aspekt der Freiheit. Ein Ankersetzer ist frei, sein Leben aufs Spiel zu setzen, wie und wo er es will, zu einem Preis, den er selbst festlegt. Hätten sie dies Danley jedoch verraten, so hätte er ihnen die Erde auf den Hals gehetzt. So aber hat er wenigstens Tarnhorsts Bericht an die Erde positiv beeinflusst. Und das ist doch schon eine Menge Zeit wert – Zeit, die sie für den Ausbau ihrer Autonomie nutzen können.

Lange Dialoge wechseln sich mit Actionszenen ab, und das ist eine Mischung, die viel Geduld vom Leser fordert. Damals erzählte man solche Storys eben noch anders.

2) Dean McLaughlin: „Ein Falke unter Spatzen“ („Hawk Among the Sparrows“, 1968)

Man schreibt das Jahr 1978, und der amerikanische Jetpilot Howard Farman gerät zu nah an einen französische Atombombenversuch in der Sahara heran, sodass er die Kontrolle über seine Maschine verliert. Als er wieder ins Bewusstsein zurückfindet, kann er weder seinen Flugzeugträger finden noch eine Radarstation, die ihn nach Hause geleitet. Er macht sich auf den Weg nach Frankfurt, wo eine große US-Luftwaffenbasis liegt.

Allerdings geht ihm vorher der Sprit aus. Seine Landung findet zwischen der Schweizer Grenze und den Vogesen statt, in der Nähe von Beaufort. Erst als er die vorsintflutlichen Doppeldecker sieht, merkt er, dass er sich nicht nur im Raum verflogen hat, sondern auch in der Zeit. Man schreibt den Juni 1918. Die deutsche Frontlinie ist nur wenige Meilen entfernt.

Edward Blake ist zum Glück ein Amerikaner, der schon seit 1916 hier an der Seite der Franzosen kämpft – und das, obwohl die USA erst 1917 in den Krieg eintraten. Er gehört zur Staffel Lafayette, von der Farman schon gehört hat. Natürlich glaubt Blake an einen Scherz, als Farman ihm bei Schnaps und Whisky von Zeitreisen erzählt. Aber der französische Staffelkommandant Devereaux, der als einziger in der Truppe ebenfalls Englisch spricht, ist zu sehr Gentleman, um Farman zu beleidigen. Er gibt dem Ami eine Chance, die Feuerkraft seines ZEPPELINs zu demonstrieren.

Farman verlangt 2000 Liter Lampenöl, auch als Petroleum bekannt, um seine ungewöhnliche Maschine zu starten. Gesagt, getan. Allerdings klingt das Durchbrechen der Schallmauer wie Geschützdonner, was die Franzosen doch in etwas Unruhe versetzt. Farman muss Devereaux und Blake erklären, was eine Schallmauer ist. Natürlich glaubt ihm keiner: Eine Schockwelle der Luft??

Doch die Verluste der Franzmänner an diesem Frontabschnitt sind schrecklich. Ein deutscher Pilot namens Bruno Keyserling pflückt die Staffeln des Gegeners nur so vom Himmel. Auch als sich Farman mal von Blake in dessen Doppeldecker mitnehmen lässt, greift Keyserling an. Farman ist völlig geschockt: „Die wollten uns töten! Die wollten uns wirklich töten!“ Blake muss dem Ami beibringen, dass es sich hier um eine andere Art von Krieg handelt, als der in seinem, äh, Cockpit, das aussieht wie ein Unterseeboot, gewöhnt ist.

Doch der nun auf Revanche versessene Farman hofft immer noch, mit seiner technisch weit überlegenen Düsenmaschine und seinen sechs Atomrakten Keyserling vom Himmel blasen zu können. Als er im August endlich genügend Treibstoff für eineinhalb Stunden Flug zusammenhat, steigt er auf und greift sofort an. Doch das Ergebnis seiner Raketenabschüsse liegt weit unterhalb seiner Erwartungen: Die Zünder ekennen das Ziel nicht, weil die deutschen Maschinen – ebenso wie die französischen – aus so wenig Metall bestehen, dass sie als statisch wahrgenommen werden.

Geknickt begibt sich Farman in einen Fluglehrgang. Aber die Doppeldecker sind derart schwierig zu lenken, dass er sich auch gleich in die Obstbäume hätte setzen können, in denen er landet. Aber jetzt fällt ihm endlich die einzige Methode ein, seinen nunmehr waffenlosen Jet mit vernichtender Wirkung einzusetzen …

Mein Eindruck

Dies ist eine Geschichte über die Relativität technischer Leistung. Was die einen für eine hochgezüchtete Kriegsmaschine halten, kann sich in einem anderen Szenario als völlig nutzloses Alteisen entpuppen. Dazwischen liegen nur sechzig Jahre. Es ist aber auch eine Geschichte darüber, wie sich das Tötungshandwerk – vulgo „Krieg genannt – in dieser kurzen Zeitspanne radikal verändert hat. War es sogar noch 1918, also schon längst nach dem Ende der Kavallerieattacken, relativ unpersönlich geworden, so ist es im Jahr 1978 zu einer Auseinandersetzung zwischen Maschinen geworden, die nur noch als Leuchtpunkte auf einem Radarschirm auftauchen.

