Jörg Maurer – Beethovens kleine Patzer

Musikkabarettistische Revue

Ludwig van Beethoven ist bei Pianisten berüchtigt, dabei hatte er durchaus Unterhaltung im Sinn. Jörg Maurer präsentiert als ehemaliger Konzertpianist ein hochmusikalisches und zutiefst heiteres Kabarettstück über den wahren Beethoven, live und virtuos am Pianoforte präsentiert. (bearbeitete Verlagsinfo) Anlass für dieses Kabarettprogramm war der 175. Todestag des Komponisten im Jahr 2002. Die Aufnahme ist schon etwas älter, aber das merkt man der Tonqualität nicht an.

Der Autor

Jörg Maurer stammt aus Garmisch-Partenkirchen. Er studierte Germanistik, Anglistik, Theaterwissenschaften und Philosophie und wurde als Autor und Kabarettist mehrfach ausgezeichnet. Seine Krimis um Kommissar Jennerwein sind Bestseller.

Inhalte

Maurer erklärt seinem Publikum zunächst den Anlass für sein Beethoven-Programm, nämlich den 175. Todestag des Komponisten. Er nennt ihn den „Luis Trenker der Klassik“, warum auch immer. Dann demonstriert er die verheerenden Auswirkungen, die ein Patzer beim Spielen gewisser Stücke wie der „Pathétique“ haben kann. Noch schlimmer wird es bei einer Fuge à la Bach. Wie allgegenwärtig Beethoven sein kann, sollen verschiedene Jingles belegen, dass Beethoven beim Bayerischen Rundfunk eingespielt haben KÖNNTE. Nachrichten aus Washington, Paris, Wien, München, zum Wetter und zur Verkehrslage beziehen sich auf Ludwig van.

Programm-Musik vs. Krimi-Musik

„Programm-Musik“ sind Must-haves aus dem Beethoven-Werk wie etwa das 5. Klavierkonzert oder die Mondscheinsonate. Krimi-Musik ist wesentlich lustiger, so etwa, wenn man „Für Elise“ oder die Waldsteinsonate à la Hitchcock, Edgar Wallace, Chabrol/Truffaut, Brian de Palma, Steven Spielberg, James Cameron oder gar John Grisham intoniert. Offenbar hat Maurer die einzelnen Soundtracks genau studiert.

Die Neunte

Die neunte Sinfonie ist ja mittlerweile die hehre Europa-Hymne, aber was wäre, wenn Mozart sie gespielt hätte? Wieder variiert Maurer einen Klassiker. Von Mozart klingt die Neunte verspielt, von Schubert depressiv, von Johann Straß walzermäßig, von Eric Satie verträumt. Aber der Blues „Symphony Number Nine“ ist nicht nur schmissig, sondern erzählt auch eine Story. Ein Glanzstück des Programms und offenbar der Abschluss der ersten Hälfte, bevor man in die Pause geht.

Feministisch

Ludwig van ist der Inbegriff des maskulinen Komponisten. Warum könnte es also nicht eine feministische Variante geben, eine Ludwiga van Beethovenowa? „Für Elise“ hieße dann „Für Erich“ und würde auf einem Bass-Saxofon gespielt. Überhaupt „Für Elise“: Wie würden Literaten etc. über dieses Stück schreiben? Da ist beispielsweise Shakespeare mit einem Sonett an die Nachtigall (nicht die Lerche); da ist Karl Valentin im Wirtshaus. Da zeigt sich Maurer als Stimmenimitator.

Das steife Gnack

Mit „Gnack“ meint der Oberbayer nicht nur den Nacken, sondern den ganzen Rücken. Anlass ist die Erfahrung des ehemaligen Konzertpianisten, dass Beethoven unheimlich viel Kraft im Anschlag kostet, von den häufigen Tempiwechseln mal ganz abgesehen. Wie anders hingegen, sagen wir mal, Mozart, Brahms, Wagner oder Bach! Wieder hat der Hörer Gelegenheit, ganz verschiedene Musikstile zu vergleichen.

Das Rheinland

Dass Beethoven aus Bonn im Rheinland stammte, dürfte bekannt sein. Er war ipso facto eine Frohnatur, was sich schon daran zeigt, dass er aus dem Trauermarsch à la „Nibelungen“ (Xanten, Worms) einen Karnevalstusch machte. Auch seine Ecossaisen-Couplets à la Johann Nestroy verraten einen goldigen Humor. Couplets bestehen aus Paarreimen und sind daher ausgezeichnet für das Erzählen einer simplen Geschichte geeignet. Was Maurer unter Beweis stellt.

Die Definition der Fuge

Beethoven ist zwar nicht für die Kunst der Fuge bekannt – das war ein anderer B-Mann – aber Maurer lässt es sich nicht nehmen, dennoch zu erklären, was eine Fuge ist und warum sie so verdammt schwer zu spielen ist: „Die Kühlschrankfuge“: „Es ist wie Kochen mit zwei Händen und einem Fuß.“

Dass Beethoven auch das Kinderlied „Hänschen klein“ vertonte, entzieht sich meiner Kenntnis, aber es gilt der Grundsatz für alle Entertainer: Der Kunde ist König und hat ein Recht auf a) Unterhaltung und b) die volle angekündigte Länge des Programms. Daher also die Variationen auf „Hänschen klein“: auf irische Weise à la „Whiskey in the Jar“, à la Helmut Qualtinger mit ganz viel Wiener Schmäh und, als Glanzpunkt, „Die grausige Moritat von einem danebengegangenen Scherz“ seitens des besagten Herrn Hans Klein.

Unterm Strich

Wer Beethoven bislang nur von seiner Neunten, der Fünften und „Für Elise“ kannte, wird hier abgeholt und bekommt seinen Horizont erweitert. Wer Beethoven-Fan ist und alle Stücke vor- und rückwärts trällern kann, der bekommt hier noch ein paar interessante Variationen geboten. Dazu gehört für mich besonders der Blues „Symphony Number Nine“, da ich Blues-Fan bin. Warum jetzt ausgerechnet das Kinderlied „Hänschen klein“ seinen Weg in diese Revue gefunden? Nun, jeder kennt es und damit eignet es sich als Rausschmeißer, besonders wenn man es wie „die Neunte“ durch die Mangel dreht. Varietas delectat.

Wer also gut unterhalten werden und sich amüsieren möchte, kommt hier auf seine & ihre Kosten und lernt nebenher noch etwas über die Kunst der Fuge und den größten Rebellen der Wiener Klassik, nämlich Ludwig van. Dass er die Widmung seiner „Eroica“ an Napoleon zurückgenommen hat, rechne ich ihm heute noch hoch an. Davon erwähnt Maurer jedoch keine Silbe. Von Politik hält er sich tunlichst fern.

CD: 64 Minuten
ISBN-13: 9783839818008

www.argon-verlag.de

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