Auch die Hoffnungen der Menschen haben sich erheblich verändert. Während Blake anno 1918 noch von einem friedlichen Miteinander der Menschen nach dem Ende des Krieges träumt, ist Farman bereits völlig desillusioniert. Er weiß, was eine einzige A- oder H-Bombe an Vernichtung anrichten kann. Und er weiß, wie viele von den Teufelsdingern bereits weltweit auf ihren Einsatz warten. Doch natürlich hütet er sich, Blake von solchen Schrecknissen zu erzählen. Hoffnung ist zu kostbar, um sie mutwillig zu zerstören.

Wenn es einen Sinn für das Erzählen von – erwiesenermaßen unmöglichen – Zeitreisen gibt, so liegt er in dem Aufzeigen der Relativität von Werten und Bedingungen, die uns heute als selbstverständlich und unverrückbar erscheinen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, und in seinen Anthologien hat Wolfgang Jeschke es viele Male aufgezeigt: Alles, was uns heute festgeschrieben und unveränderlich dünkt, befindet sich dynamisch im Fluss, als handle es sich um eine Flüssigkeit.

Man kann es am besten vielleicht an der Klimaforschung beobachten: Ungezählte Faktoren müssen in enorm leistungsfähigen Rechnern miteinander in Beziehung gesetzt werden, um die dynamische Entwicklung überhaupt sichtbar machen zu können. Dazu kommt noch das Fortschreiben von Trends bis in die nahe Zukunft, sagen wir bis zum Jahr 2100. Erst dann begreifen wir, dass jeder Einzelne von uns einen Teil zur globalen Entwicklung beiträgt, und wirke er auch noch so klein und unbedeutend.

Natürlich gibt es bereits die Umkehrung: die Darstellung der beständigen Werte im Leben des Menschen. Man braucht nur an „Die Geschichte des Benjamin Button“ zu denken, und schon weiß man ungefähr, was der alte Adam und die alte Eva miteinander gemeinsam haben und für das Wertvollste halten.

Was mir an McLaughlins Geschichte trotz aller Technikverliebtheit gefallen hat, ist der Umstand, dass der Zeitreisende im Unterschied zu vielen anderen nicht durch einen weiteren Zufall in seine Ausgangszeit zurückgerissen wird. Vielmehr bekommt er eine Chance, mit dem Gelernten etwas anzufangen und vielleicht so die Welt ein klein wenig besser zu machen. Diesen Teil hat sich der Autor allerdings wohlweislich gespart.

3) Mack Reynolds: „Geschäft ist Geschäft“ („Subversive“, 1962)

Als der Seifenverkäufer Mr. Coty eine Seife für nur 3 Cents andrehen will, wird er misstrauisch. „Wie kommt es, dass die Seifen der Befreier GmbH um über 20 Cents billiger sind als die im Einzelhandel“, fragt Mr. Coty. „Na, weil wir völlig auf Werbung, Vertrieb, Versandhandel, Rechtsabteilung und das ganze Brimborium verzichten“, sagt Verkäufer Warren Dickens. Nachdem er sich alle Gründe haarklein hat erklären lassen, schickt Coty Dickens wieder weg – er müssen auf seine Frau warten. Dann lässt er Dickens beschatten.

Im Büro seines Chefs sind sich beide darüber einig, dass von der Befreier GmbH eine immense Gefahr für die Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Groß-Amerika ausgeht. Nicht auszudenken, wenn diese Billigmarke Erfolg hätte! Alle anderen könnten einpacken, und was dann? Millionen von Arbeitslosen. Zum Glück hat Frank Tracy – so der wahre Name von Mr. Coty – von seinem Beschatter Jerry Bericht erhalten, in welches Gebäude Warren Dickens verschwunden ist. Es ist ein viertklassiges Bürohaus mit minimaler Miete. Dem dortigen Angestellten Frederic Flowers stellt er sich erst als Finanzbeamter, dann als Mitarbeiter des Amtes für Ökonomische Subversion vor, das direkt dem Präsidenten unterstellt sein.

Nachdem er Flowers die schrecklichen Folgen der Arbeit der Befreier GmbH vor Augen geführt hat, rückt dieser mit der Adresse des Firmenschefs heraus. Adam Moncure lebt in Woodstock, Illinois. Tracy gibt sich wieder als Agent der Regierung aus und lässt alle verhaften, die er vorfindet. Doch Moncure lässt sich nicht einschüchtern. Die US-Wirtschaft gehe wegen dieser geduldeten und hochgezüchteten Verschwendung und dem eingebauten Schwund vor die Hunde, und dann werden die Europäer und Asiaten den Markt übernehmen.

Tracy läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Moncure hat die Wahrheit erkannt. Er muss schnellstens zum Schweigen gebracht werden. Tracy hebt den Revolver …

Mein Eindruck

Schon im Jahr 1962 also erkannten einige kenntnisreiche Autoren in der SF, worum sich in der amerikanischen Wirtschaft alles drehte. Mack Reynolds ist so ein Fachmann. Die Wirtschaft bestand zum überwiegenden Teil nicht mehr aus „Blauhemden“, die sich die Finger selbst schmutzig machten, sondern aus „Weißhemden“, die in Verkauf, Vermarktung, Buchhaltung und Rechtsabteilung tätig waren, von den Börsianern ganz zu schweigen.

Die Story dreht sich im Grunde um die Frage, wie alle diese Leute, die selbst nichts herstellen, in Lohn und Brot gehalten werden sollen, wenn doch durch die Automation aller Produktionsschritte die Stückkosten der Herstellung bereits ins Bodenlose gefallen sind. Die Antwort besteht in der künstlichen Aufblähung aller Kosten, bis der Endpreis im Einzelhandel ungefähr das Hundertfache des Produktionspreises ausmacht. Das darf natürlich keiner rauskriegen, sonst würde es einen Aufstand geben. (Es sei denn, es handelt sich um ein Projekt für arme Länder, die einen Zehndollar-PC fast geschenkt bekommen.)

Zweitens würde die US-Wirtschaft im Rest der Welt als das erkannt werden, was sie ist: Überhaupt nicht konkurrenzfähig. (Das passierte in den siebziger Jahren tatsächlich: Als die Japaner billige, konkurrenzfähige Elektronikartikel in die USA exportierten, brach die dortige Industrie fast komplett zusammen, ebenso wenig später die Autoindustrie in Detroit.)

Die Pointe der Geschichte besteht aber nicht im Schlagabtausch der Argumente, sondern darin, dass genau das, was Moncure befürchtet, bereits eingetreten ist! Tracy und sein Boss stammen aus Osteuropa, gehören zu Moskaus fünfter Kolonne und haben ihrerseits bereits den amerikanischen Markt unterminiert, ohne dass es jemand gemerkt hat. Und das darf natürlich auch keiner erfahren …

Die Übersetzung

Die Übersetzerin Elke Kamper hat ihre Arbeit im Allgemeinen sauber erledigt. Aber es gibt auch zwei fehlerhafte Stellen:
Seite 76: „Operation Skootshoot“ statt „Operation Skeetshoot“ (= Tontaubenschießen);
Seite 120: Oops! Ein Satz ist doppelt und dann auch noch im vorhergehenden Absatz gelandet.

Unterm Strich

ANALOG ist ein Magazin für eher technisch orientierte Leser mit konservativen Wertvorstellungen. Hier werden garantiert keine Amerikaner durch den Kakao gezogen! Die erste der beiden Novellen stellt die Bedeutung der individualistischen (männlichen) Kultur der Asteroidenbewohner dar, die sich deutlich von der kollektivistischen, teamorientierten Kultur der Erde unterscheidet.

Die zweite Novelle ist schon ein wenig kritischer, wenn es um die Bewertung von Militärgerät und Kriegseinsatz geht. Kein Wunder, sie wurde ja auch erst 1968 veröffentlicht, also mitten im Vietnamkrieg. Der Wundervogel des Helden erweist sich zunächst unter den Einsatzbedingungen als technischer Dinosaurier, doch dann findet der Held einen Dreh, um diesen Saurier mit großem Effekt einzusetzen. Oder wie Roland Emmerich in der GODZILLA-Werbung tönte: „Size DOES matter!“ Geschwindigkeit aber auch.

Die letzte Story dient den Herausgebern des Magazins quasi als Feigenblatt gegenüber der intellektuellen Linken, also den Lesern der „New York Times“. Hier wird doch tatsächlich das Wirtschaftssystem der glorreichen amerikanischen Nation in Frage gestellt! Und noch mehr als das: Es ist bereits vom roten Osten unterwandert, damit es so schwach bleibt, wie es inzwischen geworden ist.

Konnte mich schon die erste Erzählung durch die langen Dialoge nicht begeistern, so vermochte es auch die zweite Novelle erst recht nicht. Jede Minute erwartete ich das Auftauchen eines Narren, der den Piloten zeigen würde, was für Blödsinn dieser Krieg doch ist. Dazu kommt es selbstverständlich nicht, und alles geht bierernst zu. Natürlich gewinnen am Schluss die Amis, pardon, die französischen Freunde. Und die bösen, bösen Deutschen („Hunnen“) beißen ins Gras.

Lediglich die letzte Story weist Intelligenz und weitreichendes Wissen auf, das mich beeindrucken konnte. Die Story endet zudem in einer bitterbösen Pointe, dass einem das Lachen (oder Ärgern) im Halse steckenbleibt.

Taschenbuch: 142 Seiten
Info: ANALOG Science Fiction/Science Fact, ca. 1970
Lichtenberg Verlag 1971 und Heyne 1973, München
Aus dem US-Englischen von Elke Kamper
ISBN-13: 978-3453302419

www.heyne.de

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

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